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1. Die vorchristliche Zeit - S. 143

1877 - Leipzig : Brandstetter
143 heitskampfe auf und freudig erhob sich das gedrückte Volk. Die Spartaner geriethen in die höchste Noth und sprachen sogar ihre alten Feinde, die Athener, um Hülfe an. Und diese verbanden sich wirklich mit ihnen, aus Neid über die wachsende Größe Thebens. Doch Epaminondas verlor niesn den Muth, er unternahm vielmehr noch ein kühneres Wagstück und griff Sparta selber an. Schon war er bis auf den Marktplatz vorgedrungen; aber der verzweifelten Gegenwehr des spartanischen Volkes gelang es, ihn wieder zurückzutreiben, und Epaminondas zog sich bis Mantinea zurück. Bei dieser Stadt kam es im Jahre 362 zu einer blutigen Schlacht. Die Spartaner fochten wie Verzweifelte, dessenungeachtet mußten sie weichen. Die Thebaner, von ihrem Helden Epaminondas geführt, drangen mit Ungestüm in ihre Reihen und warfen Alles über den Haufen. Da traf den Feldherrn ein feindlicher Wurfspieß, dessen eiserne Spitze in seiner Brust stecken blieb. Ein blutiges Gefecht erfolgte nun um den Verwundeten, aber die Seinigen retteten ihn aus dem Gedränge der Feinde. Die Nachricht von der Verwundung des Epaminondas verbreitete Schrecken und Schmerz im thebanischen Heere; die Schlacht wurde abgebrochen und der Sieg nicht verfolgt. Aber den Ruhm des Sieges nahm der Held mit in's Jenseits. Die Aerzte hatten erklärt, daß er sterben würde, sobald man das Eisen aus der Wunde ziehe. Epaminondas ließ es so lange stecken, bis man ihm meldete, der Sieg sei gewonnen und sein Schild gerettet. Man reichte ihm den Schild und er küßte ihn. Dann sprach er: „Ich habe genug gelebt, denn ich sterbe unbesiegt." Und als seine Freunde weinten und klagten, daß er dem Staate keinen Sohn hinterlasse, erwiederte Epaminondas: „Ich hinterlasse euch zwei unsterbliche Töchter, die Schlachten bei Leuktra und Mantinea!" Darauf ließ er das Eisen aus der Wunde ziehen und hauchte seine Heldenseele aus. * Während Epaminondas gegen die Lacedämonier gekämpft, hatte Pe-lopidas in Thessalien Krieg geführt gegen Alexander, den Tyrannen von Pherä, welcher sich ganz Thessalien zu unterwerfen suchte. Hinterlistiger Weise wurde er von diesem gefangen genommen. Da ihn Jeder im Gefängniß sprechen durfte, sprach er frei und offen gegen den Tyrannen und ließ dem Alexander sagen: „Ich wundere mich, daß du mich so lange leben lässest! Denn wenn ich entkomme, werde ich sofort Rache an dir nehmen." Alexander fragte: „Warum eilt denn Pelopidas zum Tode?" — „Damit du," antwortete Pelopidas, „den Göttern desto verhaßter werdest!" Bald aber kam Epaminondas an der Spitze eines thebanischen Heeres und befreite seinen Freund. Nicht lange darauf wurde Pelopidas abermals gegen Alexander nach Thessalien berufen. Der schlaue Mann hatte sogar die Athener mit seinem Gelde gewonnen und drohte Theben gefährlich zu werden. Als Pelopidas mit seinen Thebanern auszog, trat plötzlich eine Sonnenfinsterniß ein. Darüber wurde das thebanische Heer stutzig und weigerte sich, weiter vorzurücken. Da warb Pelopidas auf eigene Hand dreihundert Reiter und zog mit diesen vorwärts. Nun ver-

2. Die vorchristliche Zeit - S. 113

1877 - Leipzig : Brandstetter
113 tn diesem Handgemenge, nachdem er heldenmüthig gekämpft, und mit ihm viele tüchtige Spartaner; über seinen Leichnam entstand ein großes Gedränge der Perser und Lacedämonier, bis daß die Griechen ihn durch ihre Tapferkeit fortbrachten und dreimal die Perser in die Flucht schlugen. Aber nun drangen von allen Seiten die Feinde auf das immer kleiner werdende Griechenheer ein und die Tapfersten mußten der Uebermacht erliegen. 2. Von jenen 300 Spartanern starben alle den Heldentod, bis auf einen, Aristodemus. Dieser war bei einem andern Spartaner, Namens Eurytos, der wegen einer schlimmen Augenkrankheit vonleonidas fortgeschickt war. Als sie nun hörten, daß die Perser über den Berg gegangen seien, forderte Eurytos seine Rüstung, legte sie an und befahl seinem Diener, ihn nach dem Kampfplätze zu führen. Hier angekommen, stürzte er sich in den feindlichen Haufen und ward erschlagen; Aristodemus aber rettete sein Leben durch die Flucht. Doch in Sparta erklärten ihn alle Bürger für ehrlos, Keiner sprach mehr mit ihm, Keiner durfte ihm ein Feuer anzünden. Die Kinder nannten ihn den „Ausreißer Aristodemus." Solche Schmach vermochte er nicht zu ertragen; er zog nachher in die Schlacht von Platää und hielt sich da so tapfer, daß er seine Schmach löschte. Solchergestalt war der Kampf der Griechen bei Thermopylä im Juli 480 v. Chr. Nach der Schlacht besuchte Terxes die Leichname, und als man den Leichnam des Leonidas gefunden, ließ er demselben den Kopf abschneiden und ihn schmachvoll an's Kreuz schlagen wider Sitte und Recht. Die Griechen aber ließen nachher an der Stelle, wo Leonidas gefallen war, einen steinernen Löwen und eine Denksäule errichten mit der Inschrift: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest Uns hier liegen geseh'n. wie das Gesetz es befahl." T h e mi st o k les*). Alle Tapferkeit zu Lande wäre zuletzt gegen die zahllosen Schaaren des Xerxes fruchtlos geblieben, wenn nicht der Muth und die hochherzige Aufopferung der Athener alle Griechen zum gemeinsamen Kampfe zur See verbunden hätte. Unter den Athenern war nur ein Mann, der mit richtiger Einsicht erkannte, daß nur zur See den Persern erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Diesem Manne gebührt vor Allem der Ruhm, Griechenlands Retter gewesen zu sein. Sein Name ist T h e m i st o k l e s. Schon als Knabe war Themistokles lebhaften Geistes und voll kühner Entwürfe; die kindischen Spiele verschmähte er, dagegen beschäftigte er sich eifrig mit Anfertigung gerichtlicher Reden, indem er Fälle erdichtete, *) Nach L. Stacke. Grube. Geschichtsbilder. L 8

3. Die vorchristliche Zeit - S. 140

1877 - Leipzig : Brandstetter
140 Blutvergießen. Die fliehenden Bürger wurden nicht verfolgt, die Gefallenen nicht geplündert; nur Waffen und Nahrungsmittel nahmen die Sieger. Jetzt ward mit den Bürgern in der Stadt unterhandelt; die Dreißig wurden abgesetzt und im Jahre 403 v. Chr. bekam Athen seine Freiheit und Verfassung wieder; doch der alte Glanz und die alte Herrlichkeit waren auf immer dahin. Vii. Pelopidas und Epaminondas. ' 1. Pelopidas. Seit dem Falle Athens kannte der Uebermuth der Spartaner keine Grenzen mehr. Mitten im Frieden überfiel ihr Feldherr Phöbidas mi seinem Heere Theben, wo innere Zwietracht zwischen den Aristokraten und Demokraten ausgebrochen war, und besetzte die Burg Kadmea. Jedoch dieses Raubes sollten sich die Spartaner nicht lange erfreuen. Unter den Vertriebenen, die sich nach Athen wandten, war auch Pelopidas, ein edler thebanischer Jüngling. Er hatte keine Ruhe mehr, so lange seine Vaterstadt in den Händen der Feinde war, und leitete eine Verschwörung ein. In der Nacht sollten alle Anführer der Spartaner ermordet, die Besatzung verjagt werden; Alles war hierzu genau mit den Freunden in Theben verabredet. Als der zur Ausführung bestimmte Tag erschien, machte sich Pelopidas mit eilf Gefährten des Morgens in aller Frühe auf den Weg. Sie waren als Jäger verkleidet, mit Hunden und Jagd* gerathen versehen, um kein Aufsehen zu erregen. Abends spät kamen sie vor Theben an, und gingen durch verschiedene Thore der Stadt. In dem Hause des Charon, eines Mitverschworenen, kamen sie nach der Verabredung zusammen. Alle Genossen waren hier versammelt, die Waffen lagen bereit, Alle rüsteten sich zur blutigen That. Unterdessen schmauseten Archias und Philippus, die beiden vornehmsten Spartaner, bei Phyllidas, einem der Mitverschworenen. Auch dieses war so verabredet. Phyllidas nöthigte fleißig zum Trinken und erwartete seine Gehülfen. Plötzlich trat ein Bote herein und überreichte vom Oberpriester zu Athen einen Brief, der die ganze Verschwörung entdeckte. Der trunkene Archias lächelte und nickte mit dem Kopfe, als ihm der Bote den Brief gab. „Es sind Sachen von Wichtigkeit" — sagte der Bote — „du möchtest den Brief sogleich lesen!" „Sachen von Wichtigkeit auf morgen 1" schmunzelte Archias und legte den Brief bei Seite. —-„So recht" — schrie Phyllidas — „jetzt ist es Zeit zu trinken und fröhlich zu sein; ich habe auch Tänzerinnen bestellt, die werden sogleich erscheinen!" Sie erschienen nur zu bald. Es waren Verschworene, die unter ihren Weiberkleidern die Dolche verborgen hatten. Sie näherten

4. Die vorchristliche Zeit - S. 142

1877 - Leipzig : Brandstetter
142 gab er zur Antwort: „Mein Freund, wenn die Absichten deines Königs dem Vaterlande Vortheilhast sind, bedarf es deines Goldes nicht; sind sie ihm aber schädlich, so wird dein Gold mich nicht zum Verrctther meines Vaterlandes machen. Du aber verlaß sogleich die Stadt, damit du nicht Andere verführst." Als er in der Folge das Heer anführte, erfuhr er, daß sein Waffenträger einem Gefangenen für Geld die Freiheit gegeben habe. „Gib mir meinen Schild zurück," sagte er unwillig zu diesem, „Seitdem Gold deine Hände befleckt hat, kannst du nicht länger in Gefahren mein Begleiter sein." Dieser biedere Mann stand jetzt an der Spitze des thebanischen Heeres und rückte den Spartanern kühn entgegen. Sein Freund Pelopidas befehligte eine besondere Abtheilung thebanischer Jünglinge, die heilige Schaar genannt; diese hatten sich durch einen feierlichen Eid verbunden zu siegen oder zu sterben. Bei dem Städtchen Leuktra, wenige Meilen von Theben, stießen beide Heere auf einander. Mustervoll stellte Epami-nondas sein Häuflein gegen die überlegenen Feinde auf. Um nicht von der größeren Anzahl überflügelt zu werden, ließ er es in einer schrägen keilförmigen Richtung vorrücken. Durch diese schräg eschlachtorb nung (Phalanx) wirb der Feind auf einem Punkt mit aller Gewalt angegriffen und boch kann er keine großen Heermassen wirken lassen. So burchbrach der thebanische Keil die spartanischen Schlachtreihen; der königliche Felbherr der Spartaner würde niebergehauen und mit ihm die Schaaren seiner Getreuen. Da wichen die Feinde bestürzt zurück und suchten ihr Heil in der Flucht. Durch biesen herrlichen Sieg, den die Thebaner im Jahre 371 v. Chr. erfochten, würden sie auf einmal das größte und angesehenste Volk in Griechenlanb. Als solches orbneten sie sogar die Königswahl in Macebonien. Als die Nachricht dieser Nieberlage nach Sparta kam, würden die Mütter berjenigen Söhne, die sich durch die Flucht gerettet hatten, äußerst traurig; vor Scham ließen sie sich gar nicht sehen. Diejenigen Frauen aber, beten Söhne gefallen waren, erschienen fröhlich, mit Blumenkränzen geschmückt, auf dem Marktplatze, umarmten sich und wünschten sich Glück, dem Baterlanbe so tapfere Söhne geboren zu haben. Man war jetzt in großer Verlegenheit, wie man mit den Flüchtlingen verfahren solle, benn das Gesetz des Lykurgos verurteilte sie zu den härtesten Strafen. Aber in dieser Zeit der Noth beburfte man zu sehr der Krieger, beshalb sagte der König: „O lasset das Gesetz für heute fchlafen; möge es morgen mit aller Strenge wiebet erwachen!" Hiermit hatte es fein Bewenben und die Flüchtlinge würden fcegnabigt. 3. Das Ende der Helden. Der kühne Epaminvnbas suchte Mb barauf die Spartaner in ihrem eigenen Lanbe auf. Er fiel in den Peloponnes ein und nahm ihnen hier eine Stadt nach der andern weg. Auch die Meffenier rief er zum.frei-

5. Das Mittelalter - S. 76

1877 - Leipzig : Brandstetter
76 Wie sie noch so redeten, zeigte sich ihnen ein anderer Haufe Bewaffneter. Als Desiderius die erblickte, sprach er bestürzt: „Das ist sicherlich Karl!" Aber Autkar entgegnete: „Auch das noch nicht, noch immer nicht!" Daraus naheten die Bischöfe, die Aebte, die Priester. Als Desiderius diese sah und schon an sein nahes Ende dachte, sprach er: „Laßt uns hinuntersteigen und uns verbergen vor dem Anblick des furchtbaren Feindes!" Autkar aber sagte: „Wenn du eine eiserne Saat auf dem Gefilde starren siehst, wenn es dir scheint, als wälzte der Po und der Tessin schwarzeiserne Wogen gegen die Mauern der Stadt heran, dann ist Karl uns nahe!" Als sie noch so redeten, zeigte sich im fernen Westen ein schwarzes Gewimmel, ähnlich einer dicken Wolke, welche ihre Schalten auf den sonnenhellen Tag wirft. Allmälig kam der Haufe heran und das Gefilde erglänzte weithin von den blanken Waffen. Da erschien Karl, bedeckt mit einem eisernen Helm, mit eisernen Armschienen, und die breite Brust und die Schultern mit einem eisernen Panzer umhüllt. In der linken Hand trug er einen langen eisenbeschlagenen Speer, dessen Spitze zum Himmel sah, die rechte aber ruhte immer am Schwertgriff; an den Hüften trug er eiserne Panzerbekleidung und eiserne Schienen bedeckten auch seine Beine. Am Schilde sah man nichts als Eisen und sein Roß zeigte mit der Farbe des Eisens auch eiserne Festigkeit. Alle umringten den König und ritten theils vor ihm, theils an seiner Seite, theils hinter ihm. Die Bürger, die von den Mauern aus zuschauten, riefen aus: „O des Eisens, mit welchem der König bewehrt ist!" Als die Beiden vom Thurme herab das Alles erblickten, wandte sich Autkar zu Desiderius und sprach: „Siehe, da ist er, den du zu sehen begehrtest!" Desiderius aber stürzte vor Schrecken nieder. 3. Sage von der Einnahme von Pavia. Desiderius floh mit einem Sohne und einer Tochter nach Pavia und hielt sich für sicher in dieser festen Stadt. Die Tochter des Desiderius hatte aber viel von der Macht des Königs Karl vernommen und ließ ihm deshalb mit einem Wurfgeschosse über den Ticinus einen Brief in sein Lager werfen. In diesem Briefe stand, daß sie ihm die Stadt und alle Schätze ihres Vaters überliefern würde, wenn er sie zu seiner Frau und zur Königin des fränkischen Reiches machen wollte. Auf diesen Brief antwortete ihr Karl so, daß die Liebe der longo-' bardischen Königstochter noch mehr angefacht wurde. Sie ließ dem König wiederum durch ein Wurfgeschoß die Nachricht sagen, daß er sich in derselben Nacht am Thore bereit halten sollte, welches sie auf das gegebene Zeichen öffnen würde. So geschah es. Sie nahm die Schlüffel und öffnete das Thor und alsbald stürzten die Franken in die Stadt. Die Tochter des Desiderius wollte Karl unter den Reitern aufsuchen,

6. Das Mittelalter - S. 211

1877 - Leipzig : Brandstetter
211 Prager Schloßkapelle beigesetzt. Auf der Wahlstatt fand man auch noch jenen polnischen Ritter schwer verwundet, und wollte ihn seinen Frevel mit dem Tode büßen lassen, aber Rudolph sprach: „Das wolle Gott verhüten! Einen so herzhaften Ritter töun, hieße dem ganzen Reiche einen unersetzlichen Schaden zufügen!" und ließ ihn auf das Sorgfältigste pflegen. Ebenso großmüthig zeigte er sich auch gegen Ottokar's unmündigen Sohn, dem er das Königreich Böhmen ließ. Die österreichischen Länder aber gab er mit Bewilligung der Kurfürsten seinem Sohne Albrecht, und wurde so der Stammvater des österreichischen Hauses. Bei so großer Macht verschmähte Rudolph den Prunk der römischen Kaiserkrone; er ging nicht nach Italien, wie seine Vorfahren, welche die Kraft deutscher Jugend der römischen Hinterlist opferten; er unternahm auch keinen Kreuzzug, wie Papst Gregor X. wünschte. Wohl aber brachte er mit starker Hand die königliche Macht in Ehren und die Gesetze wieder in Achtung. Darum sagte auch ein gleichzeitiger Schriftsteller, Volkmar: „Ruhe und Friede folgte auf Krieg und Zerrüttung. Der Landmann nimmt den Pflug wieder zur Hand, der lange Zeit ungebraucht im Winkel lag; der Kaufmann, der aus Furcht vor Räubern zu Hause blieb, durchreiset jetzt das Land mit großer Sicherheit und die Räuber und Bösewichter, die zuvor öffentlich und ohne Scheu herumschwärmten, suchen sich in wüste Gegenden zu verbergen." 4. Rudolph's Sinnesart. Rudolph verachtete allen eitlen Schimmer, alle Ueppigkeit und Weichlichkeit. Befand er sich mit seinen Kriegern auf dem Marsche, so schämte er sich nicht, seinen zerrissenen grauen Rock selbst auszubessern, und fehlte es an Lebensmitteln, so war er der Erste, welcher eine Rübe aus den Aeckern zog, um seinen Hunger damit zu stillen. Nie vergaß er auf dem Throne, daß er Mensch sei. Jedermann hatte Zutritt zu dem menschenfreundlichen Herrscher. Einst, da die Wache einen gemeinen Mann, der ihn zu sprechen wünschte, nicht zu ihm lassen wollte, rief er ihr zu: „Ei, laß ihn doch herein! Bin ich denn zum Kaiser erwählt, daß man mich einschließt?" Rudolph behielt bis in sein hohes Alter einen sehr lebhaften Geist, war ein Freund muntern Scherzes und machte bisweilen selbst ganz erfreuliche Späßchen. Einmal wurde er von einem Bettler mit den Worten angeredet: „Bruder Rudolph! Beschenke doch einen armen Mann mit einer kleinen Gabe!" — „Seit wann sind wir denn Brüder?" fragte ihn der Kaiser, dem diese Anrede von einem Bettler etwas Neues war. „Ei" — antwortete der Arme — „sind wir denn nicht alle Brüder von Adam her?" — „Du hast Recht," sprach Rudolph, „ich dachte nur nicht gleich daran." Mit diesen Worten langte er in die Tasche und drückte ihm einen Pfennig in die Hand. „Aber ein Pfennig ist doch für einen großen Kaiser gar zu wenig," antwortete der Bettler. „Was" — entgegnete Rudolph — „zu wenig? Freund, wenn dir alle deine Brüder von Adam 14*

7. Das Mittelalter - S. 213

1877 - Leipzig : Brandstetter
213 auf Antrieb der geistlichen Kurfürsten wurde Graf Adolph von Nassau (1291—98) zum König gewählt. Als dieser aber eine bürgerfreundliche Politik verfolgte, brachte er die Fürsten wider sich auf, die ihm Rndolph's Sohn Albrecht von Oesterreich entgegenstellten, welchem er im Treffen bei Göllheim bei Worms erlag (1298). Albrecht I. war thätig, entschlossen und tapfer, wie sein Vater; er hielt das kaiserliche Ansehen aufrecht, befestigte den Landfrieden und zwang die Fürsten am Rhein, die Schifffahrt auf diesem Strome frei zu geben. Aber ihm fehlte seines Vaters Milde, Leutseligkeit und Freundlichkeit, und noch lange war das Wort im Munde des Volkes: „Der hat Rudolph's Biederkeit nicht!" Sein Vater hatte nicht blos Länder, sondern auch Herzen zu gewinnen gewußt. Albrecht wollte nur Länder besitzen und beherrschen. Rudolph hatte große Besitzungen in der Schweiz, und die mitten im Lande gelegenen drei Kantone Schwyz, Uri und Unterwalden wählten ihn zu ihrem Schirmherrn; Kaiser Albrecht I. aber wollte die Unterwerfung schonungslos vollenden. Da sie ihre alten Gerechtsame sich nicht nehmen lassen wollten, setzte er Landvögte über sie, welche sie sehr hart bedrückten. Dies ist geschichtliche Thatsache. Die Befreiung der Schweiz ist aber auch von der Sage ergriffen worden und als solche in das Volksbewußtsein übergegangen. Sie lautet: 2. Der eine dieser Landvögte hießberingar vonlandenberg, der hatte zu Sarnen in Unterwalden seinen Sitz; der andere hieß Hermann Geßler von Brun eck und hauste zu Küßnacht in Schwyz. Um das Schweizervolk zu schrecken, ließ Geßler in Uri eine Veste bauen, die den Namen „Zwing Uri" führen sollte, und als er einst durch Steinen im Lande Schwyz ritt und das schön gezimmerte Haus sah, das Werner Stauffacher, ein angesehener biederer Landmann, sich erbauet hatte, sagte er mit verachtendem Hohne: „Kann man leiden, daß das Bauernvolk so schön wohnt?" Andererseits ließ Landenberg einem bejahrten Bauer zu Unterwalden, Heinrich von Melchthal, um einer geringen Ursache willen ein Gespann schöner Ochsen wegnehmen. Als der Greis über dies Verfahren jammerte, sagte des Vogtes Knecht: „Wenn die Bauern Brod essen wollen, so können sie selbst den Pflug ziehen." Ueber diese Rede wurde der Sohn Arnold so aufgebracht, daß er mit seinem Stock den Knecht durchprügelte und ihm einen Finger zerbrach. Da mußte Arnold aus Furcht vor Landenberg's Zorn entfliehen; aber der Vogt ließ den alten Heinrich von Melchthal ergreifen und ihm beide Augen ausstechen. Arnold von Melchthal war zu Walther Fürst geflohen, der im Lande Uri zu Attinghausen wohnte und auch ein biederherziger Landmann war. Am andern Ende des Vierwaldstättersees wohnte Werner Stauffacher, der kam über den See gerudert, um seinem Freunde Walther Fürst das Leid zu berichten, das ihm die stolzen Worte des Vogtes erregt. Schon längst waren Boten an den Kaiser abgesandt, ihm die Noth

8. Die neue Zeit - S. 19

1877 - Leipzig : Brandstetter
19 berg und ist ein deutlicher Beweis, daß Behaim von Indien, China, Japan 2c. gar keinen deutlichen Begriff hatte, und nur einige fabelhafte Berichte von Ptolemäus, Plinius und manche wahre Berichte von Marko Polo im Sinne seiner Zeitgenossen ausschmückte. Da, wo Amerika liegen sollte, hat er einen großen Haufen Inseln hingepinselt und Erläuterungen beigeschrieben, wie folgende: „Zanziber insula. Diese Insel genannt Zanziber hat umbfangen 2000 Meilen. Die hatt Ihren aignen Konigk und Ihre besunder Sprach und die Jnwoner petten Abgötter an. sind gross leutt gleich wan Ihr ainer hot vier unser man starck. und Ihr ainer ist so vil als ander fünf Menschen, sie gin alle nacket, und sind alle schwarz leutt, fast vngestalt mit großen langen oren, weiten mündern, gros erschreckliche äugen, Hand zu viermalen größer dan ander leutt händ 2c." Bei einer Insel Java minor steht unter Anderem: „In Königreich Jambri haben die leutt Man und Frawen hinden schwänz gleich die Hundt. Do wechst übertrefflich vil Specerey und allerlei Thier alß Ainhörner und andere. Im andern Königreich Fanfar, da wechst der best Camphor in der Welt, den man mit Gold abwigt. Daselbst sind groß gewachsen Paumen (Palmen), da zwischen Holz und Rinten aus dem Safft Mehl würdt, daß guet zu essen ist, und Marko Polo schreibt in seinem dritten Buch, er sei fünf Monath in der Insel gewest." Bei der großen Insel Zipangu (Japan) steht eine lange Note: „Hie findt man vil Meerwundter und Serenen und andern Fischen. Und ob Jemand von diesem wunderlichen Volkh und selzsamen Fischen im Möer oder Thieren auf dem Erdreich begehrt zu wissen, der leß die Bücher Plini, Isidori, Aristotelis, Strabonis, Specula Vin-cenci und vil anderer Lehrer mer rc. rc." Ferner: „Insel Coylus. In dieser Insel Coylus ist Sant Thomas, der zwelff bott (Apostel) gemartert worden." Auf diese Weise ist der ganze Globus eng beschrieben; es ist aber von großem Interesse zu sehen, wie man zu Kolumbus' Zeiten von den Ländern der andern Halbkugel dachte. Den untern Raum des großen Weltmeeres nimmt noch ein langer Bericht von der Verfertigung dieses Globus ein, in demselben Nürnberger Deutsch. Der Schluß lautet also: es sei „solche Kunst und Apfel gepracticiret und gemacht worden nach Christi Geburt 1492. Der dan durch den gedachten Herrn Martin Behaim gemainer Stadt Nürnberg zu Ehren und Letze (Vergnügen) hinter ihme gelassen (hinterlassen) hat, sein zu allen Zeiten in gut zu gedenken, nachdem er von hinnen wieder heim wendet, zu seinem Gemahl, das dann ob 700 mail von hinnen ist: da er hauß hält, und sein Tag in seiner Insel zu beschließen, da er daheimen ist." 2*

9. Die neue Zeit - S. 91

1877 - Leipzig : Brandstetter
glich er der Rebe, die ihren Stab verloren hat. All' sein Muth sank dahin und als die Drangsale des Kriegs ausbrachen, waren die Thränen sein süßester Trost. „Mein Schmerz über die Kriegsunruhen verzehrt mich," so schreibt er. „Oft zweifle ich, wenn ich die Elbe erblicke, ob ich ihn ausweinen könnte, wenn ich auch eben so viel Thränen weinen wollte, als die Elbe Wellen wirft" Die Lutheraner haben es ihm auch vorgeworfen, daß er, wenn es von ihm abgehangen hätte, in Gottes Namen wieder Alles zum Alten zurückgekehrt haben würde, um nur Frieden zu haben. Uebrigens wirkte er in seinem stillen Kreise unermüdet lehrend, forschend und schreibend bis an seinen Tod; noch am Tage vor seinem Tode trug er selber das Manuskript seines letzten Osterprogramms in die Druckerei. Ulrich Zwingli (geb. 1484, gest. 1531). 1. Zu den großen evangelisch gesinnten und mit hoher Thatkraft von Gott begnadigten Männern, welche die Herolde der neuen Lehre wurden, gehört vorzüglich der edle Zwingli, der gleichzeitig mit Luther, doch unabhängig von ihm, die Reformation in der deutschen Schweiz begründete. Er ward am 1. Januar 1484 in Wildhaus, einem Bergdörfchen der zum Kanton St. Gallen gekommenen Grafschaft Toggenburg, am Südfuß des Sentis zwischen steilen Berggipfeln gelegen, unter bescheidenen, aber gesunden und tüchtigen Lebensverhältnissen geboren. Sein Vater war Ge-meinde-Amman, sein Oheim der Pfarrer von Wildhaus, später Dekan zu Weesen am Wallenstädter See. Vom Oheim empfing er seine erste Bildung, dann schickten die Eltern den hoffnungsvollen, aufgeweckten Knaben auf die Schulen nach Basel und Bern. In Bern zog der junge Zwingli durch seine musikalischen Talente die Aufmerksamkeit der Dominikaner auf sich und sie boten Alles auf, ihn zum Eintritt in ihren Orden zu bewegen; doch für den gesunden Sinn des Gemeinde-Ammans in Wildhaus und seines Bruders, des Dekans, war der Nimbus des Mönchthums längst geschwunden, und es gelang ihnen, den Jüngling von dem bedenklichen Schritt zurückzuhalten. Anstatt in's Kloster ging Zwingli im Jahre 1499 auf die Hochschule nach Wien, welche damals von studireuden Schweizern gern besucht wurde und durch ihre philosophisch tüchtigen Professoren berühmt war. Hier schloß er mit gleich strebsamen Jünglingen seines Heimathlandes den Freundschaftsbund, übte sich in der Kunst, über wissenschaftliche Fragen frei zu reden und zu disputiren und bildete auch seine musikalischen Anlagen weiter aus. Als kenntnißreicher junger Mann kehrte er in’s Schweizerland zurück und nahm in Basel an der Martinsschule die Stelle eines Jugendlehrers an. Doch rastlos arbeitete er auch fort an seiner eigenen Bildung und benutzte eifrig die Vorträge der Lehrer an der Baseler Hochschule. Unter diesen war besonders ein redlicher Theolog, Thomas Wynen-bach, welcher durch seine ebenso geistvollen als freisinnigen Vorlesungen

10. Die neue Zeit - S. 94

1877 - Leipzig : Brandstetter
94 stantisch gesinnten Zürich, das durch Bern verstärkt, mit den Städten Biel, Mühlhausen, Basel und St. Gallen ein Schutz- und Trutzbündniß geschlossen hatte. Nun brach der Krieg aus, und der edle Zwingli mochte nicht in Ruhe daheim bleiben, während um die höchsten christlichen Güter gekämpft wurde; hatte er doch den Kampf hauptsächlich veranlaßt. Er rüstete sich, als Feldprediger mitzureiten. Vor seiner Wohnung auf dem Stiftsplatze sammelte sich das Kriegsvolk. Das Pferd, welches ihn tragen sollte, ward herbeigeführt; er schnallte sich den Panzer an und sprach tröstend zu seinem treuen Weibe: „Die Stunde ist gekommen, wo wir uns trennen müssen! Es sei so, denn der Herr will es! Er sei mit dir, mit mir und den Kindern!" Der Vater hatte Mühe, aus den Umarmungen des tiefbetrübten Weibes und der weinenden Kinder sich loszureißen. „So der Herr will, sehen wir uns wieder!" — das waren die letzten Worte, welche die traute Familie von dem Streiter Gottes auf Erden vernehmen sollte. Am 11. November 1531 kam es bei Kappel, nahe am Rigiberge, zur Schlacht. Die Züricher wurden von der Uebermacht der katholischen Kantone besiegt; auch Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wunden bedeckt, sein Pferd getödtet, zuletzt sank er selbst nieder. Ein Kriegsknecht aus Uri glaubte ihn zu erkennen, trat zu dem sterbenden Manne und rief: „Du siyst der Hilterich (Huldreich), sollt' i meine?" Zwmgli leugnete es nicht. Da kniete der Mensch auf den Kraftlosen nieder und schrie ihm in's Ohr: „Gläubst an Päpsten, so möchst du lebe." Zwingli aber richtete sich kräftig empor und rief so laut, als seine geschwundenen Kräfte es erlaubten: „Ich glaube an Gott!" — „Da müßt du sterbe!" war die Antwort und alsbald stieß der Katholik dem Protestanten das Schwert in die Brust. Zwingli's Leiche wurde noch an demselben Tage auf dem Schlachtfelde verbrannt. Sein Waffengefährte rettete mit Lebensgefahr das Herz des treuen Freundes und Lehrers und brachte es nach Basel zu Oekolampadius, auch einem Freunde Zwingli's, der Professor daselbst war. Dieser aber fragte mit ernster Stimme: „Bist du deß gewiß?" Und als ihm versichert wurde, es sei wirklich das Herz des unglücklichen Freundes, nahm er es und warf es in den Rhein mit den Worten: „Wir brauchen keine Reliquien!" Johann Kalvin (geb. 1509, gest. 1564). 1. Jean Chauvin (latinisirt Calvinus) war der Sohn eines angesehenen Kaufmanns zu Noyon in Frankreich. Der Vater, der wegen feines hellen Verstandes und festen Charakters in großem Ansehen stand, hatte den Grundsatz, daß man den Kindern die recht innige Liebe auf alle Art verbergen und sie durch die Furcht zum Guten erziehen müßte. So verfuhr er mit dem Sohne sehr streng, doch that dieses der Hochachtung und Ehrfurcht, welche derselbe ihm stets bewies, keinen Eintrag, und als Johann
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