England.
249
mit Eleonore (1152): Poitou, Guyenne und Gascogne, also mehr
als halb Frankreich.
1171—1172. Heinrich legt den Grund zur englischen Herrschaft
über Irland. Streit mit Erzbischof Thomas ä Bechet
von Canterbury, dessen Ermordung der König veranlasst
(1170). Heinrichs Bufse an seinem Grabe (1174).
1189 — 1199. Richard Löwenherz. Kreuzzug (s. S. 233). 13 Monate
in Deutschland gefangen gehalten ('s. S. 234). Kriege
mit Philipp Ii. August von Frankreich. Richards Bruder
1199—1216. Johann (ohne Land) lässt seinen Neffen Arthur von
Bretagne ermorden, verliert alle französischen Lehen
bis auf dio Guyenne an die Krone Frankreich. Streit mit Papst In-
nocenz Iii. über die Wahl von Langton zum Erzbischof von Canter-
bury (1205). England mit dem Interdikt, Johann mit dem Bann
belegt. Dor König unterwirft sieh dem Papst und leistet ihm selbst
den Lehnseid (1213). Erste Anfänge der Vermischung der sächsischen
und französischen Nationalität in England. Aufstand der großen
Vasallen, denen dio
1215. Magna Charta libertatum (erste Grundlage der eng-
lischen Verfassung), zunächst nur für die Geistlich-
keit, dio Barone und Ritter (knights), bewilligt wird.
1216—1272. Heinrich Iii. Kämpfe mit den Baronen. Der König,
vsn seinem Schwager Simon von Montfort, Grafen von
Leicester (spr. Lester), in der Schlacht hei Lewes in Sussex (1264)
gefangen, muss einem Reichsrathe die Regierung übertragen. Lei-
cester von dem Kronprinzen Eduard bei Evesham (1265) besiegt.
Erneute Bestätigung der Magna Charta. Unter Simon von Montfort
Zuziehung von Abgeordneten der Ritter, Städte und Flecken zum
Parlament, doch wird diese anfangs nur vorübergehende Erweiterung
des Parlaments erst unter Eduard I. gesetzlich sanctionirt.
§. 5. Pyrenä1sche Halbinsel.
Das arabische Spanien wird den Morabethen oder Almoraviden
(s. S. 229) um dio Mitto des 12. Jahrhunderts durch die Almohaden
entrissen. Seit der Niederlage bei Tolosa (1212) fortwährendes Sinken
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Thomas_ä_Bechet
von_Canterbury Heinrichs_Bufse Heinrichs Richard_Löwenherz Philipp_Ii Philipp August Richards Johann Arthur_von
Bretagne Langton Johann Johann Heinrich_Iii Heinrich Simon_von_Montfort Eduard_bei_Evesham Eduard Simon_von_Montfort Eduard_I.
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Irland Deutschland Frankreich Frankreich Canter- England England Sussex Spanien
Deutschland unter Karl Vi.
385
1714—1718. Krieg der Türken gegen Venedig und, seit 1716, gegen
den Kaiser. Leichte Einnahme von Morea durch die
Türken, die Venetianer behaupten nur Corfu. In Ungarn wird der
Krieg durch Prinz Eugen ruhmvoll geführt. Sieg bei Peterwardein
(1716). Sieg, Belagerung und Einnahme von Belgrad (1717).
1718. Friede zu Passarowitz (Posharewatz).
1) Oesterreich erhält das Temesvarer Banat, einen Theil von
Serbien mit Belgrad und die kleine Wallachei. 2) Venedig behält
die eingenommenen Plätze in Dalmatien, überlässt der Pforte Morea.
Die Wegnahme Sardiniens (1717) und Siciliens (1718) durch
die Spanier (,Elisabeth von Parma, zweite Gemahlin Philipps V. und
ihr Günstling, der Minister und Cardinal Alberoni, beabsichtigen
die Nebenländer, wieder mit der spanischen Monarchie zu vereinigen)
bewirkt die
1718. Quadrupelallianz zur Aufrechterhaltung des Utrechter Frie-
dens, geschlossen vom Kaiser, England, Frankreich,
in Hoffnung des Beitritts der Pepublik Holland.
Nach einem kurzen Kriege und dem Sturze Alberonis (geht
nach Rom, f 1752) werden die Verabredungen der Quadrupelallianz
im Jahre 1720 zur Ausführung gebracht:
1) Spanien räumt Sicilien und Sardinien und verzichtet für
immer auf die Nebenländer, wogegen der Kaiser die spanischen
Bourbonen anerkennt. 2) Savoyen muss Sicilien (s. S. 330) mit
Sardinien vertauschen, seitdem nennen sich die Herzoge von Savoyen:
Könige von Sardinien.
Kaiser Karl Vi. ist ohne männliche Nachkommen. Seine haupt-
sächlichste Bemühung während seiner ganzen Regierung geht dahin,
die verschiedenen, unter österreichischem Scepter vereinten Länder
nach seinem 'Tode ungctheilt zu erhalten. Deshalb Festsetzung einer
Erbfolgeordnung unter dem Titel
Pragmatische Sanktion,
welche 1) die Untheilbarkeit der zur österreichischen Monarchie
gehörigen Länder anordnet, 2) dieselben in Ermangelung männlicher
Nachkommen auf Karls Töchter (die älteste Maria Theresia) und
deren Nachkommen nach dem Erstgeburtsrecht vererbt, 3) im Fall
(S, 336 u. 337 folgen 2 genoal. Tafeln; Fortsetz, d. Textes S. 338.)
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Eugen Philipps_V. Philipps_V. Cardinal_Alberoni Karl_Vi Karl Karls Maria_Theresia Maria Theresia
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Venedig Corfu Ungarn Belgrad Oesterreich Serbien Belgrad Venedig Dalmatien Morea Parma England Frankreich Pepublik_Holland Rom Spanien Sicilien Sardinien Sicilien Sardinien Sardinien Karls
Frankreich, Italien.
267
1429. Johanna d’Arc (oder Darc), aus Domremy am linken Ufer
der Maas, genannt die Jungfrau von Orléans, weil sie
dieser Stadt Entsatz bringt. Die Engländer zurückgetrieben, Karl Vii.
in Reims gekrönt. Johanna 1430 bei Compiègne gefangen. 1431 in
Rouen verbrannt. Die Engländer verlieren alle französischen Be-
sitzungen aufscr Calais. Errichtung der Ordonnanz-Compagnien,
erster Anfang der stehenden Heere.
1461—1483. Ludwig Xi. vernichtet durch Klugheit und Treulosigkeit
die Macht der großen Vasallen und legt den ersten
Grund zur absoluten Monarchie. Ligue du bien public. Kampf mit
Karl dem Kühnen, Herzog von Burgund. Zusammenkunft in Peronne.
Karl, von den Schweizern 1476 bei Gransee und bei Murten geschla-
fen, fällt 1477 vor Nancy. Herzogthum Bourgogne mit der Krone
'rankreich vereinigt, eben so durch Aussterben der Nebenlinie Anjou:
Provence, Anjou und Maine. Auf Ludwig Xi. folgt sein Sohn
1483—1498. Karl Viii. Rasche Eroberung Neapels, das in Folge eines
Bündnisses zwischen dem Papste, dem Kaiser, dem Herzog
von Mailand, Venedig und Spanien wieder aufgegeben werden muss.
— Karl vermählt sich mit Anna, Erbin der Bretagne.
§. 3. Italien.
Mailand seit Kaiser Heinrich Vii. (1308—1313) unter den Visconti
als kaiserlichen Statthaltern, seit 1395 als Herzogen. 1447 nach dem
Aussterben der Visconti wird Mailand kurze Zeit Republik. Bald
bemächtigt sich der von den Mailändern in Sold genommene Con-
dottiere Franz Sforza, Gemahl einer Tochter des letzten Visconti,
der Herrschaft und wird Herzog von Mailand (1450).
Venedig seit 697 ein Staat unter einem Dogen (dux), seit dem
Jahre 1000 Beherrscherin des Adriatischen Meeres, wächst während
der Kreuzzüge an Macht und Ansehen. Seino Theilnahmc am soge-
nannten liierten Krouzzuge (s. S. 234) unter dem 94jährigen Dogen
Heinrich Dandolo. Nach den Kreuzzügen und dem siègreichen, 125
Jahre dauernden Kriege mit Genua im 13. und 14. Jahrhundert, ist
Venedig Herrin des Mittelmcers und des Levantehandels. Corfu wird
gegen das Ende des 14., Cypern (Catharina Cornaro) am Ende des
15. Jahrhunderts (1489) erworben. Höchste Blüthe der Republik in
der ersten Hälfte des 15. Jahrh. Verfassung streng oligarchiseli.
1172 Einsetzung des großen Rathcs (450—500 Mitglieder), dann des
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Extrahierte Personennamen: Johanna_d’Arc Karl_Vii Karl Johanna Ludwig_Xi Ludwig Karl_dem_Kühnen Karl Karl Karl Nancy Anjou Ludwig_Xi Ludwig Karl_Viii Karl Karl Karl Anna Heinrich_Vii Heinrich Franz_Sforza Franz Heinrich_Dandolo Heinrich Catharina_Cornaro
Der Norden und Osten.
273
Ungarn unter den Arpaden vom 9. Jahrhundert, wo sie zwischen
Karpathen und Sawe feste ¡Sitze nehmen, bis 1301. Das Cliristen-
thum wird eingeführt durch den heiligen Adalbert. Erster christ-
licher König von Ungarn: Stephan der Heilige (um 1000). Ein-
wanderung zahlreicher Deutscher. Kirchliche Eintheilung des Landes
in 10 Bisthümer, politische in 72 Comitatus (Gespanschaften). Bildung
einer mächtigen Aristokratie, Magnaten. Die goldene Bulle, dem
Könige Andreas Ii. (Zeitgenossen de3 Kaisers Friedrich Ii.) nach
seiner Rückkehr von einem Kreuzzuge (s. 8. 235) abgepresst, bildet
die Grundlage der Privilegien des ungarischen Adels.
Nach dem Erlöschen der Arpaden, Ungarn unter dem Hause
Anjou (1308 — 1382), Blüthezeit unter Ludwig dem Grofsen (1342 bis
1382), der die Walachen unterwirft, von Venedig Dalmatien erwirbt
und 1370 auch den polnischen Thron besteigt.
Unter König Sigismund aus dem Hause Luxemburg (1387 bis
1437) Verfall des Reiches, Dalmatien wieder verloren. Albrecht von
Oesterreich (1438—1439), dann Wladislaw Iii. von Polen gewählt,
der bei Varna (1444) gegen die Türken fällt, darauf Albrechts un-
mündiger Sohn Ladislaus Postumus. Der Reichsverweser Johann
Hwnyadi besiegt die Türken bei Belgrad (1450), nach seinem und
des Ladislaus Tode Hunyadis Sohn Matthias Gorvinus (1458—1490)
König. Nach dessen glänzender Regierung wird Ungarn unter Ladis-
laus Ii. mit Böhmen vereinigt und dem Erzherzoge Maximilian die
Nachfolge zugesichert.
Herrschalt der Osmanen, turkoinannischer Nomaden, um 1300 durch.
Osman I. in Kleinasien begründet. Von seinen Nachfolgern Urchan,
Mur ad I. und Bajazet 1. wird die türkische Herrschaft im 14. Jahr-
hundert'"nach Europa gebracht (Adrianopel Residenz).
Durch die Mongolen unter Timur Lenk (d. h. der Lahme), gewöhn-
lich Tamerlan genannt, wird die Entwickelung der osmanischen Macht
■vorübergehend gehemmt, Bajazet 1402 bei Angora geschlagen und ge-
fangen. Einer von Bajazets Nachfolgern, Muhammed Jj„ macht dem
Byzantinischen Reiche (seit 1201 unter der Herrschaft der Pa-
laeologen) durch die Eroberung Constantinopels 1453 ein Ende.
Griechische Gelehrte flüchten nach Italien, lehren an den dortigen
Universitäten und geben den Anstofs zu einem erneuten Studium der
Ii
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Extrahierte Personennamen: Stephan_der_Heilige Andreas_Ii Friedrich_Ii Friedrich Ludwig Ludwig Sigismund Albrecht Albrechts Albrechts Ladislaus_Postumus Ladislaus Johann
Hwnyadi Johann Ladislaus Matthias_Gorvinus Maximilian Maximilian Timur_Lenk Bajazets Muhammed_Jj„ Muhammed
I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
85
Tirol und Vorderösterreich, und Karl, der jüngste, die soge-
nannten innerösterreichischen Lande, nämlich Steiermark, Kärn-
then, Krain, Görz, Istrien, Triest. Der Vertrag wegen dieser
Theilung wurde von den fürstlichen Brüdern zu Wien am
1. März 1565 unterzeichnet. Hierdurch zerfiel die deutsche
Linie des Hauses Habsburg in drei Zweige: den österreichischen
oder Marimilian'schen, den tirolischen oder Ferdinand'schen und
den steierischen oder Karl'schen. Es dauerte über hundert
Jahre, ehe das zerstückelte herrliche Ganze sich wieder unter
einem einzigen Oberhaupte zusammenfügte.
Maximilian Ii. (1564 — 1576). — Obgleich dieser mit
ganzer Seele dem katholischen Glauben ergeben war, so be-
obachtete er doch dieselbe Milde und dieselbe Duldsamkeit,
durch welche auch sein Vater den Frieden erhalten hatte; auch
war er weit entfernt, den immer wachsenden Zwiespalt der
Protestanten untereinander zu seinem Vortheile zu benutzen.
Er erklärte, es sei seine feste Ueberzeugung, daß Gott allein
die Herrschaft über die Gewissen zukomme. So nachsichtsvoll er
hinsichtlich der Religionsmeinungen sich bewies, so viel Strenge
zeigte er aber, als in diesen stürmisch bewegten Zeiten das
alte Faustrecht wieder erwachte. Er ließ die Anstifter der
Empörung martervoll hinrichten.
Tiirkenkriegj Arinyi's Heldentod (1566). — Der Tod Kai-
sers Ferdinand I. war die Losung zu einem neuen Kriege um
die Krone Ungarns für Zapolya's Sohn, den jungen Fürsten
von Siebenbürgen. Und bald war auch wieder mit großer
Heeresmacht da der bereits zum Greise gewordene Sultan
Solimán. Die Eroberung Wiens sollte den Abend seines Le-
bens krönen. Aber der Himmel hatte es anders bestimmt.
Zunächst zog er gegen die Festung Szigeth. Hier befehligte
der Graf Nicolaus Zrinyi, Ban von Kroatien und Slavo-
nien und leistete den heldenmüthigsten Widerstand. Sturm auf
Sturm wurde zurückgeschlagen. Keine Versprechungen, keine
Drohungen konnten seinen Muth, konnten seine Treue erschüt-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl März Maximilian_Ii Maximilian Ferdinand_I. Nicolaus_Zrinyi
Extrahierte Ortsnamen: Krain Istrien Triest Wien Ungarns Wiens Kroatien
86
lern. Mitten unter den Schrecknissen dieser Belagerung starb
der allgefürchtete Sultan. Innerer Gram hatte sein Lebensende
beschleunigt. Sein Tod wurde den Truppen lange verheim-
licht, um sie nicht zu entmuthigen, und die Stürme währten
fort. Als endlich der Großwesir unter den furchtbarsten An-
strengungen die ganze äußere Festung in Schutt gelegt hatte,
zog sich Zrinpi mit seiner noch übrig gebliebenen Heldenschar
in die innere Burg zurück zu neuen Kämpfen und Opfern.
Jetzt unternahmen die Türken einen allgemeinen Sturm. Schon
brannte die Burg; da versammelte Zrinpi seine Getreuen um
sich und sprach: „Gedenket eures Eides! Wir müssen hinaus!
Statt hier zu verbrennen oder zu verhungern, laßt uns sterben
als Männer! Ich gehe voran, folgt mir nach!" Und unbe-
panzert stürzt der Ungarn Leónidas mit seinen sechshundert
Kampfgenossen hin über die Schloßbrücke, hin in das Gewühl
der Feinde. Da trifft ein Schuß des Tapferen Brust; ver-
wundet sinkt er nieder, sterbend kämpft er noch mit der letzten
Lebenskraft. Um ihn herum sterben auch die Seinigen. Und
kaum sind sie gefallen, da fliegt, wie Zrinpi es angeordnet,
der Pulverthurm in die Luft und mit ihm dreitausend der ein-
gedrungenen Türken. Die großen Verluste, welche die Türken
hier erlitten, vor allem aber der Tod des Sultans selbst, er-
leichterten den Abschluß eines Friedens. .
Dieser Frieden aber wurde von den Türken schlecht ge-
halten. Fortwährend beunruhigten sie die Grenzen. Endlich
hielt der Kaiser, um sich des Beistandes des Reiches zu ver-
sichern, einen Reichstag zu Regenöburg. Es war der letzte für
den Kaiser. Er starb daselbst am 12. Oktober 1576. Rudolf,
sein ältester Sohn, war sein Nachfolger.
19. Deutschland unter Rudolf Ii. und Mathias.
Vu-otf Ii. (1576—1612). — Mit vielen wissenschaftli-
chen Kenntnissen ausgerüstet bestieg Rudolf, Marimilian's Ii.
ältester Sohn, den Kaiserthron; aber er täuschte die Hoffnun-
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Extrahierte Personennamen: Zrinpi Rudolf Rudolf Rudolf_Ii Rudolf Mathias Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn_Leónidas Deutschland
224
stets neue Verluste vereitelt. Schon zogen die Türken drohend
vor Belgrad; da schloß hier der österreichische Gesandte, Graf
Neipperg, einen für seinen Kaiser höchst ungünstigen Frieden
ab. Oesterreich verlor seinen Antheil von Serbien und der
Walachei sammt Belgrad; nur das Banat behielt es. Die
Donau und Sau waren demnach die Grenzen der österreichi-
schen Besitzungen im Osten.
Karl Vi. starb schon im nächsten Jahre (1740) nach
diesem traurigen Frieden. Mit ihm erlosch der habsburgische
Mannesstamm, welcher 458 Jahre hindurch in Oesterreich ge-
herrscht hatte. Er hinterließ zwei Töchter, Maria The-
resia, Gemahlin des Großherzoges Franz von Toscana aus
dem Hause Lothringen, und Stammmutter des jetzigen habs-
burgisch-lothringischen Hauses Oesterreich, und Maria Anna,
welche 1744 an den Bruder des Großherzoges, den Herzog
Karl von Lothringen, vermählt wurde und noch in demselben
Jahre starb. Der verhängnißvolle Tod jenes letzten Habs-
burgers, Karl Vi., führte nun den österreichischen Erb-
folgekrieg herbei, obschon der edle Kaiser sein ganzes Leben
daran gewendet hatte, den Ausbruch desselben zu verhindern.
Auf diesen Krieg werden wir in der Folge kommen. Zuvor
wollen wir uns zur Geschichte zweier nordischen Reiche, Ruß-
land und Preußen, wenden, welche um diese Zeit anfin-
gen, eine bedeutende Stelle unter den europäischen Staaten
einzunehmen.
47. Rußland unter Peter dem Großen (1689—1725).
In früherer Zeit, vor der Negierung dieses großen Kai-
sers, war Rußland noch wenig bekannt in Europa. Die Be-
wohner desselben galten im Ganzen mehr für Asiaten, und
wirklich schlossen sie sich diesen auch durch Kleidung, Sitten
und Gebräuche enger an. Die einzelnen Völker dieses großen
nordischen Reiches standen unter Fürsten, die man Czare nannte.
Nur selten traten diese durch Gesandtschaften mit den übrigen
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Extrahierte Personennamen: Graf
Neipperg Karl_Vi Karl Maria_The- Maria Franz_von_Toscana Franz Maria_Anna Maria Karl_von_Lothringen Karl Karl_Vi Karl Peter
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Oesterreich Serbien Belgrad Oesterreich Lothringen Oesterreich Europa
208
küßten. Die Heerführer faßten mich bei den Händen und Fü-
ßen, die übrigen Obristen mit ihren Regimentern riefen mir
zu: „Unser braver König!" Heute Morgen kam der Kurfürst
von Sachsen nebst dem Herzoge von Lothringen zu mir. End-
lich kam auch der wienerische Statthalter, Graf Starhemberg,
mit vielem Volke hohen und niedrigen Standes mir entgegen.
Jeder hat mich geherzt, geküßt und seinen Erlöser genannt.
Auf der Straße erhob sich ein Zubelgeschrei: „Es lebe der
König!" Als ich nach der Tafel wieder hinaus in's Lager
ritt, begleitete mich das Volk mit aufgehobenen Händen bis
zum Thore hinaus. Für den uns gesandten, so vortrefflichen
Sieg sei dem Höchsten Lob, Preis und Dank gesagt in Ewigkeit!"
Ganz Europa nahm warmen Antheil an der Rettung
Wiens; nur Ludwig Xiv. war sehr bestürzt, und keiner
seiner Minister hatte es wagen wollen, ihm die Nachricht zu
überbringen.
Der Türkenkrieg war indeß mit jener Niederlage nicht be-
endigt, sondern dauerte noch fünfzehn Jahre fort. Der Kaiser
blieb Sieger. Kara Mustapha wurde auf der Flucht bei Barkan
eingeholt und abermals geschlagen. Eine noch größere Nieder-
lage erlitt er bei Gran. Wegen dieser Niederlage wurde der
Großwesir auf Befehl des Sultans bei Belgrad erdrosselt. Im
Sommer des folgenden Jahres, 1684, entriß der Herzog von
Lothringen auch Wissegrad, Waizen und Pesth, und im August
1685 Neuhäusel den Türken. Noch glänzender war der Feld-
zug von 1686. Am 2. September wurde Ofen, nachdem es
145 Jahre unter der türkischen Herrschaft geschmachtet, erstürmt,
und Ungarn war wieder gewonnen. Die Siege der kaiserlichen
Waffen stellten hier allmälig auch die innere Ordnung her.
Der im Jahre 1687 zu Preßburg gehaltene Landtag bestätigte
in einem Neichsdekrete feierlich die Erbfolge des Hauses Oe-
sterreich in männlicher Linie auf den Thron Ungarns, und
Leopold's ältester Sohn, Erzherzog Joseph I., wurde sogleich als
erblicher Thronfolger von Ungarn gekrönt. Bald auch sagten
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Extrahierte Personennamen: Graf_Starhemberg Ludwig_Xiv Ludwig Mustapha Barkan August Joseph_I.
210
zende Sieg des Prinzen Ludwig von Baden bei Salankem en,
am Einflüsse der Theiß in die Donau, wo im Jahre 1691 der
neue Großweflr Kiuprili mit fünf und zwanzig tausend Türken
das Leben verlor, und der noch glänzendere Sieg des Prinzen
Eugen bei Zentha an der Theiß 1697, wo wieder ein Groß-
wesir, siebenzehn Paschas und fast das ganze türkische Heer
Ihren Tod fanden, führten endlich im Januar des Jahres 1699
den Frieden von Carlowitz in Slavonien herbei. Der Sul-
tan, Solimán 111., verzichtete auf Ungarn, Slavonien und
Croatien und behielt nur das Banat. Tököly, den der Sultan
zum Fürsten Siebenbürgens ernannt hatte, mußte weichen, und
Siebenbürgen ward bleibend Oesterreich einverleibt. Außerdem
trat er an Venedig, Oesterreichs Bundesgenosfln, die Halbinsel
Morea ab. So ruhmvoll ging Oesterreich aus einem Kampfe
hervor, der so gefahrdrohend begonnen hatte.
Von diesem Frieden an hörten die Türken auf, ein Schrecken
der Christenheit zu sein, indem die Schwäche ihres Reiches gar
zu sehr in die Augen gefallen war.
44. Der spanische Erbsolgckrieg (1700—1714).
Jetzt konnte der Kaiser seine Aufmerksamkeit auf den We-
sten Europas richten, um bei der nahen Erledigung des spa-
nischen Thrones seine Ansprüche gegen seine Mitbewerber gel-
tend zu machen; denn der kinderlose König von Spanien,
Karl Ii., Sohn Philippus Iv. und letzter männlicher Nach-
komme des spanisch-habsburgischen Hauses, lag bereits auf dem
Todesbette. Karl's älteste Schwester war mit dem Könige
von Frankreich vermählt, hatte aber bei ihrer Vermählung
feierlich auf den Thron von Spanien Verzicht leisten müssen.
Ludwig bestritt die Rechtmäßigkeit dieser Verzichtleiftung und
forderte den Thron, jedoch nicht für sich, sondern für seinen
zweiten Enkel, Philipp von Anjou, um so der Eifersucht
der übrigen Mächte auszuweichen. Der Kaiser Leopold hatte
Karl's jüngere Schwester zur Gemahlin, die auf den Thron
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