309
und mußten bei allen darin nicht vorgesehenen Fällen bei ihm
anfragen. Den Provinzialen wurde auch die Befugniß einge-
räumt, in allen streitigen Rechtsfällen, welche vor das Forum
des Statthalters gehörten, von diesem an den Kaiser zu appel-
liren. Daher war auch von nun an die Stimmung in den
Provinzen im Allgemeinen eine sehr günstige;:).
5. Das Heerweesen-. Früher hob jeder Consul, wenn er
in's Feld zog, erst ein Heer aus. Jetzt wurden stehende Heere
eingeführt und größtcntheils an den Grenzen des Reichs, am
Rhein, an der Donau, am Euphrat in festen Standlagern zum
Schutze ausgestellt. Nach dem Lande, wo sie standen, wurden
sie benannt, z. B. legiones Germanicae, Illyricae, Syriacae u.
s. w. Aus solchen Standlagern (castra stativa) erhoben sich
allmälig Festungen und Städte, wie Mainz (Moguntiacuin),
Cöln (Colonia Agrippina), Augsburg (Augusta Vindelicorum),
Pa stau (Castra Batavto, Negensburg (Regina castra) u. a.
Das stehende Heer war seitdem vom Bürger scharf getrennt
und durch Oberbefehl und Sold unbedingt an den Fürsten ge-
knüpft. Die ganze besoldete Streitmacht zählte gegen 450,000
Mann, mit Einschluß der Mannschaft auf den Flotten, welche
in dem Hafen von Misenum, Ravenna und Forum Julii (Fre-
jus), aufgestellt waren und die Sicherheit der Meere überwach-
ten. Der Soldat war zu zwölf bis sechzehn Dienstjahren ver-
pflichtet und wurde bei seiner Entlassung nicht mehr durch Land-
anweisung, sondern Geld belohnt/
6. Das Finanzwesen erlitt durch diese Veränderungen
eine wesentliche Reform. Neben der Staatskasse (aerarium),
aus welcher der Senat die öffentlichen Ausgaben bestritt, und
worein die Einkünfte der senatorischen Provinzen flössen, errich-
tete er noch eine Krieg es lasse (aerarium militare), dessen
Verwendung ausschließlich für das Heer bestimmt war, und
eine Privatkasse des Kaisers (fiscus) als Inbegriff der dem
Kaiser eigenthümlich zustehenden Einkünfte. Dem festgesetzten
Tribute der Provinzen, den Einkünften aus den Staatslände-
a) Neque illum rerum statum abnuebant, suspecto senatus populi-
que imperio ob certamina potentium et avaritiam magistratuum, inva-
lido legum auxilio, quae vi, ambitu, postremo avaritia turbabantur.
Tac. annal, I. 2.
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140
taufenb Mann niebergemetzelt. Auch Wollher von Habenichts blieb im Gefechte. Mit dem klglichen Ueberreste floh Peter auf oa Eiligste nach Constantinoxel zurck. So wenig entsprach der erste Anfang biefer Zge beit glnzenben Hoffnungen, mit welchen sie unternommen worden waren.
43. Erster Kreuzzug (1096).
Endlich kam auch der wohlgeordnete Hauptzug zu Stande, un der Spitze desselben standen die Fürsten: Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen (Brabant); Balduin und Eustach, seine Brder; Raimund, Graf von Toulouse; Bohemund, Fürst von Tarent; der edele Tan-kred, sein Neffe, Robert, Graf von der Normandie, ein Sohn des Kniges von England; Robert, Graf von Flan-dern der schon als Pilger in Jerusalem gewesen war; Hugo, Graf von Vermandois, ein Bruder des Kniges Philipp von Frankreich; Stephan, Graf von Alois und Chartres, der so reich war, da man von ihm sagte, er habe so viele Schlsser, als das Jahr Tage; der edele Ritter Walt her von dem Thurme zu Limoges mit seinem treuen Lwen, der ihn nie verlie, weil er ihn einst von einer Schlange gerettet hatte An diese Hupter der Kreuzfahrer schlssen sich unzhlige Ritter und Edele mit ihren Mannen und Reisigen an. Der Kern des Heeres bestand grtentheils aus Franzosen, Lothringern, Flan-dern, Normannen und Italienern. Jeder Fürst fhrte seine Schar. Aber alle berragte an frommem Sinne und ritterlicher Wrde der edele Herzog Gottfried von Vonillon. Er war gerade in der Blthe seiner Jahre, ausgezeichnet durch schonen Wuchs, voll Aumuth und Menschenfreundlichkeit. In der Schlacht war er stets der Schrecken seiner Feinde. Er war dem Lwen vergleichbar nicht nur an Kraft, sondern mich an Edelmuth. echon in der Jugend hatte er das Gelbde gethan, dereinst sein Schwert der Befreiung des heil. Grabes zu wid-wen; jetzt, zum Manne gereift, zog er zur Lsung seines Ge-lubdes in den heiligen Kampf hinaus.
I
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Extrahierte Personennamen: Peter Gottfried_von_Bouillon Balduin Raimund Robert Robert Hugo Philipp_von_Frankreich Philipp Stephan Alois_und_Chartres Gottfried_von_Vonillon Edelmuth
Extrahierte Ortsnamen: Constantinoxel Niederlothringen Brabant Toulouse Tarent England Jerusalem Limoges
233
selbst gegen die Raubritter aus und brach ihre Burgen. In Thringen allein zerstrte er ihrer sechzig. Die gefangenen Ruber wurden ohne Rcksicht ihres Standes gehngt; denn Rudolf sagte, er halte feinen Menschen fr adelig, welcher die Armen beraube und die Gerechtigfeit verletze. Er brachte es in wenigen Jahren dahin, da der Kaufmann und Pilger feines Geleites mehr bedurften und durch finstere Wlder und an hohen Burgen ohne Gefahr vorberziehen konnten. Auch hatte Jeder, ohne Unterschied des Standes, freien Zutritt zu ihm. Einst, da die Wache einen gemeinen Mann, der ihn zu sprechen wnschte, nicht hereinlassen wollte, rief er ihr zu: So lasset ihn doch herein! Bin ich benn zum Kaiser erwhlt, da man mich hier einsperre?"
Obschon Rudolf den ersten Thron von Europa besa, so machte ihn doch diese hohe Wrde nicht stolz und anmaend. So besuchte er als Kaiser noch einen reichen Gerber bei Basel, den er sonst gefannt halte, und stand vor einem Brger aus Zrich vom Throne auf, weil dieser ihm einst das Leben gerettet hatte. Man sah ihn wohl im Felde seine einfache Klei-dung mit eigener Hand ausbessern und seinen Hunger mit un-gefochten Rben stillen. Wegen seiner Einfachheil ward er ort verkannt und hatte manch' furzweiliges Abenteuer. Einst, da das faiserliche Hoslager bei Mainz stand, fam er in seinem gewhnlichen Wams in die Stadt. Es war strenge Klte, und er trat eben in das offene Haus eines Backers, um sich am Backofen zu wrmen. Die Frau des Bckers aber, die ihn fr einen gemeinen Kriegsknecht hielt, wollte das nicht leiben und schimpfte aus Leibeskrften auf den Kaiser, der mit seinen Leuten dem Brger so zur Last falle. Rudolf lchelte. Dar-ber wrbe das Weib noch zorniger und go nach ihm mit einem Kbel Wasser. Der Kaiser blieb gelassen und ging trie fenb in's Lager zurck. Zu Mittag aber schickte er einen seiner Bebienten mit mehren gut gefllten Schsseln zu der Frau und lie dabei sagen, das schicke ihr der Reitersmann, den sie so
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf Rudolf
(
325
Kreis sorgte nur fr sich und nahm wenig Rcksicht auf das Ganze. Die einzelnen Glieder eines Kreises waren in ewigen Streitigkeiten der Grenzen, Rangordnung und den sie betreffenden Beitrag zur Reichshlse. Daher konnte auch nichts Bedeutendes unternommen werden, obschon die Gefahr an den Grenzen, besonders von Seiten der Trken, so groß war. Kein christlicher Staat htte sich an Hoheit und Macht dem deutschen gleichstellen knnen, htten die einzelnen Kreise, wie billig, fest an Kaiser und Reich gehalten.
Ein anderes groes Verdienst um Deutschland erwarb sich Maximilian durch die Einfhrung des Postwesens. Frher hatte man nur reitende Boten von einer Handelstadt zur anderen, auch Landkutschen, welche Reisende und Gepck aufnahmen. Soll-ten aber Briefe an Orte gelangen, die nicht an der Strae lagen, oder waren sie fr das Ausland bestimmt, so mute man eine Gelegenheit dahin abwarten oder einen eigenen Boten abschicken. Jenes war aber sehr umstndlich und unsicher, dieses sehr kost-spielig. Hchst erfreulich mute deshalb fr Alle, insbesondere aber fr den Kaufmannstand, eine Anstalt werden, durch welche man fortan Alles, was man wollte, mit Schnelligkeit und Sicherheit von einem Orte zum anderen befrdern konnte. In Frankreich be-stand diese hchst gemeinntzige Anstalt schon seit dem Jahre 1464, und war bald nachher von dem deutschen Grafen von Thrn und Taxis in Tirol nachgeahmt worden. Durch dessen Sohu Franz fhrte Maximilian im Jahre 1516 zuerst eine Post von Brssel nach Wien ein und ernannte jenen Grafen zum General-Postmeister. Die Wrde blieb in seiner Familie erblich. Mit der Zeit kam das Postwesen immer mehr in Aufnahme. Jeder Fürst fhrte es in seinem Lande ein. Die meisten kauften das Recht dazu von der Familie von Thurn und Taxis, die auf solche Weise auerordentlich reich wurde. Nachher ist diese Familie sogar in den Frstenstand erhoben worden.
Besonders glcklich war Maximilian in der Vermehrung der Hausmacht Oesterreichs. Als einziger Erbe seines Va-ters hatte er die Stammlande in ungeteilter Gre berkommen,
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Franz Franz Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Wien Oesterreichs
I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
46
Karlftadt selbst stand an der Spitze einer dieser Banden. Ver-
gebens baten, ermahnten, droheten die Fürsten; vergebens don-
nerte Luther gegen die Aufrührer in einer Schrift: „Wider die
mordischen und räubischen Rotten der Bauern;" Nichts ver-
mochte ihre Wuth zu entwaffnen. Endlich aber zogen von allen
Seiten schwere Gewitterwolken sich zusammen, deren Blitze Schlag
auf Schlag die verworrenen Haufen der Bauern treffen sollten.
Es sammelte sich ein Heer des schwäbischen Bundes unter dem
Hauptmann Georg Truchseß von Waldburg und trieb die
schlechtbewaffneten, zum Kriege nicht geübten Haufen ausein-
ander, an welchen nun die verübten Grausamkeiten mit gleicher
Härte vergolten wurden.
Thomas Münzer (1525). — Bevor noch dieser Aufruhr
gestillt war, brach ein anderer in Thüringen aus. Thomas
Münzer stand hier an der Spitze. Dieser höchst schwärme-
rische Mann, der früher Weltpriester zu Zwickau gewesen, aber
wegen seiner aufrührerischen Lehren von dort vertrieben worden
war, rühmte sich besonderer Offenbarungen Gottes, durch
welche ihm das Wesen der christlichen Freiheit weit klarer ge-
worden sei, als Luther sie kenne und lehre. Nach diesen vor-
geblichen Offenbarungen sollte jetzt ein ganz neues christliches
Reich gestiftet werden, in welchem völlige Gleichheit herrsche,
und alle Güter gemeinschaftlich seien. „In diesem neuen Reiche
bedürfe es der Fürsten, der Obrigkeit, des Adels, der Geist-
lichkeit nicht, und der Unterschied zwischen Neichen und Armen
sei ein höchst unchristlicher." Zugleich verwarf er alles, was
er nicht mit klaren Worten in der heil. Schrift ausgesprochen
fand, schaffte deshalb auch die Kindertaufe ab und lehrte die
Nothwendigkeit der Wiedertaufe für die Erwachsenen. Daher
ihr Name Wiedertäufer (Anabaptisten). In dieser un-
ruhigen vielfach bewegten Zeit, wo jede Neuerung hastig auf-
gegriffen wurde, mußte diese Lehre sich leichten Eingang, be-
sonders bei dem gemeinen Volkshaufen, verschaffen, da sie
demselben so ansehnliche Vortheile zusicherte. Jetzt wollte der
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Extrahierte Personennamen: Georg_Truchseß_von_Waldburg Thomas_Münzer Thomas
Münzer
—
-
— 140 —
Er vermählte sich mit einer sehr reichen Wittwe, deren früher
Tod ihn zum Erben eines fürstlichen Vermögens machte. Seit
dieser Zeit machte er den glänzendsten Aufwand, jedoch nicht
aus Hang zur Schwelgerei, sondern um die Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken. Er lud die Offiziere fleißig zu sich an die
Tafel, unterstützte sie mit Geld und belohnte die seinem Be-
fehle untergebenen Soldaten reichlich. In allen Schlachten
that er sich durch Klugheit, Muth und Tapferkeit hervor und
erwarb sich die Liebe und das Zutrauen des gemeinen Man-
nes sowohl als der Offiziere. So wurde er bei Hofe von
einer sehr rühmlichen Seite bekannt. Ferdinand Ii. ernannte
ihn sogleich nach seinem Regierungsantritte zum Obersten; als
solcher focht er an der Spitze eines auf eigene Kosten gewor-
benen Kürassierregiments in der Schlacht auf dem weißen Berge
und trug wesentlich zum Siege bei. Zum Ersätze des Scha-
dens an seinen Gütern, die beim Ausbruche der böhmischen
Unruhen größtentheils zu Grunde gegangen waren, schenkte ihm
der Kaiser die Herrschaft Friedland in Böhmen mit dem
Titel eines Grafen; im Jahre 1623 wurde er sogar zum Für-
sten von Friedland und endlich zum Herzoge ernannt. Mit
ungeduldigem Ehrgeize hatte er bisher den Feldherrnstab in
Tilly's Händen gesehen; er war deshalb hocherfreut, als des
Kaisers Geldnoth ihm jetzt Gelegenheit gab, sich durch eine
ehrenvolle Rolle auszuzeichnen.
Das war der merkwürdige Mann, der dem Kaiser den
überraschenden Vorschlag machte, ihm unentgeltlich ein Heer
von fünfzigtausend Mann zu werben, falls er ihm den un-
umschränkten Oberbefehl über dasselbe geben wolle. Ein An-
trag dieser Art kam anfangs dem Kaiser abenteuerlich und
bedenklich vor; allein eben so bald kam die Ueberlegung nach,
welche große und mannigfache Vortheile er von einem ihm
ergebenen und für seine persönlichen Absichten streitenden Heere
würde ziehen können, da er bisher ganz abhängig von dem
Heere der ligistischen Fürsten und zumal ihres Anführers, des
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153
Leider starb dieser treffliche Held schon das Jahr darauf, am
17. August 1100. Sein Nachfolger war sein Bruder Balduin,
der zuerst deu Namen König von Jerusalem annahm.*)
So gelangten die Christen am fünfzehnten Juli des Jahres
1099 in den Besitz der heiligen Stadt, nachdem sie dieselbe
fünf Wochen und vier Tage belagert hatten. Allein es war
noch schwerer, sie zu behaupten, als sie zu erobern. Denn rings-
umher waren die Kreuzfahrer von auflauernden Feinden um-
geben; Krankheiten brachen unter ihnen aus und rafften ganze
Scharen dahin. Dazu fehlte es an Einigkeit. So verloren sie
ihre Eroberung bald wieder. Nach diesem ersten Kreuzzuge muß-
ten deshalb nach und nach noch sechs andere unternommen wer-
den. Fast zweihundert Jahre währten die Kreuzzüge; ganz
Europa blieb daher fortwährend in Bewegung.
Die schwäluschen oder huhenstaufischen
Kaiser (1137—1253).
46. Konrad in (1137—1152).
In der Mitte des schwäbischen Landes, unfern des blühen-
den Städtchens Göppingen im heutigen Königreiche Würtem-
bcrg, erhebt sich der hohe Staufen, ein kegelförmiger Berg,
auf dessen Gipfel einst das Stammschloß der schwäbischen Her-
zoge und Kaiser stand. Nur ein kleines Stück morscher Mauer
ist der ganze Ueberrest dieses ehemals so glänzenden Stamm-
sitzes und bietet ein trauriges Bild von der Hinfälligkeit aller
Menschengröße und Erdenherrlichkeit dar. Hier entsproß vor
acht Jahrhunderten eines der edelsten und mächtigsten Geschlech-
ter, aus welchem sechs Kaiser für Deutschland hervorgingen.
*) Die Thaten der Kreuzfahrer, besonders Gottfried's von Bouillon,
hat Torquato Tasso, ein ausgezeichneter italienischer Dichter des
sechzehnten Jahrhunderts, in seinem Gedichte: „Das befreiete Je-
rusalem," verherrlicht.
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Extrahierte Personennamen: August Balduin Konrad Konrad Torquato_Tasso
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Europa Städtchens_Göppingen Deutschland
140 —
43. Erster Krenzzug (1096).
Endlich kam auch der wohlgeordnete Hauptzug zu Stande.
Au der Spitze desselben standen die Fürsten: Gottfried von
Bouillon, Herzog von Niedcrlothringen (Brabant); Bal-
duin und Eustach, seine Brüder; Raimund, Graf von
Toulouse; Bo hem und, Fürst von Tarent; der edele Tan-
kred, sein Neffe; Robert, Graf von der Normandie, ein
Sohn des Königes von England; Robert, Graf von Flan-
dern, der schon als Pilger in Jerusalem gewesen war; Hugo,
Graf von Vcrmandois, ein Bruder dcs Königes Philipp von
Frankreich; Stephan, Graf von Blois und Chartres, der so
reich war, daß man von ihm sagte, er habe so viele Schlösser,
als das Jahr Tage; der edele Ritter Walther von dem
Thurme zu Limoges mit seinem treuen Löwen, der ihn nie ver-
ließ, weil er ihn einst von einer Schlange gerettet hatte. An
diese Häupter der Kreuzfahrer schlossen sich unzählige Ritter
und Edele mit ihren Mannen und Reisigen an. Der Kern
des Heeres bestand größteutheils aus Franzosen, Lothringern,
Flandern, Normannen und Italienern. Jeder Fürst führte seine
Schar. Aber alle überragte au frommem Sinne und ritter-
licher Würde der edele Herzog Gottfried von Bouillon.
Er war gerade in der Blüthe seiner Jahre, ausgezeichnet durch
schönen Wuchs, voll Anmuth und Menschenfreundlichkeit. In
der Schlacht war er stets der Schrecken seiner Feinde. Er war
dem Löwen vergleichbar nicht nur an Kraft, sondern auch an
Edelmuth. Schon in der Jugend hatte er das Gelübde gethan,
dereinst sein Schwert der Befreiung des heil. Grabes zu wid-
men; jetzt, zum Manne gereift, zog er zur Lösung seines Ge-
lübdes in den heiligen Kampf hinaus. ,
Damit kein Mangel an Lebensmitteln, keine Unordnung
unter der großen Volksmasse eintrete, zogen die Fürsten mit
ihren Scharen einzeln auf verschiedenen Wegen theils zu Wasser,
theils zu Lande nach ihrem Sammelplätze Constantinopel. Der'
Zug dahin ging glücklich von Statten, weil die Fürsten nach
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Extrahierte Personennamen: Gottfried_von
Bouillon Raimund Robert Robert Hugo Philipp_von
Frankreich Philipp Stephan Chartres Ritter_Walther Gottfried_von_Bouillon
285
Friedrich Iii. (Iv.)* (1439—1493), Sohn des Her-
zoges Ernst von Steiermark. Dieser hat von allen Kaisern am
längsten regiert, nämlich über 53 Jahre. Er war ein Alaun
von den schönsten Eigenschaften des Geistes und des Herzens,
allein die Zeit seiner Regierung war zu stürmisch bewegt, und
nicht immer konnte er seinen wohlmeinenden Absichten und Be-
fehlen den erforderlichen Nachdruck geben. Unter seiner Regie-
rung eroberten die Türken nicht nur Constantinopel, sondern
richteten auch ihre Berheerungszüge selbst nach Ungarn und
Krain. Der Papst forderte die Christenheit und insbesondere
die deutschen Fürsten zu einem neuen Kreuzzuge auf; auch der
Kaiser erließ an sie die dringendsten Mahnungen bei der großen
Gefahr des deutschen Batcrlandes. Vergebens! An die Stelle
der früheren Begeisterung war jetzt die niedrigste Selbstsucht
getreten, und bei der Auflösung aller gesetzlichen Ordnung war
jeder Fürst nur bedacht, für seinen eigenen Vortheil zu sorgen.
Kein deutsches Heer rückte gegen den Erbfeind der Christenheit
in's Feld, um dessentwillen im ganzen Reiche die Türlenglocke
zum Gebete rief. Der Kaiser hielt zwar Reichstag über Reichs-
tag, allein auf diesen erschienen nicht mehr die Fürsten selbst,
sondern nur ihre Gesandten, welche die kostbare Zeit mit leeren
Förmlichkeiten hinbrachten, ja sogar darüber stritten, wer am
wenigsten zu des Vaterlandes Rettung beizutragen habe. Krieg
und Fehde herrschte überall, nicht bloß an den Grenzen des
Reiches, sondern auch im Reiche selbst. Am störendsten für die
Thätigkeit des Kaisers in den Reichsangelegenheiten war lange
Zeit der Zwist mit seinem Bruder Albrecht, dem Mitbesitzer
seiner Erblande. Von dieser Drangsal wurde er zwar durch
Albrechl's Tod befreit (1463), aber in Oesterreich und den übri-
gen Ländern hörte die Unzufriedenheit mit feiner Regierung
nicht auf und veranlaßte mehrere höchst gefährliche Ausstände.
* Dieser Kaiser wird Friedrich Iii. und auch Friedrich Iv. genannt,
jenachdem Friedrich der Schöne von Oesterreich (1313 — 1330) mit ein-
gerechnet wird oder nicht.
/
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich Ernst_von_Steiermark Ernst Albrecht Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Friedrich_Iv Friedrich Friedrich_der_Schöne Friedrich