Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Jungen
Anfang der Kirchenverbcfferung. 2« >3
chen Fortschritte der Franzosen in Italien aufhalten wollte.
In dem letzten Kampfe verweigerte ihm die Republik Vene-
dig (1508) den Durchmarsch mit bewaffneten Truppen, und
der Papst Julius 2, der ebenfalls kein teutschcs Heer in
Italien zu sehen wünschte, bewilligte (8. Febr. 1508), daß
Maximilian den Titel eines erwählten römischen
Kaisers annahm, welchen nach ihm die folgenden Regen-
ten Teutschlands sogleich nach der Wahl führten.
Franc. Guicciardini, istoria chlalia. 2voll. Vene-
zia, 1738. Fol. (4t. 1775.4.) (reichtvon i4g2-i53a.)
Leop. Ranke, Geschichten der romanischen und germanischen
Völker von i4g4—i535. Th. i. Berl. i8a4. 8.
D. H. Hegewisch, Geschichte der Regierung Maximilians r.
3 Thle. Hamb. u. Kiel, 1782 f. 8:
103.
Anfang der Kirchcnvcrbesserung.
Nächst der Entdeckung Amerika's, wirkte kein Ereigniß
des scchszchntcn Jahrhunderts so mächtig auf das innere
Volksleben der europäischen Menschheit, so wie auch auf die
äußern Verhältnisse der teutschcn Staaten und der euro-
päischen Reiche im Allgemeinen und Großen ein, als der
Anfang der Kirchen Verbesserung, der noch in die letz-
ten Negierungsjahre des Kaisers Maximilian gehört. Sie
ging von der, von dem Churfürsten von Sachsen Friedrich
dem Weisen (1302) neugestifteten, Universität Witten-
berg aus, und begann damit, daß sich der Professor der
Theologie I). Luther*) durch einen öffentlichen Anschlag
(31. Oct. 1517) gegen den Unfug des Ab laß kram es er-
klärte, welchen vorzüglich der Dominicaner Tezel auö Leip-
zig in der Nähe von Wittenberg trieb , ein Subcollectcur des
Churfürsten Albrccht von Mainz; denn dieser Churfürsi hatte,
gegen die Hälfte des Ertrages, den ganzen Ablaßhandel in
Teutschland von dem Papste gepachtet.
Die Zeit der religiösen Erleuchtung war gekommen, und
kein Bannstrahl, keine Achtserklärung, kein Concilien- und
*) Schröckh, Luthers Leben, in s. Lebensbeschr. berühmter Gelehrten,
N. A. r Thle. Leipz. 1790. 8. (im Th. 1, S. 69 ff.)
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Extrahierte Personennamen: Julius Maximilian Maximilian Guicciardini D._H._Hegewisch Maximilians Maximilian Maximilian Friedrich
àuzzüge. 389
zen Zügen im Laufe zweier Jahrhunderte den gerlngstea
Antheil.
An der Spitze eines Schwarmes von ungefähr 15,000
Menschen, welche nichts zu verlieren hatten, ohne Disciplin
und Ordnung zusammengelaufen und auf der Reise bis auf
40,000 Mann angewachsen waren, eröffnete Peter von
Amiens seinen Zug; doch war ihm bereits mit einer regel-
losen Masse Walther von Pexejo, und, nach dessen Tode
in Bulgarien der Neffe desselben, Walther mit dem Bei-
namen der H a b e n i ch t s (â5 «voir) vorangegangen. Längs
der Donau walzte sich diese Masse durchs südliche Teutsch-
land und Ungarn. Ein teutscher Priester aus den Rheinge-
Senden, Gottschalk, zog seinem Freunde Peter mit ei-
ner Horde von ungefähr 12,000 Menschen nach, und ein
anderer Priester, Volkmar, stand an der Spitze eines
gleich starken Haufens, den er in Sachsen und Thüringen
zusammengetrieben hatte, und durch Böhmen nach Ungarn
führte. Am Rheine warf sich in dieser Zeit der Graf
Emich von Leiningen, zufolge einer vorgegebenenoffen-
Lahrung, auf die Juden, um an diesen die Schmach des
Kreuzes Christi zu rachen, und der Erzbischoff Ruthard vo.n
Mainz ward willig der Theilnehmer an diesen Ermordungs-
scenen der Juden. Eine allgemeine Jagd auf die Juden,
gleich stark von der Habsucht, wie von der Intoleranz und
dem Fanatismus eingegeben, war die Folge dieser Greuel
in den Rheingegenden, welche der Kaiser Heinrich 4 zwar
mißbilligte, aber nicht hindern konnte.
Viele von den ersten nach Palästina bestimmten Cohor-
te», welche man zusammen auf 200,000 Menschen berech-
nete, kamen nur bis nach Ungarn und zu den Bulgaren,
wo sie entweder Hunger und Elend, oder die Bewaffnung
der Eingebohrnen aufrieb, welche keinen Grund einsahen, ein
Räuberqesindel zu unterstützen, dessen Gewaltthätigkeiten al--
Rechten des Eigenthums trotzten. Nur Peter von
Amiens und Walther von Habenichts erreichten mit
Ehren sehr geschwächten Bettlerbanden Konstantinopel« Der
Kaiser Alepius beschenkte die Anführer, erquickte die Hör-
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Extrahierte Personennamen: Peter_von
Amiens Walther_von_Pexejo Gottschalk Peter Volkmar Graf
Emich_von_Leiningen Heinrich Heinrich Peter_von
Amiens Alepius
412 Sechste Perkode.'
Papiere und ihres Pallastes, des sogenannten Tempels,
den er selbst bezog. Nach seinem Willen verlangte Clemens;
die Gefangennehmung aller Ritter in England, Schottland,
Teutschland und Italien; die Könige von Spanien und Un-
garn wurden von ihm durch Bullen aufgefordert, dem erst-
gebohrnen Sohne der Kirche in ihren Landern nachzuahmen.
Philipp ließ im Jahre izro 50 Ritter verbrennen, welche
zwar auf der Folter die gewünschten Geständnisse gethan, die-
selben aber bereuet und widerrufen, und selbst die zugesicherte
Begnadigung und die Jahresgehalte zurückgewiesen hatten, die
man ihnen versprach , wenn sie bei ihrer ersten Aussage be-
harren würden. Selbst Molai starb den Tod in Flammen,
nachdem er feierlich vorher in einer Rede seine Unschuld be-
stätigt hatte. Ob man nun gleich bereits in jenen Zeiten meh-
rere der gemordeten Ritter als Märtyrer der Wahrheit be-
trachtete; so ward doch der Orden am 22 Mai 1312 vom
Papste aufgehoben. Die Güter desselben kamen größtentheils in
die Hände der Johanniter, die man von dem Antheile an
der Verfolgung und Ausrottung des Tempelherrenordens nicht
ganz frei sprechen kann, wenn gleich die gewaltsame Vernich-
tung dieses Ordens nach ihren letzten Ursachen, und nach
der Schuld, welche einzelne Ritter desselben getragen haben
mögen, nicht völlig aufzuklären ist.
Aus der milden Stiftung eines Teutschen in Jerusa-
lem zur Verpflegung armer und kranker teutscher
Pilger, welche besonders, während der Belagerung von Acre,
durch bremische und lübeckische Kaufleute an Umfang und
Zweckmäßigkeit gewann, und das Marienhospital zu
Jerusalem besaß, ward, noch während dieser Belagerung,
im Jahre ,190 vom Herzoge Friedrich von Schwaben
der dritte geistliche iritterorden, der teutsche Orden
gebildet. Neben der Verpflegung der Armen und Kranken
übernahmen die dazu getretenen Ritter die Verpflichtung,
in Palästina gegen die Ungläubigen zu kämpfen, ein Ent-
schluß, zu welchem die Eifersucht der teutschen Ritter auf
die Johanniter und Tempelherren mitwirkte, welche nur selten
teutsche Ritter in ihre Corporationen aufnahmen und noch
nie einen Teutschen zu ihrem Meister gewählt hatten. Die
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TM Hauptwörter (200): [T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Extrahierte Personennamen: Clemens Philipp Molai Friedrich_von_Schwaben Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: England Schottland Teutschland Italien Spanien Jerusalem Palästina
Kreuzzüge. 385
Planes, den sein Zögling Urban 2 von neuem auffaßte,
als der Schwärmer, Peter von Amiens, der im Jahre
von einer Pilgerschaft nach Palästina zurückkehrte, die
Leiden mit den lebendigsten Farben schilderte, welche die
dortigen Christen von den rohen und siegreichen türki-
schen Stämmen Ln den letzten Jahrzehnden erduldet hat-
ten. Denn seit 1076 herrschte der Turkomanne Orthok
in Jerusalem, dessen Horde nicht nur die einheimischen und
die nach Jerusalem pilgernden Christen, sondern auch die
kirchlichen Heiligthümer mißhandelte. Doch bemächtigten
sich im Jahre 1096 die Fatimiden wieder der heiligen Stadt,
und besaßen sie bei der Ankunft der Kreuzfahrer.
Peter, gebürtig von Amiens, der Ignaz von Lojola
feines Zeitalters, hatte früherhin den Wassenrock mit der
Eremitenkutte vertauscht und im südlichen Frankreich be-
reits durch seine Enthaltsamkeit sich berühmt gemacht, als
er im Jahre 1093 eine Wallfahrt nach Jerusalem unter-
nahm, wo er die Bedrückungen der Christen von den ftld-
schukischen Türken selbst sah, und, nach einer vorgeblichen
Erscheinung des Erlösers im Traume, vom dortigen Pa-
triarchen Simeon Bitrschreiben um Hülfe an die abend-
ländische Christenheit mitbrachte. Er übergab sie dem Pap-
ste Urban 2, der von neuem vom byzantinischen Kaiser
Alexius Kommen us um Unterstützung ersucht worden
war. Ausgestattet mit dem päpstlichen Segen und mit der ,
Erlaubniß, seine Sendung zu verkündigen und die Gemüther
vorzubereiten, begann er zu Barg in Unteritalien, einer
Besitzung der Normalisier, welche damals zu den eifrigsten
Wallfahrern nach Palästina gehörten, seine schwärmerischen
Predigten. Mit einem großen Crucifixe in der Hand, ei-
nem Stricke um die Lenden, entblößt an Haupt und Füßen,
durchzog der unansehnliche Einsiedler auf einem Esel Dör-
fer und Städte. Das Fe:er seiner Augen verkündigte den
heiligen Eifer, dcr lcine Haranguen durchdrang, wodurch
kr der Mann des Pöbels wurde. Er predigte in Kir-
nen, auf Heerstraßen und Kreuzwegen; binnen einem Jahre
hatte er Italien und Frankreich durchzogen, und Taujens
de erblickten in ihm den heiligen und den gottgesandren
ir. - 25
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Urban Peter_von_Amiens Peter Ignaz_von_Lojola Urban Alexius
Extrahierte Ortsnamen: Palästina Jerusalem Jerusalem Amiens Frankreich Jerusalem Unteritalien Palästina Kir- Italien Frankreich
Kreuzzüge.' 41 r
Dieser Orden, der sich durch seine Tapferkeit während der
Kreuzzüge auszeichnete, gewann bedeutende Besitzungen, beson-
ders in Frankreich, im Ganzen 40,002 Kommenden, mit jährli-
chen Revenuen von 2 Millionen Thalern und großen Privile-
gien*). Nach dem Verluste von Palästina ward C Ypern
der Sitz dieses Ordens.
Von hier ward der Großmeister Jacob von Molai,
unter dem Vorwände eines neuen Planes zur Eroberung Je-
rusalems und der projectirten Vereinigung der drei geistlichen
Orden, besonders der Tempelherren und Johanniter, nach
Frankreich gelockt, wo damals der Papst Clemens 5 von dem
unternehmenden Könige Philipp 4 und dessen Kanzler, Wil-
helm von Nogaret, größtcntheils abhängig war. Eifersüch-
tig über die Macht und Reichthümer des Ordens, nach wel-
chen Philipps Habsucht lüstern war, wurde, nach erzwunge-
ner Aussage mehrerer Tempelherren, der Orden beschuldigt,
daß er nicht an Gott glaube, den Heiland verläugne, und
ein Götzenbild mit Augen von Karfunkeln anbete; daß die
Ritter bei ihrer Aufnahme das Crucifix mit Füßen treten und
anspeien müßten, und daß der Orden zu Ptolemais die Gel-
der des Königs Ludwig 9 untergeschlagen habe.
Ob nun gleich wahrscheinlich der Orden, nach der Sitte
der damaligen Zeit, seine Mysterien und seine besondern Cere-
monieen bei der Aufnahme neuer Mitglieder hatte; so konnten
doch Aussagen, welche man durch die Folter erpreßte, und
welche späterhin nicht selten zurückgenommen wurden, nicht
von Gewicht seyn. Nichts desioweniger kann cs gelängnet
werden, daß sich auch manches unwürdige Mitglied in den
Orden eingeschlichen hatte, das durch Gesinnungen und Hand-
lungen die Würde des Ordens entehrte. Jene erzwungenen
Aussagen veranlaßten aber den Papst und den König von Frank-
reich, dem Verfahren gegen den Orden den Charakter eines
Ketzerprocesses zu geben. *
In Paris wurden 140 Ritter auf einmal verhaftet. Der
König bemächtigte sich ihres Schatzes, ihres Archivs, ihrer
Antons Gesch. des Tempelherrnorden-, S. 26,, sie Aufl.
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Extrahierte Personennamen: Palästina Jacob_von_Molai Clemens Philipp_4 Philipp Philipps Philipps Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frank- Paris
Kreuzzüge. 413
Ankunft des, nach des Kaisers Friedrichs i Tode von dessen
Sohne, dem Herzoge Friedrich angeführten, teutschen Hee-
res vor Acre beförderte die Gründung dieses neuen Ordens,
welchen der Bruder des Herzogs, derkaiserheinrich 6 und
der Papst Cölestin 3 bestätigten. Dieser neue militärische
Orden nahm blos teutsche Ritter in seine Mitte auf; besaß
das teutsche Haus oder das Hospital der heil. Maria
zu Jerusalem (daher der Name der Ritter: Marlaner),
und wollte in sich die beiden Zwecke des Johanniter, und
Tempelherrnordens, die Verpflegung der Armen und Kran-
ken und den Kampf gegen die Saracenen, gemeinschaftlich
vereinigen. Sein erster, im Feldlager vor Acre gewählter,
Meister war Heinrich von Walpot; das Abzeichen des
Ordens war ein schwarzer Rock und ein weißer Mantel
mit schwarzem Kreuze. Daß aber dieser Orden bald so
mächtig und einflußreich wurde, verdankte er seinem ausge-
zeichneten Hochmeister, dem Thüringer Herrmann von
Salza, der (seit 1220) zwanzig Jahre an der Spitze dessel-
den stand. Verdrängt aus Palästina nach Venedig, ward
dieser Orden (1226) zur Bekehrung der heidnischen Völker
an der Ostsee gerufen. Nach einem drei und fünfzigjähri-
gen Kampfe hatte er die Preußen vertilgt und ihr Land
sich unterworfen, das nun nach germanischer Sitte
vrganistrt ward. Die Städte und Schlösser Thorn, Kulm,
Marienwerder und Elbing wurden jetzt begründet.
Er mußte dieses Land im Zeitalter der Reformation (1525)
verlassen, als dasselbe von seinem damaligen Hochmeister
Albrecht aus dem Hause Brandenburg in ein welt-
liches, von Polen lehnbares, Herzogthum verwandelt ward.
Seit dieser Zeit war der Sitz desselben zu Mergentheim,
bis er innerhalb des Rheinbundes vom Kaiser Napoleon
am 24 April 1809 gänzlich aufgehoben, und das Land, das
kr , besaß, den Souverainen zugetheilt wurde, in deren Staa-
ten dasselbe lag.
Obgleich diese Orden in den neuesten Zeiten sich über-
lebt hatten und zum Theile dem Geiste des Zeitalters un-
terlagen; so waren sie doch in den Tagen ihrer Stiftung
bvn großer Wichtigkeit. Ging die Begründung aller dieser
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrich Friedrich Cölestin Maria Heinrich_von_Walpot Heinrich Thüringer_Herrmann_von
Salza Albrecht Albrecht Napoleon
496 Sechste Periode.
und meistens durch die hier gezogenen Männer, hoben sich
die Schulen zu St. Gallen unter dem Abte Grimald, zu
Reichenau unter Walafried Strabo, zu Weißen-
burg unter Otfried, zu Corvey unter Ansgar, und
|u Prüm unter Regino. Die angelegten Klosterbibliothe-
ken beschäftigten, besonders in der Folgezeit, freilich mehr die
Hände, als die Köpfe. — Unter wilden Stürmen, veranlaßt
durch Normänner, Slaven und Ungarn, wurden diese Keime
einer bessern Literatur zerstört, bevor sie noch zu Früchten rei-
fen konnten; auch hinderten das Faustrccht und der Raufgeisi
der teutschen Nation in diesen Zeiten die Entwickelung des
noch unmündigen Geschmacks.
In Italien und in Frankreich konnten die Wissen-
schaften so wenig, wie in Teutschland, während mehrerer Iahr-
' Hunderte zu einer freiern Gestalt und Form sich emporheben;
Unwissenheit und blinder Religionseifcr hinderten gleich stark
das Studium der ehrwürdigen Ueberreste eines gebildeten
Alterthums. Die aus den Zeiten der Imperatoren herrühren-
den Institute in Italien gingen ein unter dem Andränge der
Barbaren, besonders während der Herrschaft der Langobar-
den; nur der Mönchsgeist ward genährt, weil in den klö-
sterlichen Cohortcn die Inhaber des päpstlichen Stuhles ihre
rüstigsten Streiter fanden, und selbst die strenge Reformation
des klösterlichen Lebens, wie sie zuerst Odo in seinem Kloster
zu Clügny (9zo) einführte, zu bald wieder verfiel.
388.
Philosophie und Theologie.
Von Spanien aus, wo damals die arabische Literatur
ihre schönste Blüthe trieb, kam ein neues wissenschaftliches
Leben nach Frankreich. Aristoteles, den die Araber in
Syrien kennen gelernt und dem sie willig gehuldigt hatten,
wurde schon damals in den Klosterschulen, doch noch nicht so
ausschließend, wie in der Folge, betrieben. Da die Dialek-
tik ihre Stelle unter den sieben freien Künsten während des
Mittelalters behauptete, und die Philosophie, so wie alle Wis-
senschaften, blos von dem geistlichen Stande bearbeitet wur-
de; so läßt es sich erklären, wie die Philosophie des Mit-
telalters
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Walafried_Strabo Otfried Ansgar Aristoteles
Extrahierte Ortsnamen: Reichenau Corvey Ungarn Italien Frankreich Teutschland Italien Spanien Frankreich Syrien
224
Sechster Zeitraum.
faßte, als der Schwärmer, Peter von Amiens, der im
Jahre 4095 von einer Pilgerschaft nach Palästina zurück-
kehrte, die Leiden mit den lebendigsten Farben schilderte,
welche die dortigen Christen von den rohen und siegreichen
türkischen Stammen in den letzten Jahrzehnden erduldet
hatten. Denn seit 1076 herrschte der Turkomanne Orthok
in Jerusalem, dessen Horde nicht nur die einheimischen und
die nach Jerusalem pilgernden Christen, sondern auch die
kirchlichen Heiligthümer mißhandelte. Doch bemächtigten sich
im Jahre 109u die Fatimiden wieder der heiligen Stadt,
und besaßen sie bei der Ankunft der Kreuzfahrer.
Peter, gebürtig von Amiens, der Ignaz von Lovola
seines Zeitalters, hatte früherhin den Waffenrock mit der
Eremitenkutte vertauscht und im südlichen Frankreich bereits
durch seine Selbstbnßungen sich berühmt gemacht, als er im
Jahre 1093 eine Wallfahrt nach Jerusalem unternahm, wo
er die Bedrückungen der Christen von den seldschukischen
Türken selbst sah, und, nach einer vorgeblichen Erscheinung
des Erlösers im Traume, vom dortigen Patriarchen Simeon
Bittschreibcn um Hülfe an die abendländische Christenheit
mitbrachte. Er übergab sie dem Papste Urban 2, der von
neuem vom byzantinischen Kaiser Alerius Komnenus
um Unterstützung ersucht worden war. Ausgestattet mit
dem päpstlichen Segen und mit der Erlaubniß, seine Sen-
dung zu verkündigen und die Gemüther vorzubereiten, be-
gann er zu Bari in Unteritalien, einer Besitzung der Nor-
mannen-, welche damals zu den eifrigsten Wallfahrern nach
Palästina gehörten, seine schwärmerischen Predigten. Mit
einem großen Crucisire in der Hand, einem Stricke um die
Lenden, entblößt an Haupt und Füßen, durchzog der un-
ansehnliche Einsiedler auf einem Esel Dörfer und Städte.
Das Feuer seiner Augen verkündigte den heiligen Eifer, der
seine Reden durchdrang, durch welche er der Mann des
Pöbels ward. Er predigte in Kirchen, auf Heerstraßen
und Kreuzwegen; binnen einem Jahre hatte er Italien und
Frankreich durchzogen, und Tausende erblickten in ihm den
heiligen und den gottgesandten Mann, der noch überdies
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Peter_von_Amiens Peter Ignaz_von_Lovola Simeon
Bittschreibcn Urban Alerius_Komnenus
Extrahierte Ortsnamen: Palästina Jerusalem Jerusalem Amiens Frankreich Jerusalem Bari Unteritalien Palästina Italien Frankreich
228
Sechster Ae irraum.
Späterhin wurden auch sie in den Strudel fortgerissen; nur
die übrigen noch nicht einmal in der Kultur bis zum Hel-
denalter vorgerückten nördlichen Völkerschaften Europa's,
und die Spanier, welche in ihrem eignen Vaterlande mit
den Arabern hinreichend beschäftigt waren, nahmen an den
ganzen Zügen im Laufe zweier Jahrhunderte den geringsten
Antheil.
An der Spitze eines Schwarmes von ungefähr 1.5,000
Menschen, die nichts zu verlieren hatten, die ohne Zucht
und Ordnung zusammengelaufen und auf der Reise bis auf
40,000 Mann angewachsen waren, eröffnete Peter von
Amiens seinen Zug; doch war ihm bereits mit einer regel-
losen Masse Walther von Perejo, und, nach dessen Tode
in Bulgarien, der Neffe desselben, Walther mit dem
Beinamen der H a b e n i ch t s (saus avoir), vorangegangen.
Längs der Donau walzte sich diese Masse durchs südliche
Teutschland und Ungarn. Ein teutscher Priester aus den
Rhsingegenden, Gott sch all, zog seinem Freunde Peter
mit einer Horde von ungefähr t 2,000 Menschen nach, und
ein anderer Priester, Volkmar, stand an der Spitze eines
gleich starken Haufens, den er in Sachsen und Thüringen
zusammengetrieben hatte, und durch Böhmen nach Ungarn
führte. Am Rheine warf sich in dieser Zeit der Graf Emich
von Leiningen, zufolge einer vorgegebenen Offenbahrung,
auf'die Juden, um an diesen die Schmach des Kreuzes
Christi zu rächen, und der Erzbischoff Ruthard von Main;
ward willig der Theilnehmcr an diesen Ermordungsscenen
der Juden. Eine allgemeine Jagd auf die Juden, gleich
stark von der Habsucht, wie von der Unduldsamkeit und dem
zügellosen Religionseifer eingegeben, war die Folge dieser
Greuel in den Rheingegenden, welche der Kaiser Heinrich 4
zwar mißbilligte, aber nicht hindern konnte.
Viele von den ersten nach Palästina bestimmten Massen,
welche man zusammen auf 200,000 Menschen berechnete,
kamen nur bis nach Ungarn und zu den Bulgaren, wo sie
entweder Hunger und Elend, oder die Bewaffnung der Ein-
gebohrncn aufrieb, welche keinen Grund einsahen, ein
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Peter_von
Amiens Walther_von_Perejo Walther Peter Volkmar Emich
von_Leiningen Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Hel- Bulgarien Donau Ungarn Sachsen Ungarn Rheine Christi Main Rheingegenden Palästina Ungarn
234 Sechster Zeitraum.
fr wenig befestigte christliche Königreich auf; denn auch
für die Muselmänner war Jerusalem ein heiliger
Ort, und die Wallfahrt dahin ein Theil ihrer religiösen
Uebungen; auch für sie war die Wiedereroberung dieser
Stadt Angelegenheit des Glaubens; auch für sie
ward daher dieser Krieg ein heiliger, ein Religions-
krieg.
336.
Zweiter Zeitabschnitt der K r e u z z ü g e von
1142 — 1187.
Doch bevor noch Jerusalem von Saladin erobert ward,
gab der Verlust von Edessa (1142) an die Saracenen
die Veranlassung zu einer neuen großen Bewaffnung in der
abendländischen Christenheit. Edessa, die Hauptstadt des
ersten christlichen Fürstenthums im Oriente, galt als die
Vormauer des Königreiches Jerusalem; der Verlust dieser
Stadt drohte Hcn Verlust der übrigen christlichen Besitzun-
gen. Der Fall von Edessa erregte eine allgemeine Be-
stürzung im Abendlande, und nicht vergebens rief der Papst
Eugen 3 die Christenheit zu einem neuen Hauptzuge auf,
besonders als der Abt von Clairvaur, Bernhard, mit
vollem Feuereifer dafür wirkte, ein Mann, der den Ruf der
Heiligkeit und des Wunderthaters für sich hatte, und sei-
nem Vorgänger, dem Einsiedler Peter, an Talenten und
Einffusse auf die Großen weit überlegen war. Ihm gelang
es, zuerst den König von Frankreich Ludwig 7, und dann
auch den König Konrav 3 von Teutschland zu Speyer
dafür zu begeistern. Ludwig hatte in einer Fehde mit dem
Grafen von Champagne eine Kirche mit den darein gcflüch-
tcten Menschen niedergebrannt; sein Gewissen trieb ihn an,
diese Versündigung auf einem Kreuzzuge abzubüßen. Der
heilige Bernhard heftete ihm im Jahre 1146 das Kreuz
an, und viele tausend Franzosen folgten dem Beispiele ihres
Königs, so daß Bernhard, der doch für einen starken
Vorrath von Kreuzen auf der Persammlung zu Vezelay ge-
sorgt hatte, seine Kutte zerreißen mußte, um das Vertan-
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Extrahierte Personennamen: Eugen Eugen Bernhard Peter Ludwig Ludwig Ludwig Bernhard Bernhard