84 Geschichte der neueren Zeit.
glaubten, hatten die Gemüter verwirrt. Besonders als sich ihnen sogar Luthers Freund Dr. Karlstadt (vgl. § 47) anschloß und sie in der Ausübung der Bilderstürmers (denn sie hielten jedweden Bilderschmuck für Gotteslästerung) unterstützte, wurde die Bewegung für deu geordneten Fortgang der Reformation bedrohlich. So mußte Luther, wider das Anraten seines Kurfürsten, der für ihn sehr besorgt war, die Wartburg verlassen, und es gelang ihm durch den Eindruck seines Wortes und seiner Persönlichkeit den Brand zu ersticken.
Auch im Zusammenhang mit einer irrtümlichen Auslegung der Lehren Luthers stand eine andere Bewegung: die Versuche des Bauernstandes, seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage zu bessern. Der Bauer war damals in Deutschland gegenüber dem Adel in einem sehr gedrückten Verhältnis: hohe Abgaben und Mangel an jedwedem Rechtsschutz lasteten schwer auf ihm. Besonders empfanden dies die Bauern im südlichen Deutschland, welche Gelegenheit hatten, die freien Verhältnisse ihrer schweizerischen Standesgenossen zu kennen. Darum hatten sich schon im 15. Jahrhundert Bauernbünde („Der arme Konrad" u. a., vgl. § 39) zusammengeschlossen, welche durch Empörung eine Besserung ihrer Lage herbeiführen wollten. Als nun aber Luthers Lehre von der „Freiheit des Christenmenschen" in das Volk drang, da glaubten die Bauern ihre Forderungen von der Autorität Luthers bestätigt. In 12 Artikeln stellten sie dieselben zusammen, und Luther-selbst war, da die Forderuugeu nicht gerade unmäßig lauteten, nicht abgeneigt, die Annahme derselben durch den Adel zu befürworten. Als aber die Bauern, ungeduldig der Verhandlungen, zu den Waffen griffen und mit unerhörter Roheit plündernd, mordend und sengend umherzogen (Graf von Helfenstein!), da wandte sich Luther von ihnen ab und forderte sogar den Adel auf, mit dem Schwerte die Bauern zu züchtigen. Heftig entbrannte der Kampf. In Süddeutschland wurden sie bald zu Paaren getrieben. In Mitteldeutschland wurde einer der größten Haufen, der unter der Anführung des fanatischen Schwärmers Thomas Münzer stand, bei Frankenhausen 1525 geschlagen und vernichtet. So wurde zwar diese sehr gefährliche Bewegung unterdrückt, aber die Spuren derselben sehen wir noch heute in den zahlreichen Kloster-und Schloßruinen Mittel - und Süddeutschlands (Pauliuzelle; Walkenried).
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S 51. Ausbreitung der Reformation. — Luthers Tod. 87
wie z. B. die Unruhen der Wiedertäufer in Münster (Jan van Leyden, Krechting, Knipperd olling) vermochten dem Fortgange des Werkes nicht erheblich zu schaden. Ja, man sah sogar das merkwürdige Schauspiel, daß ein Erzbischof (Hermann von Köln) in seinem Sprengel die Reformation durchzuführen strebte.
Der Kaiser, zu sehr beschäftigt mit seinen auswärtigen politischen Angelegenheiten, ließ der Reformation, gleich seinem als römischer König in Deutschland zurückgebliebenen Bruder Ferdinand, ziemlich freien Lauf; aber nur um, wenn er die Hände frei haben würde, sich der Zurückdränguug derselben nachdrücklicher zu widmen.
Als er nun Franz I. in dem Frieden zu Crespy zur Ruhe gebracht hatte, wandte er sich der Ordnung der deutscheu Verhältnisse zu.
Eine Einigung der Konfessionen, d. h. Unterdrückung der Protestanten, war ihm darum vor allen Dingen nötig, weil in den evangelischen Fürsten mit dem religiösen zugleich ein politischer Unabhängigkeitssinn ausgewachsen war. Die Protestanten waren nicht abgeneigt, sich einem allgemeinen Konzil zu unterwerfen, wenn dasselbe auf deutscher Erde (diesseits der Alpen) statthabe, wenn sie selbst Sitz und Stimme in demselben erhielten, und wenn endlich die Hl. Schrift bei den Beschlüssen als Richtschnur genommen werde. Als aber das Konzil nach Trient berufen wurde, d. h auf die welsche Seite der Alpen, und als man andere von ihnen gestellte Bedingungen auch nicht erfüllte, da weigerten sich die Protestanten, dasselbe anzuerkennen. Nun beschloß der Kaiser, mit Waffengewalt die widerstrebenden protestantischen Fürsten zu zwingen, ihm zu willen zu sein. So entstand der Schmalkaldische Krieg.
Noch vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten wurde Luther durch den Tod abgerufen. Es blieb ihm erspart, den Religionskrieg zu erleben, an dessen Vermeidung er ein gut Teil seiner Lebensarbeit gesetzt hatte. Am 18. Februar 1546 starb er zu Eisleben, 1546 wo er sich befand, um einen Erbstreit zwischen den Grafen von Mansfeld zu schlichten. Bis an seinen Tod war er der Mittelpunkt der resormatorischen Bewegung geblieben. Während die erste Zeit seines Auftretens mehr dem Niederreißen überlebter Formen gewidmet gewesen, hat er in der Folge dem Aufbau der neuen Bekenntnisgemeinschaft obgelegen. Er suchte vor allem dahin zu wirken, daß in der Form von Landeskirchen sein Werk dem Drange des Katholizismus einerseits, der Gefahr des Sektenwesens andererseits widerstehen könne. In Wort und in Schriften, die
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Extrahierte Personennamen: Jan_van_Leyden Hermann_von_Köln Ferdinand Franz_I. Franz_I.
Extrahierte Ortsnamen: Luthers Deutschland Mansfeld
§ 45. Renaissance und Humanismus. 79
Boccaccio und Petrarca. Dazu kam durch die Gelehrten, welche nach der Eroberung von Konstantinopel (1453) nach Italien sich flüchteten, die Kenntnis auch der griechischen Schriftsteller. Indem nun der Geist des Altertums allmählich in die gebildeten Klassen eindrang und alle Gebiete des geistigen Lebens befruchtete, entstanden ganz und gar neue Strebungen in der Kunst wie in der Litteratur. Wie Italien der Ausgangspunkt dieser neuen Bewegung war, so bildete dieses Land dieselbe auch bereits zu einer hohen Blüte aus: man nennt daher diese Zeit die der italienischen Renaissance. Unter der Einwirkung derselben erzeugte sich eine ungeahnte Blüte der italienischen National - Litteratur (Boccaccio, Petrarca, Ariosto, Tafso), wie der - Kunst (Leonardo da Vinci, Bramante, Michel Angelo Buonarotti, Raffael Sanzio, Correggio, Tizian n. a.).
In Deutschland hatte die Wiederbelebung des klassischen Altertums nicht sowohl einen Aufschwung der schönen Litteratur zur Folge, als vielmehr eine staunenswerte Entwicklung der kritischen Gelehrsamkeit. Man studierte die Schriften des Altertums, und wie dieselben noch heutigen Tages die besten Mittel sind, den Geist zu schulen und zur Selbständigkeit des Urteilens anzuleiten, so wurde ihr Studium auch damals ein gewaltiges Hilfsmittel, um die vielen Vorurteile zu beseitigen, mit welchen im Mittelalter der menschliche Geist behaftet gewesen war.
Vor allem wandten sich die deutschen Gelehrten, nachdem das Griechische wie das Hebräische in unserem Vaterlande besonders durch den großen Renchlin wieder bekannt geworden, dem Studium der Urkunden unseres Glaubens, d. h. der Bibel, zu. Man erkannte so allmählich, daß die Lehren und Gebräuche der katholischen Kirche vielfach in Widerspruch zu dem standen, was in den Schriften der Evangelisten und Apostel gelehrt wurde.
Zu dieser Überzeugung der Gelehrten von der Unhaltbarkeit der römisch-katholischen Lehre trat andererseits im Volke eine oft geäußerte Unzufriedenheit mit den schreienden Mißbräuchen in der Kirche. Und da man für diese Mißbräuche mit Recht in letzter Stelle den Papst und die Geistlichkeit verantwortlich machte, so erzeugte sich ein Widerwille gegen die Herrschaft derselben, der sich auch in manchen Erscheinungen der Litteratur Luft machte (Sebastian Brants „Narrenfchiff"; Reineke Vosj Litterae obscurorum virorum „Dunkelmännerbriefe").
1453
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176
1305 seinen Sitz nach Avignon verlegte („babylonische Gefangenschaft" 1305—77) und die Päpste ihren Einfluß auf die politischen Berhält-nisse in Deutschland verloren.
2. Er strebte nach Vergrößerung seiner Hausmacht. Doch vergebens suchte er Holland und Thüringen zu gewinnen. Böhmen kam vorübergehend in seine Gewalt.
Albrecht wurde von seinem Neffen Johann Parricida 1308 ermordet.
Historisches über die Kämpfe in der Schweiz. In den sogenannten Waldstätten Schwyz, Uri, Unterwalden hatte sich ein freier Bauernstand erhalten. Seit dem 12. Jahrhunderte hatten jedoch die Grafen von Habsburg Vogteirechte in diesen Landgemeinden erworben. Aber der Freiheitssinn der Bevölkerung stellte sich ihnen entgegen, und Friedrich Ii. stellte die Reichsunmittelbarkeit wieder her. Zwar wußte Rudols von Habsburg die alten Vogteirechte wiederzugewinnen, aber nach seinem Tode traten die Waldstätte zu einer Eidgenossenschaft zusammen, deren Freiheiten Adolf von Nassau und Albrecht anerkannten. (Sagen von dem Drucke der österreichischen Vögte, vom Schwure auf dem Rütli, von Tell.)
Iv. Heinrich Vii. von Luxemburg, 1308—1313. Er war
ein Lehnsträger der französischen Krone und wurde vou der geistlichen Partei gewählt.
1. Gründung einer Hausmacht. In Böhmen hatte sich eine mit der Regierung des Königs (Heinrich von Kärnthen) unzufriedene Adelspartei gebildet, welche Heinrich Vii. die Krone anbot. Dieser belehnte damit seinen eigenen Sohn Johann, den er mit einer böhmischen Prinzessin vermählte.
2. Sein Zug nach Italien. Bon den romantischen Jdecen des Rittertums durchdrungen, begeisterte sich Heinrich noch einmal für die mit der deutschen Krone sich verbindende Anschauung von der Herrschaft der Welt. Daher unternahm er einen Zng nach Italien, um dort das kaiserliche Ansehen wieder herzustellen. Bon den italienischen Patrioten, besonders von dem Dichter Dante Alighieri, begrüßt, erwarb er iu Mailand die lombardische Krone und stellte auch die Kaiserwürde nach 62jähriger Unterbrechung wieder her, 1312. Aber er konnte die Guelfeu, mit welchem Namen jetzt die republikanische Partei bezeichnet wurde, nicht unterwerfen, und als er sich zu einem Feldzuge gegen Neapel rüstete, starb er.
V. Ariedrich von Österreich, 1314—1330, und Ludwig
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Johann_Parricida Johann Friedrich_Ii Friedrich Adolf Albrecht Albrecht Heinrich_Vii Heinrich Heinrich_von_Kärnthen Heinrich Heinrich_Vii Heinrich Johann Johann Heinrich Heinrich Dante_Alighieri V._Ariedrich_von_Österreich
Extrahierte Ortsnamen: Avignon Deutschland Holland Schweiz Schwyz Habsburg Nassau Luxemburg Italien Italien Mailand Neapel
21
3. Die Religion war eine Vergtterung der Naturkrfte. Wo-bau war der Allvater des Lebens und der Lenker der menschlichen Ge-schicke, besonders der Schlachten. Die Gefallenen wurden von dett himmlischen Schlachtenjungfrauen zu den Freuden Walhallas ge= tragen, die Feiglinge und Bsewichter aber von der grausigen Todten-gttin in das kalte Nebelheim verstoen. W odan wurde von den 12 Asen in der Weltregierung untersttzt. Seine Gattin Freia wachte der die Ehe und husliche Ordnung. Gtzenbilder und Tempel hatten die Deutschen nicht. In heiligen Hainen wurden Opfer aus Frchten, Thieren und gefangenen Feinden dargebracht. Den Gtterwillen suchte man u. a. aus dem Wiehern geheiligter weier Rosse zu erfahren. Die Priester und Snger der Kriegsthaten ehrte man hoch, rumte ihnen aber keine Macht zum Herrschen ein.
4. Die Cimbern und Teutonen stammten aus Itland und zogen mit Hab und Gut nach Sden. Als ihnen an den Alpenpssen der rmische Statthalter falsche Wege zeigen lie, schlugen sie sein Heer, durchzogen die Schweiz, fielen in Gallien ein, vernichteten noch 3 andere rmische Heere und machten den Cimberschrecken" sprch-wrtlich in Rom. Nachdem sie jahrelang in dem schnen Sd frank-reich gehaust, wollten sie mit 2 Heersulen in Italien einfallen, die Teutonen von Westen, die Cimbern von Norden. Da wurde der rohe aber kriegserfahrene Feldherr Marius der Retter Roms. Er umgab sein Lager mit Verschanzungen, gewhnte seine Soldaten in kleinen Gefechten an den Anblick, das Kriegsgeheul und die Fechtweise der Teutonen, schlug sie dann in einer mrderischen Schlacht bei Aqua Sexti im Rh one-Delta 102 V. Chr. und nahm ihren riesigen Fürsten T e u t o b o d gefangen. Die Cimbern waren inzwischen unter Bojorix der den Brennerpass und durch das Etschthal nach Ober-italien gezogen. Da erschien Marius und vernichtete sie nach ver-zweifelter Gegenwehr auf der r audischen Ebene, westlich vom Tessino, 101 b. Chr. Die Krieger hatten sich mit Ketten zusammen gebunden, und die Flchtlinge wurden von den Weibern erschlagen.
5. Drusus in Deutschland. Der rmische Feldherr Julius Csar eroberte in 8jhrigen Kmpfen ganz Gallien bis an den Rhein. Drusus, der Stiefsohn des Kaisers Angustus, befestigte die Rhein-grenze durch 50 Burgen und unternahm 4 Zge in das Innere von Deutschland. An der Elbe rief ihm eine riesenhafte Seherin drohend zu: Kehre um, Unersttlicher, deines Lebens und deiner Thaten Ende ist gekommen!" Auf dem Rckzge strzte er mit dem Pferde und starb an einer Schenkelverletzung 9 V. Chr. Sein Bruder Tiberius unter-warf das Land bis an die Weser, indem er Zwietracht unter den deutschen Stmmen anstiftete und allerlei List und Rnke bte.
6. Varus und Hermann. Der rmische Statthalter Varus behandelte das Land wie eine eroberte Provinz. Er fhrte rmische
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Extrahierte Personennamen: Freia Marius Marius Marius Marius Drusus Julius_Csar Drusus Tiberius Varus Hermann Varus
Extrahierte Ortsnamen: Itland Gallien Rom Italien Roms Rh_one-Delta Deutschland Gallien Rhein Deutschland
30
über die Stadt und ging zu einem Freunde auf die Insel Skyros.
Dieser aber ließ ihn meuchlings von einem Felsen ins Meer stürzen.
Seine Gebeine brachte man später nach Athen und baute einen Tempel
über denselben.
Lii. Wersens, der Sagenhekd von Argos.
1. Das gerettete Kind. Perseus war ein Sohn der Danaö
und des Zeus. Er wurde samt seiner Mutter in einen Kasten geschlossen
und ins Meer geworfen, weil seinem Großvater, dem Könige von Argos,
gewerssagt worden war, daß er durch die Hand seines Enkels sterben
würde. Ein Fischer zog den Kasten in seinem Netze ans Land und brachte
die Unglücklichen zu dem Könige der Insel, der sie freundlich aufnahm.
2. Der kämpfende Jüngling. Der Heranwachsende Jüngling sollte
die Gorgonen bekämpfen. Das waren furchtbare, geflügelte Jung-
frauen, die statt der Haare Schlangen trugen. Wer sie anschaute, wurde
vor Schreck zu Stein. Von freundlichen Göttinnen erhielt Perseus
Flügelschuhe und einen unsichtbar machenden Helm. Mit der Hermes-
sichel schlug er der Medusa, der einzigen sterblichen, das schlangen-
haarige Haupt ab und versteinerte damit den Riesen Atlas.
3. Der tapfere Mann. Er befreite die an einen Felsen gefesselte
Andromeda von einem Meerungeheuer und nahm sie zur Gattin. Als
er nach Argos zurückkehrte, erfüllte sich das Orakel; denn Perseus tötete
unvorsichtigerweise in einem Kampfspiele seinen Großvater. Nach seinem
Tode wurde er unter die Sterne versetzt.
Iv. Hdipus, der Sagenhekd von Weben.
1. Das ausgesetzte Kind. Ödipus (Schwellfuß), ein Sohn des
thebanischen Königs Lains und der Jokaste, wurde als Kind mit
durchstochenen Füßen ausgesetzt, weil er nach einem Orakelspruch Schuld
und Verderben über das ganze Haus bringen werde. Durch Hirten ge-
rettet, wurde er in Korinth erzogen. Um dem ihm verkündeten Schicksal
zu entfliehen, verließ er die vermeintliche Heimat Korinth.
2. Der schuldbeladene Mann. Auf dem Wege erschlug er im
Streite den ihm unbekannten Vater und heiratete dann, nachdem er das
Rätsel der Sphinx gelöst, die ihm ebenfalls unbekannte Mutter. Das
Rätsel lautete: Was geht morgens auf Vieren, mittags auf Zweien, abends
auf Dreien? Antwort: Der Mensch. Als später die schreckliche Schuld zu
Tage kam, erhängte sich Jokaste, und Ödipus stach sich die Augen aus.
3. Der unglückliche Vater. Von seinen Söhnen Eteokles und
Polynices vertrieben, irrte Ödipus an der Hand seiner treuen Tochter-
Antigone in der Verbannung umher, bis er in Athen Ruhe fand.
Die von ihrem Vater verfluchten Söhne gerieten bald in Streit über
das Erbe. Der vertriebene Polynices bewog sieben Helden zu einem
Kriegszuge gegen Theben; sechs davon fielen, und die beiden Brüder
töteten sich im Zweikampfe. Als Antigone ihren Bruder Polynices
gegen das Verbot des Königs Kreon bestattete, wurde sie lebendig ein-
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— 58 —
wurden sie später als dessen Enkel er-
kannt. Die wilden Gesellen erschlugen
darauf Amulius und setzten ihren Groß-
vater wieder auf den Thron. An dem
Orte ihrer Rettung, auf dem pala-
tinischen Hügel an dem Tiber, legten
sie den Grund zu der Stadt Rom. Zn
dem Streite darüber, wer die Stadt be-
nennen und beherrschen sollte, erschlug
Romulus seinen Bruder. Nach einer
andern Sage tötete er ihn im Zorn,
weil Remus spottend über die niedrige
49. Romulus. Stadtmauer gesprungen war. Innere
Münze aus der Zeit des Augustus. W. Streitigkeiten über Gerechtsamen und äußere
Kriege, um Eroberungen zu machen, sind fortan die Geschichte Roms.
3. Wie es wuchs und durch Könige regiert ward. Romulus
machte Rom zur Freistadt für Verfolgte. Da es aber der jungen An-
siedelung an Frauen fehlte, raubten an einem Feste die römischen Jüng-
linge die eingeladenen sabinischen Jungfrauen. In dem darüber
entbrennenden Kriege vermittelten die Frauen den Frieden und die
Vereinigung der Sabiner mit den Römern. Erstere wurden auf dem
capitolinischen und dem quirinalischen Hügel angesiedelt. Ro-
mulus führte glückliche Kriege, wurde zu den Göttern entrückt und als
Gott Quirinus verehrt.
Der weise Numa Pompilius wurde von der Nymphe Egeria
beraten. Er ordnete den Gottesdienst, teilte das Jahr in 12 Monate
und baute den im Kriege offenen Janustempel. Der oberste Leiter des
Religionswesens war der Oberpriester, der
an der Spitze eines Priesterkolleginms die
heiligen Bücher bewahrte und die gottesdienstlichen
Ordnungen überwachte. Die Auguren erforschten
den Willen der Götter aus dem Fluge und dem
Geschrei der Vögel, aus den Zeichen des Himmels
und den Eingeweiden der Opfertiere. Die Vesta-
linnen waren die jungfräulichen Priesterinnen
der Herdgöttin Vesta. Andere Schutzgötter des
Hauses und der Familie waren die Penaten und
Laren. Salz, Mehl und Wein wurden ihnen
als Opfergaben dargebracht. Den Manen oder
Seelen der Verstorbenen wurden Feste gefeiert und
Gaben geweiht. Janus war der Gott alles
Anfangs und des Friedens und Krieges. Seine Bildsäule hatte zwei
Gesichter, so daß er vorwärts und rückwärts sah. In seinen Tempel
führten zwei Thore, von Osten und von Westen. Durch diese zog das
Heer aus in den Krieg und ein nach der Heimkehr. In Kriegs-
zeiten waren beide Thore offen zum Zeichen, daß Janus mit dem Heere
in den Krieg gezogen sei, im Frieden geschlossen, um den Gott in
50. Numa.
Marmor-Herme in Rom. W.
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Extrahierte Personennamen: Augustus Egeria
Extrahierte Ortsnamen: Rom Freistadt Marmor-Herme Rom
223
schaft und die Vielweiberei ein, sandten Apostel aus und richteten das
neue Königreich Jerusalem auf. Endlich wurde die Stadt wiedererobert.
Die Urheber des wahnsinnigen Unfugs bestrafte der Bischof mit einem
grausamen Tode und ließ ihre Gebeine in eisernen Käfigen am Lambertus-
turme aufhängen. Ans den geläuterten Resten der Wiedertäufer haben
sich später die friedlichen Mennonitengemeinden gebildet.
12. Luther als leidender und sterbender Greis. Luther hatte
nie eine starke Gesundheit gehabt. Viele heftige Krankheitsanfälle suchten
ihn heim. Oft meinte er zu sterben und nannte sich schon mit 50 Jahren
einen alten, gebrochenen Mann. Die vielen Arbeiten, Kämpfe und Sorgen
rieben seine Kräfte auf. Einst schloß er eine Vorlesung an der Hoch-
schule mit den Worten: „Unser Herrgott gebe, daß man's nach mir besser
mache! Ich kann nicht mehr, ich bin schwach. Bittet Gott, daß er mir
ein gutes, seliges Sterbestündlein verleihe!" Luthers letzte Jahre waren
durch körperliche Schmerzen und durch den Kummer über die Uneinigkeit
und das ungeistliche Leben vieler Protestanten getrübt. Trotz seiner
Schwäche und Hinfälligkeit half er überall mit Rat und That. Und
wenige Tage vergingen, wo er nicht um eins oder das andere angelaufen
wurde. So wurde er von dem Grafen zu Mansfeld nach Eisleben ge-
rufen, um einen Streit zu schlichten. Aus der Reise mußte er die aus-
getretene Saale bei Halle überschiffen und zog sich dabei eine Erkältung
zu. Unter vielen Schmerzen und Anfällen eines alten Übels brachte er
gleichwohl das Versöhnungswerk in Eisleben zu glücklichem Ende. Aber
seine Kräfte sanken mehr und mehr, und die Schmerzen auf der Brust
nahmen zu. Am 17. Februar nachts fühlte er, daß das Ende nahe.
Brünstig betete er. Dr. Jonas fragte den Sterbenden: „Wollt ihr,
ehrwürdiger Vater, auf Christum und die Lehre des Evangeliums, die
ihr verkündet habt, auch sterben?" „Ja!" klang es vernehmlich von
den erbleichenden Lippen. Zwischen zwei und drei Uhr am Morgen
des 18. Februar 1546 entfloh die unsterbliche Seele. Seine Leiche 1546
wurde unter vielen Thränen und zahlreichem Geleit nach Wittenberg
gebracht. In der Schloßkirche schläft die irdische Hülle des gewaltigen
Mannes. Eine Metallplatte mit seinem Namen deckt sein Grab, aber
ewig bleibt sein Gedächtnis. Melanchthon schloß seine Trauerrede mit
den Worten: „Wir wollen ein ewig Gedächtnis dieses unsres lieben
Vaters behalten und erkennen und betrachten, daß er ein edel, köstlich
und heilsam Werkzeug Gottes gewesen, und wollen seine Lehre mit treuem
Fleiß lernen und behalten, daneben auch seine Tugenden uns zum Vor-
bild nehmen und denselben nach unserem Maße fleißig Nachfolgen". —
Erst nach vielen harten Kämpfen und Kümmernissen fand Melanchthon
1560 seine letzte Ruhestätte an der Seite seines großen Freundes. 1560
13. Die Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin. Gegen
den Ablaßhandel, die Sucht des Wallfahrtens und das Reislaufen
der Schweizer (die als Söldner in fremde Kriegsdienste traten) eiferte
in der Schweiz der Priester Zwingli, erst in Maria Einsiedeln
und dann in Zürich. Hier überwand er in einer öffentlichen Dis-
putation seine Gegner und bewog den Magistrat zu einer Reformation,
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Extrahierte Personennamen: Apostel Jonas Melanchthon Melanchthon Zwingli Calvin Maria
88
reizendste der Äsen, Bragi der Gott des Gesanges und der' Rede,
Saga die Göttin der geschichtlichen Erzählung, Loki der böse, trugvolle
Gott des Feuers. Er verleitete den blinden Äsen Hödur, den sonst
unverletzlichen Baldur mit einer Mistel zu werfen und ihn dadurch
zum großen Jammer der Götter und Menschen zu töten. Riesen und
Zwerge, Licht- und Schwarzelfen bevölkerten die Phantasie der Ger-
manen. Ihre Götterlehre ist in der Edda (d. h. Ältermutter) zu finden.
Asgard war der himmlische Wohnsitz der Äsen, der mit der Erde durch
die Brücke Bifröst (Regenbogen) verbunden war. Zwölf Götterburgen
von unbeschreiblicher Pracht waren dort. Auf dem Jdafelde fanden die
himmlischen Gastmähler und die Kämpfe mit den Helden aus dem Gold-
palaste Walhalla statt; unter der „Weltesche" wurde das Gericht über
Götter und Menschen gehalten. Zwei Raben (Gedanke und Gedächtnis)
umflogen das Erdenrund und brachten Odin Kunde von allem. Seit die
Sünde (Goldgier und Lust) Eingang in Asgard gefunden, ist ein furchtbarer
Kampf zwischen den Göttern und Riesen entbrannt. Er wird mit dem
großen Weltbrande enden. Aus der Feuerwelt Muspelheim werden
die Flammen nach Asgard schlagen und die „Weltesche" verbrennen.
Der grimmige Fenrirwolf wird Odin verschlingen, Thor die grause
Midgardsschlange erlegen, aber an ihrem Gifte sterben, die Erde ins
Meer versinken und alles Geschaffene untergehen. Dann aber wird eine
neue Welt erscheinen, und Götter wie Menschen werden verschönt und
veredelt wiedergeboren werden.
7. Der deutsche Götzendienst. Götzenbilder und Tempel
hatten die Deutschen nicht. In heiligen Hainen wurden auf großen
Steinen Opfer aus Früchten, Tieren und gefangenen Feinden dargebracht.
Den Götterwillen suchte man u. a. aus dem Fluge der Vögel und dem
Wiehern geheiligter Rosse zu erfahren, oder die Priester zerlegten wohl
auch Buchenzweige in Stäbchen, ritzten geheimnisvolle Zeichen, „Runen",
hinein (— davon „rannen" — jemand etwas geheimnisvoll zu-
flüstern —) und streuten sie auf den Boden. Die Stäbchen wurden
75- Urnengrab. 76. Geöffnetes Hünengrab.
(Nach Hirt, Hist. Bildertafeln.)
dann aufgelesen und aus ihren Zeichen der Wille der Gottheit gedeutet
(daher unsere Bezeichnung „Buchstaben" und „lesen"). Die Deutschen
glaubten an die Unsterblichkeit der Seele, verbrannten die Leichen und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
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fleisch, genannt Gutenberg, in Straßburg (geb. 1399 in Mainz) auf
den Gedanken, die Buchstaben einzeln in Metall, als sogenannte Typen,
herzustellen. Statt des Pergaments nahm er das schon im 14. Jahr-
hundert erfundene Leinenpapier. Von Straßburg ging er nach Mainz,
wo er sich mit Peter Schösser und dem Goldschmied Johann Faust
vereinigte. Letzterer schoß das Geld zu einer Druckerei vor, in der die
Arbeiter eidlich Verschwiegenheit geloben mußten. 1455 erschien das
erste große Buch, eine lateinische Bibel. Zum Ärger der Mönche und
zum Erstaunen des Volkes verkaufte man die Bücher für den zehnten
Teil des bisherigen Preises. Unwissenheit und Brotneid nannten die
Kunst ein Höllenwerk und Faust einen Bundesgenossen des Satans.
Gutenberg wurde noch vor 1455 von Faust und Schösser aus ihrem
Verbände gestoßen. Mit Hilfe des Mainzer Kurfürsten legte er zwar
in Mainz eine Druckerei an, doch überlebte er den Undank nicht lange.
Der Krieg zerstreute später die Buchdruckergesellen und machte die Er-
findung zum Gemeingute.
Fragen: Warum sind die Erfindungen das Morgenrot einer neuen Zeit?
— Welche Folgen hatte jede?
58. Die Ursachen -er Reformation oder jlirchenverbessernng.
1. Die verweltlichte Geistlichkeit. Im Laufe des Mittelalters
waren allerlei Mißbräuche in der christlichen Kirche eingerissen. Immer
mehr Stimmen erhoben sich, welche die weltliche Herrschsucht der
Päpste, das verweltlichte Leben der Geistlichen, das Überhand-
nehmen der Klöster, die Entartung des Klosterlebens und
einzelne Lehren der Kirche hart angriffen. Durch weltliche Mittel
suchte der Papst diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Da sollten
Bann und Interdikt, Scheiterhaufen, Ketzerkreuzzüge und In-
quisition das Ansehen der christlichen Kirche erhalten. Der kleine
Bann schloß von der Teilnahme an den Sakramenten aus, der große
Bann verband mit der Verfluchung die Ausstoßung aus der kirchlichen
Gemeinschaft. Das fürchterlichste aller kirchlichen Strafmittel war aber
das Interdikt, d. h. das Verbot gottesdienstlicher Handlungen in einem
bestimmten Bezirke oder ganzen Lande. Die Kirchen wurden geschlossen,
die Glocken nicht mehr geläutet, kein Ehebund kirchlich eingesegnet und
die Toten ohne Sang und Klang zur Gruft getragen; die Taufen fanden
nur auf ausdrückliches Verlangen statt, und nur den Sterbenden wurde
das heilige Abendmahl gereicht.
2. Die römische Habgier. Es erfüllte viele Deutsche mit tiefem
Groll, daß durch listige Veranstaltungen des römischen Hofes so viel
deutsches Gold und Silber aus kirchlichen Stiftern oder aus den Händen
der Gläubigen nach Italien floß. So läßt der fromme, aber auch deutsch-
gesinnte Walther von der Vogelweide in einem seiner schneidigen
Lieder den Papst sprechen: „Ich Hab' zwei Deutsche unter eine Krön' a
gebracht, damit das Reich sie stören und belasten, und mittlerweile füllen
wir den Kasten. Ich Hab' zum Opferstock gedrängt sie, all ihr Gut ist
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Gutenberg Peter_Schösser Johann Gutenberg