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allen Staatsämtern ausgesprochen. Die alte Zeit versank in Nacht; es
blieb nichts von ihr, an dem der junge Tag nicht gerüttelt hätte. „Die
Nacht der öffentlichen Wohlfahrt" (la nuit du bonheur public) nann-
ten viele diese Stunden; andere dagegen „die Bartholomäusnacht des
Eigenthums" (la 8t. Barthélemi des propriétés). Der Jubel des
dritten Standes übertönte die Klagen der beiden bevorrechteten Stände.
Wenige Tage später wurde auf Mirabeau's Antrag der geistliche Zehnte
aufgehoben. Dagegen erklärte der Demokrat Sieyeß, welcher als Dom-
herr zu Chartres betheiligt war, die Abschaffung des Zehnten für einen
Raub, der an den rechtmäßigen Inhabern zum Vortheil der Zahlungs-
pflichtigen begangen werde. „Sie wollen frei sein und verstehen doch
nicht gerecht zu sein!" rief Sieyes. Doch der Zehnte wurde aufgehoben
und dem König der Titel: Wiederhersteller der Freiheit beigelegt.
Eine Umgestaltung, welche den ganzen künstlichen Bau der gesell-
schaftlichen Einrichtungen gewaltsam umstürzte, mußte viele Gegner ha-
den. Einer großen'zahl derer, welche die Revolution befördert hatten,
schienen jetzt die Gebrechen der alten Ordnung geringer, als die Härten
der neuen. Standhaftere Freunde der neuen Gesetzgebung wurden we-
nigstens wegen der Folgen bedenklich. Diese Sinnesänderung vieler Ab-
geordneten erregten zwar die Hoffnung deß Hofes, aus dem Zustande
der Erniedrigung wieder empor zu kommen; aber die Elemente des Hofes
waren zu verschieden und besaßen nicht die Kraft, sich gegen die Partei
der Umwälzung zu vereinigen. Der Hofzirkel, welcher fortwährend Ein-
fluß auf den König behauptete, zeigte sich auch den gemäßigten Freun-
den c>er Freiheit abhold. Necker besaß weder das Vertrauen des Königs
noch Einfluß in der Nationalversammlung. Die meisten Mitglieder der Na-
tionalversammlung waren gerecht und gemäßigt; aber dievolksmänner brach-
ten sie durch Lärm, Geschrei, Zischen, Drohungen, Verleumdungen und
Mißhandlungen zur Nachgiebigkeit. Unter diesen Umständen fielen die
Abschnitte der Staatsverfaffung, welche im August und September fest-
gesetzt wurden, ganz im Geiste der Umsturzpartei aus. Vergebens wünsch-
ten edle Männer, daß man die Verfaffung Englands zum Vorbilde neh-
men und ein Oberhaus bilden möge; es überwog die durch Leidenschaft
verblendete Volkspartei, und die Beibehaltung einer Kammer wurde
beschloffen. In jedem dem Könige gelassenen Rechte sah man nur das
ihm gewährte Mittel, die verlorene Gewalt wieder zu gewinnen. An-
sangs wollte man dem König ein unbedingtes Veto lasten, aber
bald gestattete man ihm nur ein bedingtes Veto (suspensivum), d. h.
das Recht, durch verweigerte Zustimmung die Gültigkeit eines Beschlus-
ses vier Jahre hindurch zu hemmen. Bei diesem mit der größten Erbit-
terung geführten Streit offenbarten die Wortführer ihre geringe Staats-
weißheit, indem sie daß königliche Verwerfungsrecht als ein Hauptelement
der Verfaffung aufstellten. Es würde ein Widerspruch gegen die Natur
einer constitutionellen Staatsverfaffung sein, wenn die Regierung den
Willen der Volksvertreter sich vollständig aussprechen lassen und dann
denselben durch das bloße Machtwort des Regenten wieder vernichten
wollte. In England ist das Verwersungsrecht des Königs nur ein Eh-
renrecht, von welchem niemals Gebrauch gemacht wird. Die Macht der
englischen Regierung besteht darin, den Willen der Volksvertreter mit
ihren Absichten in Uebereinstimmung zu bringen, oder denselben durch
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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730
Stiftung Gleichzeitig mit dem Papstthum ward auch die Eidgenossen-
emer^clveti- bet Schweizer zertrümmert. In den Freistaaten der Schweiz
Republik, hatten sich mancherlei Verfaffungsformen gebildet, die alle einander darin
ähnlich waren, daß die obrigkeitliche Gewalt nicht der lasse aller ein-
zelnen Bewohner zustand, sondern nur einer bald größeren, bald gerin-
geren Zahl von erblich angesessenen Bürgern. Selbst die kleineren Kan-
tone, die für wahre Demokratien galten, weil alle ins Bürgerrecht auf-
genommene Haukväter zur Landsgemeinde gerufen wurden, hatten doch
auch Schutzverwandte und Dienstleute, die das Bürgerrecht nicht besaßen,
sowie unterthänige Ortschaften und Landvogteien, über welche die Ge-
meinde Herrschaftsrechte ausübte. In den größeren Kantonen gemischter
oder ganz aristokratischer Verfassung trat die oligarchische Richtung noch
mehr hervor. In Bern, dem größten der verbündeten Kantone, waren
die sämmtlichen Einwohner deß Landgebietes Unterthanen der Haupt-
stadt, aber unter den Bürgern der letzteren hatten nur etwa drittehalb
hundert Familien das Recht, in den Rath erwählt werden zu können;
die Zahl derer aber, auf welche sich die Wahl zu beschränken pflegte,
belief sich 1785 auf neun und sechzig Familien. Das Stadtadelsregi-
ment bot manche schöne Seiten dar, und die väterliche Regierung der
gnädigen Herrn von Bern konnte für musterhaft gelten. Doch machten
sich auch manche Gebrechen bemerkbar, wie in der regimentßfähigen
Bürgerschaft ein dein Adelstölze ähnlicher Dünkel und dagegen in den
von der Regierung ausgeschlossenen Klassen ein Geist der Unzufriedenheit
und des Mißmuths, der in dem bestehenden Verhältnisse der Regierenden
und der Regierten die entschiedenste Ungerechtigkeit sah. Am ungünstig-
sten war die Stimmung in dem wälschen Theile des becner Gebiets, in
der 1536 dem Herzoge von Savoien entrissenen Landschaft Waat. Die
Bewohner, den Franzosen durch Sprache und Denkweise verwandt, be-
gannen zu Anfange der Revolution ihre Ausschließung vom Staats-
regiment als einen Zustand arger Unterdrückung zu betrachten, und wur-
den revolutionären Entwürfen und Grundsätzen geneigt. Die Patrioten
des Waatlandes richteten Vorstellungen an den Senat zu Bern und
baten, der Provinz die Rechte zu gewähren, die ihr bei dem Regierungs-
wechsel zugesichert worden waren. Die Weigerung veranlaßte Unruhen,
in deren Folge mehrere der Bittsteller auswanderten und über einige die
Acht ausgesprochen ward. Ausgewanderte Waatländer wandten sich an
daß Direktorium, und dieses nahm das Hülfegesuch freundlich auf. So-
bald ein kleines französisches Heer an der Grenze erschien, stand das
Waatland auf und sagte sich von dem Rathe zu Bern los. Der regie-
rende Rath wurde durch Furcht gelähmt und meinte durch Unterhand-
lungen das Vaterland retten zu können. Der Anführer der bernischen
im Waatlande stehenden Kriegsmacht, Oberst Weiß, wurde auf ein un-
bedingt friedliches Verhalten angewiesen. Ebenso herrschte Unentschlos-
senheit auf der Tagsatzung, welche nach Aarau ausgeschrieben war, um
über die von der Gesammtheit zu stellende Hülfe zu rathschlagen. Zu
dem Mangel kräftiger Einheit, der den erschlafften Bund der Eidgenos-
sen 'zum Widerstande gegen einen auswärtigen Feind ungeschickt machte,
kam noch die in den Kantonen herrschende politische Gehrung, die von
dem französischen Geschäftsträger zu Basel, Mengaud, durch alle
Künste des Jakobinismus genährt wurde. Ueberall gab es Schweizer,
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Extrahierte Personennamen: Mengaud
Extrahierte Ortsnamen: Schweiz
Republik Bern Bern Basel
781
die eine Veränderung der alten Verfassungen entweder aus Eigennutz
wünschten oder dieselbe für unvermeidlich hielten. In Lau 1 an ne ver-
einigten sich die Revolutionsfreunde zu einer Generalversammlung des
waatländischen Volkes und steckten eine Fabne auf mit der Aufschrift:
Lemanische Republik. In Basel brach eine Revolution aus; das
bisher dem Rathe und der Bürgerschaft unterthänige Landvolk zog in
die Stadt, schaffte die Stadtverfaffung ab und rief eine neue demokrati-
sche aus. Die Regierung von Bern entschloß sich, um ähnlichen Auf-
tritten zuvorzukommen, allen ihren Mitbürgern, ohne Unterschied der
Geburt und des Wobnorts, gleiche Rechte einzuräumen. Luzern, Frei-
burg, Solothurn und Schaff Hausen kündigten durch Bekannt-
machungen gleiche Vorsätze an.
Die Unentschlossenheit wirkte auch auf die Kciegsoperationen. Das
Heer der Schweizer war anfangs dem französischen überlegen, aber die
Schweizer ließen sich durch trügerische Unterhandlungen so lange hin-
halten, bis der französische Feldherr Brune durch die Ankunft neuer
Truppen unter Schauenburg verstärkt war. Nun nahmen die Fran-
zosen Solothurn und Freiburg mit Slurm und« drangen gegen
Bern vor. Zwar wurde von mehreren bernischen Heerhaufen tapfer
gefochten, aber die Franzosen gelangten bis vor die Thore von Bern,
und die Regierung suchte nun durch eine Kapitulation Leben und Eigen-
thum der Bewohner zu retten. Die Schweizertruppen zerstreuten sich
jetzt, fielen aber vorher über ihre Anführer her und tödteten mehrere,
weil sie glaubten, daß ihre Niederlage nur das Werk der Vecrätherei
sein könne.
Die Franzosen bemächtigten sich zunächst in Bern des Schatzes und
des Zeughauses; dann dehnten sie das Plünderungssystem auch auf an-
dere Kantone aus. Die schweizerische Eidgenoffenschaft wurde für eine
untheilbare helvetische Republik erklärt und ihr die Einführung
einer Verfassung nach französischem Zuschnitt anbefohlen. Das Land
wurde mit dem Unterhalte und der Bekleidung der französischen Armee
belastet, mit starken Schatzungen belegt und die Arsenale, Magazine
und die Staatskassen ausgeplündert. Zu Aarau versammelten sich die
Abgeordneten von zehn Kantonen, und am 27. April 1798 wurde ein
helvetisches Direktorium eingeführt. Aber die kleinen demokrati-
schen Kantone, Schwytz, Uri, Appenzell, Glarus, Zug und Untermal-
den, wollten von der neuen Verfassung nichts wissen, und auch die Be-
wohner neuer Kantone, wie Thurgau und St. Gallen, theilten die Ab-
neigung gegen die neue Verfassung. Es kam zu mehreren blutigen Tref-
fen, am Zürcher See und in den benachbarten Thälern, zum Theil an
den Stellen früherer Freiheitßkämpfe, bei Morgarten, Küßnacht, Rap-
perswyl und anderen, und die Enkel der alten Eidgenossen bewiesen,
daß die alte Schweizerkraft noch nicht erloschen war. Aber endlich muß.
ten die Schweizer doch die neue Verfassung annehmen.
Der republikanische Haushalt kostete noch mehr als der monarchi- gsks
lche, und das Direktorium juchte deßhalb durch Unterjochungß- und Paris zurück
Plünderungskriege außerordentliche Zuschüsse zu erhalten, um das Miß- nwgypttn
Verhältniß der .Einkünfte gegen die Ausgaben zu decken. Auch bemühte
es sich durch äußere politische Größe die innere Gebrechlichkeit zu ver-
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15
ihre Gesänge und dachten mit Scheu und Ehrfurcht an die geheim-
nißvolle Macht dieser Jungfrauen. Ein anderes Orakel befand sich
auf einer dem Volke der Nanneten (Nantes) gehörenden und in der
Mündung der Loire liegenden Insel, welche kein männlicher Fuß
betreten durfte. Diese Priesterinnen waren verpflichtet, zu gewissen
Zeiten das Dach ihres Tempels zu zerstören und es dann in einer
Nacht wieder aufzubauen. Wenn eine derselben von den Materia-
lien etwas fallen ließ, so wurde sie, wie man erzählte, von ihren
Gefährtinnen auf der Stelle zerrissen. Diese Priesterinnen waren
verheirathet und besuchten einige Male im Jahre ihre Männer,
welche auf dem der Insel gegenüber liegenden Lande wohnten, ver-
ließen sie aber wieder vor Tages Anbruch. Die Inseln an der
Küste von Armorika waren bei den Alten wegen der magischen
Künste der Druiden berühmt. Auf manchen derselben hörten die
Schifffahrer zu gewissen Zeilen lärmende Gesänge und Klänge der
Cymbeln. Als der römische Feldherr Paulinus Suetonius die brit-
tische Insel Mona (Anglesea) angriff, standen Druiden am Ufer
und sprachen mit aufgehobenen Händen Verwünschungen gegen die
Römer aus, während Druidinnen in Trauerkleidern, mit aufgelöstem
Haar, brennende Fackeln schwangen. Die Druiden waren beson-
ders wegen ihrer Weissagungen berühmt, der Vorstellung der Kel-
ten und Germanen gemäß, die der weiblichen Natur und besonders
der jungfräulichen ein tieferes Gefühl für das Leben des Alls und
somit einen Blick in die Zukunft zuschrieben. Bei den Kelten gal-
ten jedoch die Frauen weniger als bei den Germanen, und es ist
keine Spur vorhanden, daß eine Druidin eine Bedeutung erlangt
hat, wie Aurinia, Velcda und andere bei den alten Deutschen.
In naher Verbindung mit den Druiden standen die Barden
oder Sänger. Sie hatten nicht nur die Lehren der Druiden in
Verse gebracht, sondern dichteten auch von der Abstammung der
Fürsten, und neben der didaktischen und epischen Poesie fehlten auch
lyrische Lieder nicht. Die Barden bedienten sich bei ihren Vorträ-
gen eines Instrumentes, welches im Kimrischen Kruit, irisch Cro-
tha, deutsch Grota oder Rota genannt wird. Das Instrument war
einer Violine ähnlich, nur etwas größer und hatte sechs Saiten,
von denen vier mit dem Bogen gestrichen wurden. Wälsche und
Irländer oder Schotten waren die Meister der Harfe und Rota im
ganzen Mittelalter.
Die Religion der Kelten war Naturreligion. Die Gallier ver- Diereilgivn.
ehrten in dem Gotte Teutates die schaffende Kraft der Natur.
Teutates hieß im Galischen Vater des Volkes, und dieser Gott
wurde als Stammvater des keltischen oder gallischen Völkerzweiges
gedacht. Wenn Cäsar berichtet, daß die Gallier von dem Dis pater
abzustammen behauptet hätten, so ist sein Irrthum daher entstan-
den, daß im Galischen Di Gott hieß und er diesen Namen für den
Dis pater genommen hat. Die Gallier dachten in dem Teutates
sehr mannigfaltige Begriffe vereinigt, welche später als besondere
Aeußerungen seiner Macht getrennt und als besondere Götter auf-
gefaßt wurden. Teutates war der Stifter des bürgerlichen Lebens,
des Handels, der Wissenschaften und Künste und wird von Cäsar
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62
Wichte und
Elbe.
mit den Männern; das Geschäft und die Bestimmung der Halb-
göttinnen ist, daß sie den obern Göttern dienen und den Men-
schen deren Willen verkündigen. Das Amt der Halbgöttinnen ist
bedeutsamer und von tieferem Einfluß auf das Leben und Treiben
der Menschen als die Thaten der Helden; ihr Ansehen und ihr
Kultus ist größer als die Verehrung der Heroen. Von jeher wurde
bei den Deutschen die Frau mit Achtung und Ehrfurcht behandelt;
die Deutschen glaubten, daß den Frauen etwas Göttliches und Vor-
ahnendes inwohne, daß Zauber und Weissagung besonders ihre
Gaben seien. Dies galt nun in besonders hohem Grade von den
halbgöttlichen Frauen, welche daher kluge, weise Frauen hie-
ßen. Unter diesen stehen obenan die drei Schicksalsgöttinnen, die
Moiren der Griechen, die Parzen der Römer, unsere Norni:
Wurt, Werdandi und Skuld, das Gewordene, das Werdende,
das Werdensollende, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wurt,
die Vergangenheit, war von Herzen gütig und durch ihr Alter ehr-
würdig ; sie wurde vorzugsweise verehrt und war gleichsam die
Vorsteherin der drei Nornen. Ganz das Gegentheil von ihr war
die jüngste, Skuld; jugendlich rasch naht sie heran und im Nahen
verschwindet sie schon wieder, ihrer zweiten Schwester Platz zu
machen. Ihrer ewigen Beweglichkeit ist die Ruhe der älteren Schwe-
ster verhaßt; was sie im Schilde führt, weiß Niemand.
Die Walküren, die göttlichen Botinnen Allvaters, waren
es, welche den Wal (die Erschlagenen auf dem Schlachtfelde) kü-
ren, kiesen, holen, in Empfang nehmen und die Helden in die
göttliche Wohnung Wuotans tragen. Von diesem Walten in der
Schlacht heißen sie auch Schlachtmädchen, und weil sie gerüstet mit
Schild und Helm ausziehen, Schildjungfrauen, Helmjungfrauen.
Sie sind die Schutzgeister der Helden. Wie die Nornen, so spin-
nen und weben auch die ihnen verwandten Walküren, und zwar
nicht nur die Geschicke der Schlacht, sondern sie spinnen auch am
Seestrande fitzend köstlichen Flachs. Dann ziehen sie Schwanhemden
an. Oft finden die Helden sie auch, wann sie sich in der kühlen
Fluth baden, nehmen das am Ufer liegende Schwangewand und
bringen dadurch die Jungfrauen in ihre Gewalt. Die Seen, an
welchen die Schwanjungfrauen erscheinen, liegen meist in
den tiefen, geheimen Schatten eines Waldes und deshalb heißen
die Jungfrauen auch Waldfrauen, Waldminnen, Meer-
minnen.
Von den Halbgöttern unterscheidet sich eine ganze Reihe von
Wesen hauptsächlich dadurch, daß sie nicht wie jene von den Men-
schen ausgehen, sondern gleichsam ein Reich für sich bilden und nur
durch Zufall oder Drang der Umstände bewogen werden, mit Men-
schen zu verkehren. Sie besitzen die Kraft den Menschen zu schaden
und zu helfen, scheuen sich aber vor ihm, weil sie ihm leiblich nicht
gewachsen sind. Entweder find sie weit unter menschlicher Größe
oder ungestalt. Die weiblichen Wesen erscheinen edler und gleichen
den Göttinnen und weisen Frauen; die männlichen Geister scheiden
sich bestimmter ab von Göttern wie von Helden. Die Namen dieser
Wesen find Wichte, Elbe oder Elben, und es giebt weiße,
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72
Zauberei und
Weissagung.
Leben, wie auf der Erde, nur daß alles viel schöner und herrlicher
erscheint, alles ist aus Gold gemacht, wenn es gleich den blöden
Augen der Sterblichen nicht darnach aussieht. An der Spitze der
in solchen Bergen wohnenden Helden stehen die alten Fürsten und
Könige wie z. B. Siegfried und Dietrich von Bern und aus spä-
terer, christlicher Zeit Karl der Große, Otto der Große und Fried-
rich Barbarossa. Fast alle, denen es vergönnt war, die alten Kaiser
zu schauen, fanden sie schlafend. Mitunter erwacht der Kaiser und
fragt den Eintretenden, ob die Raben noch um den Berg flögen?
Auf die Bejahung der Frage erwiedert er: So muß ich hundert
Jahre länger schlafen. Auch Sagen von Frauen und Jungfrauen,
die in Berge verwünscht sind, werden fast auf allen deutschen Ber-
gen, die eine Burg tragen, erzählt. Diese verwünschten Frauen
und Jungfrauen sind schneeweiß gekleidet und tragen in der Hand
oder am Gürtel ein Bund Schlüssel, oft auch einen Strauß weißer
oder blauer Blumen. Sie erscheinen am liebsten Schäfern und Hir-
tenknaben, die ihre Heerden in der Nähe der Burgen weiden. Mit
wem sie zusammentreffen, den beschenken sie mit scheinbar werthlosen
Dingen, die sich bei näherem Zusehen in Gold verwandeln. Alle
Verwünschten sehnen sich nach Erlösung. Mit dem in die Berghöhle
entrückten Helden ist meistens ein ungeheurer Hort (Schatz) versenkt,
den Schlangen, Drachen oder abscheuliche Hunde hüten. Eine Blume,
die Springwurzel oder die Wünschelruthe bringt in den Besitz des
Schatzes, sie sprengt die Wände der Berge, sie ist der Schlüssel
zum Schatz.
Aus den heiligsten Geschäften, Gottesdienst und Dichtkunst,
muß der Ursprung der Zauberei hergeleitet werden. Priester und
Dichter, Vertraute der Götter und göttlicher Eingebung theilhaft,
grenzen an Weissager und Zauberer. Neben dem Götterkultus stand
finstere Zauberei. Der Zauber wurde im Alterthum von Männern
wie von Frauen geübt, jedoch vorzugsweise den letzteren zugeschrie-
den. Daher kam es, daß die Hexerei d. i. die alte Zauberkunst
meist von Frauen getrieben wurde. Der Zauberer hat das Vermö-
gen sich unsichtbar zu machen oder in Thiergestalten zu schlüpfen.
Zauberer verwandeln sich in Wölfe, Zauberinnen in Katzen; die letz-
teren nehmen auch Vogelgestalt an, gewöhnlich die der Gans d. i.
des Schwans.
Von jeher hat der Mensch den Schleier zu lüften gesucht, den
Zeit und Raum über seine wichtigsten Angelegenheiten geworfen
haben. Durch Anwendung geheimer Mittel glaubt er Auskunft zu
erlangen. Erlaubte und unerlaubte Weissagungen waren von
jeher ein Geschäft des Priesters und des Zauberers. Die priesterliche,
heilige Weissagung scheint, wie der Priesterstand selbst, in gewissen
Geschlechtern fortgeerbt worden zu sein. Auch konnte jemand die
Gabe der Weissagung dadurch erlangen, daß er dem, welcher sie
besaß, auf den rechten Fuß trat und über die linke Schulter schaute.
Auch die Glückskinder, die mit der Glückshaube, mit einer Haut
um den Kopf, geboren waren, sahen Geister. Zur Erforschung des
Geschehenen dienten in den Gerichtsverhandlungen die Gottesurtheile,
bei denen der Angeschuldigte selbst den Ritus vornehmen mußte.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Siegfried Siegfried Karl_der_Große Karl Otto Barbarossa Barbarossa
165
und daran nahmen die Römer wie die Germanen Antheil. Für
die Römer bestanden aber noch eine Zeitlang einige ihrer städtischen
Einrichtungen fort, die Curie mit dem Defensor zur Aufnahme und
Eintragung von Testamenten, Schenkungen und ähnlichen Acten.
Dagegen findet sich keine Spur von einer besonderen Gerichtsbar-
keit dieser Magistrate, von einer eigenen von dem Staate aner-
kannten Gemeindeverbindung der Stadtbewohner, überhaupt von
einer selbständigen Stellung der Städte innerhalb des Reiches.
Mehrere Stadtgebiete oder Gaue waren zu einer Landschaft ®ie
oder Provinz vereinigt und über diese ein Herzog gesetzt, zunächst
zum Oberbefehl über das Kriegswesen der Landschaft und alles was
mit der Landesvertheidigung zusammenhing, dann aber auch zur Auf-
sicht über die bürgerliche Verwaltung und die Rechtspstege. Dem
Herzoge waren die Grafen untergeordnet. Wo die Einsetzung der
Herzöge zur Regel geworden war, blieb dem Grafen die Leitung
der Gerichte, wenn auch dem Herzoge eine gerichtliche Gewalt nicht
fehlen konnte. Der Herzog hatte theils eine allgemein aufsehende,
für die Interessen des Landes sorgende, den Einzelnen schützende
für wichtigere Geschäfte bestimmte höhere Gewalt, theils die beson-
dere Stellung als oberster Befehlshaber. Die letzte überwog fort-
während, und sie gab am Ende auch den Anlaß, daß regelmäßig
in allen Provinzen des Reichs Herzöge eingesetzt wurden. Der Um-
fang ihres Gebietes war sehr verschieden, bald drei bis vier Gaue,
bald mehrere bis zu zwölf. Dabei wurde häufig auf landschaftliche
Verbindungen Rücksicht genommen, die sich aus früherer Zeit er-
halten oder erst gebildet hatten. Auf deutschem Boden waren es
die Landschaften der einzelnen größeren Stämme, welche der Ge-
walt eines Herzogs untergeordnet wurden. Aber eben hier hat das
Amt der Herzöge bald den Charakter einer mehr selbständigen Herr-
schergewalt angenommen. Sie wurden dem fränkischen Könige ge-
genüber die Vertreter der einzelnen Stämme, die Repräsentanten
ihrer volksthümlichen Verschiedenheit innerhalb der Einheit des Rei-
ches; sie gewannen nach unten an Macht und Einfluß, nach oben
an Unabhängigkeit, und wurden so die Träger einer Entwickelung,
bte für den späteren Zustand des fränkischen Reiches und seiner
Verfassung höchst bedeutungsvoll werden sollte.
Die Stätte für die eigene Bewegung des Volkes war die Ver- Dasgcnchts-
sammlung der Hundertschaft. Außerdem kamen gewiß auch die irf,en
Dorfgenossen zusammen und beriethen in ihren Angelegenheiten; von
Dorfgerichten ist aber nicht die Rede. Die grundbesitzenden Ge-
meindeglieder bildeten die Versammlung der Hundertschaft; sie wa-
ren die Urtheiler, welche das Recht nach alter Gewohnheit wiesen.
Den Vorsitz im Gericht hatte der Centenar, später der Graf
oder auch dessen Stellvertreter, welchen beiden letzteren aber der
Centenar unter dem Namen eines Judex zur Seite stand, damit
er dem Urtheile des Volkes durch Untersuchung der Verhältnisse und
durch Nachweis der gesetzlichen Bestimmungen zu Hülfe komme. In
der Gerichtsversammluug pflegte ein Theil des Volkes zu stehen,
ein anderer im engeren Kreise zu sitzen, an erhöhtem Platze, wie
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
142
Innere Ver-
hältnisse des
westgothischen
Reichs.
auf den Papst, als den höchsten Schiedsrichter in Glaubenssachen,
untersagt, und die Bischöfe dem Könige unterworfen, die Verfol-
gungen der Juden aufgehoben, die Verheiratung der Geistlichen
erlaubt und endlich ein Theil der großen Güter der Geistlichkeit
eingezogen. Mit den eingezogenen Gütern sollten die dem König
ergebenen Großen bereichert werden; aber auch die weltlichen Gro-
ßen sollten manches von ihren Vorrechten aufgeben. Durch diese
neue Staatseinrichtung hatte Witiza viele für sich gewonnen, aber
noch mehrere sich zu Feinden gemacht. Verschwörungen wurden an-
gesponnen, aber unterdrückt, da das Volk keinen Theil an densel-
den nahm. Eine arabische Flotte versuchte an der südlichen Küste
eine Landung, sie wurde aber mit großem Verluste zurückgeschlagen
(709) . Noderich, der Sohn eines wegen Theilnahme an einer
Verschwörung geblendeten Großen, stiftete eine Verschwörung; die
Geistlichkeit unterstützte den Aufstand, und Witiza wurde gestürzt
(710) . Noderich ward von seinem Anbange zum König ausgeru-
fen, er verstand es aber nicht die Familie seines Vorgängers mit
sich auszusöhnen oder unschädlich zu machen, und so zog sich über
dem zerrütteten westgothischen Reiche das Ungewitter zusammen,
welches demselben schon längere Zeit von Afrika her drohte und
welches dasselbe gänzlich zertrümmerte.
Die Westgothen nahmen bei ihrer Niederlassung in Gallien
und Spanien ebenfalls Landtheilungen mit den Provinzialen vor.
Vom Ackerland und Waldungen erhielt der Gothe zwei Drittheile,
der Römer ein Drittheil; doch konnten Waldungen auch gemein-
schaftlich bleiben. Der König wurde von den Großen des Reiches
gewählt, doch fiel die Wahl in früherer Zeit gewöhnlich auf den
Sohn des verstorbenen Königs. Die Macht des Königs war seit
Reccared durch die Reichstage beschränkt und auch schon früher an
die Ehrfurcht vor den Gesetzen gebunden. Der König wachte über
das Recht und gewährte den Bedrängten Hülfe. Bei seiner Thron-
besteigung hatten ihm alle den Eid der Treue zu leisten. Nach
Reccared wurden die Könige auch gekrönt und gesalbt. Um den
König waren Personen des Hofstaates hohen und mittleren Ran-
ges. Zu den niederen Hofämtern wurden auch unfreie Leute des
Königs befördert. Für die Landesverwaltung war das Reich in
Provinzen eingetheilt. In jeder Provinz war ein Herzog (Dux),
welcher über die Sicherheit des Landes, den gemeinen Nutzen, die
Ordnung der Verwaltung und Rechtspflege, und die Bestrafung der
Verbrechen zu wachen hatte. Unter ihm stand an der Spitze der
Verwaltung und Rechtspflege in jedem Stadtgebiet ein Graf, neben
diesem dessen Stellvertreter (Vicarius) und ein Richter (Judex) als
Gehülfe im Richteramt. Die meisten Beamten waren zugleich An-
führer im Krieg. Zum Aufgebot mußten alle Waffenfähigen sich
stellen, auch die Freigelassenen und die Knechte des Fiscus. Gegen
die Willkür der Beamten gab es viele und strenge Verordnungen.
Auch wurden die Bischöfe zur Beaufsichtigung mit herangezogen.
Der Graf war die gemeinschaftliche Obrigkeit für die Gothen und
Römer. Weiter abwärts bildeten aber noch die Römer in jeder
Stadt eine besondere Gemeinde, welche unter einer besonderen Be-
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Extrahierte Personennamen: Gothe
Extrahierte Ortsnamen: Witiza Afrika Gallien Spanien
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durch die Bekanntschaft mit römischer Kultur etwas besser und bequemer
eingerichtet. Daß man römische Münzen kannte und nach ihnen rech-
nete, erscheint als die bedeutendste Anlehnung an fremde Verhältnisse.
Mit dem Grundbesitz hängt alles Recht in der Gemeinde zu-
sammen. In der Gemeinde ist der Grundbesitz, verbunden mit vol-
ler Freiheit und fränkischer Abstammung, von entschiedener Bedeu-
tung. Wichtig sind auch die verwandtschaftlichen Verbindungen,
welche innerhalb der einzelner! Gemeinden und über sie hinaus die
freien Volksgenossen verbinden. Auf ihnen beruht das Recht zu erben
und für den erschlagenen Verwandten das Wehrgeld zu empfangen,
aber auch die Pflicht, dem Verwandten unter gewissen Voraus-
setzungen bei der Zahlung der Buße zu unterstützen, ihn vor Ge-
richt zu vertreten und zu vertheidigen. Einen politischen Charak-
ter haben aber diese Vereinigungen der Blutsverwandten nickt.
Die Römer, welche ihren Grundbesitz behalten haben, stehen
in vielen Beziehungen nur den Leten oder Liten gleich, die einen
Theil des Volkes ausmachen, aber keine politischen Rechte haben.
Diesen fehlt das volle Recht der Freiheit mit dem freien Eigen-
thum. Dieses soll auch nicht an die Weiber fallen. Dagegen ist
eine Theilung der Ländereien unter gleichberechtigte Erben zulässig
gewesen. Da die Mündigkeit früher mit dem zehnten, später mit
dem zwölften Jahre eintrat, während Grundbesitz daheim nicht leicht
vor dem Tode des Vaters erworben werden konnte, so gab es eine
zahlreiche wehrhafte Jugend, welche geneigt war außer der Hei-
math ihr Glück zu versuchen. Diese hat wohl in den Heeren der
Römer gedient und ist in den Eroberungskriegen den Königen ge-
folgt. Aber dem kriegerischen Treiben ausziehender Sckaaren ste-
hen die stätigen, auf dem Grundbesitz beruhenden Verhältnisse der
Heimath gegenüber. Hier gab es Hundertschaften, wie wir sie frü-
her kennen gelernt haben, welche ihre Versammlungen hielten und
ihre Vorsteher hatten. Der Vorsteher wurde von der Hundertschaft
gewählt, er leitete die Versammlung und besorgte die gemeinsamen
Angelegenheiten. Wahrscheinlich zog er auch an der Spitze seiner
Abtheilung des Volkes in den Krieg.
Alle Geschäfte, welche für das Recht von Wichtigkeit waren,
vollzog man in eigenthümlich feierlicher Weise. Symbolische Hand-
lungen von sinnlich lebendiger Kraft wurden vorgenommen, um
das Geschäft dem Gedächtniß einzuprägen. Man springt im Hemd,
unbeschuht, einen Stock in der Hand, über den Zaun des Hosts,
wenn man Haus und Hof verlassen und aufgeben will. Den Besitz
desselben und die daran haftende Verpflichtung überträgt man auf
die nächsten Verwandten dadurch, daß man Erde aus den vier
Ecken des Hauses nimmt und auf der Schwelle stehend über die
Schulter auf dieselben hinwirft. Andere Uebertragungen finden statt,
indem man dem andern einen Halm in den Schooß wirft. Um sich
als Besitzer von Haus und Land zu bethätigen, muß der Empfän-
ger drei Gäste bei sich aufnehmen und sie mit Brei bewirthen.
Die Verlobung der Wittwe und wahrscheinlich auch die der Jung-
frau fand durch einen Scheinkauf statt. Die Frau, welche zur zwei-
ten Ehe schritt, mußte sich in besonderer Weise mit den Verwand-
ten des ersten Mannes abfinden. Wer aus der Familie, der
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(1178 — 1241) genannt, enthält die Erzählung der Göttersagen
der älteren Edda und Erklärungen der Bilder und Versarten der
heidnischen Dichtersprache. Nach der Mythologie der Skandinavier
giebt es mehrere in bestimmten Zeiträumen sich wiederholende Welt-
schöpfungen, bei denen jedes Mal die frühere Welt zu Grunde geht.
Die Asen oder zwölf Hauptgötter, an deren Spitze Odin steht,
sind von einem fernen Lande in Skandinavien eingewandert, ha-
den die frühere Welt zerstört, die Götter und Riesen derselben an
das äußerste Ende der Welt vertrieben und die Erde oder Mann-
heim d. i. die Heimath der Menschen zum Wohnsitze der Men-
schen eingerichtet. Die Burg der Götter, Asgard, liegt in der
Mitte der Welt. Dort ist auch Odin's Palast, Walhalla, wo
er die im Kampfe gefallenen Helden um sich versammelt, während
diejenigen Freien, welche eines natürlichen Todes sterben, und böse
Menschen in dem kalten, von dem Höllenstrom umflossenen Hel-
heim ein trauriges Schattenleben führen, die Frauen aber zu der
Göttin Freia, die Sklaven zum Gott Thor kommen. Die Helden
setzen in Walhalla ihr kriegerisches Leben fort, und während sie
schmausen und zechen, singt ihnen Bragi, der Skalde der Götter,
von den Heldenthaten der Vorzeit. Man gab dem gefallenen Hel-
den außer seiner Rüstung auch noch allerhand Kostbarkeiten mit
auf den Scheiterhaufen, damit sein Einzug in Walhalla desto glän-
zender und sein Leben dort geehrt und herrlich sei. Einst kömmt
für Odin's Welt die Stunde des Untergangs. Außerhalb der ei-
gentlichen Götter- und Menschenwelt liegt im äußersten Süden, mit
eigenen Göttern und Dämonen bevölkert, eine Feuerwelt, Mus-
pelheim. Von hier geht die Zerstörung am Ende der Zeiten aus.
Nach gräulichen Vorzeichen, nachdem entsetzliche Dämonen, die bis
dahin von den Göttern gefesselt gehalten worden sind, sich befreit
haben, entspinnt sich ein Kampf zwischen den Dämonen der Feuer-
welt und ihrem Gefolge von Riesen, Kobolden, Unthieren aller
Art und den himmlischen Göttern; alle fallen im Kampfe, und zu-
letzt verschlingt die unaufhaltsam hervorbrechende Flamme alles, was
vorhanden ist. Aber die Welt wird wieder geboren. Aus dem
Meere hebt sich eine schöne, grüne Erde, auf welcher Korn wächst,
ohne daß es gcsäet worden ist. Ein Mann und eine Frau, Lif
und Lifthrasir (Leben und Lebenswärme) haben sich aus den Flam-
men gerettet, und von ihnen stammt die neue Bevölkerung der
Erde. Auch die Asen werden wieder geboren. Und so wohnen
Götter und Menschen wieder zusammen. Gebannt ist aus der Welt
das Uebel, gebrochen die Macht des Bösen.
Kr^erischcr Krieg, Jagd und Waffenübung, Trinkgelage und das Anhören
Skandinavier, der Erzählungen von früheren Heldenthaten waren die Beschäfti-
gungen der nordischen Helden. Nur Sklaven betrieben Ackerbau
und Viehzucht. Die Heldensagen hatten einen düsteren Charakter;
sie hatten nicht bloß Kampf und Sieg, sondern meistens auch die
Schuld und den schrecklichen Untergang gepriesener Helden zum In-
halt. Der Werth des Lebens ward gering angeschlagen; mehr noch
als Tapferkeit wurde kalte Todesverachtung geehrt. Die Tapferkeit
steigerte sich zuweilen bis zur Raserei, und ohne Waffen und Klei-
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