50___________
362 ein Treffen, in dem er zwar siegte, aber tötlich verwundet wurde. Sterbend riet er zum Frieden.
4. Folgen des Krieges.
a) Sparta tritt in den Hintergrund; doch auch Theben kann nach dem Tode des Epaminondas die Hegemonie nicht behaupten;
b) alle griechischen Staaten sind geschwächt;
c) fremde Fürsten, namentlich Philipp von Macedonien, gewinnen Einfluß in Griechenland.
Griechenland kommt unter die Herrschaft der Macedorrier,
362-338.
1. Macedonien bis auf Philipp Ii. Macedonien, nördlich von Thessalien gelegen, ist das Gebiet mehrerer Flußthäler, deren größtes das des Strymon ist. Die Münduug der Flüsse weist das Land auf das Ägäische Meer und auf die Teilnahme an dessen Geschichte hin. Die Verfassung war ein Königtum, das jedoch in der älteren Zeit machtlos war. In den griechischen Händeln spielte Macedonien bald als Hilssniacht der Athener, bald der Spartaner eine Nebenrolle. Der König Archelaus, 413—399, hob das Land auf eine höhere Stufe, organisierte eine Kriegsmacht und verschaffte der griechischen Kultur Eingang.
2. Philipp Ii., 359—336. Nach langen Parteikämpfen kam 359 Philipp Ii. zur Regierung. In seiner Jugend als Geisel nach Theben geführt, lernte er hier griechische Bildung, zugleich aber auch den Verfall der griechischen Staaten kennen. Bald zu Anfang seiner Regierung bewies er eine ungewöhnliche Schlauheit und Energie. Sein Ziel war, die Kräfte Griechenlands sich dienstbar zu machen.
3. Der heil. Krieg gegen Phocis, 355—346. Die Phocier hatten Ländereien des delphischen Apollo in Besitz genommen und waren auf Antrag der Thebaner von den Amphiktyonen zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Sie griffen deshalb zu den Waffen und fanden an den Spartanern und Athenern Bundesgenossen. Als sie auch in Thessalien einfielen, riefen dortige Adelsgeschlechter Philipp von Macedonien um Hilfe. Dieser besiegte die Phocier nach hartnäckigem Widerstände. Als er aber durch die Thermopyleu nach Hellas vordringen wollte, wurde er von den Athenern gehindert. Er begnügte sich mit Thessalien als dem Übergangslande nach Hellas. Als aber
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Extrahierte Personennamen: Philipp_von_Macedonien Philipp Philipp_Ii Philipp Philipp_Ii Philipp Philipp_Ii Philipp Philipp_von_Macedonien Philipp
211
Schlacht bei Morgarten.
Landenberg fehlte nicht. In langem Zuge zogen die herrlichen
Ritter, alle von Kopf bis zu den Füßen gepanzert, mit wallen-
den Helmbüschen, in die Hohlwege der Alpen ein, auf Schwyz
los. Es schien ein Wald von Lanzen sich zu nähern. Aber die
Schwyzer waren wohlgemutst; ihnen kamen in der Stunde der
Gefahr einige Hundert aus Uri und Unterwalden zu Hülfe, so
daß es 1300 waren. Wie Wenige gegen so Viele! Aber sie stritten
für ihr Vaterland, ihre Weiber und Kinder, hatten eine gerechte
Sache, trauten auf Gott und waren aller Wege und Engpässe
wohl kundig. Sie stellten sich auf einen Berg, an dessen Fuß
ein kleiner See, der Aegsrisee liegt. Zwischen ihm und dem
Berge ging der Weg, den die trefflichen Ritter von Oestreich zo-
gen; die Gegend ward nachher der Morgarten genannt. So-
bald die ganze schwere Reiterei in dem engen Wege war, erhoben
sich die 1300, rollten große Steinblöcke, die sie oben zusammen-
gebracht hatten, hinab und schleudertell mit großer Kraft Steine
unter den dichtgedrängten Haufen. Jeder Stein traf. Die Füße
der Pferde wurden zerschmettert; die Thiere wurden scheu, und
drängten zurück in großer Angst. Aber hinten stand das Fuß-
volk und drängte vor, so daß die Reiter zu ihrem Schrecken sahen,
daß hier nicht zu entfliehen und daß alle Waffen unnütz seien.
Jetzt, wo die Verwirrung allgemein einriß, rannten die Schweizer
mit lautem Geschrei hinab, stießen und schlugen mit Hellebarden,
Morgensternen, Schwertern und Keulen aus die Ritter, die in
dem dichten Gewühle die Arme zu rühren und die Lanzen ein-
zulegen nicht vermochten. Viele setzten mit ihren Pferden in den
See hinein, vom Wasser mehr Erbarmen erwartend als von den
grimmigen Schweizern. Hier fanden viele —- viele edle Ritter
ihren Tod; Landenberg war unter ihnen; warum hatte er auch
seinen Eid gebrochen! Herzog Leopold entkam nur mit genauer
Roth, indem ein der Wege kundiger Mann ihn rettete. Aber
todtenblaß und in tiefer Traurigkeit kehrte er aus diesen furcht-
baren Bergen zurück. Er ist nie wieder in die Püffe der Wald-
städte gekommen. Dies war die Schlacht im Morgarten
(1315). Zwei Tage nach derselben kamen Abgeordnete aus den
drei Urcantonen in Brunnen, das am östlichen Ufer des Vier-
waldstädtersees in Schwyz herrlich gelegen ist, zusammen und
schloffen den ewigen Bund, eine Vereinigung, welche dem all-
gemeinen Schweizerbunde zu Grunde liegt.
Wgs Leopold nicht gelungen war, wollte 70 Jahre später
14*
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Landenberg Oestreich Leopold Leopold Roth Leopold Leopold
212
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
seines Bruders Sohn, auch ein Leopold von Oestreich, auf
einem andern Wege versuchen. Er zog auch mit einer auserlese-
nen Schaar von Rittern und ihren Knechten in das Schweizer-
land, aber auf Luzern zu. Bei Sempach erwarteten ihn die
Schweizer, nur etwa 1400 Mann und mit schlechten Waffen.
Viele hatten kurze Schwerter, oder Morgensterne, oder Hellebar-
den; eine Lanze hatte Keiner; Viele hatten sich kleine Breter statt
der Schilde an den linken Arm gebunden. Manche trugen die-
selben Waffen, die schon bei Morgarten gute Dienste gethan hat-
ten, aber hier nicht auszureichen schienen. Leopold dachte an
seines Oheims Schicksal und die Verwirrung, die damals durch
die scheuen Pferde entstanden war. Seine Ritter mußten abstei-
gen und so durch das Feld einherziehen. Er war voll hohen
Muthes; man warnte ihn, sich nicht zu weit vorzuwagen; da
antwortete er: ,,Soll denn Leopold von weitem zuschauen, wie
seine Ritter für ihn sterben? Hier in meinem Lande will ich mit
euch siegen oder umkommen!" — Aber auch die Schweizer ver-
zagten nicht. Der Gott, der ihnen bei Morgarten beigestanden
hatte, konnte sie auch jetzt retten und den kleinen Haufen gegen
den übermächtigen Feind stark machen. Sie fielen Angesichts des
Feindes nieder aus die Kniee und beteten zu Gott; so war es ein
alter Gebrauch unter ihnen. Nun rannten sie in vollem Unge-
stüme auf den Feind mit lautem Kriegsgeschrei. Aber sie wur-
den enipsangen von einer Mauer von Schilden und einem Walde
hervorragender Lanzen; denn in einen tiefen und breiten Haufen
hatten sich die Ritter gestellt, Mann an Mann, so dicht, daß die
kurzen Waffen der Schweizer keinen erreichen konnten. Und in
dem Augenblicke schwenkten sich die beiden Flügel, um das Häus-
chen wie durch einen halben Mond einzuschließen, und rückten
mit fürchterlichern Wafsengerassel heran. Da standen die Schweizer
unthätig. Was war zu thun? Vorwärts wehrten die Lanzen,
zurück wollten sie nicht, und 60 Schweizer waren schon erschlagen.
Diesen Augenblick banger Unentschlossenheit entschied ein Mann
aus Unterwalden, Arnold Struth an von Winkelried. Er
sprach zu seinen Landsleuten: „Wartet, ich will euch eine Gasse
machen!" — sprang plötzlich aus den Reihen, rief mit lauter
Stimme: „Treue, liebe Eidgenossen! sorgt für mein Weib und
meine Kinder!" — lief gegen den Feind, umschlang mit seinen
starken Armen so viele Spieße, wie er zu fassen vermochte, be-
grub sie in seine Brust und drückte sie, da er ein großer, starker
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Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Oestreich Leopold Leopold Leopold Leopold Leopold Arnold_Struth Winkelried
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sempach Unterwalden
Schlacht bei Sempach und Näfels. L13
Mann war, im Fallen mit zu Boden. Plötzlich stürzten seine
Kriegsgesellen über seinen Leichnam in die Reihen der Ritter hin,
schlugen auf die Wehrlosen rechts und links und machten sich
Bahn, während andere Schweizer sie eilig verstärkten. Die Hitze
des Tages war so groß — es war der 9. Juli —, daß manche
Ritter im Gedränge erstickten. Das Gefecht wurde immer hefti-
ger; denn nun stritten Mann gegen Mann. Viele edle Herren
wurden hier erschlagen. Da sprach Leopold: „Es ist so mancher
Graf und Herr mit mir in den Tod gegangen; ich will mit ihnen
ehrlich sterben!" Von Wehmuth und Verzweiflung hingerissen,
stürzte er sich in die feindlichen Haufen und fand den gesuchten
Tod. Als die Schaaren ihren Herzog nicht mehr sahen, verloren
sie die letzte Hoffnung. Sie sahen sich eilig nach ihren Pfer-
den um.
„Pferde her! Pferde her!" riefen sie; aber nur Wenige konnten
sie schnell genug erreichen. Sechshundertsechsundfunfzig Grafen,
Herren und Ritter fanden hier, in der Schlacht von Senipach
(1386), ihren Tod, die vielen Knappen ungerechnet. Welche wilde
Tapferkeit die Schweizer beseelte, davon nur ein Beispiel: Die
Einwohner der Stadt Zofingen hatten ihr Banner (Fahne) ihrem
Schultheiß (Bürgermeister), Nikolaus Gutt (oder Thut), anver-
traut. Als er von den Feinden umringt wurde und keine Ret-
tung sah, dachte er nur, das Banner zu retten, um seiner Stadt
die Schande zu ersparen. Er riß das Zeuch in viele Stücke, den
Stock aber faßte er mit den Zähnen fest; so fand man seine
Leiche. Seit der Zeit ließen die Bürger von Zofingen ihre
Schultheißen schwören, das Banner der Stadt so zu hüten wie
Nikolaus Gutt.
Der bei Sempach gefallene Herzog Leopold hinterließ einen
Sohn, Leopold den Stolzen. Dieser 17jährige Jüngling
schickte 1388 wieder einen Haufen Oestreicher, der durch viele
Ritter aus der Schweiz, die-es mit Oestreich hielten, verstärkt
wurde, in die Schweizer Alpen, diesmal auf Glarus zu. Eilig
sammelte sich hier der Landsturm; auch Urner, Unterwälder, Ln-
zerner und Schwyzer eilten herbei. Man traf in der Schlacht
bei Näfels unweit Glarus auseinander. Die Oestreicher wur-
den geschlagen und versprengt, und Viele fanden ihren Tod. Nun
erst ließ sich Oestreich herab, mit den Helvetiern einen Frieden,
zu schließen.
Der Bund der drei Waldstädte, welchen Stauffacher, Fürst
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Wehmuth Nikolaus Nikolaus Leopold Leopold Leopold Leopold Oestreich Oestreich
54 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
aber es war kein rechter Ernst und keine Einigkeit unter ihnen-
Sie wurden nach einiger Gegenwehr geschlagen und Bern, Frei-
burg und Solothurn besetzt. Jetzt wollten sie die ganze Schweiz
umkehren. Da traten die Waldstädte, die einst so mannhaft
gegen Oestreich und Burgund gekämpft hatten, zusammen, den
treulosen Angriff abzutreiben. Aber — es waren nicht mehr
die alten Schweizer. Es fehlte auch hier an Einigkeit und Ver-
trauen, und auch sie mußten nun den Einmarsch der verhaßten
Franzosen dulden, welche die alte Eintheilung in 13 Cantons
aufhoben und die Schweiz nach französischem Muster in eine
einzige Republik verwandelten, die nun ganz von Frankreich ab-
hängig blieb.
Kaiser Franz hatte den Frieden von Campo Formio so schnell
und übereilt geschlossen, daß dabei das verlassene deutsche Reich
ganz übergangen war. Das mußte nun also für sich allein mit
den Franzosen unterhandeln. In Rasta dt, einer kleinen Stadt
im Badenschen, eine Stunde vom Rhein, kamen deutsche und
französische Unterhändler zusammen. Das Erste, was die un-
verschämten Franzosen verlangten, war, daß die Deutschen ihnen
alle Länder, die sie auf dem linken Rheinufer gehabt hatten,
abtreten sollten. „Aber," sagten Die, welche dabei verloren,
„wie kommen wir dazu, allein verlieren zu sollen?" — „Ihr sollt
entschädigt werden!" antworteten die Franzosen; und als man
fragte: wovon? so machten sie den Vorschlag, den geistlichen
deutschen Fürsten, z. B. den Kurfürsten von Mainz, Trier und
Cöln, dem Erzbischöfe von Salzburg u. s. w., ohne Weiteres ihre
Länder zu nehmen und davon die Entschädigungen zu bestreiten.
Die Deutschen willigten endlich ein; aber kaum war eine Be-
dingung bewilligt, so waren die Franzosen schon wieder mit einer
neuen da, und machten die Deutschen nur einige Schwierigkeit,
so wurde ihnen gleich gedroht und sie daran erinnert, daß sie
wehrlos wären. Dabei zogen die Franzosen die Unterhandlungen
bis ins zweite Jahr hin, und wenn die Deutschen darüber klagten,
so warfen sie ihnen vor, sie, die Deutschen, wären schuld daran,
weil sie sich nicht schnell genug in alle Forderungen fügten. End-
lich glaubten diese Alles überstanden zu haben, und nahmen den
ihnen dictirten Frieden an. Allein nun trat Kaiser Franz wieder
aus, um den Krieg mit Frankreich zu erneuern. Das übermüthige
Betragen der Franzosen gegen den Papst, die Schweiz und in
Rastadt bewies ihm, daß man bei ihnen auf keine Treue und
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Extrahierte Personennamen: Ernst Oestreich Franz Franz Campo_Formio Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bern Solothurn Burgund Frankreich Rhein Mainz Salzburg Frankreich Rastadt
94
Neueste Geschichte. 2. Periode. Freiheitskampf.
Ihrigen, mittellose Männer überließen Weib und Kind dem
Schutz des Höchsten, um nicht zurückzubleiben bei dem allgemeinen
begeisterten Beginnen. Wer aber am Kampfe selbst nicht Theil
nehmen konnte, die Greise, die Kinder und besonders die Frauen,
sie wetteiferten dennoch in Thaten freudiger Hingebung für das
gemeinsame Werk: willig opferten sie ihr Hab und Gut, oder
halfen mit ihrer Hände Arbeit die zahlreichen Kriegsbedürfnisse
für die so schnell gerüstete Armee beschaffen. Die Frauen legten
ihr silbernes Geräthe und ihren Schmuck auf dem Altar des
Vaterlandes nieder, die Kinder gaben freudig ihre kleinen Er-
sparnisse hin, selbst die Jungfrauen, bis zur Dienstmagd herab,
opferten, was sie irgend darzubringen vermochten, und diejenigen,
welche gar nichts Anderes hatten, schnitten ihr Haar ab, um den
Preis des daraus gefertigten künstlichen Geflechts für das Vater-
land hinzugeben. Ueberall aber halfen die Frauen den Muth
und die Begeisterung der in beit Kampf ziehenden Männer an-
feuern, und die Herzen, welche sonst bei solchem Abschied schmerz-
lich beklommen sind, schlugen höher und freudiger in dem Be-
wußtsein der großen That der Befreiung, an welcher ihre Theu-
ersten Theil haben sollten. Das Andenken an die treffliche, zu
früh verstorbene Königin Luise und an die tiefen Kränkungen,
welche der fremde Gewalthaber ihr zugefügt hatte, trug nicht
wenig dazu bei, solchen patriotischen Eifer zu beleben. An ihrem
Geburtstage (10. März) stiftete der König den Orden des ei-
sernen Kreuzes, des ehrwürdigen Denkzeichens für kriegerische
Auszeichnung in jenein Befreiungskämpfe.
Was diese allgemeine Erhebung besonders auszeichnete und
was dieselbe für Jahrzehende hinaus, bis in unsere Tage segens-
reich gemacht hat, das ist der sittliche Ernst jener Begeisterung,
welcher ein ganzes Volk damals über alles Unedle oder Gemeine
erhob, und den Geringsten, wie den Höchsten für die edelsten,
besten Regungen und Ideen allein empfänglich machte. Alle
schlechten Leidenschaften traten zurück vor dem überwältigenden
Zug großartigen Strebens, Glaubens und Höffens, und dem ge-
sammten Volke wurde eine Weihe von oben zu Theil, wie selten
in der Geschichte der Völker.
Wie in Preußen, so regte es sich bald auch in andern Theilen
Deutschlands; nicht überall konnten die deutschen Stämme sich,
wie die Preußen, auf eines geliebten Fürsten Ruf erheben, aber
vom ersten Augenblick an eilten Männer und Jünglinge aus
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Flucht der königlichen Familie.
17
Die verunglückte Flucht brachte den armen König um das
letzte Ansehen, und die Cordeliers und Jacobiner drangen schon
jetzt darauf, ihn (Monsieur Louis Bourbon, wie sie ihn gering-
schätzig nannten) abzusetzen. Diesmal wurden sie noch von den
Gemäßigteren (den Feuillants), an deren Spitze Lafayette
stand, überstimmt, die nun aus dem Jacobinerclub austraten,
weil sie sich schämten, mit den wilden Revolutionsmännern zu-
sammenzusitzen. Es wurden nun strenge Maßregeln zur Bewa-
chung der königlichen Familie getroffen. Die Königin durfte die
Thüre ihres Schlafzimmers nicht mehr zumachen, damit der wacht-
habende Offizier sie beständig vor Augen habe. Als der König
sie einst zumachte, öffnete der Offizier sie sogleich wieder und
sagte kalt: „Sie machen sich eine unnütze Mühe, wenn Sie die
Thüre schließen."
Indessen war die neue Verfassung beendigt. Sie wurde
dem Könige vorgelegt und von ihm genehmigt. Sie enthielt wohl
manches Gute, aber auch viel neue Grundsätze, von denen man
noch nicht wußte, ob sie würden ausgeführt werden können, und
das Verderblichste war, daß man darin ganz deutlich den Grund-
satz ausgesprochen hatte, das Volk allein habe das Recht, unum-
schränkt zu gebieten und dem Könige nur so viel Macht einzuräu-
men, wie es wolle. Als der König aus der Nationalversammlung
nach Hause kam, sah er leichenblaß aus, so daß die Königin ei-
nen Schrei des Entsetzens ausstieß. Er warf sich aufs Sopha,
bedeckte die Augen mit dem Schnupftuche und rief schmerzlich aus:
„Es ist Alles verloren!" Die Königin kniete vor ihm nieder und
suchte ihn vergebens zu beruhigen.
Die unglückliche Lage des Königs erweckte jetzt überall in
Europa Mitleiden. Alle Könige nahmen warmen Antheil an sei-
nen Leiden, und wünschten ihn daraus zu befreien. Ihr wohl-
meinender Eifer wurde theils durch die Bitte der ausgewander-
ten Prinzen und Anderer vom Adel und der Geistlichkeit, theils
durch die Eingriffe der Franzosen in das Eigenthum deutscher
Fürsten noch mehr angefeuert; denn alle die Besitzungen, welche
deutsche Fürsten im Elsaß und Lothringen hatten, waren von der
Nationalversammlung eingezogen worden.
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 13. Ausl. 2
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188
Neueste Geschichte. 4. Periode. Preußen.
Willen aussprach, dieselben mit Gottes Hülfe zu erfüllen; als er
gelobte: „ein gerechter Richter, ein treuer, sorgfältiger, barmherziger
Fürst, ein christlicher König zu sein" wie sein unvergeßlicher
Vater; als er in Königsberg die schönen Worte sprach: „Bei
uns ist Einheit an Haupt und Gliedern, an Fürst und Volk,
im Großen und Ganzen herrliche Einheit des Strebens aller
Stände nach einem schönen Ziele: nach dem allgemeinen Wohl
in heiliger Treue und wahrer Ehre!" — und in Berlin: „Ich
gelobe mein Regiment in der Furcht Gottes und in der Liebe
der Menschen zu führen, mit offenen Augen, wenn es die Be-
dürfnisse meiner Völker, mit geschlossenen, wenn es die Gerechtigkeit
gilt. — Ich will vor Allem dahin trachten, dem Vaterlande die
Stelle zu sichern, auf welche es die göttliche Vorsehung durch
eine Geschichte ohne Beispiel erhoben hat, auf welcher Preußen
zum Schilde geworden ist für die Sicherheit und für die Rechte
Deutschlands. In allen Stücken will ich so regieren, daß man
in mir den echten Sohn des unvergeßlichen Vaters, der unver-
geßlichen Mutter erkennen soll, deren Andenken von Geschlecht
zu Geschlecht in Segen bleiben wird."
Schon zu Königsberg waren jedoch einige Mißtöne mitten
in der allgemeinen Freude laut geworden; bei der Versammlung
der preußischen Stände war eine Adresse an den König beschlossen
worden, in welcher er zwar in der Form einer vertrauensvollen
Bitte, aber doch sehr nachdrücklich an das Versprechen seines
Vaters erinnert wurde, eine ständische Verfassung für Preußen
ins Leben zu rufen. Der König erwiederte darauf im Wesent-
lichen, daß schon sein Vater in Betracht der Ergebnisse, welche
er in andern Ländern wahrgenommen, den Gedanken einer all-
gemeinen Volksvertretung aufgegeben, dagegen in Ueberein-
stimmung mit der geschichtlichen Entwickelung Preußens allen
Theilen der Monarchie Provinzial- und Kreisstände gegeben
habe. Dieses Werk immer treu zu pflegen und einer für das
geliebte Vaterland immer ersprießlichern Entwickelung entgegen
zu führen, sei eine der wichtigsten und theuersten Pflichten seines
königlichen Berufs. Er fügte hinzu: „Unsere getreuen Stände
können in vollem Maße unsern Absichten über die Institution
der Landtage vertrauen."
Solches „Vertrauen" aber entsprach den Gesinnungen der
radicalen Partei keineswegs; nach kurzer Zeit erschien in Kö-
nigsberg die Schrift eines jüdischen Arztes Jacoby: „Vier Fra-
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Extrahierte Ortsnamen: Gottes Königsberg Berlin Gottes Deutschlands Königsberg Wesent-
51
Luther und Zwingli auch der edle Melanchthon eknfand. Luther
behandelte seinen Gegner liebevoll und freundlich, vereinigte sich
auch mit ihm über die Hauptlehren des Christenthums; nur was
die Abendmahlslehre betrifft, blieb Jeder bei seiner Meinung,
aber sie schieden mit dem Versprechen, sich dennoch christlich zu
lieben. Das geschah in demselben Jahre, in welchem der Name
der Protestanten aufkam.
Zwei Jahre darauf brach der Haß zwischen den katholischen
Cantons der Schweiz und dem evangelisch gesinnten Zürich in
einen erbitterten Krieg aus, und Zwingli erhielt vom züricher
Rathe den Ruf, als Feldprediger mitzureiten. Vor seiner Woh-
nung auf dem Stiftsplatze sammelte sich das Kriegsvolk. Das
Pferd, welches ihn tragen sollte, ward herbeigeführt; er schnallte
sich den Panzer um, und sprach nun zu seiner treuen Frau:
„die Stunde ist gekommen, daß wir uns trennen! es sey so!
der Herr will es so! Er sey mit dir, mit mir und mit den
Unfern!" Und als er sie zum letzten Male in seine Arme schloß,
und sie vor Schmerz kaum sprechen konnte, blickte sie weinend
gen Himmel, und fragte: „und wir sehen uns wieder?" —
„Wenn der Herr es will," antwortete Zwingli voll festen Ver-
trauens; „sein Wille geschehe!"„Und was bringst du zurück,
wenn du kömmst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler
Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Dann küßte er die Klei-
nen, riß sich los, und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit ge-
preßtem Herzen nach, und als er um die Ecke der Straße bog,
und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte, — da hatten
sich Beide hienieden das letzte Mal gesehen.
Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen
Kammer auf die Knie, und betete zu dem, der im Gebete Kraft
giebt: „Vater, nicht mein, dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt
diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die
Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekom-
men sey.
Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappel, nahe am Rigi-
berge, zur Schlacht gekommen. Die Zürcher wurden von der
Uebermacht der katholischen Cantons besiegt; auch Zwingli, der
unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wunden bedeckt, sein
Pferd getödtet, zuletzt sank er selbst nieder. Ein Kriegsknecht
4*
é
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Extrahierte Personennamen: Melanchthon Zwingli Zwingli Anna Cappel
172
fühlte die Kraft eines erfahrnen Mannes in sich. Wirklich ge-
hörte er auch zu den Leuten, die Alles mit Geschick angreifen,
und die sich in jeder Lage wie zu Hause befinden. Zuerst ließ
er sich von den Griechen zum Oberfeldherrn, wie sein Vater, be-
stätigen; die Griechen thaten es mit der ihnen eignen Geschmei-
digkeit, aber mit Haß im Herzen. „Müßten wir nur nicht!"
dachten sie. Dann zog er gegen seine nördlichen und westlichen
Nachbaren, lauter rohe Nationen, zu Felde, und warf Alles
vor sich nieder. Denn sein Vater schon hatte eine neue Art,
die Soldaten so zu stellen, daß ihrem Stoße nichts widerstehen
konnte, erfunden. Er stellte nämlich 8000 Mann in 16 lange
Reihen, so daß in jeder Linie 600 Mann standen, alle ganz
dicht auf einander. Jeder Soldat hatte eine lange Lanze, die
er vorstreckte, wodurch das Ganze eine unbiegsame Festigkeit
bekam; denn Keiner konnte nun einzeln heraustreten, sondern
mußte der Richtung des ganzen Haufens folgen. Bewegte sich
dieser nun vorwärts, so warf er mit dem Walde von Lanzen,
der aus den Gliedern hervorragte, Alles darnieder. Diese Stel-
lung nannte man eine Phalanx. Ihr verdankte Alexander die
meisten feiner Siege. Während er nun sich noch mit den wil-
den Nachbarn herumschlug, kam das Gerücht nach den griechi-
schen Städten: Alexander sey todt. Die unklugen Griechen,
statt die Bestätigung erst abzuwarten, konnten ihre Freude
darüber nicht bändigen. Sie fangen und sprangen wie unsin-
nig, und die Thebaner schlugen theils die macedonische Besa-
tzung todt, theils jagten sie sie fort. Aber als sie noch in ihrer
besten Freude waren, erschien — Alexander. Er war nichts we-
niger als todt, ging rasch auf Theben los, und alle Griechen
erstarrten vor Schrecken. Die Thebaner machten allein Miene
sich zu wehren, allein ihr Heer wurde aus einander gesprengt,
und düngte mit seinem Blute das Schlachtfeld. Dann nahm
er hurtig die Stadt ein, und, um den übrigen griechischen Städ-
ten an einem abschreckenden Beispiele zu zeigen, wie gefährlich
es sey, ihn zu reizen, ließ er die ganze Stadt zerstören, so daß
nur die Tempel und das Haus des Pindar, eines berühmten
Odendichters etwa 600 Jahre vor Christus, stehen blieben. Desto
gnädiger war er gegen die andern griechischen Städte, die frei-
lich auch die besten Worte gaben, und dies Mal mit dem Schre-
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Christus