Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Jungen
Anfang der Kirchenverbcfferung. 2« >3
chen Fortschritte der Franzosen in Italien aufhalten wollte.
In dem letzten Kampfe verweigerte ihm die Republik Vene-
dig (1508) den Durchmarsch mit bewaffneten Truppen, und
der Papst Julius 2, der ebenfalls kein teutschcs Heer in
Italien zu sehen wünschte, bewilligte (8. Febr. 1508), daß
Maximilian den Titel eines erwählten römischen
Kaisers annahm, welchen nach ihm die folgenden Regen-
ten Teutschlands sogleich nach der Wahl führten.
Franc. Guicciardini, istoria chlalia. 2voll. Vene-
zia, 1738. Fol. (4t. 1775.4.) (reichtvon i4g2-i53a.)
Leop. Ranke, Geschichten der romanischen und germanischen
Völker von i4g4—i535. Th. i. Berl. i8a4. 8.
D. H. Hegewisch, Geschichte der Regierung Maximilians r.
3 Thle. Hamb. u. Kiel, 1782 f. 8:
103.
Anfang der Kirchcnvcrbesserung.
Nächst der Entdeckung Amerika's, wirkte kein Ereigniß
des scchszchntcn Jahrhunderts so mächtig auf das innere
Volksleben der europäischen Menschheit, so wie auch auf die
äußern Verhältnisse der teutschcn Staaten und der euro-
päischen Reiche im Allgemeinen und Großen ein, als der
Anfang der Kirchen Verbesserung, der noch in die letz-
ten Negierungsjahre des Kaisers Maximilian gehört. Sie
ging von der, von dem Churfürsten von Sachsen Friedrich
dem Weisen (1302) neugestifteten, Universität Witten-
berg aus, und begann damit, daß sich der Professor der
Theologie I). Luther*) durch einen öffentlichen Anschlag
(31. Oct. 1517) gegen den Unfug des Ab laß kram es er-
klärte, welchen vorzüglich der Dominicaner Tezel auö Leip-
zig in der Nähe von Wittenberg trieb , ein Subcollectcur des
Churfürsten Albrccht von Mainz; denn dieser Churfürsi hatte,
gegen die Hälfte des Ertrages, den ganzen Ablaßhandel in
Teutschland von dem Papste gepachtet.
Die Zeit der religiösen Erleuchtung war gekommen, und
kein Bannstrahl, keine Achtserklärung, kein Concilien- und
*) Schröckh, Luthers Leben, in s. Lebensbeschr. berühmter Gelehrten,
N. A. r Thle. Leipz. 1790. 8. (im Th. 1, S. 69 ff.)
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Extrahierte Personennamen: Julius Maximilian Maximilian Guicciardini D._H._Hegewisch Maximilians Maximilian Maximilian Friedrich
90
noch 5 Jahre in einer uneingeweihten Kapelle harren, bis der Bann
gelöst und ihr in geheiligter Erde im Dome zu Speier, dem Be-
gräbnißorte vieler teutschen Kaiser, endlich Ruhe wurde. Unter seinem
Sohne
Heinrichv. (1106 —1125) wurde über das Jnvestiturrecht noch
lange und heftig gestritten, bis man endlich zu einer bessern Einsicht
über das Wesen der Staats- und Kirchengewalt gelangte, und der
Streit zwischen dem Kaiser und dem Papste Calixtus Ii. zu
Worms (1122) dahin verglichen wurde, daß die Wahl zu Kirchen-
ämtern frei und die Einsetzung in dieselben mit Ring und Stab,
als Zeichen der geistlichen G ewalt, geschehen solle; dagegen sollte
der Kaiser den Gewählten mit den weltlichen Gütern durch das
Zeichen des Scepters belehnen. Mit Heinrich erlosch das frän-
kische Kaiserhaus.
Iv. Periode.
Von den Zeiten Gregors Vii. bis Columbus, oder von den
Kreuzzügen bis auf die Entdeckung von Amerika. 1100—1492.
§. 66.
Die Kreuzzüge.
Es ist ein natürliches Bedürfniß des menschlichen Gemüthes,
alles Große und Erhabene, wodurch es geistig bewegt wird, auch
äußerlich zu ehren. Aus solchen innern Gründen geschahen schon seit
den frühesten Zeiten des Christenthums Wallfahrten nach dem Lande,
wo der geboren ward und lehrte, der für das Heil der Welt starb.
Schon Constantin's des Großen Mutter, die heil. Helena, erbaute
zu Jerusalem die Kirche des heil. Grabes. Als die Araber
637 das Land den Griechen Wegnahmen, gestatteten sie, selbst die
heil. Stadt ehrend, den Christen freien Zutritt. Aber nach der Mitte
des eilften Jahrhunderts eroberten die Seldsch uken, ein roher Tür-
kenstamm, Syrien und Palästina, quälten die Christen und er-
schwerten den Besuch der heiligen Orte. Solche Noth der Christen
sah auch Peter von Amiens, der Einsiedler; er eilte mit Auf-
trägen und Briefen des Patriarchen von Jerusalem an den Papst
um Hilfe zurück und brachte nun, mit Vollmachten des Papstes Ur-
ban Ii. versehen, durch seine feurigen Reden das ganze Abendland
in Bewegung, das heilige Land den Ungläubigen zu entreißen. Auf
den feierlichen Kirchenversammlungen zupiacenza undclermont
(1095) hefteten viele Tausende unter dem Rufe: »Gott will es«
ein rothes Kreuz, als Zeichen ihrer gemeinsamen frommen Unterneh-
mung, auf die rechte Schulter. Die allgemeine Begeisterung sam-
melte bald ungeheure Schaaren aus Frankreich, Italien und Teutsch-
land, Schon im Frühjahre 1096 eilten Viele unter Peter's und
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Gregors Columbus Helena Peter_von_Amiens
Extrahierte Ortsnamen: Worms Gregors Amerika Syrien Jerusalem Frankreich Italien
194
Bauernstand mit gewissen Rechten, — dein spätern Meierrecht, —
bilden, und diesen Stand nach und nach zu dem Wohlstand heben,
dessen er sich bis ans unsere Zeit von Tage zu Tage stets mehr
zu erfreuen gehabt hat.
Aus diesem Wege gelangte man mehr und mehr zu den mo-
dernen inneren Staatseinrichtungen!
Daß die Regierung Erichs I. in die Anfänge der Reformation
fällt, macht sie nicht weniger denkwürdig. Er selbst, in seinem
Leben unverändert der katholischen Religion zngethan, hörte nicht
zu den Characteren seiner Zeit, die Glanbenszwang predigten; er
ließ vielmehr Jeden bei eigener Ueberzengnng. Das beweisen schon
die treuherzigen Worte, die er zu Luther ans dem Reichstage zu
Worms sprach, und mit einem Trunk Eimbecker Bier begleitete;
noch mehr aber seine zweite Heirath, die nach dem Tode seiner
ersten Gemahlin, 1524, im folgenden Jahre mit einer protestanti-
schen Prinzessin, Elisabeth von Brandenburg, Statt hatte, und
darum das eheliche Berhältniß doch nie trübte. So ward wenigstens
der Verbreitung lutherischer Lehren in den Landen Erichs I. kein
äußerliches Hinderniß entgegengesetzt, und sie erfolgte auch mit
reißender Schnelle. So hatte schon Göttingen 1531 seine eigene
Kirchenordnnng, von Luther selbst revidirt; bis 1536 folgten Han-
nover und Nordheim, ganz in demselben lutherischen Geiste. Ver-
fasser der letzteren waren Urbanus Negius und Corvmns. Die-
selbe Duldsamkeit ward gegen Alle geübt, und bei Erich I. Tode
hatte die protestantische Lehre daher schon so festen Boden gefaßt,
daß Nichts sie wieder zu vertilgen vermocht hätte.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er meist im eigenen
Lande, und mehr der Ruhe und Sorge für die inneren Zustände
desselben gewidmet. Der Bau des Schlosses Erichsburg gewährte
ihm seine liebste Unterhaltung. Noch einmal folgte der siebzig-
jährige Greis einer Aufforderung seines Kaisers, ans dem Reichs-
tag zu Hagenau ju erscheinen. Allein dies beförderte nur seinen
Tod, der daselbst, fern von der Heimath, am 30. Juli 1540 cr-
folgte.
Er hatte nur einen Sohn, Erich Ii., geb. 10. August 1528,
hinterlassen, und in einem Testament seine Gemahlin Elisabeth, so-
wie neben ihr die Landstände zu Vormündern eingesetzt — ein
schweres Amt, so weit es die Regierung des verschuldeten und ver-
armten Landes betraf. Die Erziehung Erichs leitete die Mutter
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Extrahierte Personennamen: Erichs_I. Elisabeth_von_Brandenburg Luther Erich_Ii August
àuzzüge. 389
zen Zügen im Laufe zweier Jahrhunderte den gerlngstea
Antheil.
An der Spitze eines Schwarmes von ungefähr 15,000
Menschen, welche nichts zu verlieren hatten, ohne Disciplin
und Ordnung zusammengelaufen und auf der Reise bis auf
40,000 Mann angewachsen waren, eröffnete Peter von
Amiens seinen Zug; doch war ihm bereits mit einer regel-
losen Masse Walther von Pexejo, und, nach dessen Tode
in Bulgarien der Neffe desselben, Walther mit dem Bei-
namen der H a b e n i ch t s (â5 «voir) vorangegangen. Längs
der Donau walzte sich diese Masse durchs südliche Teutsch-
land und Ungarn. Ein teutscher Priester aus den Rheinge-
Senden, Gottschalk, zog seinem Freunde Peter mit ei-
ner Horde von ungefähr 12,000 Menschen nach, und ein
anderer Priester, Volkmar, stand an der Spitze eines
gleich starken Haufens, den er in Sachsen und Thüringen
zusammengetrieben hatte, und durch Böhmen nach Ungarn
führte. Am Rheine warf sich in dieser Zeit der Graf
Emich von Leiningen, zufolge einer vorgegebenenoffen-
Lahrung, auf die Juden, um an diesen die Schmach des
Kreuzes Christi zu rachen, und der Erzbischoff Ruthard vo.n
Mainz ward willig der Theilnehmer an diesen Ermordungs-
scenen der Juden. Eine allgemeine Jagd auf die Juden,
gleich stark von der Habsucht, wie von der Intoleranz und
dem Fanatismus eingegeben, war die Folge dieser Greuel
in den Rheingegenden, welche der Kaiser Heinrich 4 zwar
mißbilligte, aber nicht hindern konnte.
Viele von den ersten nach Palästina bestimmten Cohor-
te», welche man zusammen auf 200,000 Menschen berech-
nete, kamen nur bis nach Ungarn und zu den Bulgaren,
wo sie entweder Hunger und Elend, oder die Bewaffnung
der Eingebohrnen aufrieb, welche keinen Grund einsahen, ein
Räuberqesindel zu unterstützen, dessen Gewaltthätigkeiten al--
Rechten des Eigenthums trotzten. Nur Peter von
Amiens und Walther von Habenichts erreichten mit
Ehren sehr geschwächten Bettlerbanden Konstantinopel« Der
Kaiser Alepius beschenkte die Anführer, erquickte die Hör-
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Extrahierte Personennamen: Peter_von
Amiens Walther_von_Pexejo Gottschalk Peter Volkmar Graf
Emich_von_Leiningen Heinrich Heinrich Peter_von
Amiens Alepius
412 Sechste Perkode.'
Papiere und ihres Pallastes, des sogenannten Tempels,
den er selbst bezog. Nach seinem Willen verlangte Clemens;
die Gefangennehmung aller Ritter in England, Schottland,
Teutschland und Italien; die Könige von Spanien und Un-
garn wurden von ihm durch Bullen aufgefordert, dem erst-
gebohrnen Sohne der Kirche in ihren Landern nachzuahmen.
Philipp ließ im Jahre izro 50 Ritter verbrennen, welche
zwar auf der Folter die gewünschten Geständnisse gethan, die-
selben aber bereuet und widerrufen, und selbst die zugesicherte
Begnadigung und die Jahresgehalte zurückgewiesen hatten, die
man ihnen versprach , wenn sie bei ihrer ersten Aussage be-
harren würden. Selbst Molai starb den Tod in Flammen,
nachdem er feierlich vorher in einer Rede seine Unschuld be-
stätigt hatte. Ob man nun gleich bereits in jenen Zeiten meh-
rere der gemordeten Ritter als Märtyrer der Wahrheit be-
trachtete; so ward doch der Orden am 22 Mai 1312 vom
Papste aufgehoben. Die Güter desselben kamen größtentheils in
die Hände der Johanniter, die man von dem Antheile an
der Verfolgung und Ausrottung des Tempelherrenordens nicht
ganz frei sprechen kann, wenn gleich die gewaltsame Vernich-
tung dieses Ordens nach ihren letzten Ursachen, und nach
der Schuld, welche einzelne Ritter desselben getragen haben
mögen, nicht völlig aufzuklären ist.
Aus der milden Stiftung eines Teutschen in Jerusa-
lem zur Verpflegung armer und kranker teutscher
Pilger, welche besonders, während der Belagerung von Acre,
durch bremische und lübeckische Kaufleute an Umfang und
Zweckmäßigkeit gewann, und das Marienhospital zu
Jerusalem besaß, ward, noch während dieser Belagerung,
im Jahre ,190 vom Herzoge Friedrich von Schwaben
der dritte geistliche iritterorden, der teutsche Orden
gebildet. Neben der Verpflegung der Armen und Kranken
übernahmen die dazu getretenen Ritter die Verpflichtung,
in Palästina gegen die Ungläubigen zu kämpfen, ein Ent-
schluß, zu welchem die Eifersucht der teutschen Ritter auf
die Johanniter und Tempelherren mitwirkte, welche nur selten
teutsche Ritter in ihre Corporationen aufnahmen und noch
nie einen Teutschen zu ihrem Meister gewählt hatten. Die
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Extrahierte Personennamen: Clemens Philipp Molai Friedrich_von_Schwaben Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: England Schottland Teutschland Italien Spanien Jerusalem Palästina
Kreuzzüge. 385
Planes, den sein Zögling Urban 2 von neuem auffaßte,
als der Schwärmer, Peter von Amiens, der im Jahre
von einer Pilgerschaft nach Palästina zurückkehrte, die
Leiden mit den lebendigsten Farben schilderte, welche die
dortigen Christen von den rohen und siegreichen türki-
schen Stämmen Ln den letzten Jahrzehnden erduldet hat-
ten. Denn seit 1076 herrschte der Turkomanne Orthok
in Jerusalem, dessen Horde nicht nur die einheimischen und
die nach Jerusalem pilgernden Christen, sondern auch die
kirchlichen Heiligthümer mißhandelte. Doch bemächtigten
sich im Jahre 1096 die Fatimiden wieder der heiligen Stadt,
und besaßen sie bei der Ankunft der Kreuzfahrer.
Peter, gebürtig von Amiens, der Ignaz von Lojola
feines Zeitalters, hatte früherhin den Wassenrock mit der
Eremitenkutte vertauscht und im südlichen Frankreich be-
reits durch seine Enthaltsamkeit sich berühmt gemacht, als
er im Jahre 1093 eine Wallfahrt nach Jerusalem unter-
nahm, wo er die Bedrückungen der Christen von den ftld-
schukischen Türken selbst sah, und, nach einer vorgeblichen
Erscheinung des Erlösers im Traume, vom dortigen Pa-
triarchen Simeon Bitrschreiben um Hülfe an die abend-
ländische Christenheit mitbrachte. Er übergab sie dem Pap-
ste Urban 2, der von neuem vom byzantinischen Kaiser
Alexius Kommen us um Unterstützung ersucht worden
war. Ausgestattet mit dem päpstlichen Segen und mit der ,
Erlaubniß, seine Sendung zu verkündigen und die Gemüther
vorzubereiten, begann er zu Barg in Unteritalien, einer
Besitzung der Normalisier, welche damals zu den eifrigsten
Wallfahrern nach Palästina gehörten, seine schwärmerischen
Predigten. Mit einem großen Crucifixe in der Hand, ei-
nem Stricke um die Lenden, entblößt an Haupt und Füßen,
durchzog der unansehnliche Einsiedler auf einem Esel Dör-
fer und Städte. Das Fe:er seiner Augen verkündigte den
heiligen Eifer, dcr lcine Haranguen durchdrang, wodurch
kr der Mann des Pöbels wurde. Er predigte in Kir-
nen, auf Heerstraßen und Kreuzwegen; binnen einem Jahre
hatte er Italien und Frankreich durchzogen, und Taujens
de erblickten in ihm den heiligen und den gottgesandren
ir. - 25
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Extrahierte Personennamen: Urban Peter_von_Amiens Peter Ignaz_von_Lojola Urban Alexius
Extrahierte Ortsnamen: Palästina Jerusalem Jerusalem Amiens Frankreich Jerusalem Unteritalien Palästina Kir- Italien Frankreich
Kreuzzüge.' 41 r
Dieser Orden, der sich durch seine Tapferkeit während der
Kreuzzüge auszeichnete, gewann bedeutende Besitzungen, beson-
ders in Frankreich, im Ganzen 40,002 Kommenden, mit jährli-
chen Revenuen von 2 Millionen Thalern und großen Privile-
gien*). Nach dem Verluste von Palästina ward C Ypern
der Sitz dieses Ordens.
Von hier ward der Großmeister Jacob von Molai,
unter dem Vorwände eines neuen Planes zur Eroberung Je-
rusalems und der projectirten Vereinigung der drei geistlichen
Orden, besonders der Tempelherren und Johanniter, nach
Frankreich gelockt, wo damals der Papst Clemens 5 von dem
unternehmenden Könige Philipp 4 und dessen Kanzler, Wil-
helm von Nogaret, größtcntheils abhängig war. Eifersüch-
tig über die Macht und Reichthümer des Ordens, nach wel-
chen Philipps Habsucht lüstern war, wurde, nach erzwunge-
ner Aussage mehrerer Tempelherren, der Orden beschuldigt,
daß er nicht an Gott glaube, den Heiland verläugne, und
ein Götzenbild mit Augen von Karfunkeln anbete; daß die
Ritter bei ihrer Aufnahme das Crucifix mit Füßen treten und
anspeien müßten, und daß der Orden zu Ptolemais die Gel-
der des Königs Ludwig 9 untergeschlagen habe.
Ob nun gleich wahrscheinlich der Orden, nach der Sitte
der damaligen Zeit, seine Mysterien und seine besondern Cere-
monieen bei der Aufnahme neuer Mitglieder hatte; so konnten
doch Aussagen, welche man durch die Folter erpreßte, und
welche späterhin nicht selten zurückgenommen wurden, nicht
von Gewicht seyn. Nichts desioweniger kann cs gelängnet
werden, daß sich auch manches unwürdige Mitglied in den
Orden eingeschlichen hatte, das durch Gesinnungen und Hand-
lungen die Würde des Ordens entehrte. Jene erzwungenen
Aussagen veranlaßten aber den Papst und den König von Frank-
reich, dem Verfahren gegen den Orden den Charakter eines
Ketzerprocesses zu geben. *
In Paris wurden 140 Ritter auf einmal verhaftet. Der
König bemächtigte sich ihres Schatzes, ihres Archivs, ihrer
Antons Gesch. des Tempelherrnorden-, S. 26,, sie Aufl.
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Extrahierte Personennamen: Palästina Jacob_von_Molai Clemens Philipp_4 Philipp Philipps Philipps Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Frank- Paris
Kreuzzüge. 413
Ankunft des, nach des Kaisers Friedrichs i Tode von dessen
Sohne, dem Herzoge Friedrich angeführten, teutschen Hee-
res vor Acre beförderte die Gründung dieses neuen Ordens,
welchen der Bruder des Herzogs, derkaiserheinrich 6 und
der Papst Cölestin 3 bestätigten. Dieser neue militärische
Orden nahm blos teutsche Ritter in seine Mitte auf; besaß
das teutsche Haus oder das Hospital der heil. Maria
zu Jerusalem (daher der Name der Ritter: Marlaner),
und wollte in sich die beiden Zwecke des Johanniter, und
Tempelherrnordens, die Verpflegung der Armen und Kran-
ken und den Kampf gegen die Saracenen, gemeinschaftlich
vereinigen. Sein erster, im Feldlager vor Acre gewählter,
Meister war Heinrich von Walpot; das Abzeichen des
Ordens war ein schwarzer Rock und ein weißer Mantel
mit schwarzem Kreuze. Daß aber dieser Orden bald so
mächtig und einflußreich wurde, verdankte er seinem ausge-
zeichneten Hochmeister, dem Thüringer Herrmann von
Salza, der (seit 1220) zwanzig Jahre an der Spitze dessel-
den stand. Verdrängt aus Palästina nach Venedig, ward
dieser Orden (1226) zur Bekehrung der heidnischen Völker
an der Ostsee gerufen. Nach einem drei und fünfzigjähri-
gen Kampfe hatte er die Preußen vertilgt und ihr Land
sich unterworfen, das nun nach germanischer Sitte
vrganistrt ward. Die Städte und Schlösser Thorn, Kulm,
Marienwerder und Elbing wurden jetzt begründet.
Er mußte dieses Land im Zeitalter der Reformation (1525)
verlassen, als dasselbe von seinem damaligen Hochmeister
Albrecht aus dem Hause Brandenburg in ein welt-
liches, von Polen lehnbares, Herzogthum verwandelt ward.
Seit dieser Zeit war der Sitz desselben zu Mergentheim,
bis er innerhalb des Rheinbundes vom Kaiser Napoleon
am 24 April 1809 gänzlich aufgehoben, und das Land, das
kr , besaß, den Souverainen zugetheilt wurde, in deren Staa-
ten dasselbe lag.
Obgleich diese Orden in den neuesten Zeiten sich über-
lebt hatten und zum Theile dem Geiste des Zeitalters un-
terlagen; so waren sie doch in den Tagen ihrer Stiftung
bvn großer Wichtigkeit. Ging die Begründung aller dieser
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrich Friedrich Cölestin Maria Heinrich_von_Walpot Heinrich Thüringer_Herrmann_von
Salza Albrecht Albrecht Napoleon
496 Sechste Periode.
und meistens durch die hier gezogenen Männer, hoben sich
die Schulen zu St. Gallen unter dem Abte Grimald, zu
Reichenau unter Walafried Strabo, zu Weißen-
burg unter Otfried, zu Corvey unter Ansgar, und
|u Prüm unter Regino. Die angelegten Klosterbibliothe-
ken beschäftigten, besonders in der Folgezeit, freilich mehr die
Hände, als die Köpfe. — Unter wilden Stürmen, veranlaßt
durch Normänner, Slaven und Ungarn, wurden diese Keime
einer bessern Literatur zerstört, bevor sie noch zu Früchten rei-
fen konnten; auch hinderten das Faustrccht und der Raufgeisi
der teutschen Nation in diesen Zeiten die Entwickelung des
noch unmündigen Geschmacks.
In Italien und in Frankreich konnten die Wissen-
schaften so wenig, wie in Teutschland, während mehrerer Iahr-
' Hunderte zu einer freiern Gestalt und Form sich emporheben;
Unwissenheit und blinder Religionseifcr hinderten gleich stark
das Studium der ehrwürdigen Ueberreste eines gebildeten
Alterthums. Die aus den Zeiten der Imperatoren herrühren-
den Institute in Italien gingen ein unter dem Andränge der
Barbaren, besonders während der Herrschaft der Langobar-
den; nur der Mönchsgeist ward genährt, weil in den klö-
sterlichen Cohortcn die Inhaber des päpstlichen Stuhles ihre
rüstigsten Streiter fanden, und selbst die strenge Reformation
des klösterlichen Lebens, wie sie zuerst Odo in seinem Kloster
zu Clügny (9zo) einführte, zu bald wieder verfiel.
388.
Philosophie und Theologie.
Von Spanien aus, wo damals die arabische Literatur
ihre schönste Blüthe trieb, kam ein neues wissenschaftliches
Leben nach Frankreich. Aristoteles, den die Araber in
Syrien kennen gelernt und dem sie willig gehuldigt hatten,
wurde schon damals in den Klosterschulen, doch noch nicht so
ausschließend, wie in der Folge, betrieben. Da die Dialek-
tik ihre Stelle unter den sieben freien Künsten während des
Mittelalters behauptete, und die Philosophie, so wie alle Wis-
senschaften, blos von dem geistlichen Stande bearbeitet wur-
de; so läßt es sich erklären, wie die Philosophie des Mit-
telalters
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Extrahierte Personennamen: Walafried_Strabo Otfried Ansgar Aristoteles
Extrahierte Ortsnamen: Reichenau Corvey Ungarn Italien Frankreich Teutschland Italien Spanien Frankreich Syrien
224
Sechster Zeitraum.
faßte, als der Schwärmer, Peter von Amiens, der im
Jahre 4095 von einer Pilgerschaft nach Palästina zurück-
kehrte, die Leiden mit den lebendigsten Farben schilderte,
welche die dortigen Christen von den rohen und siegreichen
türkischen Stammen in den letzten Jahrzehnden erduldet
hatten. Denn seit 1076 herrschte der Turkomanne Orthok
in Jerusalem, dessen Horde nicht nur die einheimischen und
die nach Jerusalem pilgernden Christen, sondern auch die
kirchlichen Heiligthümer mißhandelte. Doch bemächtigten sich
im Jahre 109u die Fatimiden wieder der heiligen Stadt,
und besaßen sie bei der Ankunft der Kreuzfahrer.
Peter, gebürtig von Amiens, der Ignaz von Lovola
seines Zeitalters, hatte früherhin den Waffenrock mit der
Eremitenkutte vertauscht und im südlichen Frankreich bereits
durch seine Selbstbnßungen sich berühmt gemacht, als er im
Jahre 1093 eine Wallfahrt nach Jerusalem unternahm, wo
er die Bedrückungen der Christen von den seldschukischen
Türken selbst sah, und, nach einer vorgeblichen Erscheinung
des Erlösers im Traume, vom dortigen Patriarchen Simeon
Bittschreibcn um Hülfe an die abendländische Christenheit
mitbrachte. Er übergab sie dem Papste Urban 2, der von
neuem vom byzantinischen Kaiser Alerius Komnenus
um Unterstützung ersucht worden war. Ausgestattet mit
dem päpstlichen Segen und mit der Erlaubniß, seine Sen-
dung zu verkündigen und die Gemüther vorzubereiten, be-
gann er zu Bari in Unteritalien, einer Besitzung der Nor-
mannen-, welche damals zu den eifrigsten Wallfahrern nach
Palästina gehörten, seine schwärmerischen Predigten. Mit
einem großen Crucisire in der Hand, einem Stricke um die
Lenden, entblößt an Haupt und Füßen, durchzog der un-
ansehnliche Einsiedler auf einem Esel Dörfer und Städte.
Das Feuer seiner Augen verkündigte den heiligen Eifer, der
seine Reden durchdrang, durch welche er der Mann des
Pöbels ward. Er predigte in Kirchen, auf Heerstraßen
und Kreuzwegen; binnen einem Jahre hatte er Italien und
Frankreich durchzogen, und Tausende erblickten in ihm den
heiligen und den gottgesandten Mann, der noch überdies
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Extrahierte Personennamen: Peter_von_Amiens Peter Ignaz_von_Lovola Simeon
Bittschreibcn Urban Alerius_Komnenus
Extrahierte Ortsnamen: Palästina Jerusalem Jerusalem Amiens Frankreich Jerusalem Bari Unteritalien Palästina Italien Frankreich