637
Charakter an ihnen war, da bricht er auch wider hervor,
gewaltig, ursprünglich, wo es die Rot heischt, fielt die
ältesten, einfachsten Grundlagen seines characteristischen Le-
bens von neuem her, und begknt das Leben des Volkes
gewissermaßen mit der Kraft und Reinheit des ursprüng-
lichsten Keimes in neuen Triben.
So haben wir in den alten, verschränkten Formen
des Reiches, wie in den Glidern eines abgelebten Leibes,
die Pulsschläge des algemeinen deutschen Lebens schwächer
werden sehen, und unter den Wirkungen des sitlichen Gif-
tes, welches die Franzosen in den verschidenen einander
folgenden Verträgen mit den deutschen Regirungen in Ba-
sel, Leoben, Lunwiler, im Reichsdeputationshauptschluße
und in Wien und Pressburg durch moralische Herabwür-
digung, durch Verwickelung in rechtsverachtende Handlun-
gen ausgegoßen hatten, war dies algemeine deutsche Leben
fast erstorben.
Wir haben gesehen, wie die sitliche Indignation über
das Verhältniss, in welches man gekommen war, Preussen
in den Krieg von 1806 trib; — und wie äußerlich un-
glüklich dieser auch endete, für deutsches Leben und Wesen
war der Fride von Tilsit doch ein Glük, denn er machte
Preussen zugleich frri von der Teilname an dem lezten
Zugreifen gegen die Mitstäude im Reiche, tilgte fast allen
Groll, den man im übrigen Deutschland schon in hohem
Grade gefaßt hatten und zugleich wis er auf die eigne,
tüchtige, sitliche Kraft des Volkes; knüpfte ein neues sitli-
ches Band fest zwischen Regirung und Untertanen. Der
Krieg im südlichen Deutschland aber ließ zuerst wider des
Volkes eigenste, älteste Art sich kräftig durchkämpfen. So
wie Tirol in den Krieg hereingezogen, dann bald von
Oestreich seinen eignen Kräften überlaßen war, sahen wir
auch sich das Wesen des deutschen Volksheeres, des alten
Heerbannes in herlichster, glänzendster Weise entwickeln,
und schon oben musten wir der Aenlichkeit mit dem Kampfe
im Teutoburger Walde gedenken — mehr als einmal sa-
hen wir gewissermaßen die Geister der Ahnen wie aus
tausendjährigem Verschlüße in den Bergen Hervordringen
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Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Leoben Wien Pressburg Preussen Tilsit Deutschland Deutschland
638
und die flatternden Fanen der Landesfreiheit und des alten
Rechts auf den Firsten und in den Schluchten des Ge-
birges schwingen. Hofer selbst und seine Genoßen, Has-
pinger, Spekbacher und wie sie alle hießen, sie waren
uns wie Gestalten aus einer abgeschidenen, aus einer Ju-
gendzeit begegnet — das alte Reich war gestorben und
begraben, aber, wie der Psalmist von dem Manne sagt,
der auf Gottes Wegen wandelt, er werde nicht allein sein
vor seinen Feinden im Tore, kräftige Söhne, die Stütze
seines Rechts würden an seinem Tische sitzen — so waren
die Söhne des Reiches auf gewesen und hatten die Ehre
des hingeschidenen Erzeugers, die Ehre des deutschen Na-
mens mit ihrem Blute verteidigt, im Unterligen selbst wi-
dergewonnen und besi'gelt.
Und wie wir den alten Heerban, die Kraft des Volks-
Heeres, im Tirol plözlich wider mitten in moderner Umge-
bung, und auch gegen die Waffen der modernen Zeit wi-
der mächtig, erstehen sahen, so haben wir auch das alte
deutsche Nittergefolge wider gesehen, ursprünglich, kräftig,
wie Cäsar und Tacitus nur irgend es beschreiben können.
Der deutsche, von seinem Erbe rechtlos vertribene Fürsten-
sohn, der Herzog Wilhelm hatte die grollenden Necken um
sich gesammelt, die gleich ihm vor der Tyrannenrute des
schnöden Fremdlings gewichen waren; er war mit ihnen in
das Haus seiner Väter eingezogen, und wenn auch noch
nicht im Stande gewesen, festen Fuß daselbst zu faßen, hatte
er doch diese alce Weise des Volkes, das Neckenleben edler
Deutscher von neuem belebt.
Da wird es uns deutlich, daß die Not ganzer Völ-
ker, so lange der alte Got in ihnen noch nicht ganz aus
dem Gedächtniffe geschwunden, ein wunderbares Werkzeug
ist seiner segnenden Hand. Sie ist von Zeit zu Zeit not-
wendig, „um alle eigentümlichen Gesinnungen und Bildun-
gen und Richtungen zu prüfen, die sich vorher in dem Ueber-
mute ruhigeren, geschüzteren Daseins entwickelten, — sie
ist von Zeit zu Zeit notwendig, um die leeren Sonderbar-
keiten, die abgestorbenen, hindernden Bestandteile auszuschei-
den und die achte, reine, aus sich selbst lebende Eigentum-
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deuteten auf den Beginn eines neuen Zeitalters, in das sich der alternde Kaiser nicht mehr finden konnte.
Aorlsetznng der Geschichte Arankreichs und Englands in synchronistischer Möerficht (vergl. S. 171).
Frankreich.
Iii. Dashausvalois (1328-1589).
1. Philipp Vi., 1328 — 50.
Unter ihm begann der 100|ährige englisch-französische Erbfolgestreit, 1339—1453. Die Veranlassung dazu waren die Ansprüche, welche Eduard Iii. von England als Sohn einer Tochter Philipps Iv. auf den französischen Thron machte; die französischen Großen hielten demgegenüber am salischen Gesetze fest, wonach weibliche Nachkommen von der Thronfolge ausgeschlossen sind. Die französischen Könige, die den Krieg -nur mit Hilfe des Adels führten, waren England gegenüber im Nachteile, wo auch das Volk bewaffnet eintrat. Die Engländer eröffneten den Krieg mit der Seeschlacht bei Sluys, siegten dann bei Krecy und machten Kalais zu ihrem Stützpunkte.
2. Johann der Hute (1350 Bis 64) würde von den Englänbern gefangen genommen und mußte den Frieden zu Bretigny schließen, 1360, worin er Kalais, Poitou, Guyenne und noch andere Gebiete im westlichen Frankreich abtrat. — (Gegen die bisherige Politik der französischen Könige zog Johann das erlebigte Herzogtum Burgunb nicht für die Krone ein, son-bern belehnte bamit seinen Sohn Philipp den Kühnen, siehe S. 185.)
3. Karl V., der Weise, 1364 bis 80, entriß den Englänbern die Eroberungen größtenteils wieber, aber unter
England.
(Eduard Iii., 1327—1377, Richard Ii., 1377—1399, aus dem Hause Anjou oder Plantagenet, s. S. 173).
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Vi Philipp Eduard_Iii Eduard Philipps Philipps Krecy Johann Johann Johann Philipp Philipp Karl_V. Karl_V. Eduard_Iii Eduard Richard_Ii
Extrahierte Ortsnamen: Englands Frankreich England England Frankreich England
158
n England regierte von 11541399 das Haus Plantagenet. Der 100jhrige Krieg mit Frankreich, der unter Eduard Iii. (132777) begann, dauerte auch unter Heinrich Iv., V. und Vi. aus dem Hause Lancaster (lnkstr) fort. Unter dem unfhigen Heinrich Vi. (142261) ging der englische Besitz in Frankreich verloren. Da Richard von York, der Vetter des Knigs, diesen zu verdrngen suchte, brach ein greuelvoller Brgerkrieg (Englands Dreiigjhriger Krieg") aus, den man nach den Wappenzeichen der beiden Huser Lancaster und York den Krieg der roten und weien Rose" nennt.
Mit Eduard Iv. kam 1461 das Haus York zur Herrschaft; aber schon 1485 verlor der grausame Richard Iii. den Thron an Heinrich Vii. aus dem Hause Tndor (tjubor), das bis 1603 der England herrschte. ^Vgl. Shakespeares Knigsdramen.)
Die Neuzeit.
Erster Zeitraum.
Das Zeitalter der Kirchentrennung, 15171648.
Erster Abschnitt.
Rom Kegum der Kirehentrennung bis zum Dreiigjhrigen Kriege, 15171618.
I. Die Ansnge der Kirchentrennung bis zum Regiernngs-antritt Karls Y., 15171519.
1. Anmittetare Werantassung. In der Zeit der allgemeinen Grung zu Anfang des 16. Jahrhunderts schrieb Papst Leu X. einen Abla aus. Zur Gewinnung desselben waren der wrdige Empfang der Sakramente und ein Almosen fr den Ausbau der Peterskirche in Rom vorgeschrieben. Mit der Verkndigung des Ablasfes beauftragte der Erzbischof Albrecht von Brandenburg im Gebiete seiner Kirchenprovinzen Mainz und Magdeburg, im Bistum Halberstadt und in den braudenburgischen Lndern den Dominikanermnch Tetzel. Obgleich nach kirchlicher Vorschrift eine reumtige Beicht die Voraussetzung fr die Gewinnung des Ablasfes war, entstand infolge mangelhafter Belehrung bei manchen Glubigen die Meinung, da nicht die Rene der die Snden, sondern das vorgeschriebene Almosen die Hauptsache sei. Dieser Auffassung trat der Augustinermnch und Professor an der Universitt Wittenberg, Dr. Martin Luther, entgegen.
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Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Frankreich Englands England Karls_Y. Rom Mainz Magdeburg Bistum_Halberstadt Dominikanermnch Wittenberg
230
Bevollmchtigten des Ordens und der preuischen Stnde das Ordensland 1525 in ein weltliches Herzogtum und nahm dasselbe 1525 zu Krakau als polnisches Lehen an.
a. Albrecht I., 15251568. Albrecht verheiratete sich mit einer dnischen Prinzessin und grndete als Sttzpunkt der Reformation die Universitt Knigsberg. Auf ihn folgte sein Sohn Albrecht Friedrich, den ihm seine zweite Gemahlin, eine braunschweigische Prinzessin, geboren hatte.
' b. Albrecht Ii. Umbrich regierte von 15681618. Nach seiner Vermhlung mit Maria Eleonore von Kleve wurde er schwachsinnig. Deshalb bertrug der König von Polen die Regentschaft dem Vetter des Herzogs, dem Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach-Bayr'enth, und nach dessen Tode 1603 dem Kurfrsten Joachim Friedrich von Brandenburg (S. 224). Durch die Vermhlung der beiden Tchter des Herzogs mit Johann Sigismund und Joachim Friedrich wurde das Erbrecht Brandenburgs gesichert. 1618 ging das Ordensland an die brandenburgischen Hohenz o llern b er.
1619-1640 Georg Wilhelm, 16191640.
1. Persnlichkeit. Seine Regierung fllt in die traurige Zeit des Dreiigjhrigen Krieges, auf den das Sand nicht vorbereitet war. In der langen Zeit der Ruhe waren die Heereseinrtclstimgeit im Kurfrstentum verfallen. Der Kurfürst selbst besa wenig Energie und vermochte zwischen den kmpfenben Parteien seine Stellung nicht zu behaupten. Dazu kam, ba er krperlich schwer leibend war. Infolge einer Verletzung mute er sich seit 1631 in einer Snfte tragen lassen. Die Regierung fhrte der katholische Minister Abam von Schwarzenberg, der sich im Jlichschen Erbfolgestreite Ver-bienste um das Kurhaus erworben hatte. Er sah wie viele deutsche Fürsten das Heil des Landes im engen Anschlu an das Kaiserhaus; zur Durchfhrung feiner Plne fehlten ihm aber die ntigen Mittel, da die Stnde, die ein landesherrliches Recht nach dem anderen an sich gebracht hatten, sich Schwarzenbergs Versuch, ein stehenbes Heer zu schaffen, wibersetzten.
Die Bevlkerung war mit dem Herrscher wegen des bertritts zur reformierten Lehre zerfallen, und auch in der kurfrstlichen Familie herrschte wegen der konfessionellen Gegenstze Unfrieden. Die Stube zeigten sich hartnckig bei der Bewilligung von Gelbern und hofften vom Kaiser mehr Schutz als von der eigenen Kraft. Die Folge
Das Ordensland Preußen wird in ein weltliches Herzogtum umgewandelt. Atzler, Qu. u. L. Ii. Nr. 25. ti
Erdmannsdrffer, Deutsche Geschichte vom Westflischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Groen: Brandenburg unter Georg Wilhelm. Atzler, a. a. O. Nr. 26.
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_I. Albrecht_I. Albrecht Albrecht_Friedrich Albrecht Friedrich Albrecht_Ii Albrecht Maria_Eleonore_von_Kleve Maria Georg_Friedrich_von_Ansbach-Bayr'enth Friedrich Joachim_Friedrich_von_Brandenburg Friedrich Johann_Sigismund Johann Joachim_Friedrich Friedrich Georg_Wilhelm Wilhelm Abam_von_Schwarzenberg Schwarzenbergs Friedrichs Georg_Wilhelm Wilhelm
68
lichen Herrschaft, verurteilten ihn zum Tode und stürzten ihn von demselben Felsen herab, auf dem er einst das Capitol gerettet hatte.
Xiv. Rumpf um die Ukltljcrrscliaft.
i.
*
Krieg mit Tarent.
1. Der gefährliche Sturm war vorüber; kräftiger als zuvor erstand Rom aus den Trümmern, und bald fühlten die umliegenden Völker seine wachsende Macht. In gewaltigen Kriegen dehnte es seine Herrschaft allmählich über ganz Mittelitalien aus: im Norden bis zu den Besitzungen der Gallier, im Süden bis zu dengebieten der über die ganze unteritalienische Halbinsel zerstreuten griechischen Pflanzstädte.
Unter diesen griechischen Colonien war Tarent die angesehenste. Seine gesegnete Lage, sein Gewerbflciß und Handel hatten es reich gemacht; der Reichtum verleitete die Bewohner zu weichlichem, üppigen Leben; spottend sagte man darum von ihnen, sie hätten mehr Feste als Tage im Jahre.
2. Mit Neid und Groll blickten die Tarentiner auf die wachsende Macht der Römer, und offen zeigten sie bei paffenden Gelegenheiten ihre Feindschaft; ja, als einst römische Schiffe, vom Sturme verschlagen, in ihren Hasen einliefen, überfielen sie dieselben, vernichteten eine Anzahl und töteten die Mannschaft oder verkauften sie als Sclaven.
Eine römische Gesandtschaft erschien und forderte Genugthuung. Sie wurde von dem trunkenen und übermütigen Volke mit Spott und Hohn empfangen, und als ihr Führer seinen Auftrag ausrichten wollte, lachte man ihn aus, weil er das Griechische nicht fein genug sprach. Ja, ein gemeiner Bube erfrechte sich, ihm die Toga (= das römische Obergewand) mit Wein zu besudeln. Zürnend rief der Beschimpfte: „Nur durch Tarentinerblut können diese Flecke abgewaschen werden!* Seine Worte verhallten im Lärm und Gelächter; Rom aber erklärte nun ohne Zögern den Krieg.
Die verweichlichten Tarentiner riefen den kriegskundigen König Pyrrhus von Epirus (— in Nordgriechenland) zu Hilfe. Gern folgte derselbe dem Ruse, denn die römischen „Barbaren" zu besiegen, dünkte ihm, der ein zweiter Alexander sein wollte, nicht schwer. Aber als er zum ersten mal die geschlossenen Reihen der Feinde zu Gesicht bekam, rief er staunend: „Das ist nicht die Schlachtordnung
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Tarent Rom Epirus Nordgriechenland
28 Die Zeit der Restauration.
a. Neben der Neuregelung des Besitzstandes der europischen Mchte hatte sich der Wiener Kongre auch mit der Frage nach dem Verhltnis der deutschen Staaten untereinander, mit der Begrndung einer neuen Form des politischen Daseins des deutscheu Volkes zu beschftigen.
a. Seit dem Verfalle des mittelalterlichen Universalreiches am Ausgange der Stauferzeit hatten sich Kaiser und Reichsstnde in zahllosen vergeblichen Reformversuchen um die Erhaltung der Verbesserung der alten nicht mehr lebens-krftigen Staatsform bemht. Der Abschlu des Westflischen Friedens hatte den^ endgltigen Sieg der territorialen Teilstaatenbildung besttigt. Durch zwei Jahrhunderte hatte dann der unfrmliche Staatenkomplex unter dem Habs-burgischen Schattenkaisertum ein unwrdiges Dasein gefristet und dem deutschen Volke die Schmach der Fremdherrschaft auferlegt, bis durch den Ansturm der in gewaltiger Hand vereinigten nationalen Kraft des feindlichen Nachbarn auch die letzte Erinnerung an die einstige Gre, der Name des Deutschen Reiches, schmachvoll aus der Reihe der europischen Mchte gestrichen worden war. Aber schon war aus der fortschreitenden seelischen Entwicklung auch des deutschen Volkes die neue politische Idee geboren worden, die in den Gang der Ber-fassungsgeschichte unsers Volkes ein neues, lebenskrftiges Ferment einfgte: die Idee des nationalen Staatswesens, der Gedanke der deutschen Einheit.
. Der Druck der Fremdherrschaft hatte das erwachende Nationalgefhl mchtig gesteigert. Aus dem glhenden Drange, den welschen Bedrcker mit all seinen Schergen und Vasallen vom deutschen Boden hinwegzufegen, erhob sich vor der Phantasie der streitbaren Jugend das Bild eines geschlossenen, starken und durch starke Hand regierten Reiches, dessen vereinter Macht kein Widerstand gefhrlich werden konnte. Das ganze Deutschland, sang Arndt, soll es sein, soweit die deutsche Zunge klingt: denn man hatte es ja erlebt, da sterreich fr sich allein und Preußen fr sich allein dem fremden Bedrnger nicht gewachsen, die souvernen Mittelstaaten aber zum Reichsverrate eifrig bereit gewesen waren. Also galt es, sie alle ... um das alte Reichsbanner zu sammeln und in verjngter Lebenskraft Kaiser und Reich zu erneuern, damit vor deren Herrlichkeit alles Sondertum schweigen und alle Staaten Europas ihr Haupt senken mten, wie einst in den Tagen der alten Ottonen und Hohenstaufen. Mit solchen Hoffnungen strmte, als die Stunde des Be-freiungskampfes schlug, die Blte des preuischen Volkes zu den Fahnen . . durch die Kraft des nationalen Gedankens unempfindlich gegen jene Gefahr. So viel auch in ihren politischen Vorstellungen noch unklar und unbestimmt war: sie hatten Recht in der berzeugung, da ihr Streben den echten Kern fr eine neue Gre Deutschlands in sich schlo."1)
Solcher Art waren die Erwartungen, mit denen die deutschen Patrioten die Beratungen des Kongresses der das Geschick Deutschlands begleiteten.
b. Die zahlreichen schweren Hindernisse jedoch, die sich der Lsung der Verfassungsfrage im Sinne der Einheitsfreunde entgegenstellten, gestalteten die Aussichten auf ein befriedigendes Ergebnis von vornherein uerst ungnstig.
*) Obiges Zitat ist dem Werke Sybels Die Begrndung des Deutschen Reiches" entnommen, das fr das Studium der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts unentbehrlich ist.
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Extrahierte Personennamen: Arndt
Extrahierte Ortsnamen: Westflischen Deutschland Europas Deutschlands Deutschlands
Die innere Entwicklung Preuens nach den Freiheitskriegen. 67
y. So scharfe Gegenstze in fester Zucht zu halten, war der schonenden Gutherzigkeit König Friedrich Wilhelms nicht gegeben. Allzu rcksichtsvoll gegen seine Rte, lie er den Parteikampf am Hofe lange gewhren und fuhr nur zuweilen mit einer Mahnung dazwischen. Wurde eine neue Kraft in die Regierung berufen, so pflegte man ein Ministerial-Departement in zwei Teile zu zerlegen, nur um den alten Minister nicht zu krnken, der oft ein Gegner des neuen war. Vollstndige bereinstimmung unter den Ministem galt noch fr entbehrlich, ba der Monarch am letzten Ende stets nach seinem freien Ermessen entschieb." (Treitschke.)
Anmerkung. Bezglich der Frage, ob die Beibehaltung der absolutistischen Staatsform der inneren Entwicklung Prenens gnstig oder ungnstig gewesen sei, gehen die Meinungen auseinander, während z. B. Treitschke der Ansicht ist, da die alle anderen Machtfaktoren ausschlieende Bereinigung der Staatsgewalt in der Hand des absoluten Monarchen den Zusammenschlu der preuischen Gebiete zu einer wirklichen Staatseinheit wesentlich gefrdert habe, glauben andere, da gerade die parlamentarische Mitarbeit am Wohle des Ganzen die Einwohner der verschiedenen preuischen Territorien einander ge-nhert und die Entstehung einer lebendigen Staatsgesinnung auerordentlich begnstigt haben wrde, was durch das Beispiel der sddeutschen Staaten besttigt wrde.
il. Die Neuordnung der 5taatsverwaltung
sicherte der Monarchie ein durch die Einfgung der neuerworbenen Gebiete in den Rahmen der alten, Steins Reformgedanken bewahrenden Verwaltungs-Organisation den Charakter des Einheitsstaates.
1. Am 30. April 1815 erlie der König eine Verordnung der die ver-besserte Einrichtung der Provinzialbehrden, durch welche das gesamte Staatsgebiet in 10 Provinzen und 25 Regierungsbezirke eingeteilt wurde.
Anmerkung. Zwei dieser Provinzen, Niederrhein und Westpreuen, wurden spter mit den Nachbarprovinzen (Jlich-Kleve und Ostpreuen) vereinigt.
Bei der Abgrenzung der neuen Verwaltungsbezirke verfuhr die Regierung mit hchster Schonung mit jener Piett fr das Gewordene, die von altersher im Charakter der preuischen Staatskunst lag." Trotzdessen rief die neue Gliederung des Staatsgebietes mannigfachen erregten Widerspruch hervor. Die un-geheure Macht des Partikularismus, in Preußen um nichts schwcher als in den kleinen deutschen Staaten, erhob sich aufgescheucht. Die tausend und tausend zhen Interessen des rtlichen Kleinlebens, an denen der Sturm einer ungeheuren Zeit unbemerkt vorbergerauscht war, riefen um Hilfe. Aus unzhligen Eingaben erklang berall dieselbe starr konservative Gesinnung, berall derselbe Jammerruf: Wir wollen uns nicht trennen von unfern Brdern, die mit uns Freud und Leid in schwerer Zeit geteilt haben." (Treitschke.)
Anmerkung. Wie tief die partikularistische Eigenbrtelei eingewurzelt war, erhellt mit besonderer Deutlichkeit u. a. aus einem Berichte des rheinlndischen Ober-Prsidenten Sack, der versicherte, da die Einwohner der einzelnen rheinischen Territorien in ihrem Charakter so verschieden seien, als ob es ganz verschiedene Nationen wren". Knig-liche Beamte in Pommern erklrten nicht minder bezeichnend, da im Verlaufe langer Jahre wohl eine Annherung zwischen den beiden Nationen" (der Altpommern und der bisher schwedischen Pommern) mglich sein werde.1)
5)a es trotz all dieser Schwierigkeiten dennoch gelang, den Bau des preuischen Einheitsstaates zu vollenden, war nicht nur fr Preußen, fondern auch fr die Geschichte Deutschlands von grter Bedeutung; durch die
x) Ausfhrlicheres hierber bei Treitschke a. a. O. Il Bd. S. 193 ff.
5*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms
92 Die Geschichte des deutschen Kaiserreiches bis zur Zeit des Interregnums.
4. In Italien bekmpfte Heinrich das Papsttum anfnglich mit Erfolg, unterlag aber spter dem mchtigen Papst Urban Ii. vollstndig.
Urban Ii. hatte durch die Vermhlung des jungen 233elf von Bayern an die vierzigjhrige Mathilde von Tuscien eine starke Macht gegen Heinrich mobil gemacht und gleichzeitig den Fanatismus der gregorianisch gesinnten deutschen Bischfe geweckt. Heinrich zog 1090 nach Italien und bekmpfte dort die Partei des Papstes zunchst mit Erfolg. Da fielen die lombardischen Städte von ihm ab, und sein eigener Sohn Konrad ging, von seinen geist-lichen Beratern verfhrt, zum Papste der und wurde zum König gekrnt. Gramvoll zog sich der Kaiser in ein stilles Tal Oberitaliens zurck und fiel schwermtigen Stimmungen anheim bis zum Gedanken des Selbstmords. Das Papsttum aber ward um diese Zeit auf eine unerhrte Hhe des Erfolges getragen", es bernahm die Fhrung des ganzen Abendlandes zur Eroberung Palstinas. Auf ppstliche Anregung beschlo das Konzil zu Clermont 1095 den ersten Kreuzzug (f. 38). Gottfried von Bouillon, ein wallonischer Vasall des deutschen Knigs, ward Schler des heiligen Grabes im Dienste papaler Gedanken." (Lamprecht.)
5. Nach der Rckkehr nach Deutschland nahm Heinrich die alte Befriedigungsttigkeit wieder auf und regierte bis 1102 in Ruhe.
6. Als die Fürsten eine neue Verschwrung planen, stellt sich des Knigs Sohn Heinrich im Einverstndnis mit dem Papste an ihre Spitze zum Kampf gegen den Vater.
Die Fürsten frchteten ein neues Zeitalter kniglicher Macht und den Verlust der alten Freiheit". König Heinrich hatte sich unterdessen vergeblich durch das Gelbde eines Kreuzzugs vom Banne zu lsen versucht; der Papst forderte als Vorbedingung den Verzicht auf die Investitur. Als Heinrich diesen weigerte, stachelte Papst Paschalis Ii. die Fürsten zur Emprung auf. Des Knigs Sohn frchtete fr seine Nachfolge und schlo sich daher den Emprern an.
7. Heinrich Iv. stirbt im Kampfe gegen seinen Sohn, noch der den Tod hinaus von der Rache des Papstes verfolgt.
Heinrich Iv. soll auf einem Reichstage zu Mainz abgesetzt werden und zieht daher mit Heeresmacht gegen Mainz heran. Sein Sohn tuscht ihn bei einer Unterredung, lt ihn gefangen fetzen (99cfetheim) und ntigt ihm unter der Vorspiegelung seiner Lsung vom Banne ein Sndenbekenntnis und den Verzicht auf den Thron ab. Als dem vllig gebrochenen Könige darauf dennoch die Absolution verweigert wird, flieht er zum Bischof von Lttich und beginnt den Krieg aufs neue, stirbt jedoch 1106 vor der Entscheidung.
Die Nation stand erschttert vor dem Abschlu des ungeheuren Schick-sals, das der entseelte Kaiser fast von Kindesbeinen an, durch mehr als ein halbes Jahrhundert getragen, und sie trauerte aufrichtig um ihn in ihren tiefen und breiten Schichten. Der Papst aber weigerte dem Leichnam ein christliches Begrbnis; Bischof Otbert ward gezwungen, den Leichnam, den er im Ltticher Dom beigesetzt hatte, wieder auszuscharren." (Lamprecht.)
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Urban Urban Mathilde_von_Tuscien Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Konrad Konrad Gottfried_von_Bouillon Lamprecht Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Paschalis Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Lamprecht
Extrahierte Ortsnamen: Italien Italien Palstinas Clermont Deutschland Mainz Mainz Ltticher_Dom
Iii. Die Zeit der Hohenstaufen und das Interregnum 11251273.
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Freunde Friedrich zu Neapel im Oktober 1268 hingerichtet. So fand der letzte Hohenstanfe im Kampfe um sein vterliches Erbe ein frhes und trauriges Ende.
51. Der Ausgang der Arenniige.
Die religise Begeisterung, welche einst die Kreuzzge hervorgerufen hatte, war allmhlich erloschen. Die beiden letzten Kreuzzge unternahm Ludwig Ix. der Heilige von Frankreich, aber keiner von beiden erreichte das eigentliche Ziel. Auf dem sechsten Zuge (1247 1254) wandte Ludwig sich nach gypten, um von hier aus Palstina zu erobern, geriet aber mit seinem Heere in Gefangenschaft und mute sich mit seinen Eroberungen loskaufen. Den siebenten Zug (1270) richtete Ludwig gegen Tunis, wo er das Christentum verbreiten wollte. Allein das Unter-nehmen miglckte; vor Tunis brachen im Heere Seuchen aus, die auch deu König dahinrafften. Mit dem Falle Akkons 1291, der letzten Besitzung der Christen, hatten die Kreuzzge nach dem heiligen Lande ihr Ende erreicht.
52. Kultur im Zeitalter der Kreuxxge und der Hohenstaufen.
Das Zeitalter der Hohenstaufen war trotz der heftigen Kmpfe zwischen Kaisertum und Papsttum die Blteperiode des Mittelalters.
1. Die Kirche. Diese gelangte während der Kreuzzge auf den Hohe-puukt ihrer Machtentwickelung, denn die kriegerische Kraft der abend-lndischen Christenheit stellte sich damals in den Dienst religiser Jnter-essen. Dazu hatte die ppstliche Gewalt neue Sttzen erhalten; auer dem Bann und Interdikt, das der ganze Lnder verhngt wurde, dienten n e n e O r d e n mit strengerer Regel zur Befestigung des kirchlichen Ansehens. Am erfolgreichsten wirkten die unter Innocenz Iii. gegrndeten Bettelorden der Dominikaner und Franzis-kaner. Der Dominikanerorden (die schwarzen Mnche), gestiftet von dem Spanier Dominikus, stellte sich die Predigt und die Verfolgung der Ketzer zur Lebensaufgabe; die Franziskaner (die braunen Mnche), deren Orden Franz von Assisi grndete, bten das seelsorgerische Amt sowie
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TM Hauptwörter (200): [T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Ludwig_Ix Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Innocenz_Iii Innocenz Dominikus Franz_von_Assisi Franz
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Frankreich Palstina Tunis