Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
— 100 —
bei Prenzlau ergeben. Das Hauptheer der Franzosen ging über Küstrin nach Polen. In dem preußischen Polen erregten die Franzosen einen Aufstand. Noch im Dezember erwehrte sich ein russisches Heer unter Bennigsen bei Pultusk der Franzosen. In der furchtbaren Schlacht bei Pr. Eylau (Februar 1807) griff Napoleon die Preußen und Russen an, letztere schlug er, die Preußen blieben unbesiegt. Des Korsen Versuch, Friedrich Wilhelm von seinem Bündnis mit Rußland abzuziehen, scheiterte. Friedrich Wilhelm verbündete sich nur noch fester mit Schweden und Rußland, mit letzterem im Vertrage zu Bartenstein (April 1807), wonach man den Krieg nicht eher beenden wollte, als bis die Franzosen Deutschland verlassen hätten. Auch England war zu einer Koalition geneigt. So nahm die preußische Sache wieder eine Wendung zum Besseren. An Haugwitz' Stelle war Hardenberg berufen worden; er besonders betrieb das preußisch-russische Bündnis. Doch nach der Niederlage der Russen bei Friedland (im Juni) verriet Kaiser Alexander seinen königlichen Freund. Bei einer Zusammenkunft mit Napoleon auf einem Floße auf dem Niemen ließ er sich von dem Bundesgenossen abziehen, besonders durch die Aussicht auf Landerwerbungen in der Türkei gewonnen. Vergebens suchte die von Napoleon geschmähte Königin Luise durch eine persönliche Zusammenkunft mildere Bedingungen für ihr Land von dem übermütigen Sieger zu erlangen; der Friede von Tilsit (7. bezw. 9. Juli) raubte dem Könige von Preußen die Hälfte seines Landes, das ganze Gebiet westlich der Elbe, das zumeist zum Königreich Westfalen unter der Herrschaft Jeromes, des Bruders Napoleons, geschlagen wurde, ferner die polnischen Erwerbungen von 1793 und 1795, woraus das Großherzogtum Warschau unter der Regierung des Königs von Sachsen gebildet wurde. Außerdem blieben französische Besatzungen in einigen preußischen Festungen; dieselben sollten so lange bleiben und von Preußen erhalten werden, bis die Kriegsentschädigung, deren Höhe vorläufig nicht festgesetzt wurde, gezahlt sein würde. — Im Verlaufe des Krieges waren die Fürsten von Hessen-Kassel und Fulda ihrer Länder verlustig gegangen; Sachsens war zum Königreich erhoben und mit den ernestinischen Gebieten in den Rheinbund ausgenommen worden. —
i) Vgl. Sz. 382 c.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Bartenstein Hardenberg Alexander Alexander Napoleon Napoleon Napoleons
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
— 453 —
den damaligen Bestrebungen Österreichs in Frankfurt entgegengesetzt, und ich kann nur sagen: ich kenne wenigstens kein besseres Wahlgesetz . . . Wir (die verbündeten Regierungen) haben einfach genommen, was vorlag, und wovon wir glaubten, daß es am leichtesten annehmbar sein würde . . . Was wollen denn die Herren, die das anfechten . ., an dessen Stelle setzen? Etwa das preußische Dreiklassensystem? . . Wer dessen Wirkung und die Konstellationen, die es im Lande schafft, etwas in der Nähe beobachtet hat, muß sagen, ein widersinnigeres, elenderes Wahlgesetz ist nicht in irgend einem Staate ausgedacht worden ....
Bismarcks Reden, Bd. 3, S. 246 ff.
365b. (1898. Bismarck spricht von dem allgemeinen Wahlrecht:) Ich habe nie gezweifelt, daß das deutsche Volk, sobald es einsieht, daß das bestehende Wahlrecht eine schädliche Institution sei, stark und klug genug sein werde, sich davon frei zu machen . . . Die Annahme des allgemeinen Wahlrechts war eine Waffe im Kampfe gegen Österreich und weitres Ausland, im Kampfe für die deutsche Einheit, zugleich eine Drohung mit letzten Mitteln im Kampfe gegen Koalitionen. In einem Kampfe derart, wenn er auf Leben und Tod geht, sieht man die Waffen, zu denen man greift, und die Werthe, die man durch ihre Benutzung zerstört, nicht an: der einzige Rathgeber ist zunächst der Erfolg des Kampfes . . . Außerdem halte ich noch heut das allgemeine Wahlrecht nicht blos theoretisch, sondern auch praktisch für ein berechtigtes Princip, sobald nur die Heimlichkeit beseitigt wird, die außerdem einen Charakter hat, der mit den besten Eigenschaften des germanischen Blutes in Widerspruch steht. —
Bismarck, Gedanken u. Erinnerungen, Bd. 2, S. 58.
366. Reichsverf. Art. 27.
367. (10. Febr. 1876, bezw. 16. Febr. 1895.) § 9 . . Die Wahlen des Präsidenten, sodann des ersten und hierauf des zweiten Vizepräsidenten erfolgen durch Stimmzettel nach absoluter Stimmenmehrheit. — § 13. Dem Präsidenten liegt die Leitung der Verhandlungen, die Handhabung der Ordnung und die Vertretung des Reichstages nach außen ob. . . — § 37. Der Präsident eröffnet und schließt die Sitzung; er verkündet Tag und Stunde der nächsten Sitzung. — § 42. Kein Mitglied darf sprechen, ohne
o) Vorsitz.
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155
sinn und der Bildnngstrieb dieses Geschlechts; doch fehlt ihm die edle Gesinnung des Vaters.
1. Aussöhnung mit Heinrich dem Löwen. Derselbe war aus England, wohin er verbannt worden war, zurückgekehrt und hatte sich an die Spitze der Fürsten gestellt, die sich gegen Heinrich Vi. zu Anfang seiner Regierung erhoben. Da der Kaiser seine Kräfte für Italien brauchte, schloß er mit Heinrich dem Löwen einen Vertrag, der später zur Aussöhnung mit den Welfen führte. Heinrich der Löwe starb nach einen: ruhigen Lebensabend 1195.
2. Züge nach Italien. Nach den: Tode des Königs von Apulien und Sizilien erhob Heinrich Vi. Ansprüche auf das Erbe seiner Gemahlin. Aber die Normannen wählten einen unechten Nachkommen des Königsstammes. Der Kaiser mußte wegen Krankheiten in seinem Heere umkehren, rüstete aber von dem Lösegelde Richard Löwenherz' einen neuen Feldzug, auf dem er Italien eroberte. Eine Verschwörung der normannischen Großen rächte er durch grausame Hinrichtungen.
3. Versuch, ein Erdreich herzustellen. Nach der Rückkehr trat Heinrich mit dem Plane einer Verfassungsänderung vor: Deutschland sollte aus einem Wahlreiche eine Erbmonarchie werden. Der Kaiser bot den Fürsten dafür manche Vorteile, aber der Plan scheiterte, namentlich an dem Widersprüche der geistlichen Fürsten.
4. Resultat seiner Regierung. Heinrich Vi. behauptete fast eine Weltherrschaft. Für die Freilassung Richards erhielt er die Lehnsherrlichkeit über England; das oströmische Reich, Nordafrika, Cypern, ja Armenien zahlten ihm Tribut. Schon war sein Plan, das griechische Reich zu erobern, da ereilte ihn der Tod.
Iv. Mikipp von Schwaben, 1198-1208, und Htto Iv., 111)8—1215.
1. Der Thronstreit. Da der Sohn Heinrichs Vi. bei dessen Tode erst 3 Jahre alt war, so wählte die hohenstanfische Partei Heinrichs Bruder, Philipp von Schwaben, zum Kaiser. Die Gegenpartei aber, mit dem mächtigen Erzbischöfe von Köln an der Spitze, erhob Otto Iv., einen Sohn Heinrichs des Löwen,
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_dem_Löwen Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Heinrich_dem_Löwen Heinrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Richard_Löwenherz' Heinrich Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Richards Htto_Iv. Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Philipp_von_Schwaben Philipp Otto_Iv. Otto_Iv. Heinrichs Heinrichs
Extrahierte Ortsnamen: England Italien Italien Apulien Sizilien Italien Deutschland England Nordafrika Cypern Schwaben
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uerte sich in wiederholten Aufstnden. Die Nachricht von den Freiheitskmpfen in Amerika und die franzsische Revolution veranlaten neue Bewegungen, welche die Regierung 1801 durch eine Verschmelzung des irischen Parlaments mit dem englischen niederzuhalten versuchte. O'counell (o-knnel), der mutige Fhrer der Iren, setzte es durch, da das englische Parlament die von Pitt versprochene politische Selbstndigkeit der Katholiken zum Gesetz erhob. Einige Jahre spter wurde der Kirchenzehute abgelst, den die katholische Bevlkerung Irlands an die protestantische Kirche zu zahlen hatte. Da aber die Lage der armen irischen Pchter immer noch sehr traurig war, beruhigte sich das Land nicht. Neben der gemigten Partei O'connells entstand nach der franzsischen Februarrevolution die revolutionre irische Liga". Diese trat mit dem Geheimbunde der Ferner" in Verbindung, der sich von Amerika, wohin sehr viele Iren ausgewandert waren, nach Irland verbreitet und die gewaltsame Losreiung Irlands von England zum Ziele hatte. Nach der Unterdrckung der Ferner traten die irischen Mitglieder des Parlaments zu einer besonderen Partei zusammen, deren Ziel Homerule" (hohmruhl, von home = Haus, Heimat und rule Herrschaft), d. h. die Selbstregierung Jrlauds durch ein eigenes Parlament und ein diesem verantwortliches Ministerium ist.
Der Knigin Viktoria, die 1901 starb, folgte ihr Sohn Eduard Vii.
5. sterreich.
Nachdem im Jahre 1867 zwischen sterreich, das der unglckliche Krieg mit Preußen schwer erschttert hatte, und dem nach Selbstndigkeit strebenden Ungarn ein Ausgleich" zustande gekommen war (S. 410), fhrt das Reich den Namen sterreichisch- Ungarische Monarchie".
Da auch die anderen Volksstmme des Reiches, besonders die Tschechen, nationale Selbstndigkeit fordern, vermag sterreich-Ungarn innerlich nicht zur Ruhe zu kommen. Nach dem rnsfisch-trkischen Kriege nahm sterreich-Ungarn Bosnien und die Herzegowina in Verwaltung (1878), doch forderte die Besetzung des Landes schwere Opfer.
Im Jahre 1879 schlo sterreich-Ungarn mit dem Deutschen Reiche ein Schutz- und Trutzbndnis, dem 1883 Italien beitrat (Dreibund). Seit dem Tode des Kronprinzen Rudolf (1889) ist Franz Ferdinand, der Neffe des Kaisers, der mutmaliche Thronfolger. Die Gemahlin Franz Josephs I., die Kaiserin Elisabeth, wurde im Jahre 1898 von einem italienischen Anarchisten in Genf ermordet.
6. Rußland und die orientalische Frage.
a. Kukan. Der Zar Alexander Ii., 18551881, hotte sich nach Beendigung des Krimkrieges bemht, wieder freundschaftliche Beziehungen mit den brigen Mchten herbeizufhren, um im
28*
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Extrahierte Personennamen: Eduard_Vii Eduard Rudolf_( Rudolf Franz_Ferdinand Franz Ferdinand Franz_Josephs_I. Franz Elisabeth Kukan Alexander_Ii Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Irlands Amerika Irland Irlands England Ungarn Bosnien Italien Genf
142
211. Der hörnene Siegfried.
(Deutsche Heldensage.)
1. Wie Siegfried hörnen ward.
In Niederland wohnte in uralter Zeit ein König, Namens Siegmund,
der weithin berühmt war durch seine grosze Macht. Dessen Sohn hiesz
Siegfried; der Knabe war aber von unbändiger Kraft, und all’ sein Trachten
ging dahin, dasz er in die Fremde zöge, um Abenteuer zu bestehen. End-
lich gab der König dem Wunsche seines Sohnes nach und liesz ihn ziehen.
Siegfried kam bald in ein Dorf, das vor einem Walde lag. Dort ver-
dang er sich bei einem Schmidt, um sich Waffen schmieden zu lernen.
Aber er schlug so gewaltig auf das Eisen, dasz dieses zersprang und der
Ambos in die Erde getrieben ward. Der Meister fürchtete sich deshalb
vor ihm und suchte des wilden Gesellen sich wieder zu entledigen. Er
schickte ihn daher in den nahen Wald zu einem Köhler; aber unterwegs
muszte Siegfried an der Höhle eines gräulichen Drachen oder Lindwurmes
vorbei, und dieser, dachte der Meister, würde den jungen Helden todten.
Wirklich fuhr der Drache auf den nichts ahnenden Wanderer los, aber
Siegfried wehrte sich und erschlug ihn. Darauf ging er weiter und gerieth
bald in eine Wildnisz, in welcher es von Drachen, Kröten und anderem
giftigen Gewürm wimmelte. Ohne sich zu besinnen, risz er eine Menge
der stärksten Bäume aus der Erde, warf sie auf die Unthiere und zündete
dann den ganzen Holzstosz an. Aber von der Glut begann die Hornhaut
der Ungetlnime zu schmelzen, und ein Strom von dieser Masse flosz unter
dem brennenden Haufen hervor. Neugierig tauchte Siegfried seinen Finger
hinein, und siehe da! als er erkaltet war, hatte ihn eine undurchdringliche
Hornhaut überzogen. Da bestrich sich der Held den ganzen Leib aus
diesem trägen Strom, und so ward er ganz mit Horn überzogen, also dasz
ihn kein Schwert verwunden konnte; nur zwischen den Schultern blieb
auf dem Rücken eine Stelle, die er nicht zu erreichen vermochte. An dieser
sollte er frühzeitig den Tod empfangen.
2. Wie Siegfried Kriemhilden suchte.
Hierauf zog Siegfried auf weitere Abenteuer in die Ferne und kam
nach Worms, am Rheine, wo der König Gibich herrschte. Derselbe hatte
drei Söhne und eine wunderschöne Tochter, Namens Kriemhild. Gern
hätte Siegfried diese als seine Gemahlin heimgeführt, und auch sie war
dem herrlichen jungen Helden gewogen: aber eines Mittags, als sie, in
Gedankenverloren, in einem offenen Fenster stand, kam ein riesiger Drache
durch die Luft dahergeflogen und entführte sie, um sie zu seiner Gemahlin
zu machen. Von dem Feuer, welches er ausathmete, ward die Burg so hell
erleuchtet, als ob sie in Flammen stünde. Er trug sie aber weit, weit weg
in eine ungeheure Berghöhle, wo er sie mit Speise und Trank reichlich
versorgte und ihr alle Liebe und Freundlichkeit erwies; aber die Jung-
frau weinte und klagte und sehnte sich nach ihrem elterlichen Hause, und
dabei fürchtete sie sich vor dem gräulichen Ungethüm, denn wenn es ath-
mete, so zitterte und bebte der Berg unter ihm.
Der König Gibich schickte Boten aus nach allen Richtungen, um
seine verlorene Tochter zu suchen, aber keiner fand eine Spur von ihr.
Darüber war viele, viele Tage lang groszes Trauern und Klagen in der
Königsburg. Siegfried aber ward indessen ein gewaltiger Held von solcher
Stärke, dasz er Bären lebendig erjagte und zum Spott an die Bäume hing.
Doch auch er fand trotz seines rastlosen Suchens nirgends die geraubte
Jungfrau. Da verfolgte einmal sein treuester Hund eine seltsame Spur,
und Siegfried jagte ihm eifrig nach, ohne an Schlaf oder Trank und Speise
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144
Gelegenheit wahr und schlug ihn unversehens mit einem Faustschlage zu
Boden. Da lag der edle Siegfried betäubt unter seinem Schilde; rothes
Blut quoll ihm aus Mund und Nase, und er schien todt zu sein. Ehe sein
Eeind ihn aber vollends mordete, sprang schnell der Zwerg Engel, der
immer in der Nähe geblieben war, herbei und deckte über Siegfried eine
Tarnkappe, die die wunderbare Eigenschaft hatte, jeden, den sie umhüllte,
unsichtbar zu machen. Kuperan tobte vor Wuth, dasz sein Gegner ver-
schwunden war, aber wie er auch von Baum zu Baum suchte, er vermochte
ihn nicht wiederzufinden.
Inzwischen suchte der gute Zwerg den bewusztlosen Helden wieder zu
beleben. Als er die Augen endlich wieder aufschlug und seinen Retter
neben sich sah, sprach er: „Lohne dir Gott, du kleiner Mann, was du an
mir gethan hast.“ — „Ja,“ erwiderte der Zwerg, ^,da hätte es dir schlimm
ergehen können. Aber nun folge auch meinem Rathe und gieb es auf, die
Jungfrau zu befreien.“— Da sagte Siegfried: „Nimmermehr! Und wenn
ich tausend Leben hätte, so wollte ich sie alle um die Jungfrau wagen.“
Sobald er sich also einigermaszen erholt hatte, warf er die Tarnkappe
fort und stürmte von neuem auf den Riesen ein. Wieder schlug er ihm
acht tiefe Wunden, bis er um Gnade flehte. Wohl hätte der Treulose sie
nicht verdient, aber Siegfried bedachte, dasz er ohne ihn nicht an den
Drachenstein gelangen könnte, und so schenkte er ihm abermals das Leben,
jetzt aber war er vorsichtiger und liesz ihn vorangehen.
So gelangten sie endlich an den Drachenstein. Ein unterirdischer
Gang führte zu der Thür desselben; der Riese schlosz sie auf, und Sieg-
fried steckte den Schlüssel zu sich. Bald waren sie oben auf dem Felsen.
Der Drache war zum Glück ausgeflogen, die Jungfrau aber erkannte den
Helden und fing vor Freuden an zu weinen und sprach: „Willkommen, du
edler Siegfried! Wie geht es meinem Vater und meiner Mutter zu Worms,
und wie leben meine Brüder?“ Siegfried erzählte ihr alles und dasz er
gekommen wäre, sie zu befreien. Indessen trat der Riese heran und sagte:
„Hier in der Erde liegt ein Schwert, mit welchem allein es möglich ist,
den Drachen zu bezwingen.“ Das war freilich Wahrheit, aber die Ab-
sicht, die der Riese bei diesen Worten hatte, war eine schlimme. Denn
als Siegfried sich bückte, um das Schwert in der Erde zu suchen, sprang
jener herzu und versetzte ihm einen fürchterlichen Schlag in den Rücken.
Zornig wandte sich der Held um, und nun begann ein Ringen der beiden,
dasz der Fels erbebte. Siegfried risz dabei dem Riesen die alten Wunden
mit Gewalt wiederauf, so dasz ihm das Blut in Strömen herunterlief; end-
lich bat der Unhold wieder um Gnade, aber Siegfried rief: „Das kann nicht
sein. Ich bedarf deiner nicht mehr, und nun soll dir deine Untreue ver-
golten werden.“ Mit diesen Worten gab er dem Riesen einen Stosz, dasz
er vom Rande des Felsens hinab taumelte und in der Tiefe zerschmet-
tert ward.
5. Wie Siegfried mit dem Drachen kämpfte.
Kriemhild hatte bei diesem schrecklichen Kampfe die Hände ge-
rungen und zu Gott um Hülfe gerufen; auch jetzt noch zitterte und weinte
sie, aber Siegfried trat zu ihr und sprach: „Nun sei getrost, holdselige
Jungfrau; noch bin ich unbezwungen, und mit Gottes Hülfe werde ich auch
wohl dich befreien.“ Aber Kriemhild sagte: „Ich fürchte, dasz noch
schwerere Kämpfe dir kommen, als bisher.“ „Ja,“ erwiderte Siegfried,
„schlimm wär’ es, wenn ich jetzt sogleich mit dem Drachen streiten sollte,
denn es ist heute der vierte Tag, dasz ich nicht gegessen und getrunken,
noch auch geschlafen habe.“ Das hörte der Zwerg Engel, und sogleich
liesz er durch eine Schar seines Volkes köstliche Speisen und Getränke
auftragen.
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235
Macht zu Gunsten ihrer eigenen Freiheit zu schwächen suchten;- der alte
deutsche Erbfehler, unabhängig sein zu wollen und sich nicht als dienendes
Glied in ein Ganzes einfügen zu können, machte sich hier in schlimmer
Weise wieder geltend. Mit den welfisch gesinnten deutschen Fürsten ver-
banden sich die lombardischen Städte und die Päbste; es war eine Zeit
voller Unruhe und Aufregung.
Traurig für Deutschland war es dabei, daß die Hohenstaufen, Svenen
durch Erbschaft auch Sicilien und Neapel zugefallen waren, ihre Aufmerk-
samkeit und ihre Kraft immer mehr auf das widerspenstige Italien als auf
ihr Vaterland richteten. Der letzte Herrscher aus diesem Geschlecht war
Konrad Iv., welcher im Jahre 1254 starb und einen zweijährigen Sohn
Namens Konradin hinterließ. Diesem hätte von Rechts wegen Unter-
italien gehört, aber der Pabst belehnte mit seinem Erblande den Bruder
des Königs von Frankreich, Karl von Anjou, welcher sich auch in
Neapel und Sicilien festsetzte und gegen alle, welche hohenstaufisch gesinnt
waren, höchst grausam verfuhr. Als aber Konradin herangewachsen war,
entschloß er sich, das Erbe seiner Ahnen zu erringen oder ihrer würdig unter-
zugehen ; von seinem Busenfreunde, Prinz Friedrich von Baden, be-
gleitet, trat er als kaum sechzehnjähriger Jüngling seinen Zug über die
Alpen an. Anfangs ging das Unternehmen glücklich von Statten, da die
Franzosen in Italien sehr verhaßt waren; aber in einer offenen Schlacht
ward Konradin besiegt und mit seinem Freunde gefangen genommen.
Der König Karl ließ Richter und Rechtsgelehrte nach Neapel kommen,
durch deren Spruch Konradin als Empörer und Hochverräther zumtode ver-
urtheilt werden sollte. Aber die Richter fanden keine Schuld an ihm, weil
er im Glauben an sein gutes Recht gekommen sei: alle bis auf einen, den
knechtisch gesinnten Robert von Bari, sprachen Konradin und seine Ge-
fährten frei. Diese einzige Stimme genügte dem König, um jetzt aus
eigener Macht das Todesurtheil über die Gefangenen zu sprechen.
Konradin saß beim Schachspiel, als ihm der furchtbare Spruch ver-
kündet ward. Der Jüngling zeigte eine seines Heldengeschlechtes würdige
Fassung; er benutzte gleich seinen Unglücksgefährten die wenige ihm gelassene
Zeit, um sein Testament zu machen und sich mit Gott durch Beichte und
Gebet auszusöhnen. Am 29.October 1268 wurden die Verurtheilten zum
Blutgerüste geführt. Als Robert von Bari, jener ungerechte Richter, auf
Befehl des Königs das Urtheil vorgelesen hatte, entstand ein dumpfes Ge-
murmel unter den Anwesenden; aber die Furcht schloß allen den Mund,
und nur Graf Robert von Flandern, des Königs eigener Schwiegersohn,
sprang zornig hervor und sprach zu Robert von Bari: „Wie darfst du
frecher ungerechter Schurke einen so großen und herrlichen Ritter zum Tode
verurtheilen?" — und zu gleicher Zeit traf er ihn mit seinem Schwerte
dergestalt, daß er für todt hinweggetragen wurde. Der König verbiß seinen
Zorn, aber das Urtheil blieb ungeändert. Hierauf bat Konradin, daß man
ihm noch einmal das Wort verstatte, und sprach mit großer Fassung: „Vor
Gott habe ich als Sünder den Tod verdient, hier aber werde ich ungerecht
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Extrahierte Personennamen: Konrad_Iv. Konrad_Iv. Konradin Konradin Karl_von_Anjou Karl Konradin Friedrich_von_Baden Friedrich Konradin Karl_ließ Karl Spruch_Konradin Konradin Robert_von_Bari Konradin Konradin Konradin Robert_von_Bari Robert_von_Flandern Robert_von_Bari Konradin
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sicilien Neapel Italien Frankreich Neapel Italien Neapel
133
sagte: „Es sind meine thörichten Tage." — Er sah einen Stern aus dem
Himmel fliehen und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen:
„Das bin ich," sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der
Reue gruben tiefer ein in seine Wunden.
Die Einbildungskraft zeigte ihm schleichende Nachtwandler auf den
Dächern, und die Windmühle hob ihre Arme drohend zum Zerschlagen auf,
und im leeren Todtenhause nahm eine zurückgebliebene Larve allmählich
seine Züge an.
Mitten in seine Angst floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom
Thurme hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt,
er schauete nach dem Himmel und über die weite Erde und dachte an seine
Jngcndfreunde, die nun, besser und glücklicher als er, Lehrer der Erde,
Väter glücklicher Kinder und gesegneter Menschen waren, und er sagte:
„O, ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht des Jahrs mit trockenen
Augen verschlummern, wenn ich gewollt hätte! Ach, ich hätte glücklich
sein können, ihr theuren Eltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren
erfüllt hätte!"
In seinem reuevollen Andenken an seine Jünglingszeit kam es ihm
vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Todtenhause auf, —
endlich wurde sie in seiner Einbildung zu einem lebendigen Jüngling, und
seine vorige blühende Gestalt wurde ihm bitter vorgegaukelt.
Er konnte es nicht mehr sehen, er verhüllte das Auge, tausend heiße
Thränen strömten in den Schnee, er seufzte nur noch leise, trostlos und
sinnlos: „Komm nur wieder, Jugend, komm wieder!"
— Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht so
fürchterlich geträumt; — er war noch ein Jüngling. Nur seine Ver-
irrungen waren nicht bloß Traum gewesen. Aber er dankte Gott, daß er
noch jung war und von den schmutzigen Gängen des Lasters umkehren und
sich auf die Sonnenbahn zurückbegeben konnte, die in's reine Land der
ewigen Ernten führt.
Kehre mit ihm um, junger Leser, wenn du auf seinen Irrwegen stehst.
Dieser schreckende Traum wird künftig dein Richter werden! Aber wenn
du einst jammervoll rufen würdest: „Komm wieder, schöne Jugend!" —
sie würde nicht wiederkommen
Anzusehen: Hiob 33, 15. h.
200. Der traurige Jüngling.
(Parabel.)
Es lebte einst ein reicher Mann, der besaß viele herrliche Güter
und schöne Gärten. Auch hatte er einen Sohn, den seine Seele liebte.
Diesen sandte er in die Fremde, daß er Wissenschaft einsammele und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Fünfte» Zeitraum.
280
eine glänzende Erscheinung in der Geschichte gewesen. Seine
hohe männliche Würde gebot beim ersten Anblicke Achtung und
Liebe, und durch vortreffliche Geistesgaben war er fähig, diesem
Vertrauen durch die That zu entsprechen. In ihm war Tapfer-
keit und an Frevelmuth reichende Kühnheit, Ernst, Ausdauer,
Leutseligkeit und Milde. Der alte längst verschollene Rittergcist
schien in ihm neu aufzuleben, ein Drang zu männlichen Thar
ten tr>eb ihn zu Beschäftigungen, welche, wenn sie nicht immer
großartig seyn konnten, iin Kleinen, wie in der Gemsenjagd
und in Turnieren, den Muth und die Kraft eines Mannes be-
währten. Nur übte die schwärmerische Einbildungskraft neben
kalter Besonnenheit zu oft ihren leichtfertigen Einfluß. Er war
außerdem fein gebildet, freundlich, geistreich und liebevoll im
Umgänge. Dabei ehrte er Wissenschaft und Kunst, redete alle
neuere Sprachen und blieb sogar in schriftstellerischen Leistungen
nicht zurück. Es ist behauptet worden, durch mehre dieser Eha-
rakterzüge habe Maximilian mit seinem Zeitalter gewissermaßen
im Widerspruche gestanden, gleich als wäre er eine Antike un-
ter lauter modernen Gestalten gewesen. Wir sehen aber aus
seinen Thaten nicht, daß er die Menschheit auf verschollene Formen
habe zurückführen wollen, und ritterlicher Sinn nach der besse-
ren Art, wie er in ihm lebte und wirkte, konnte das Zeitalter,
wenn er Anklang gefunden hätte, nur bilden und veredlen, weil
das Gute, sey es auch schon einmal da gewesen, kein Rückschritt
ist. Wurde dieser Waffenmuth doch auch im ernsten Kampfe
sofort zur Tapferkeit, welche Viele um ihn her zu hoher Be-
geisterung trieb. Und blicken wir auf seine Thatigkeit im Reiche,
so gab er den Geschäften sofort einen rascheren Aufschwung.
Mögen seine Pläne auch so oft gehemmt oder vereitelt worden
seyn, so geschah es durch unzählige Schwierigkeiten, welche von
allen Seiten aufgethürmt waren. Wollte man das Aystrebcn
gegen diese alterthümlich nennen, so verlieren an derselben Klippe
gerade alle die besseren Kaiser der Vorzeit ihren Ruhm und
ihre Ehre, wenn allerdings auch in der Art und Weise, wie
Einer in das Getriebe des Lebens eingreift, und in der jedes-
maligen Ansicht von den nöthigen Heilmitteln, eine große Ver-
schiedenheit stattsindet. Freilich war in der Richtuw des Na-
tionallebens aus mancherlei Gründen eine große Aenderung
hcrvorgetreten; aber nichts desto weniger hat Maximilian auf
der Grenzscheide des Mittelalters durch seine Wirksamkeit einen
bedeutenden Ausschlag für die nachmalige Gestaltung der Dinge
gegeben. y
Zunächst wurde er durch seine zweite Vermählung mit der
Tochter des Mailändischen Herzogs Galcazzo, Blanka Maria
Sforza, in eine Reihe von unangenehmen und blutigen Han-
deln verwickelt. Er bestellte nämlich deren Oheim Ludwig Sforza,
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Extrahierte Personennamen: Ernst Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Blanka_Maria
Sforza Maria Ludwig_Sforza Ludwig
Der türkische und nordische Krieg.
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entwickelte sich statt des ein neuer Krieg mit den Türken. Diese
kündigten den Venetianern den Krieg an (I. 1714) und der
Kaiser durfte nach den Umstanden nicht unterlassen, ihnen be-
waffnet entgegenzutreten. Sofort war Ungarn von den Feinden
bedroht. Eugen zog gegen sie zu Felde; ihn unterstützten haupt-
sächlich Stahremberg und Alexander von Würteinberg bei Pe-
terwardcin, wo sie einen großen Sieg erfochten (I. 1715aug).
Auch in der Folge wich das Glück von den kaiserlichen Waffen
nicht. Noch einmal wurde bei Peterwardein blurig gestritten
(I. 1717) und darauf der Paffarowitzer Friede geschlossen (I.
1718), womit der Banat, Servicn und Thcile von der Wal-
lachei, wie von Bosnien und Kroatien an das Haus Lestreich
kamen.
Fast um die nämliche Zeit wurde der große nordische Krieg
beendigt. Er hatte Teutschland weder allgemein beschäftigt noch
betheiligt, doch aber das Reichsinteresse vielfach berührt. Wah-
rend Karl 12. von Polen aus nach Rußland gezogen war und
sich dort abentheuerlich herum trieb, brachte der Kaiser das so
genannte Haager Koncert zu Stande, wonach Schweden
und Dänemark sich zur Neutralität verpflichteten (I. 1710).
Aber Karl 12., bereits von den Russen geschlagen und zu den
Türken geflohen, vereitelte von dorther die friedlichen Aussichten,
indem er das Koncert verwarf. Deshalb fielen Dänen und
Polen in Verbindung mit russischen Truppen in die schwedisch,
teutschen Besitzungen ein (1.1711), und Folge davon war ein
zweijähriges Kriegsgetümmel, wobei sich der schwedische General
Stenbock am Ende mit 11,000 Streitern gefangen geben mußte
(I. 1713). Im folgenden Jahre kehrte Karl 12. selbst zurück
und drohete mit neuen Rüstungen. Dänemark, Preußen und
Kursachsen trafen schleunige Gegenvorkehrungen und bald war
auch Stralsund in ihren Händen. Karl selbst entkam nur mit
Lebensgefahr nach Schonen. Seine ferneren Unternehmungen
betrafen Teutschland nur wenig, bis nach seinem frühzeitigen
Tode (I. 1718) der Stockholmer Friede geschlossen wurde, wo-
nach Hannover die ihm verpfändeten Fürstenthümer Bremen
und Verden für 1 Million Thaler, Preußen Stettin, Vorpom-
mern nebst den Inseln Wollin und Usedom für 2 Millionen
Thaler erhielten (I. 1720). Danach kam auch der Friede mit
den übrigen nichtteutschen Partheicn zu Stande. Schweden
hat in diesem Kriege fast alle seit dem westfälischen und Oliva'-
schen Frieden besessenen Nebengebiete verloren und außerdem
die schönste Blüthe des Hauptlandes eingebüßt, so daß es sich
seitdem nur kümmerlich wieder erholte. So unglückliche Folgen
hatte Karls 12. muthwillige Kampflust.
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Extrahierte Personennamen: Eugen Alexander_von_Würteinberg Alexander Karl_12._von_Polen Karl Karl_12. Karl Karl_12. Karl Karl Karl Karls