Die heilige Elisabeth.
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der Landgraf hatte öffentlich erklärt, er würde den nicht für feinen Freund erkennen, der sie aufnehmen würde. Alle ihre bisherigen Freunde wandten sich von ihr; selbst die, welche von ihr mit Wohlthaten überschüttet worden waren, hatten das vergessen, und ein böses Weib war gar so undankbar, sie zu verhöhnen und zuletzt in einen Bach zu stoßen. In Thränen gebadet trat sie in ein Wirthshaus des am Fuße des Berges gelegenen Städtchens, und hier erst überdachte sie das Schreckliche ihrer Lage. Mitten in der Nacht erhob sie sich von ihrem schlaflosen Lager und eilte in ein Kloster. Hier fand sie Trost im Gebete und dankte Gott inbrünstig auch für die schweren Leiden, die er ihr zuzuschicken gewiß seine weisen und liebevollen Absichten habe. Am meisten schmerzte sie, daß sie ihren kleinen Kindern keine Bequemlichkeiten verschaffen konnte.
Endlich kam die Leiche ihres Gemahls in Bamberg an und wurde hier von dessen Brüdern und allen Edeln des Landes feierlich empfangen. Auch Elisabeth war hingeeilt. Dies benutzte ihr alter Freund Vargila; er stellte dem Landgrafen Heinrich das der frommen Frau zugefügte Unrecht vor, und es gelang ihm, ihn zu rühren, so daß Heinrich sie mit sich wieder auf die Wartburg nahm. Aber hier, wo sie mit ihrem Gatten so glücklich gelebt hatte, war ihres Bleibens nicht. Sie eilte wieder fort, vertheilte das ihr gegebene Geld unter die Armen und begab sich nach Marburg, welches der Landgraf ihr zur Wohnung angewiesen hatte.
Noch war sie nicht lange da, als eine Gesandtschaft aus Ungarn bei ihr eintraf. Ihr Vater, der König Andreas, hatte von ihrer Noth gehört und ließ sie zu sich einladen. Die Gesandten trafen sie, wie sie eben am Spinnrade saß; sie erklärte fest, daß sie in ihrer Niedrigkeit bleiben wolle, und war nicht zu bewegen, mitzuziehen. Auch blieb sie in Marburg bis an ihren Tod, der 1231 erfolgte, und nährte sich von Wollespinnen. Sie erreichte nur ihr 24. Lebensjahr.
Daß von einer so frommen Frau viele Wunderthaten erzählt werden, kann Niemanden nach dem Geiste jener Zeit befremden. Wir wollen einige erzählen, die Wahrheit derselben aber auf sich beruhen lassen. Einst ging sie mit einem Korbe voll Lebensmittel von der Wartburg den Berg hinab, um Arme und Kranke zu er-
und die sie damit verscheuchte. Nur steigt dabei der Zweifel auf, wie sie denselben habe führen können, da ja keine ihrer Hände frei war.
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Extrahierte Personennamen: Gott Elisabeth Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Andreas
Schlacht bei Granson.
285
zu ihm und ließen ihm vorstellen, daß ja ihr ganzes Land nicht so viel werth sei, als die silbernen Zäume seiner Pferde. Alles vergebens; Karl Hatte sich einmal in den Kopf gesetzt, die Rheinländer von den Qellen des Flusses an zu besitzen. Er drang in die Schweiz ein und belagerte Granson. Ungeduldig, wie er war, forderte er die Schweizer auf, ihm die Thore zu öffnen.
„Wenn ihr mich aufhaltet, soll euer Lohn der Galgen sein!" —
Es wurde ihm abgeschlagen. Darüber ergrimmte er, und als sie sich endlich ergaben, ließ er Einige widerrechtlich an Bäume hängen und Andere, an Stricke gebunden, so lange durch den See schwemmen, bis sie ertranken. Sonst war Karls Gemüth nicht so böse; aber jetzt war er verstimmt und kannte nun kein Erbarmen. Aber die That war abscheulich und dieser Tag der letzte seines Glücks.
Jetzt zogen die Schweizer herbei, so viele ihrer beisammen
waren, und griffen die Burgunder an. Vorher fielen die frommen Helvetier nieder auf die Kniee, breiteten die Arme aus und beteten zu Gott um Sieg. Da glaubten die Burgunder, sie flehten um Gnade und schlugen ein lautes Gelächter auf. Aber Karl empfand bald, daß es noch die alten Schweizer waren. Viele seiner besten Leute wurden erschlagen. So kam der Nachmittag heran. Plötzlich beleuchtete die Sonne die schimmernden Waffen eines neuen Heeres, welches sich auf den Bergen zeigte. „Was für ein Volk ist das?" fragte Karl einen gefangenen Schweizer. „Das erst," antwortete dieser, „sind die wahren alten Schweizer vom hohen Gebirge, die Männer, welche die Oestreicher schlugen!" — In diesem Augenblicke ertönte drei Mal der Uri-Stier, das lange Horn der Urner, welches sie in ihren Thälern, wie in der Schlacht, zu blasen pflegen, und wunderbar erklang das Waldhorn der Unterwaldner, daß es Karl durch Mark und Seele drang. „Ei," rief er bedenklich aus, „was wird aus uns werden? Schon die Wenigtzn haben uns so ermüdet." Und so war es auch. Die Burgunder verloren die Schlacht bei Granson, und eine überschwängliche Beute fiel den Siegern in die Hände; denn so eilig ging die Flucht, daß Karl sein ganzes Lager im Stiche lassen mußte. Alle seine kostbaren Zelte, sein reich mit Edelsteinen besetzter Hut, sein Prachtschwert, dessen Griff von Diamanten, Rubinen, Saphiren, Hyacinthen und Perlen glänzte, sein reiches Silbergeschirr, und andere Sachen von hohem Werthe wurden von den Schweizern erbeutet. Aber so unbekannt waren diese Leute mit den Luxuswaaren, daß sie die silbernen Teller für zinnerne,
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Extrahierte Personennamen: Karl_Hatte Karl Karls_Gemüth Karls Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl Karl
Argonauten. Orpheus.
49
sank sie, von einer giftigen Schlange gebissen, ins Grab. Orpheus war in dumpfer Verzweiflung; ohne sie vermochte er nicht zu leben; da suchte und fand er den Weg in die Unterwelt an der südlichsten Spitze der Halbinsel Morea. Indem er mit kunstreicher Hand in die goldenen Saiten der Lyra griff, trat er in das düstere Schattenreich, wo sich zum ersten Male Freude und Entzücken verbreitete. Die zu ewigen Strafen Vernrtheilten horchten auf und vergaßen auf kurze Zeit ihre Pein. Sisyphos hielt ein, den Stein bergan zu wälzen, und fetzte sich auf denselben, den süßen Tönen zu lauschen; Jxions Rad wurde gehemmt; Tantalos vergaß seinen Hunger und Durst, die Danaiden hörten ans zu schöpfen, und alle übrigen Verbrecher ruhten von ihrer Qual. Selbst die scheußlichen Furien vergossen die ersten Thränen sanfter Rührung, und Pluton und Persephone vermochten nicht, dem herrlichen Sänger die Bitte um Zurückgabe seines Weibes abzuschlagen. „Gut!" sprach Pluto; „du sollst sie haben, aber nur, wenn du deine Neugierde zähmst und dich nicht eher nach ihr umsiehst, bis du die Oberwelt erreicht hast." Orpheus war entzückt-, er versprach Alles. Schon war er dem Ende des dunkeln Orkus nahe, schon dämmerten ihm die Strahlen des Sonnenlichtes entgegen — da stieg der leise Argwohn in ihm aus, ob sie auch wohl hinter ihm sei? Schnell wandte er den Blick, aber nur um sie verschwinden zu sehen. Er hatte sein Gelübde gebrochen, sie sank in den Orkus zurück und blieb ihm nun unabwendbar entrissen. Seitdem kam in das Gemüth des trefflichen Sängers, der Alles entzückte, kein Gefühl der Freude mehr; unempfindlich zog er durch Gebirge und Thäler, und als er einst ungewarnt einem Bacchusfeste sich nahte, zerrissen ihn die wüthenden Manaden.
14. Der Zug der Griechen nach Troja [1184]. *)
Der Argonautenzug war nur das Vorspiel zu einer allgemeinen Unternehmung der Griechen, dem Zuge nach Troja. Diese Stadt lag in Klein-Asien, hatte einen eigenen König, Priamos, und seine Einwohner waren wenigstens eben so gebildet als die Griechen, von denen nur der Archipel sie trennte. Gewiß waren zwischen beiden Ländern manche Reibungen vorgefallen, wie das
*) Ausführlicher in Nösselt's Mythologie für das weibliche Geschlecht S. 292 u. f.
Weltgeschichte für Töchter. I. 16. Aufl. 4
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15g
Wie ein Engel, als Bote eines besseren Lebens der Welt auf kurze
Zeit gesandt, so blickte aus diesen tiefen blauen Augen der Himmel in der
eignen Brust. Fünfzehnjährig schon Gemahlin des ihrer so würdigen Guil-
sord, war als Braut sie dargestellt. Im Weggehen aufgehalten, wie cs
schien, stand sie mit leichter Grazie aufgerichtet vor einem Sessel, und blickte
mit dem vollen Antlitze aus dem Bilde. Die seine jugendliche Gestalt, die
kaum die Gränzen der Kindheit überschritten, war in die Farben des väter-
lichen Hauses Susfolk, in weißen Silberstoff mit himmelblauer Robe, gekleidet.
Ihr wunderschönes blondes Haar floß wie gesponnenes Gold in zarten
Wellen ohne Zwang den halb gewendeten Rücken entlang, und reichte über
die Hälfte der kindlichen Gestalt; an den Schläfen von der weißen Stirn
gescheitelt, war es mit blauen Schleifen zierlich aufgebunden, und auf dem
Hintertheile des Kopfes ruhte die herzogliche Krone. Eine Säulenhalle zog
bis in die weite Ferne sich als Hintergrund, und am Ende derselben sah
man perspektivisch verkleinert Lord Guilford daher eilen.
„Ach," rief Richmond, von so viel Unglück und so viel Tugend tief be-
wegt, „hätte nie dein kindlich Haupt ein schwereres Diadem belastet, als
diese leichte Herzogskrone, das unbestrittene Erbtheil deiner Väter!"
Noch blieb er sinnend stehen, dem spiegelhellen Boden zugewendet. Es
blieb ein Bild noch zu betrachten übrig, er wußte es wohl. Doch zögernd
verschob er seinen Anblick, als müßte er erst das eigene Herz betrachten und
seinen schnellen Schlagen lauschen. Sollt' er als Mann erfahren, was ihn
als Knabe schon bewegt? Mußt' er es eingestehn, daß das wunderbare Loos
ihm gefallen sei, an ein Bild die süßesten Regungen des Gefühls verschenkt
zu haben? „Nein!" rief er, „dem Knaben gehört diese Schwärmerei!" Er
wandte muthig sich, er stand davor, und wie am Strahl der Sonne der
leichte Nachtfrost einer Mainacht zu einem Thautropfen sich verwandelt, so
verschwamm in seinem ersten Blick Wille, Absicht, jeder Widerstand der Ueber-
legung, und Herz und Seele sogen sich fest an ihren alten Wahn.
Dicht an der hellen Eingangsthür und wie in einem Schreine, da die
Holzwand herausgehoben war, es einzulassen, hing ein Brustbild, dessen Nah-
men in einem runden Medaillon das lebenvolle Antlitz der schönen unglück-
lichen Königin von Schottland umfaßte. Der Nahmen trug in Gold und
Farben und reichen Edelsteinen die drei Wappen, welche die unglückliche Frau
mit Eigenthumsrecht behauptete. Die Wappen Schottlands und Frankreichs
waren an dem oberen Rande, unter der dreidoppclten Krone im Mittelpunkte
des Rahmens, das Wappen Englands, das zu behaupten, ihr so großen,
nur mit Blut gesühnten Haß der eifersüchtigen Elisabeth zuzog, unter den
beiden ersteren. Reich mit Laubwerk und Emaillen war das Krinstwerk dieses
Rahmens ausgeführt, und enthielt in Arabeskenform noch viele Anspielungen
auf den hohen Geist der königlichen Frau. Das Ganze war umschlungen
von einem emaillirten Bande, auf dem in goldener Schrift dienamen Plato,
Aristoteles, Horaz, Pindar, Homer, Dante und Ariost, als der Gefährten
ihrer Einsamkeit, zu lesen waren, und wie vorzüglich auch das Bild zu nennen
war, der Nahmen an sich blieb ein schätzbares Kunstwerk.
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160
verlassen; die Thore und Gitter sind offen, ohne Wächter, ohne Schloß und
Niegel. Was Wunder, daß sich einnistet, wer finster Werk treibt; denn die
alte böse Hexe*), die sich dort abgesperrt, die wird es nicht hindern."
Dessenungeachtet machte diese Rede nur bei der Dienerschaft Eindruck;
die jungen Männer befahlen, daß man den Mundvorrath, nach dem sie an-
singen einiges Verlangen zu tragen, ihr nöthiges Gepäck und die Windlichter
nachbringen möchte, der Wagen langsam den Eingang suchen sollte, und
eilten, Arm in Arm, dem Schlosse zu. Jetzt standen sie an einer terrassen-
artig ansteigenden Befestigung, die, durch Gräben getrennt, mit kaum wahr-
zunehmenden Brücken überbaut war, hinter welchen sich die dunkle Masse
des Schlosses zeigte, die gegen den Nachthimmel, der, mit zerrissenen Wolken
bedeckt, die, vom Sturm gejagt, einen schauerlichen Wechsel trieben, wahr-
haft drohend und gebietend abstach.
Beide blieben stehen, lebhafter von seinem Anblicke ergriffen, als sie
erwartet hatten. „Weiß Gott!" rief Reginald, „man möchte zu den bösen
Dingen Glauben fassen, die über dies alte Schloß im Munde der Nachbarn
sind; es sieht aus, als riefe es jedem eine Warnung vor seinem Bereiche zu."
„Ja," sprach Ludwig bewegt, „wie das riesige Grabmal eines ganzen
Geschlechtes sieht es aus. Die Valois erbauten es, wie Du mir sagtest, —
sie hätten mit allen ihren Sünden darunter Raum."
Sie schritten vor, und erreichten trotz des wüthenden Sturmes, der sich
ihnen wie Menschenhände entgegendrängte und sie zurückzuschleudern schien,
die Eingangsbrücken. „Dieser Nacht werde ich gedenken bis an mein Ende!"
rief Reginald, und ergriff das Gitter, das den düstern Hof umschloß. Er
zog Ludwig nach sich, der, matt und erschöpft, ihm kaum folgen konnte, und
Beide traten nun durch das offene Gitter in den Schloßhof, der ihnen
wenigstens einigen Schutz verlieh, obwohl das Geheul des Sturmes sich nur
noch schauerlicher gegen all die Ecken und Giebel brach, die, mit eisernen
Gittern und Wetterfähnchen besteckt, ein wunderliches Concert bildeten.
„Laß uns Quartier machen, wo wir zukommen!" sprach Reginald; „so
spät, so über Mitternacht hinaus erwartet uns die alte Freundin nicht mehr;
wir wollen sie nicht beunruhigen, und werden doch Dach und Fach finden
für die wenigen Stunden."
„Ja," erwiederte Ludwig, „laß uns Schutz suchen ohne Zeitverlust; ich
fühle mich erschöpft. Vielleicht bestätigt sich das.gerücht, daß die Thüren
aufgeblieben sind."
Beide überschritten nunmehr den Hof, und ihre Erwartung erfüllte sich.
Sie traten ohne Hinderniß in die weitläuftige Halle des untern Geschosses,
und nachdem die Diener Windlichter angezündet hatten, sahen sie, wie von
hier aus schwere, eichene Treppen mit großem Aufwande von Raum in die
obern Gemächer führten.
*) Fennimor's ehemalige alte Dienerin.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
169
Zustand — Todesangst hemmte jeden Pulsschlag, — er glaubte Moder-
geruch wahrzunehmen — er schauderte, die starren Weibergestalten mit den
schönen leblosen Armen und Händen, die dicht neben den seinigen auf der
Tafel ruhten, sich bewegen, ihn berühren zu sehen — er wollte aufspringen,
Ludwig aus dieser Gesellschaft reißen, mit ihm entfliehen! Er schaute nach
ihm hin — er fehlte. Jetzt schien das Maß gefüllt. Er sprang mit
Riesenkräften, die er nöthig hatte, auf — er stand vor dem Manne im
rothen Mantel mit Souvre's Zügen. „Bleib!" rief dieser — und lähmte
so die Kraft des Jünglings. „Die Zeit der Rache ist gekommen, erloschen
in diesem Augenblicke das Geschlecht der Crecp-Chabanne — denn so du
lebst, blüht es in dir nicht weiter — ich bin Spinola! der von deinem Ahn-
herrn Theophim beraubte und ermordete Spinola, — und ich lebe fort in
Souvrö, dessen Mutter eine Spinola und meine Enkelin war! Hier hast
du den letzten Grafen Crecp-Chabanne!" — Er schlug den Mantel zurück
— im Arm trug er Ludwig's bleiches, blutiges Haupt!
Ein Schrei der Wuth rang sich aus Reginald's Brust — er fühlte mit
Entzücken das Pistol in seiner Hand — er hob es aus — der Schuß fiel.
— Im selben Augenblicke zerstob Alles um ihn her — tiefe Dunkelheit
umgab ihn — er fühlte, er war erwacht — Traum war das entsetzliche
Erlebniß! —
Keuchend hob sich noch die Brust, der Angstschweiß floß von seiner
Stirn, die Besinnung schien ihm noch zu mangeln; noch glaubte er leises
Gewimmer — Todesröcheln zu vernehmen; sein Körper schien ihm steif und
gelähmt — doch meinte er, der Schuß sei gefallen; denn er erwachte, wie
seine Hand mit dem Pistol noch in der Luft schwebte.
Jetzt hörte er eine Thür sich öffnen — er hörte Schritte — Lichtschein
drang ein — mehrere Personen standen vor ihm — der Schein der Kerzen
traf ihr Gesicht — es war der Marquis de Souvr6, bleich, entstellt durch
Sturm und Regen — von vielen Dienern gefolgt. „Ha," rief Reginald —
„Du bist der Rachegeist des Spinola!" — Souvrs sprang entsetzt zurück
— Reginald glich einem Wahnsinnigen. „Fort!" schrie Reginald, wilo den
Marquis bedrohend — „Du hinderst mich nicht mehr, mein Werk ist ge-
than, die ewige Gerechtigkeit wird siegen, mein Bruder ist Ludwig!" —
Alles fuhr zurück — er stürzte vor nach Ludwig's Stuhl — jeder Blick
folgte ihm. —
:r „Ungeheuer!" schrie Souvre — „was hast Du gethan? Mörder!
Mörder!"
¿i Das Licht beleuchtete soeben scharf, ohne Täuschung, Ludwig's erbleichtes,
im Todeskampfe zuckendes Gesicht. Der Schuß hatte ihn getroffen. Aus
der tiefen Wunde seiner Brust floß das Blut in vollen Strömen dahin —
röchelnd hob sich der nur selten noch wiederkehrende Athem — es war vor-
bei — der letzte Augenblick hing über ihm!
Starr blickte Reginald — versteinert in dies geliebte Antlitz. Er hatte
eben so Entsetzliches erfahren — es war gewichen; zum zweiten Male sagte
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36
Chor. Den der Sterne Wirbel loben,
Den des Seraphs Hymne Preist,
Dieses Glas dem guten Geist
Ueberm Sternenzelt dort oben.
Festen Muth in schweren Leiden,
Hilfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königsthronen —
Brüder, galt' es Gut und Blut —
Dem Verdienste seine Kronen,
Untergang der Lügenbrut!
Chor. Schließt den heil'gen Zirkel dichter,
Schwört bei diesem gold'nen Wein,
Dem Gelübde treu zu sein,
Schwört es bei dem Sternenrichter!
(Friedrich von Schiller.)»
Die Freuden.
Es flattert um die Quelle
Die wechselnde Libelle;
Mich freut sie lange schon:
Bald dunkel und bald Helle,
Wie der Chamäleon,
Bald roth, bald blau,
Bald blau, bald grün;
O, daß ich in der Nähe
Doch ihre Farbe sähe!
Sie schwirrt und schwebet, rastet nie!
Doch still, sie setzt sich an die Weiden.
Da hab' ich sie! da hab' ich sie!
Und nun betracht' ich sie genau,
Und seh' ein traurig dunkles Blau —
So geht es dir, Zerglied'rer deiner Freuden!
(Joh. Wolfgang v. Göthe.)
2. Oie Ode.
Von der Ode gilt alles, was wir vom weltlichen Liede ge-
sagt haben. Sie unterscheidet sich vom Liede nur dadurch, daß
sie aus einem viel lebhafteren, aufgeregteren, begeisterteren Ge-
müth hervorgeht, welches den Dichter Zwingt, seinen Gegenstand
tiefer zu erfassen. Während der Liederdichter sich in sich versenkt.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Schiller Friedrich
104
Des Rennens Preis davon getragen,
Und mit den Fürsten sah der Kaiser aus dem Schloß.
Herr Hüon neigt, nach ritterlicher Weise,
Sich vor dem Kaiser tief, dann vor den Damen und
Den Richtern — tummelt drauf im Kreise
Den muth'gen Hengst herum, und macht dem Sieger kund,
Daß er gekommen sei, den Dank ihm abzujagen.
Er sollte zwar erst Stand und Namen sagen;
Allein sein Schwur, daß er ein Franke sei,
Und seines Auszugs Pracht macht vom Gesetz ihn frei.
Er wiegt und wählt aus einem Haufen Speere
Sich den, der ihm die meiste Schwere
Zu haben scheint, schwingt ihn mit leichter Hand
Und stellt, voll Zuversicht, sich nun an seinen Stand.
Wie klopft Amandens Herz! Wie feurige Gebete
Schickt sie zu Oberon und allen Engeln ab,
Als itzt die schmetternde Trompete
Den Ungeduldigen zum Nennen Urlaub gab!
Dem Ritter, der bisher die Nebenbuhler alle
Die Erde küssen hieß, schwillt mächtiglich die Galle,
Daß er gezwungen wird, auf diese neue Schanz'
Sein Glück und seinen Ruhm zu setzen.
Er war ein Sohn des Doolin von Maganz,
Und ihm war Lanzenspiel kaum mehr wie Hasenhetzen.
Er stürmet, wie ein Strahl aus schwarzer Wolken Schooß,
In voller Wuth auf seinen Gegner los.
Doch, ohne nur in seinem Sitz zu schwanken,
Trifft Hüon ihn so kräftig bor die Brust,
Und wirft mit solcher Macht ihn seitwärts an die Planken,
Daß alle Rippen ihm von seinem Fall erkranken.
Zum Kampf vergeht ihm alle weitere Lust,
Vier Knappen tragen ihn ohnmächtig aus den Schranken.
Ein jubelnd Siegsgeschrei prallt an die Wolken an,
Und Hüon steht allein als Sieger auf dem Plan.
Er bleibt am Ziel noch eine Weile stehen,
Ob Jemand um den Dank noch kämpfen will, zu sehen;
Und da sich niemand zeigt, eilt er mit schnellem Trab
Amanden zu, die hoch auf ihrem schönen Rosse
Wie eine Göttin glänzt, und führt sie nach dem Schlosse.
Sie langen an. Er hebt gar höflich sie herab,
Und führt sie, unterm Vivatrufen
Des Volks, hinauf die hohen Marmarstufen.
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Der Taucher.
„Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp',
„Zu tauchen in diesen Schlund?
„Einen goldnen Becher werf' ich hinab;
„Verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund.
„Wer mir den Becher kann wieder zeigen,
„Er mag ihn behalten, er ist sein eigen."
Der König spricht es und wirft von der Höh'
Der Klippe, die schroff und steil
Hinaushängt in die unendliche See,
Den Becher in der Charybde Geheul.
„Wer ist der Beherzte, ich frage wieder,
„Zu tauchen in diese Tiefe nieder?"
Und die Ritter, die Knappen um ihn her,
Vernehmen's, und schweigen still,
Sehen hinab in das wilde Meer,
Und Keiner den Becher gewinnen will.
Und der König zum dritten Mal wieder fraget:
„Ist Keiner, der sich hinunter waget?"
Doch Alles noch stumm bleibt wie zuvor,
Und ein Edelknecht, sanft und keck,
Tritt aus der Knappen zagendem Chor,
Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg,
Und alle die Männer umher und Frauen
Auf den herrlichen Jüngling verwundert schauen.
Und wie er tritt an des Felsen Hang
Und blickt in den Schlund hinab,
Die Wasser, die sie hinunterschlang,
Die Charvbde jetzt brüllend wiedergab,
Und wie mit des fernen Donners Getose
Entstürzen sie schäumend dem finstern Schooße.
Und es wallet und siebet und brauset und zischt.
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt;
Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt,
Und Fluth aus Fluth sich ohn' Ende drängt,
Und will sich nimmer erschöpfen und leeren,
Als wollte das Meer noch ein Meer gebären.
Doch endlich, da legt stch die wilde Gewalt,
Und schwarz aus dem weißen Schaum
Klafft hinunter ein gähnender Spalt,
Grundlos, als ging's in den Höllenraum,
Und reißend steht man die brandenden Wogen
Hinab in den strudelnden Trichter gezogen.
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I
161
„Hier ist nicht Bleibens trotz der alten Kamine, die vielleicht unsern
Leuten nützlich werden," sprach Ludwig. „Es ist hier kalt und feucht; wir
wollen höher steigen; wir finden oben wohl bessere Räume."
Die Diener leuchteten, und man erreichte den oberen Treppensaal, der
mit dunklem Marmor getäfelt, an eben solchen Wänden mit Portraitstatuen
umstellt war und rechts und links große Eingangsthüren zeigte, die, von
Eichenholz schwer und überladen verziert, in Einfassungen von schwarzem
Marmor liefen.
„Das sind finstere Eingänge!" rief Ludwig, „wie die Pforten zu einer
Gruft."
Reginald schauderte. „Laß uns lieber den Theil des Schlosses suchen,
wo Emmy wohnt," rief er lebhaft aus. „Zu Entdeckungen in diesen düstern
Räumen sind wir nicht hergekommen."
„Nein!" rief Ludwig, „das Bedürfniß nach Ruhe beherrscht mich aus-
schließend. Laß uns eintreten rechts oder links; ich strecke mich sogleich
nieder, wär' es auch auf den Stufen eines Grabmals. Leuchtet! wir treten
hier ein."
Die Diener gingen zögernd voran. Ludwig schob sie weg; er selbst
drückte das kunstreich ums chnörkelte Schloß. Es gab nach, und sie traten in
ein schmales, hohes, gewölbtes Zimmer, welches, mit breitem Kamin und
herumlaufenden Bänken, einem großen, steinernen Becken in der Wand, und
daneben befestigtem Schenktisch, als ein Vorzimmer zum Eß- oder Banket-
saal zu erkennen war.
„Das zweite Zimmer wird besser sein!" rief Ludwig, jetzt thätiger wer-
dend als Reginald, der mit unbeschreiblicher Gemüthsbewegung und höchst
widerwillig nur dem Grasen folgte. „Halt," sagte er, „die angelehnte Thüre
aufstoßend, „das ist ein Prunkgemach, und offenbar noch königlichen Ur-
sprungs. Siehe den Thronhimmel mit der Krone und den kostbaren Purpur-
behängen."
Die Lichter erhellten nur sparsam den großen Prachtsaal früherer Zeiten;
denn dem damaligen Geschmack gemäß war überall düsteres Material, wie
schwarzer Marmor, Ebenholz, eichenes Getäfel und von der Zeit leicht ge-
schwärzte Vergoldung zu abenteuerlichen, gigantischen Verzierungen verbraucht.
Doch waren hier bequeme Stühle, Kamine, die vielleicht die Feuerung ver-
trugen, und was sie mit näherem Forschen erspähen konnten, machte diesen
Raum für furchtlose Gemüther zu einem tadellosen Ruhepunkte weniger
Stunden. Ludwig schob sogleich einen der großen damastenen Lehnstühle gegen
ein Kamin, und indem er befahl, von einigen zusammengestürzten, aus dem
Herde aufgehäuften Meublestrümmern Feuer zu machen, verrieth seine abge-
brochene Rede, seine todtenähnliche Farbe, wie groß seine physische Erschöpfung
sei. Obwohl dies für Reginald wie für ihre Diener nichts Ungewöhnliches
war, regte es doch auch jedes Mal den guten Willen Aller an, ihm zu
Hilfe zu kommen. Während die Diener sich mit dem Feuer beschäftigten,
bemühte sich Reginald, von den alten Stühlen und ihren bauschigen Kissen
Ludwig's Stuhl bequem zu machen, und als der ihn stumm, aber dankbar
Literaturgesch. v. Nösselt. I. 6. Aufl. 11
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Emmy Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Reginald