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71. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 192

1877 - Stuttgart : Heitz
192 Jphigenia auf Tauris (von Göthe). (Als der Zug gegen Troja unternommen ward, hatten die Griechen den Agamemnon zum obersten Heerführer gewählt. Widrige Winde hin- derten die Ausfahrt der in Aulis versammelten Schiffe, und der Oberpriester Kalchas erklärte, Diana sei Schuld daran und könne nur dadurch versöhnt werden, daß ihr Agamemnon seine Tochter Jphigenia zum Opfer bringe. Agamemnon schickte sich an, das Opfer zu bringen; im entscheidenden Augen- blicke aber ward Jphigenia von der Göttin in einer Wolke nach Tauris entrückt. Die Griechen segelten ab; Klytämnestra aber, Agamemnon's Ge- mahlin, konnte diesem seine Opferbereitwilligkeit nicht vergeben, und aus Zorn über ihn schenkte sie in seiner Abwesenheit den Werbungen des Aegisth Gehör, welcher ihn mit Hilfe Klhtämnestra's bei seiner Rückkehr ermordete. Orestes, der Sohn Agamemnon's, zum Manne herangewachsen, erschlug die Mutter und ward zur Strafe der Blutthat von Furien verfolgt, so daß er nirgends Ruhe finden konnte. Auf Befragung des Delphischen Apollo ward er beschieden, daß er nur dann Ruhe finden könne, wenn er die Schwester aus dem Taurischen Tempel entführte und nach Griechenland brächte. Da er nicht wußte, daß seine eigene Schwester dort als Priesterin der Diana lebte, so konnte er nur denken, daß Apollo damit das berühmte Götterbild seiner (Apollo's) Schwester Diana meinte. Er reist mit seinem Freunde Phlades nach Tauris, wo sie, von den Einwohnern gefangen, der Sitte gemäß geopfert werden sollen. Jphigenia, die Priesterin, soll das Opfer vollziehen und erkennt den Bruder.) Dritter Akt. Erster Auftritt. Jphigenia. Orest. Jphigenia. Unglücklicher, ich löse deine Bande Zum Zeichen eines schmerzlichern Geschicks. Die Freiheit, die das Heiligthum gewährt, Ist, wie der letzte lichte Lebensblick Des schwer Erkrankten, Todesbote. Noch Kann ich es mir und darf es mir nicht sagen, Daß ihr verloren seid! Wie könnt' ich euch Mit mörderischer Hand dem Tode weihen? Und Niemand, wer es sei, darf euer Haupt, So lang' ich Priesterin Dianens bin, Berühren. Doch verweigr' ich jene Pflicht, Wie sie der aufgebrachte König fordert, So wählt er eine meiner Jungfrau'n mir Zur Folgerin, und ich vermag alsdann Mit heißem Wunsch allein euch beizustehn. O werther Landsmann! Selbst der letzte Knecht, Der an den Herd der Vatergötter streifte. Ist uns in fremdem Lande hoch willkommen:

72. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 198

1877 - Stuttgart : Heitz
198 O, wenn vergoßnes Mutterblutes Stimme Zur Höll' hinab mit dumpfen Tönen ruft: Soll nicht der reinen Schwester Segenswort Hilfreiche Götter vom Olympus rufen? Orest. Es ruft! Es ruft! So willst du mein Verderben Verbirgt in dir sich eine Rachegöttin? Wer bist du, deren Stimme mir entsetzlich Das Innerste in seinen Tiefen wendet? Jphigenia. Es zeigt sich dir im tiefsten Herzen an: Orest, ich bin's! Sieh' Iphigenien! Ich lebe! Orest. Du! Jphigenia. Mein Bruder! Orest. Laß! Hinweg! Ich rathe dir, berühre nicht die Locken! Wie von Kreusa's Brautkleid zündet sich Ein unauslöschlich Feuer von mir fort. Laß mich! Wie Herkules will ich Unwürd'ger Den Tod voll Schmach, in mich verschlossen, sterben Jphigenia. Du wirst nicht untergehn! O daß ich nur Ein ruhig Wort von dir vernehmen könnte! O löse meine Zweifel. Laß des Glückes, Des lang' erflehten, mich auch sicher werden. Es wälzet sich ein Rad von Freud' und Schmerz Durch meine Seele. Von dem fremden Manne Entfernet mich ein Schauer; doch es reißt Mein Innerstes gewaltig mich zum Bruder. Orest. Ist hier Lyäens Tempel? und ergreift Unbändig-heil'ge Wuth die Priesterin? Jphigenia. O höre mich! O sieh' mich an, wie mir Nach einer langen Zeit das Herz sich öffnet, Der Seligkeit, dem Liebsten, was die Welt Noch für mich tragen kann, das Haupt zu küssen; Mit meinen Armen, die den leeren Winden Nur ausgebreitet waren, dich zu fassen! O laß mich, laß mich! Denn es quillet heller Nicht vom Parnaß die ewige Quelle sprudelnd Von Fels zu Fels in's gold'ne Thal hinab. Wie Freude mir vom Herzen wallend fließt. Und wie ein selig Meer mich rings umfängt. Orest, Orest! Mein Bruder! Orest. Schöne Nymphe, Ich traue dir und deinem Schmeicheln nicht. Diana fordert strenge Dienerinnen Und rächet das entweihte Heiligthum.

73. Teil 2 - S. 45

1900 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 45 — nordische Tyr entspricht genau dem lateinischen deus (französisch dien) und dem griechischen jovis, die alle aus die Wurzel diu — glänzend zurückgeführt werden. Hiernach wird Gott im Gedanken an die Helligkeit des Tages und des Himmels als der .Glänzende" bezeichnet. Er war also ursprünglich der eigentliche Himmelsgott, der oberste der Götter und unsern germanischen Altvorderen dasselbe, was den Juden Jehovah und uns Christen Gott ist. Erst später hat sich der Begriff zu „Kriegsgott" verengt. Walhalla. Da alle Abstrakta von Konkreta abgeleitet sind, so werden wir wohl kaum fehl gehen, wenn wir auch das himmlische Walhalla der alten Deutschen von konkreten Verhältnissen ableiten, zumal die himmlischen Freuden von ihnen recht sinnlicher Art gedacht wurden. Die Halle oder Diele war bekanntlich der Ort, da die Familie oder Gemeinde zu friedlichem und fröhlichem Verkehre zusammen kam. War sie, wie die meisten großem altgermanijchen Gehöfte mit einem Walle umgeben, so bot sie den Versammelten doppelte Sicherheit, so daß hier keinerlei unangenehme Unterbrechung zu befürchten war. Das vollendetste Ideal einer solchen Walburg war nun das himmlische Walhalla. Es ist uns wohlbekannt, daß Walstatt im Althochdeutschen Kampsplatz bedeutet. Wenn wir uns aber vergegenwärtigen, daß der altdeutsche Kampf vorwiegend Verteidigungskampf war, also um und selbst in den Walburgen, die zur Verteidigung angelegt waren, seine letzte Ent* scheidung fand, so werden sich diese beiden Begriffe doch wohl vereinigen lassen. Walküren waren diejenigen, die die Erdensöhne für die alla auszulüren d. h. auszuwählen hatten. Eber. An den stets wieder heil werdenden Eber erinnert auch Hans Sachsens Parabel „Schlaraffenland*. Wodanstag. In England heißt der Mittwoch heute noch Wednesday, ein Beweis, daß er auch in Deutschland zur Zeit der Völkerwanderung, als die Angeln und Sachsen nach dort übersetzten, noch so hieß. Das „o" hat sich dort später in „e" abgeschliffen. Bocksdorn — Lycium barbaram wird im Felde fast überall gefunden und auch zu Lauben verwandt. Zius Rune war wohl das Hammerzeichen, das dem Kreuzeszeichen am meisten ähnelt. Die hier gedachte Zeit fällt kulturhistorisch wohl noch in die Steinzeit, und der Hammer wurde damals so hergestellt, daß man durch einen dementsprechend gehauenen Feuerstein oder Fint einen Stiel so steckte, daß das kürzere Ende oben und das längere Ende unten heraus sah. Der Holzstiel bildete so den Stamm, und der Stein den Querbalken der Kreuzform.

74. Teil 2 - S. 49

1900 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
49 — (Der gewaltige Eindruck, den sie auf das Gemüt machen. Denkt an die aus- und untergehende Sonne [Mond], gestirnten Himmel, Rauschen des Windes und des Wassers, Grollen des Donners u. s. w.) 2. Gieb die Naturerscheinungen au, die der Vorstellung von Wodan zu gründe liegen! Welche Kaisersage erinnert an Wodan und seine Raben? Sage das Gedicht „Barbarossa" von Rückert aus! Was ist nach der christlichen Lehre an die Stelle der Walküren und der Walhalla getreten? Kennst du ein Bild, das dies in christlicher Auffassung darstellt? (Kaulbach: Zu Gott.) Kennst du ein Lied, das dies besingt? (Wo findet die Seele.) Welches Gedicht des Lesebuchs erinnert an die wilde Jagd? (Goethe: Der getreue Eckart.) Welche innern Beziehungen bestehen zwischen dem heidnischen Julfeste und dem christlichen Weihnachtsseste? Erde und Menschen, am weitesten von der Sonne und Gottes Gnade entfernt, vernehmen die Kunde von kommender, besserer Zeit. 3. Gieb die Naturerscheinungen an, die der Vorstellung von Donar zu gründe liegen! Donars Fest fiel in die Zeit der Sommersonnenwende; es wird in Süddeutschland als Mittsommerfest jetzt noch gefeiert. Welcher Tag ist mit der Einführung des Christentums an die Stelle des Mittsommerfestes getreten ? (Johannistag.) Gieb die innern Beziehungen zwischen dem jüdischen, altgermanischen und christlichen Osterfeste an! Der rächende Gott verschont Israel. Der erweichte Winter läßt die Erde sich wieder neu verjüngen. Der versöhnte Gott vergiebt den Gläubigen. Israel sieht von fern das verheißene Land, wo Milch und Honig stießt. Die Germanen sahen im Geist den kommenden Sommer, der neues Leben und neue Wonne bringt. Die gläubigen Christen sehen das verheißene Paradies, das himmlische Jerusalem. Welches Osterlied stellt den Gegensatz zwischen der altgermanischen und christlichen Auffassung von diesem Feste dar? (Ostern, Ostern, Frühlingswehen.) Warum hat sich der heidnische Osterbrauch im christlichen Deutschland so lange erhalten? (Weil er am meisten der christlichen Lehre entspricht.) 4. Warum stand der Ziustag vor dem Wodanstag? Bei welcher Gelegenheit wurden die Schwerttänze gewöhnlich aufgeführt? 4

75. Teil 5 = 7. - 9. Schulj - S. 170

1911 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
170 3. Nicht, daß sie unterlegen waren, drückte diesen Männern das Herz ab, wenn sie in strenger Winternacht um ihre Feuer saßen. Sonst schauten sie nach einer Niederlage bitter oder trotzig zum Himmel auf, wo Wodans bekanntes Gejaid wie ergrimmt im Nordsturm fuhr. „Wodan hat es nicht anders bestimmt," sprachen sie schlicht. Und mit derselben hartnäckigen Ruhe, mit der sie ihr Letztes und Bestes, ja, sich selbst dem glücklichen Spieler übergaben, wenn sie im Glücksspiel verloren hatten, mit derselben gläubigen Hartnäckigkeit schauten sie in ihre Feuer und be- rechneten die Wege, die trotz alledem noch zur Rettung führen konnten. Auch scharten sie sich wohl auf entlegner Waldlichtung um ihre Opfer- feuer, die Männer in den rauhen Fellgewanden, die Frauen in ihrem stolzen Goldhaar, und mit dem Opferrauch stiegen eine Nacht lang ihre Gebete zu den schlafenden Göttern. Gegen Morgen dann, wenn der Wald wach wurde, gingen sie mit kräftigem Händedruck und ruhigem „Heil!" zu neuer Umschau und Arbeit an ihr Tagewerk. 4. Nichts mehr von alledem! Ein schlimmerer Feind als der Franke hatte in ihre Herzen Eingang gefunden. Die Säule Jrmins hatte Karl gestürzt — auch in ihren Herzen! Ihre Heiligtümer waren vernichtet, ihre Götter verspottet. Und das Unglaubliche war geschehen: — nicht einen Finger hatten die beschimpften und entehrten Germanengötter ge- rührt! Wann hatte man solche Ehrlosigkeit, solche Feigheit im Nordland erlebt?! — Da zog ein großes Irrewerden über dies Land des graden Glaubens; ein bisher unbekanntes Unkraut, der Zweifel an den eignen Göttern, sproßte nun im Sachsenland in allen Herzen auf, ausgesät von den Priestern des Südens. 5. Lüge war, was sie bis jetzt geliebt. Der Schwur, den der Mann dem Manne geschworen bei den Göttern des freien Waldes, der Schwur war Lüge. Donar, der im Wetter dahinfuhr; Wodan, der mild- starke Mantelgott mit Speer und Sonnenauge; Freya, die Liebliche: die Prophetinnen und weißen Frauen am Waldquell; die Nixe der Wasser, die Kobolde und Zwerge der Waldklüfte, die Elfen in den Weiden der Nebeltäler — Lüge! Leer wie eine Winternacht lag die deutsche Welt. Nichts mehr, das diese Enttäuschten freute, nichts mehr, für das sie glühen und um das sie kämpfen mochten. Denn nicht für seine Scholle bloß kämpft ein Volk, für seine Götter kämpft ein Volk. Für seine Welt- anschauung, für seine ganze äußere und innere Welt kämpft ein Volk. Niemals hätte des Franken Schwert das Sachsentum zerrüttet, wäre ihm nicht der stärkere Bundesgenosse zur Seite gezogen: die Gedankenmacht des Christentums. Sie machte das unbeholfne Sachsenvolk an seiner eignen Welt irre, kränkelte sie an mit des Zweifels Blässe und entwand ihnen mit lächelnder Überlegenheit die Streitaxt. „Wenn alle unsre Götter nichts sind, wenn das da erst, was die Franken an goldnen Kreuzen

76. Teil 4 = 5. - 6. Schulj - S. 367

1913 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
367 verwünschten Kalchas sagen: ,Laßt gut sein, ihr Freunde! Sinon ist ja des Todes gewiß, wenn er allein hier im Lande zurückbleibt. Ohne Zweifel werden die Trojaner ihn unter Qualen ermorden. So ist das Opfer so gut wie dargebracht! Auf zu den Schiffen !‘ — Und wirk- lich hatte sich ein giinstiger Segelwind erhoben. Nach kurzer Weile stießen sie vom Lande, und ich konnte ruhiger atmen. Mir ahnte es, daß ihr edelmütiger mit mir verfahren würdet als meine nichts- würdigen Landsleute. Tut mit mir, was ihr wollt; der arme Sinon wird lieber von euren Händen sterben, als zu seinen lieblosen Genossen zurückkehren." 8. Der ehrwürdige König Priamus war inzwischen herbeigekommen und hatte die Worte des Heuchlers mit angehört. Nun trat er zu ihm, redete ihm freundlich Mut ein und versprach ihm Schonung und obendrein reichen Lohn und eine Heimstätte in Troja, wenn er ihnen getreulich sage, was es mit dem seltsamen hölzernen Pferde für eine Bewandtnis habe. Da sprach Sinon: „Mit Freuden, edler König, erfülle ich deinen Wunsch. Wisse, die Göttin Athene, bisher die mächtige Schutzherrin der Griechen, hatte auf einmal ihre Gunst von uns ge- wandt. Da verkündete Kalchas, der Zorn der Göttin könne nur dann besänftigt werden, wenn man ein riesiges Pferd, dessengleichen die Welt noch nicht gesehen, baue als ein Weihgeschenk für ihren Tempel in Troja. Die Griechen taten wirklich so. Weil aber Kalchas hinzu- fügte, daß dieses Pferd für eure Stadt ein Talisman gegen alle feind- lichen Angriffe sein werde, und weil die Griechen euch ein solches Glück mißgönnten, so machten sie das Pferd so hoch, daß ihr es nicht durch die Stadttore bringen könntet. Ja, sie hofften sogar, ihr würdet euch gegen das Heiligtum aus Unkenntnis freventlich vergehen und dadurch den Zorn der Göttin auf euch laden." 9. Die Worte des Lügners fanden bei Priamus und allen Trojanern freudigen Glauben. Nur der Priester Laokoon erhob nochmals seine warnende Stimme. Siehe, da geschah ein grausiges Wunder. Über das Meer her kamen zwei riesige Schlangen ans das Ufer gekrochen. Entsetzt flohen die Trojaner vor den scheußlichen Ungetümen. Laokoon aber samt seinen beiden jungen Söhnen schien die Schlangen gar nicht wahrzunehmen und blieb ruhig an dem Altar, wo er eben ein Opfer anzünden wollte, stehen. Da kamen die Schlangen blitzschnell auf ihn zugeschossen, umringelten ihn und seine Kinder mit ihren Leibern und zerfleischten mit den gifttriefenden Zähnen die Glieder der Unglück- lichen. Alle drei fanden so einen schrecklichen Tod. Die Schlangen aber schlüpften unter den Altar und verschwanden dort. 10. Die Trojaner hatten von fern mit Schaudern dem entsetzlichen Schauspiel zugesehen. Was Wunder, daß sie in dem Tode des Priesters

77. Teil 4 = 5. - 6. Schulj - S. 397

1913 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
397 245. Odin und Frigga. 1. Odin ist der vornehmste und höchste aller Äsen; er ist der Vater der Götter und Menschen. Wenn er auszieht zum Streite mit den Helden Walhallas, so deckt ein Goldhelm sein Haupt, die Brust schirmt ein blanker Panzer, zur Seite hängt das kostbare Schwert, und in der Hand führt er Gungnir, den herrlichen Spieß. Allein nicht immer erscheint er in so glänzender Rüstung. Oftmals trägt er einen blauen Mantel, mit goldenen Sternen besät, und auf dem Kopfe einen breiten Hut. Lang ist das Haar seines Hauptes, und der Bart wallt tief herab auf die Brust. Nur ein Auge hat der hohe Äse; dieses aber ist groß und schön, und sprühende Lichter brechen daraus hervor. Das andere Auge hat er dem Riesen Mim er zum Pfande geben müssen, da dieser ihm einen Trunk aus seinem weisheitsvollen Brunnen verstattete. 2. Sitzt er zu Tische mit den Helden Walhallas, so liegen die Wölfe Geri und Freki zu seinen Füßen. Ihnen gibt er das Fleisch, welches ihm vorgelegt wird; denn er bedarf keiner Speise; Met und Wein sind seine Nahrung. Hugin und Munin, zwei nachtschwarze Raben, sitzen auf seinen Schultern. Jeden Morgen erheben sie sich und fliegen aus in die weite Welt, und mittags kehren sie wieder und flüstern dem Weltenvater alles in die Ohren, was sie auf weitem Fluge gehört und gesehen haben. 3. Sleipnir heißt Odins Roß. Es ist grau von Farbe und hat acht Füße und läuft so schnell wie der Wind. Durch wehende Lüfte, über Wasser und Land trägt es seinen Herrn mit gleicher Windesschnelle, darum darf man wohl sagen, daß Sleipnir das beste und edelste aller Rosse ist. 4. Odin ist der Gott des Krieges und Lenker der Schlachten. Das Klirren der Schwerter und der Schilde Gekrach: das ist Musik für sein Ohr. Wo Kriegsmannen scharfe Schwerthiebe tauschen, da weilt er gern, und große Helden sind seine liebsten Gesellen. Ihnen wendet er Glück zu im Kampfe und verleiht an sie seinen Spieß Gungnir, welcher nimmer das Ziel fehlt. — Doch ist Odin auch der Gott der Dichtkunst und hoher Weisheit. 5. Die Gemahlin des Weltenvaters heißt Frigga: sie ist von großer Schönheit und teilt mit Odin den Thron, von welchem sie alle Welten überschauen können. Gustav Schalk. 246. Walhalla. 1. Der größte Saal in Odins Haus heißt Walhalla. Er hat 540 Türen und ist von großer Pracht und Herrlichkeit. Säulen und Pforten

78. Teil 4 = 5. - 6. Schulj - S. 399

1913 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
399 feiner gedenkt weiter der Hiebe, die er von dem andern bekommen. Schon steht in Walhalla das köstliche Mahl bereit, und die Schildmädchen öffnen den heimkehrenden Helden die Pforten. Speere und Schilde werden an die Wand gehängt; die tapfern Mannen setzen sich zu Tische und langen durstig nach den blinkenden Trinkhörnern, die liebliche Jungfrauen ihnen reichen. Gustav Schalk. 247. Baldur. 1. Viele hohe und herrliche Gestalten wandeln in Walhalla und über die Menschenerde; allein, wer dürfte sich an Schönheit mit Baldur ver- gleichen! Lieblich ist das Licht seiner Angen, und in seinem Angesichte wohnt zaubervolle Anmut. Hoheit und göttliche Huld leuchten auf seiner Stirn. 2. Baldur ist der Gott des Lichtes, der holden Sommertage, der Milde und Güte. Im ewigen Sonnenlichte steht sein Haus Breideblick; ringsumher ist Himmels friede, und nie vernimmt hier das Ohr rauhes Scheltwort oder Schwerthieb und schlimmes Eisenklirren. Götter und Menschenkinder haben ihn lieb, und den Worten seines Mundes lauschen die hohen Äsen mit Wohlgefallen. Sinnvolle Weisheit künden seine Lippen, und seine Zunge spricht immer zum Frieden. 3. Doch sinstere Mächte ruhen nimmer. Sie sinnen und trachten, Göttern und Menschenkindern zu schaden. Auch Baldur sollte von ihrer Tücke nicht verschont bleiben. Schlimme Träume störten seinen Schlummer und kündeten Unheil seinem huldvollen Leben. Die Äsen befiel Bestürzung und Sorge. Odin aber sprach: „Mein Rat ist, alle Geschöpfe, lebendige und leblose hierher zu entbieten und Eide von ihnen zu nehmen, daß sie meinem Sohn Baldur nicht schaden wollen." Dieser Vorschlag deuchte allen der beste, und Odin sandte seine Boten in die Welt, den Wesen seinen Willen zu künden. Da kamen Menschen und Tiere und Feuer und Wasser, Eisen und Erze, Steine und Erden, Bäume und Sträucher, Gifte und Krankheiten; und Frigga nahm heilige Eide von ihnen, daß sie Baldur verschonen wollten. 4. Nun kehrte wieder Freude in Asgard ein, und die Äsen gingen zu fröhlichen Gelagen und tranken aus goldenen Schalen den würzigen Met. Auf weitem Plane standen sie und kurzweilten mit Baldur. Einige schossen auf ihn mit Pfeilen, andere schleuderten Steine nach seinem Haupt, und noch andere hieben mit scharfen Schwertern auf ihn ein. Froh wie ein Kind stand Baldur im Kreise und achtete gar nicht des Angriffs; denn es konnte ihm ja kein Leid geschehen; alle Dinge hatten geschworen, seiner zu schonen. Da kam Loki vorüber, und finsterer In- grimm stieg in seiner boshaften Seele auf, da er sah, daß der gute Äse trotz aller Streiche unverletzt blieb. Er nahm die Gestalt eines alten

79. Teil 4 = 5. - 6. Schulj - S. 378

1913 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
378 8. So ging es, bis Ephialtes und sein Heerhaufe anlangten. Als die Hellenen diese ankommen sahen, änderten sie die Kampfesweise. Sie wichen in die Enge des Weges hinter die Mauern zurück und besetzten allesanit, mit Ausnahme der von Theben, die Anhöhe, wo jetzt zu Leonidas' Andenken ein steinerner Löwe steht. Hier wehrten sie sich mit den Schwertern, die sie noch hatten, und mit der Faust und den Zähnen, bis die Barbaren, nachdem sie die Mauern durchbrochen, sie sowohl von vorn als von hinten her umzingelten und unter ihren Ge- schosseil begruben. So fochten die Lazedämonier und Thespier! 9. Begraben wurden die Kämpfer an der Stelle, wo sie fielen, und für sie und diejenigen, welche gefallen waren, ehe Leonidas die anderen Aufgebote entließ, ist ein Stein mit folgender Inschrift er- richtet: Mit Myriaden, an Zahl dreihundert, führten den Kampf hier einst viertausend Mann peloponnesisches Volk. Den tapferen Spartiaten im besonderen ist folgende Inschrift ge- widmet : Wanderer, kommst du nach Sparta, verkünde dorten, du habest uns hier liegen gesehn, seinen Gesetzen getreu. Nach Willmanu. 237. Aus dem Leben Alexanders des Großen. 1. Das Pferd Bucephalus (Stierköpf). Ein Thessalier, Philonikus, brachte einst ein Pferd zu dem Könige Philippus von Mazedonien und bot es ihm für die große Summe von dreizehn Talenten an. Man begab sich aufs freie Feld, um es zu probieren, fand es aber wild und ganz unbrauchbar, weil es niemand aufsitzen ließ und sich gegen jeden bäumte, der ihm nahekam. Schon befahl Philippus, darüber unmutig, das scheue und unbrauchbare Pferd wieder wegzuführen, als der junge Alexander sagte: „Um welch treff- liches Pferd bringt man sich da, bloß weil man es aus Mangel an Mut und Geschicklichkeit nicht zu behandeln weiß." Als er so zu wiederholten Malen sein Bedauern über den Verlust des Pferdes laut werden ließ, fragte ihn Philippus, ob er, der älteren Männern Vor- würfe mache, besser mit einem Pferde umzugehen wüßte als sie. „Mit diesem wenigstens," versetzte Alexander, „getraue ich mir besser um- gehen zu können als ein anderer." Philippus erwiderte: „Wenn du es aber nicht kannst, welcher Strafe willst du dich für keine vorlaute Keckheit unterwerfen?" — „Beim Zeus, ich will den Preis des Pferdes bezahlen." Darüber entstand ein großes Gelächter, und nachdem sie wegen der Summe einig geworden waren, ging Alexander auf das
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