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seines blödsinnigen Halbbruders Iwan zum Zaren unter Vormundschaft seiner Mutter ausgerufen. Aber seine herrschsiichtige Halbschwester Sophie wußte es durch eine Empörung der Strelitzen durchzusetzen, daß Peter mit Iwan die Regierung teilte und sie die Vormundschaft erhielt. Auf einem Dorfe in der Nähe Moskaus schuf sich Peter eine Leibgarde und bildete sich unter Leitung des Gensers Lesart und des Schotten Gordon zum Strategen aus. Nach einer neuen Empörung verwies er Sophie in ein Kloster und übernahm selbst die Negierung. Peter war durch einen lebhaften Bildungsdrang, hohe Begabung und große Energie ausgezeichnet, im Leben leidenschaftlich, in der Politik kalt und besonnen.
2. Regierung. Das Ziel seiner Regierung war, a) sein halbbarbarisches Land zu europäischer Kultur zu erheben, b) durch die Gewinnung der Küsten des Schwarzen und Baltischen Meeres in der europäischen Politik entscheidend auftreten zu können.
ad a) Um ersteres zu erreichen, wollte sich Peter aus eigener Anschauung mit dem gebildeten Europa bekannt machen. Daher unternahm er von 1697 bis 1698 die erste Reise nach dem Westen. Er lernte in Holland die Schiffsbaukunst, in England das Seewesen kennen, gewann in Deutschland Gelehrte, Künstler und Handwerker für sein Land und begann bald nach seiner Rückkehr mit den inneren Reformen desselben. Eine zweite Reise, 1716—1717, hatte denselben Zweck.
ad b) Seine zweite Absicht mußte ihn in einen Krieg mit den Schweden und Türken verwickeln.
3. Kriege.
A. Den Türken entriß Peter der Große während des zweiten Türkenkrieges unter Leopold I. Asow und verschaffte Rußland freien Handel auf dem Schwarzen Meere (siehe S. 269).
B. Der nordische Krieg, 1700—1721.
a) Veranlassung. Die Jugend des schwedischen Königs Karl Xii. veranlaßte einen Angriffsbund der drei nordischen Mächte gegen ihn:
1. Der Zar Peter wollte die Ostseeländer Karelien und Jnger-manland erobern, die Gustav Adolf den Rufsen entrissen hatte.
2. August Ii. von Polen erstrebte die Provinzen Estland und Livland, die im Frieden von Oliva abgetreten worden waren.
3. Friedrich Iv. von Dänemark (1699 — 1730) wünschte die Wiedereroberung der südlichen Provinzen in Schweden.
Karl Xii. nimmt wider Erwarten seiner Minister den Krieg an und betreibt energische Rüstungen.
b) Der Krieg.
I. Karls Xii. Kriegsglück, 1700-1709.
1. Gegen Dänemark. Karl landete rasch auf Seeland und zwang den unvorbereiteten König zum Frieden von Traventahl, in dem Dänemark vom Kriege zurücktrat.
2. Gegen Rußland und Polen. Nun wandte er sich gegen das un-
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Extrahierte Personennamen: Iwan Sophie Peter Peter Gordon Peter Peter Peter_der_Große Leopold_I. Karl Peter Gustav_Adolf Gustav Adolf August Friedrich_Iv Friedrich Karl_Xii Karl Karls Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Moskaus Baltischen_Meeres Europa Westen Holland England Deutschland Schweden Karelien Polen Estland Livland Oliva Schweden Karls Seeland Dänemark Polen
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Extrahierte Personennamen: Dänemark August Katharina_I. Peters Peters Elisabeth Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Ii Friedrich Friedrich_Wilhelms_I. Friedrich Wilhelms_I. Friedrich Friedrich
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Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
sublimen Gedanken, die es enthielt. Mil ton war schon
über sechzig Jahre alt, als er der Verfasser dieses herr-
lichen, obgleich nicht ganz fehlerlosen Gedichtes wurde.
Man tadelt daran, daß er die Welt nicht auf Gottes
bloßen Ruf entstehen, sondern erst den Riß dazu mit ei-
nem Zirkel entwerfen laßt, daß seine Teufel mit Kanonen
feuern, daß er die Sünde mit dem Tode vermahlt und
ihnen Schlangen zu Kindern gibt, daß er die Gottheit
und die Engel nicht immer mit Würde sprechen und die
Teufel als Kröten herumhüpfen laßt. Auch findet man
Sprache und Versbau bisweilen hart. Diese Mangel
werden aber von den Schönheiten des Gedichtes weit
überwogen. — Milton starb im Jahre 1674.
23- Die Belagerung von Wien durch die
Türken. (1.1683.)
Im Jahr 1683, unter der Regierung des Kaisers
Leopold I., wurde durch die Belagerung der Stadt
Wien durch die Türken ganz Deutschland in Schrecken ge-
setzt. Die Veranlassung dazu gab eine Empörung der
Ungarn, bei welcher ein gewisser Graf Tökely, der die
Seele davon war, den französischen König Ludwig Xiv.
und die Türken zu Hülfe rief. Vergeblich bemühte sich
Leopold, der schon die Franzosen aufdemnacken hatte, die-
sen gefährlichen Krieg durch Unterhandlungen abzuwenden.
Die Osmancn bestanden darauf, er sollte sein Kriegsheer
ganz aus Ungarn ziehen und dem Tökely die Lände-
reien einraumen, die er begehrte; da der Kaiser sich nicht
sogleich dazu verstehen wollte, verlangten sie auch noch
eine halbe Million Gulden für sich selbst.
Jetzt war der Krieg unvermeidlich. Wie sollte ihn aber
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Extrahierte Personennamen: Leopold_I. Leopold_I. Ludwig_Xiv Ludwig Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Deutschland Ungarn Ungarn
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tcr Poet. Mächtigen Einfluß auf die schöne Literatur
der Franzosen gewannen bald auch die Frauen. Der Ge-
schmack des Weibes ist feiner, sittlicher, oft edler; es fühlt
lebendiger die Schönheiten der Natur, lebendiger Alles,
was das Herz zu bewegen, den Geist zu verschönern ver-
mag. In dem Umgang der Frauen lernen die Männer
in ihrem Geiste denken. So entstanden nun die vielen
zartgeschriebenen Werke, auf welche die Franzosen so stolz
sind, und in denen das Herz mit seinen Leidenschaften
so glücklich geschildert ist. Durch den lauternden Geschmack
der Weiber verschwanden auch die pedantischen Floskeln
und der ganze gelehrte Kram, womit die guten Alten
auch in den Werken der schönen Künste zu glanzen suchten.
Groß und allgemein angestaunt, wie ein Riese, trat
nun Peter Corneille auf, dem von Notrou der Weg
war bereitet worden, und erfüllte mit seiner Herrlichkeit
die öde französische Bühne (ch 1684). Mit ihm begann
das goldne Zeitalter der schönen Künste unter Ludwig Xiv.
Anfangs versuchte er sich in dem Lustspiel, bald aber fand
er in der Tragödie die wahre Bahn, zu der ihm die Na-
tur bestimmt hatte. Unter seinen Händen gewann sie
eine ganz neue Gestalt. An Stärke der Gedanken und
der Gefühle, an Kraft und Haltung der Charaktere, in
dem Ausdruck der Leidenschaften und in der glücklichen
Wahl der Worte ließ er seine Vorgänger weit hinter sich
zurück. Die Franzosen gaben ihm allgemein den Namen
des Großen, theils um ihn von seinem Bruder Thomas
zu unterscheiden, theils weil er wirklich für seine Zeiten
ein großer Mann war. Im Lustspiele wurde er bald von
Jean Baptifte Moliere, dem unübertrefflichsten Komi-
ker aller Zeiten, übertroffcn (ch1673). Dieser merkwür-
dige Mann wußte mit einer seltenen Beobachtungsgabe
das Lächerliche in allen Ständen aufzuspüren und es mit
10*
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Extrahierte Personennamen: Peter_Corneille Ludwig_Xiv Ludwig Thomas Jean_Baptifte_Moliere
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Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
gegen Peters Reformen und deren Urheber brachten sie
auch ihrem Zögling bei, und legten so den Grund zu sei-
nem künftigen Unglück.
Peter, der nach und nach merkte, daß sein Sohn
durch diese pfafsische Erziehung verdorben wurde, ent-
fernte die Geistlichen und gab ihm den Prinzen Menzi-
koff zum Oberhofmeister. Aber auch dieser erzog ihn
nicht nach des Vaters, sondern nach seinen Absichten.
Er suchte ihn verächtlich zu machen, brachte ihm Geschmack
an pöbelhaften Lustbarkeiten und Gesellschaften bei, über-
ließ ihn seiner frühen Neigung zum Trunk und bemühte
sich nicht, den harten und wilden Charakter zu brechen,
mit dem der Prinz geboren war. Auch ließ er unbesorgt den
Saamen fortkeimen, der schon durch die frühere Erziehung
in Alexeis Herz gestreut war. Alexei schien mehr zu
einem Klosterbruder als zum Regenten eines großen Reiches
geschaffen. Das Studium der theologischen Wissenschaften
war seine liebste Beschäftigung. Schon vor seinem fünfzehn-
ten Jahre hatte er sechs Mal die Bibel durchgelescn; und da-
neben besaß er mehr theologische Kenntnisse als mancher Can-
didat der Theologie. Den hellen Geist des Vaters aber hatte
er nicht. Er hing fest an den alten Gebrauchen seiner Na-
tion, verachtete die Vorzüge gebildeter Völker, und ver-
rieth besonders in der Trunkenheit durch seine Gespräche
und die Plane, die er entworfen hatte, ganz unzweideutig,
was man nach des Vaters Tode von ihm zu erwarten hatte.
Peter erfuhr Alles, und ihm bangte unter einem
solchen Nachfolger vor der Zukunft. So wie Alex ei
war, durfte er nach des Vaters Ansichten nicht bleiben.
Aber der Mann, der zum Erstaunen von ganz Europa
ein großes Reich völlig umgestaltet hatte, war unvermö-
gend, seinen eigenen Sohn auf andere Wege zu bringen.
Gewalt, womit er gewohnt war, Alles durchzusetzen, fruch-
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Extrahierte Personennamen: Peters Peter Peter Alex
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Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
T
ganzen Umgebungen einer Burg. Ob der Ritter Recht oder
Unrecht habe, ob die Schuld auf seiner oder auf der Dame
Seite sei, dies war die Frage, die allgemein untersucht und
nach Verschiedenheit der Ansichten, bald so, bald so entschie-
den wurde. Oft warfen auch die Troubadours in ihren Ge-
dichten dergleichen Fragen auf, tensons genannt, und über-
ließen sie der Entscheidung der Ritter und Frauen, z. B.:
Was ist bitterer, der Tod oder die Untreue der
Geliebten? Wer leidet mehr, ein Mann, den sei-
ne Gattin, oder ein Liebender, den seine Her-
zenskönigin verläßt?
Dies waren nur allgemeine Fragen; zu einer Menge
ganz besonderer gaben aber täglich die Verhältnisse der Lie-
benden Veranlassung. Da nun Jedermann an der Unter-
suchung und Entscheidung großen Antheil nahm, so kam
man auf den erfreulichen Gedanken, besondere Spruchcolle-
gien oder Liebesparlamente zu errichten, bei welchen Ritter
und Damen zu Gericht saßen, alle Streitigkeiten mit zar-
tem weiblichen und ritterlichen Sinne erwogen, und am
Ende ihren Ausspruch in der Form eines Parlamentsschlusses
ertheilten, weßwegen man auch solche Erkenntnisse Arrets
d’amour nannte. Obgleich Alles nur Spiel und Ergötzlich-
keit war, so wurde doch mit dem größten und lächerlichsten
Ernst dabei verfahren. Die Grafen von Provence machten
selbst die Präsidenten dabei; die Parteien aber unterwarfen
sich mit ehrfurchtsvoller Folgsamkeit, und demnach blieben
dergleichen Aussprüche nicht ohne Wirkung.
In dem südlichen Frankreich waren vier ordentliche Lie-
besparlamente dieser Art errichtet, nämlich zu Perrefeu,
Aix, Romagny, Avignon. Ueber ihre Dauer laßt sich
nichts Gewisses sagen; wahrscheinlich verschwanden sie mit
den Troubadours in den Kriegen gegen die Albigenser und
Waldenser. .
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Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
206
Emen sehr großen Einfluß auf die Cultur der Deut-
schen insbesondere hatten die Kreuzzüge. Der Zug der Kreuz-
fahrer ging nämlich durch mehrere Lander, die schon gebil-
dete Bewohner hatten. In Italien z. B. waren ihre Sam-
melplätze Venedig, Genua, Pisa, wo durch den Handel
schon großer Luxus herrschte. Non da setzten sie zu Schiffe
nach Dalmatien über, und von hier zogen sie zu Lande
weiter nach Konstantinopel, der schönsten und größten aller
europäischen Städte jener Zeit, wo sich auch noch das Bild
feiner römischer und griechischer Sitten erhalten hatte und
wo prächtige Denkmäler der schönen Künste prangten. Kon-
stantinopel war zugleich fast der einzige Marktplatz, wo mit
ostindischen und andern seltenen Maaren gehandelt wurde.
Hier sahen und lernten nun die Kreuzfahrer, eigneten sich
an, was sie konnten, verfeinerten ihren Geschmack, erweiter-
ten und berichtigten ihre Begriffe und verloren einen Theil
ihrer Vorurtheile. Besonders lernten sie das Bäuerische ih-
rer Sitten und Lebensart fühlen und ablegen. Bald nach
den Kreuzzügen herrschte daher große Pracht an den Höfen
der Fürsten, großer Pomp bei allen Feierlichkeiten und ein
feinerer Geschmack in ihren Vergnügungen. Doch wir wol-
len Europas Völker erst kennen lernen, wie sie im zehnten
und elften Jahrhunderte vor den Kreuzzügen waren.
1. Sitten und Lebensart der Europäer vom
Feine Sitten und guter gesellschaftlicher Ton herrsch-
ten vom zehnten bis zum zwölften Jahrhunderte nur in
Griechenland und in den großen italienischen und französi-
schen Handelsstädten, auch bei den spanischen Arabern oder
Saracenen, die in diesen drei Jahrhunderten eine glänzende
Rolle spielten. Von den Deutschen jener Zeit macht ein
italienischer Geschichtschreiber kein sehr rühmliches Bild. „Sie
/
zehnten Jahrhunderte an.
i
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Extrahierte Ortsnamen: Deut- Italien Genua Dalmatien Konstantinopel Europas Griechenland
102
Heldenthaten; sie hielt sich für eine Gesandte Gottes, sie
hatte, wo sie war, keine Ruhe mehr.
Damals befand sich zu Vaucouleurs ein Ritter, Namens
Baudricourt, der eine Schar junger Krieger sammelte,
um sie dem königlichen Feldherrn, Grafen Dunois, zuzu-
führen. Sie meldete sich bei ihm , erzählte ihm von ihren
Erscheinungen, von ihrem himmlischen Beruf, und verlangte,
dem König vorgestellt zu werden. Die Begeisterung und
das Selbstvertrauen, womit sie sprach, machte Eindruck.
Alle die sie hörten, wurden hingerissen. Man berichtete an
den König, der sich damals zu Bourges befand. Jo-
hanna wurde ihm vorgestellt. Ihre seltsamen Reden, die
schwärmerischen Schilderungen ihrer Erscheinungen, ihre
rollenden Augen, ihr ganz sonderbares Wesen verfehlte auch
hier seine Wirkung nicht. Zn jenen abergläubischen Zeiten
galt Alles für Wunder. Bald war die ganze Stadt, das
ganze Land voll von dem Heldenmädchen, das Gott zur
Retterin Frankreichs ausersehen hatte. Es wäre Thorheit
vom Hofe gewesen, den Wunderglauben des Volks und
der Krieger, die sich unter einer solchen, von dem Himmel
selbst berufenen Führerin für unüberwindlich halten muß-
ten, nicht zu benützen. Der König schien ihre göttliche
Sendung nicht zu bezweifeln. Er ließ ihr männliche Klei-
dung, eine vollständige Rüstung, ein gutes Pferd und das
Schwert aus der Katharinenkirche zu Fierbois geben, das
sie ausdrücklich verlangte. Auch erhielt sie eine Fahne, auf
der Gott abgebildet war, wie sie ihn im Traume gesehen
hatte. So gerüstet, schwang sie sich, mit der Fahne in
der Hand, auf ihr muthkges Roß, tummelte es unter dem
Zujauchzen einer großen Volksmenge trotz dem besten Rei-
ter, und wurde allgemein für ein übernatürliches Wesen
gehalten. Die Doctoren der theologischen Facultät erklärten
sie für eine von Gott begeisterte Seherin.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
14
wurde, gab er sogleich den Edelleuten, die ihn begleiteten,
Befehl, das Haus in Brand zu stecken und alle Bewohner
niederzumachen. Blos unter dem Vorwände, es sei das
heilige Sakrament zu einem Kranken in demselben gebracht
worden, konnte die Vollziehung der schrecklichen That ver-
hindertwerden. Ein andermal, da Don Carlos Kammer-
diener, dem geklingelt wurde, nicht sogleich erschien, faßte
ihn der Prinz, beim Hereintreten in das Zimmer, um den
Leib, fest entschlossen, ihn zum Fenster hinauszuwerfen,
wenn nicht auf das Geschrei des Mannes andere Diener
herbeigeeilt waren, die ihn retteten. Auch das Acußere des
Prinzen soll nicht sehr einnehmend gewesen seyn: einer
seiner Schenkel war kürzer als der andere; er hinkte folglich,
und schon dieser Umstand allein machte seine Figur ziemlich
prosaisch. Es ist aber dem Gemälde, welches die spanischen
gutkatholischen Schriftsteller von ihm entwerfen, schon des-
wegen nicht ganz zu trauen, weil Don Carlos für einen
Freund der Protestanten und einen Feind der Inquisition
galt. Nach Andern waren edler Stolz, Muth und Ruhm-
liebe die herrschenden Züge in seinem Charakter; und wenn
er auf Irrwege gerieth, so mußte es der Übeln Behand-
lung seines finstern und mißtrauischen Vaters zugeschrieben
werden, der das edlere Streben eines besser als er gesinn-
ten Sohnes nicht zu würdigen wußte und durch Kränkungen
aller Art sein Selbstgefühl reizte.
Don Carlos war ein Sohn der ersten Gemahlin
seines Vaters, Maria von Portugal; nach ihrem Tode
heirathete Philipp Ii., noch als Kronprinz, die englische
Königin Maria, eine Schwester der Königin Elisabeth;
und da auch diese gestorben war, nahm er seines Sohnes»
Braut, Elisabeth, die reizende Tochter des französischen
Königs Heinrich Ii.. zur Gemahlin. So wurde nun aus
Don Carlos Geliebten seine Stiefmutter, und er mußte
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Extrahierte Personennamen: Carlos_Kammer- Carlos Muth Carlos Maria_von_Portugal Maria Philipp_Ii Philipp Maria Maria Elisabeth Heinrich_Ii Heinrich Carlos
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Neue Geschichte. 1. Periode. England.
zwuugeues Wesen für Eitelkeit gescholten, und in dieser Strenge, mit der man sie beurtheilte, mag wohl zum Theil der Grund ihrer nachmaligen Vergehungen liegen. Indessen versah sie es allerdings darin, daß sie auf die Sittenstrenge der Schotten zu wenig Rücksicht nahm und manches that, was Anstoß gab. So lebte sie zuweilen wochenlang mit ihren Frauen in einem einfachen Bürgerhause ganz als Bürgerin, um sich von allen Geschäften und allem Zwange loszumachen. In ihrer hulflosen Lage mußte bei ihr der Wunsch rege werden, sich mit Elisabeth auszusöhnen, damit sie im schlimmsten Falle an ihr einen Rückhalt gegen ihre Feinde hätte. Sie ließ daher Elisabeth begrüßen und sie bitten, sie doch als nächste Verwandte zur Nachfolgerin zu erkennen; gern wollte sie dagegen allen gegenwärtigen Ansprüchen entsagen. Aber Elisabeth traute der Aufrichtigkeit Maria's nicht und gab ihr eine abweisende Antwort. Doch versöhnten sie sich wenigstens zum Scheine und wechselten seit dieser Zeit Briefe, so daß es schien, als wären sie Freundinnen geworden. Aber immer blieb Elisabeth in einer ängstlichen Spannung; denn der Gedanke an die Möglichkeit, daß Maria sich mit einem auswärtigen Fürsten vermählen könnte, ließ ihr keine Ruhe. Endlich rückte sie daher mit dem Vorschlage heraus: wenn Maria sich entschließen könne, den Robert Dndley, Grafen von Leicester (sprich Lester), einen Bruder des unglücklichen Guilford, zu heiratheu, so sei sie bereit, sie als Thronerbin anzuerkennen. Dieser Leicester war damals Elisabeths Günstling, und Elisabeth mochte theils durch diesen Vorschlag ihrem Liebling ein Glück bereiten wollen, theils hoffen, auf diese Weise sich vor Maria's Ränken sicher zu stellen. Indessen wurde sie bald auderu Sinnes, und als Maria sich zu der Verbindung bereit erklärte, machte Elisabeth Ausflüchte, und Maria war über dies doppelzüngige Benehmen nicht wenig verlegen. Nicht viel fehlte, so wäre es zu einem Bruche gekommen; um ihn zu verhüten, sandte Maria den Sir Jacob Melvil Nach London.
Dies war ein munterer, gewandter Hofmann, und seine Königin hatte ihm befohlen, sich durch unterhaltende Gespräche in das Vertrauen der Elisabeth zu stehlen. Das gelang ihm denn auch so ganz, daß diese ihre Schwächen, besonders ihre große Eitelkeit, ihm ganz offen darlegte. Einmal erzählte ihr Melvil von seinen Reisen und den Trachten der Weiber in verschiedenen Ländern, welche Vorzüge jede hätte und durch welche die Schönheit und Gestalt besonders gehoben würde. Elisabeth hörte aufmerksam
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Maria Maria Maria Maria Robert_Dndley Lester) Elisabeths_Günstling Maria Maria Elisabeth_Ausflüchte Maria Maria Maria Maria Jacob_Melvil Hofmann Elisabeth