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1305 seinen Sitz nach Avignon verlegte („babylonische Gefangenschaft" 1305—77) und die Päpste ihren Einfluß auf die politischen Berhält-nisse in Deutschland verloren.
2. Er strebte nach Vergrößerung seiner Hausmacht. Doch vergebens suchte er Holland und Thüringen zu gewinnen. Böhmen kam vorübergehend in seine Gewalt.
Albrecht wurde von seinem Neffen Johann Parricida 1308 ermordet.
Historisches über die Kämpfe in der Schweiz. In den sogenannten Waldstätten Schwyz, Uri, Unterwalden hatte sich ein freier Bauernstand erhalten. Seit dem 12. Jahrhunderte hatten jedoch die Grafen von Habsburg Vogteirechte in diesen Landgemeinden erworben. Aber der Freiheitssinn der Bevölkerung stellte sich ihnen entgegen, und Friedrich Ii. stellte die Reichsunmittelbarkeit wieder her. Zwar wußte Rudols von Habsburg die alten Vogteirechte wiederzugewinnen, aber nach seinem Tode traten die Waldstätte zu einer Eidgenossenschaft zusammen, deren Freiheiten Adolf von Nassau und Albrecht anerkannten. (Sagen von dem Drucke der österreichischen Vögte, vom Schwure auf dem Rütli, von Tell.)
Iv. Heinrich Vii. von Luxemburg, 1308—1313. Er war
ein Lehnsträger der französischen Krone und wurde vou der geistlichen Partei gewählt.
1. Gründung einer Hausmacht. In Böhmen hatte sich eine mit der Regierung des Königs (Heinrich von Kärnthen) unzufriedene Adelspartei gebildet, welche Heinrich Vii. die Krone anbot. Dieser belehnte damit seinen eigenen Sohn Johann, den er mit einer böhmischen Prinzessin vermählte.
2. Sein Zug nach Italien. Bon den romantischen Jdecen des Rittertums durchdrungen, begeisterte sich Heinrich noch einmal für die mit der deutschen Krone sich verbindende Anschauung von der Herrschaft der Welt. Daher unternahm er einen Zng nach Italien, um dort das kaiserliche Ansehen wieder herzustellen. Bon den italienischen Patrioten, besonders von dem Dichter Dante Alighieri, begrüßt, erwarb er iu Mailand die lombardische Krone und stellte auch die Kaiserwürde nach 62jähriger Unterbrechung wieder her, 1312. Aber er konnte die Guelfeu, mit welchem Namen jetzt die republikanische Partei bezeichnet wurde, nicht unterwerfen, und als er sich zu einem Feldzuge gegen Neapel rüstete, starb er.
V. Ariedrich von Österreich, 1314—1330, und Ludwig
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Extrahierte Ortsnamen: Avignon Deutschland Holland Schweiz Schwyz Habsburg Nassau Luxemburg Italien Italien Mailand Neapel
wählten Sohne Wenzel Böhmen; sein anderer Sohn Sigmund erhielt die Mark Brandenburg, sein Neffe Jobst Mähren.
H. Wenzel, 1378—1400 (f 1419).
I. „Einungen." Seine geringe Sorge für das Reich veranlaßte die Stände, sich durch Verbindungen selbst Zu schützen, und die schon früher vorhandenen Einungen erlangten unter ihm die höchste Blüte.
A. Verbindungen der Städte.
a) Die Kansa (= Verbindung). Dieselbe entstand teils aus kaufmännischen Vereinen, gebildet zur Beförderung gemeinsamer Handelsinteressen, teils aus Städtebündnissen, deren Zweck der äußere Schutz des Handels war. Lübeck und die wendischen Städte waren der Kern des Bundes; allmählich wurde die Hansa die erste Handels- und Seemacht im nördlichen Europa. Die höchste Blüte hatte sie zur Zeit ihres siegreichen Krieges mit Dänemark (1361—1370), und nun übte sie auch eine politische Macht im Norden aus. Im 15. Jahrhunderte teilte sie sich in 4 Quartiere: das westfälische mit Köln, das wendische mit Lübeck, das sächsische mit Braunschweig, das preußische mit Danzig als Vorort.
b) Die (Eidgenossenschaft der 7 friesischen Städte. Die Friesen, in denen ein konservatives Element lebte, das sich im Festhalten an den alten Freiheiten zeigte, schlossen sich gegen die holländisch^ Grafen zu einer Eidgenossenschaft zusammen.
c) Die schweizerische (Eidgenossenschaft. Dieselbe hatte sich durch den Beitritt von Luzern, Zürich, Glarus, Zug und Bern vergrößert und wies einen zweiten Versuch Österreichs, die Herrschaft zu erneuern, durch den Sieg bei Sempach 1386 zurück (Arnold Winkelried).
(1) Die Städtehündniffe im südwestlichen Deutschland.
1. Weiterentwickelnng der städtischen Verfassung. Mit dem Fortschritte der Teilung der Arbeit stieg irt den Städten die Bedeutung des Handwerkes und Gewerbes. Die Handwerker, die ihren Zuwachs vorzüglich durch Pfahlbürger erhielten, schlossen sich zu Zünften zusammen, die sich neben die Gilden der Kaufleute stellten. Es beginnt nun der Kamps zwischen den in den Zünften vertretenen plebejischen Elementen mit den Patriziergeschlechtern um
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111
Mit dem Papste blieb Rudolf in gutem Einvernehmen und trat auch zu Karl von Anjon in freundschaftliche Beziehungen. Den Plan, die Kaiserkrone zu erwerben, mute er aus Mangel an Mitteln auf-geben. Auch die Wahl seines Sohnes Albrecht konnte Rudolf nicht durchsetzen. Er starb im Sommer 1291 zu Speyer.
Adolf von Nassau, 12921298. 1292-1298
Da die Fürsten um ihre Selbstndigkeit Sorge hatten, whlten sie nicht den mchtigen Habsburger Albrecht, sondern den tapferen.
aber unbegterten Grafen Adolf von Nassau zum König.
Auch sein Streben war auf Grndung einer H a u s m a ch t gerichtet; er war jedoch darin weniger glcklich als sein Vorgnger. Mit Hilfsgeldern aus England, die zu einem Kriege gegen Frankreich bestimmt waren, kaufte er Thringen und Meien von Albrecht dem Entarteten, konnte aber diese Lnder gegen dessen Shne Friedrich mit der gebissenen Wange" und Diezmann nicht behaupten. Den Bestrebungen seines Nebeubuhlers Albrecht, der seine Macht der einen Teil der Schweiz befestigen wollte, trat Adolf entgegen, indem er den Bund der drei Waldsttte Schwyz, Uri und Uuterwalden an-erkannte und ihre Reichsnnmittelbarkeit besttigte. Da Adolf in seinem Streben nach Selbstndigkeit sich auch die anderen Fürsten zu Feinden machte, erklrten ihn diese widerrechtlich fr abgesetzt und whlten Albrecht von sterreich. In dem nun ausbrechenden Kampfe fiel Adolf nach heldenmtiger Gegenwehr bei Gllheim, westlich von Worms, 1298.
Albrecht von sterreich, 12981308. 1298-1308
Albrecht, der lteste Sohn Rudolfs von Habsbnrg, war ein ,
stattlicher Mann und ein hochstrebender, tatkrftiger Herrscher. Er suchte im Reiche Ruhe und Ordnung herzustellen, indem er einen allgemeinen Reichsfrieden gebot und die Rckgabe der Reichsgter forderte, die seit Friedrich Ii. verloren gegangen waren. Nachdem er durch ein Bndnis mit dem ihm geistesverwandten König Philipp dem Schnen von Frankreich seine Stellung nach aueu gesichert hatte,
suchte er die Wahl seines Sohnes Rudolf zum Rmischen König",
d. h. zu seinem Nachfolger durchzusetzen. Als er hierbei auf Widerstand bei den rheinischen Kurfrsten stie, zwang er sie mit Hilfe der Städte und des niederen Adels zur Aufhebung der Rheinzlle, die sie wider-rechtlich und zum Nachteil des Handels errichtet hatten.
Wei, Weltgeschichte: Die letzten Jahre Rudolfs von Habsburg und sein Charakter. Atzler, On. u. L. I. Nr. 46.
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Karl_von_Anjon Karl Albrecht Rudolf Rudolf Adolf Adolf Albrecht Albrecht Adolf_von_Nassau Adolf Albrecht Albrecht Friedrich Friedrich Albrecht Albrecht Adolf Adolf Adolf Adolf Albrecht Adolf Adolf Albrecht Albrecht Albrecht Rudolfs_von_Habsbnrg Rudolfs Friedrich_Ii Friedrich Philipp_dem_Schnen_von_Frankreich Philipp Rudolf Rudolf Rudolfs
Extrahierte Ortsnamen: Speyer Nassau England Frankreich Schwyz Gllheim Worms Rheinzlle
Rudolph von Habsburg.
193
ein Ketzer und wurde von allen Katholiken für eine Geburt der
Hölle angesehen. Aber das war noch nicht genug. Man glaubte,
solche Ketzer könnten nach ihrem Tode nie selig werden, und es
sei daher Pflicht für jeden Menschenfreund, solche verirrte Leute,
gleichviel ob mit Güte oder Gewalt, zu dem allgemeinen Glauben
zurückzuführen. Dazu kam nun noch der Aerger, den Viele dar-
über empfanden, daß die Ketzer sich unterständen, einen andern
Glauben haben zu wollen, als sie selbst, und so entstand eine
wüthende Verfolgungssucht der Andersdenkenden, die
doch so ganz dem Geiste der Lehre unsers göttlichen
Religionsstifters entgegen ist. Die Päpste setzten nun Ge-
richte nieder, welche die Ketzer verurtheilen mußten. Die meisten
Richter bestanden aus Dominicanern. Oft war schon ein in
aller Unschuld gesprochenes, aber von Andern übelgedeutetes
Wort hinreichend, ins Gefängniß geführt zu werden. Und in
welche schauervollen Kerker! Auch die Habsucht, welche nach den
Reichthümern eines Mitbürgers begierig war, oder die Rache,
welche sich an dem Verderben des Feindes kühlen wollte, be-
nutzten die Macht der Inquisition, um ihre Opfer zu fassen.
Vergeblich war der Schrei des ungerecht Eingekerkerten; an das
Licht des Tages und der Freiheit kam Keiner, der in die fürchter-
lichen Hände siel. Eine Anklage war überall leicht gemacht.
Wer nicht Alles widerrief, wurde als ein hartnäckiger Ketzer zum
Feuertode verurtheilt, und wer nicht die angeschuldigten Ver-
brechen eingestand, wurde aus die Folter gebracht. Am greulich-
sten war die Inquisition späterhin in Spanien und Portugal;
zu seiner Zeit soll davon umständlicher gesprochen werden.
71. Rudolph von Habsbnrg, 1273.
Nachdem der unglückliche Friedrich Ii. 1250 gestorben war,
ging es in Deutschland vollends darunter und darüber. Keiner
war da, dem man gehorchte; Jeder that, was ihm gefiel, und
das Faustrecht nahm alle Tage mehr überhand. Zwar hatte man
zwei Kaiser statt Einen gewühlt; aber beide waren so gut wie
gar keiner; denn der eine warein spanischer König, Alfons X.,
der nie nach Deutschland kam; der andere, ein englischer Prinz,
Richard von Cornwallis, kam nur vier Mal hin, ging aber
gleich, ehe er sich noch recht umgesehen hatte, wieder zurück. Da-
her nennt man auch die Zeit von Friedrichs Ii. Tode (1250—73)
das Interregnum oder Zwischenreich; denn Friedrichs Ii. Sohn,
Weltgeschichte für Töchter. Ii. 14. Aufl. 13
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Extrahierte Personennamen: Rudolph_von_Habsburg Rudolph_von_Habsbnrg Friedrich_Ii Friedrich Alfons_X. Richard_von_Cornwallis Friedrichs Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Portugal Deutschland Deutschland Friedrichs Friedrichs
214
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
und Melchthal geschlossen hatten, erweiterte sich nach und nach,
indem sich auch andere Cantone anschlössen. Zuerst kam Luzern
und begehrte Aufnahme; dann Zürich, Glarus, Zug und
Bern. Das waren die acht alten Orte; doch waren darüber
46 Jahre verflossen (1353). Späterhin kamen Freiburg, Solo-
thurn, Basel, Schaffhausen und Appenzell. So waren
13 Cantone beisammen (1513), und so ist es gebliebelt bis auf
die neueren Zeiten, wo sie bis auf 22 vermehrt wurden. Oest-
reich hat die wachsamen Schweizer nie wieder unter seine Herr-
schaft bringen können, obgleich es noch oft versucht worden ist.
Doch blieb die Schweiz fixierst immer noch bei dem deutschen
Reiche, als dessen Genossen sich die Cantone ansahen. Erst
unter Kaiser Maximilian I. ist diese Verbindung zerrissen
worden.
73. Heinrich v» , 1308. — Ludwig der Baier, 1314, und
Friedrich von Oestreich. — Karl Iv., 1347. — Wenzel, 1378.—
Ruprecht von der Pfalz, 1400.
Die Geschichte von Deutschland brachen wir mit Albrechts I.
gewaltsamem Tode (1308) ab. Es meldeten sich mehrere Fürsten
zur deutschen Kaiserkrone, und besonders machte sich Albrechts
Sohn, Friedrich von Oestreich, große Hoffnung darauf; auch der
König von Frankreich, Philipp Iv., hatte den Einfall, für seinen
Bruder um sie zu werben; aber die Wahlfürsten hüteten sich
wohl, Deutschland unter die Herrschaft der Franzosen zu geben,
und wählten Heinrich Vii., Grasen von Luxemburg, einen
der tapfersten Ritter jener Zeit (1308—13). Für Deutschland hat
er nicht viel gethan, weil er durch die Unruhen der lombardischen
Städte nach Italien gezogen wurde, um ihnen zu zeigen, daß die
Kaiser noch Herren der Lombardei wären- Als er, über Lau-
sanne, Genf und Susa ziehend, über die Alpen gekommen war,
erschienen zwar vor ihm die Abgeordneten der Städte und erboten
sich,-ihn als ihren Herrn zu erkennen; aber er sollte dies nur
dem Namen nach sein. Doch sobald er eine kleine Steuer aus-
schrieb, brach die Empörung aus. Anfangs war das Glück dem
Kaiser hold; er besiegte die Rebellen, drang sogar bis Rom vor
und hatte die Freude, daß sich mehrere Städte für ihn erklärten.
Unter Anderm erhielt er ein Schreiben von dein berühmten Dichter
Italiens, Dante Alighieri, der in seinem herrlichen Gedichte,
die sogenannte göttliche Komödie, auf eine tief ergreifende
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Maximilian_I. Heinrich_v» Heinrich Ludwig_der_Baier Ludwig Friedrich_von_Oestreich Friedrich Karl_Iv. Karl_Iv. Albrechts_I. Albrechts Albrechts Friedrich_von_Oestreich Friedrich Philipp_Iv. Philipp_Iv. Heinrich_Vii Heinrich Dante_Alighieri
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Luzern Glarus Bern Freiburg Basel Schaffhausen Appenzell Deutschland Frankreich Deutschland Luxemburg Deutschland Italien Genf Rom Italiens
122
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
Indessen waren fast drei Jahre nach dem Aufbruche Gott-
frieds aus seiner Heimath verflossen. Nun aber näherte man sich
unter unaufhörlichen Kämpfen der Stadt Jerusalem. Nach
langen abmattenden Märschen zogen sie eines Tages eine Anhöhe
hinauf, und die zuerst oben anlangten, erblickten plötzlich vor sich
die Zinnen von Jerusalem, das langersehnte Ziel so vieler Lei-
dens „Gott will es haben!" rufen die Glücklichen aus voller,
begeisterter Brust. Die unten noch sind, stürzen nun auch hin-
auf und weiden sich an dem köstlichen Anblicke. „Gott will es
haben!" tönt unaufhörlich, durch die Echos der Felsen verstärkt.
Die stürmische Freude ging bald in tiefe Rührung über. In
Thränen der Andacht gebadet sinken die bewaffneten Pilger auf
die Kniee nieder und küssen den heiligen Boden. Gern wären sie
in die Luft sich erhob und Niemand sich derselben zu nähern vermochte, trat ein
Priester ans und ries die Worte: „Wenn wirklich der allmächtige Gott mit die-
sem Manne von Angesicht zu Angesicht geredet und der heilige Andreas ihm
wachend die heilige Lanze gezeigt hat, dann gehe er unversehrt durch das
Feuer! War aber dieses Trug, dann verbrenne er mit der Lanze, welche er in
seinen Händen tragen wird!" Alle Anwesende riefen mit gebogenen Knieen:
„Amen!" Hierauf kniete Peter, nur mit einem kurzen Gewände bekleidet, vor
dem Bischof von Albara, rief laut Gott zum Zeugen an, daß nichts, was er
von den Erscheinungen der Apostel Peter und Andreas berichtet, von ihm er-
funden worden, flehte um die Vergebung seiner Sünden gegen Gott und seine
Nächsten, und bat den Bischof, alle übrigen Geistlichen und das ganze anwe-
sende Volk, für ihn ihre Gebete mit dem seinigen zu vereinen. Nachdem hierauf
der Bischof die heilige Lanze in seine Hände gelegt und ihn mit dem Zeichen
des heiligen Kreuzes gesegnet hatte, erhob er sich und ging langsamen Schrittes
durch die hochlodernde Flamme. Als Peter aus der Flamme wieder hervortrat,
ohne daß weder seine Kleidung noch das Gewand, welches die heilige Lanze um-
hüllte, versehrt schien, und laut rufend: „Gott hilf!" mit der Lanze dem Volke
den Segen gab, da jubelten Alle, welche der heiligen Lanze sich angenommen
hatten. Aber nach überstandenem Gottesgericht war die Verehrung des Volks
für Peter gefährlicher als das Gottesgericht selbst. Denn über den von der
Flamme schwer verwundeten Mann stürzte mit wüthender Frömmigkeit das
Volk her, riß ihn zu Boden, um seiner Kleider sich zu bemächtigen, und Einige
rissen Fleisch von den Gebeinen des neuen Heiligen. Raimund Pillez und
einige Ritter mußten mit bewaffneter Hand ihn befreien. Andere begnügten sich
damit, Feuerbrände und Kohlen von dem Scheiterhaufen mit sich zu nehmen,
und in wenigen Augenblicken war davon keine Spur mehr vorhanden. Die
Anhänger Raimunds sahen während des Gottesgerichts eine Menge Erschei-
nungen; Peter selbst wollte mitten in den Flammen mit dem Apostel Andreas
sich unterhalten haben. Aber er starb am zwölften Tage nach diesem Gottes-
gericht, sei es von den empfangenen Brandwunden, wie die Gegner der heiligen
Lanze behaupteten, oder in Folge der Mißhandlungen des Volks.
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Extrahierte Personennamen: Andreas Peter Albara Apostel Peter Andreas Peter Peter Raimund_Pillez Raimunds Peter Apostel Andreas
Schlacht bei Sempach und Näfels. L13
Mann war, im Fallen mit zu Boden. Plötzlich stürzten seine
Kriegsgesellen über seinen Leichnam in die Reihen der Ritter hin,
schlugen auf die Wehrlosen rechts und links und machten sich
Bahn, während andere Schweizer sie eilig verstärkten. Die Hitze
des Tages war so groß — es war der 9. Juli —, daß manche
Ritter im Gedränge erstickten. Das Gefecht wurde immer hefti-
ger; denn nun stritten Mann gegen Mann. Viele edle Herren
wurden hier erschlagen. Da sprach Leopold: „Es ist so mancher
Graf und Herr mit mir in den Tod gegangen; ich will mit ihnen
ehrlich sterben!" Von Wehmuth und Verzweiflung hingerissen,
stürzte er sich in die feindlichen Haufen und fand den gesuchten
Tod. Als die Schaaren ihren Herzog nicht mehr sahen, verloren
sie die letzte Hoffnung. Sie sahen sich eilig nach ihren Pfer-
den um.
„Pferde her! Pferde her!" riefen sie; aber nur Wenige konnten
sie schnell genug erreichen. Sechshundertsechsundfunfzig Grafen,
Herren und Ritter fanden hier, in der Schlacht von Senipach
(1386), ihren Tod, die vielen Knappen ungerechnet. Welche wilde
Tapferkeit die Schweizer beseelte, davon nur ein Beispiel: Die
Einwohner der Stadt Zofingen hatten ihr Banner (Fahne) ihrem
Schultheiß (Bürgermeister), Nikolaus Gutt (oder Thut), anver-
traut. Als er von den Feinden umringt wurde und keine Ret-
tung sah, dachte er nur, das Banner zu retten, um seiner Stadt
die Schande zu ersparen. Er riß das Zeuch in viele Stücke, den
Stock aber faßte er mit den Zähnen fest; so fand man seine
Leiche. Seit der Zeit ließen die Bürger von Zofingen ihre
Schultheißen schwören, das Banner der Stadt so zu hüten wie
Nikolaus Gutt.
Der bei Sempach gefallene Herzog Leopold hinterließ einen
Sohn, Leopold den Stolzen. Dieser 17jährige Jüngling
schickte 1388 wieder einen Haufen Oestreicher, der durch viele
Ritter aus der Schweiz, die-es mit Oestreich hielten, verstärkt
wurde, in die Schweizer Alpen, diesmal auf Glarus zu. Eilig
sammelte sich hier der Landsturm; auch Urner, Unterwälder, Ln-
zerner und Schwyzer eilten herbei. Man traf in der Schlacht
bei Näfels unweit Glarus auseinander. Die Oestreicher wur-
den geschlagen und versprengt, und Viele fanden ihren Tod. Nun
erst ließ sich Oestreich herab, mit den Helvetiern einen Frieden,
zu schließen.
Der Bund der drei Waldstädte, welchen Stauffacher, Fürst
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Extrahierte Personennamen: Leopold Leopold Wehmuth Nikolaus Nikolaus Leopold Leopold Leopold Leopold Oestreich Oestreich
Sundzoll. Neuenburger Angelegenheit.
279
Totalsumme von 30,476,825 Reichsthaler (wovon 4,440,027 Reichs-
thaler auf Preußen kamen) abgelöst wurden.
Die Nenenburger Angelegenheit war seit dem Jahr 1848
als ein untergeordneter Gegenstand in der Schwebe geblieben.*)
*) Die Geschichte der preußischen Souveraiuctät über Neuenburg ist fol-
gende: Das Schloß Neuenburg, im 9. Jahrhundert erbaut, kam mit dem bnr-
gundischen Reiche 1032 unter die Lehnshohcit des deutschen Kaisers Konrad Ii.
Kaiser Friedrich I. belich Ulrich Iii. von Neuenburg mit mehreren andern
Landestheilen, von denen 1218 ein Theil gegen das Val Travers vertauscht
ward, welches dem Grafen von Chalons lehnspflichtig war. Graf Johann von
Chalons erhielt das ganze Neuenbnrger Gebiet von seinem Schwager, Kaiser
Rudolph von Habsburg, zu Lehen, und übertrug es als Afterlehen an Rolin
von Neuenburg (1288) und zwar (1311) als erblich nach burgundischem Recht,
wodurch auch das weibliche Geschlecht successionsfähig wurde. So kam Neuf-
chatcl an Graf Konrad von Frciburg. Dieser schloß, sowie auch Seitens der
Stadt Neuenburg geschah, ein „Bürgerrecht" mit Bern, welches dieses unter
Anderm zum Schiedsrichter beider Theile für vorkommende Streitigkeiten machte.
Nach dem Erlöschen der Freiburge ward Neuenburg Eigenthum der Grafen
von Hochberg. Der Widerspruch des Hauses Chalons dagegen kam nicht zur
Geltung und als auch die Hochberge in der männlichen Descendenz erloschen,
brachte 1503 die Erbtochter, Johanne, Neuenburg an Ludwig von Orleans,
Herzog von Longueville, und eine Descendentin derselben, Maria, vereinigte
1579 die an Neuenburg lehnbare und ihr verpfändete Grafschaft Valengin mit
Neuenburg. Die Familie Orleans-Longueville erlosch 1707. Es meldeten sich
damals 15 Bewerber, worunter indessen kein naher Verwandter; die Ansprüche
gründeten sich vielmehr ans entfernte Verwandtschaften aus dem Hause Chalons
oder mit jenen von Orleans-Longueville. Zu den Prätensionen erster Art ge-
hörten auch die des Königs Friedrichs I. von Preußen. Diesem, seinem
Vetter (Vaters Schwester Sohn), hatte nämlich Wilhelm Iii. von Oranicn, seit
1688 König von England und Erbe des Hauses Chalons, seine Anrechte ab-
getreten und da deren Geltendmachung in den großen spanischen Succcssions-
krieg fiel, so ward sie ihm durch einen Vertrag mit dem Kaiser, der Königin
von England, den Generalstaaten und dem Herzoge von Savoyen vom 28. No-
vember 1704 gewährleistet. Zugesprochen aber erhielt Preußen die Erbschaft und
Regierung erst durch einen Schiedsspruch des höchsten Landesgerichts: Trois-
Etats von Nenenburg vom 3. November 1707, denn dieser war seit lange als
inappellables Forum über alle Thronstreitigkeiten Neuenbürgs und Balcngins
anerkannt. Ludwig Xiv. erkannte endlich im Utrechter Frieden Preußens Besitz
an, den er lange streitig gemacht hatte.
So waren die Könige von Preußen Landesherren von Neuenburg und Va-
lengin, und dieses Fürstenthum war seinerseits mit Bern, Freiburg, Solothurn
und Luzern „verburgrechtet", d. h. diese vier Cantone hatten Neuenburg und
Valengin zu schützen, aber sie waren zugleich Schiedsrichter zwischen denselben
und dem Landesherrn.
Der 15. Februar 1806 überwies das Fürstenthum Neuenburg an Napoleon,
f
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Extrahierte Personennamen: Konrad_Ii Konrad Friedrich_I. Ulrich_Iii Chalons Johann_von
Chalons Johann Rudolph_von_Habsburg Konrad_von_Frciburg Konrad Johanne Ludwig_von_Orleans Ludwig Maria Maria Friedrichs_I. Wilhelm Ludwig_Xiv Ludwig Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Neuenburg Neuenburg Neuenburg Neuenburg Neuenburg Hochberg Neuenburg Neuenburg Neuenburg England England Nenenburg Neuenbürgs Neuenburg Freiburg Solothurn Luzern Neuenburg
54 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich.
aber es war kein rechter Ernst und keine Einigkeit unter ihnen-
Sie wurden nach einiger Gegenwehr geschlagen und Bern, Frei-
burg und Solothurn besetzt. Jetzt wollten sie die ganze Schweiz
umkehren. Da traten die Waldstädte, die einst so mannhaft
gegen Oestreich und Burgund gekämpft hatten, zusammen, den
treulosen Angriff abzutreiben. Aber — es waren nicht mehr
die alten Schweizer. Es fehlte auch hier an Einigkeit und Ver-
trauen, und auch sie mußten nun den Einmarsch der verhaßten
Franzosen dulden, welche die alte Eintheilung in 13 Cantons
aufhoben und die Schweiz nach französischem Muster in eine
einzige Republik verwandelten, die nun ganz von Frankreich ab-
hängig blieb.
Kaiser Franz hatte den Frieden von Campo Formio so schnell
und übereilt geschlossen, daß dabei das verlassene deutsche Reich
ganz übergangen war. Das mußte nun also für sich allein mit
den Franzosen unterhandeln. In Rasta dt, einer kleinen Stadt
im Badenschen, eine Stunde vom Rhein, kamen deutsche und
französische Unterhändler zusammen. Das Erste, was die un-
verschämten Franzosen verlangten, war, daß die Deutschen ihnen
alle Länder, die sie auf dem linken Rheinufer gehabt hatten,
abtreten sollten. „Aber," sagten Die, welche dabei verloren,
„wie kommen wir dazu, allein verlieren zu sollen?" — „Ihr sollt
entschädigt werden!" antworteten die Franzosen; und als man
fragte: wovon? so machten sie den Vorschlag, den geistlichen
deutschen Fürsten, z. B. den Kurfürsten von Mainz, Trier und
Cöln, dem Erzbischöfe von Salzburg u. s. w., ohne Weiteres ihre
Länder zu nehmen und davon die Entschädigungen zu bestreiten.
Die Deutschen willigten endlich ein; aber kaum war eine Be-
dingung bewilligt, so waren die Franzosen schon wieder mit einer
neuen da, und machten die Deutschen nur einige Schwierigkeit,
so wurde ihnen gleich gedroht und sie daran erinnert, daß sie
wehrlos wären. Dabei zogen die Franzosen die Unterhandlungen
bis ins zweite Jahr hin, und wenn die Deutschen darüber klagten,
so warfen sie ihnen vor, sie, die Deutschen, wären schuld daran,
weil sie sich nicht schnell genug in alle Forderungen fügten. End-
lich glaubten diese Alles überstanden zu haben, und nahmen den
ihnen dictirten Frieden an. Allein nun trat Kaiser Franz wieder
aus, um den Krieg mit Frankreich zu erneuern. Das übermüthige
Betragen der Franzosen gegen den Papst, die Schweiz und in
Rastadt bewies ihm, daß man bei ihnen auf keine Treue und
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Extrahierte Personennamen: Ernst Oestreich Franz Franz Campo_Formio Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Bern Solothurn Burgund Frankreich Rhein Mainz Salzburg Frankreich Rastadt
Pius Ix. Bewegungen in Italien.
199
ihrem Widerspruch gegen das kühne Beginnen des Papstes nicht
zurück. Derselbe umgab sich jedoch vertrauensvoll mit einer neu
berufenen Bürgerwehr und ahnte so wenig, wie seine zahlreichen
Bewunderer in ganz Europa, bis zu welchem Abgrunde ihn der
Freiheitstaumel des seit langen Jahren zum ersten Male entfes-
selten Volks führen würde.
Aber es währte nicht lange, da stiegen schon Wolken an
dem Horizont der neu gewährten Freiheit auf. Der Papst hatte
von vorn herein gewährt, was er überhaupt an Freiheiten zu
bieten vermochte; das junge Italien aber, welches über sein Auf-
treten jubelte, nahm diese ersten Gaben nur als einen Anfang
für die Verwirklichung aller patriotischen Wünsche und Träume
hin, und versuchte den Papst zur Anbahnung des ersehnten eini-
gen Italiens allenfalls auch auf den Weg der Gewalt zu drän-
gen. Als er ihren Forderungen widerstehen mußte, verlor er
nach und nach die Zügel der von ihm hervorgerufenen Bewegung
aus den Händen; an seiner Statt wurde das Volk von kühnen
Agitatoren und Tribunen geleitet, und als die Revolution in
Frankreich ausbrach, wurde er vollends von den Wogen der
demokratischen Leidenschaften überflutet.
Schon vorher waren in Folge der römischen Ereignisse große
Bewegungen in andern Theilen Italiens entstanden. Sicilien
hatte sich von Neapel losgerissen und auch in Neapel selbst hatte
ein Aufstand den König Ferdinand zur Gewährung einer freien
Verfassung genöthigt; eben so war der Großherzog Leopold
von Toscana und selbst der strenge Karl Albert von Sardinien
zur Einführung freierer Einrichtungen gedrängt worden. Gegen
die Oestreicher aber richtete sich in ganz Italien vorzüglich die
Wuth der Volkspartei, überall gab es Reibungen zwischen den
Italienern und den „Deutschen", und in Oberitalien sah sich Oest-
reich genöthigt, den Kriegszustand zu erklären, um die Bewegung
niederzuhalten.
Auch in der Schweiz hatten in den letzten Jahren zwischen
den politischen und kirchlichen Parteien bedeutende und zum Theil
blutige Kämpfe stattgefunden, an welchen ganz Europa lebhaften
Antheil nahm. Die radicale Regierung des Cantons Aargau
hatte in Folge thätlicher Widersetzlichkeit der Katholiken gegen
getroffene Anordnungen acht Klöster in Beschlag genommen, und
die Bundesregierung aller Cantone hatte diese Handlung bestätigt.
Da spaltete sich das ganze Schweizervolk in Radicale und Eon-
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Leopold
von_Toscana Leopold Karl_Albert_von_Sardinien Karl
Extrahierte Ortsnamen: Italien Europa Italien Italiens Frankreich Italiens Neapel Neapel Italien Oberitalien Europa