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und mußten bei allen darin nicht vorgesehenen Fällen bei ihm
anfragen. Den Provinzialen wurde auch die Befugniß einge-
räumt, in allen streitigen Rechtsfällen, welche vor das Forum
des Statthalters gehörten, von diesem an den Kaiser zu appel-
liren. Daher war auch von nun an die Stimmung in den
Provinzen im Allgemeinen eine sehr günstige;:).
5. Das Heerweesen-. Früher hob jeder Consul, wenn er
in's Feld zog, erst ein Heer aus. Jetzt wurden stehende Heere
eingeführt und größtcntheils an den Grenzen des Reichs, am
Rhein, an der Donau, am Euphrat in festen Standlagern zum
Schutze ausgestellt. Nach dem Lande, wo sie standen, wurden
sie benannt, z. B. legiones Germanicae, Illyricae, Syriacae u.
s. w. Aus solchen Standlagern (castra stativa) erhoben sich
allmälig Festungen und Städte, wie Mainz (Moguntiacuin),
Cöln (Colonia Agrippina), Augsburg (Augusta Vindelicorum),
Pa stau (Castra Batavto, Negensburg (Regina castra) u. a.
Das stehende Heer war seitdem vom Bürger scharf getrennt
und durch Oberbefehl und Sold unbedingt an den Fürsten ge-
knüpft. Die ganze besoldete Streitmacht zählte gegen 450,000
Mann, mit Einschluß der Mannschaft auf den Flotten, welche
in dem Hafen von Misenum, Ravenna und Forum Julii (Fre-
jus), aufgestellt waren und die Sicherheit der Meere überwach-
ten. Der Soldat war zu zwölf bis sechzehn Dienstjahren ver-
pflichtet und wurde bei seiner Entlassung nicht mehr durch Land-
anweisung, sondern Geld belohnt/
6. Das Finanzwesen erlitt durch diese Veränderungen
eine wesentliche Reform. Neben der Staatskasse (aerarium),
aus welcher der Senat die öffentlichen Ausgaben bestritt, und
worein die Einkünfte der senatorischen Provinzen flössen, errich-
tete er noch eine Krieg es lasse (aerarium militare), dessen
Verwendung ausschließlich für das Heer bestimmt war, und
eine Privatkasse des Kaisers (fiscus) als Inbegriff der dem
Kaiser eigenthümlich zustehenden Einkünfte. Dem festgesetzten
Tribute der Provinzen, den Einkünften aus den Staatslände-
a) Neque illum rerum statum abnuebant, suspecto senatus populi-
que imperio ob certamina potentium et avaritiam magistratuum, inva-
lido legum auxilio, quae vi, ambitu, postremo avaritia turbabantur.
Tac. annal, I. 2.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Ritters Walther bei Constantinopel an und war froh, da der griechische Kaiser Alexius ihm erlaubte, vor den Thoren der Stadt ein Lager aufzuschlagen, um die Ankunft Peter's abzu-warten. Endlich langte auch dieser an. Auch seine Scharen hatten unterwegs gleiches Schicksal erlitten; auch sie waren zu Tausenden durch Noth und Elend aller Art umgekommen.
Doch diese beiden Haufen waren nicht die einzigen. Die Begeisterung der brigen Völker ergriff auch bald die Deutschen. Scharenweise strmten sie, ohne alle Vorkehrung, aus ihrer Hei-math hinaus, um die heilige Stadt zu befreien. Manche waren des Weges und des Zieles so unkundig, da sie bei jeder wtabt^ I bei jeder Burg, die sie erreichten, neugierig fragten, ob hier nicht Jerusalem sei! Andere meinten, es sei nicht genug, gegen j die Trken zu ziehen, auch die Juden htten das Leben ver-: wirkt, weil sie Christus gekreuzigt htten. Und sie singen ihren Kreuzzug damit an, da sie der die wehrlosen ^uben, besonders in den Rheingegenben, hersielen, sie zu Tausenden erschlu-gen und sich ihrer Habe bemchtigten. Dann zogen sie hinauf. Zu ihren Fhrern whlten sie einst eine Ziege und eine Gans. Wohin die Thiere, die sie fr gottbegeistert hielten, gingen, dahin folgte der tolle Schwrm nach. Ohne Zucht und Lrb* nnng hauseten sie in den Gegenden, durch welche sie zogen. Doch die Strafe fr ihre Zgellosigkeit erhielten sie frh genug. Sie fanden, wie die Uebrigen, grtenteils in Ungarn^ ihr Grab. Nur wenige entkamen und gelangten in dem aller^lg-lichsten Zustande nach Constantinopel.
Der griechische Kaiser hatte das Abendland wohl um Hlfe gegen die Trken gebeten, aber nicht erwartet, da man ihm solche zgellose Horden zuschicken wrde. Er erschrak hierber nicht wenig und suchte der beschwerlichen Gste sobald als mg-lich los zu werden. Ungesumt lie er sie der die Meerenge nach Asien bersetzen. Dort rafften Hunger und Krankheit ganze Scharen der Kreuzfahrer dahin. Was brig blieb, siel den lauernben Trken in die Hnbe und wurde bis auf drei-
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Extrahierte Personennamen: Alexius Christus
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Rheingegenben Ungarn Constantinopel Asien
140
taufenb Mann niebergemetzelt. Auch Wollher von Habenichts blieb im Gefechte. Mit dem klglichen Ueberreste floh Peter auf oa Eiligste nach Constantinoxel zurck. So wenig entsprach der erste Anfang biefer Zge beit glnzenben Hoffnungen, mit welchen sie unternommen worden waren.
43. Erster Kreuzzug (1096).
Endlich kam auch der wohlgeordnete Hauptzug zu Stande, un der Spitze desselben standen die Fürsten: Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen (Brabant); Balduin und Eustach, seine Brder; Raimund, Graf von Toulouse; Bohemund, Fürst von Tarent; der edele Tan-kred, sein Neffe, Robert, Graf von der Normandie, ein Sohn des Kniges von England; Robert, Graf von Flan-dern der schon als Pilger in Jerusalem gewesen war; Hugo, Graf von Vermandois, ein Bruder des Kniges Philipp von Frankreich; Stephan, Graf von Alois und Chartres, der so reich war, da man von ihm sagte, er habe so viele Schlsser, als das Jahr Tage; der edele Ritter Walt her von dem Thurme zu Limoges mit seinem treuen Lwen, der ihn nie verlie, weil er ihn einst von einer Schlange gerettet hatte An diese Hupter der Kreuzfahrer schlssen sich unzhlige Ritter und Edele mit ihren Mannen und Reisigen an. Der Kern des Heeres bestand grtentheils aus Franzosen, Lothringern, Flan-dern, Normannen und Italienern. Jeder Fürst fhrte seine Schar. Aber alle berragte an frommem Sinne und ritterlicher Wrde der edele Herzog Gottfried von Vonillon. Er war gerade in der Blthe seiner Jahre, ausgezeichnet durch schonen Wuchs, voll Aumuth und Menschenfreundlichkeit. In der Schlacht war er stets der Schrecken seiner Feinde. Er war dem Lwen vergleichbar nicht nur an Kraft, sondern mich an Edelmuth. echon in der Jugend hatte er das Gelbde gethan, dereinst sein Schwert der Befreiung des heil. Grabes zu wid-wen; jetzt, zum Manne gereift, zog er zur Lsung seines Ge-lubdes in den heiligen Kampf hinaus.
I
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Extrahierte Personennamen: Peter Gottfried_von_Bouillon Balduin Raimund Robert Robert Hugo Philipp_von_Frankreich Philipp Stephan Alois_und_Chartres Gottfried_von_Vonillon Edelmuth
Extrahierte Ortsnamen: Constantinoxel Niederlothringen Brabant Toulouse Tarent England Jerusalem Limoges
(
325
Kreis sorgte nur fr sich und nahm wenig Rcksicht auf das Ganze. Die einzelnen Glieder eines Kreises waren in ewigen Streitigkeiten der Grenzen, Rangordnung und den sie betreffenden Beitrag zur Reichshlse. Daher konnte auch nichts Bedeutendes unternommen werden, obschon die Gefahr an den Grenzen, besonders von Seiten der Trken, so groß war. Kein christlicher Staat htte sich an Hoheit und Macht dem deutschen gleichstellen knnen, htten die einzelnen Kreise, wie billig, fest an Kaiser und Reich gehalten.
Ein anderes groes Verdienst um Deutschland erwarb sich Maximilian durch die Einfhrung des Postwesens. Frher hatte man nur reitende Boten von einer Handelstadt zur anderen, auch Landkutschen, welche Reisende und Gepck aufnahmen. Soll-ten aber Briefe an Orte gelangen, die nicht an der Strae lagen, oder waren sie fr das Ausland bestimmt, so mute man eine Gelegenheit dahin abwarten oder einen eigenen Boten abschicken. Jenes war aber sehr umstndlich und unsicher, dieses sehr kost-spielig. Hchst erfreulich mute deshalb fr Alle, insbesondere aber fr den Kaufmannstand, eine Anstalt werden, durch welche man fortan Alles, was man wollte, mit Schnelligkeit und Sicherheit von einem Orte zum anderen befrdern konnte. In Frankreich be-stand diese hchst gemeinntzige Anstalt schon seit dem Jahre 1464, und war bald nachher von dem deutschen Grafen von Thrn und Taxis in Tirol nachgeahmt worden. Durch dessen Sohu Franz fhrte Maximilian im Jahre 1516 zuerst eine Post von Brssel nach Wien ein und ernannte jenen Grafen zum General-Postmeister. Die Wrde blieb in seiner Familie erblich. Mit der Zeit kam das Postwesen immer mehr in Aufnahme. Jeder Fürst fhrte es in seinem Lande ein. Die meisten kauften das Recht dazu von der Familie von Thurn und Taxis, die auf solche Weise auerordentlich reich wurde. Nachher ist diese Familie sogar in den Frstenstand erhoben worden.
Besonders glcklich war Maximilian in der Vermehrung der Hausmacht Oesterreichs. Als einziger Erbe seines Va-ters hatte er die Stammlande in ungeteilter Gre berkommen,
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Franz Franz Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Wien Oesterreichs
8
Anfhrers, welcher im Frieden ohne Gewalt wieder in die Reihe der gemeinen Freien zurcktrat.
Hatte sich die Volksmenge irgendwann sehr angehuft, so da der heimathliche Boden sie nicht mehr ernhren konnte, oder drngte sonst eine Roth, so wanderten ganze Stmme aus und erkmpften sich in fremde Lndern neue Niederlassungen. Dem Zuge der Männer folgten dann Weiber und Kinder auf unzhligen Karren nach. Diese Karren dienten zugleich zur Deckung des Lagers, indem sie es kreisfrmig umgaben. Vor dem Angriffe ertnten kriegerische Instrumente, Hrner von Auer-ochsen; die Schilde wurden schrecklich drhnend an einander ge-schlagen, und mit einem frchterlichen Geschrei, Barit ober Bardit genannt, erffnete sich der Kampf. Von der Wagenburg herab, ihm im Rcken, vernahm der Mann im heien Schlacht-getmmel der Kinder Geschrei, der Weiber erweckenden Zuruf. Pflege der Verwundeten, Erquickuug und Aufmunterung der Gesunden war der Weiber Geschft. Kein Wunber, wenn der Manu im Angesichte der thcuerften Unterpfanbe seiner Liebe so begeistert focht; wenn das Flehen der Weiber und das Wimmern der Kinder schon wankende Schlachtreihen wieder stehend machte.
Nicht zur Abwehr allein, auch zum Unterhalte, selbst zur Lust fhrten sie Krieg. Arme aber kriegslustige Jnglinge, die ein reichbelohntes Leben in Waffen der mhsam und drftig lassenden Feldarbeit vorzogen, schlssen sich an den Vorsteher des Gau oder an einen anderen vornehmen Anfhrer und boten ihm ihren Arm zu jedem Unternehmen dar. Und weil er als Anfhrer vor dem Heer zog, fhrte er auch den Namen Her-zog. Sie folgten ihm auf allen Zgen und waren ihm auf Leben und Tod verbunden. Des Anfhrers Gefangenschaft oder Tod berleben, wre ein ewiger Schimpf gewesen. Der An-shrer sorgte fr Waffen und Lebensunterhalt seiner Genossen, die er auch im Frieden nicht auseinanber gehen lie, sonbern als ein stets schlagfertiges Heer um sich hatte. Eine solche kriegerische Genossenschaft nannte man Gefolge; sie war einem stehenben
t
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90
nehmen und zu deren Vertheidigung helfen; zur Zeit eines feindlichen Einfalles nahmen diese die anderen acht mit ihrer Habe bei sich auf. Auch der dritte Theil alles Getreides wurde in die festen Pltze geschafft und in besonderen Vorrathskam-mern fr die Zeit der Roth und Gefahr fr Alle aufbewahrt. Die Vertheidiger der Burgen wurden Brger genannt, und dies war der Ursprung des Vrgerstandes. Im Frieden gingen sie ihren Geschften nach, im Kriege fhrten sie die Waffen.
Heinrich wollte aber den Ungarn nicht blo Festungen, sondern auch eine wohlgebte Kriegesmacht entgegenstellen. Er suchte die schwerfllige Kriegesart der Deutschen nmzuschaffen und sie an leichtere Bewegung mit Pferd und Waffe zu gewhnen, um den flchtigen Ungarn gewachsen zu sein. Nachdem er auf diese Weise das Reich gestrkt und auf den Krieg vor-bereitet hatte, berzog er die benachbarten Völker, die mehr als einmal Deutschland geplndert und. selbst mit den Ungarn ge-meinsame Sache gemacht hatten. Die blutigen Kmpfe mit die-sen Feinden waren fr die Deutschen eine vortreffliche Vor-schule des nchsten Ungarn-Krieges. Glck begleitete Heinrich's Waffen. Er unterwarf sich die Haveller an der Havel durch die Eroberung ihrer Hauptstadt Brennabnrg, des nachmaligen Brandenburg, ferner die Daleminzer in Meien. Dann ging er auch auf die der die Eider eingedrungenen Dnen los, schlug sie in einer blutigen Schlacht und nahm ihnen das Land jenseit der Eider bis zur Slye.
Unterdessen war die Zeit-des Waffenstillstandes mit den Ungarn abgelaufen. Da kamen ihre Gesandten und forderten stolz den alten Tribut. Allein sie wurden abgewiesen und zogen leer zurck unter furchtbaren Drohungen.
Schlacht bei Merseburg (933). Im Frhlinge des Jahres 933 brache die Ungarn in zwei groen Horden rche-schnaubend durch Franken in Thringen ein. Schrecken ging vor ihnen her. Wer fliehen konnte, floh. Da ganze Land wurde
I
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Extrahierte Personennamen: Roth Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Brandenburg Ungarn Merseburg Ungarn
I
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erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
85
Tirol und Vorderösterreich, und Karl, der jüngste, die soge-
nannten innerösterreichischen Lande, nämlich Steiermark, Kärn-
then, Krain, Görz, Istrien, Triest. Der Vertrag wegen dieser
Theilung wurde von den fürstlichen Brüdern zu Wien am
1. März 1565 unterzeichnet. Hierdurch zerfiel die deutsche
Linie des Hauses Habsburg in drei Zweige: den österreichischen
oder Marimilian'schen, den tirolischen oder Ferdinand'schen und
den steierischen oder Karl'schen. Es dauerte über hundert
Jahre, ehe das zerstückelte herrliche Ganze sich wieder unter
einem einzigen Oberhaupte zusammenfügte.
Maximilian Ii. (1564 — 1576). — Obgleich dieser mit
ganzer Seele dem katholischen Glauben ergeben war, so be-
obachtete er doch dieselbe Milde und dieselbe Duldsamkeit,
durch welche auch sein Vater den Frieden erhalten hatte; auch
war er weit entfernt, den immer wachsenden Zwiespalt der
Protestanten untereinander zu seinem Vortheile zu benutzen.
Er erklärte, es sei seine feste Ueberzeugung, daß Gott allein
die Herrschaft über die Gewissen zukomme. So nachsichtsvoll er
hinsichtlich der Religionsmeinungen sich bewies, so viel Strenge
zeigte er aber, als in diesen stürmisch bewegten Zeiten das
alte Faustrecht wieder erwachte. Er ließ die Anstifter der
Empörung martervoll hinrichten.
Tiirkenkriegj Arinyi's Heldentod (1566). — Der Tod Kai-
sers Ferdinand I. war die Losung zu einem neuen Kriege um
die Krone Ungarns für Zapolya's Sohn, den jungen Fürsten
von Siebenbürgen. Und bald war auch wieder mit großer
Heeresmacht da der bereits zum Greise gewordene Sultan
Solimán. Die Eroberung Wiens sollte den Abend seines Le-
bens krönen. Aber der Himmel hatte es anders bestimmt.
Zunächst zog er gegen die Festung Szigeth. Hier befehligte
der Graf Nicolaus Zrinyi, Ban von Kroatien und Slavo-
nien und leistete den heldenmüthigsten Widerstand. Sturm auf
Sturm wurde zurückgeschlagen. Keine Versprechungen, keine
Drohungen konnten seinen Muth, konnten seine Treue erschüt-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl März Maximilian_Ii Maximilian Ferdinand_I. Nicolaus_Zrinyi
Extrahierte Ortsnamen: Krain Istrien Triest Wien Ungarns Wiens Kroatien
229
auf Sokownill los und schwang ihm die geballte Faust in's
Gesicht. Gerade jetzt, mit dem Schlage elf, trat der Haupt-
mann mit seinen Soldaten ein. — „Heran!" schrie der Czar,
„bindet mir diese Hunde." Das geschah. Aber auch dem Haupt-
mann der Leibwache gab er zornig einen derben Schlag in's
Gesicht, weil er um eine ganze Stunde zu spät gekommen sei.
Da aber der unschuldige Mann seinen schriftlichen Befehl vor-
zeigte, bereuete Peter seine Ucbereilung, küßte ihm freundlich
die Stirn und erklärte ihn für einen braven Offizier. Dann
fuhr er zu Le Fort zurück und verkündete der staunenden Ge-
sellschaft, was vorgefallen, welch' großer Lebensgefahr er ent-
gangen sei. Die Verschworenen wurden hingerichtet.
Nachdem die Ruhe hergestellt war, entschloß sich Peter,
eine Reise in's Ausland zu machen, aber nicht mit dem Pompe
eines Czar, sondern bloß als Mitglied einer Gesandtschaft,
welche nach altrussischcr Sitte die auswärtigen Höfe besuchen
sollte, und unter dem Titel eines Großcommandeurs. Le Fort
war der Anführer dieser Gesandtschaft, die aus mehr als zwei-
hundert und siebcnzig Personen bestand. Im April 1697 tra-
ten sie die Reise an. Der Zug ging über Königsberg. Hier
wurden sie von dem prachtliebenden Kurfürsten Friedrich Iii.
von Brandenburg auf das glänzendste empfangen. Peter gab
sich alle Mühe, um nicht erkannt zu werden, aber eben dieses
verrieth ihn. Bei einem glänzenden Gastmahle, das der Kur-
fürst zur Ehre dieser Gesandtschaft gab, übernahm sich Peter
so sehr im Trünke, daß er beinahe seinen Freund Le Fort ge-
tödtet hätte, weil er sich durch einige Worte von ihm beleidigt
hielt. Als er wieder zu Vernunft kam, empfand er tiefe Reue
darüber. „Ach!" rief er schmerzlich aus, „ich will mein Volk
gesitteter machen und vermag mich selbst nicht zu zähmen!"
Schon in Königsberg besuchte er die Werkstätten der Handwerker
und Künstler und erkundigte sich mit großer Lernbegierde nach
allem, was ihm neues vorkam. Dann ging die Reise weiter
über Berlin und Cleve nach Amsterdam. Amsterdam war
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Extrahierte Personennamen: Peter Peter Friedrich_Iii Friedrich Peter
so
Extrahierte Ortsnamen: Königsberg Brandenburg Königsberg Berlin Amsterdam Amsterdam
240
Für die Wissenschaften hatte dieser König keinen Sinn,
ja er vcrschmähete sie als etilen Tand und zeigte gegen die
Forschungen und Bestrebungen der Gelehrten eine solche Gleich-
gültigkeit, daß die unter seinem Vorgänger gestiftete Akademie
der Wissenschaften, statt fortzuschrciten auf der betretenen Bahn,
in eine völlige Unthätigkeit versank. Dagegen war er mit
ganzer Seele für das Soldatenwescn eingenommen. Er kannte
keine angenehmere Beschäftigung, als täglich den Ucbungcn sei-
ner Soldaten beizuwohnen. Auch der geringste Fehler entging
dabei seinem Scharfblicke nicht und reizte ihn zu einer solchen
Heftigkeit gegen den, an welchen! er ihn bemerkte, daß er mit
dem Stocke, selbst mit der Faust auf ihn loöschlug. „Näson-
nir' Er nicht!" war das kräftige Wort, durch welches er auch
den leisesten Widerspruch verstummen machte, und dem kräfti-
gen Worte folgte nicht selten eine noch kräftigere Thätlichkeit.
Er hatte ein Leibregiment, das aus Soldaten von riesenarti-
ger Größe bestand; dieses war sein Stolz und seine Freude.
Kein Geld, keine List, keine Gewalt wurde gespart, wenn es
galt, sich einen Menschen, gleichviel, ob er Inländer oder Aus-
länder war, zu verschaffen, der zu seiner Nicsengarde paßte.
Seine Werber durchstreiften deshalb das ganze Land. Wollte
ihm ein fremder Fürst eine Freude machen, so mußte er ihm
einen recht großen Menschen schenken. Diese Garde, so wie
das ganze Heer, wurde mit beispielloser Strenge und Genauig-
keit eingeübt. Des Abends besuchte er gewöhnlich sein „Ta-
bakskollcgium"; so nannte er eine Gesellschaft von Offizieren,
mit denen er zusammenkam und rauchte. Zu dieser Gesell-
schaft gehörte auch der Fürst Leopold von Dessau, ge-
wöhnlich der alte Dessauer genannt, einer der ausgezeich-
netsten Feldherren seiner Zeit, übrigens, aber, wie sein König,
ohne diejenige Geistesbildung, welche sein hoher Stand erforderte.
Von dem Kronprinzen, dem nachmaligen Könige Frie-
drich d. G., schien er für die Größe Preußens nicht viel zu
erwarten; denn der Knabe las Bücher, liebte und übte Mufik
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Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Dessau Leopold