155
sinn und der Bildnngstrieb dieses Geschlechts; doch fehlt ihm die edle Gesinnung des Vaters.
1. Aussöhnung mit Heinrich dem Löwen. Derselbe war aus England, wohin er verbannt worden war, zurückgekehrt und hatte sich an die Spitze der Fürsten gestellt, die sich gegen Heinrich Vi. zu Anfang seiner Regierung erhoben. Da der Kaiser seine Kräfte für Italien brauchte, schloß er mit Heinrich dem Löwen einen Vertrag, der später zur Aussöhnung mit den Welfen führte. Heinrich der Löwe starb nach einen: ruhigen Lebensabend 1195.
2. Züge nach Italien. Nach den: Tode des Königs von Apulien und Sizilien erhob Heinrich Vi. Ansprüche auf das Erbe seiner Gemahlin. Aber die Normannen wählten einen unechten Nachkommen des Königsstammes. Der Kaiser mußte wegen Krankheiten in seinem Heere umkehren, rüstete aber von dem Lösegelde Richard Löwenherz' einen neuen Feldzug, auf dem er Italien eroberte. Eine Verschwörung der normannischen Großen rächte er durch grausame Hinrichtungen.
3. Versuch, ein Erdreich herzustellen. Nach der Rückkehr trat Heinrich mit dem Plane einer Verfassungsänderung vor: Deutschland sollte aus einem Wahlreiche eine Erbmonarchie werden. Der Kaiser bot den Fürsten dafür manche Vorteile, aber der Plan scheiterte, namentlich an dem Widersprüche der geistlichen Fürsten.
4. Resultat seiner Regierung. Heinrich Vi. behauptete fast eine Weltherrschaft. Für die Freilassung Richards erhielt er die Lehnsherrlichkeit über England; das oströmische Reich, Nordafrika, Cypern, ja Armenien zahlten ihm Tribut. Schon war sein Plan, das griechische Reich zu erobern, da ereilte ihn der Tod.
Iv. Mikipp von Schwaben, 1198-1208, und Htto Iv., 111)8—1215.
1. Der Thronstreit. Da der Sohn Heinrichs Vi. bei dessen Tode erst 3 Jahre alt war, so wählte die hohenstanfische Partei Heinrichs Bruder, Philipp von Schwaben, zum Kaiser. Die Gegenpartei aber, mit dem mächtigen Erzbischöfe von Köln an der Spitze, erhob Otto Iv., einen Sohn Heinrichs des Löwen,
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_dem_Löwen Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Heinrich_dem_Löwen Heinrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Richard_Löwenherz' Heinrich Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Richards Htto_Iv. Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Philipp_von_Schwaben Philipp Otto_Iv. Otto_Iv. Heinrichs Heinrichs
Extrahierte Ortsnamen: England Italien Italien Apulien Sizilien Italien Deutschland England Nordafrika Cypern Schwaben
435
uerte sich in wiederholten Aufstnden. Die Nachricht von den Freiheitskmpfen in Amerika und die franzsische Revolution veranlaten neue Bewegungen, welche die Regierung 1801 durch eine Verschmelzung des irischen Parlaments mit dem englischen niederzuhalten versuchte. O'counell (o-knnel), der mutige Fhrer der Iren, setzte es durch, da das englische Parlament die von Pitt versprochene politische Selbstndigkeit der Katholiken zum Gesetz erhob. Einige Jahre spter wurde der Kirchenzehute abgelst, den die katholische Bevlkerung Irlands an die protestantische Kirche zu zahlen hatte. Da aber die Lage der armen irischen Pchter immer noch sehr traurig war, beruhigte sich das Land nicht. Neben der gemigten Partei O'connells entstand nach der franzsischen Februarrevolution die revolutionre irische Liga". Diese trat mit dem Geheimbunde der Ferner" in Verbindung, der sich von Amerika, wohin sehr viele Iren ausgewandert waren, nach Irland verbreitet und die gewaltsame Losreiung Irlands von England zum Ziele hatte. Nach der Unterdrckung der Ferner traten die irischen Mitglieder des Parlaments zu einer besonderen Partei zusammen, deren Ziel Homerule" (hohmruhl, von home = Haus, Heimat und rule Herrschaft), d. h. die Selbstregierung Jrlauds durch ein eigenes Parlament und ein diesem verantwortliches Ministerium ist.
Der Knigin Viktoria, die 1901 starb, folgte ihr Sohn Eduard Vii.
5. sterreich.
Nachdem im Jahre 1867 zwischen sterreich, das der unglckliche Krieg mit Preußen schwer erschttert hatte, und dem nach Selbstndigkeit strebenden Ungarn ein Ausgleich" zustande gekommen war (S. 410), fhrt das Reich den Namen sterreichisch- Ungarische Monarchie".
Da auch die anderen Volksstmme des Reiches, besonders die Tschechen, nationale Selbstndigkeit fordern, vermag sterreich-Ungarn innerlich nicht zur Ruhe zu kommen. Nach dem rnsfisch-trkischen Kriege nahm sterreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina in Verwaltung (1878), doch forderte die Besetzung des Landes schwere Opfer.
Im Jahre 1879 schlo sterreich-Ungarn mit dem Deutschen Reiche ein Schutz- und Trutzbndnis, dem 1883 Italien beitrat (Dreibund). Seit dem Tode des Kronprinzen Rudolf (1889) ist Franz Ferdinand, der Neffe des Kaisers, der mutmaliche Thronfolger. Die Gemahlin Franz Josephs I., die Kaiserin Elisabeth, wurde im Jahre 1898 von einem italienischen Anarchisten in Genf ermordet.
6. Rußland und die orientalische Frage.
a. Kukan. Der Zar Alexander Ii., 18551881, hotte sich nach Beendigung des Krimkrieges bemht, wieder freundschaftliche Beziehungen mit den brigen Mchten herbeizufhren, um im
28*
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Eduard_Vii Eduard Rudolf_( Rudolf Franz_Ferdinand Franz Ferdinand Franz_Josephs_I. Franz Elisabeth Kukan Alexander_Ii Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Irlands Amerika Irland Irlands England Ungarn Bosnien Italien Genf
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
Geschlecht (WdK): Mädchen
418
Dieser Aufruf sprach nur aus. was alle mehr oder weniger
gefühlt hatten. Sogleich gab das weibliche Geschlecht alles her.
worauf es sonst hohen Wert legt: jede Art von Schmuck, jedes
Kleinod, jedes Ersparte. Witwen gaben einen Teil ihrer dürftigen
Pension her. die Ärmste doch noch irgend etwas, die meisten ihre
Arbeitskräfte. Auch die dienende Klasse blieb nicht zurück.
Ein glänzendes Beispiel gab in der Nähe von Breslau ein
junges Mädchen. Ferdinande von Schmettau. Der Vater. Oberst
außer Dienst, lebte mit 11 Kindern von 600 Taler Pension in
Bergel nahe bei Ohlau in bedrängten Umständen. Als nun die
öffentliche Aufforderung kam, opferte der Vater seine aufbewahrte
Staatsschabracke. Mutter und Schwester gaben ihre Ringe und
kleinen Schmucksachen. Ferdinande, damals 16 Jahr alt. hatte
gar nichts zu geben und war darüber untröstlich. Sie sann nach.
was sie darbringen könnte. Sie war im Besitze eines reichen,
schönen Haares, das man ihr oft hatte abkaufen wollen: sie opferte
es, um das gelöste Geld den Freiwilligen zukommen zu lassen.
Ihr edler Zweck wurde vollkommen erreicht: denn diese schöne
Tat blieb nicht verschwiegen. Es erstand jemand das verkaufte
Haar und ließ daraus allerlei Zierat, Ringe. Ketten usw. an-
fertigen. nach denen der Begehr so groß war. daß durch den Ver-
kauf derselben vier Freiwillige eingekleidet und überhaupt nicht
weniger als 1200 Taler gelöst wurden.
Goldene Trauringe wurden aus allen Gegenden des Landes
zu mehreren Tausenden dargebracht. Es war die Veranstaltung
getroffen, daß man dafür eiserne Ringe mit dem Bilde der
Königin Luise und der Inschrift: „Gold gab ich für Eisen" zurück-
erhielt. Frauen und Mädchen aus allen Ständen, selbst aus den
höchsten, nähten Kleidungsstücke, wie Mäntel. Hosen und Hemden,
zupften Wundfäden und strickten mit Emsigkeit für die Frei-
willigen. und nicht wenige waren es. die. nicht imstande wie andre.
Geld und Kleinodien darzubringen, auf solche Weise dem Vater-
lande den innigsten Tribut zollten. Das weibliche Geschlecht war
von einem Feuer für die Sache des Vaterlandes entbrannt, dem
an Glanz und Gut kaum etwas gleichkommt, was irgend die Ge-
schichte berichtet.
Selbst das schwerste Opfer, das der Kampf für das Vaterland
fordern kann, brachte man in jenen großen Tagen leichter als zu
andrer Zeit. Deutsche Frauen fühlten und dachten damals wie
jene heldenmütigen Mütter des Altertums, welche die Nachricht
von einer verlorenen Schlacht schmerzlicher traf als der Tod
ihrer Söhne. Als ein Lützower Jäger im Sommer 1813 von
Berlin nach Perleberg kam, fand er in dem Orte Kletzke die
Wirtin in Trauer. Sie machte sich schweigend um den East zu
tun und sagte endlich, mit der Hand nach der Erde weisend: „Ich
habe auch einen dort unten: aber die Peters hat zwei." Sie
fühlte das bessere Recht der Nachbarin.
Nach Heinrich Beihke und Gustav Freytag.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Beihke Heinrich Gustav_Freytag Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Bergel Ohlau Berlin Perleberg
262
so betragen die Gerichtskosten 940 Mk. zuzüglich der Auslagen des
Gerichts im Anschlag von 60 Mk. Dazu kämen Gebühren des Ver-
walters und der Eläubigerausschußmitglieder. Prozeßkosten. Ge-
hälter. Mieten usw., mit 9000 Mk. Daher ist anzunehmen, daß bei
günstiger Abwicklung die bevorrechtigten Gläubiger ganz be-
friedigt werden, diejenigen ohne Vorrecht erhalten jedenfalls
nichts.
An der Sache ändert es auch nichts, daß Jakob die Nutz-
nießung hat an den 50 000 Mk. des überlebenden Zwillings. Die
Nutznießung als solche gehört nicht zur Konkursmasse. Der Ertrag
gehört zur Masse, soweit er am 20. September vorhanden war.
Nun wird ein Nachlaßvfleger ernannt, der die Rechte des un-
bekannten Erben des verstorbenen Zwillings wegen der an sich
dem Jakob zufallenden Hälfte wahren soll. Dieser Nachlaßpfleger
meldet ebenfalls die 25 000 Mk. mit Vorrecht an.
Der Verwalter bespricht mit dem Eläubigerausschuß die
Lage: sie kommen zum Ergebnis, daß gegen das Vorrecht des über-
lebenden Zwillings sich nichts einwenden lasse, und auch wegen
der 25 000 Mk., welche der Nachlaßpfleger angemeldet hat, halten
sie ein Bestreiten für wenig erfolgreich.
Dem Anspruch der Frau Jakob gegenüber könnte vielleicht
eine Aufrechnung versucht werden, da dem Ausschuß Gerüchte zu
Ohren kamen, wonach Frau Jakob am 15. September für 16 000
Mark Wertpapiere weggenommen habe, deren Verbleib nicht auf-
geklärt ist. Eine Hierwegen gegen Frau Jakob wegen Verbrechens
gegen K.o. schwebende Untersuchung hat bis jetzt nichts Wesent-
liches ergeben.
Der Verwalter beschließt, bei Frau Jakob und den Pflegern
zur Vermeidung der sehr erheblichen Kosten der Durchführung des
Verfahrens einen Zwangsvergletch anzuregen. Die Forderungen
der Konkursgläubiger einschließlich der Ausfallforderungen der
Pfand- und Hypothekengläubiger werden etwa 60 000 Mk. be-
tragen. Da von verschiedenen Seiten dem Jakob, welcher auch
wegen Verbrechens gegen das Vankdepotgesetz in Untersuchung ist,
ein unredliches Verhalten vorgeworfen wird, so empfiehlt es sich,
diesen Gläubigern 20 % zu bieten, wozu 12 000 Mk. etwa erforder-
lich wären. Frau Jakob erklärt, daß sie außerdem für den Fall der
Annahme des Zwangsvergleichs 3000 Mk. für die Kosten
des Verfahrens zahlen wolle. Die Familie des Jakob hat ein
Interesse am Zwangsvergleich, weil dadurch die Forderungen
gegen Jakob endgültig beseitigt werden, während bei ordnungs-
gemäßer Abwicklung des Verfahrens jederzeit wegen des nicht ge-
tilgten Teils der Forderungen gegen Jakob vorgegangen werden
kann. Der Nachlaßpfleger bedarf zu den diesbezüglichen Schritten
der Genehmigung des N a ch l a ß g e r i ch t s . der Pfleger der
Tochter derjenigen des Vormundschaftsgerichts. Es wird nun
folgender Zwangsvergleichsvorfchlag von den Pflegern und Frau
Jnkob zugleich beim Verwalter und beim Amtsgericht eingereicht:
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Extrahierte Personennamen: Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jnkob
264
und der Verwalter beantragt beim Gläubigerausschuß die Ge-
nehmigung zur Vornahme einer Abschlagsverteilung.
Der Ausschuß versagt diese Genehmigung, wonach der Verwalter,
ohne sich die Umstünde und Kosten einer Verteilung zu machen, die
vorhandenen 20 000 Mk. an die bevorrechtigten Gläubiger aus-
zahlen kann.
Frau Jakob hat inzwischen auf Feststellung ihrer bestrit-
tenen Forderung von 25 000 Mk. geklagt. Für die der Frau Jakob
vorgehenden Forderungen einschließlich öffentlicher Abgaben usw.
sind 5000 Mk. erforderlich. Die bevorrechtigten Gläubiger er-
halten also 15%; der auf Frau Jakob entfallende Anteil wird
nicht ausgeschüttet, sondern zurückbehalten. Die nicht bevorrech-
tigten Konkursgläubiger, deren Forderungen bestritten sind, sehen
vorläufig von der Erhebung von Feststellungsklagen ab. weil sie
annehmen, daß für sie so gut wie nichts übrigbleibt. Der Ver-
walter beschäftigt sich nunmehr mit der Verwertung der Aktiv-
masse. Jakob hat endgültig die Erbschaft ausgeschlagen; der An-
teil fällt daher der minderjährigen Schwester zu. Die Aufgabe
des Nachlaßpflegers ist erledigt. Frau Jakob unterliegt im Pro-
zesse mit 15 000 Mk.. von der bevorrechtigten Forderung werden
ihr nur 10 000 Mk. zugesprochen. Sie erhält also von den früher
für sie zurückbehaltenen 3750 Mk. nur 1500 Mk. Die übrigen
2250 Mk. werden für eine weitere Verteilung frei. Es kommen
hierbei 75 000 Mk. der Tochter und 10 000 Mk. der Frau Jakob in
Betracht, daher erhält die Tochter 1985,47 Mk., Frau Jakob
264,60 Mk. Endlich gelingt es, über den noch ungedeckten Betrag
der bevorrechtigten Forderungen hinaus weitere 20 000 Mk. zu er-
halten. Es bleiben in der Masse außerdem noch eine Reihe augen-
blicklich nicht verwertbarer Forderungen. Verwalter und Eläu-
bigerausschuß beschließen daher, die Masse auszuschütten. Das Ge-
richt genehmigt den Beschluß.
Zunächst müssen die Masseschulden und die Massekosten fest-
gestellt und berichtigt werden. Was Gläubigerausschuß und Ver-
walter aus der Masse für ihre Bemühungen erhalten, bestimmt
das Konkursgericht. Diese Festsetzung muß der endgültigen Auf-
stellung der Schlußrechnung des Verwalters vorausgehen. Zur
Abnahme dieser Rechnung und zur Prüfung des Verzeichnisses der
bei der Schlußverteilung zu berücksichtigenden Gläubiger — Schluß-
verzeichnis — bestimmt das Gericht einen durch Zeitungen be-
kanntzumachenden' Termin. Jeder einzelne Gläubiger ist nun-
mehr veranlaßt, das Verzeichnis daraufhin anzusehen, ob seine
Forderung nach den in der Tabelle anerkannten oder zum Gegen-
stand von Feststellungsklagen gemachten Beträgen richtig eingesetzt
ist. Daraus ergibt sich, daß vor Beendigung der Feststellungs-
prozesse die Schluß Verteilung, welche andererseits die Ver-
wertung der Masse, also die Beendigung der Betreibung aller
Masseansprllche voraussetzt, nicht stattfinden kann; außerdem wür-
den weiter auflaufende Prozeßkosten Masseschukden sein, und die
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Extrahierte Personennamen: Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob Jakob
264,60
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
24
forcejagden, Truppenmanöver wechselten miteinander ab, was
aber den Prinzen nicht abhielt, die reichen Kunstschätze auch dieser
Stadt in Augenschein zu nehmen.
Die Kaiserin Eugenie sagte damals zu einem ihrer Ver-
trauten: „Der Prinz ist ein großer, schöner Mann, fast einen
Kopf größer als der Kaiser (Napoleon), schlank, blond, mit stroh-
farbenem Schnurrbart, ein echter Germane, von ritterlicher
Höflichkeit. Sein Begleiter, ein Graf Moltke, ist ein wortkarger
Herr, aber nichts weniger als ein Träumer, immer gespannt und
spannend; er überrascht durch die treffendsten Bemerkungen.
Es ist eine Achtung gebietende Rasse, diese Deutschen. Der
Kaiser sagt: Die Rasse hat eine Zukunft. Ach was, so weit
sind wir noch nicht!"
Nein, ganz so weit war's noch nicht! Aber doch waren die
Schwerter vielleicht schon geschmiedet zum Waffentanz von Wörth
und Weißenburg, von Sedan und Paris.
Unser Held sah die Kaiserin nach 1856 noch einmal
gelegentlich der Weltausstellung in Paris, dann bei der Eröffnung
des Suezkanals; als er aber 1870 nach Paris kam, war sie
bereits geflohen, und Napoleon saß wohlgeborgen im Schlosse
Wilhelmshöhe bei Kassel.
Für die nächsten Jahre mußten größere Reisen unterbleiben.
Es erfolgte die Vermählung des Prinzen Friedrich, dann die
Thronbesteigung seines Vaters und darauf der schleswig-hol-
steinsche und deutsch-österreichische Krieg. Nach 1866 aber, sobald
der Friede hergestellt war, erwachte die alte Wanderlust beim
Kronprinzen von neuem. Nach kleineren Reisen im Jnlande
begab er sich 1868 zunächst nach Italien, um dort der Ver-
mählung des Kronprinzen Humbert beizuwohnen. Sein Empfang
dort war ein so großartiger, wie bisher noch nirgend. Italien
verdankte Preußen die Erwerbung von Venedig im Jahre 1866;
beide waren Bundesgenossen gewesen, und der Kronprinz Friedrich
Wilhelm hatte sich in diesem Feldzuge einen ruhmreichen Namen
erworben. Seine Reise in Italien nach Turin und Florenz glich
deshalb einem Triumphzuge. Leider mußte er sehr schnell zurück-
kehren nach Berlin, da ihn dorthin wichtige Geschäfte riefen.
Der Sommer dieses Jahres aber brachte noch mancherlei Ab-
wechselungen, besonders die Reisen nach Worms zur Enthüllung
des Lutherdenkmals und nach Bonn zur Jubelfeier der Universität.
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Extrahierte Personennamen: Eugenie Napoleon Napoleon Friedrich Friedrich Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Weißenburg Sedan Paris Paris Paris Kassel Italien Venedig Italien Turin Berlin Worms Bonn
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
79
grüßung hatte sich am Bahnhöfe eine große Menschenmenge ein-
gefunden. Da der Kronprinz eigene Wagen nicht mitführte, so
hatte die Kaiserliche Postverwaltung in Schlangenbad zwei Wagen
gesandt, und zwar eine große Postkutsche mit erhöhtem Bocksitze
und einen gewöhnlichen Mietwagen. Das erstere, zur Aufnahme
des Kronprinzen bestimmte Gefährt wurde von einem Postillon
in Galauniform voni hohen Sitze herab gelenkt, während das
zweite ein bescheidener Postknecht führte. Bon der harrenden
Menge stürmisch begrüßt, war der Kronprinz soeben dem Zuge
entstiegen und begab sich, vom Staatsminister von Stosch geleitet,
zu dem für ihn bestimmten Postgalawagen mit dem erhöhten
Postillon. Im Begriffe, einzusteigen, wandte sich der Kronprinz
zu Herrn von Stosch mit den Worten: „Wir wollen in den
zweiten Wagen einsteigen; der Erhöhte da benimmt uns am Ende
die herrliche Aussicht." Alsbald stieg er mit dem Minister in den
bescheidenen Mietwagen. Unser Postillon vom hohen Bocksitze
wandte seinen Blick enttäuscht und wehmütig nach dem bevor-
zugten Postknechte, welcher ihn um die Ehre gebracht hatte, unsern
Kronprinzen zu fahren, und vielleicht auch um sein Trinkgeld.
Der Kronprinz aber, welchem dieser traurige Blick nicht entgangen
war, rief dem Postillon treuherzig zu: „Freund, beruhige dich
nur, du sollst mich zurückfahren und erhälst dann doch dein
Trinkgeld!"
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Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
391
Xiii. Vaterland und Volkstum.
facher Anfeindung mußte er wieder aufhören, da seine Mittel erschöpft
waren. Nur in langen Pausen gelang es ihm, Mittel zu gewinnen
und sein Werk fortzusetzen. Erst der große Krieg voll 1870/71 belebte
aufs neue kräftig das patriotische Empfinden, und war auch seinem
Werke günstig. Der Reichstag bewilligte 10000, und Kaiser Wilhelm
schenkte 9000 Taler, nachdem er schon früher 2000 Taler beigesteuert
hatte. Endlich nach 37jährigem Ringeil war Ernst von Bändel am
Ziel. 1875, acht Jahre vor Einweihung des Niederwalddenkmals,
wurde das Riesenwerk im Beisein des Kaisers, des Kronprinzen, vieler
Fürstlichkeiten und einer großen Volksmenge enthüllt. Es war ein
Das Kriegerdenkmal auf dem Kyffhäuser.
hoher Ehrentag für den Meister, der über seiner Arbeit zum Greise
geworden war. Tränendeil Auges schaute er auf die große festliche
Schar, die aus allen Teilen des Vaterlandes gekommen war, ihn und
sein Werk zu feiern. Der Kaiser verlieh ihm einen hohen Ordeil uild
eine Ehrengabe von 4000 Mk. jährlich. Aber scholl im folgenden
Jahre schloß der tatkräftige, uneigennützige Mann die Augen. Das
Denkmal hatte 90 000 Taler gekostet, dazu hatte Bändel selbst
40 000 Taler beigesteuert, sein gallzes Vermögen. — Das Denkmal
Hermanns ist durch seine Baugeschichte zugleich ein Denkmal deutschen
Opfermutes und deutscher Zähigkeit.
3. Das Kriegerdenkmal ans dem Kyffhäuser. Ein duftiger
Sagenschleier weht uni den Kyfshäuserberg. In seiner Tiefe soll
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Ernst_von_Bändel Ernst
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
I. Der Bauernstand sonst und setzt.
31
richtet und erzogen. Die Königin Luise war so entzückt über die Er-
ziehungsweise dieses Mannes, daß sie rief: „Ich möchte hin zu
ihm, um in der Menschheit Namen ihm zu danken!" In allen Schulen
wird jetzt geturnt, und in den meisten Orten sind Tttrn der eine.
Das Turnen wurde unter Friedrich Wilhelm Iii. durch den Turnvater
Jahn eingeführt, um die Jugend gesund, stark und wehrhaft zu
machen. In allen Schulen wurden folgende Lieder gelernt und
gesungen: „In dem wilden Kriegestanze" von Schenkendorf, „Was
blasen die Tronipeten?" von E. M. Arndt, „Vater, ich rufe dich"
von Theodor Körner. Diese vaterländischen Dichter lebten in jener
Zeit und begeisterten das Volk durch ihre Lieder.
Die Hochschule in Berlin, die heute von mehr als 5000
Studenten besucht ist, gründete der König in jener Zeit.
Das Königreich Preußen ist jetzt in Provinzen, Regie-
rungsbezirke und Kreise eingeteilt. Das geschah auch unter
Friedrich Wilhelm Iii.
Dem ganzen deutscher: Vaterlande erwies er eine große Wohltat
durch den Zollverein. Bis dahin erhob jeder deutsche Fürst an seiner
Landesgrenze von den eingehenden Waren einen Zoll oder eine be-
stimmte Abgabe. Manches Zollhaus stammt arrs jener Zeit. Da-
durch wurden die Waren merklich teuer. Die Leute aber an der
Grenze schlichen heimlich hinüber und herüber, holten die Waren ohne
Zoll, also viel billiger, und bestahlerr so den Staat. Dieser mußte
viele Grenzwächter anstellen, um die Schmuggelei (vorr schmiegen) zu
verhindern. Dieselbe schädigte den Staat, verdarb die Sitten der
Leute und kostete manchem Menschen das Leben; denn die Grenzwächter
paßten scharf auf und spaßten nicht mit ihren Gewehren. Manches
Kreuz und mancher Denkstein an der Landesgrenze erinnert rroch an
die Opfer des Schmuggels, die hier fielen. Durch lange, mühsame
Verhandlungen brachte es Friedrich Wilhelm dahin, daß nur noch an
der deutschen Grenze Zoll erhoben wurde. Der Ertrag desselben
wurde unter die eirrzelnen Staaten nach der Bevölkerungszahl verteilt.
Der Zollverein bereitete die deutsche Einheit vor.
Zur Zeit dieses Königs wurde der Dampf als stärkster Arbeiter
irr den Dienst der Menschen genomrnen. Allerlei Dampfmaschinen
wurden gebaut. Das erste Dampfschiff befuhr 1825 den Rhein.
Die erste Eisenbahn verbarrd 1835 Nürnberg und Fürth, die zrveite
Berlin und Potsdam. Die beiden Professoren Gauß und Weber
in Göttingen erfanden der: elektrischen Telegraphen oder Ferrr-
schreiber, der Schlosser Dreyse in Sömmerda das Zündnadel-
gewehr, eiri Amerikaner die Nähmaschinen. Auch die Streich-
zündhölzchen, mit denen man jetzt so rasch Licht irr der Dunkelheit
macht, wurden in dieser Zeit erfunden. Vorher konnte man nur
langsam und mühsam Licht schaffen, indem man einen Feuersteirr
gegen Stahl schlug, die Funken mit Schwamm oder Zunder auffing und
durch einen Schwefelfaden zur Flarrrrrre entzündete.
Unter dem gerechten, schlichten Herrscher wandelten sich alle Ver-
hältnisse um. Kein Stand erfuhr das mehr als der Bauernstand.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Jahn Arndt Theodor_Körner Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Weber Schlosser_Dreyse
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Rhein Berlin Potsdam Göttingen Sömmerda Zündnadel-
Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): Jungen
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Xiii. Vaterland und Volkstum.
gefangen nach Deutschland. Am längsten widerstand die Weltstadt
Paris. Sie lvurde von fast 1/2 Million Soldaten verteidigt. Endlich
zwang der Hunger die Stadt zur Übergabe. Wie bitter es ihr auch
war, so mußte sie sich doch den Siegeseinzug des deutschen Heeres ge-
fallen lassen.
k) Wie König Wilhelm zum deutschen Kaiser aus-
gerufen und der Friede geschlossen ward. Ehe sich Paris
ergab, wurde König Wilhelm auf französischem Boden am 18. Januar
1871 zum deutschen Kaiser ausgerufen und damit das Deutsche
Reich wieder erneuert. Alle deutschen Fürsten und die Abgeordnetett
des Volkes hatten ihm die Krone angeboten und damit den heißen
Wunsch des deutschen Volkes erfüllt. Seit 65 Jahren war Deutsch-
land ohne Kaiser, uneinig und ohnmächtig gewesen. Der neue Kaiser
gelobte, „allezeit ein Mehrer des Reiches zu sein, nicht an kriegerischen
Eroberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Friedens."
Am 10. Mai 1871 kam es zum Friedensschlüsse in Frank-
furt a. M. Deutschland erhielt Elsaß und Lothringen als Reichsland
und 4000 Millionen Mark Kriegskosten. Das war ein Krieg und ein
Erfolg ohnegleichen. Ganz Deutschland war geeinigt, Kaiser und Reich
erneuert und das verlorene Reichsland wiedergebracht.
6. Der starke Hort des Friedens. Nach den drei großen
Kriegen regierte Kaiser Wilhelm I. noch 17 Jahre in Frieden. Unter
ihm und seinem großen Kanzler, dem Fürsten Bismarck, trat
Deutschland an die Spitze Europas. Der deutsche Kaiser war der
Schiedsrichter bei den Streitigkeiten der Fürsten und Völker. Mit
Österreich und Italien schloß er den Dreibund zur Erhaltung des
Friedens. In fremden Ländern wurden deutsche Ansiedlungen an-
gelegt. Deutsche Kriegsschiffe beschützten die Deutschen im Auslande.
Der deutsche Name war jetzt in der ganzen Welt geachtet.
Der Reichstag, d. h. die 397 Abgeordneten des deutschen
Volkes, und der Bundesrat, d. h. die 58 Vertreter der Fürsten,
suchten durch weise Gesetze die Einheit in den 26 deutschen Staaten
zu fördern. So wurden gleiche Münzen, Maße und Gewichte
eingeführt. Die kaiserliche Post erleichterte den Verkehr in ganz
Deutschland; ja ein Weltpostverein wurde gegründet, damit man
Briefe, Geld und Waren billig und rasch in die ganze Welt senden
könnte. Der Staat übernahm die Eisenbahnen und Fern-
schreiber und verwaltet sie trefflich zum Besten der Untertanen. Er
unterstützte Handel und Gewerbe, legte Straßen und Kanäle
an und verband die Nord- und Ostsee durch einen großen Kanal.
Berlin verschönerte sich durch herrliche Gebäude, Straßen und Denk-
mäler von Jahr zu Jahr. Ein besonderer Schmuck ist das neue
Reichstagsgebäude.
Uuter Kaiser Wilhelm I. wurdeu viele Schulen gebaut und der
Unterricht verbessert. Gelehrte Reisende erforschten fremde
Länder. Die äußere Mission suchte die Heiden zu bekehren, die
inneremission aber Not und Elend in der Christenheit zu lindern.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Wilhelm_I. Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Paris Paris Frank- Deutschland Lothringen Deutschland Deutschland Europas Italien Deutschland Berlin