§ 79. Innere Zustände Deutschlands in dieser Periode. 139
Recht und Gericht sah es überhaupt in Deutschland schlimm aus, da dasselbe von den Territorialherren, selbst von den kleinsten, in voller Ausdehnung und meist in willkürlicher Weise gehaudhabt wurde. Deutschland war schon jetzt thatsächlich aufgelöst in ein buntes Gewirr selbständiger Herrschaften: Kurfürsten- und Herzogtümer, reichsunmittelbare Fürstentümer, Grafschaften, Ritterschaften und Städte. Kleinliche, eigensüchtige Interessen beherrschten dieselben. Um so wohlthuender ist es zu sehen, wie in diesem Getriebe nur Brandenburg-Preußeu und sein Herrscherhaus sich von höheren, nationalen Gesichtspunkten leiten ließen.
e) Die meisten kleineren deutschen Fürstenhöfe boten damals das Bild traurigster Entartung. Allenthalben suchte man die Pracht von Versailles nachzuahmen, und auch die Sittenlosig-keit des französischen Hofes wurde mit übernommen. Die ungeheuren Aufwendungen der Fürsten für Luxus und unwürdige oder lächerliche Vergnügungen hatten eine schreckliche Verarmung der Bauern zur Folge. Besonders war das in der Pfalz (Karl Philipp, Karl Theodor), in Württemberg (Eberhard Ludwig, Karl Alexander, besonders aber Karl Engen) und Sachsen (Friedrich August Ii. der Starke) der Fall.
f) Eine eigentümliche und in mehreren Hinsichten erfreuliche Erscheinung bildet in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Kaiser Joseph Ii. 1765—1790. Er war, wie Friedrich Ii.' 1765 sein großes Vorbild, erfüllt von dem Bewußtsein seiner Regenten- bis pflichten und stellte sein Leben in den Dienst der Volkswohlfahrt. *^0 Aber die Reformen, welche er in edelster Absicht im deutschen Reich, besonders aber in Österreich einführte, sind zu unvermittelt
und plötzlich geschehen, um dauerud zu sein. Gleichwohl sind sie doch von den segensreichsten Folgen gewesen. Die hauptsächlichsten derselben sind: 1. Das Toleranzedikt, wodurch allen christlichen Bekenntnissen in Österreich unbedingte Gleichberechtigung gewährt wurde. 2. Die Verminderung der Klöster um ein Drittel (36000 Mönche und Nonnen). 3. Umfassende Einrichtung von Schulen und anderen gemeinnützigen Anstalten, welche der Aufklärung und der moralischen Wohlfahrt des Volkes dienten. 4. Aufhebung der Leibeigenschaft. 5. Gleichmäßige Besteuerung aller Staatsangehörigen. 6. Gleichstellung aller Stände vor dem Gesetze und dem Richter. 7. Umfassende Fürsorge des Staates für die Hebung der verschiedenen Erwerbs-
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Extrahierte Personennamen: Karl_Philipp Karl Philipp Karl_Theodor) Karl Eberhard_Ludwig Ludwig Karl_Alexander Karl Alexander Karl_Engen Karl Friedrich_August Friedrich August Joseph_Ii Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Deutschland Versailles Württemberg Sachsen
8 Vorbemerkung.
Ii. Das Papsttum. 1. Durch die große Bedeutung Roms, welche der ewigen Stadt auch dann noch blieb, als sie nicht mehr Mittelpunkt des Reiches war, und 2. durch die Sage, daß der heilige Petrus Bischof von Rom gewesen sei, hob sich das Ansehen der römischen Bischöfe gegenüber denen anderer wichtiger Städte so sehr, daß dieselben schließlich eine herrschende Stellung beanspruchten und auch erhielten (Päpste).
Iii. Der Streit zwischen Kaisertum und Papsttum. Nachdem anfangs die Päpste sich den Kaisern untergeordnet hatten, begannen sie, getragen durch eine große geistliche Bewegung (Clnniazenser, Kreuzzüge, vgl. § 26 ff.), deren Einfluß gauz abzuschütteln (Gregor Vii.), und endlich strebten sie sogar, die Kaiser ihrerseits zu beherrschen (Innocenz Iii.). Daraus entwickelte sich ein heftiger Streit zwischen Kaisern und Päpsten, der bis an das Ende des Mittelalters dauerte.
Iv. Das Lehnswesen. Der König konnte den Großen seines Reiches, als Anerkennung geleisteter Dienste oder aus anderen Gründen, Gebietsteile zu dauerndem Nießbrauch geben; ein so erhaltenes Land nannte man Lehen. Dem Belehnten nun stand es frei, wiederum andere mit kleineren Lehen zu begeben (Aster-lehen). Dieses Verhältnis bedingte die Verpflichtung des Belehnten, feinem Lehnsherrn Treue, insbesondere Heeresfolge zu leisten. Das Mittelalter ist von dieser eigentümlichen Form gesellschaftlicher Ordnung durchaus beherrscht worden.
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Extrahierte Personennamen: Petrus_Bischof Gregor_Vii Gregor Innocenz_Iii Innocenz
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und mußten bei allen darin nicht vorgesehenen Fällen bei ihm
anfragen. Den Provinzialen wurde auch die Befugniß einge-
räumt, in allen streitigen Rechtsfällen, welche vor das Forum
des Statthalters gehörten, von diesem an den Kaiser zu appel-
liren. Daher war auch von nun an die Stimmung in den
Provinzen im Allgemeinen eine sehr günstige;:).
5. Das Heerweesen-. Früher hob jeder Consul, wenn er
in's Feld zog, erst ein Heer aus. Jetzt wurden stehende Heere
eingeführt und größtcntheils an den Grenzen des Reichs, am
Rhein, an der Donau, am Euphrat in festen Standlagern zum
Schutze ausgestellt. Nach dem Lande, wo sie standen, wurden
sie benannt, z. B. legiones Germanicae, Illyricae, Syriacae u.
s. w. Aus solchen Standlagern (castra stativa) erhoben sich
allmälig Festungen und Städte, wie Mainz (Moguntiacuin),
Cöln (Colonia Agrippina), Augsburg (Augusta Vindelicorum),
Pa stau (Castra Batavto, Negensburg (Regina castra) u. a.
Das stehende Heer war seitdem vom Bürger scharf getrennt
und durch Oberbefehl und Sold unbedingt an den Fürsten ge-
knüpft. Die ganze besoldete Streitmacht zählte gegen 450,000
Mann, mit Einschluß der Mannschaft auf den Flotten, welche
in dem Hafen von Misenum, Ravenna und Forum Julii (Fre-
jus), aufgestellt waren und die Sicherheit der Meere überwach-
ten. Der Soldat war zu zwölf bis sechzehn Dienstjahren ver-
pflichtet und wurde bei seiner Entlassung nicht mehr durch Land-
anweisung, sondern Geld belohnt/
6. Das Finanzwesen erlitt durch diese Veränderungen
eine wesentliche Reform. Neben der Staatskasse (aerarium),
aus welcher der Senat die öffentlichen Ausgaben bestritt, und
worein die Einkünfte der senatorischen Provinzen flössen, errich-
tete er noch eine Krieg es lasse (aerarium militare), dessen
Verwendung ausschließlich für das Heer bestimmt war, und
eine Privatkasse des Kaisers (fiscus) als Inbegriff der dem
Kaiser eigenthümlich zustehenden Einkünfte. Dem festgesetzten
Tribute der Provinzen, den Einkünften aus den Staatslände-
a) Neque illum rerum statum abnuebant, suspecto senatus populi-
que imperio ob certamina potentium et avaritiam magistratuum, inva-
lido legum auxilio, quae vi, ambitu, postremo avaritia turbabantur.
Tac. annal, I. 2.
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Bei dem erweiterten Umfange des Reiches wurden aber der Geschfte bald so viele, da unmglich einer allein sie besorgen konnte. Der König sah sich deshalb nach Gehlfen um. Zu solchen whlte er die redlichsten und erfahrensten Männer, die das Zutrauen ihrer Mitbrger besaen. Diese waren seine Rthe, diese seine Statthalter. An seiner Stelle und nach seiner Verordnung regierten sie das Volk, wo er nicht selbst zugegen sein konnte; in ihnen ehrte das Volk seinen König selbst. Die Liebe und Verehrung, die Jeder seinem Könige widmete, erstreckte sich auch der die ganze Familie desselben. Der erstgeborne Sohn war der natrliche Erbe der vterlichen Herrscherwrde, und fr diesen lag hierin ein schner Antrieb, sich zuvor die nthigen Kenntnisse und Erfahrungen fr seinen eben so schwie-rigen als wichtigen Beruf einzusammeln. Durch diese Erblich-feit der Nachwlge war von selbst auch allen Streitigkeiten vor-gebeugt, die von anderen Mchtigen um die Erlangung der Oberherrschaft erhoben werden konnten.
Durch solche und hnliche Einrichtungen wurde ein immer engeres und festeres Band um die Zusammenwohnenden geknpft. Ungestrt konnte jetzt Jeder an seine Arbeit gehen. Diese vertheilten sie mit der Zeit immer mehr unter sich. An-fnglich hatte Jeder, was zu seinem Bedarfe nothwendig war, sich selbst verfertigt. Bald aber kamen besondere Handwerke auf und fhrten zu vielen und mancherlei Verbesserungen. Der Eine beschftigte sich ausschlielich mit dem Ackerbau, der An-dere mit der Anfertigung der Ackergerthe, der Dritte besorgte die Kleider, und so betrieb Jeder ein bestimmtes Geschft, wh-rend der König als liebender Vater an der Spitze des Ganzen stand und fr das Wohl seiner Untergebenen wachte.
Aber nicht immer sollten sie einer so glcklichen Ruhe ge-meen. Ihr Wohlstand, ihr Glck reizte die Eroberungslust anderer Mchtigen. Es waren damals vorzglich wandernde Jger und Hirten, die unter ihren Stammfhrern jene minder kampfgebte Stmme berfielen und sich unterwarfen. Die
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sesses 2c. Diese so verliehenen Gter wurden als Sold fr geleistete oder noch zu leistende Dienste angesehen, konnten also nicht erblich sein, sondern blieben Eigenthum des Knigs. Sie waren seinen Hauptleuten oder Vasallen nur geliehen und fhrten hieroou auch ihren Namen Lehen (beneficium, feu-dum). Blieben diese ihrem Lehnsherrn treu, so durften sie ihr Lehen lebenslnglich behalten. Nach ihrem Tode fiel es wieder an ihren Lehnsherrn zurck, der die Dienste eines anderen Ge^ treuen damit lohnen konnte. Da aber der Sohn fast immer seine Dienste dem Lehnsherrn des Vaters wibmete, so wrbe in der Regel auch ihm wieber das vterliche Lehen zur Ve^ Nutzung berlassen. Allnilig wurden die Lehen durch das Her-kommen erblich. So wie nun der König die Groen des Volkes dadurch zu besonderer Treue gegen sich verpflichtete und ein glnzendes Gefolge an feinem Hofe bildete, fo machten es die Groen auch. Sie berlieen wieder von den ausgedehnten Grundstcken, die sie als Allodium oder als Lehngut besaeu, Anderen bestimmte Theile und bedingten sich dafr ihre Dienste aus. So wie sie selbst dem Könige verpflichtet waren, so ver-pflichteten sie sich wieder andere minder Begterte. Ein solcher Lehnsmann war vor allen Dingen fetilem Lehnsherrn getreuen Beistand in allen Gefahren, besonders aber im Kriege, schuldig, wogegen jener wieder auf den Schutz seines Herrn rechnen brste. So wie des Knigs Macht und Ansehen durch eine Menge reicher Und tapferer Vasallen wuchs, so suchten auch die Groen des Reiches Ruhm und Ehre darin, viel Vasallen zu haben, mit betten sie im Kriege ober bei feierlichen Gelegenheiten erscheinen konnten. Dieses Verhltnis verbreitete sich immer mehr. Mau belehnte Andere nicht nur mit Gittern, sondern auch mit eintrglichen Aemtern. Selbst Leute, die ein ganz freies Eigenthum hatten, boten bieses mchtigen Herren an, wrben ihre Dienstleute und erhielten ihr Gut dann von ihnen als Lehngut zurck, ge-Nossen dafr aber auch den Schutz des Lehnsherrn, so wie dieser wenigstens die Ehre hatte, die Zahl seiner bienstpflichtigen Vasallen vermehrt zu sehen. So kam es benn in der Folge bahin, ba
'Belur' W-Ngcsch. Ii. 25. Nufl. 3
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zu den Waffen. Auf dem Marchfelde, einige Meilen von Wien, kam es im Jahre 1278 zur entscheidenden Schlacht. Auf beiden Seiten wurde mit gleicher Erbitterung und gleicher Tapferkeit gefochten. Selbst des Kaisers Leben kam in Gefahr. Ein polnischer Ritter sprengte im wilden Ungestme mitten durch die feindlichen Scharen gerade auf den Kaiser los, und hatte schon dessen Pferd niedergestoen, als noch zum Glck Habs-burgische Reiter herbeieilten und ihren Herrn aus der nahen Gefahr retteten. Ottokar selbst focht an der Spitze der Seini-gen mit einer Tapferkeit, die ein besseres Schicksal verdient htte. Allein das Glck verlie ihn, seine Scharen wichen berall ^u-rck, er selbst ward im Gedrnge ermordet. Zwei steiermr-. j kifche Ritter, die er einst, als er noch ihr Landesherr war, durch | Gewaltstreiche gekrnkt hatte, suchten racheschnaubend ihn auf und versetzten ihm den Todesstreich. Sein Leichnam wurde nachher in der Schlokapelle zu Prag beigesetzt. Auf der Wahl-statt fand man auch jenen polnischen Ritter, zwar noch lebend, aber schwer verwundet, und man wollte ihn sein khnes Wag-stck mit dem Tode den lassen. Aber Rudolf sprach: Das wolle Gott verhten! Einen so herzhasten Ritter tobten, hiee, dem ganzen Reiche einen unersetzlichen Schaden zufgen!" und er lie seiner auf das sorgfltigste pflegen. Eben so gro-mthig zeigte er sich auch gegen Oltokar's Sohn, den jungen Wenceslaus. Er lie ihm Bhmen und Mhren und gab ihm spter eine seiner Tchter zur Ehe. Mit Bewilligung der beut-scheu Fürsten belehnte nunmehr, im Jahre 1282, der Kaiser seine Shne Albrecht und Rubolf mit Oesterreich, Steiermark, Kram und Krnthen und wrbe babnrch der Grnber des mch-tigen habsburgifch-sterreichifcheu Hauses. Drei Jahre spter (1285) belehnte er auf Bitten seiner Shne den Grafen Meinharb von Tirol, feinen treuen Bnnbesgenossen, mit Krnthen-
Die noch brigen Jahre seines Lebens wenbete Rubolf vorzglich dazu an, den Lanbfrieben herzustellen. Er erlie strenge Verorbnungen gegen den Mibrauch des Faustrechts, zog auch
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Extrahierte Personennamen: Ottokar Ottokar Rudolf Rudolf Albrecht Albrecht
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aus ihrer Mitte gewhlt sei. Sogar die Zinspflichtigen traten willkrlich aus ihrem Abhngigkeitsverhltni hinaus und er-klrten sich zu freien Landgemeinden. Rudolf's Nachfolger, Adolf, dem eine Schwchung der Habsburgischen Macht will-kommen war, besttigte ihnen ihre Unabhngigkeit. Albrecht aber unterwarf die ihm zustndigen zinspflichtigen Bauern der !Kantone wieder und vereinigte sie mit der Landgrafschaft. In-jbefj nur auf kurze Zeit. Denn als seine Vgte auch der die freien Bauern die Gerichtsbarkeit den wollten, erhoben sich j die Waldstdte zusammt, verjagten die lstigen Beamten, whl-ten zu Richtern jhrlich wechselnde Landammnner aus ihrer ! Mitte und verlangten, unmittelbar unter dem Reiche zu blei-!den. Diese Erhebung der Schweizer hat die Sage mannigfach |und dichterisch ausgeschmckt und zu einem glorreichen Freiheits-kmpfe ausgemalt.
Der Kaiser, so heit es, der das anmaliche Auftreten der Bauern hoch erzrnt, gab ihnen zu Reichsvgten harte und bse Leute aus seinem eigenen Lande, die sie drcken und qulen sollten, damit sie froh wren, vom Reiche loszukommen und sich | unter die Oberherrlichkeit des Hauses Habsburg zu begeben, jllnd er schickte ihnen den Hermann Geler von Brunneck juitd Beringer von Landenberg. Diese thaten, was nie ! zuvor die Reichsvgte, und wollten im Lande selbst wohnen. Geler bauete sich einen Twinghoff (feste Burg) bei Altdorf in Uri, und Landenberg bezog ein habsburgisches Schlo zu Tarnen. Nun fingen die Bedrckungen an. Wegen kleiner Bergehen wurden die Leute in finftere Kerker geworfen, uner-schwingliche Zlle wurden auf habsburgischem Gebiete wider die Schweizer angelegt. Am meisten aber schmerzte der Vgte muth-williger Trotz und ihre hochmtige Verachtung des ganzen Volkes. Des Landes Edele nannten sie hhnisch Bauernadel. Einst ritt Geler vor dem Hause Werner Stauffacher's, eines wohlbegterten und angesehenen Landmannes zu Schwyz, vorbei. Das Haus war wohlgezimmert, mit vielen Fenstern
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Extrahierte Personennamen: Adolf Adolf Albrecht Hermann_Geler_von_Brunneck Beringer_von_Landenberg Werner_Stauffacher's
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liche Anstalten zu verdanken. Er war es, welcher die letzten Spuren des heillosen Fauftrechtes in Deutschland vertilgte und durch krf-tige Maregeln Ruhe und Ordnung im ganzen Reiche dauerhaft begrndete. Im Jahre 1495 hielt er nmlich zu diesem Ende einen Reichstag in Worms, auf welchem alle Fürsten, bis auf einen, erschienen und sich bereit erklrten, des Kaisers Absicht zu untersttzen. Hier wurde nun der ewige Landfriede geschlossen, nach welchem bei Strafe der Reichsacht, bei Verlust aller Lehen und Rechte nebst einer groen Geldsumme alle Befehdungen auf-hren sollten. Die bereits milder gewordenen Sitten der Deutschen und die durch die Erfindung des Pulvers vernderte Art der Kriegsfhrung, welche den Raubrittern hinter den Mauern ihrer Burgen keinen Schutz mehr lie, waren zur Erreichung dieses Zie-les sehr gnstig. So trug der Kaiser selbst dieses entartete Ritter-thum zu Grabe, und heit daher mit Recht der letzte Ritter.
Sollte aber dieser Landfriede Bestand haben, so war eine Verbesserung der Rechtspflege nthig; es mute ein Gericht da sein, bei welchem man sein Recht suchen konnte. Es wurde deshalb ein Reichskammergericht als oberster Gerichtshof des ganzen deutschen Reiches eingefhrt. Dasselbe bestand aus einem Kam-merrichter, der ein Fürst, Graf oder Freiherr sein mute, und aus sechzehn Beisitzern. Anfangs nahm es in Frankfurt am Main seinen Sitz und wurde hier am 31. Oktober 1495 erffnet. Spter, seit 1530, hatte es seinen Sitz zu Speyer, und zuletzt, seit 1693, zu Wetzlar.
Zur leichteren Handhabung der Ordnung theilte er im Jahre 1512 auf dem Reichstage zu Kln Deutschland in zehn Kreise. Diese waren: der sterreichische, bayerische, schwbische, frnkische, kurrheinische, oberrheinische, niederrheinisch-westflische, oberschsische, niederschsische und burgundische.*) Bhmen mit
*) Dic Hauptbestandtheile bei zehn Kreise waren folgenbe: 1) Der sterreichische, der grte von allen, umfate die Herzogthmer Oester-reich, Steiermark, Krnthen, Krain, die Grafschaft Tirol nebst den oberrheinischen und schwbischen Besitzungen der Habsburger. 2) Der bayerische das Herzogthum Bayern, die Oberpfalz, das Frstenthum Neuenbrg, das
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Worms Frankfurt_am_Main Speyer Wetzlar Deutschland Steiermark Krain
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fast alle Menschen in Dienstverhltnissen zu Andern standen, die Aermeren zu den Reicheren und Vornehmeren, diese zu den Groen des Reiches, die Groen zum Könige, der so der Alle gebot. War des Knigs Macht anfnglich durch das Lehnwesen sehr gehoben worden, so wurde sie im Fortgange der Zeit bd gegen durch die weitere Entwickelung desselben bedeutend geschmlert. Des Knigs Macht beruhete seitdem vorzglich auf den Vasallen, die, wenn Krieg entstand, ihre Lehnsleute aufboten und dem Könige zufhrten. Solche Lehnsleute aber waren mehr ihrem Lehnsherrn, als ihrem Könige ergeben. Sie folgten nur den Befehlen dessen, von welchem sie Haus und Hof als Lehen hatten; der König konnte nur mittelbar durch den Lehns-Herrn der sie verfgen; nicht auf sein, sondern auf seiner Vasallen Gebot erschienen sie gerstet zum Kampfe. Nun aber waren die groen Neichsvasallen stets bemht, ihren Einflu zu erweitern, ihre Rechte auszudehnen, die knigliche Macht dagegen zu beschrnken; und dieses gelang ihnen nur zu sehr-Der König hing zuletzt ganz von dem Willen der Groen ab, die als mchtige Herzoge und Grafen fast unumschrnkt regierten. Die Geschichte des deutschen Volkes drehet sich im ganzen Mittelalter fast immer um den Kampf der kniglichen Macht mit dem Uebermuthe der Vasallen, die oft mchtiger waren, als! der König selbst. Im Verlaufe der Zeit wurden viele ganz unabhngig, und die Einheit des Reiches hrte nach und nach auf-!
Das ist der Ursprung des Lehnwesens, das die furchtbare Hhe, zu welcher es sich entwickelte.
10. Ausbreitung des Chriftenthum unter die Deutschen-
Der heilige Bonifacius (716755).
Den grten und segenreichsten Einflu auf den Zustand der deutschen Völker hatte das Christenthum. Wie eine leuch tende und wrmende Sonne besiegte es allmlig die kalte Nacht des Heidenthums. Die Gothen, die Burgunder, die Longobari
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an Tugend und Ansehen vor Allen hervorragten. Zwischen ihnen schwankte die Wahl. Da nahm der ltere den jngeren Vetter bei Seite und sprach: Lat uns dahin sehen, da keine Zwie-tracht uns um die uns zugedachte Ehre bringe. Ist dir die Krone zugedacht, so bin ich der Erste, dir zu huldigen. Lieber, gelobe mir ein Gleiches." Der Vetter versprach es ihm, und beide umarmten sich. Die Wahl siel auf den lteren Konrad.
Der neuerwhlte König besttigte vollkommen das Vertrauen, welches man in ihn gesetzt hatte. Mit krftiger Hand fhrte er die Zgel der Negierung und durchzog selbst zur besseren Hand-habung des Rechtes und der Ordnung die einzelnen Provinzen. Er selbst sa zu Gericht, half den Unterdrckten zu ihrem Rechte und zchtigte die Ruber. Zu der damaligen Zeit nmlich, wo wegen der ewigen Kriege rohe Willkr herrschte, erlaubte sich jeder, was er konnte; es gab kein Gesetz, keinen Frieden mehr im Lande. Wurde ein Vnrgbesitzer von einem andern beleidigt, so suchte er nicht mehr Hlse beim Könige oder bei schlecht-bestellten Gerichten, sondern jeder war kurz entschlossen, sich selbst Recht zu verschaffen. Sie umgaben sich mit mehren Krie-gesgehlfen und gingen auf einander los. Wer die meisten und krftigsten Fuste auf feiner Seite hatte, der hatte bei solchen Fehden das beste Recht. Man nannte es daher das Faust recht, weil eine gute Faust statt alles Rechtes galt. Man hrte am Ende von nichts als Morden, Rauben und Brennen. Besonders gefhrlich waren die hochgelegenen Bnr-gen, von denen aus die Raubritter auch das Eigenthum und die Sicherheit der Schwcheren gefhrdeten. Um den fortwah-renden berall herrschenden Fehden der Groen vorerst wenig-stens eine Grenze zu setzen, hatten bereits die burgundischen Bischfe den Gottessrieden oder die Gottes treue (Treuga dei) verkndet. Nach diesem mute bei Strafe des Kirchen-bannes und der Landesverweisung jede Woche vou Mittwoch Abend bis Montag Morgen zur Feier der durch das Leiden und die Auferstehung Christi geheiligten Tage die Fehde ruhen.
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