Fünfter Zeitraum.
—
Vom westfälischen Frieden bis zur Auflösung des deutschen
Reiches 1648—1806.
8- 22.
Vertheidigungskrieg gegen Frankreich und die Türken.
Schon während des dreißigjährigen Krieges hatte der franzö-
sische Premierminister, Cardinal Richelieu, die Politik befolgt, das
Haus Habsburg, dessen Macht durch den vollständigen Sieg über
den Protestantismus seit 1629 bedeutend gestiegen war, zu schwä-
chen. Deshalb hatte er die Protestanten in Deutschland erst insge-
heim, später öffentlich unterstützt und war mit Schweden und mit
Wallenstein gegen den Kaiser in Verbindung getreten. Nachdem nun
Frankreich im westphälischen Frieden nicht nur die längst besetzten
lothringschen Bisthümer behalten, sondern auch die habsburgischen
Besitzungen im Elsaß gewonnen hatte, machte Ludwig Xiv. (reg.
1643—1715) nach dem Tode Ferdinand's Iii. sogar den Versuch
die deutsche Krone zu erhalten und hatte die drei geistlichen Kurfür-
sten und Baiern für diesen Plan gewonnen. Aber die protestanti-
schen Kurfürsten, namentlich Friedrich Wilhelm von Branden-
burg, bewirkten, daß die Wahl auf Ferdinands Sohn
Leopold I. 1658-1705
fiel; doch setzte der französische Einfluß durch, daß der Kaiser in
einer Wahlcapitulation sich neue Beschränkungen seiner Gewalt ge-
fallen lassen, und das Versprechen, den Feinden Frankreichs keinen
Vorschub zu thun, geben mußte. Zugleich reizte der französische Ge-
sandte den türkischen Sultan zum Kriege gegen Oesterreich, weil die-
ses die Fürsten von Siebenbürgen, in dem Versuche sich von der
türkischen Oberherrschaft zu befreien, unterstützte. Die Türken rück-
ten daher (1664) aus Niederungarn, welches ganz in ihrem Besitze
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Extrahierte Personennamen: Cardinal_Richelieu Ludwig_Xiv Ludwig Friedrich_Wilhelm_von_Branden- Friedrich Wilhelm Ferdinands Leopold_I.
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Haus_Habsburg Deutschland Frankreich Baiern Frankreichs Oesterreich Niederungarn
110
Le»vvld I.
war, gegen die Grenze Oberungarns vor und gingen bei der Cister-
zienser-Abtei St. Gotthardt über die Raab, aber Montecucnli
erfocht hier einen glänzendern Sieg, als seit 3 Jahrhunderten christ-
liche Truppen in offener Feldschlacht gegen die Osmanen gewonnen
hatten, ohne daß derselbe jedoch weiter benutzt wurde. Der Reichs-
tag in Regensburg, der dem Kaiser die Hülfe gegen die Tür-
ken bewilligt hatte, erhielt immerwährende Dauer und ward
fortan nicht mehr vom Kaiser rmd den Reichsständen persönlich be-
sucht, sondern jeder Reichsfürst und jede Reichsstadt hielt (seit 1667)
beständig einen Gesandten in Regensburg, der den Sitzungen im
Namen seines Herrn beiwohnte.
Während seiner langen Regierung war Leopold mit einem drei-
fachen Kampfe beschäftigt: a) gegen die Vergrößerungssucht Frank-
reichs, b) gegen die abermals das christliche Europa bedrohenden
Türken, e) gegen die mißvergnügten ungarischen Magnaten.
Erster Reichskrieg gegen Ludwig Xiv. 1674—1678.
Nach dem Tode seines Schwiegervaters, Pbilipp's Iv. von
Spanien, machte Ludwig Xiv., trotz der Verzichtleistung seiner Ge-
mahlin, aus ihr mütterliches Erbe in den Niederlanden Anspruch
und nahm mehrere belgische Festungen weg; allein die (durch den
holländischen Rathspensionär Joh. de Witt veranlaßte) Tripel-
allianz zwischen Holland, England und Schweden bewog ihn, den
Frieden zu Aachen (1668) einzugeheu und sich mit den eroberten
Plätzen in Flandern zu begnügen. Um au der holländischen Repu-
blik durch Demüthigung oder Vernichtung derselben Rache zu neh-
men für die Stiftung der Tripelallianz, zog Ludwig ihre Bundes-
genossen, England und Schweden, in sein Interesse, fiel mit zwei
Heeren in Holland ein, und nur die künstliche Ueberschwemmung des
Landes hinderte ihn au dessen gänzlicher Eroberung. Da trat der
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und auch bald der
Kaiser und der König von Spanien für Holland auf. So groß aber
auch die Zahl der Feinde Frankreichs war, so wurden doch ihre Un-
ternehmungen durch Uneinigkeit, gegenseitige Eifersucht und Langsam-
keit so sehr gehemmt, daß Ludwig neue Eroberungen machen konnte,
welche ein reichlicher Ersatz für die aufgegebenen holländischen Pro-
vinzen waren. Im Jahre 1674 stellte er drei Heere ins Feld: das
eine unter des Königs eigenem Oberbefehle eroberte die Franche-
Comte, das zweite (unter Conde) kämpfte gegen die Uebermacht des
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Extrahierte Personennamen: Gotthardt Leopold Leopold Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Ludwig Ludwig Friedrich_Wilhelm_von_Brandenburg Friedrich Wilhelm Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Regensburg Regensburg Frank- Europa Spanien Holland England Schweden Aachen Flandern England Schweden Holland Spanien Holland Frankreichs
I
112 Die Türken vor Wien.
neuerte Bedrückung der Protestanten veranlaßten eine Verschwörung
ungarischer Magnaten gegen die deutsche Herrschaft, welche jedoch
entdeckt und mit der Hinrichtung der (4) Häupter derselben bestraft
wurde. Die wichtigste Folge derselben war, daß der Kaiser eine Ab-
änderung mit der ungarischen Verfassung vornahm, indem er die
Würde des Palatinus aufhob und einen Deutschen zum Statthalter
ernannte. Dies rief einen neuen Aufstand hervor, an dessen Spitze
sich Graf Emmerich Tökely stellte. Zu spät suchte der Kaiser durch
Herstellung der alten Verfassung und der Religionsfreiheit die Ge-
müther zu beruhigen; Tökely wandte sich an den Sultan um Hülfe.
Dieser, zugleich vom französischen Gesandten aufgereizt, schickte den
Großvezier Kara Mustapha mit mehr als 200,000 Streitern gegen
Wien 1683. Aber Graf Rüdiger von Stahremberg vertheidigte (mit
21,000 M., theils Linientruppen, theils Bürgern) die Hauptstadt,
bis ein deutsch-polnisches Heer unter Anführung des Polen-Königs
Johann Sobiesky zum Entsätze herbeikam, das türkische Belagerungs-
heer in die Flucht schlug und so das Schicksal Oesterreichs und
Deutschlands entschied. Ungarn, wo Tökely's Anhang rasch abnahm,
wurde durch Karl von Lothringen größtentheils vom türkischen Joche
befreit und ein Reichstag zu Preßburg (1687) übertrug dem öster-
reichischen Manns-Stamme die erbliche Thronfolge. Nachdem die
Kämpfe zwischen Oesterreich und den Türken während 150 I. aus
ungarischem Boden ausgefochten worden, brachen Karl von Lothrin-
gen, Prinz Ludwig von Baden, der Kurfürst von Baiern und Prinz
Eugen von Savoyen in Bosnien und Serbien ein und setzten den
Krieg mit solchen: Glücke fort, daß man nach der Einnahme der
Hauptfestung Belgrad schon an eine Theilung der türkischen Provin-
zen gedacht haben soll. Aber Frankreichs Politik und namentlich der
3. Raubkrieg Ludwig's Xiv. verhinderte die Vertreibung der Türken
aus Europa. Doch der glänzende Sieg des Prinzen Eugen von
Savoyen bei Zentha, wo der Sultan über die Theiß gehen wollte
(1697), führte den Frieden zu Carlowitz 1699 herbei, in wel-
chem der Kaiser Siebenbürgen, welches der Großfürst (schon 1696)
an ihn, als seinen Schntzherrn, abgetreten hatte, behielt; von Un-
garn blieb den Türken nur der Theil auf den linken Ufern der
Maros und der Theiß, so daß auch das früher (vor 1526) zu Un-
garn gehörende und in diesem Kriege wiedereroberte Slavonien bei
Oesterreich blieb.
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Savoyen Eugen Carlowitz
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Oesterreichs Deutschlands Ungarn Oesterreich Baiern Bosnien Serbien Belgrad Frankreichs Europa Zentha Oesterreich
Krieg wegen Polen und Italien. Türkenkrieg.
119
3) Der Krieg wegen Polen und Italien 1733—38.
Als August Ii., König von Polen, gestorben war, bewog Ludwig Xv.
von Frankreich einen großen Theil des polnischen Adels, seinen
Schwiegervater Stanislaus Leszinsky wieder auf den Thron zu er-
heben, während eine andere, von Rußland und dem Kaiser unterstützte
Partei den Sohn des verstorbenen Königs, den Kurfürsten von Sach-
sen, August Iii. wählte. Stanislaus ward durch ein russisch-sächsi-
sches Heer vertrieben, aber Ludwig Xv. und die ihm verwandten
Könige von Spanien und Sardinien nahinen sich seiner an und er-
klärten dem Kaiser beit Krieg, dessen Schauplatz Italien und der
Oberrhein war. Lothringen, dessen Herzog Franz Stephan Gemahl
der Maria Theresia werden sollte, die österreichische Lombardei, Ne-
apel und Sicilien wurden von den Alliirten besetzt; am Rhein be-
hauptete sich der schlecht unterstützte Eugen wenigstens in der Defen-
sive und bewahrte den Kaiser vor auffallendem Unglück, wogegen die
kaiserlichen Feldherren in Italien Alles bis auf Mantua verloren.
Nach langen Unterhandlungen kam der Friede zu Wien 1738 zu
Stande: Stanislaus verzichtete auf den Thron und erhielt als Ent-
schädigung Lothringen und Bar mit der Bedingung, daß diese Her-
zogthümer nach seinem Tode als Erbtheil seiner Tochter an Frank-
reich fallen sollten, der Herzog von Lothringen Franz Stephan er-
hielt das durch das Aussterben des Hauses Medici (1737) damals
erledigte Großherzogthum Toscana; der Kaiser trat das Königreich
beider Sicilien an den Jnfanten Don Carlos gegen Parma und
Piacenza ab, wofür Frankreich sich zur Garantie der pragmatischen
Sanction verstand.
4) Krieg der Türken gegen Rußland und Oesterreich
(1736—1739). Tie russische Kaiserin Anna benutzte einen zwischen
den Türken und Persern ausgebrochenen Krieg, um das von Peter
d. Gr. im Frieden am Pruth abgetretene Asow wieder zu gewin-
nen, welches auch gelang. Desto unglücklicher aber war ihr Bundes-
genosse Kaiser Karl, welcher an dem Kriege Theil nahm in der Hoff-
nung, durch Eroberungen in der Türkei den Verlust von Neapel und
Sicilien zu ersetzen, die Türken waren den schwachen und seit Eu-
gen's Tode (f 1736) schlecht angeführten österreichischen Heeren in
3 Feldzügen stets überlegen und erhielten im Belgrader Frieden
(1739) einen großen Theil der früheren Verluste zurück, indem die
Donau und Sau als Grenze beider Reiche festgesetzt wurde; Ruß-
land behielt Asow.
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Extrahierte Personennamen: August Ludwig_Xv.
von_Frankreich Ludwig_Xv. Stanislaus_Leszinsky August Stanislaus Ludwig_Xv. Franz_Stephan Franz Maria Theresia Eugen Stanislaus Franz_Stephan_er- Franz Carlos Anna Peter
d Karl Karl
76
Dreimaliger Krieg mit Ungarn.
von Köln und seinem Domcapitel (welches dessen Absetzung bewirkt
hatte) zu schlichten. Da die Kölner den Kaiser zu Hülfe riefen, so
nahm sich Karl der Kühne des Erzbischofs an, vermochte jedoch die
kleine Stadt Neuß durch eine eilfmonatliche Belagerung und unzäh-
lige Stürme nicht zur Uebergabe zu bringen, und schloß Frieden mit"
dem Kaiser, um Lothringen zu erobern und die Schweizer für einen
Einfall in die Freigrafschaft Burgund zu züchtigen. Die Eroberung
Lothringens war in kaum 3 Monaten vollendet. Aber von den
Schweizern wurde er zweimal, bei Gran so n und bei Murten,
geschlagen (1476), und der Herzog (Renatus) von Lothringen
eroberte sein Land wieder. Der Versuch Karl's, Nancy wieder zu
gewinnen, führte hier eine dritte Schlacht herbei, in welcher er selbst
fiel (1447). Nach seinem Tode kam die Vermählung Maximilian's
mit Maria doch zu Staude, aber über die reiche Erbschaft entstand
ein Krieg mit Frankreich, in welchem Maximilian (durch den Sieg
bei Guinegate 1478) die Oberhand behielt. Zwar mußte er im
Frieden (zu Arras) Ludwig das von diesem (nach Karl's Tode so-
fort) in Besitz genommene Herzogthum Burgund lassen, aber später
(im Frieden zu Senlis 1493) erhielt er auch den Rest der burgun-
dischen Erbschaft. Dazu gewann Maximilian Tirol, indem die tiro-
ler Stände von dem Erzherzog Sigmund, der die meisten österrei-
chischen Besitzungen in der Schweiz durch Kriege verloren, das kle-
brige verkauft und sich durch seine elende Verwaltung verhaßt ge-
macht hatte, abfielen und sich an Maximilian anschlossen, weshalb
der kinderlose Sigmund ihm (1490) das Land abtrat, welches ihm
ohnehin anheim gefallen wäre.
Dreimaliger Krieg mit Ungarn. Papst Pius Ii., obgleich er einst
selbst zu den Baseler Compactaten mitgewirkt hatte, wodurch den Utraquisten der
Gebrauch des Kelches gestattet worden war, faßte den Entschluß, die Hussiten
wieder mit der römischen Kirche zu vereinigen; sein Nachfolger Paul >>. ver-
suchte die Ausführung desselben und bewog den König Matthias Corvinus von
Ungarn durch das Versprechen der böhmischen Krone, ihm beizustehen. So ent-
stand ein verheerender Krieg zwischen Böhmen und Ungarn, in welchem
Kaiser Friedrich für Böhmen Partei nahm. Als Friedrich dem ungarischen Kö-
nig nicht nur seine Tochter (Kunigunde) als Gemahlin verweigerte, sondern auch
den polnischen Prinzen Wladislaw feierlich mit Böhmen belehnte, obgleich er frü-
her diese Belehnung dem Matthias für geleistete Hülfe versprochen hatte, so fielen
die Ungarn in Oesterreich ein, verwüsteten dus Land und zwangen die Einwoh-
uer, ihrem Könige Treue zu schwören. Der Kaiser mußte ihren Abzug mit groß-
ßen Versprechungen erkaufen (1477). Bald erneuerte sich der Krieg, als Frie-
drich den (aus unbekannten Ursachen) zu ihm entflohenen Erzbischof von Gran
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Kühne Karl Renatus Nancy Maria Maria Maximilian Maximilian Ludwig Ludwig Maximilian_Tirol Maximilian Maximilian Maximilian Matthias_Corvinus Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Matthias
78
Einteilung Deutschlands in zehn Kreise.
Von den 10 Kreisen umfaßte (s. die Karte)
1) der österreichische, der größte von allen, Oesterreich, Steiermark,
Kärnthen, Krain, Tirol und die habsburgischen Besitzungen am Oberrhein und
in Schwaben (Vorderösterreich) ;
2) der baie rische: das Herzogthum Baiern, die Oberpfalz, das Fürsten-
thum Ncuburg, das Erzstift Salzburg u. s. w.;
3) der schwäbische: das Herzogthum Würtemberg, die Markgrafschaft
Baden, die Grafschaft Hohcnzollern, die Grafschaft Fürstenberg, das Bisthum
Augsburg u. s. w. — im Ganzen 98 geistliche und weltliche Stände;
4) der fränkische: die brandenburgischen Markgrassciiaften Culmbach
(Baireuth) und Onolzbach (Anspach), Mergentheim als Mittelpunkt des deutschen
Ordens seit der Säcularisation Preußens, die Bisthümer Bamberg, Würzburg
und Eichstädt, die Reichsstadt Nürnberg u. s. w.;
5) der oberrheinische Kreis war durch die Länder des kurrheinischen
unterbrochen und daher sehr zerstückelt; seine beiden Hauptmassen waren die
lothringischen Lande und Hessen (seit 1619 nur noch in Darmstadt und Kassel
getheilt);
6) der kur rheinische oder niederrheinische enthielt die 3 geistlichen
Kurfürstenthümer Mainz, Trier und Köln, so wie einen Theil der kurpsälzischen
Lande, die in 3, später in 4 Kreise vertheilt waren;
7) der b urgundi sch e, welcher schon 1556 an die spanische Linie des Hau-
ses Habsburg und dadurch aus dem engern Reichsverbande kam, umfaßte Hol-
land, Belgien (jedoch mit Ausnahme des Bisthums Lüttich) und einen Theil des
jetzigen nördlichen Frankreichs;
8) der westphälische Kreis zwischen Maas und Weser umfaßte die Her-
zogthümer Cleve, Jülich, Berg, die Grafschaft Mark, 6 Bisthümer (Lüttich,
Münster, Paderborn, Minden, Verden, Osnabrück), ferner Ostsriesland, Olden-
burg, die Reichsstädte Köln, Aachen, Dortmund u. s. w.;
9) der nied ersäch si sch e enthielt die Erzbisthümer Magdeburg und Bre-
men, die Bisthümer Halberstadt, Hildesheim und Lübeck, die Herzogthümer Braun-
schweig und Lüneburg, Sachsen-Lauenburg, Holstein, Mecklenburg, 6 Reichs-
städte u. s. w.;
10) der obersächsische: die 2 Kurfürstenthümer Sachsen und Brauden-
burg, die beiden pommerschen Herzogthümer (Stettin und Wolgast), die Fürsten-
thümer Anhalt, die Landgrafschaft Thüringen u. s. w.
Diese 10 Reichskreise enthielten über drittehalbhundert Kreis-
stände, wovon sedoch die kleineren nur cnrienweise stimmten, so daß
ans dem Reichstage nicht viel über hundert Stimmen waren. Böh-
men mit seinen Nebenlanden (Mähren, Schlesien u. der Lausitz) war
nicht in diese Kreisverfassung ausgenommen, da das Haus Oesterreich
in diesen Ländern unumschränkt herrschte. Auch waren diese Pro-
vinzen, wie Preußen und die Schweiz, der Gerichtsbarkeit des Kam-
mergerichts nicht unterworfen.
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io4 Der Krieg in Deutschland und der Schweiz.
die Oesterreicher und Russen geführt, daß sie fast alle ihre italieni-
schen Besitzungen verloren und die von ihnen gestifteten Republiken
aufgelöst wurden. Allein im I. 1800 führte Berthier eine sog.
Reserve-Armee, bei welcher auch Bonaparte war, in mehreren Ab-
theilungen über die beiden Bernharde, den Simplón und St. Gott-
hard nach Italien der österreichischen in den Rücken, stellte die cis-
alpinische Republik her und gewann durch den einzigen Sieg (über
Melas) bei Marengo (unweit Alefsandria, 14. Juni) Oberitalien
wieder.
2) Der Krieg in Deutschland und der Schweiz. Auch
hier begaunen die Oesterreicher den Kamps siegreich: der Erzherzog
Karl drängte die nach Schwaben vorgedrungene Donauarmee über
den Rhein und damr den in Graubündten eingerückten Massena bis
hinter Zürich zurück. Suwarow bahnte sich durch eiue Reihe der
hartnäckigsten Kämpfe mit den Franzosen (namentlich im Reußthale
an der Teufelsbrücke) den Weg über die Gotthardstraße, allein die
Eroberung der Schweiz gelang nicht, indem die Oesterreicher und
ein anderes schon früher eingetroffenes russisches Heer (unter Korsa-
kow) von Massena und Soult bereits geschlagen waren, ehe er sich
mit ihnen vereinigen konnte. Nach mehreren einzelnen Gefechten und
höchst beschwerlichen Märschen mußte er sich mit seinem gänzlich er-
schöpften Heere nach Graubündten zurückziehen und der russische
Feldzug war beendet. Im Jahre 1800 führte Moreau den Krieg
in Deutschland nicht minder glücklich als Bonaparte in Italien.
Unter beständig siegreichen Treffen drängte er die Oesterreicher (unter
Kray) bis zum Inn zurück und rückte nach dem entscheidenden Siege ini
Walde bei Hohenlinden (3. Dec.) über den Erzherzog Johann in
Oesterreich ein, worauf der Kaiser zu Lüneville 1801 auch für das
Reich Frieden schloß und das linke Rheinufer (1200 Q.-Meilen mit
4 Milk. Einwohner) abtrat. Zur Erledigung des Entschädigungs-
geschäftes ward eine Deputation von acht Fürsten (unter diesen 5
Kurfürsten) ernannt, welche nach zweijährigen Verhandlungen einem
von Frankreich und Rußland festgesetzten Entschädigungsplane durch
den sog. Deputations-Hauptschluß beitreten mußten, demgemäß nur
die erblichen deutschen Reichsfürsten, so wie der Großherzog von
Toscana (durch Salzburg, wofür er sein Land an den Herzog von
Parma abgetreten hatte) und der Herzog von Modena (durch den
Breisgau) durch theilv säcularisirte Länder, theils (41) mediatisirte
Reichsstädte entschädigt wurden. Bei der Vertheilung der Enffchä-
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Extrahierte Personennamen: Marengo Karl Karl Massena Johann Johann
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schweiz Italien Alefsandria Oberitalien Deutschland Schweiz Schwaben Rhein Deutschland Italien Oesterreich Frankreich Salzburg Modena
Die Auflösung des deutschen Reiches.
137
Belohnung seiner Bundesgenossen benutzte Napoleon den Sieg zur
Ausstattung seiner Verwandten und seiner wichtigsten Diener mit
Ländern: Weil Neapel die Landung einer russisch-englischen Macht
während des Krieges nicht verhindert hatte, entsetzte Napoleon den
König von Neapel, der sich nur in Sicilien behauptete, und gab das
Reich seinem ältern Bruder Joseph. Seinem jüngern Bruder Lud-
wig gab er die batavische Republik als Königreich Holland, seinem
Schwager Joachim Murat Cleve und Berg (nebst dem von Baiern
abgetretenen Jülich) als Herzogthum, und seinen: Marschall Berthier
das Fürstenthum Neufchatel.
Am 12. Juli 1806 erfolgte auch die Auflösung des deut-
schen Reichskörpers, indem 16 Fürsten des südlichen und west-
lichen Deutschlands (Baiern, Würtemberg, der Kurerzkanzler von
Mainz, jetzt Fürst Primas genannt, der Kurfürst von Baden, der
Landgraf von Hessen-Darmstadt und der Herzog von Cleve-Berg,
welche alle 3 zu Großherzögen erhoben wurden, die Fürsten von
Nassau u. s. w.) sich vom deutschen Reiche und dessen Gesetzen los-
sagten und den Rheinbund schlossen, zu dessen Protector sich
Napoleon erklärte. Die gemeinschaftlichen Angelegenheiten sollten auf
einer Bundesversammlung zu Frankfurt a. M. unter dem Vorsitze
des Fürsten Primas entschieden werden. Die verbündeten Fürsten
verpflichteten sich in einer Allianz mit Frankreich an jedem Continen-
talkriege dieser Macht mit einem bestimmter: Contingente Theil zu
nehmen. Franz Ii., der schon 1804, um mit Rußland und Frank-
reich in gleichem Range zu stehen, den Titel eines erblichen Kaisers
von Oesterreich als Franz I. angenommen hatte, verzichtete nun
auf die Würde des Reichsoberhauptes; die Reichsgerichte zu Wetzlar
und Wien, so wie die Reichsversammlung zu Regensburg lösten sich
auf. Eine Menge bisher reichsunmittelbar gewesener Stände wurde
für mediatisirt erklärt und mit Hülfe französischer Truppen der
Souverainetät der Mitglieder des Rheinbundes unterworfen;
sich dagegen erhebende Stimnien aber gewaltsam zum Schweigen ge-
bracht (Buchhändler Palm erschossen).
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Joseph Joachim_Murat_Cleve Marschall_Berthier Napoleon Franz_Ii Franz Franz_I.
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Neapel Sicilien Holland Baiern Deutschlands Baiern Würtemberg Mainz Baden Hessen-Darmstadt Cleve-Berg Nassau Rheinbund Frankfurt_a._M. Frankreich Frank- Oesterreich Wetzlar Wien Regensburg
Aufstand der Tiroler.
141
vereinigt hatte, ging er zum zweiten Male über die Donau und er-
focht in der zweitägigen, überaus blutigen Schlacht bei Wagram
(5. u. 6. Juli) einen entscheidenden Sieg über den Erzherzog Karl,
den er nach Mähren verfolgte. Hier (bei Znaim) hatte ein neues
Treffen angefangen und der Sieg begann sich eben den Franzosen zu-
zuneigen, als Fürst Lichtenstein, vom Kaiser Franz mit dem Abschluß
eines Waffenstillstandes beauftragt, aulangte. Diesem folgte der sog.
Wiener Friede (zu Schönbrunn 14. Oktober unterzeichnet): Oe-
sterreich verlor 2000 H)M. mit 3v2 Mill. Menschen, indem es ab-
trat: Salzburg und mehrere benachbarte Länderstriche an Baiern,
Westgalizien an das Herzogthum Warschau, einen Distrikt in Ost-
galizien an Rußland, seine Besitzungen jenseits der Sau (nebst dem
Villacher Kreis) an Napoleon, als König von Italien, aus welchen
dieser nebst (dem vom Königreiche Italien getrennten) Dalmatien,
Istrien, Ragusa und den (von Rußland 1807) ihm überlassenen grie-
chischen Inseln den neuen Staat der 7 illyrischen Provinzen
als ein französisches Gouvernement bildete.
Noch vor dem Ausbruche dieses Krieges, im April 1809, wa-
ren die mit der baierischen Regierung (wegen Erpressungen, Conscrip-
tionen und Klöstereinziehung) mißvergnügten Tiroler unter Anfüh-
rung des Sandwirths Andreas Hofer (und Speckbacher's) für
ihren alten Herrn, Oesterreich, aufgestanden und hatten mit verzwei-
felter Tapferkeit das Land dreimal (im April, Mai imb August) von
den Franzosen und Baiern befreit, die aber nach dem Frieden zu
Wien mit ihrer ganzen Macht Tirol, wo Einheit und umsichtige Lei-
tung der Kriegsführung fehlten, wieder unterwarfen; Hofer ward in
einer Alpenhütte bei Passeyer aufgespürt und in Mantua gegen beit
Ausspruch des Kriegsgerichts auf Napoleons Befehl erschossen.
Verschiedene Versuche, den Nationalhaß der Deutschen gegen die Franzosen
zu einem allgemeinen Aufstande der Nation zu entflammen, scheiterten an der
Furcht der Fürsten und der Erschlaffung 'des Volkes und gereichten denen, die
sie unternahmen, nur zu eignem Verderben. Der preußische Major von Schill,
Befehlshaber eines von ihm gebildeten Freicorps, führte (1806) dasselbe aus
Berlin wie zum Exerzieren heraus und forderte es auf, mit ihm zur Befreiung
Deutschlands auszuziehen, fand aber auf dem Zuge nirgend den erwarteten Zu-
lauf des Volkes; er fiel mit dem größten Theile seiner Mannschaft bei Stralsund,
die gefangenen (11) Ofsiciere wurden in Wesel von Franzosen erschossen.
Um seine Herrschaft auch durch Hinterlassung eines leiblichen
Erben zu befestigen und seiner Dynastie durch Verbindung mit einem
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Franz Franz Napoleon Andreas_Hofer August Napoleons Major_von_Schill
Türkenkrieg.
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der damaligen Welt, wobei die Spanier sich durch Habsucht, wie
durch Grausamkeit und Frevel jeder Art hervorthaten. Der Papst
wurde in der Engelsburg belagert, bis er sich zur Annahme eines
Vertrages entschloß, der ihm schwere Zahlungen und die Berufung
eines Concils zur Herstellung der Einheit in der Kirche auferlegte.
König Franz I., der im folgenden Jahre das Königreich Neapel
schnell erobert, aber auch, bald wieder verloren hatte, erhielt in dem
(durch Karl's Tante, Margaretha von Oesterreich, und Franzens Mut-
ter, Louise von Savoyen, vermittelten) sog. Damenfrieden zu
Cambrai (1529) Burgund zurück, entsagte aber allen Ansprüchen
auf Italien. Daraus kam Karl selbst nach Italien und empfing zu
Bologna aus den Händen des Papstes die lombardische und die Kai-
serkrone. Seitdem hat Italien keine Kaiserkrönung mehr gesehen.
Wie der Kaiser durch seine lange (8jährige) Entfernung von
Deutschland und die Kriege mit Franz I. und dem Papste, eben
so wurde sein Brnder verhindert der Reformation entgegenzutreten
durch den
Krieg mit den Türken 1529—32.
Nachdem der König Ludwig Ii. von Ungarn und Böhmen in
der Schlacht bei Mohacz (1526) von den Türken geschlagen und
auf der Flucht in einem Moraste unter seinem auf ihu gestürzten
Rosse erstickt war, folgte ihm sein Schwager, Erzherzog Ferdinand,
Karl's V. Bruder, in den beiden Reichen, die auch schon einmal
unter Kaiser Albrecht's Ii. Herrschaft vereinigt gewesen waren. In
Böhmen und den dazu gehörigen Nebeuländern: Schlesien, Mähren
und der Lausitz ward Ferdinand auch durch eine Wahl der Stände
anerkannt, in Ungarn dagegen war ihm Johann von Zapolya,
Woiwode von Siebenbürgen, in der Erwerbung der Krone zuvor-
gekommen. Zwar vertrieb Ferdinand seinen Nebenbuhler (durch eine
Niederlage bei Tokay), aber dieser fand Schutz an Sultan Solyman
Ii., welcher 1529 vor dem Abschlüsse des Friedens zu Cambrai den
Krieg erneuerte, in der Hoffnung, die Gegner Karl's V. noch in
voller Thätigkeit zu finden. Er durchzog (mit 250,000 M.) unter
schrecklichen Verheerungen und fast ohne Widerstand Ungarn und be-
lagerte Wien. Allein die fruchtlosen Anstrengungen bei wiederholten
Stürmen, die Kunde von dem Herannahen eines Entsatzheeres und
die vorgerückte Jahreszeit bewogen ihn nach 3 Wochen die Belage-
rung aufzuheben. Bei seinem Rückzuge nach Ofen übergab er seinem
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Extrahierte Personennamen: Franz_I. Franz_I. Margaretha Franzens Louise_von_Savoyen Karl Karl Franz_I. Franz_I. Ludwig_Ii Ludwig Ferdinand Ferdinand Ferdinand Johann_von_Zapolya Johann Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Engelsburg Neapel Oesterreich Cambrai Burgund Italien Italien Bologna Italien Deutschland Ungarn Ungarn Cambrai Ungarn Wien