22
Die Stadt Rappoltsweiler liegt am Eingange des
Thales, am Fuße reicher Rebberge. Ueber der Stadt
erheben sich die Ruinen der Schlösser Hoh-Rappolt-
stein, Giersberg und St. Ulrich. Die „Drei Schlösser
auf einem Berge" sind ein Wahrzeichen des Landes.
Weiter im Thale am südlichen Thalrande liegt die
Ruine Bilstein.
8. Das Markircher oder Leberthal, das
durch die Leber bewässert wird. Sie hat ihre Quelle auf
Hein nordlichen Hange des Brezouard, fließt dnrch
-Markirch und ergießt sich bei-Schettstadt in die Jll.
Die dieses Thal umgebenden Berge enthalten Blei-,
Kupfer- und Silberadern. Die Ausbeutung derselben
hat schon längst aufgehört.
Die Straße vou Schlettstadt uach St. Die führt
durch dieses Th'al. Am Eingang des Thales, südwest-
lich von Kestenholz, erheben sich die großartigen
Trümmer des Schlosses Hoh-Königsburg.
9. Das Weiler-Thal zweigt sich- bei Weilerthal
von dem Leberthale ab. An der Scheide des Leber-
und Weilerthales auf einem Ausläufer des Alten-
berges liegt die Ruine Frankenburg. Äie das Thal
umgebenden Berge enthalten Steinkohlen. Der G ie-
ßen, der aus zwei'vom Wiuberg (Climont) kom-
menden Bächen, dem Urbeiser und dem Steiger-
Gießen, zusammenfließt, vereinigt sich oberhalb Kesten-
holz mit der Leber.
Ein Arm des Gießen fließt unter dem Namen
Mühlbach nach Scherweiler und geht bei Ebersheim
in die Jll.
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24
ehnheim bis zu ihrer Mündung trägt sie den Namen
Er g er s.
Von Oberehnheim führt eine Straße durch das
Kliugenthal auf den Odilienberg.
Dieser Berg ist wohl der merkwürdigste des El-
saß. Er bildet einen langen Rücken, dessen südlich
vorspringender Teil, der Männelstein, den höchsten
Punkt ausmacht. Von den Felsen herab übersieht man
fast das gauze Elsaß und den Breisgau1 bis an den
Schwarzwald. Am Abhange des Berges erheben sich
-die bereits erwähnten Ruinen des Schlosses Landsberg
und etwas tiefer die Ruine des ehemaligen Klosters
Trnttenhausen. Einige Schritte von dem Felsen des
Männelsteins beginnt die merkwürdige Heidenmauer,
welche aus großen ungleichen Qnadratsteinen besteht,
die ohne Mörtel auseinandergesetzt sind. Der Umfang
der Mauer beträgt 10,500 Meter, und die dadurch
eingeschlossene Fläche enthält über eine Million Qua-
dratmeter. Geht mau vom Männelstein über den
Rücken des Berges (die Bloß), so gelangt man zu
den schroffen Felsen) wo Hohenburg (Altitona) oder
das Odilien-K'loster, 16 Meter tiefer als der Manuel-
stein, steht.
Hohenburg war iu der zweiten Hälfte des siebenten
Jahrhunderts im Besitze des sagenumwobenen Herzogs'
Attich oder Eticho, dieser schenkte .es seiner
Tochter, der heiligen Odilia, welche hier zu Ende
desselben Jahrhunderts ein Frauenkloster errichtete.
1 Landschaft am badischen Oberrhein.
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351
Derselbe Kaiser, welcher die Christen so großmüthig be-
schirmte, verlegte im Jahre 330 seine Residenz von dem heid-
nischen, stets bedrohten Rom weg nach Byzanz. Didse Stadt
schien gleichsam von der Natur selbst dazu bestimmt zu sein, die
Herrscherin der Völker zu werden. Sie lag in Thracien, an
der Grenzscheide von Europa, dort wo sich der thracische Bos-
porus zum Marmormeere erweitert. Die reizenden Ufer von
Asien und Europa grenzen hier so enge an einander, daß der
dazwischen rauschende Bosporus nur als ein großer Strom er-
scheint. Durch diesen steht sie, hier mit dem schwarzen, dort
mit dem Marmormeere und vermittelst dieses auch mit dem Ar-
chipelagus und dem Mittelmeere in Verbindung und führt also
den Schlüssel zu allen daran liegenden Ländern. So zum Mit-
telpunkte des regsten Verkehres gelegen, konnte sie die Schätze
der ganzen damals bekannten Erde in ihren geräumigen und
sichern Hafen zusammenströmen lassen. Diese durch ihre Lage
so begünstigte Stadt sollte nun ein neues Rom werden. Con-
stantin trug deshalb Sorge, die Prachtgebäude und öffentlichen
Plätze des alten Roms in dem neuen nachzubilden. Selbst das
Capitol und die sieben Hügel wurden nicht vergessen. Aber
statt der heidnischen Tempel erhoben sich hier christliche Kirchen,
auf deren Thürmen das Kreuz als glorreiches Siegeszeichen des
Christenthums über das Heidenthum prangte. Auf des Kaisers
Einladung wuchs schnell die Bevölkerung der Stadt, die man
nach seinem Namen Constantinopel, d. i. Constantinos Stadt,
nannte. Gegen dieses neue Rom, welches stolz und gebietend
über zwei Welttheile zugleich hinblickt, sank das alte immer tiefer
in Schatten zurück.
Eine Folge dieser Verlegung des Regierungssitzes war eine
gänzliche Veränderung der bisherigen Verfassungsform. Das
ganze Reich wurde in vier Präfecturen oder Oberstatthalter-
schaften, in dreizehn Diöcesen oder Bezirke, und in hundcrt-
siebenzehn Provinzen oder Kreise getheilt. Die erste oder
morgenländische Präfectur umfaßte in 5 Diöcesen und 48
Grunde und gebrauchte, um alle Zweideutigkeit zu heben, das Wort
ofxoovgiot; (consubstantialis) zur Bezeichnung des Verhältnisses des Soh-
nes zum Vater.
-j
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Extrahierte Personennamen: Constantinos_Stadt
Extrahierte Ortsnamen: Byzanz Europa Asien Europa Roms Constantinopel Oberstatthalter-
I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
207
Die Blthe der Hansa hat ungefhr dreihundert Jahre ge-whrt. Im fnfzehnten Jahrhundert verfiel sie nach und nach, weil zu der Zeit fr ffentliche Sicherheit und Ordnung krftiger von den Fürsten gesorgt wurde. Es trat eine Stadt nach der andern aus dem Bunde, und endlich blieben nur Hamburg, Lbeck und Bremen, die noch im Jahre 1630 ihren Bund erneuerten und bis in die neuesten Zeiten hinauf den Namen Hansestdte fhrten.
Andere Vereine. Nicht lange nach Errichtung der deutschen Hansa entstanden noch andere solche Stdtevereine, hnlich dem lombardischen Bunde in Italien. Auch ihr Zweck war Schutz der Freiheit, der Selbstndigkeit und des Handels. So errichteten im Jahre 1254 siebenzig Städte im sdlichen Deutschland den rheinischen Bund. Nachher entstand der schwbische Stdtebund, der gleichfalls sehr mchtig war. Von dem Glnze der deutschen Städte in damaliger Zeit zeugt auch ihre groe Bevlkerung. Im vierzehnten Jahrhundert stellte Aachen 19,826 waffenfhige Männer, Straburg 20,000, und der Rath zu Lbeck bewaffnete bei einem Aufstande der Brgerschaft allein 5000 Kaufleute. Die Stadt Nrnberg war damals so reich und schn, da dort ein mittel-miger Brger besser wohnte, als in Schottland ein König ^ die Stadt Danzig so mchtig, da ihr Brgermeister selbst dem König Christoph von Dnemark den Krieg erklrte; das ge-werdthtige Augsburg so blhend, da es fr die reichste Stadt der ganzen Welt galt. In Brgge herrschte ein solcher Auf-wand, da die Knigin von Frankreich, als sie hier (1301) den Glanz und die Pracht der Brgerfrauen sah, vor Verwun-derung ausrief: Ich glaubte, allein Knigin zu sein, und er-blicke hier wohl sechshundert!"
Mit der frheren Armuth schwand aber auch immer mehr die alte Nchternheit und Einfachheit der Sitten, und an ihre Stelle trat prunkender Aufwand, besonders bei ffentlichen Festen und Gelagen. Wir haben noch eine Menge Verordnungen
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Extrahierte Personennamen: Christoph_von_Dnemark
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Italien Deutschland Aachen Straburg Nrnberg Schottland Danzig Brgge Frankreich
156
und fand so großes Wohlgefallen an diesem schönen Beweise
von Liebe und Treue, daß er um der Frauen willen alle Män-
ner begnadigte.
47. Zweiter Kreuzzug (1137).
Eben wollte Konrad nach Italien ziehen, um dort die aus-
gebrochenen Unruhen beizulegen, als auf einmal die Schreckens-
nachricht aus Asien kam: Edessa, die Hauptstadt des gleich-
namigen Fürstenthums, fei von den Saracenen erobert und zer-
stört, sechs und vierzigtausend Einwohner erschlagen worden.
Eine allgemeine Bewegung ging durch die christlichen Länder;
denn Edessa wurde als die Vormauer Jerusalems angesehen.
Aber so groß auch die allgemeine Theilnahme war, so würde
dennoch ein neuer Kreuzzug nicht sobald zu Stande gekommen
sein, wäre nicht ein Mann aufgetreten, der die Seele der gan-
zen Unternehmung wurde. Das war der Abt Bernhard
von Clairvaux in Burgund. Schon in früher Jugend zeich-
nete er sich durch unermüdliche Thätigkeit und durch einen ein-
fachen, Gott ergebenen Sinn vor allen seinen Altersgenossen
aus. Gleichgültig gegen alle Ergötzlichkeit des Lebens floh er
das Geräusch der Welt und widmete sich einem beschaulichen
Leben. In einer wüsten Gegend des südlichen Frankreichs grün-
dete er das berühmte Kloster Clairvaux und lebte dort in
größter Strenge. In dieser abgeschlossenen Lebensweise entgin-
gen ihm jedoch die Angelegenheiten der Fürsten und Völker
nicht, und sobald es die Ehre Gottes erforderte, trat er ohne
Menschenfurcht öffentlich auf und ruhete nicht eher, als bis er
sein Ziel erreicht hatte. Diesen frommen und eifrigen Mann sandte
der damalige Papst Eugen Hi. an die Fürsten und Völker, um
sie zu einem neuen Kreuzzuge zu bewegen. Zuerst predigte er
das Kreuz in Frankreich. Durch seine Worte wurden Alle so
begeistert und fortgerissen, daß die von ihm schon vorräthig mit-
gebrachten und in Menge ausgestreueten wollenen Kreuze keines-
wegs hinreichten, sondern er noch seinen eigenen Mantel zu
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Extrahierte Personennamen: Konrad Konrad Bernhard
von_Clairvaux Eugen_Hi Eugen
Extrahierte Ortsnamen: Italien Asien Edessa Edessa Jerusalems Burgund Frankreichs Gottes Frankreich
206
tiger von den Fürsten gesorgt wurde. Es trat eine Stadt nach
der andern aus dem Bunde, und endlich blieben nur Hamburg,
Lübeck und Bremen, die noch im Jahre 1630 ihren Bund er-
neuerten und bis in die neuesten Zeiten hinauf den Namen
Hansestädte führten.
Andere Vereine. — Nicht lange nach Errichtung der
deutschen Hansa entstanden noch andere solche Städtevereine,
ähnlich dem lombardischen Bunde in Italien. Auch ihr Zweck
war Schutz der Freiheit, der Selbständigkeit und des Handels.
So errichteten im Jahre 1254 siebenzig Städte im südlichen
Deutschland den rheinischen Bund. Nachher entstand der
schwäbische Städtebund, der gleichfalls sehr mächtig war.
Von dem Glanze der deutschen Städte in damaliger Zeit zeugt
auch ihre große Bevölkerung. Im vierzehnten Jahrhundert stellte
Aachen 19,826 waffenfähige Männer, Straßburg 20,000, und
der Rath zu Lübeck bewaffnete bei einem Aufstande der Bürger-
schaft allein 5000 Kaufleute. Die Stadt Nürnberg war damals
so reich und schön, daß dort ein mittelmäßiger Bürger besser
wohnte, als in Schottland ein König; die Stadt Danzig so
mächtig, daß ihr Bürgermeister selbst dem Könige Christoph von
Dänemark den Krieg erklärte; das gewerbthätige Augsburg so
blühend, daß sie für die reichste Stadt der ganzen Welt galt.
In Brügge herrschte ein solcher Aufwand, daß die Königin von
Frankreich, als sie hier (1250) den Glanz und die Pracht der
Bürgerfrauen sah, vor Verwunderung ausrief: „Ich glaubte,
allein Königin zu sein und erblicke hier wohl sechshundert!"
Mit der früheren Armuth schwand aber auch immer mehr
die alte Nüchternheit und Einfachheit der Sitten, und an ihre
Stelle trat prunkender Aufwand, besonders bei öffentlichen Festen
und Gelagen. Wir haben noch eine Menge Verordnungen von
einzelnen Ländern und Städten damaliger Zeit, die auf das ge-
genaueste bestimmen, wer Gold und Perlen, Silber, Sammet
und Seide tragen dürfe oder nicht; wie lang die Schuhschnäbel
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Christoph_von
Dänemark
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Italien Deutschland Aachen Straßburg Nürnberg Schottland Danzig Frankreich
249
69. Wenzel (1378—1400). Ruprecht von der Pfalz
(1400-1410).
Wenzel, Karl's ältester Sohn und Nachfolger, zeigte sich
anfangs thätig für den Frieden in der Kirche und im Reiche.
Später aber kümmerte er sich wenig um die Angelegenheiten
in Deutschland, wo sich die Städte gegenseitig in grausamer
Weise bekriegten. Unter der Regierung eines so unthätigen
Fürsten wogte das Faustrecht mit allen s«nen Gräueln wieder
auf. Nirgends war mehr Ruhe, nirgends Sicherheit;, alle Stra-
ßen waren mit Räubern angefüllt. In dieser Noth, als das
Reichsobcrhaupt keinen Schutz mehr gewährte, suchten sich die
Unterthanen so gut als möglich selbst zu helfen. Die meisten
Städte verbanden sich unter einander und schlossen im Jahre
1389 einen allgemeinen Landfrieden auf sechs Jahre.
Selbst in seinem Erblande Böhmen machte sich Wenzel
höchst verhaßt. Besonders wurde das Bolk empört durch seine
Grausamkeit gegen Johannes von Nepomuk, den Dicar
des Erzbischofes und Beichtvater der Königin. Wenzel ver-
langte von diesem allgemein geachteten und frommen Manne,
der noch jetzt als Märtyrer verehrt wird, daß er ihm die Beichte
der Königin, welche er in bösem Verdachte hatte, verrathe.
Allein der gewissenhafte Priester weigerte sich standhaft, ein so
unedeles Ansinnen zu erfüllen. Da ward der König zornig und
ließ ihn in's Gefängniß werfen. Hier wurde er sogar auf die
Folter gespannt; allein auch die schrecklichsten Qualen waren
nicht vermögend, seine Pflichttreue zu erschüttern und das Ge-
ständniß zu erzwingen. Da endlich ließ er ihn, an Händen
und Füßen gefesselt, von der großen Brücke hinab in die Mol-
dau stürzen. Wie mit dumpfem Klagetone empsingen die Was-
ser das verlassene, hülflose Opfer und begruben in ihren Tie-
fen den Märtyrer und sein Geheimniß.
Diese und ähnliche Grausamkeiten empörten alle Gemüther.
Weil nun alle Vermahnung durch Wort und That nicht fruch-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
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285
Friedrich Iii. (Iv.)* (1439—1493), Sohn des Her-
zoges Ernst von Steiermark. Dieser hat von allen Kaisern am
längsten regiert, nämlich über 53 Jahre. Er war ein Alaun
von den schönsten Eigenschaften des Geistes und des Herzens,
allein die Zeit seiner Regierung war zu stürmisch bewegt, und
nicht immer konnte er seinen wohlmeinenden Absichten und Be-
fehlen den erforderlichen Nachdruck geben. Unter seiner Regie-
rung eroberten die Türken nicht nur Constantinopel, sondern
richteten auch ihre Berheerungszüge selbst nach Ungarn und
Krain. Der Papst forderte die Christenheit und insbesondere
die deutschen Fürsten zu einem neuen Kreuzzuge auf; auch der
Kaiser erließ an sie die dringendsten Mahnungen bei der großen
Gefahr des deutschen Batcrlandes. Vergebens! An die Stelle
der früheren Begeisterung war jetzt die niedrigste Selbstsucht
getreten, und bei der Auflösung aller gesetzlichen Ordnung war
jeder Fürst nur bedacht, für seinen eigenen Vortheil zu sorgen.
Kein deutsches Heer rückte gegen den Erbfeind der Christenheit
in's Feld, um dessentwillen im ganzen Reiche die Türlenglocke
zum Gebete rief. Der Kaiser hielt zwar Reichstag über Reichs-
tag, allein auf diesen erschienen nicht mehr die Fürsten selbst,
sondern nur ihre Gesandten, welche die kostbare Zeit mit leeren
Förmlichkeiten hinbrachten, ja sogar darüber stritten, wer am
wenigsten zu des Vaterlandes Rettung beizutragen habe. Krieg
und Fehde herrschte überall, nicht bloß an den Grenzen des
Reiches, sondern auch im Reiche selbst. Am störendsten für die
Thätigkeit des Kaisers in den Reichsangelegenheiten war lange
Zeit der Zwist mit seinem Bruder Albrecht, dem Mitbesitzer
seiner Erblande. Von dieser Drangsal wurde er zwar durch
Albrechl's Tod befreit (1463), aber in Oesterreich und den übri-
gen Ländern hörte die Unzufriedenheit mit feiner Regierung
nicht auf und veranlaßte mehrere höchst gefährliche Ausstände.
* Dieser Kaiser wird Friedrich Iii. und auch Friedrich Iv. genannt,
jenachdem Friedrich der Schöne von Oesterreich (1313 — 1330) mit ein-
gerechnet wird oder nicht.
/
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Iii Friedrich Ernst_von_Steiermark Ernst Albrecht Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Friedrich_Iv Friedrich Friedrich_der_Schöne Friedrich
74
K a rav anen genannt, unternommen werden. Noch jetzt ziehen
in einigen Gegenden Asiens und Afrikas solche Karavanen um-
her. Sie haben oft mehr als tausend Kameele bei sich, welche
das Gepäck und die Waaren tragen, und welche einzeln hinter
einander gehen, so daß ein solcher Zug bisweilen ein Meile lang
ist. Sie reisen der Hitze wegen meistens nur bei Nacht. Der
gefilmte Himmel ist ihr Wegweiser durch die Wüste.
So führten sich nun selbst die entferntesten Länder gegen,
seitig die Erzeugnisse ihres Bodens zu. Völker, die seit den
ältesten Zeiten getrennt gewesen waren, näherten sich jetzt brüder-
lich wieder gegen einander und theilten sich ihre Erfindungen mit;
es entstand ein heiteres, geselliges Leben unter den Menschen. Rauhe
Gegenden wurden geebnet, Straßen angelegt-, Herbergen errichtet,
Brücken über die Flüße geschlagen, um dem fremden Kaufmanne
den Zugang so leicht als möglich zu machen. In den Städten
selbst suchten ihn die Einwohner für die Beschwerden der weiten
Reise durch manche für Bequemlichkeit und Vergnügen getroffene
Vorkehrungen aufzuheitern und so seinen Unternehmungsgeist
immer mehr zu beleben.
25. Entstehung der Jahrmärkte.
Um eines großen Absatzes der Waaren gewisser zu sein,
merkten sich die Kaufleute die besonderen Zeiten, wann die Men-
schen in großen Haufen an einem und demselben Orte zusammen
zu kommen pflegten. Solches geschah in der Regel an hohen
feierlichen Festen, an welchen weit und breit die andächtige
Volksmenge nach der Stadt zu den Tempeln strömte, dort anzu-
beten und zu opfern. Woher dann der Hauptzug des Volkes
seine Richtung nach dem Tempel nahm, da stand, bis zum Ein-
gänge hin, Bude an Bude, in unabsehbarer Reihe neben einander,
mit den verschiedenartigsten und buntesten Waaren angefüllt, daß
es eine Freute war, sie anzusehen. Sogar in den Vorhöfen der
Tempel standen oft die Kausieute aus. Wir lesen in den heil.
Evangelien, daß Christus einst aus dem Tempel des Salomo die
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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