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ment des französischen Königs, andrerseits an die zu erwartende
häufige Abwesenheit des spanischen Herrschers, endlich die unge-
heuren Summen, die Karl aufwandte oder versprach (im heutigen
Geldwert etwa 36 Millionen Mark, zumeist von den Fugger
vorgestreckt), bewirkten einen Umschwung. Ein wiederholter
Versuch, die Wahl auf Friedrich von Sachsen zu lenken, scheiterte
an dessen Ablehnung, und schliesslich liess auch Leo X. erklären,
dass der Besitz Neapels der Wahl Karls nicht im Wege stehe.
Am 28. Juni 1519 wurde Karl einstimmig gewählt. Karls
Vertreter mussten in dessen Namen in einer Wahlkapitu-
lation u. a. zusichern, dass er kein Bündnis mit fremden Staaten
ohne Wissen und Willen der Kurfürsten schliessen, keine fremden
„Völker“ ins Reich ziehen, königliche und Reichsämter nur Ein-
heimischen übergeben, ein Reichsregiment aufrichten und die
grossen Handelsgesellschaften abschaifen werde.
Ulrich von Württemberg (1498—1550) war 1512 dem Schwäbischen
Bunde nicht wiederbeigetreten, sondern hatte einen „Kontrabund“ geschallen.
Als er, von Max zum zweitenmale wegen Ungehorsams geächtet, nach dessen
Tod, im Vertrauen auf die französische Freundschaft, Reutlingen über-
zogen und landsässig gemacht hatte, verdrängte ihn das Heer des
Schwäbischen Bundes rasch aus seinem Lande. Ein August 1519
gemachter Versuch, mit Hilfe des Landvolks es wiederzugewinnen, misslang.
Der Schwäbische Bund trat, um zu seinen Kriegskosten zu kommen, Würt-
temberg ankarl ah, der August 1520 als Herzog und Erbherr davon Besitz
nahm. In Worms wiirde es dem Erzherzog Ferdinand überwiesen. In
der „Hildesheimer Fehde“ errangen Bischof Johann von Hildesheim und
Herzog Heinrich von Lüneburg, die mit Frankreich in Verbindung standen,
28. Juni einen Sieg bei Soltau über den Bischof von Minden und die Herzoge
von Braunschweig-Wolffenbüttel und -Kahlenberg.
Der Gegensatz Karls V. und Franz I. Die Stellung Eng-
lands und Leo X. Den Krieg zwischen Spanien-Burgund und
Frankreich machten dieansprüchefrankreichsaufrück-
gabe des südlichen Navarra an das Haus Albret und auf
Neapel, die Karls auf Mailand (im Namen des Reichs)
und die Bourgogne, Frankreichs Lehnsherrlichkeit über Flandern
und Artois und sein Wunsch, Roussillon (1493—1642 spanisch) an
sich zu bringen, sowie die allgemeine Rivalität de rvalois
und des Hauses Oesterreich um die vorherrschende Stel-
lung unvermeidlich. Karls Lage gestaltete sich zwar noch
ungünstiger durch den Aufstand der Co mm uneros in
Castilien und Valencia, den hauptsächlich die Steigerung
der finanziellen Belastung (zum Teil von der erpresserischen
Habsucht der wallonischen Hauptratgeber Karls verursacht)
und damit teilweise zusammenhängende massenhafte Gold-
ausfuhr, sowie die municipale Rechtlosigkeit des Bürgerstands
hervorrief; aber der Ausbruch wurde verzögert durch die Be-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Friedrich_von_Sachsen Friedrich Leo_X Leo Karls Karl Karl Karls Ulrich_von_Württemberg Max Max August August Ferdinand Johann_von_Hildesheim Johann Heinrich_von_Lüneburg Heinrich Karls_V. Franz_I. Leo_X Leo Karls Karls Karls
Extrahierte Ortsnamen: Karls Karls Reutlingen Worms Frankreich Minden Karls Frankreich Navarra Haus_Albret Neapel Karls Mailand Frankreichs Oesterreich Karls Valencia Karls
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Graubünden erlangte sie 1525 freie Bewegung. Schon April 1524
beschlossen alle Orte mit Ausnahme von Zürich und Schaft-
hausen, bei dem Glauben der Altvordern zu bleiben und die ihm
Zuwiderhandelnden zu bestrafen, sowie denen, die dazu die Hand
nicht böten, die Gemeinschaft aufzusagen. Aber Bern, Basel,
Glarus und Solothurn wollten doch von einem gewaltsamen Vor-
gehen gegen Zürich nichts wissen. Jedoch wurden refor motorische
Bewegungen im Thurgau von der Tagsatzung unterdrückt und
drei Züricher, der Mitschuld an einem Klostersturm bezichtigt,
enthauptet. Oktober 1524 schloss die Tagsatzung mit Oester-
reich einen Vertrag über gegenseitige Auslieferung ketzerischer
Unterthanen.
Wiedertäufer. Seit Ende 1523 trat in offenen Gegensatz zu Zwingli,
„dem Endchrist am Grossmünster“, eine Richtung, welche die Forderungen
des Evangeliums und das Schriftprinzip in der Lebensord-
nung noch gründlicher durchführen wollte, dabei aber von den
mittelalterlichen Ideen der Armut, der Weltentsagung, der Ausscheidung einer
besonderen Gemeinde der Heiligen beherrscht, jedoch von ge w alt sam-
revolutionären Strebungen noch frei war. Unter Einfluss Thomas
Münzers verwarfen deren Anhänger die Kinderlaufe und übten im Gegensatz
zu einem Ratsmandat, das die Kindertaufe bei Strafe der Landesverweisung
anordnete, dann die Wiedertaufe als ein Unterpfand der Wiedergeburt und
der besonderen Gnade (daher bei andern: „Wiedertäufer“, „Anabaptisten“).
Zahlreich waren sie auch in St. Gallen, Schaffhausen, Appenzell, Graubünden.
Als Strafe der Wiedertäufer (bisher Geldbussen, Gefängnis und Ver-
bannung) wurde 1526 das Ertränken festgesetzt und zu Zwinglis
Lebzeiten mit seiner Billigung an vier Personen vollstreckt.
§ 16. Der Bauernkrieg 1525.
Vorläufer seit 1498. Auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden Ord-
nung waren gerichtet die geheime, auch viele Weiber umfassende Verbindung
des Bundschuh (s. Ii. S. 251) in der Bruchsaler Gegend (1502, „wir mögen
vor Pfaffen und Adel nicht genesen“) und der Bundschuh im Eisass und Breis-
gau von 1518; vom alten Recht gingen aus die im ganzen friedlich, aber auch
ergebnislos verlaufende Erhebung der Bauernschaft des oberschwäbischen Klosters
Ochsenhausen und wenigstens zu Anfang der „arme Konradu im Herzogtum
Württemberg (1514), welche Erhebung den Herzog Ulrich veranlasste, den
Ständen (Geistlichkeit, Adel und Städten) im Tübinger Vertrag grosse Zuge-
ständnisse zu machen, sowie die Erhebung der Bauern in Krain, Kärnten, Steier-
mark (1515). Auf 1524 hatte die Astrologie eine sündtlutartige Ueberschwem-
mung, eine Erhebung des Volkes und Vertilgung der Mächtigen vorausgesagt.
Ursachen des grossen Bauernkrieges. Sein Zusammen-
hang mit der reformatorischen Bewegung. Die Hauptursache
war die schon längst vorhandene Unzufriedenheit, die zumeist
teils von der rechtlichen, teils von der materiellen Lage des
Bauernstandes herrtihrte (s. Ii. S. 248 ff“.). Aber diese Unzu-
friedenheit wurde durch die reformatorische Be-
wegung und Litteratur gesteigert und erhitzt. Wer
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
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43
sich materiell oder rechtlich gedrückt fühlte, übertrug das Schlag-
wort „christliche Freiheit“ auf seine materielle Belastung oder
rechtliche Bindung und mass die bestehenden Ordnungen nach
dem „Evangelium“ (im Süden auch unter dem Einfluss der
Zwingli’schen Reformation). Das „Evangelium“ oder „Gottes
Wort“ wurde Quelle des göttlichen Rechtes. Schon Luthers
Schriften (z. B. die von weltlicher Obrigkeit 1523 und die über
den Nürnberger Reichstagsabschied 1524) enthielten Stellen, die
wider Luthers Willen revolutionär wirken mussten, obwohl Luther
den unbedingten Gehorsam gegen die Obrigkeit als Christen-
pflicht lehrte. Vollends aufreizend wirkten radikale Prediger
(z. B. der aus Orlamtinde vertriebene und aus Kursachsen aus-
gewiesene Karlstadt u. a. in Rothenburg o./T., noch mehr und
mit entschiedener Absicht der von fanatischem Hass der „Gott-
losen“ erfüllte und manchmal von Wahnvorstellungen beherrschte
Thomas Münzer nach seiner Vertreibung aus Allstedt z. B. in
Mühlhausen); aber auch gemässigtere Männer durch scharfes Pre-
digen gegen den Zehnten und alles Zinsnehmen. Auf den Strassen
predigten Bauern und Handwerker, aber auch Gebildete, als
Bauern sich gebärend. Die Verfolgung der neuen Lehre und
ihrer Verkündiger durch die Territorialherren, das Scheitern des
Nürnberger Reichsregiments und seiner Reformpläne legten die
Meinung nahe, dass mit „Stillesitzen“ nichts zu erreichen sei.
Unzufrieden und zum Aufruhr geneigt waren auch die
weniger wohlhabenden oder ganz armen und von der Mitwirkung
am Regiment ausgeschlossenen Teile der städtischen Be-
völkerungen. Eine Bauernbewegung des Jahrs 1524 in der
Grafschaft Stühlingen, im Kletgau und in der Baar war anfangs
noch ganz frei von evangelischen Elementen.
Ausbreitung, augenblickliche Erfolge und Niederlage
der Revolution. Die Revolution ging von Oberschwaben aus.
Die drei Bauernhaufen: der Baltringer Haufen (Bauern des Donau-
thals und der Hochebene von Messkirch an bis zum Lech), der
Allgäuer (worunter die Bauern der Abtei Kempten) und der See-
haufen, die sich Februar oder anfangs März 1525 gebildet hatten,
vereinigten sich 6. März zu einer „christlichen Vereini-
gung“. Der (hauptsächlich von dem bayrischen Kanzler Leon-
hard v. Eck geleitete) Schwäbische Bund begann schon vor-
her mit den einzelnen Haufen zu unterhandeln, um zunächst
gegen den Herzog Ulrich freie Hand zu haben, der sein Herzog-
tum zurückerobern wollte. Ulrich musste, da die Tagsatzung
seine schweizerischen Söldner mit Rücksicht auf den Sieg Karls
bei Pavia (s. § 17) abberief, 12. März vor Stuttgart umkehren.
Am 14. März setzte ein (zweiter) Bauerntag in Memmingen die
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Thomas_Münzer Ulrich Ulrich Karls
59
Magdeburg, Bremen, seit Mai Lübeck) zunächst auf sechs
Jahre sich zu gegenseitiger Hilfe verpflichteten
bei allen Angriffen „um des Worts Gottes, evange-
lischer Lehr oder unseres heiligen Glaubens willen“.
Der Anschluss der Schweizer Reformierten erfolgte nicht, weil diese
(vor allem Zürich und Bern) sich weigerten, die Tetrapolitana
anzunehmen, was übrigens Sachsen auf die Dauer auch kaum
genügt hätte. Die Möglichkeit eines politischen Anschlusses
der meisten oberdeutschen Städte an die Schweizer, den Zwingli
seit langem als einen Teil seiner umfassenden Projekte erstrebte,
wurde durch den Untergang Zwinglis in der Schlacht
bei Kappel (11. Oktober 1531) und den zweiten Kappeier
Frieden beseitigt, in dem die reformierten Städte ihre „Burg-
rechte“ aufgeben mussten.
Untergang Zwinglis. Zwinglisplan war, dieeidgenossen-
schaft so umzugestalten, dass das seitherige Uebergewicht der (an
Bevölkerungszahl weit nachstehenden) fünf alten Orte durch ein noch ent-
schiedeneres Uebergewicht der (meistens schon reformierten) Städte ersetzt
würde, und mit ihr die oberdeutschen Städte zu verbinden.
Aber in Zürich selbst musste er einer immer stärker werdenden Gegnerschaft
gegenüber die massgebende Leitung der Politik aufgeben (Mitte 1530), und
von den reformierten Eidgenossen widerstrebte Bern Zwinglis politischen
Planen, besonders seiner Kriegspolitik. Da die fünf Orte den Bündnern im
„Müsserkrieg“ gegen einen mailändischen Abenteurer keine Hilfe leisteten,
entstand bei Zürich grosser Argwohn. Zwingli wünschte Krieg, aber auf
Drängen der andern Städte, besonders Berns, beschlossen die reformierten Städte
Mitte Mai 1531 gegen die fünf Orte eine (im ersten Kappeier Frieden vor-
gesehene) Proviantsperre. Die fünf Orte, hiedurch bedrängt und erbittert,
erklärten, ohne das Ergebnis ihrer Unterhandlungen mit dem Kaiser,
Ferdinand, dem Papste u. a. abzuwarten, 9. Oktober den Krieg. Am
11. Oktober wurde das an Zahl bedeutend schwächere und in ungünstiger
Stellung sich befindende Züricher Heer von dem der fünf Orte bei
Kappel geschlagen; Zwingli fiel neben vielen andern hervorragenden
Persönlichkeiten. Die fünf Orte Hessen seinen Leichnam vierteilen und als
den eines „allererzesten Erzketzers“ verbrennen. Ein Heerhaufen evangelischer
Städte wurde in schmählicher Weise von Zugern geschlagen (23. Oktober).
In Stadt und Land Zürich wurde das Verlangen nach Frieden trotz Hilfs-
bereitschaft Hessens und Strassburgs immer dringender und allgemeiner. In
dem 16. November abgeschlossenen Frieden wurde die Gleichberech-
tigung der Orte beider Konfessionen ausgesprochen, sowie
Parität für die gemeinen Herrschaften, jedoch sollte eine katholische Minder-
heit bei ihrejn Glauben geschützt sein. Das Burgrecht der Evangelischen
wurde aufgehoben. In den Herrschaften des Klosters von St. Gallen, die der
Abt jetzt zurückerhielt, gelangte zumeist die alte Kirche wieder zur Herrschaft,
wie auch im Rheinthal, in Rapperswil und den „freien Aemtern“ des Aargau;
in Glarus gewann sie wieder Boden, in Solothurn so ziemlich die Allein-
herrschaft. Kaiser Karl hatte sich trotz Zuredens Ferdinands und des Papstes
im zweiten Kappeier Krieg neutral verhalten — hauptsächhch wohl aus Rück-
sicht auf Frankreich.
Organisation des Sehmalkaldener Bundes. Der Bund zerfiel in
zavei Kreise, den oberdeutschen und den sächsischen. Die Voll-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Berns Ferdinand Ferdinand Kappel Karl Karl Ferdinands
— 46 —
des grossen Zehntens zur Bezahlung des Pfarrers, zur Armenunterstützung
und als Reserve für „Reisegelder“, Ermässigung der Gülten durch ein Schieds-
gericht ehrbarer Leute; Fisch- und Jagdrecht, freie Benützung von Wald zu
Brenn- und Bauholz. Dem entgegenstehende wohlerworbene Rechte sollten
abgelöst werden. Diese nicht extremen Forderungen wurden durch Anführung
von Bibelstellen bekräftigt und erklärt, wenn eine von ihnen als mit Gottes
Wort unvereinbar sich erweise, werde man sie fallen lassen, andererseits
behielt man sich vor, noch andere Forderungen auf Grund des Wortes Gottes
zu stellen. Die Entscheidung über die Schriftbegründung der zwölf Artikel
sollten Gottesgelehrte fällen, darunter Luther, Melanchthon, Zwingli „und
seine Gesellen“. Diese zwölf Artikel waren ein rein agrarisches Programm,
das in einigem, am Massstab des wirtschaftlichen Fortschritts gemessen,
reaktionär war.
Ein allgemeines politisches Programm nationaler Fär-
bung, aber auch von beschränktem politischem Gesichtskreis zeugend, ent-
hält der sog. Verfassungsentwurf des „Heilbronner Bauern-
parlaments“, das aber wohl nie bestand, in Wirklichkeit ein Privatentwurf
des Mainzischen Kellers Weygandt, eine abgekürzte Redaktion der 1523 er-
schienenen „Reformation des Kaisers Friedrich“. Der Ertrag einer umfassenden
Säkularisation sollte die Mittel insbesondere zur Entschädigung der Fürsten
und des Adels für entgehende Abgaben und Leistungen (z. B. Zölle, Umgeld,
ein Teil der Feudalabgaben) liefern. Die Fürsten sollten wieder dem Kaiser
mehr unterthan werden, dagegen der Kaiser auch nur wenig selbständige
Hoheitsrechte besitzen. Ein Netz von einander untergeordneten Gerichten sollte
das ganze Reich umspannen, aber die Doktoren des geistlichen wie des welt-
lichen Rechtes von jedem Gericht, wie auch von der Verwaltung ausgeschlossen
sein, jedoch an jeder Universität ein Spruchkollegium von drei Doctores des
kaiserlichen Rechts bestehen; endlich sollte Eine Münze, Ein Mass und Gewicht
geschaffen werden. Für Kapitalbesitz wurde ein Höchstbetrag festgesetzt.
Die Bauern suchte, auf die Dauer vergeblich, zu einer mässigen, ein
ehrliches Mitwirken des Adels ermöglichenden Haltung, wie zu einer zweck-
mässigen und planvollen Kriegführung zu bestimmen Wendel Hipler. Im
allgemeinen waren die Odenwald - Neckarthaler Bauern gemässigter und ver-
ständiger als die fränkischen, die nur an Einziehung allen Kirchengutes und
Beseitigung des Adels als besonderen Standes dachten.
Luther und die Bauern. Luther war die Begründung rein weltlicher
Forderungen durch Gottes Wort nach seiner ganzen Richtung zuwider, den
„Herrn Omnes“ betrachtete er immer mehr mit Misstrauen. In seinen „Er-
mahnungen zum Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben“
hatte er noch sehr scharfe Worte für die Fürsten und deren „Schinden und
Schätzen“ und ermahnte sie, es mit der Güte zu versuchen; die Bauern, seine
„lieben Freunde“, warnte er vor den Schwarmgeistern und vor der immer
unchristlichen Rebellion. Er schlug ein Schiedsgericht aus Grafen, Herren und
Städtern vor, unternahm es aber — im Widerspruch mit seiner sonstigen
Stellungnahme — die Leibeigenschaft aus der Schrift zu rechtfertigen. Als
aber seine Bemühungen, im Thüringischen durch Predigten die revolutionäre
Glut zu dämpfen, vergeblich waren und besonders in seiner Nähe die schwersten
Gewaltthaten erfolgten, da sah er in der Empörung einen Anschlag des Sa-
tanas gegen die von ihm vertretene heilige Sache und erliess im Mai (noch
vor Niederwerfung des Aufstandes) seine furchtbare Kampfschrift „Wider die
räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ : „Solche wunderliche Zeiten
sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergiessen besser verdienen
kann, denn mit beten“, — „darum steche, schlage, würge, wer da kann“!
Seine späteren Ausfälle gegen die fürstlichen „Bluthunde“, die „rasenden,
wütenden, unsinnigen Tyrannen, die auch nach der Schlacht nicht mögen Blutes
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Kapitel Xiii.
Westeuropa in den ersten Jahrzehnden des
Xvii. Jahrhunderts.
§ 44. Ende des Freiheitskampfes der nördlichen Niederlande.
Moritz hatte bis 1597 die Gebiete der Utrechter Union von
spanischen Besatzungen gesäubert (Einnahme Groningens 1594).
Parmas (zweiter) Nachfolger war von 1596 an Erzherzog Albrecht,
Bruder Rudolfs Ii. Albrecht und seine Gemahlin Isabella, Phi-
lipps Ii. Tochter, erhielten 1599 die spanischen Niederlande als
scheinbar selbständiges Fürstentum, dem Spanien mit Geld und
Offizieren aushalf. Die gemeinsame Gegnerschaft bethätigten
Engländer und Holländer hauptsächlich in gemeinsamen Seezügen
an die spanische Küste (Cadix 1596 erstürmt und ausgeplündert,
aber nicht gehalten), gegen spanische Kolonien und Silberflotten;
aber auch zu Lande wurden die Holländer von England
unterstützt, so in den für sie siegreichen Schlachten bei
Turnhout (1597) und bei Nieuwpoort (1600). Wie Albrecht
an Wiedergewinnung der nördlichen Provinzen dachte, so die
nördlichen an die der südlichen. Spinöla, der seit 1603 den
Oberbefehl führte und für den Krieg selbst Millionen opferte,
nahm 1604 nach mehr als dreijähriger Belagerung Ostende. Aber
diese und andere spanische Erfolge zu Land wurden durch schwere
Verluste zur See mehr als ausgeglichen, die Albrecht unter-
stehenden Provinzen waren schwer verödet und hatten bei ge-
mindertem Erwerb eine grosse Steuerlast zu tragen. Die General-
staaten bezw. ihre Provinzen und Städte hatten ebenfalls eine
enorme Schuldenlast aufgehäuft, auch der Steuerdruck war schwer;
England hatte mit Spanien 1604 Frieden geschlossen, Frank-
reichs offene und volle Hilfe war nur gegen Verzicht auf volle
Unabhängigkeit zu erhalten. Ende 1606 begannen Unterhand-
lungen; das Ergebnis war ein April 1609 abgeschlossener
zwölfjähriger Waffenstillstand. Spanien erkannte
die Unabhängigkeit der (sieben) vereinigten Pro-
vinzen an, gestand ihnen das Recht zu, mit allen überseeischen
Ländern zu verkehren, die nicht unmittelbar unter spanischer
Herrschaft standen, und verzichtete darauf, dass Freiheit und
Oeffentlichkeit des katholischen Kultus für das Gebiet der freien
Niederlande zugesichert werde. Die freien Niederlande, deren
geistige Energie, wirtschaftliche Kraft und Erfahrung durch stete
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Extrahierte Personennamen: Moritz Albrecht Albrecht Rudolfs Albrecht Isabella Albrecht Spinöla Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Westeuropa Niederlande Rudolfs Spanien England Nieuwpoort England Spanien
244
östlichen Europa zu Gunsten Russlands. In Stockholm schloss
Schweden 9. November 1719 mit Hannover, 21. Januar 1720
mit Preussen Frieden: Hannover erhielt die Bistümer Bremen
und Verden gegen 1 Million Thaler, Preussen Vorpommern östlich
der Peene gegen 2 Millionen Thaler, sodass der deutsche Besitz
Schwedens auf den Rest von Vorpommern mit Rügen und Wismar
beschränkt wurde. Dänemark gab im F r i e d e n v о n Fried-
richsburg (3. Juli 1720) seine Eroberungen gegen 600000 Thlr.
an Schweden zurück, das aber sich dem Sundzoll unterwarf und
den Herzog von Gottorp preisgab; die Schleswig-Gottorpischen Be-
sitzungen wurden m it Dänemark vereinigt und Schleswig widerrecht-
lich, weil im Widerspruch zu der 1460 garantierten Zusammen-
gehörigkeit Holsteins und Schleswigs, unter das (1665 beschlossene)
Königsgesetz gestellt, das für Dänemark die weibliche Erbfolge
festsetzte. Gegen Russland, wurde der Krieg fortgesetzt und
dadurch nichts als eine arge Verwüstung der schwedischen Küste
erreicht. Im Frieden von Nystadt (10. September 1721)
gab Russland, dessen Herrscher jetzt den Kaisertitel annahm,
das ebenfalls eroberte Finnland zurück, behielt aber gegen
2 Millionen Thaler Ingermanland, Karelien, Esthland und Livland.
Polen, das in den Frieden mit aufgepommen wurde, hatte nichts ge-
wonnen, es musste Stanislaus Lesczynski eine Geldentschädigung zahlen, und
durch die Vermählung der einen Nichte Peters, Anna Iwanowna, mit dem
Herzog von Kurland (1712) war die Vereinigung auch dieses Landes mit
Russland eingeleitet. Den Versuch, auch in Mecklenburg festen Fuss zu
fassen dadurch, dass er den Herzog Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin,
den Gemahl der andern Tochter Iwans, Katharina, bei seinem gewaltthätigen
Vorgehen gegen die mecklenburgischen Stände unterstützte, hatte Peter der
Haltung England-Hannovers und Hollands gegenüber aufgegeben (1717). Für
die Rechte des Gottorpers trat Peter nicht ein, verlobte ihm aber kurz vor
seinem Tod die eine seiner Töchter; diese Ehe des Herzogs Karl Friedrich
von Gottorp mit Peters des Grossen Tochter Anna eröffnete dem Haus
Gottorp die Aussicht auf den russischen Thron.
§ 74. Russland unter Peter und seinen nächsten Nachfolgern.
Peters Regierung im Innern. Neben der kriegerischen Thätigkeit
waren Peters Bestrebungen, Russland unmittelbar zu europäisieren, herge-
gangen; 1716—17 hatte er seine zweite Reise nach Westeuropa (über Danzig,
Stettin, Kopenhagen, Amsterdam nach Paris) gemacht. Die Schaffung
eines Heeres (1725: 210 000 Mann) und einer Flotte (1725: allein
48 Linienschiffe), sowie einer Hauptstadt nach europäischem
Muster (s. S. 242) war gelungen. Erfolgreich waren auch die Bemühungen
Peters, in Russland neue Zweige des Ackerbaues einzuführen, den Berg-
bau zu heben, eine Industrie zu schaffen und namentlich den russischen
Handel zur Entwickelung zu bringen. Den letzteren Zwecken diente ein
merkantilistisches Schutzzollsystem, die Anstellung von Konsuln im Auslande,
die Einrichtung von Jahrmärkten und Börsen, die Einführung von Posten, die
Anlegung von Häfen und insbesondere von Kanälen, die nach Peters, freilich
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel]]
TM Hauptwörter (200): [T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden]]
Extrahierte Personennamen: Stanislaus_Lesczynski Peters Anna_Iwanowna Karl_Leopold_von_Mecklenburg-Schwerin Karl Leopold Katharina Peter Peter Karl_Friedrich
von_Gottorp Karl Friedrich Peters Anna Peter Peters Peters Peters Peters
Extrahierte Ortsnamen: Europa Russlands Stockholm Schweden Preussen Schwedens Wismar Schleswig Schleswigs Russland Russland Finnland Karelien Esthland Livland Kurland Hollands Haus
Gottorp Russland Westeuropa Danzig Stettin Kopenhagen Amsterdam Paris Russland
16
seinen Bevollmächtigten, die ebenfalls beschlossen wurde, kam
bald ins Stocken, wesentlich durch Max’ Schuld; nicht ohne
seine Schuld scheiterte auch der Versuch mit dem ge-
meinen Pfennig. Den Ertrag desselben in seinen Erb-
landen behielt und verwendete er eigenwillig, später war er
bemüht, die andern Erträgnisse ohne weiteres in seine Verfügung
zu bekommen; in den Niederlanden tliat sein Sohn Philipp
gar nichts für die Erhebung. Die Reichs ritterschaft, besonders
die fränkische, weigerte sich grundsätzlich, manche fürstliche
Territorien blieben infolge bösen Willens oder Saumseligkeit im
Rückstände, nur die Städte brachten ihn schliesslich alle auf.
Bald geriet auch wegen mangelnder Mittel zur Besoldung das
Reichskammergericht ins Stocken. 1499 bewilligten die Stände
gegen eine verbesserte Kammergerichtsordnung dem Kaiser, der
Ì498 einen besonderen Hofrat als Appellationsinstanz geschallen
hatte, die Befugnis, das Kammergericht nach Jahresfrist von
Worms (hier seit 1492) zu sich abzuberufen.
Der, hauptsächlich mit den Kräften Oesterreichs und des
schwäbischen Bundes geführte Reichskrieg gegen die Eid-
genossenschaft („Schwabenkrieg“) brachte, auch nach
dem persönlichen Eingreifen des Königs, nur schwere Nieder-
lagen (1499). Der unter Vermittlung des (durch das Bündnis
Frankreichs und Venedigs aus Mailand verdrängten) Lodovico
Moro geschlossene Baseler Frieden sicherte dem Thurgau
die gerichtliche Unabhängigkeit vom Reiche, und seitdem
erkannte die Schweiz nie mehr die Gerichtsgewalt,
Steuer- und Kriegshoheit des Reiches an.
Die Eidgenossenschaft. Max hatte, nachdem er Herr von Tirol ge-
worden war, sich bemüht, um die Schweizer hei grossen Unternehmungen für
sich zu haben, die „ewige Richtung“ zu erneuern, aber ohne Erfolg, da zuerst
und vor allem die Urkantone widerstrebten, auch französische und bayerische
Diplomatie entgegenarbeiteten. Dem schwäbischen Bunde misstrauten die Eid-
genossen. Die Reichsstadt Konstanz, die das Landgericht über den Thurgau
besass, trat, statt zugewandt zu werden, dem schwäbischen Bunde bei (1498).
Das Reichskammergericht, dessen sie nicht zu bedürfen glaubten, und den gemeinen
Pfennig hatten die Eidgenossen nicht anerkannt. Das Reichskammergericht, an
das sich der frühere St. Galler Bürgermeister Varnbüler (s. Ii. S. 229) wandte,
venirteilte die Stadt St. Gallen zum Schadenersatz an dessen Erben und ächtete
sie, als sie sich dem Spruche nicht fügte. Wie für St. Gallen, trat die Eid-,
genossenschaft für Rottweil und den mit den meisten Orten verburgrechteten
Grafen von Sargans, die ebenfalls geächtet waren, ein. März 1499 schloss sie
ton neuem ein Bündnis mit Frankreich. Während Max selbst bemüht war,
im Interesse seiner dynastischen Pläne die Streitfragen beizulegen und den
St. Galler Handel auch wirklich schlichtete, kam es zum Kriege infolge
eines Vertragsbruchs der Tiroler Regierung den Graubündnern gegenüber, von
deren drei, seit 1471 miteinander föderierten, Bünden 1497 der graue (obere)
Bund, 1498 der Gotteshausbund (mit Stadt Chur) sich auf ewig mit den alten
Orten verbündet hatten. Die Zugehörigkeit der Schweiz zum Reiche
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Lodovico
Moro Max Max Max
Extrahierte Ortsnamen: Worms Oesterreichs Frankreichs Venedigs Mailand Thurgau Thurgau Rottweil Sargans Frankreich Chur
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viele Niederländer, auch Katholiken, flüchteten sich vor diesem
Gewaltregiment, viele wurden verbannt; der Blutrat fällte
auch manche Urteile, um die Kassen der Regieruug, noch mehr
aber, um die eigenen zu füllen.
Einfälle, die des Oraniers Brüder an der Ostgrenze (Sieg
Ludwigs und Tod Adolfs von Nassau bei Heiligenlee, gänzliche
Niederlage bei Jemmingen), dann der Oranier selbst an der Maas
mit Söldnerhaufen machten, um sich an geeigneten Orten fest-
zusetzen, scheiterten. Eine auch von den geistlichen Kurfürsten
verlangte Intervention Maximilians wies Philipp schroff ab. Die
schweren neuen Steuern, die Alba den Provinzen auf-
erlegte, vor allem die Besteuerung jeden Warenumsatzes,1) das
entsetzliche Treiben der 40000 Söldner, denen sehr
bald der Sold nicht mehr bezahlt wurde, die allgemeine Miss-
wirtschaft riefen 1571 Widerstand, 1572 offene Empö-
rung mancher Städte hervor. Nachdem die seit 1568
sich regenden „Meergeusen“, die von englischen, deutschen
und französischen Häfen aus Kaperei trieben, sich 1. April
1572 in Brielle festgesetzt hatten, ergriff der Aufstand
die meisten Plätze von Holland und Seeland; Juli
wurde Oranien von den Ständen zum Statthalter von
Holland, Seeland, Westfriesland und Utrecht er-
nannt; zwar misslang der Angriff des Oraniers und Ludwigs
gegen die südlichen Provinzen, da die französische Hilfe aus-
blieb, aber Oranien säuberte bis Ende d. J. Holland von spani-
scher Besatzung; der Heldenmut, mit dem Harleem sich ver-
teidigte, und das Schicksal der Bürger nach dem Fall der Stadt
zeigten, wie hartnäckig und unversöhnlich der Kampf von nun
an geführt wurde, und wie verwildert die spanischen Söldner
waren. Alba wurde, nach einem Misserfolg seines Sohnes vor
Alkmaar, Ende 1573 abberufen.
Zunahme des Abfalls von Spanien. 1573—78. Sein
Nachfolger Don Louis Requösens y Zuniga (f März
1576) zeigte sich, von religiöser Intoleranz abgesehen, mild,
aber der Freiheitssinn war schon zu stark entwickelt und der
Calvinismus in den aufständischen Provinzen zu mächtig
(Organisation durch eine Dordrechter Synode 1574);
*) Alba übertrug: damit die kastilische Alk ab a 1 a auf die Niederlande,
dort war sie aber weniger lästig;, weil sie meistens in eine von den Gemeinden
zu bezahlende Pauschalsumme (encabaziamento) umgewandelt wurde und der
Handel weit weniger entwickelt war. Alba forderte von jedem Umsatz (auch
zum unmittelbaren Verzehr) 10%, von der Ausfuhr anfangs 10, später 31/3%
des Preises. Als beständige indirekte Steuern sollten sie auch das Steuer-
bewilligungsrecht der Stände wirkungslos machen,
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Adolfs Maximilians Philipp Philipp Ludwigs J._Holland_von_spani- Louis_Requösens_y_Zuniga
Extrahierte Ortsnamen: Nassau Heiligenlee Maximilians Holland Seeland Holland Seeland Westfriesland Utrecht Spanien Niederlande
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§ 45. Spaniens wirtschaftlicher Niedergang und innerer Zerfall.
Schon bei Karls У. Rücktritt war Spanien mit einer be-
deutenden Staatsschuld (20 Millionen Dukaten) belastet, ein
Ueberschuss der Ausgaben über die ordentlichen Einnahmen so
ziemlich schon stehend und der Wohlstand und die Erwerbs-
kraft des Volks gemindert. Es flössen zwar Philipp, nachdem
seit 1563 in den Silbergruben von Mexico und Potosi das Amalgam-
verfahren eingeführt war, immer grössere Summen als „ Quinto “
der Ausbeute zu, die Abgaben wurden erhöht und vermehrt,
Geld durch Verkauf von Aemtern und Titeln, Kronrechten und
Kroneigentum gewonnen; trotzdem stieg die Geldnot und
die Verschuldung des Staats immer mehr; es kam
(wie schon 1557) 1575 und 1596 zum Staatsbankerott. Bei
Philipps Ii. Tod belief sich die Staatsschuld auf 100 Millionen
Dukaten (etwa 3—4 Milliarden Mark heutigen Geldwertes).
Unter seinen Nachfolgern, dem unfähigen und arbeitsscheuen
Philipp Iii. (bis 1621, Hauptgünstling und eigentlicher Regent
der Herzog von Lerma) und dem prunkliebenden Philipp Iv.
(bis 1665 regierender Minister: Herzog Olivarez, 1641 gestürzt)
nahm die Zerrüttung der Staatsfinanzen, die Verschwendung für
den ungeheuren Hofstaat mit seiner immer mehr sich ausbilden-
den Etikette, die Unehrlichkeit und Unfähigkeit der Verwaltung
und der Rechtsprechungdie fiskalische Aussaugung, sowie die
Verödung des flachen Landes und die Verarmung des Volkes
immer noch zu. Der Ackerbau war immer mehr beschränkt
und unergiebig geworden, die spanische Industrie immer mehr
zurückgegangen. Die Einfuhr überstieg die Ausfuhr ums doppelte,
der Handel in Spanien selbst, wie die Industrie war etwa zur
Hälfte in den Händen Fremder, der Handel mit den amerikani-
schen Ländern thatsächlich zu 9до. Die Besitztümer und Ein-
künfte der Kirche, besonders der Klöster und der Bischöfe
waren immer mehr gewachsen; Priester, Mönche und Nonnen
machten etwa 5%, der Adel 6—7°/o der Bevölkerung aus.
Universitäten und Mittelschulen gediehen nach Zahl der Schüler,
aber von Wissenschaften wurden mit einiger Fruchtbarkeit nur
noch Theologie und Rechtswissenschaft betrieben. Dagegen er-
lebte die spanische Litteratur (wie kurz vorher die portu-
giesische, Luiz de Camoens 1525—80) ihr goldenes Zeit-
alter (Drama: Lope de Vega 1562—1632 und Caldöron 1600 bis
1681; Roman: Cervantes 1547—1616, Don Quichote). Italienischen
Schulen und Einflüssen gegenüber selbständig entwickelte sich eine
nationale, realistische Malerei in der Schule von Sevilla, deren
grösste Meister der als Porträtmaler ausgezeichnete Diego Velas-
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Extrahierte Personennamen: Karls Philipp Philipp Potosi Philipps Philipps Philipp_Iii Philipp Philipp_Iv Philipp Luiz_de_Camoens
Extrahierte Ortsnamen: Karls Spanien Lerma Spanien Sevilla