Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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„Annolied" um die Mitte des zwölften Jahrhunderts) in großer Zahl.
Die Krone aller poetischen Erzeugnisse aber ist das wahrscheinlich auch dieser Zeit angehörende Nibelungenlied, dem sich die Gudrun würdig anschließt. Ersteres, dessen einzelne Lieder durch einen österreichischen Ritter, „der Kürenberger", zu einer einzigen Dichtung vereinigt sein sollen, schildert die Kämpfe der Burgunden mit den Hunnen zur Zeit der Völkerwanderung, letzteres schildert das bewegte Leben der alten Seekönige an der Nordsee und verherrlicht die stiüduldende Treue des Weibes, während im Nibelungenliede mehr die beharrlich ringende hervortritt.
In dem dichterischen Ausgestalten der Stoffe, welche die Phantasie des Volkes so nachhaltig erregten, daß die herrlichsten Lieder (Nibelungen und Gudrun) unmittelbar aus dem Gemüte hervorgegangen zu sein scheinen und keinem einzelnen Dichter angehören, sondern das ganze Volk gleichsam zum Verfasser haben, offenbart sich das gewaltige Ringen des deutschen Geistes nach Befreiung von den Fesseln der fremden Sprache. Letztere ward verdrängt, als sich die eigene Sprache mehr und mehr dem reicheren Geistesleben anschmiegen lernte. Sie ward beweglicher in ihren Wandlungsformen, die volltönenden Endsilben wichen immer mehr den tonlosen, die nur das e noch beibehielten; an die Stelle des „Althochdeutsch" trat das sogenannte „Mittelhochdeutsch". Letzteres erwuchs aus der schwäbischen Mundart und errang bald die ausschließliche Herrschaft in der Mitte und im Süden unseres Vaterlandes, sie herrschte von 1150—1500.
Während die lateinische Dichtung ganz in den Händen der Geist- ^uz-lichen gelegen hatte, erfaßte die Begeisterung, welche von den Kreuzzügen ausging, jetzt auch die Laien. Namentlich war es der Stand der Ritter, den das Wehen einer großen Zeit zu poetischen Schöpfungen drängte, in denen sich das Geistesleben der damaligen Welt getreulich abspiegelt. Man bezeichnet diese Periode als die erste Blüte unserer Sprache, sie war eine höfisch-ritterliche und zog nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Stoffe in ihr Bereich, denen sie aber stets den Stempel deutschen Geistes aufprägte. — Der erste Kreuzzug (1096—1099) unter Gottfried von Bouillon fiel in die unglückliche Zeit der Regierung Kaiser Heinrichs Iv. und ging fast spurlos an Deutschland vorüber, erst an den folgenden unter Konrad Iii.
(1147— 1149) und unter Friedrich I. Barbarossa (1189 — 1192) haben sich die Deutschen in großen Scharen beteiligt. Viele trieb jeden-
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Huldigung zwang; er erwarb wieder den Kirchenstaat, der in schwäbische Reichslehen aufgeteilt war, und erhielt die Anerkennung des Lehnsrechtes von Apulien und Sizilien.
ad d): In Familien- und politischen Streitigkeiten der Fürsten trat Innocenz als Schiedsrichter auf. Im niederen Volke wirkten in seinem Interesse die von ihm bestätigten Bettelorden, der Dominikaner- oder Predigerund der Franziskanerorden.
ad e): Innocenz beauftragte den Dominikanerorden, für die Ausrottung der Albigenser zu wirken, die, von Petrus Waldus gestiftet, namentlich gegen das weltliche Besitztum und die äußere Ersd)einung der Kirche eiferten. Erst durch einen Kreuzzug und nad) einem greuelvollen Kriege mürbe die Irrlehre unterdrückt. — Das 4. Laterankonzil 1215 verschärfte die Verfolgungen der Häretiker und beauftragte die Bischöfe, für die Erforschung und Aufsuchung der Ketzer zu wirken. (Inquisitoren, Inquisition.) (Gregor Ix. gab 1229 bet kirchlichen Inquisition eine bestimmte Form.)
2. Der vierte Kreuzzug, 1202 — 1204. Auf die Anregung Innocenz' Iii. vereinigten sich französische Ritter zu einem neuen Kreuzzuge. In Venebig angekommen, bewogen sie gegen Versprechung bebeutenber Geld-snminen und unter der Bebingung, alle Eroberungen zwisd)en den Venetianern und Kreuzfahrern zu teilen, die junge Republik zur Teilnahme. Wegen Zahlungsunfähigkeit übernahmen die Kreuzfahrer zunächst im Dienste Vene-bigs die Eroberung von Zara und segelten dann nad) Konstantinopel, wohin sie von dem Prinzen Alexius Angelus, dem Sohne des entthronten Kaisers Isaak Angelus, zu Hilfe gerufen wurden. Konstantinopel wurde nad) der Flucht des Usurpators genommen. Das Volk war aber über die Bedingungen des mit den Kreuzfahrern geschlossenen Vertrags unzufrieden und wählte einen neuen Kaiser. Daher erstürmten diese zum zweitenmale Konstantinopel und gründeten das lateinische Kaisertum, 1204 — 61. Die Venetianer nahmen alle für den Handel mit der Levante wichtigen Küstenplätze für fid). Im Jahre 1261 stellte Mid)ael Paläologus, ein Abkömmling der alten Kaiserfamilie, das byzantinische Kaisertum wieder her.
V. Ariedrich Ii., 1215—1250. Er war in Bezug auf Begabung und Bildung der bedeutendste unter den Staufern. Eine glänzende Erziehung hatte ihn mit klassischer und arabischer Gelehrsamkeit bekannt gemacht und seinen Sinn zum Studium der Naturwissenschaften und zur Poesie angeregt. Von einer italienischen Mutter und einem früh gestorbenen deutschen Vater stammend, ward fein Herz aber den deutschen Interessen entfremdet. Friedrich Ii. war tüchtig als Feldherr, größer noch als Staatsmann.
1. Römerzug, 1220. Friedrich ließ zu Frankfurt feinen Sohn Heinrich zum deutschen Könige wählen und verlieh den geistlichen Fürsten fast völlige Landeshoheit, um unbehindert fein Interesse
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einen empfindlichen Stoß zu geben. Er schrieb die „Geschichte des Doktor Äkakia". Friedrich hatte dieses Produkt im Manuskripte gelesen; der beißende Witz hatte ihm Vergnügen gemacht, aber er hatte verlangt, daß das Werk ungedruckt bleibe. Voltaire versprach es: in kurzem jedoch erschien dasselbe zum großen Jubel der Feinde des Präsidenten, gedruckt in Dresden. Friedrich war hierüber, obgleich Voltaire seine Schuld leugnete, im höchsten Grade entrüstet, und der Dichter sah sich, um nicht alle Gnade des Königs zu verlieren, schmachvoll zu der Unterschrift eines Reverses genötigt, in welchem er fortan eine schicklichere Aufführung geloben mußte. Damit war aber die Gelegenheit nicht beendet. Aus seinem eigenen Fenster, es war am 24. Dezember 1752, mußte er es mit ansehen, wie der „Akakia" auf öffentlicher Straße durch die Hand des Henkers verbrannt wurde.
Auf diese Schmach war Voltaire nicht gefaßt gewesen. Er packte sein Pensionspatent, den Orden, den goldenen Schlüssel zusammen und sandte sie unverzüglich an Friedrich zurück. Auf den Umschlag des Pakets hatte er den Ser« geschrieben: @ie itf) cmt,fangm zartbegm«,
Ich sende sie zurück mit Schmerzen:
So mie ein Liebender mit tief zemffnem Herzen Zurück das Bildnis der Geliebten schickt.
Ein Brief, der dem Paket bald nachfolgte, sprach die Gefühle der tiefsten Kränkung, der gänzlichen Trostlosigkeit aus. Dieser Brief verfehlte feine Wirkung nicht. Noch an demselben Tag erhielt Voltaire die Zeichen der königlichen Gnade wieder, und es wurde noch einmal der Versuch gemacht, das alte Verhältnis wieder herzustellen.
Bald jedoch fühlte Voltaire deutlich, daß nach solchen Vorgängen die alte Vertraulichkeit nicht wiederkehren könne. Er bat um Urlaub zu einer Badereise nach Frankreich und erhielt ihn. Am 26. März 1753 reifte er von Potsdam ab. Kaum in Leipzig angekommen, ließ er neue beleidigende Blätter drucken. Dafür aber wartete feiner in Frankfurt, wo er am 1. Juni ankam, eine neue Schmach. Der König hatte ihm befohlen, das Patent, den Orden, den Schlüssel, auch das Exemplar seiner Gedichte, welches er ihm anvertraut, zurückzulassen. Dies war nicht erfolgt, und so wurde er aus Ansuchen des preußischen Ministers zu Frankfurt so lange gefänglich eingehalten, bis nach sechzehn Tagen sein Koffer aus Leipzig ankam, in welchem sich die verlangten Gegenstände befanden. Manches Bittere in Versen und in Prosa folgte noch auf diese Vorfälle, und dennoch sahen sich beide Männer, der König und Voltaire, in kurzer Frist zu neuem Austausch ihrer Gedanken angetrieben; Voltaire jedoch zurückzurufen oder ihm den Orden und den goldenen Schlüssel wiederzugeben, dazu war Friedrich nicht zu bewegen.
Übrigens war Voltaire nicht der Einzige, sondern nur der Vornehmste der von Friedrich herbeigezogenen und unterhaltenen französischen Schöngeister und Religionsfpötter. Jenen ausgenommen, waren die übrigen insgesamt
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Urheberin dieses Teilungsplanes bezeichnet. Durch neuere Forschungen ist dieser dunkle Schatten von ihrem Andenken hinweggenvminen worden. Die Verfügungen des Großen Kurfürsten zu Gunsten seiner Söhne zweiter Ehe waren von viel harmloserer Art, als man bisher angenommen hat. Ter Kurfürst hat niemals daran gedacht, die von ihm unter so heißer Arbeit begründete Einheit des brandenburgischen Staates wieder aufheben und die volle Souveränität seines Nachfolgers iu Frage stellen zu wollen. Seine Absicht ist nur dahin gegangen, die nachgeborenen Söhne durch die Einkünfte bestimmter Landesgebiete, die jedem derselben zufallen sollten, sicher zu stellen und ihnen dadurch die Möglichkeit zur Gründung eigener Seitenlinien des Hohenzollernhanses zu verschaffen. Tie eigentlichen Hoheitsrechte über den gesamten brandenburgischen Ätslnt sollten aber dadurch in feiner Weise beeinträchtigt werden. Übrigens hat sein Sohn und Nachfolger diesem Testamente, durch welches sich derselbe in seinen Hoheitsrechten beeinträchtigt glaubte, nach seinem Regierungsantritt die Anerkennung versagt, ohne daß dieser Gewaltstreich zu weiteren Irrungen in der Familie Anlaß gab. Friedrich Iii. bedachte seine Stiefbrüder nachmals in angemessener Weise mit reichlichen Einkünften, mit denen sie sich zufrieden gestellt erklärten. Nur der älteste derselben, Philipp Wilhelm, erhielt unter dem Titel Markgraf von Brandenburg - Schwedt die Herrschaft Schwedt zu eigenem Besitz, aber unbeschadet der kurfürstlichen Hoheitsrechte. Dieselbe ging nach seinem am 19. Dezember 1711 erfolgten Tode auf feinen Sohn Friedrich Wilhelm, den späteren Gemahl der Schwester Friedrichs des Großen, der Markgräfin Sophie, über und ist dann, nachdem Friedrich Wilhelm am 4. März 1 < 71, ohne einen männlichen Erben zu Hinterlasten, verstorben war, an die Krone Preußens zurückgefallen.
Immerhin aber bleibt die Thatsache bestehen, daß die Fürsorge der Kur-fürstin Dorothea für ihre Kinder auf ihr Verhältnis zu dem Kurprinzen Friedrich einen in hohem Maße nachteiligen Einfluß ausgeübt und auch dazu beigetragen hat, dem Kurfürsten feine letzten Lebensjahre vielfach zu verbittern. Der Kurprinz, der sich höfischen Zuträgereien und Ränken in hohem Maße zugänglich erwies, war von tiefstem Mißtrauen gegen die Stiefmutter erfüllt. In diesem Mißtrauen war er geneigt, selbst den schwersten Anklagen, die über die Kurfürstin Dorothea in Umlauf gefetzt wurden, Glauben zu schenken. Es ist Thatsache, daß die öffentliche Meinung den plötzlichen Tod des Kurprinzen Karl Emil der Stiefmutter schuld gab. Durch höfische Zwischenträger in seinem Mißtrauen bestärkt, hielt sich auch Kurprinz Friedrich von ihr durch Vergiftungsversuche verfolgt, und als nun gar im April 1687 der zweite noch übrige Sohn aus erster Ehe, Markgraf Ludwig, unter auffallenden Umständen plötzlich verstarb, nahm es der Kurprinz als gewiß an, daß seine Stiefmutter die Hand dabei im Spiel gehabt habe. Er begab sich mit seiner Gemahlin nach Hannover, verweigerte die Rückkehr und machte so das innere Familienzerwürfnis zu einem offenkundigen Skandal. Erst nach einiger Zeit kehrte er
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schiedenheit des Bekenntnisses getrennt. Dennoch mar es dein Kronprinzen die größte Herzensfreude, als sich seine Gemahlin ans völlig freier und eigener Überzeugung entschloß, sich auch äußerlich zur Gemeinschaft der evangelischen Kirche zu bekennen. Am 4. Mai 1830, dem Buß- und Bettage, empfing Kron-prinzeß Elisabeth zum äußeren Zeichen ihres Übertritts zur evangelischen Kirche in Gemeinschaft mit ihrem Gemahl zum ersten Male das Abendmahl in beiderlei Gestalt. In aller Stille war Hofprediger Strauß ins Schloß gerufen worden, um dem fronprinzlichen Paare das Sakrament zu reichen. Unmittelbar nach beendeter Feier eilten beide zum König, den der Kronprinz mit den Worten
begrüßte: „Wir kommen, um den väterlichen Segen zu bitten.". Mehr konnte
er in der Erregung des Augenblicks nicht sprechen. Stumm, aber verständnisinnig umarmte der König die geliebten Kinder. Ob noch so lange ermattet, saut ihm doch jetzt der Übertritt seiner Schwiegertochter völlig überraschend.
Doch äußerte er abends zu einem Bertrauten, daß dieser Bußtag der schönste
seines Lebens sei.
2. Die erster: Kegirrungsjahre Friedrich Wilhelms Iv.
Ed. Duller, Geschichte des deutschen Volkes. 2. Band. 7te Aufl. Berlin 1891.
Kronprinz Friedrich Wilhelm war schon sünsitndvierzig Jahre alt, als am 7. Juli 1840 König Friedrich Wilhelm Iii., tief betrauert von feinem Bolke, zur einigen Ruhe einging. Friedrich Wilhelm Iv. galt weit und breit als ein Mann des Fortschrittes, als ein Freund der neuen Jdeeeu; man setzte die hochfligendsten Hoffnungen auf ihn. Als er zur Huldigung in Königsberg erschien (1840), baten ihn die dortigen Stände, die seit dem 22. Mai 1815 verheißene allgemeine Landesvertretung endlich zu gewähren, überhaupt eine reichsständische Verfassung einzuführen. Wie erstaunt war die Nation, als der König noch in demselben Jahre auss bündigste erklärte, daß er ihr Verlangen nicht erfüllen werde! Die Enttäuschung war so groß als früher die Hoffnung, und die Mißstimmung stieg aus den oberen Klassen allmählich aus die unteren hinab. Ta begann sich ein Verhältnis zu bilden, das in Preußen durchaus neu war: König und Volk kamen auseinander; und — unerhört in diesem Lande — ein revolutionärer Geist drang ein.
Und doch war Friedrich Wilhelm Iv. geschmückt mit manchen Vorzügen und Tugenden; er hätte als Privatmann gewiß Vortreffliches geleistet. Es gab in Deutschland, in Europa unter den Fürsten keinen so geistreichen Mann wie er. Durch seine und vielseitige Bildung glänzte er auch unter den Besten der ganzen hochgebildeten Nation. Seine Sprache war ein Muster des guten Geschmackes; seine Gedanken überraschten durch hohen Schwung, sprühenden Witz. Gelehrt in säst jeder Wissenschaft und ein seiner Kenner und begeisterter Liebhaber der Kunst, sammelte er ihre ausgezeichnetsten Meister um sich und ehrte sich und sie durch seine Freundschaft. Dabei war er aufrichtig fromm, und
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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5. Ihre Durchlaucht die Herzogin von Schleswig-Holstein-Sonderbnrg-Augustenburg.
6. Ihre Durchlaucht die verwitwete Frau Gräfin von Erbach-Schönburg, geb. Prinzessin von Hohenlohe-Langenburg.
Sämtlich abwesend.
Ans dieser Notiz geht zugleich hervor, daß schon damals intime Beziehungen zwischen dem preußischen Königshause und der herzoglichen Familie bestanden. Die Herzogin war eine Nichte der Königin Viktoria in England.
Die ersten Jugendjahre verlebte die Prinzessin zu Dolzig unweit Sommerfeld in der Lausitz. Ihre erste Erzieherin war eine Dame aus der französischen Schweiz, die aber schon nach wenigen Jahren durch eiue Engländerin, Miß Walter, ersetzt wurde. Als am 11. März 1869 der Großvater der Prinzessin, Herzog Christian August, gestorben war, siedelte der Vater mit der Familie nach Primkeuau in Schlesien über, da er die dortige Herrschaft geerbt hatte. Hier wuchs die Prinzessin zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Karoline Mathilde und ihrem Bruder Ernst Güuther auf, gleich einer lieblichen Blume, anziehend durch ihre liebliche Gestalt, noch mehr aber durch den Adel ihres Herzens und ihrer Seele. Mit dem zunehmenden Alter der Kinder trat noch ein Kandidat der Theologie als Hauslehrer ein, welcher den Religionsunterricht der Kinder und die lateinischen Studien des Prinzen Ernst Günther leitete.
Schon mit vierzehn Jahren sprach Prinzessin Auguste Viktoria fertig englisch und französisch, und sie lernte nebenbei auch noch dänisch, weil sie eine Dänin als Garderobemädchen hatte. Hervorragende Lehrer wurden nach Prim-kenau berufen, um den Unterricht in der Musik und Malerei zu erteilen. Als Mitgabe fürs Leben hat Gott unserer Kaiserin bedeutende Anlagen für Musik gegeben, die auch treulich von ihr gepflegt werden. Herzog Friedrich überwachte den Unterricht feiner Kinder mit inniger Teilnahme. Die Lehrstunden waren genau nach einem festen Lehrpläne geordnet und mußten aufs pünktlichste eingehalten werden.
Das Familienleben in der Herzoglichen Familie war ein prächtiges und durchaus einfaches; große Vergnügungen sind in die Jugendjahre der Prinzessin kaum gefallen. Ihre schönste Erinnerung aus dieser Zeit wird wohl eine Reise zu ihrer Tante, der Prinzessin Amalie von Schleswig-Holstein, sein, welche sich im Winter stets im südlichen Frankreich, in Pan, aushielt, wo auf die Bitten der Tante hin auch die beiden jungen Prinzessinnen einen ganzen Winter zubringen durften. Später weilte die Prinzessin auch oft mit ihrer (Schwester in England bei ihrem Oheim, der in den, einfachen Schlößchen Cnmberland-Lodge des großartigen Parkes von Windsor wohnte und hier den größten Teil des Jahres verlebte. Als Winteraufenthalt wählte das Herzogliche Elternpaar gewöhnlich Gotha, die Residenz des Herzogs Ernst, mit welchem der erlauchte Vater nicht nur verwandt, sondern auch aufs innigste befreundet war.
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Extrahierte Personennamen: Schleswig-Holstein-Sonderbnrg-Augustenburg Gräfin_von_Erbach-Schönburg Sommerfeld Walter Christian_August August Karoline_Mathilde Ernst_Güuther Ernst Ernst_Günther Ernst Günther Auguste_Viktoria Friedrich Friedrich Amalie_von_Schleswig-Holstein Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Hohenlohe-Langenburg England Lausitz Frankreich England Gotha
Elisabeth. Maria Stuart. Melvil. Darnley. 105
zu und sagte endlich: sie hätte Anzüge aus allen Ländern. An dem folgenden Tage erschien sie bald in dieser, bald in jener ausländischen Tracht, und endlich fragte sie den Gesandten geradezu, in welchem Anzuge sie sich am besten ausnehme? „Im italienischen," antwortete der schlaue Hosmaun; denn er wußte, daß sie diesem vor allen den Vorzug gab, weil sie darin ihre fliegenden Locken zeigen konnte; und sie war auf ihre blonden, oder eigentlich röth-lichen Haare vorzüglich eitel. Nun legte sie ihm eine Menge Fragen vor: Welches ihm die beste Farbe von Haaren schiene? Ob die Haare seiner Königin oder die ihrigen schöner wären? Endlich fragte sie ihn sogar, welche von beiden überhaupt die Schönste wäre? Melvil lachte innerlich über diese Eitelkeit. Schnell faßte er sich aber und antwortete sehr klug: „Jhro Majestät sind die Schönste in England, und meine Königin in Schottland." Ferner fragte sie, welche von ihnen ant größten wäre? — „ Meine Königin," antwortete Melvil. — „O!" erwiederte Elisabeth, „dann ist sie zu groß; denn ich habe gerade die beste Größe." Da sie von ihm gehört hatte, daß Maria manchmal die Laute'spielte, auf welcher Elisabeth Meisterin zu sein glaubte, so befahl sie eines Tages einem ihrer Höflinge, er solle den Gesandten wie zufällig in ein Zimmer führen, wo er sie hören könnte. Melvil merkte die Absicht, und, seinem angenommenen Charakter treu, stürzte er, wie entzückt von den süßen Tönen, in das Zimmer der Königin, die sich zwar anfänglich unwillig stellte, aber doch nachher fragte, ob er sie ober Maria für eine größere Meisterin halte. Daß Melvil ihr den Vorzug gab, versteht sich von selbst; ttttb als er nach Schottland zurückkehrte, konnte er seiner Königin versichern, daß Elisabeth es nie mit ihr gut meinen würde uttb daß alle ihre Freunbschaftsversicherungen. nichts als Falschheit und Verstellung wären.
Bald sctnb sich auch eine Gelegenheit, die Wahrheit biefer Behauptung zu erfahren. Elisabeth schlug Maria vor, den Sohn des Grasen Lenox, Heinrich Darnley (sprich Därnli) zu hei-rathen. Lenox, von Geburt ein Schotte und ein Verwandter des Hauses Stuart, hatte seit lange in England gewohnt, wo auch fein Sohn geboren war. Das Alter und der Abel seiner Familie und der Wunsch der Elisabeth empfahlen bett Darnley vorzüglich, obgleich die Schotten, weil er katholisch war, die Verbinbnng nicht wünschten. Darnley war jetzt in feinem 20. Jahre, schön von Wuchs und Gesicht und von einnehntenbetn Betragen, so daß
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth Maria_Stuart Maria Melvil Darnley Melvil Melvil Elisabeth Maria Maria Maria Maria Elisabeth Maria Maria Heinrich_Darnley Heinrich Lenox Darnley
Extrahierte Ortsnamen: England Schottland Schottland England
92
Neue Geschichte. 1. Periode. England.
Arges zu denken. Aber seine Augen wurden immer stierer, und als sie fort war, theilte er seine Endteckuug seinem Beichtvater mit, der ihn noch mehr aufbrachte und ihn bat, der Königin als Ketzerin den Proceß machen zu lassen; denn je höher sie stände, desto größeren Eindruck würde ihre Bestrafung machen. So wurde also der Proceß eingeleitet, ohne daß die Königin etwas ahnte. Zufälligerweise ließ der Kanzler das Papier, auf dem die Anklage stand, aus der Tasche fallen. Einer der Anhänger der Königin fand es und brachte es ihr, und nun sah sie, in welcher großen Gefahr sie schwebte. Aber als eine kluge Frau faßte sie sich bald. Sie ging zum Könige, setzte sich ruhig zu ihm und als er wieder auf seine theologischen Sätze das Gespräch brachte und sie um ihre Meinung fragte, antwortete sie: solche tiefe Untersuchungen paßten sich nicht für Weiber. Diese wären dazu da, den Männern zu gehorchen. Dem Manne käme es allein zu, die Grundsätze für die Frau zu wählen, und diese müßten in allen Dingen die Denkart ihres Mannes annehmen. Sie müsse das um so mehr, da sie so glücklich wäre, einen Mann zu besitzen, der im Stande wäre, Religionsvorschriften für ganze Nationen zu entwerfen. Je länger sie sprach, desto mehr klärte sich das Gesicht des Königs auf, und endlich rief er, indem er sie umarmte: „Nein, bei der heiligen Maria, du bist ein Doctor geworden, Käthchen, und bist geschickter, mich zu unterrichten, als ich dich!" Sie antwortete bescheiden, dies Lob käme ihr gar nicht zu. Sie habe wohl zuweilen gewagt, eine andere Meinung aufzustellen; das habe sie aber nur gethan, um mehr Leben in die Unterhaltung zu bringen und ihm Gelegenheit zu geben, sie zu belehren. „Ist das wirklich wahr, meine Liebe?" rief Heinrich. Nun da sind wir ja wieder vollkommen gute Freunde." Als nun beide in freundlichem Gespräche umhergingen, kam der Kanzler, rief den König bei Seite und brachte ihm die Nachricht, daß der Proceß eingeleitet sei. Aber er kam schlimm an. Der König nannte ihn einen Narren über den anderen, so daß der Mann ganz verwirrt davonschlich.
Heinrich starb endlich in demselben Jahre, da Franz I. starb (1547).
93. Johanna Gray. — Maria von England.
Heinrich Viii. und der Johanna Seymour Sohn, Eduard Vi. (1547—53), wurde nun König, ein erst zehnjähriger, gutgearteter
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Franz_I. Johanna_Gray Maria_von_England Maria Heinrich_Viii Heinrich Johanna_Seymour_Sohn Eduard_Vi Eduard
Johann a Gray's Tod.
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Sohn. Die Verwandtschaft mit ihm, die Gleichheit des Glaubens, seine vornehme Geburt und seine Jugend (er war erst 26 Jahr, sie schon 38 alt) empfahlen ihn vorzüglich. Ganz England war über diese Heirath aufgebracht; man fürchtete den Stolz und die Grausamkeit des heimtückischen Philipp.
Diese Stimmung benutzten Suffolk und noch andere ehrgeizige Männer, einen Aufruhr zu erregen, aber nur zu ihrem und der armen Johanna Unglück; denn Maria unterdrückte die Unruhen schnell, Suffolk und die anderen wurden hingerichtet und nun auch der Johanna und ihres Mannes Tod beschlossen, so unschuldig beide auch an der Unternehmung ihres Vaters waren. Johanna wird uns von allen Geschichtschreibern als ein Ideal weiblicher Schönheit, fleckenloser Tugend und einer ganz seltenen Geistesbildung geschildert. Ihr Unterricht war freilich ganz anders gewesen, als er bei den Töchtern der gebildeten Stände unserer Zeit ist. Die Lehrer waren gelehrte Geistliche, welche auch die Mädchen, welche man ihnen zum Unterrichte übergab, in fremden Sprachen, besonders in der lateinischen und griechischen, unterwiesen. Das war freilich eine sehr verkehrte Art; indessen hatte doch diese Bildung dem Geiste der guten Johanna schon in ihrer frühen Jugend eine gewisse Reife verschafft, so daß sie frühzeitig etwas viel Höheres kennen lernte, als den Glanz ihrer Krone, und daß ihr das Leben in der Wissenschaft viel wünschenswerter schien, als die gefahrvolle Höhe eines Thrones.
Johanna's hohe Bildung bewährte sich herrlich in den letzten Tagen und Stunden ihres Lebens. Sie saß mit ihrem Manne im Tower gefangen. Was aus ihr werden sollte, blieb ihr zwar noch dunkel, aber sie suchte und fand Trost und Beruhigung in den Wissenschaften, vorzüglich aber in der Religion, an welcher sie mit ganzer Seele hing. Sie empfing die Nachricht von ihrer Verurteilung mit großer Ruhe und beklagte mehr als sich ihren jungen Gatten und besonders ihren Vater, den der Vorwurs peinigen mußte, seine Tochter aufgeopfert zu haben. Maria hoffte, sie wenigstens im Angesichte des Todes zu der römischen Kirche herüberzuziehen, und schickte einen gelehrten und feingebildeten Geistlichen zu ihr. Sie empfing ihn mit einer Milde und Zartheit, die ihn selbst tief bewegte. Mit ihm über Religion zu streiten, vermied sie. Sie habe, sagte sie, die wenigen übrigen Stunden nöthig, sich zu sammeln und auf den wichtigen Schritt vorzubereiten. Er glaubte in diesen Worten ihren Wunsch zu erkennen, daß die Hinrichtung
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