155
sinn und der Bildnngstrieb dieses Geschlechts; doch fehlt ihm die edle Gesinnung des Vaters.
1. Aussöhnung mit Heinrich dem Löwen. Derselbe war aus England, wohin er verbannt worden war, zurückgekehrt und hatte sich an die Spitze der Fürsten gestellt, die sich gegen Heinrich Vi. zu Anfang seiner Regierung erhoben. Da der Kaiser seine Kräfte für Italien brauchte, schloß er mit Heinrich dem Löwen einen Vertrag, der später zur Aussöhnung mit den Welfen führte. Heinrich der Löwe starb nach einen: ruhigen Lebensabend 1195.
2. Züge nach Italien. Nach den: Tode des Königs von Apulien und Sizilien erhob Heinrich Vi. Ansprüche auf das Erbe seiner Gemahlin. Aber die Normannen wählten einen unechten Nachkommen des Königsstammes. Der Kaiser mußte wegen Krankheiten in seinem Heere umkehren, rüstete aber von dem Lösegelde Richard Löwenherz' einen neuen Feldzug, auf dem er Italien eroberte. Eine Verschwörung der normannischen Großen rächte er durch grausame Hinrichtungen.
3. Versuch, ein Erdreich herzustellen. Nach der Rückkehr trat Heinrich mit dem Plane einer Verfassungsänderung vor: Deutschland sollte aus einem Wahlreiche eine Erbmonarchie werden. Der Kaiser bot den Fürsten dafür manche Vorteile, aber der Plan scheiterte, namentlich an dem Widersprüche der geistlichen Fürsten.
4. Resultat seiner Regierung. Heinrich Vi. behauptete fast eine Weltherrschaft. Für die Freilassung Richards erhielt er die Lehnsherrlichkeit über England; das oströmische Reich, Nordafrika, Cypern, ja Armenien zahlten ihm Tribut. Schon war sein Plan, das griechische Reich zu erobern, da ereilte ihn der Tod.
Iv. Mikipp von Schwaben, 1198-1208, und Htto Iv., 111)8—1215.
1. Der Thronstreit. Da der Sohn Heinrichs Vi. bei dessen Tode erst 3 Jahre alt war, so wählte die hohenstanfische Partei Heinrichs Bruder, Philipp von Schwaben, zum Kaiser. Die Gegenpartei aber, mit dem mächtigen Erzbischöfe von Köln an der Spitze, erhob Otto Iv., einen Sohn Heinrichs des Löwen,
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_dem_Löwen Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Heinrich_dem_Löwen Heinrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Richard_Löwenherz' Heinrich Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Richards Htto_Iv. Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Philipp_von_Schwaben Philipp Otto_Iv. Otto_Iv. Heinrichs Heinrichs
Extrahierte Ortsnamen: England Italien Italien Apulien Sizilien Italien Deutschland England Nordafrika Cypern Schwaben
435
uerte sich in wiederholten Aufstnden. Die Nachricht von den Freiheitskmpfen in Amerika und die franzsische Revolution veranlaten neue Bewegungen, welche die Regierung 1801 durch eine Verschmelzung des irischen Parlaments mit dem englischen niederzuhalten versuchte. O'counell (o-knnel), der mutige Fhrer der Iren, setzte es durch, da das englische Parlament die von Pitt versprochene politische Selbstndigkeit der Katholiken zum Gesetz erhob. Einige Jahre spter wurde der Kirchenzehute abgelst, den die katholische Bevlkerung Irlands an die protestantische Kirche zu zahlen hatte. Da aber die Lage der armen irischen Pchter immer noch sehr traurig war, beruhigte sich das Land nicht. Neben der gemigten Partei O'connells entstand nach der franzsischen Februarrevolution die revolutionre irische Liga". Diese trat mit dem Geheimbunde der Ferner" in Verbindung, der sich von Amerika, wohin sehr viele Iren ausgewandert waren, nach Irland verbreitet und die gewaltsame Losreiung Irlands von England zum Ziele hatte. Nach der Unterdrckung der Ferner traten die irischen Mitglieder des Parlaments zu einer besonderen Partei zusammen, deren Ziel Homerule" (hohmruhl, von home = Haus, Heimat und rule Herrschaft), d. h. die Selbstregierung Jrlauds durch ein eigenes Parlament und ein diesem verantwortliches Ministerium ist.
Der Knigin Viktoria, die 1901 starb, folgte ihr Sohn Eduard Vii.
5. sterreich.
Nachdem im Jahre 1867 zwischen sterreich, das der unglckliche Krieg mit Preußen schwer erschttert hatte, und dem nach Selbstndigkeit strebenden Ungarn ein Ausgleich" zustande gekommen war (S. 410), fhrt das Reich den Namen sterreichisch- Ungarische Monarchie".
Da auch die anderen Volksstmme des Reiches, besonders die Tschechen, nationale Selbstndigkeit fordern, vermag sterreich-Ungarn innerlich nicht zur Ruhe zu kommen. Nach dem rnsfisch-trkischen Kriege nahm sterreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina in Verwaltung (1878), doch forderte die Besetzung des Landes schwere Opfer.
Im Jahre 1879 schlo sterreich-Ungarn mit dem Deutschen Reiche ein Schutz- und Trutzbndnis, dem 1883 Italien beitrat (Dreibund). Seit dem Tode des Kronprinzen Rudolf (1889) ist Franz Ferdinand, der Neffe des Kaisers, der mutmaliche Thronfolger. Die Gemahlin Franz Josephs I., die Kaiserin Elisabeth, wurde im Jahre 1898 von einem italienischen Anarchisten in Genf ermordet.
6. Rußland und die orientalische Frage.
a. Kukan. Der Zar Alexander Ii., 18551881, hotte sich nach Beendigung des Krimkrieges bemht, wieder freundschaftliche Beziehungen mit den brigen Mchten herbeizufhren, um im
28*
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Extrahierte Personennamen: Eduard_Vii Eduard Rudolf_( Rudolf Franz_Ferdinand Franz Ferdinand Franz_Josephs_I. Franz Elisabeth Kukan Alexander_Ii Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Irlands Amerika Irland Irlands England Ungarn Bosnien Italien Genf
80 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland.
aber der Papst seine Behauptung so keck hinstellte und sie in der
Geschichte der Vorzeit nicht sehr bewandert waren, so dachten sie:
,,Er muß doch wohl wissen, was er sagt!" und unterwarfen sich.
Und so machte es Gregor mit mehreren Fürsten. Ueber Kaiser
Heinrich erklärte er sich, er habe die Absicht, ihn nächstens durch
Gesandte zu unterweisen, was er zum Heile der Kirche und zur
Ehre der königlichen Würde zu thun habe. Werde er auf seine
Vorschriften hören, so würde er sich freuen; wenn er aber ihm
Ungehorsam bewiese, so würde er ihm zeigen, was er vermöchte.
Heinrich war damals in einer sehr mißlichen Lage, in die er
sich aber selbst gestürzt hatte. Die Sachsen sahen jetzt deutlich,
daß er sie ganz zu Boden drücken wollte. Alle Tage stürzten
die königlichen Kriegsknechte wie Räuber über das Eigenthum
der Sachsen her, forderten willkürlich Zölle und Abgaben, führ-
ten ganze Heerden hinweg, zwangen die Einwohner als Knechte
zu dienen, und wenn Einer nur murrte, wurde er gleich ins
Gefängniß geworfen, aus dem Niemand anders loskam, als mit
Hingebung seines ganzen Vermögens. Klagte man beim Kaiser,
so erhielt man kein Gehör oder wurde mit schnöden Worten
zurückgeschickt. Einmal berief Heinrich alle sächsischen Fürsten
nach Goslar, mit ihnen Wichtiges zu berathen. Alle kamen und
warteten aus das Erscheinen des Kaisers. Sie warteten eine
Stunde und wieder eine, bis endlich ganz spät am Abend ihnen
ein Höfling den Bescheid brachte, sie könnten nur wieder aus-
einander gehen, der Kaiser habe keine Zeit. Zugleich erfuhren
sie, er habe indessen am Würfelspiele gesessen! So unklug rannte
Heinrich in sein Unglück hinein!
Die Sachsen traten zusammen und rathschlagten, was zu
thun sei. Viele wollten gleich dareinschlagen; aber die Vernünf-
tigeren wollten noch einmal erst den Weg der Güte versuchen.
Sie schickten drei Abgeordnete an Heinrich, der eben wieder in
Goslar war. Sie sprachen: „Adeligster König! Das Volk der
Sachsen, welches keiner Nation an Muth wie an Treue nachsteht,
bittet dich, die Rechte der Altväter, die alte Freiheit des Landes,
ihm wiederzugeben. Ausländer und Dürftige maßen sich mit
Gewalt unsere Güter an und entziehen Eingeborenen die Wal-
dungen, Weiden und Heerden. Lässest du uns nach vaterländi-
scher Sitte leben, so wird kein Volk in Deutschland und Frank-
reich treuer und ergebener gefunden werden." — Das war gut
und vernünftig gesprochen. Heinrich aber fuhr sie stolz an und
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Goslar Sachsen Goslar Sachsen Deutschland Frank-
Erster Kreuzzug.
109
liegende Habe dem nächsten Kloster zu verschreiben u. s. w. Nie-
mand gewann dabei mehr als die Kirchen und Klöster, und die
Juden. Jene nahmen die Güter und Häuser der Kreuzfahrer in
Verwahrung und behielten sie, wenn die Besitzer nicht wieder-
kamen, oder sie bekamen auch wohl Güter geschenkt, um für die
glückliche Reise der Schenker Zu beten. Diese aber schafften gegen
ungeheuere Zinsen baares Geld herbei, was bei dem allgemeinen
Bedürsnisse bald zu fehlen anfing, und mancher Kreuzfahrer ver-
schleuderte seine Besitzungen ums halbe Geld, uur um etwas nüt-
nehmen zu können. Manche Fürsten selbst verkauften ihr Für-
stenthum, weil sie nie wiederkehren, sondern sich dort von den
Ungläubigen ein neues erkämpfen wollten.
So brach das Jahr 1096 an, in welchem der Zug sich in
Bewegung setzen sollte. Wer beschreibt das wilde Gewühl, das
man auf allen Straßen sah! Es war, als wenn eine neue Völ-
kerwanderung -begonnen hätte. An allen Orten sah man Zelte
und Fahnen und Waffen von der mannigfaltigsten Art, und alle
Landstraßen und Flüsse waren mit Kreuzfahrern bedeckt, die ju-
belnd den Sammelplätzen zuzogen. „Gott will es haben!" hörte
man überall als Losungswort rufen.
Unter allen den hohen Häuptern, welche sich zum Zuge ent-
schlossen hatten, war Keiner, zu dem man mehr Vertrauen hatte,
als Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen
(Belgien), der von der Schlacht bei Merseburg her noch bekannt
ist. Vor dessen Burg erschien schon in den ersten Tagen des
Frühlings unvermuthet Kukupeter mit einer großen Schaar nichts-
nutzigen Gesindels; denn dieses Volk hatte keine großen Vor-
bereitungen zu machen gehabt und nur auf die ersten Strahlen
der Frühlingssonne gewartet, um fortzuziehen. Der edle Gott-
fried erschrak, als er den ungeschlachten Haufen sah. Mit solchen
Leuten mochte er nicht ziehen. „Geht nur voran!" rief er ihnen
zu, „ich bin noch nicht bereit. Bald komme ich nach. Vor den
Thoren von Constantinopel treffen wir wieder zusammen!" —
Peter ließ es sich gefallen; jubelnd zog die Schaar ab. Aber sie
war so groß, daß Peter sie theilte. Zwanzigtausend der Un-
geduldigsten zogen voran unter Anführung eines Ritters aus
Burgund, den man seiner Armuth wegen Walther Habe-
nichts nannte.
Um nach Constantinopel zu gelangen, mußten die Kreuz-
fahrer durch Deutschland, Ungarn und Bulgarien ziehen. Die
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von_Bouillon Peter Peter
Schlacht bei Sempach und Näfels. L13
Mann war, im Fallen mit zu Boden. Plötzlich stürzten seine
Kriegsgesellen über seinen Leichnam in die Reihen der Ritter hin,
schlugen auf die Wehrlosen rechts und links und machten sich
Bahn, während andere Schweizer sie eilig verstärkten. Die Hitze
des Tages war so groß — es war der 9. Juli —, daß manche
Ritter im Gedränge erstickten. Das Gefecht wurde immer hefti-
ger; denn nun stritten Mann gegen Mann. Viele edle Herren
wurden hier erschlagen. Da sprach Leopold: „Es ist so mancher
Graf und Herr mit mir in den Tod gegangen; ich will mit ihnen
ehrlich sterben!" Von Wehmuth und Verzweiflung hingerissen,
stürzte er sich in die feindlichen Haufen und fand den gesuchten
Tod. Als die Schaaren ihren Herzog nicht mehr sahen, verloren
sie die letzte Hoffnung. Sie sahen sich eilig nach ihren Pfer-
den um.
„Pferde her! Pferde her!" riefen sie; aber nur Wenige konnten
sie schnell genug erreichen. Sechshundertsechsundfunfzig Grafen,
Herren und Ritter fanden hier, in der Schlacht von Senipach
(1386), ihren Tod, die vielen Knappen ungerechnet. Welche wilde
Tapferkeit die Schweizer beseelte, davon nur ein Beispiel: Die
Einwohner der Stadt Zofingen hatten ihr Banner (Fahne) ihrem
Schultheiß (Bürgermeister), Nikolaus Gutt (oder Thut), anver-
traut. Als er von den Feinden umringt wurde und keine Ret-
tung sah, dachte er nur, das Banner zu retten, um seiner Stadt
die Schande zu ersparen. Er riß das Zeuch in viele Stücke, den
Stock aber faßte er mit den Zähnen fest; so fand man seine
Leiche. Seit der Zeit ließen die Bürger von Zofingen ihre
Schultheißen schwören, das Banner der Stadt so zu hüten wie
Nikolaus Gutt.
Der bei Sempach gefallene Herzog Leopold hinterließ einen
Sohn, Leopold den Stolzen. Dieser 17jährige Jüngling
schickte 1388 wieder einen Haufen Oestreicher, der durch viele
Ritter aus der Schweiz, die-es mit Oestreich hielten, verstärkt
wurde, in die Schweizer Alpen, diesmal auf Glarus zu. Eilig
sammelte sich hier der Landsturm; auch Urner, Unterwälder, Ln-
zerner und Schwyzer eilten herbei. Man traf in der Schlacht
bei Näfels unweit Glarus auseinander. Die Oestreicher wur-
den geschlagen und versprengt, und Viele fanden ihren Tod. Nun
erst ließ sich Oestreich herab, mit den Helvetiern einen Frieden,
zu schließen.
Der Bund der drei Waldstädte, welchen Stauffacher, Fürst
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Wehmuth Nikolaus Nikolaus Leopold Leopold Leopold Leopold Oestreich Oestreich
Sundzoll. Neuenburger Angelegenheit.
279
Totalsumme von 30,476,825 Reichsthaler (wovon 4,440,027 Reichs-
thaler auf Preußen kamen) abgelöst wurden.
Die Nenenburger Angelegenheit war seit dem Jahr 1848
als ein untergeordneter Gegenstand in der Schwebe geblieben.*)
*) Die Geschichte der preußischen Souveraiuctät über Neuenburg ist fol-
gende: Das Schloß Neuenburg, im 9. Jahrhundert erbaut, kam mit dem bnr-
gundischen Reiche 1032 unter die Lehnshohcit des deutschen Kaisers Konrad Ii.
Kaiser Friedrich I. belich Ulrich Iii. von Neuenburg mit mehreren andern
Landestheilen, von denen 1218 ein Theil gegen das Val Travers vertauscht
ward, welches dem Grafen von Chalons lehnspflichtig war. Graf Johann von
Chalons erhielt das ganze Neuenbnrger Gebiet von seinem Schwager, Kaiser
Rudolph von Habsburg, zu Lehen, und übertrug es als Afterlehen an Rolin
von Neuenburg (1288) und zwar (1311) als erblich nach burgundischem Recht,
wodurch auch das weibliche Geschlecht successionsfähig wurde. So kam Neuf-
chatcl an Graf Konrad von Frciburg. Dieser schloß, sowie auch Seitens der
Stadt Neuenburg geschah, ein „Bürgerrecht" mit Bern, welches dieses unter
Anderm zum Schiedsrichter beider Theile für vorkommende Streitigkeiten machte.
Nach dem Erlöschen der Freiburge ward Neuenburg Eigenthum der Grafen
von Hochberg. Der Widerspruch des Hauses Chalons dagegen kam nicht zur
Geltung und als auch die Hochberge in der männlichen Descendenz erloschen,
brachte 1503 die Erbtochter, Johanne, Neuenburg an Ludwig von Orleans,
Herzog von Longueville, und eine Descendentin derselben, Maria, vereinigte
1579 die an Neuenburg lehnbare und ihr verpfändete Grafschaft Valengin mit
Neuenburg. Die Familie Orleans-Longueville erlosch 1707. Es meldeten sich
damals 15 Bewerber, worunter indessen kein naher Verwandter; die Ansprüche
gründeten sich vielmehr ans entfernte Verwandtschaften aus dem Hause Chalons
oder mit jenen von Orleans-Longueville. Zu den Prätensionen erster Art ge-
hörten auch die des Königs Friedrichs I. von Preußen. Diesem, seinem
Vetter (Vaters Schwester Sohn), hatte nämlich Wilhelm Iii. von Oranicn, seit
1688 König von England und Erbe des Hauses Chalons, seine Anrechte ab-
getreten und da deren Geltendmachung in den großen spanischen Succcssions-
krieg fiel, so ward sie ihm durch einen Vertrag mit dem Kaiser, der Königin
von England, den Generalstaaten und dem Herzoge von Savoyen vom 28. No-
vember 1704 gewährleistet. Zugesprochen aber erhielt Preußen die Erbschaft und
Regierung erst durch einen Schiedsspruch des höchsten Landesgerichts: Trois-
Etats von Nenenburg vom 3. November 1707, denn dieser war seit lange als
inappellables Forum über alle Thronstreitigkeiten Neuenbürgs und Balcngins
anerkannt. Ludwig Xiv. erkannte endlich im Utrechter Frieden Preußens Besitz
an, den er lange streitig gemacht hatte.
So waren die Könige von Preußen Landesherren von Neuenburg und Va-
lengin, und dieses Fürstenthum war seinerseits mit Bern, Freiburg, Solothurn
und Luzern „verburgrechtet", d. h. diese vier Cantone hatten Neuenburg und
Valengin zu schützen, aber sie waren zugleich Schiedsrichter zwischen denselben
und dem Landesherrn.
Der 15. Februar 1806 überwies das Fürstenthum Neuenburg an Napoleon,
f
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Chalons Johann Rudolph_von_Habsburg Konrad_von_Frciburg Konrad Johanne Ludwig_von_Orleans Ludwig Maria Maria Friedrichs_I. Wilhelm Ludwig_Xiv Ludwig Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Neuenburg Neuenburg Neuenburg Neuenburg Neuenburg Hochberg Neuenburg Neuenburg Neuenburg England England Nenenburg Neuenbürgs Neuenburg Freiburg Solothurn Luzern Neuenburg
54 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
aber es war kein rechter Ernst und keine Einigkeit unter ihnen-
Sie wurden nach einiger Gegenwehr geschlagen und Bern, Frei-
burg und Solothurn besetzt. Jetzt wollten sie die ganze Schweiz
umkehren. Da traten die Waldstädte, die einst so mannhaft
gegen Oestreich und Burgund gekämpft hatten, zusammen, den
treulosen Angriff abzutreiben. Aber — es waren nicht mehr
die alten Schweizer. Es fehlte auch hier an Einigkeit und Ver-
trauen, und auch sie mußten nun den Einmarsch der verhaßten
Franzosen dulden, welche die alte Eintheilung in 13 Cantons
aufhoben und die Schweiz nach französischem Muster in eine
einzige Republik verwandelten, die nun ganz von Frankreich ab-
hängig blieb.
Kaiser Franz hatte den Frieden von Campo Formio so schnell
und übereilt geschlossen, daß dabei das verlassene deutsche Reich
ganz übergangen war. Das mußte nun also für sich allein mit
den Franzosen unterhandeln. In Rasta dt, einer kleinen Stadt
im Badenschen, eine Stunde vom Rhein, kamen deutsche und
französische Unterhändler zusammen. Das Erste, was die un-
verschämten Franzosen verlangten, war, daß die Deutschen ihnen
alle Länder, die sie auf dem linken Rheinufer gehabt hatten,
abtreten sollten. „Aber," sagten Die, welche dabei verloren,
„wie kommen wir dazu, allein verlieren zu sollen?" — „Ihr sollt
entschädigt werden!" antworteten die Franzosen; und als man
fragte: wovon? so machten sie den Vorschlag, den geistlichen
deutschen Fürsten, z. B. den Kurfürsten von Mainz, Trier und
Cöln, dem Erzbischöfe von Salzburg u. s. w., ohne Weiteres ihre
Länder zu nehmen und davon die Entschädigungen zu bestreiten.
Die Deutschen willigten endlich ein; aber kaum war eine Be-
dingung bewilligt, so waren die Franzosen schon wieder mit einer
neuen da, und machten die Deutschen nur einige Schwierigkeit,
so wurde ihnen gleich gedroht und sie daran erinnert, daß sie
wehrlos wären. Dabei zogen die Franzosen die Unterhandlungen
bis ins zweite Jahr hin, und wenn die Deutschen darüber klagten,
so warfen sie ihnen vor, sie, die Deutschen, wären schuld daran,
weil sie sich nicht schnell genug in alle Forderungen fügten. End-
lich glaubten diese Alles überstanden zu haben, und nahmen den
ihnen dictirten Frieden an. Allein nun trat Kaiser Franz wieder
aus, um den Krieg mit Frankreich zu erneuern. Das übermüthige
Betragen der Franzosen gegen den Papst, die Schweiz und in
Rastadt bewies ihm, daß man bei ihnen auf keine Treue und
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Extrahierte Personennamen: Ernst Oestreich Franz Franz Campo_Formio Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bern Solothurn Burgund Frankreich Rhein Mainz Salzburg Frankreich Rastadt
82
Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich.
wollte, bisher zurückgehalten, durch ihr sanftes Wesen seine Wild-
heit gezügelt und genoß daher die allgemeinste Liebe und Achtung.
Aber theils wünschte er Kinder zu haben, die er von ihr nicht
hatte; theils hoffte er durch eine Heirath mit der Prinzessin eines
alten Hauses mehr Ansehen zu erhalten; kurz, er erklärte, „er
müsse die süßesten Gefühle seines Herzens aufopfern, nur aus
das Heil Frankreichs hören und darum seine Ehe trennen". Mit
gebrochenem Herzeil gehorchte Josephine und zog sich nun nach
Malmaison zurück, wo sie 3ya Jahr darauf starb. Napoleon
trug seine Hand Marien Luisen, einer Tochter des Kaisers
Franz, an. Dieser mußte wohl darein willigen, hoffte auch viel-
leicht durch diese Verbindung bei Abzahlung der Kriegscontri-
bntion Erleichterung, zll erhalten. Aber vergebens. Napoleon
erließ keinen Thaler. Am 2. April 1810 wurde die Ehe voll-
zogen und ein Jahr darauf ihm ein Söhnchen geboren, welches
schon in der Wiege den Titel eines Königs von Rom erhielt
und von allen Seiten mit vielen Schmeicheleien bewillkommnet
wurde.
In Schweden ereignete sich im Jahre 1809 eine gewalt-
same Thronveränderung. Der von Ankarström ermordete Gu-
stav 111. hatte einen Sohn hinterlassen, Gustav Iv. Adolph,
einen sonderbaren Mann. Was er einmal beschlossen hatte, das
wollte er auch durchsetzen, berechnete aber nie, ob die Umstände
und seine Kräfte es auch zuließen. So fing er (1808) mit seinem
Schwager, dem Kaiser Alexander, einen Krieg an, und opferte
dabei viele Menschen auf. Damit noch nicht zufrieden, bekriegte
er auch den König von Dänemark. Alle Vorstellungen, die man
ihm darüber machte, dienten nur dazu, ihn noch hartnäckiger zu
machen. Vergebens stellte man ihm vor, daß das Geld zur
Fortsetzung des Krieges nicht aufzubringen sei. — Die Unzu-
friedenheit wurde immer größer, besonders nachdem er drei
Garderegimenter kassirt hatte, weil er glaubte, sie hätten nicht
genug ihre Schuldigkeit gethan. Jetzt entstand eine Verschwörung.
Das gegen die Dänen stehende Heer brach gegen Stockholm auf.
Als der König die Empörung erfuhr, wollte er mit einigen Re-
gimentern den Rebellen entgegengehen. Da begaben sich am
13. März 1809 Feldmarschall Klingspor und General Adler-
kreuz zu ihm und nahmen ihn gefangen. Sein Oheim, der
Herzog Karl von Südermanland, übernahm die Regierung und
wurde bald darauf als Karl Xiii. zum König ernannt; der un-
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreichs Rom Schweden Stockholm
74
Neue Geschichte. 1. Periode. Schweiz.
wenn du kömmst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler
Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Dann küßte er die Klei-
nen, riß sich los und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit ge-
preßtem Herzen nach, und als er um die Ecke der Straße bog
und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte — da hatten
sich Beide hienieden das letzte Mal gesehen.
Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen
Kammer auf die Kniee und betete zu Dem, der im Gebete Kraft
giebt: „Vater, nicht mein, dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt
diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die
Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekommen sei.
Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappel, zwischen Zürich
und Zug, ani südlichen Abhange des Albis, zur Schlacht gekom-
men. Die Züricher wurden von der Uebermacht der katholischen
Cantons besiegt; auch Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte,
wurde mit Wunden bedeckt, sein Pferd getödtet; zuletzt sank er
selbst nieder. Eben erst hatte er einem Sterbenden trostreiche
Worte zugerufen. Mehrere der Feinde umstanden den edlen
Mann, der mit heitern: Gesicht, den Blick gen Himmel gerichtet,
dalag, und fragten ihn, ob er einen Beichtiger verlange? Da er
dies, so wie die Anrufung der Heiligen, die man ihm zumuthete,
ablehnte, rief ihm der Hauptmann Vockinger aus Unterwalden
zu: „So mußt du sterben, du hartnäckiger Ketzer!" und durch-
stach sein treues Herz. Erst nach der That erkannte man ihn,
und nun strömten auf die Nachricht, der Ketzer Zwingli liege
draußen erschlagen, Unzählige herbei und starrten mit wahrer
Schadenfreude die Leiche des braven Mannes an. Nur ein Ein-
ziger zeigte Gefühl, ein Conventual; ihm traten die Thränen
in die-Augen und gerührt sprach er: „Welches auch dein Glaube
gewesen ist, ich weiß, daß du ein frommer Eidgenosse warst.
Gott sei deiner Seele gnädig!" Der Leichnam wurde noch an
demselben Tage geviertheilt und verbrannt; aber sein Andenken
und seine Lehre vermochten seine Feinde nicht zu tilgen.*) Anna
Reinhard, Zwingli's Wittwe, war eine der wackersten Frauen
ihrer Zeit. Sie verband mit seltener weiblicher Anmuth ein
edles, feinfühlendes Gemüth. Ihren ersten Mann verlor sie
früh. Sie lebte als Wittwe mit ihren Kindern sehr eingezogen
*) An der Stelle, wo er gefallen ist,' steht ein Denkstein, dich: an der
Landstraße.
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Extrahierte Personennamen: Anna Cappel Anna
Reinhard
Huldreich Zwingli.
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Gnaden. Als dieser aber schon nach 6 Jahren starb und die
katholische Maria, Heinrichs älteste Tochter, Königin wurde, die
Alle, welche nicht Katholiken waren, haßte, scheint er sich mehr
vom Hofe zurückgezogen zu haben; denn er war der Reformation
zugethan. Er starb endlich 1554 in London an der Pest, 56
Jahre alt.
91. Zwingli und Calvin. — Dir Bartholomäusnacht,
1572.
Zu derselben Zeit, als Kaiser Karl V. in Deutschland, Spa-
nien und Neapel herrschte, war in Frankreich sein erbitterter
Feind, Franz I., König (1515—47). Unter ihm lebte der be-
rühmte Ritter Bayard, den man den Ritter ohne Furcht und
ohne Tadel nannte, von dessen Thaten zu erzählen hier aber der
Raum fehlt.
Schon unter Franz war die neue Lehre nach und nach aus
der Schweiz nach Frankreich gekommen. In der Schweiz näm-
lich waren, mit Luther fast zu gleicher Zeit, zwei treffliche Män-
ner, Zwingli in Zürich und Calvin in Genf, darauf gekom-
men, die Christen zu der einfachen Lehre unsers Heilandes zu-
rückzuführen und alles Das aus unserer Religion zu verbannen,
was erst nach und nach durch Menschenwerk hineingebracht war.
Beide waren, wie Luther, durch das Lesen der Bibel darauf ge-
leitet worden und hatten, wie er, mancherlei Verfolgungen aus-
stehen müssen. Die Lehre dieser beiden Männer stimmte ziem-
lich überein und ihre Anhänger wurden nachmals Reformarte
genannt. Man merke sich von beiden berühmten Männern Fol-
gendes:
Huldreich Zwingli wurde 1484, also ein Jahr später als
Luther, im Dorfe Wildhaus im Cantón St. Gallen (zwischen
Wallenstädt und Appenzell) in Helvetien geboren. Obgleich sein
Vater, ein Amtmann, acht Söhne hatte, so sorgte er doch, daß
sie gut unterrichtet wurden, und schickte den Huldreich nach Ba-
sel, späterhin nach Bern auf die Schule. Nachdem er in Wien
und in Basel studirt hatte, wurde er Pfarrer in Glarus. Hier
war ihm eine Bibel in die Hände gefallen und sie wirkte auf
ihn eben so wie auf Luther. Er konnte nicht von ihr wegkom-
men; Alles zog ihn unwiderstehlich an, und wie erstaunte er, als
er fand, daß von vielen Lehrsätzen der römisch-katholischen Kirche
kein Wort in der Lehre Jesu stände. Als er 1516 Prediger in
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Maria Maria Heinrichs Heinrichs Zwingli Calvin Karl_V. Karl_V. Franz_I. Franz_I. Ritter_Bayard Franz Franz Zwingli Calvin Luther
Extrahierte Ortsnamen: London Deutschland Neapel Frankreich Frankreich Schweiz Genf Dorfe_Wildhaus Wallenstädt Appenzell Helvetien Wien Basel Glarus Jesu