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ja einmal mußte sie sich von einer Bettlerin in den Kot stoßen lassen. Alles ertrug sie geduldig und ohne Murren. Später reuete ihren Schwager seine Härte, und er rief die unglückliche Frau zurück. Sie aber sehnte sich nicht nach fürstlicher Pflege, sondern zog nach Marburg an der Lahn und lebte da still und einsam ihrem Gott und ihren Nächsten. Alle ihre Habe gab sie den Armen und behielt nur ein graues Kleid, darin man sie begraben sollte. Auf dem Totenbette tröstete sie die Umstehenden und ist dann in Gottes Frieden dahingefahren.
4. Friedrich Barbarossa im Kyffhäuser.
1. Wie die Kyffhänsersage entlkand. Der Kyffhäuserberg liegt an der „goldenen Aue", südlich vom Harzgebirge, und trug ehedem eine kaiserliche Pfalz oder Burg. Der Name Kyffhäuser bedeutet „Häuser auf der Kippe". Ein alter Turm ist der einzige Rest aus alter Zeit. Jetzt wird dem Kaiser Wilhelm I., dem Weißbart, auf dem Berge ein großes Denkmal errichtet, weil er das deutsche Reich erneuert und die lange Zwietracht geendet hat. Vor mehr als 700 Jahren herrschte in Deutschland gar gewaltig der Kaiser Friedrich Barbarossa. Die Stammburg seines edlen Geschlechts war die Burg Hohenstaufen in Schwaben, nicht weit von der Zollernburg. Wegen seines rötlichen Bartes wurde der Kaiser in Italien Barbarossa oder Rotbart genannt. Er zog siebenmal über die Alpen nach Italien, um dort die widerspenstigen Städte zu unterwerfen. Mehr als einmal geriet er in Lebensgefahr. Als Greis unternahm er (1190) einen Kreuzzug in das heilige Land, um Jerusalem und die andern heiligen Orter aus den Händen der Türken zu befreien. Siegreich drang er vor. Aber zum großen Jammer seines Heeres ertrank er in einem Flusse und ward im fernen Lande begraben. Das deutsche Volk glaubte nicht an den Tod des herrlichen Helden und hoffte in den traurigen Zeiten, die nach ihm kamen, immer auf seine Wiederkehr. Einer erzählte dem andern, er sei nicht gestorben, sondern säße verzaubert in einem unterirdischen Schlosse des Kyffhäuserberges. Er stütze sein Haupt auf einen Marmortisch. Sein Bart sei durch und um den Tisch gewachsen. Seine Ritter stünden schlafend umher, und seine Tochter lltchen hüte das verzauberte Schloß. Zuweilen zwinke der Kaiser mit den Augen und schicke einen Zwerg hinauf, damit er nachsehe, ob die Raben noch kreischend um den Berg flögen. Sei dies der Fall, dann müsse er wieder hundert Jahre weiter schlafen. (Vergleiche Rückerts Lied: „Der alte Barbarossa —" und Geibels „Tief im Schlosse des Kyffhäuser —".)
2. Wie zwei Soldaten den Turm erstiegen. Der Turnt, in dem der Kaiser unten schlafen soll, hat keinen Eingang. Nur oben sieht man zwei offene Luken, zu denen man auf vorspringenden Steinen emporklettern kann. Zwei Soldaten wollten den alten Kaiser gern einmal sehen. Aus Tille da stiegen sie auf den Berg und kletterten zu den Luken empor, aber sie fanden sie mit eisernen Läden geschlossen. Unverrichteter Sache kehrten sie um. Als aber die Leute in Tilleda von den Läden hörten, da riefen sie: „O ihr Thoren! Hättet ihr die Läden ausgehoben und mitgenommen, so wären sie zu Gold geworden!" Eilig liefen die Soldaten wieder auf den Berg, aber die Läden an den Luken waren verschwunden.
3. Wie der Kirt von Wennnngen Geräte borgte. Der Hirt in Nennungen wollte Hochzeit machen, hatte aber kein Tischgerät dazu. Da
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Wilhelm_I. Wilhelm_I. Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Barbarossa Barbarossa Barbarossa Wennnngen_Geräte
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der Morgenrthe Bethlehem. Die hier wohnenden Christen kamen ihnen freudig entgegen, sangen Psalmen zur Ehre Gottes, fhrten die Ritter zu Maria's Wohnung und zeigten ihnen die Krippe, wo einst das Kind lag, welches die Welt erlset hat. Andchtig knieten und beteten die Ritter an der heiligen Sttte; dann eilten sie gen Jerusalem. Weit allen Uebrigen voraus war wieder Tankred und wagte sich sogar bis zu den Mauern der Stadt. Sobald die Ritter zum groen Heere zurckgekommen waren und die frohe Botschaft brachten, sie htten Bethlehem und Jerusalem gesehen, ergriff heie Sehnsucht die Pilger. Alle Mdigkeit war verschwunden, rastlos eilten sie vorwrts, Jeder wollte die heiligen Orte zuerst erblicken. Endlich erreichten sie den Gipfel eines Berges. Da lag sie vor ihnen, die heilige Stadt, vom Glnze der Abendsonne erhellt, mit ragenden Zin- j nen und Thrmen l In einem Augenblicke verbreitete sich durch das ganze Heer der Freudenruf: Jerusalem! Jerusalem! Vom heiligen Schauer ergriffen wiederholten Alle mit vereinter Stimme das Jubelgeschrei: Jerusalem! Jerusalem! und helle Thrnen der Freude und Wehmuth strzten ihnen aus den Augen. Andchtig sanken Alle auf ihre Kniee und kten den heiligen Boden, auf dem der Erlser der Welt einst wandelte. Viele zogen auch ihre Schuhe aus, eingedenk des biblischen Spruches: Lege ab deine Schuhe, denn der Ort, wo du stehest, ist heilig." Singend und betend rckten sie hierauf ihrem Ziele nher. Es war der sechste Juni des Jahres 1099, als sie vor den Thoren anlangten.
Nun galt es, die mit einer doppelten Mauer stark befestigte, auf vier Bergen gelegene Stadt, die von einem 40,000 Mann starken trkischen Heere vertheidigt wurde, zu etstrmen. Da-gegen zhlte das Heer der Kreuzfahrer nur noch 20,000 rstige Fugnger und loo Ritter. Aber Muth und Begeisterung ersetzten, was ihnen an Menge abging. Schon am fnften Tage wagten sie einen Sturm auf die ueren Mauer. Mit wildem Muthe erkletterten sie zwar dieselben, fanden aber bei
i
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1
173
empfand Keiner grere Freude, als Philipp August von Frank-: reich. Sogleich fiel er der dessen englische Besitzungen in Frank-reich her. Auch untersttzte er Richard's nichtswrdigen Bruder Johann (der, weil ihm sein Vater keine Provinz ausgesetzt hatte, > Johann ohne Land genannt wurde), damit dieser die Krone I Englands erhalte. Aber der grte Theil der Englnder ver-I abscheuete Johann und sehnte sich nach Richard zurck. Endlich I wurde ihre Sehnsucht auch erfllt. Als nmlich der Papst dem Kaiser mit dem Banne drohete, wenn er seinen kniglichen I Gefangenen, der als Kreuzfahrer unverletzlich sei, nicht losliee, und als auch die Neichsfrsten seine Loslassung in entschiedenem Tone forderten, so mute er sich endlich bequemen. Er lie sich i aber ein Lsegeld von beinahe zwei Millionen Thalern zahlen. So entkam Richard seiner fast zweijhrigen Gefangenschaft*) und eilte nach England zurck. Keiner erschrak mehr, als Jo-: Hann. Er erhielt diese Schreckensnachricht von seinem Bundes-genossen Philipp August mit den Worten: Nehmet euch in Acht, der Teufel ist wieder los!" Voll ngstlicher Besorgni warf er sich seinem ankommenden Bruder demthig zu Fen I und bat um Verzeihung. Richard verzieh ihm gromthig. | Nun wandte er sich gegen die Franzosen, welche die Normandie angegriffen hatten, und besiegte sie in einer entscheidenden. Schlacht. Bald darauf aber wurde er bei der Belagerung eines festen Schlosses durch einen Pfeilschu schwer verwundet. Er | starb an dieser Wunde.
Vierter Kreuzzug. Ungeachtet des fruchtlosen Er-folges dieses Kreuzzuges kam elf Jahre nachher auf Betrieb des Papstes Innocenz Iii. ein vierter zu Stande. Im Jahre 1202 schiffte sich ein zahlreiches Heer zu Venedig ein. Dieses rckte vor Constantinopel und nahm die Stadt mit Sturm. Der Graf Balduin von Flandern wurde zum Kaiser eingesetzt.
*) Tie Volkssage und die mittelalterliche Tichtkunst haben diese Haft und die Entdeckung von Richard's Kerker durch den Suger Blondel romantisch ausgeschmckt.
i
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Extrahierte Personennamen: Philipp_August_von_Frank- Philipp August Johann Johann Johann Philipp_August Philipp August Innocenz_Iii Innocenz Balduin Blondel
Extrahierte Ortsnamen: Frank-reich Englands England Constantinopel
I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
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zu erhhen. Viele entschlossen sich, mit bloen Fen, ohne Mundvorrath, ohne Geld, unter selbstgewhlten Anfhrern dem Heere vorzuziehen. Sie lebten von Wurzeln und den gemeinsten Nahrungsmitteln. Sie zogen durch die Bergwlder von Nica voraus, ebneten den Weg und bezeichneten ihn mit Kreuzen. Am 5. Mai 1097 langte das groe Heer vor den Thoren der ehemaligen Hauptstadt Bithymens an. Sie mar mit hohen breiten Mauern umgeben, aus welchen eine Menge Wachtthrme hervorragte. Innerhalb der Mauer lag ein groes trkisches Heer zu ihrer Vertheidigung. Der An-fang des Feldzuges wurde mit der Belagerung dieser Stadt gemacht. Schon war sie der Uebergabe nahe, als die hinter-listigen Griechen mit den Belagerten Unterhandlungen anknpf-ten, vermge welcher die Stadt nicht den Kreuzfahrern, sondern dem Kaiser Alexius ausgeliefert wurde. Nun brach das Heer zum weiteren Zuge auf. Anfangs erschraken die leichtbewaff-neten Trken, als sie die Menge Reiter in eiserner Rstung, die groen geharnischten Schlachtrosse und die starrenden Lanzen sahen; aber nach und nach wurden sie des Anblickes gewohnt und lernten sie mit Vortheil angreifen. Die nhere Kenntni der Gegend begnstigte ihre Angriffe. Ganz Kleinasien ist von steilen Gebirgsketten durchzogen, fast nirgends eben, berall schroffes Waldgebirge und Schluchten. Whrend nun die Kreuz-fahrer in langen Zgen durch die Schluchten mhsam hindurch-wanderten, fielen die auflauernden Trken dieselben bald von vorn, bald von hinten an. Machten die Kreuzfahrer Halt, und stellten sie sich in Schlachtordnung; hurtig flohen dann die Trken auf ihren leichten Pferden davon, waren aber augen-blicklich wieder da, sobald der Zug sich in Bewegung setzte. So war nirgends Ruhe, nirgends Sicherheit. Dazu schnitten die Trken alle Zufuhr ab, verbrannten das Getreide auf dem Felde, so da das Heer der Kreuzfahrer in die hchste Roth gerieth. Der ungewohnte, glhend heie Himmelstrich dieses Landes vermehrte noch das allgemeine Elend. Die Sonne scho ihre brennenden Straten auf die blanken Rstungen der Pilger
I
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Tirol und Vorderösterreich, und Karl, der jüngste, die soge-
nannten innerösterreichischen Lande, nämlich Steiermark, Kärn-
then, Krain, Görz, Istrien, Triest. Der Vertrag wegen dieser
Theilung wurde von den fürstlichen Brüdern zu Wien am
1. März 1565 unterzeichnet. Hierdurch zerfiel die deutsche
Linie des Hauses Habsburg in drei Zweige: den österreichischen
oder Marimilian'schen, den tirolischen oder Ferdinand'schen und
den steierischen oder Karl'schen. Es dauerte über hundert
Jahre, ehe das zerstückelte herrliche Ganze sich wieder unter
einem einzigen Oberhaupte zusammenfügte.
Maximilian Ii. (1564 — 1576). — Obgleich dieser mit
ganzer Seele dem katholischen Glauben ergeben war, so be-
obachtete er doch dieselbe Milde und dieselbe Duldsamkeit,
durch welche auch sein Vater den Frieden erhalten hatte; auch
war er weit entfernt, den immer wachsenden Zwiespalt der
Protestanten untereinander zu seinem Vortheile zu benutzen.
Er erklärte, es sei seine feste Ueberzeugung, daß Gott allein
die Herrschaft über die Gewissen zukomme. So nachsichtsvoll er
hinsichtlich der Religionsmeinungen sich bewies, so viel Strenge
zeigte er aber, als in diesen stürmisch bewegten Zeiten das
alte Faustrecht wieder erwachte. Er ließ die Anstifter der
Empörung martervoll hinrichten.
Tiirkenkriegj Arinyi's Heldentod (1566). — Der Tod Kai-
sers Ferdinand I. war die Losung zu einem neuen Kriege um
die Krone Ungarns für Zapolya's Sohn, den jungen Fürsten
von Siebenbürgen. Und bald war auch wieder mit großer
Heeresmacht da der bereits zum Greise gewordene Sultan
Solimán. Die Eroberung Wiens sollte den Abend seines Le-
bens krönen. Aber der Himmel hatte es anders bestimmt.
Zunächst zog er gegen die Festung Szigeth. Hier befehligte
der Graf Nicolaus Zrinyi, Ban von Kroatien und Slavo-
nien und leistete den heldenmüthigsten Widerstand. Sturm auf
Sturm wurde zurückgeschlagen. Keine Versprechungen, keine
Drohungen konnten seinen Muth, konnten seine Treue erschüt-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl März Maximilian_Ii Maximilian Ferdinand_I. Nicolaus_Zrinyi
Extrahierte Ortsnamen: Krain Istrien Triest Wien Ungarns Wiens Kroatien
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lern. Mitten unter den Schrecknissen dieser Belagerung starb
der allgefürchtete Sultan. Innerer Gram hatte sein Lebensende
beschleunigt. Sein Tod wurde den Truppen lange verheim-
licht, um sie nicht zu entmuthigen, und die Stürme währten
fort. Als endlich der Großwesir unter den furchtbarsten An-
strengungen die ganze äußere Festung in Schutt gelegt hatte,
zog sich Zrinpi mit seiner noch übrig gebliebenen Heldenschar
in die innere Burg zurück zu neuen Kämpfen und Opfern.
Jetzt unternahmen die Türken einen allgemeinen Sturm. Schon
brannte die Burg; da versammelte Zrinpi seine Getreuen um
sich und sprach: „Gedenket eures Eides! Wir müssen hinaus!
Statt hier zu verbrennen oder zu verhungern, laßt uns sterben
als Männer! Ich gehe voran, folgt mir nach!" Und unbe-
panzert stürzt der Ungarn Leónidas mit seinen sechshundert
Kampfgenossen hin über die Schloßbrücke, hin in das Gewühl
der Feinde. Da trifft ein Schuß des Tapferen Brust; ver-
wundet sinkt er nieder, sterbend kämpft er noch mit der letzten
Lebenskraft. Um ihn herum sterben auch die Seinigen. Und
kaum sind sie gefallen, da fliegt, wie Zrinpi es angeordnet,
der Pulverthurm in die Luft und mit ihm dreitausend der ein-
gedrungenen Türken. Die großen Verluste, welche die Türken
hier erlitten, vor allem aber der Tod des Sultans selbst, er-
leichterten den Abschluß eines Friedens. .
Dieser Frieden aber wurde von den Türken schlecht ge-
halten. Fortwährend beunruhigten sie die Grenzen. Endlich
hielt der Kaiser, um sich des Beistandes des Reiches zu ver-
sichern, einen Reichstag zu Regenöburg. Es war der letzte für
den Kaiser. Er starb daselbst am 12. Oktober 1576. Rudolf,
sein ältester Sohn, war sein Nachfolger.
19. Deutschland unter Rudolf Ii. und Mathias.
Vu-otf Ii. (1576—1612). — Mit vielen wissenschaftli-
chen Kenntnissen ausgerüstet bestieg Rudolf, Marimilian's Ii.
ältester Sohn, den Kaiserthron; aber er täuschte die Hoffnun-
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Extrahierte Personennamen: Zrinpi Rudolf Rudolf Rudolf_Ii Rudolf Mathias Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn_Leónidas Deutschland
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stets neue Verluste vereitelt. Schon zogen die Türken drohend
vor Belgrad; da schloß hier der österreichische Gesandte, Graf
Neipperg, einen für seinen Kaiser höchst ungünstigen Frieden
ab. Oesterreich verlor seinen Antheil von Serbien und der
Walachei sammt Belgrad; nur das Banat behielt es. Die
Donau und Sau waren demnach die Grenzen der österreichi-
schen Besitzungen im Osten.
Karl Vi. starb schon im nächsten Jahre (1740) nach
diesem traurigen Frieden. Mit ihm erlosch der habsburgische
Mannesstamm, welcher 458 Jahre hindurch in Oesterreich ge-
herrscht hatte. Er hinterließ zwei Töchter, Maria The-
resia, Gemahlin des Großherzoges Franz von Toscana aus
dem Hause Lothringen, und Stammmutter des jetzigen habs-
burgisch-lothringischen Hauses Oesterreich, und Maria Anna,
welche 1744 an den Bruder des Großherzoges, den Herzog
Karl von Lothringen, vermählt wurde und noch in demselben
Jahre starb. Der verhängnißvolle Tod jenes letzten Habs-
burgers, Karl Vi., führte nun den österreichischen Erb-
folgekrieg herbei, obschon der edle Kaiser sein ganzes Leben
daran gewendet hatte, den Ausbruch desselben zu verhindern.
Auf diesen Krieg werden wir in der Folge kommen. Zuvor
wollen wir uns zur Geschichte zweier nordischen Reiche, Ruß-
land und Preußen, wenden, welche um diese Zeit anfin-
gen, eine bedeutende Stelle unter den europäischen Staaten
einzunehmen.
47. Rußland unter Peter dem Großen (1689—1725).
In früherer Zeit, vor der Negierung dieses großen Kai-
sers, war Rußland noch wenig bekannt in Europa. Die Be-
wohner desselben galten im Ganzen mehr für Asiaten, und
wirklich schlossen sie sich diesen auch durch Kleidung, Sitten
und Gebräuche enger an. Die einzelnen Völker dieses großen
nordischen Reiches standen unter Fürsten, die man Czare nannte.
Nur selten traten diese durch Gesandtschaften mit den übrigen
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Extrahierte Personennamen: Graf
Neipperg Karl_Vi Karl Maria_The- Maria Franz_von_Toscana Franz Maria_Anna Maria Karl_von_Lothringen Karl Karl_Vi Karl Peter
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Oesterreich Serbien Belgrad Oesterreich Lothringen Oesterreich Europa
208
küßten. Die Heerführer faßten mich bei den Händen und Fü-
ßen, die übrigen Obristen mit ihren Regimentern riefen mir
zu: „Unser braver König!" Heute Morgen kam der Kurfürst
von Sachsen nebst dem Herzoge von Lothringen zu mir. End-
lich kam auch der wienerische Statthalter, Graf Starhemberg,
mit vielem Volke hohen und niedrigen Standes mir entgegen.
Jeder hat mich geherzt, geküßt und seinen Erlöser genannt.
Auf der Straße erhob sich ein Zubelgeschrei: „Es lebe der
König!" Als ich nach der Tafel wieder hinaus in's Lager
ritt, begleitete mich das Volk mit aufgehobenen Händen bis
zum Thore hinaus. Für den uns gesandten, so vortrefflichen
Sieg sei dem Höchsten Lob, Preis und Dank gesagt in Ewigkeit!"
Ganz Europa nahm warmen Antheil an der Rettung
Wiens; nur Ludwig Xiv. war sehr bestürzt, und keiner
seiner Minister hatte es wagen wollen, ihm die Nachricht zu
überbringen.
Der Türkenkrieg war indeß mit jener Niederlage nicht be-
endigt, sondern dauerte noch fünfzehn Jahre fort. Der Kaiser
blieb Sieger. Kara Mustapha wurde auf der Flucht bei Barkan
eingeholt und abermals geschlagen. Eine noch größere Nieder-
lage erlitt er bei Gran. Wegen dieser Niederlage wurde der
Großwesir auf Befehl des Sultans bei Belgrad erdrosselt. Im
Sommer des folgenden Jahres, 1684, entriß der Herzog von
Lothringen auch Wissegrad, Waizen und Pesth, und im August
1685 Neuhäusel den Türken. Noch glänzender war der Feld-
zug von 1686. Am 2. September wurde Ofen, nachdem es
145 Jahre unter der türkischen Herrschaft geschmachtet, erstürmt,
und Ungarn war wieder gewonnen. Die Siege der kaiserlichen
Waffen stellten hier allmälig auch die innere Ordnung her.
Der im Jahre 1687 zu Preßburg gehaltene Landtag bestätigte
in einem Neichsdekrete feierlich die Erbfolge des Hauses Oe-
sterreich in männlicher Linie auf den Thron Ungarns, und
Leopold's ältester Sohn, Erzherzog Joseph I., wurde sogleich als
erblicher Thronfolger von Ungarn gekrönt. Bald auch sagten
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Extrahierte Personennamen: Graf_Starhemberg Ludwig_Xiv Ludwig Mustapha Barkan August Joseph_I.
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zende Sieg des Prinzen Ludwig von Baden bei Salankem en,
am Einflüsse der Theiß in die Donau, wo im Jahre 1691 der
neue Großweflr Kiuprili mit fünf und zwanzig tausend Türken
das Leben verlor, und der noch glänzendere Sieg des Prinzen
Eugen bei Zentha an der Theiß 1697, wo wieder ein Groß-
wesir, siebenzehn Paschas und fast das ganze türkische Heer
Ihren Tod fanden, führten endlich im Januar des Jahres 1699
den Frieden von Carlowitz in Slavonien herbei. Der Sul-
tan, Solimán 111., verzichtete auf Ungarn, Slavonien und
Croatien und behielt nur das Banat. Tököly, den der Sultan
zum Fürsten Siebenbürgens ernannt hatte, mußte weichen, und
Siebenbürgen ward bleibend Oesterreich einverleibt. Außerdem
trat er an Venedig, Oesterreichs Bundesgenosfln, die Halbinsel
Morea ab. So ruhmvoll ging Oesterreich aus einem Kampfe
hervor, der so gefahrdrohend begonnen hatte.
Von diesem Frieden an hörten die Türken auf, ein Schrecken
der Christenheit zu sein, indem die Schwäche ihres Reiches gar
zu sehr in die Augen gefallen war.
44. Der spanische Erbsolgckrieg (1700—1714).
Jetzt konnte der Kaiser seine Aufmerksamkeit auf den We-
sten Europas richten, um bei der nahen Erledigung des spa-
nischen Thrones seine Ansprüche gegen seine Mitbewerber gel-
tend zu machen; denn der kinderlose König von Spanien,
Karl Ii., Sohn Philippus Iv. und letzter männlicher Nach-
komme des spanisch-habsburgischen Hauses, lag bereits auf dem
Todesbette. Karl's älteste Schwester war mit dem Könige
von Frankreich vermählt, hatte aber bei ihrer Vermählung
feierlich auf den Thron von Spanien Verzicht leisten müssen.
Ludwig bestritt die Rechtmäßigkeit dieser Verzichtleiftung und
forderte den Thron, jedoch nicht für sich, sondern für seinen
zweiten Enkel, Philipp von Anjou, um so der Eifersucht
der übrigen Mächte auszuweichen. Der Kaiser Leopold hatte
Karl's jüngere Schwester zur Gemahlin, die auf den Thron
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_von_Baden Ludwig Eugen_bei_Zentha Eugen Carlowitz Oesterreichs_Bundesgenosfln Morea Karl_Ii Karl Philippus Ludwig Philipp_von_Anjou Philipp Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Donau Theiß Slavonien Ungarn Oesterreich Venedig Oesterreich Europas Spanien Frankreich Spanien