ßß Zweiter Teil. Das Mittelalter.
Die Kreuzzüge, welche nur einen Teil des großen Kampfes zwischen Christentum und Islam bildeten, hatten schließlich nur den Erfolg, daß den Mohammedanern Anreizung zu immer neuen An-1300 griffen gegeben wurde. Dieselben gingen seit dem Jahre 1300 vorzugsweise von den Türken aus, die unter Osman in Kleinasien eine besondere Herrschaft bildeten. Große Feldherren, wie Mur ad I. und Bajassid I. führten das kriegerische Volk über den Hellespont und unterwarfen nach und nach den größten Teil der Balkanhalbinsel. Wenn auch für Augenblicke ihre Erfolge durch den tapferen Siebenbürgen Johann Hunyadi in Frage gestellt 1453 wurden, so gelang es ihnen doch endlich im Jahre 1453, die Hauptstadt des oströmischen Reiches, Konstantinopel, zu erobern.
Trotzdem dieses Eindringen der Türken in Europa eine ungeheure Gefahr für das ganze Abendland in sich schloß, zumal sie später sogar bis über die Grenzen des deutschen Reiches ihre Eroberungen ausdehnten (zweimalige Belagerung von Wien!), so hat doch dasselbe eine eigenartige für das Christentum wichtige Folge gehabt. Durch die Eroberung von Konstantinopel wurden die christlichen der griechischen Sprache mächtigen Gelehrten gezwungen, Zuflucht im Abendlande, zumal in Italien, zu suchen. Hier aber war im Mittelalter die Kenntnis des Griechischen so gut wie erloschen. Dieselbe wurde nun wiederbelebt und breitete sich rasch auch über die anderen Länder des europäischen Westens und Nordens aus (Humanisten!). Das aber war darum von unberechenbarer Tragweite, weil man nunmehr instand gesetzt war, die Quellen unseres Glaubens in der Ursprache zu lesen und auf den wahren Sinn derselben zurückzugehen; — es wurde also dadurch eine wichtige Vorbedingung der Reformation geschaffen. So ist das an und für sich bedauerliche Ereignis der Eroberung Konstantinopels doch nicht ohne segensreiche Folge für das Christentum geblieben. —
§ 39. Deutsches Volksleben in dieser Periode.
Wir sahen, wie bei der verhältnismäßig großen Schwäche der Kaiser allenthalben im deutschen Reiche Unsicherheit des Rechtes und des Verkehrs herrschte. Mehr noch als die Städte, welche wenigstens durch ihre Bündnisse Selbstschutz üben konnten, litten darunter die Bauern. Dieselben, in den allermeisten Gegenden schon lange hörig (die alte Bauernfreiheit nur noch in Friesland und der Schweiz!), waren die wehrlosen Opfer der Willkür ihrer
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Extrahierte Personennamen: Johann_Hunyadi Johann
Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Konstantinopel Europa Wien Konstantinopel Italien Friesland
282
plis, in der Bulgare: (1396). Schon Vajesid wrde Eon-stantinopel erobert haben, wre nicht der den mchtigen Er-oberer ein noch mchtigerer gekommen. Der war Timur, ge-mhnlich Tiinnr lenk, d. i. der lahme Timur, genannt, der An fhrer mongolischer Horden, ein Nachkomme des mchtigen Dschengis-Khan (1369 bis 1405). Sein Vater nannte ihn Timur, d. i. Eisen; denn eisern war sein Sinn und Leben. Nachdem er sich den grten Theil Asiens unterworfen hatte, wandte er sich gegen den Sultan Bajesid. Er schlug ihn bei Ancyra (Angora) in Kleinasien (1402), nahm Vajesid selbst gefangen und fhrte ihn in einer vergitterten Snfte auf seinen Zgen mit sich fort. Derselbe starb aber schon im nchsten Jahre.
Timur lie jedoch den Shnen Vajeftd's das Reich ihres Vaters, um welches diese blutige Kriege gegen einander fhrten. Auch die von Bajesid vertriebenen Fürsten setzte er wieder in den Besitz ihrer Lnder. Dann ging er selbst wieder der den Euphrat in die Bulcharei nach Samarkand, der Hauptstadt feiner weitlufigen Staaten. Nicht lange darauf, im Jahre 1405, verlie er die Erde, die er fo lange verwstet hatte. Sein ungeheures Reich zerfiel eben so schnell, als es entstanden war. Ein Theil desselben in Vorderindien machte spter das sogenannte Reich des Gro-Moguls ans, welches der Sultan Babur um das Jahr 1519 gegrndet haben soll. Es blhete schnell auf, ist aber jetzt von der Erde verschwunden.
Nach Timur's Tode erholte sich wieder die Macht der Os-manen so schnell, da schon im Jahre 1422 Mnrad ober Amnrad Ii. (1422 bis 1451) mit einem groen Heere selbst vor den Thoren Constantinopels erschien. Vergebens zog der junge Wladislav Iii., König von Ungarn und Polen, mit seinen Bundesgenossen zu Hlfe herbei; er verlor bei Varna (1444) Sieg und Leben. Hunriad, der eben fo weife wie tapfere ungarische Feldherr, setzte den Kamps fort; allein er fo wenig, wie der kriegerische Fürst von Albanien, Georg Ka-striata, gewhnlich Scanderbeg, d. i. Fürst Alexander, ge-
i
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Extrahierte Personennamen: Vajesid Timur Georg_Ka-striata Alexander Alexander
I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
I
281
Taurus, sammelten hier wieder neue Horden um sich und wur-den bald durch glckliche Eroberungen groß und mchtig. Der grte Eroberer unter ihnen war Osman (1299-1326), der sich den nordwestlichen Theil Kleinasiens unterroarf und fo der Stifter des osmanischen, oder, wie wir es jetzt nennen, des trkischen Reiches wurde. Was er angefangen hatte, setzten seine Nachfolger glcklich fort. Dreh an oder Urchan (1326 bis 1359), fein Sohn, eroberte Kleinasien bis an den Hellefpont. Er nahm den Titel Sultan oder Padifcha an und whlte seinen Sitz zu Prufa (Bursa) in Bithynien. Murad 1., Or-chan's Sohn und Nachfolger (1359 bis 1389), eroberte 1361 Adrianopel und verlegte den Sitz feiner Herrschaft nach Europa. Am furchtbarsten waren die Osmanen durch ihr vortreffliches Fuvolk, das schon von Orchan errichtet, aber von Murad ver-vollkommnet war. Hierzu nahm der Sultan die schnsten und strksten Christenjnglinge und lie sie im Islam und in den Waffen erziehen. Er beschenkte sie reichlich, verbot ihnen aber, zu heirathen; denn sie sollten nur ihm und dem Kriege leben. Sie wohnten in Kctfernen zusammen, wo sie in klsterlicher Zucht zum Gehorsam, zur Enthaltsamkeit und zu steter Waffen-bung angehalten wurden. Ein Derwisch segnete sie ein und gab ihnen den Namen Janitscharen, d. i. neue Krieger. Ihrer ungestmen Tapferkeit vermochte lange keine Geroalt zu widerstehen. An ihrer Spitze eroberte Murad Macedonien, Albanien und Servien. Nach ihm drang Bajesid (1389 bis 1402), welcher wegen der Schnelligkeit seiner siegreichen Zge Jilderim, d. i. Blitz, genannt wurde, in Thessalien ein und nherte sich selbst der Hauptstadt Eonstantinopel. Die Gefahr fr ganz Europa ward immer drohender; und doch konnten sich die abendlndischen Fürsten lange nicht entschlieen, dem griechischen Kaiser gegen den keck vordringenden Feind Hlfe zu leisten. Endlich zog Sigismund, der damalige König von Ungarn, derselbe, welcher nachher auch deutscher Kaiser wurde, mit einem ungarischen und franzsischen Heere gegen die Trken; allein er erlitt eine frchterliche Niederlage in der Schlacht bei Nifo*
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Extrahierte Personennamen: Sigismund
Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Bursa Bithynien Europa Macedonien Albanien Thessalien Europa Ungarn
85
Tirol und Vorderösterreich, und Karl, der jüngste, die soge-
nannten innerösterreichischen Lande, nämlich Steiermark, Kärn-
then, Krain, Görz, Istrien, Triest. Der Vertrag wegen dieser
Theilung wurde von den fürstlichen Brüdern zu Wien am
1. März 1565 unterzeichnet. Hierdurch zerfiel die deutsche
Linie des Hauses Habsburg in drei Zweige: den österreichischen
oder Marimilian'schen, den tirolischen oder Ferdinand'schen und
den steierischen oder Karl'schen. Es dauerte über hundert
Jahre, ehe das zerstückelte herrliche Ganze sich wieder unter
einem einzigen Oberhaupte zusammenfügte.
Maximilian Ii. (1564 — 1576). — Obgleich dieser mit
ganzer Seele dem katholischen Glauben ergeben war, so be-
obachtete er doch dieselbe Milde und dieselbe Duldsamkeit,
durch welche auch sein Vater den Frieden erhalten hatte; auch
war er weit entfernt, den immer wachsenden Zwiespalt der
Protestanten untereinander zu seinem Vortheile zu benutzen.
Er erklärte, es sei seine feste Ueberzeugung, daß Gott allein
die Herrschaft über die Gewissen zukomme. So nachsichtsvoll er
hinsichtlich der Religionsmeinungen sich bewies, so viel Strenge
zeigte er aber, als in diesen stürmisch bewegten Zeiten das
alte Faustrecht wieder erwachte. Er ließ die Anstifter der
Empörung martervoll hinrichten.
Tiirkenkriegj Arinyi's Heldentod (1566). — Der Tod Kai-
sers Ferdinand I. war die Losung zu einem neuen Kriege um
die Krone Ungarns für Zapolya's Sohn, den jungen Fürsten
von Siebenbürgen. Und bald war auch wieder mit großer
Heeresmacht da der bereits zum Greise gewordene Sultan
Solimán. Die Eroberung Wiens sollte den Abend seines Le-
bens krönen. Aber der Himmel hatte es anders bestimmt.
Zunächst zog er gegen die Festung Szigeth. Hier befehligte
der Graf Nicolaus Zrinyi, Ban von Kroatien und Slavo-
nien und leistete den heldenmüthigsten Widerstand. Sturm auf
Sturm wurde zurückgeschlagen. Keine Versprechungen, keine
Drohungen konnten seinen Muth, konnten seine Treue erschüt-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl März Maximilian_Ii Maximilian Ferdinand_I. Nicolaus_Zrinyi
Extrahierte Ortsnamen: Krain Istrien Triest Wien Ungarns Wiens Kroatien
86
lern. Mitten unter den Schrecknissen dieser Belagerung starb
der allgefürchtete Sultan. Innerer Gram hatte sein Lebensende
beschleunigt. Sein Tod wurde den Truppen lange verheim-
licht, um sie nicht zu entmuthigen, und die Stürme währten
fort. Als endlich der Großwesir unter den furchtbarsten An-
strengungen die ganze äußere Festung in Schutt gelegt hatte,
zog sich Zrinpi mit seiner noch übrig gebliebenen Heldenschar
in die innere Burg zurück zu neuen Kämpfen und Opfern.
Jetzt unternahmen die Türken einen allgemeinen Sturm. Schon
brannte die Burg; da versammelte Zrinpi seine Getreuen um
sich und sprach: „Gedenket eures Eides! Wir müssen hinaus!
Statt hier zu verbrennen oder zu verhungern, laßt uns sterben
als Männer! Ich gehe voran, folgt mir nach!" Und unbe-
panzert stürzt der Ungarn Leónidas mit seinen sechshundert
Kampfgenossen hin über die Schloßbrücke, hin in das Gewühl
der Feinde. Da trifft ein Schuß des Tapferen Brust; ver-
wundet sinkt er nieder, sterbend kämpft er noch mit der letzten
Lebenskraft. Um ihn herum sterben auch die Seinigen. Und
kaum sind sie gefallen, da fliegt, wie Zrinpi es angeordnet,
der Pulverthurm in die Luft und mit ihm dreitausend der ein-
gedrungenen Türken. Die großen Verluste, welche die Türken
hier erlitten, vor allem aber der Tod des Sultans selbst, er-
leichterten den Abschluß eines Friedens. .
Dieser Frieden aber wurde von den Türken schlecht ge-
halten. Fortwährend beunruhigten sie die Grenzen. Endlich
hielt der Kaiser, um sich des Beistandes des Reiches zu ver-
sichern, einen Reichstag zu Regenöburg. Es war der letzte für
den Kaiser. Er starb daselbst am 12. Oktober 1576. Rudolf,
sein ältester Sohn, war sein Nachfolger.
19. Deutschland unter Rudolf Ii. und Mathias.
Vu-otf Ii. (1576—1612). — Mit vielen wissenschaftli-
chen Kenntnissen ausgerüstet bestieg Rudolf, Marimilian's Ii.
ältester Sohn, den Kaiserthron; aber er täuschte die Hoffnun-
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Extrahierte Personennamen: Zrinpi Rudolf Rudolf Rudolf_Ii Rudolf Mathias Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn_Leónidas Deutschland
204
Noch größer kehrte die Gefahr unseres Vaterlandes im Jahre
1683 zurück. Damals herrschten große Unruhen in Ungarn.
Das Land klagte über Verletzung seiner verfassungsmäßigen
Rechte, und es kam zu einer Verschwörung unter einem groß-
ßen Theile des ungarischen Adels, wobei man nichts Gerin-
geres zu beabsichtigen schien, als Ungarn von Oesterreich los-
zureißen. Allein die Verschwörung wurde entdeckt, und vier
der Haupträdelsführer hingerichtet. Der Aufruhr währte je-
doch fort, besonders weil Religionshaß zwischen Katholiken
und Protestanten in Ungarn hinzutrat. Sowohl der König
von Frankreich, Ludwig Xiv., als auch der türkische Sultan,
Mohammed Iv., schürten sorgfältig die Flamme des Auf-
ruhres zu einem großen verheerenden Brande an.
An die Spitze der mißvergnügten Ungarn — „Kurutzen",
d. i. gediente Krieger, genannt nach dem türkischen Worte
Kurudschi — stellte sich der Graf Emmerich von Tököly
und rief die Türken zu Hülfe. Dieser Ruf kam ihnen äußerst
willkommen; denn das uneinige, durch die langwierigen schwe-
dischen und französischen Kriege erschöpfte Deutschland schien
ihnen eine ebenso sichere als leichte Beute zu werden. Der
Großwesir Kara Mustapha hatte schon in seinem stolzen
Sinne das schöne Wien sich zu seiner Residenz erkoren. Ein
einziger rascher Marsch werde ihn — meinte er — ohne Schlacht
vor die Thore führen, und eine mächtige aber kurze Anstren-
gung ihm dieselben öffnen.
Sonst waren die Türken, zumal die Asiaten, spät im
Felde erschienen, und eben so zeitig rief sie der Winter aus
demselben zurück. Jetzt aber brach der Großwesir gleich mit
dem Anbruche des Frühlings 1683 an der Spitze von zwei-
mal hundert tausend Mann gerades Weges auf Wien los,
ohne sich auf seinem Zuge mit Belagerung der Festungen auf-
zuhalten. Die Bestürzung der Kaiserstadt war grenzenlos.
Leopold's Heer zählte kaum drei und dreißigtausend Mann,
über welches der Herzog Karl von Lothringen den Ober-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Mohammed_Iv. Mohammed_Iv. Emmerich_von_Tököly Kara_Mustapha Karl_von_Lothringen Karl
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Oesterreich Ungarn Frankreich Ungarn Deutschland Wien Wien
224
stets neue Verluste vereitelt. Schon zogen die Türken drohend
vor Belgrad; da schloß hier der österreichische Gesandte, Graf
Neipperg, einen für seinen Kaiser höchst ungünstigen Frieden
ab. Oesterreich verlor seinen Antheil von Serbien und der
Walachei sammt Belgrad; nur das Banat behielt es. Die
Donau und Sau waren demnach die Grenzen der österreichi-
schen Besitzungen im Osten.
Karl Vi. starb schon im nächsten Jahre (1740) nach
diesem traurigen Frieden. Mit ihm erlosch der habsburgische
Mannesstamm, welcher 458 Jahre hindurch in Oesterreich ge-
herrscht hatte. Er hinterließ zwei Töchter, Maria The-
resia, Gemahlin des Großherzoges Franz von Toscana aus
dem Hause Lothringen, und Stammmutter des jetzigen habs-
burgisch-lothringischen Hauses Oesterreich, und Maria Anna,
welche 1744 an den Bruder des Großherzoges, den Herzog
Karl von Lothringen, vermählt wurde und noch in demselben
Jahre starb. Der verhängnißvolle Tod jenes letzten Habs-
burgers, Karl Vi., führte nun den österreichischen Erb-
folgekrieg herbei, obschon der edle Kaiser sein ganzes Leben
daran gewendet hatte, den Ausbruch desselben zu verhindern.
Auf diesen Krieg werden wir in der Folge kommen. Zuvor
wollen wir uns zur Geschichte zweier nordischen Reiche, Ruß-
land und Preußen, wenden, welche um diese Zeit anfin-
gen, eine bedeutende Stelle unter den europäischen Staaten
einzunehmen.
47. Rußland unter Peter dem Großen (1689—1725).
In früherer Zeit, vor der Negierung dieses großen Kai-
sers, war Rußland noch wenig bekannt in Europa. Die Be-
wohner desselben galten im Ganzen mehr für Asiaten, und
wirklich schlossen sie sich diesen auch durch Kleidung, Sitten
und Gebräuche enger an. Die einzelnen Völker dieses großen
nordischen Reiches standen unter Fürsten, die man Czare nannte.
Nur selten traten diese durch Gesandtschaften mit den übrigen
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Extrahierte Personennamen: Graf
Neipperg Karl_Vi Karl Maria_The- Maria Franz_von_Toscana Franz Maria_Anna Maria Karl_von_Lothringen Karl Karl_Vi Karl Peter
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Oesterreich Serbien Belgrad Oesterreich Lothringen Oesterreich Europa
208
küßten. Die Heerführer faßten mich bei den Händen und Fü-
ßen, die übrigen Obristen mit ihren Regimentern riefen mir
zu: „Unser braver König!" Heute Morgen kam der Kurfürst
von Sachsen nebst dem Herzoge von Lothringen zu mir. End-
lich kam auch der wienerische Statthalter, Graf Starhemberg,
mit vielem Volke hohen und niedrigen Standes mir entgegen.
Jeder hat mich geherzt, geküßt und seinen Erlöser genannt.
Auf der Straße erhob sich ein Zubelgeschrei: „Es lebe der
König!" Als ich nach der Tafel wieder hinaus in's Lager
ritt, begleitete mich das Volk mit aufgehobenen Händen bis
zum Thore hinaus. Für den uns gesandten, so vortrefflichen
Sieg sei dem Höchsten Lob, Preis und Dank gesagt in Ewigkeit!"
Ganz Europa nahm warmen Antheil an der Rettung
Wiens; nur Ludwig Xiv. war sehr bestürzt, und keiner
seiner Minister hatte es wagen wollen, ihm die Nachricht zu
überbringen.
Der Türkenkrieg war indeß mit jener Niederlage nicht be-
endigt, sondern dauerte noch fünfzehn Jahre fort. Der Kaiser
blieb Sieger. Kara Mustapha wurde auf der Flucht bei Barkan
eingeholt und abermals geschlagen. Eine noch größere Nieder-
lage erlitt er bei Gran. Wegen dieser Niederlage wurde der
Großwesir auf Befehl des Sultans bei Belgrad erdrosselt. Im
Sommer des folgenden Jahres, 1684, entriß der Herzog von
Lothringen auch Wissegrad, Waizen und Pesth, und im August
1685 Neuhäusel den Türken. Noch glänzender war der Feld-
zug von 1686. Am 2. September wurde Ofen, nachdem es
145 Jahre unter der türkischen Herrschaft geschmachtet, erstürmt,
und Ungarn war wieder gewonnen. Die Siege der kaiserlichen
Waffen stellten hier allmälig auch die innere Ordnung her.
Der im Jahre 1687 zu Preßburg gehaltene Landtag bestätigte
in einem Neichsdekrete feierlich die Erbfolge des Hauses Oe-
sterreich in männlicher Linie auf den Thron Ungarns, und
Leopold's ältester Sohn, Erzherzog Joseph I., wurde sogleich als
erblicher Thronfolger von Ungarn gekrönt. Bald auch sagten
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Extrahierte Personennamen: Graf_Starhemberg Ludwig_Xiv Ludwig Mustapha Barkan August Joseph_I.
210
zende Sieg des Prinzen Ludwig von Baden bei Salankem en,
am Einflüsse der Theiß in die Donau, wo im Jahre 1691 der
neue Großweflr Kiuprili mit fünf und zwanzig tausend Türken
das Leben verlor, und der noch glänzendere Sieg des Prinzen
Eugen bei Zentha an der Theiß 1697, wo wieder ein Groß-
wesir, siebenzehn Paschas und fast das ganze türkische Heer
Ihren Tod fanden, führten endlich im Januar des Jahres 1699
den Frieden von Carlowitz in Slavonien herbei. Der Sul-
tan, Solimán 111., verzichtete auf Ungarn, Slavonien und
Croatien und behielt nur das Banat. Tököly, den der Sultan
zum Fürsten Siebenbürgens ernannt hatte, mußte weichen, und
Siebenbürgen ward bleibend Oesterreich einverleibt. Außerdem
trat er an Venedig, Oesterreichs Bundesgenosfln, die Halbinsel
Morea ab. So ruhmvoll ging Oesterreich aus einem Kampfe
hervor, der so gefahrdrohend begonnen hatte.
Von diesem Frieden an hörten die Türken auf, ein Schrecken
der Christenheit zu sein, indem die Schwäche ihres Reiches gar
zu sehr in die Augen gefallen war.
44. Der spanische Erbsolgckrieg (1700—1714).
Jetzt konnte der Kaiser seine Aufmerksamkeit auf den We-
sten Europas richten, um bei der nahen Erledigung des spa-
nischen Thrones seine Ansprüche gegen seine Mitbewerber gel-
tend zu machen; denn der kinderlose König von Spanien,
Karl Ii., Sohn Philippus Iv. und letzter männlicher Nach-
komme des spanisch-habsburgischen Hauses, lag bereits auf dem
Todesbette. Karl's älteste Schwester war mit dem Könige
von Frankreich vermählt, hatte aber bei ihrer Vermählung
feierlich auf den Thron von Spanien Verzicht leisten müssen.
Ludwig bestritt die Rechtmäßigkeit dieser Verzichtleiftung und
forderte den Thron, jedoch nicht für sich, sondern für seinen
zweiten Enkel, Philipp von Anjou, um so der Eifersucht
der übrigen Mächte auszuweichen. Der Kaiser Leopold hatte
Karl's jüngere Schwester zur Gemahlin, die auf den Thron
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_von_Baden Ludwig Eugen_bei_Zentha Eugen Carlowitz Oesterreichs_Bundesgenosfln Morea Karl_Ii Karl Philippus Ludwig Philipp_von_Anjou Philipp Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Donau Theiß Slavonien Ungarn Oesterreich Venedig Oesterreich Europas Spanien Frankreich Spanien