309
und mußten bei allen darin nicht vorgesehenen Fällen bei ihm
anfragen. Den Provinzialen wurde auch die Befugniß einge-
räumt, in allen streitigen Rechtsfällen, welche vor das Forum
des Statthalters gehörten, von diesem an den Kaiser zu appel-
liren. Daher war auch von nun an die Stimmung in den
Provinzen im Allgemeinen eine sehr günstige;:).
5. Das Heerweesen-. Früher hob jeder Consul, wenn er
in's Feld zog, erst ein Heer aus. Jetzt wurden stehende Heere
eingeführt und größtcntheils an den Grenzen des Reichs, am
Rhein, an der Donau, am Euphrat in festen Standlagern zum
Schutze ausgestellt. Nach dem Lande, wo sie standen, wurden
sie benannt, z. B. legiones Germanicae, Illyricae, Syriacae u.
s. w. Aus solchen Standlagern (castra stativa) erhoben sich
allmälig Festungen und Städte, wie Mainz (Moguntiacuin),
Cöln (Colonia Agrippina), Augsburg (Augusta Vindelicorum),
Pa stau (Castra Batavto, Negensburg (Regina castra) u. a.
Das stehende Heer war seitdem vom Bürger scharf getrennt
und durch Oberbefehl und Sold unbedingt an den Fürsten ge-
knüpft. Die ganze besoldete Streitmacht zählte gegen 450,000
Mann, mit Einschluß der Mannschaft auf den Flotten, welche
in dem Hafen von Misenum, Ravenna und Forum Julii (Fre-
jus), aufgestellt waren und die Sicherheit der Meere überwach-
ten. Der Soldat war zu zwölf bis sechzehn Dienstjahren ver-
pflichtet und wurde bei seiner Entlassung nicht mehr durch Land-
anweisung, sondern Geld belohnt/
6. Das Finanzwesen erlitt durch diese Veränderungen
eine wesentliche Reform. Neben der Staatskasse (aerarium),
aus welcher der Senat die öffentlichen Ausgaben bestritt, und
worein die Einkünfte der senatorischen Provinzen flössen, errich-
tete er noch eine Krieg es lasse (aerarium militare), dessen
Verwendung ausschließlich für das Heer bestimmt war, und
eine Privatkasse des Kaisers (fiscus) als Inbegriff der dem
Kaiser eigenthümlich zustehenden Einkünfte. Dem festgesetzten
Tribute der Provinzen, den Einkünften aus den Staatslände-
a) Neque illum rerum statum abnuebant, suspecto senatus populi-
que imperio ob certamina potentium et avaritiam magistratuum, inva-
lido legum auxilio, quae vi, ambitu, postremo avaritia turbabantur.
Tac. annal, I. 2.
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(
325
Kreis sorgte nur fr sich und nahm wenig Rcksicht auf das Ganze. Die einzelnen Glieder eines Kreises waren in ewigen Streitigkeiten der Grenzen, Rangordnung und den sie betreffenden Beitrag zur Reichshlse. Daher konnte auch nichts Bedeutendes unternommen werden, obschon die Gefahr an den Grenzen, besonders von Seiten der Trken, so groß war. Kein christlicher Staat htte sich an Hoheit und Macht dem deutschen gleichstellen knnen, htten die einzelnen Kreise, wie billig, fest an Kaiser und Reich gehalten.
Ein anderes groes Verdienst um Deutschland erwarb sich Maximilian durch die Einfhrung des Postwesens. Frher hatte man nur reitende Boten von einer Handelstadt zur anderen, auch Landkutschen, welche Reisende und Gepck aufnahmen. Soll-ten aber Briefe an Orte gelangen, die nicht an der Strae lagen, oder waren sie fr das Ausland bestimmt, so mute man eine Gelegenheit dahin abwarten oder einen eigenen Boten abschicken. Jenes war aber sehr umstndlich und unsicher, dieses sehr kost-spielig. Hchst erfreulich mute deshalb fr Alle, insbesondere aber fr den Kaufmannstand, eine Anstalt werden, durch welche man fortan Alles, was man wollte, mit Schnelligkeit und Sicherheit von einem Orte zum anderen befrdern konnte. In Frankreich be-stand diese hchst gemeinntzige Anstalt schon seit dem Jahre 1464, und war bald nachher von dem deutschen Grafen von Thrn und Taxis in Tirol nachgeahmt worden. Durch dessen Sohu Franz fhrte Maximilian im Jahre 1516 zuerst eine Post von Brssel nach Wien ein und ernannte jenen Grafen zum General-Postmeister. Die Wrde blieb in seiner Familie erblich. Mit der Zeit kam das Postwesen immer mehr in Aufnahme. Jeder Fürst fhrte es in seinem Lande ein. Die meisten kauften das Recht dazu von der Familie von Thurn und Taxis, die auf solche Weise auerordentlich reich wurde. Nachher ist diese Familie sogar in den Frstenstand erhoben worden.
Besonders glcklich war Maximilian in der Vermehrung der Hausmacht Oesterreichs. Als einziger Erbe seines Va-ters hatte er die Stammlande in ungeteilter Gre berkommen,
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Franz Franz Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Wien Oesterreichs
I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
—
-
— 140 —
Er vermählte sich mit einer sehr reichen Wittwe, deren früher
Tod ihn zum Erben eines fürstlichen Vermögens machte. Seit
dieser Zeit machte er den glänzendsten Aufwand, jedoch nicht
aus Hang zur Schwelgerei, sondern um die Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken. Er lud die Offiziere fleißig zu sich an die
Tafel, unterstützte sie mit Geld und belohnte die seinem Be-
fehle untergebenen Soldaten reichlich. In allen Schlachten
that er sich durch Klugheit, Muth und Tapferkeit hervor und
erwarb sich die Liebe und das Zutrauen des gemeinen Man-
nes sowohl als der Offiziere. So wurde er bei Hofe von
einer sehr rühmlichen Seite bekannt. Ferdinand Ii. ernannte
ihn sogleich nach seinem Regierungsantritte zum Obersten; als
solcher focht er an der Spitze eines auf eigene Kosten gewor-
benen Kürassierregiments in der Schlacht auf dem weißen Berge
und trug wesentlich zum Siege bei. Zum Ersätze des Scha-
dens an seinen Gütern, die beim Ausbruche der böhmischen
Unruhen größtentheils zu Grunde gegangen waren, schenkte ihm
der Kaiser die Herrschaft Friedland in Böhmen mit dem
Titel eines Grafen; im Jahre 1623 wurde er sogar zum Für-
sten von Friedland und endlich zum Herzoge ernannt. Mit
ungeduldigem Ehrgeize hatte er bisher den Feldherrnstab in
Tilly's Händen gesehen; er war deshalb hocherfreut, als des
Kaisers Geldnoth ihm jetzt Gelegenheit gab, sich durch eine
ehrenvolle Rolle auszuzeichnen.
Das war der merkwürdige Mann, der dem Kaiser den
überraschenden Vorschlag machte, ihm unentgeltlich ein Heer
von fünfzigtausend Mann zu werben, falls er ihm den un-
umschränkten Oberbefehl über dasselbe geben wolle. Ein An-
trag dieser Art kam anfangs dem Kaiser abenteuerlich und
bedenklich vor; allein eben so bald kam die Ueberlegung nach,
welche große und mannigfache Vortheile er von einem ihm
ergebenen und für seine persönlichen Absichten streitenden Heere
würde ziehen können, da er bisher ganz abhängig von dem
Heere der ligistischen Fürsten und zumal ihres Anführers, des
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90
Geschichte des Mittelalters.
Freiheiten königlicher Vasallen fallen auch den Vasallen der geistlichen
und weltlichen Herren zu; außerordentliche Steuern können nur mit
Einwilligung des Parlaments (Reichstags) erhoben werden.
Zehntes Kapitel.
Die Kreuzzüge und die mittelalterliche Kultur.
8 269. Die Kreuzzüge sind die größte That des Mittel-
alters und daher waren auch ihre Folgen von der tiefsten Bedeutung.
Alle christlichen Nationen erhoben sich auf den Aufruf des Papstes, des
gemeinschaftlichen geistlichen Oberhaupts, zum Kampfe gegen den Islam,
der das Christenthum im Morgenlande vernichtet oder unterdrückt hatte
und im Abendlande bedrohte. Zwar errang die Christenheit keinen
vollständigen Sieg über den Islam, aber bei dem hohen Streben, das
alle christlichen Nationen ergriffen hatte, entfesselten sich alle Kräfte
und suchten das Feld ihrer Thätigkeit im Dienste jenes hohen Stre-
bens, der Verherrlichung des christlichen Namens. Daher hoben sich
sowohl die christlichen Völker als die Stände, in welche sie sich getheilt
hatten, die Völker traten in den lebendigsten Wechselverkehr, es
bildete sich eine europäisch-christliche Kunst und Wissenschaft heran,
wie auf der anderen Seite das Ritterthum und innerhalb der Stadt-
mauern der reiche, wehrhafte Bürgerstand.
Her Ädcl und Las Uittcrwcjcn.
§ 270. Nach Karl dem Großen schwand die Zahl der freien
Grundbesitzer mehr und mehr und zugleich wurde die schwere
Reiterei der Hauptbestandtheil der Heere, daher konnten die ärmeren
Freien nicht mehr in das Feld ziehen. In Folge dessen bildete sich
ein eigener Stand aus denjenigen Freien, welche so viel Eigenthum
besaßen oder so viel Gut zu Lehen trugen, daß sie den Heeresdienst
zu Rosse thun konnten; sie heißen daher in den Urkunden „milites"
(Soldaten) und nannten sich selbst von ihrem Kriegsdienst zu Rosse
„Ritter". Der Sohn eines Ritters erhielt durch seine Geburt das
Lehenrecht, während Bauern und Bürger dasselbe thatsächlich verloren,
weil sie nicht regelmäßig und nicht zu Rosse Kriegsdienste leisteten.
Nach der Weise des Mittelalters bildeten die Ritter eine Genossen-
schaft, in welcher die Berechtigten feierlich ausgenommen wurden. Als
Muster galt die französische Ritterschaft, deren Regeln und Gebräuche
auch von den Rittern anderer Nationen angenommen wurden, so daß
eine europäische ritterliche Kameradschaft entstand, die ihre Rechte jedem
einzelnen wahrte.
§ 271. Wer als Ritter ausgenommen werden wollte, mußte zuerst
seine Ritterbürtigkeit Nachweisen (der Kaiser konnte sie jedem verleihen),
sowie daß er ritterliche Waffenübung und Sitte erlernt habe. Dann
bereitete er sich vor durch Gebet, Fasten, Beichte und Kommunion, ge-
lobte täglich die Messe zu hören, für den christlichen Glauben zu streiten,
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122
Geschichte des Mittelalters.
Landtage. Die Stände versammelten sich auf Landtagen, welche der „aus-
schreibende" Fürst einberief; bestimmten die Mannschaft und Geldkon-
tingente, wählten den Kreishauptmann rc. Die Kreise chießen : 1) der
österreichische; 2) der bayerische; 3) der schwäbische; 4) der fränkische;
5) der kurrheinische; 6) der oberrheinische; 7) der niederrheinisch-west-
fälische; 8) der obersächsische; 9) der niedersächsische; 10) der burgun-
dische. Außer den sieben Kurfürsten zählte das Reich drei Erzbischöfe,
30 deutsche und acht wälsche Bischöfe; 26 Herzoge, Land- und Mark-
grafen; 28 gefürstete Aebte und Pröpste; 80 Reichsstädte, darunter
sieben wälsche, also mehr als dritthalbhundert Landesherrschaften, ohne
die einzelnen Mitglieder der Reichsritterschaft zu rechnen.
Der Krieg gegen die Schweizer (1499).
§ 366. Der Kaiser verlangte von den Schweizern den Eintritt in
den schwäbischen Bund, was sie verweigerten, und da er überdies mit
den drei rhätischen Bünden (Graubünden) wegen seiner Besitzungen
innerhalb deren Gränzen im Streite lag, so entstand ein kurzdauernder
aber blutiger Krieg. Die Schweizer schlugen die Ritter, Stadtbürger
und Landsknechte (Söldner, Landsknechte genannt, weil sie der Mehr-
zahl nach dem jungen Landvolke angehörten) auf dem Hardt unweit
Bregenz, bei Hall au unweit Schaffhausen, bei Ermatingen im
Thurgau, bei Frastenz im Vorarlberg, am Bruderholz bei Basel,
auf der Malserheide an den Etschquellen, zuletzt bei Dorn eck
zwischen Basel und Solothurn. Im Herbste schloß der Kaiser Frieden
mit den Schweizern, in welchem dem Scheine nach der Zustand vor
dem Kriege wieder hergestellt wurde, in der That aber war die Schweiz
seitdem dem Reiche entfremdet und auf französischer Seite. Damals
wurden Schaffhausen und Basel in den ewigen Bund ausgenom-
men, bald darauf auch Appenzell, seitdem bis 1798 kein anderer
Stand mehr.
Blüte und Verfall der italienischen Staaten.
§ 367. Die Italiener hatten sich sehr angestrengt, die kaiserliche
Macht in Italien zu brechen. Nachdem es ihnen gelungen war,
sahen sie erst, daß der Kaiser allein Italien zusammengehalten und es vor
dem Schicksale bewahrt hatte, als Schauplatz fremder Kriege zu dienen
und dem jedesmaligen Sieger ganz oder stückweise als Beute anheim-
zufallen. Zwar bewahrte Italien noch immer bedeutende einheimische
Kräfte, denn es hatte eine sehr starke und gebildete Bevölkerung und war
durch Gewerbe und Handel das reichste Land Europas, aber die Ent-
deckungen Gamas und Kolombos änderten die Handelsverhältniffe und
das Anwachsen der französischen und spanischen Macht drückte auf Ita-
lien noch mehr als auf Deutschland.
Venedig.
§ 368. Zu Ende des 15. Jahrhunderts war „der Venediger
Macht" in Deutschland sprichwörtlich; die Republik hatte 33oo
Schiffe auf dem Meere mit einer Bemannung von ungefähr 36,000
Seeleuten, während sie 16,000 Arbeiter auf den Werften und in
den Zeughäusern beschäftigte. Der Anfang dieser Republik war zu
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Extrahierte Ortsnamen: Bregenz Schaffhausen Thurgau Vorarlberg Bruderholz Basel Basel Solothurn Schaffhausen Basel Appenzell Italien Italien Italien Europas Deutschland Venedig Deutschland
108
Geschichte des Mittelalters.
sahen sich die erbitterten Feinde einander gegenüber; die Ritter stiegen
von ihren Rossen und bildeten einen eisernen Schlachthaufen, an welchen
sich die Bürger der habsburgischen Städte im Oberlande anschloßen.
Die Eidgenossen, fast lauter Bauern oder Hirten aus den Waldstätten,
waren ungefähr wie die alten Germanen bewaffnet, nur daß sie statt
der framea die furchtbare Hellebarde oder die mit eisernen Spitzen ver-
sehene Keule (Morgenstern, Schweizerprügel) führten; sie waren ein
leichtbewegliches Fußvolk, während die Phalanx des Adels nur auf
ebenem Boden Vordringen und ihren wuchtigen Stoß ausführen konnte.
Die Eidgenossen bildeten rasch die altgermanische keilförmige Schlacht-
ordnung, stürzten sich auf die Mitte der feindlichen Linie, durchbracheu
sie trotz des tapfersten Widerstandes, und da die eisernen Fußgänger
zu unbeweglich waren, als daß sie auf beiden Flügeln gegen den Feind
in der Mitte hätten einschwenken können, so fielen die meisten, auch
Herzog Leopold, unter den Streichen der erbitterten Bauern. Das
Schlacht gleiche Schicksal hatte zwei Jahre später ein anderes Heer bei Näfels
5 Aprt! im Glarnerlande; daher schloß Oesterreich und der Adel Waffenstill-
1388. stand und verlängerte ihn von Zeit zu Zeit, die Eidgenossen aber be-
sangen ihre Thaten in stolzen Kriegsliedern und galten seitdem als ein
unüberwindliches Fußvolk.
Krieg der fränkischen und schwäbischen Städte (1387—1389).
§ 324. Dagegen siegten die Fürsten und der mit ihnen verbundene
Adel über die Städte in Bayern, Schwaben, Franken und
Schlacht gm Oberrhein. Bei Döffingen, zwischen Stuttgart und Weil,
gen 2?Hu0* unterlagen die schwäbischen Städte nach hartem Kampfe dem Grafen
1388. Eberhard von Württemberg, das gleiche Schicksal traf die
rheinischen durch den Pfalzgrafen Ruprecht, die Frankfurter
1389. durch den Adel der Wetterau. Darauf schritt Wenzel ein, hob die
Städtebündnisse durch kaiserliches Mandat auf und brachte einen all-
gemeinen Landfrieden zu Stande; die Kraft der Städte blieb
aber seit dieser Zeit gebrochen.
Ruprecht (1400-1410). Sigismund (1410-1437).
§ 325. Derselbe wurde auf einem Fürstentage zu Oberlahn-
stein gewählt, vermochte aber weder in Italien noch in Deutschland
ein königliches Ansehen zu gewinnen. Nach seinem Tode wählte ein
Theil der Fürsten Wenzels Bruder Sigismund, ein anderer dessen
Vetter Jodok von Mähren; letzterer starb jedoch bald und Sigis-
mund wurde allgemein anerkannt.
Sigismund war bereits seit 1378 König von Ungarn, wo das
Geschlecht der Arpaden 1301 mit Andreas Iii. erloschen war. Nach
längerer Anarchie behauptete Karl Robert aus dem neapvlitani-
1310. schen Hause der Anjou den Thron; sein Nachfolger Ladislaus der
Große (1342—1382) regierte kräftig und weise, unterwarf Serbien,
Bosnien, Moldau und Walachei seiner Oberherrschaft und entriß
den Venetianern Dalmatien; 1370 wurde er auch König von Po-
len und dadurch der mächtigste Monarch im östlichen Europa. Seine
ältere Tochter Hedwig erbte Polen und heirathete den Großfürsten
Witold von Lithaueu, die jüngere die Erbin Ungarns, Maria,
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Extrahierte Personennamen: Morgenstern Leopold Leopold Eberhard_von_Württemberg Sigismund_( Sigismund Andreas_Iii Karl_Robert Karl Ladislaus Hedwig Witold_von_Lithaueu Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: Oberlande Oesterreich Bayern Schwaben Stuttgart Wetterau Italien Deutschland Ungarn Serbien Bosnien Moldau Dalmatien Europa Ungarns
72
Geschichte des Mittelalters.
Die Staats-
vcrhältniffe
zurzeitbar-
barossas.
7000 Mann brachten beide Könige im Frühjahr 1078 nach Palästina,
mit welchen ste Damaskus und Askalon vergeblich angriffen und
dann rühmlos nach Hause zurückkehrten.
K 213. Konrad Hi. fand in Deutschland die Feinde seines Hauses
in voller Thätigkeit; der alte Welf war ihm aus dem Morgenlande
vorausgeeilt und schloß unterwegs mit König Roger in Neapel ein
Bündniß gegen Konrad, suchte in Deutschland Konrads Verwandte zu
verführen und begann dann offenen Krieg, in welchem er jedoch dem
Sohne Konrads, Heinrich, unterlag. Er erhielt Verzeihung, doch starb
der hoffnungsvolle Heinrich bald darauf und Konrad Iii. folgte ihm 1152.
Friedrich I., der Rothbart (1152—1190).
§ 214. Sein Neffe Friedrich wurde einstimmig gewählt, ein
so gewaltiger Herrschergeist, daß er gewiß Karls des Großen Reich
wieder hergestellt hätte, wenn durch das Lehensystem nicht die Macht
des Königs gebrochen gewesen wäre. Denn seine Hauömacht, die
fränkischen und schwäbischen Lehenträger, konnte er nicht anhaltend zu
auswärtigen Kriegen gebrauchen, weil sie durch mehrjährige Kriegs-
dienste verarmt wären, und das Reichsheer durfte der König nur
mit Bewilligung des Reichstags aufbieten. Dann, bei einem Reichö-
kriege, trug ein Fürst das königliche Panner (in demselben ist seit
Friedrich I. der einfache schwarze Adler), um das sich die unmittel-
baren Vasallen des Königs schaarten, und unter den Pannern der-
jenigen Fürsten, welche Inhaber von Fahnenlehen mit herzoglicher Ge-
walt waren, folgten die Panuer der Grafen und Freiherren, sowie
der freien Stadt- und Landgemeinden. (Auf dieser Ordnung des Reichs-
heeres beruhte auch die Eintheilung aller Freien des Reichs in sieben
Heerschilde: Kaiser, geistliche Fürsten, weltliche Fürsten, Grafen und
Freiherren, Pannerherren d. h. nicht hochadelige Freie, die aber noch
Freie zu Vasallen haben, die gemeine Ritterschaft, die Freien nicht
ritterlicher Geburt.)
Die Heerfahrt nach Rom (Römerzug) mußte Jahr und Tag
vorher angesagt werden und mit der Krönung endigte die Dienstpflicht
des Reichsheers. Jeder andere Reichsdienst dauerte nur sechs Wochen
auf Kosten der Aufgebotenen, und wollte der König die Fürsten mit
ihren Mannschaften länger im Dienste behalten, so mußte er ihren
guten Willen mit Gnaden und Lehen theuer erkaufen. Friedrichen
mangelte also das nothwendigste Werkzeug jedes Eroberers, nämlich
ein schlagfertiges, unbedingt gehorsames Heer. Karls des Großen
Heerbann war nicht mehr herzustellen, denn das Lehcnsyfiem hatte ihn
zerstört, und aus unfreien Bauern ein Soldheer anzuwerben, wäre das
Zeichen zu einer Revolution gegen Adel und Lehensystem gewesen,
Friedrich selbst aber war zu sehr Adeliger, als daß er nur einen solchen
Gedanken hätte fassen mögen.
Das Einkommen Friedrichs I. als des Reichs Oberhaupt (also
ohne seine großen Familiengüter) bestand: 1) in den Zöllen; 2) in
dem Münzregale; 3) in der Steuer, welche die eigentlichen Reichö-
güter, so viele deren noch übrig waren, ferner die nicht zum Heerdienst
verpflichteten Stifte und die unmittelbar unter des Kaisers Schutz
stehenden freien Stadt- und Landgemeinden entrichteten; 4) aus dem
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Ortsnamen: Palästina Damaskus Deutschland Neapel Deutschland Rom
128
Geschichte des Mittelalters.
langst nicht mehr der Kaiser über wichtige Reichsangelegenheiten, sondern
Reichstag, der Reichstag, und das Reichökammergericht entzog dem Kaiser
auch sein oberstes Richteramt. Max I. pflegte zu sagen: er sei der
König der Könige, dem nur gehorche, wer wolle; in der That kam alles
auf die deutschen Fürsten, die ihre größer« und kleinern Territorien
mit voller Landeshoheit regierten, und deren guten Willen an. Aus
dieser Ursache hatte auch Deutschland seine frühere
Machtstellung in Europa verloren; noch besaß es einen Ueber-
fluß an kriegsgeübter und kriegslustiger Mannschaft, aber es fehlte der
Mittelpunkt, der sie vereinigte und zu großen Zwecken benutzte, daher
beschäftigte sie sich mit einheimischen Kriegen oder diente im Ausland
für Sold und Beute. Den großen Einheitsstaaten: Frankreich, Spa-
nien und der Türkei gegenüber war demnach Deutschland in großem
Nachtheile und verlor seitdem schöne Gränzländer.
Ursalen der § 389. Um diese Zeit machte sich aber auch in den meisten deut-
der^Füchen-^bn Staaten eine Beschränkung der fürstlichen Gewalt gel-
gewalt. tend. Die Landesherren konnten nämlich nicht mehr in der alten Weise
regieren, denn der Staatshaushalt war kostspieliger geworden,
Das Kriegs-namentlich durch das neue Kriegswesen. Vor Zeiten bot der Fürst
^nerheere^ ^ine Vasallen und die Bürger seiner Städte auf, die ihm 40 Tage
in das Feld ziehen mußten; aber diese Frist reichte nicht mehr aus und
zudem eigneten sich Edelleute und Bürger bei der veränderten Bewaff-
nung und Taktik nicht mehr recht zum Kriege, daher mußte der Fürst
Soldaten werben und bezahlen. Dazu brauchte es mehr Geld
als das bisherige Einkommen abwarf. Anleihen ruinierten bei dem
hohen Zinsfüße in kurzer Zeit, neue Zölle auf Ein- und Ausfuhr
lähmten den Verkehr» Verschlechterung der Münze wirkte schnell
verderblich, eine außerordentliche willkürliche Besteurung ließen sich
aber weder der Adel, noch die Geistlichkeit, noch die Städte gefallen,
Detände-hghxx hatten die Fürsten keine andere Wahl als die Stände zu ver-
wt fn' sammeln, wenn sie eine außerordentliche Steuer erheben wollten. Die
Stände hüteten sich aber wohl eine Steuer anders als auf eine be-
stimmte Zeit zu bewilligen, daher wurde die Wiedereinberufung
der Stände nothwendig, weil die Forterhebung der Steuern nicht
aufgegeben werden konnte, und sie knüpften die Bewilligung an man-
cherlei Bedingungen, wodurch die ständischen Rechte erweitert wurden.
Äas Geschütz und die Soldheere.
§ 390. Der kriegerischen Bedeutung des Adels gab die Feuer-
waffe den Todesstoß, denn dem schweren Geschütze widerstanden die
Burgen nicht und der Handfeuerwaffe gegenüber verlor die schwere
Reiterei ihre Bedeutung als die entscheidende Waffengattung.
Das Schieß- Das Schießpulver war den Chinesen frühe bekannt und ging
Pulver, öon ihnen zu den Arabern über, die es schon im zwölften Jahrhundert
in Spanien zu Kriegszwecken verwandten; in Deutschland wurde es
zuerst zum Sprengen in Bergwerken angewandt, jedenfalls viel früher
als die Sage es durch den Franziskaner Berchtold Schwarz zu
Freiburg erfinden läßt (1330). Schon im Kriege der schwäbischen
Städte stellte Augsburg 30 Büchsenschützen und in der Schlacht bei
Krecy scheint ein grobes Geschütz (damals auch Büchsen genannt) von
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Geschichte der neueren Zeit.
in der Engelsburg belagert und durch Hunger gezwungen, einen harten
Vertrag abzuschließen, fand jedoch bald Gelegenheit zu entfliehen.
§ 25. Unterdessen eroberten die Franzosen Genua und den größten
Theil der Lombardei wieder und drangen 1528 durch ihre italieni-
schen Verbündeten verstärkt mit einem übergroßen Heere durch die
Marken nach Unteritalien vor, wo nur Gaöta, Neapel und Man-
fredonia Widerstand leisteten. Doch bei der Belagerung Neapels
ging der größte Theil des Heeres durch Krankheiten zu Grunde, Genua
eroberte der Seeheld Andreas Doria, welchen der französische Ueber-
muth auf die Seite des Kaisers getrieben hatte, in der Lombardei
siegte Ley va bei Landria no, daher kam bei der Erschöpfung aller
Friede von Parteien ein Friede zu Stande (zwischen Karl V. und Franzi, zu
Kambray Kambrai 1529). Der Kaiser überließ das Herzogthum Mailand
1529. dem letzten Sforza , gab Genua seine Freiheit wieder und setzte den
Alexander von Medici als Herzog von Florenz ein. In Bo-
logna krönte Klemens Vii. Karl V. am 22. Februar 1530 mit der
eisernen Krone zum König von Italien und den folgenden Tag
mit der kaiserlichen. Karl ist der letzte Kaiser, den der Papst krönte,
auch der letzte, der neben den Otto, Heinrich, Konrad und Friedrich
des alten Reichs einen Platz behauptet.
Fortschritte der Ucsormation in Deutschland.
8 26. Während der langen Abwesenheit des Kaisers in Spanien
und Italien gewann die Wittenberger Reformation immer
größere Ausbreitung. Im Jahr 1525 starb der Kurfürst Friedrich
von Sachsen und sein Nachfolger Johann Friedrich bekannte
sich feierlich zu Luthers Lehre, die von ihm und seinen Anhängern „das
Evangelium" genannt wurde, weil sie nichts enthalte, was nicht in
dem Evangelium begründet sei. Mit dem sächsischen Kurfürsten war
der Landgraf Philipp von Hessen die Stütze der Reformation; zu
derselben bekannten sich nach und nach die Herzoge von Pommern,
Mecklenburg, Braunschweig-Lüneburg, Schleswig-Hol-
stein, die Fürsten von Anhalt sowie die bedeutendsten Reichsstädte,
denn in den Städten war überhaupt die Opposition gegen den Klerus immer
am stärksten gewesen. Der Hochmeister des Deutschordens in Preußen,
Albrecht von Brandenburg, trat ebenfalls über und erklärte sich
zum Herzog und erblichen Landesherrn von Preußen unter polnischer
1525. Oberlehensherrlichkeit. Aehnliches geschah, wiewohl nicht gleichzeitig,
von den Ketteler und Plettenberg in Kurland, Esthland und Liv-
land, welche Länder seitdem zum Zankapfel zwischen Schweden, Po-
len und Rußland wurden. Luther selbst gab seinem Werke eine be-
stimmte Form durch die Einrichtung eines geistlichen Standes, des Kul-
tus, des Religionsunterrichts (Katechismus), wobei ihn die Landesherren
und Stadtmagistrate unterstützten ; denn den weltlichen Obrigkeiten stand
nach Luthers Ausspruche die ordnende Gewalt in der neuen Kirche zu.
§ 27. Davon war übrigens keine Rede, daß den deutschen Bür-
gern und Bauern es freigestellt blieb, ob sie bei dem katholischen Glauben
ausharren oder sich zu dem neuen bekennen wollten. Wo die Regierung,
Cujususret st? Fürst oder Stadtmagistrat hieß, sich dem „Evangelium" zuwandte,
^"eügu). da wurde der katholische Kult nicht mehr geduldet, und ebenso wenig
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Extrahierte Personennamen: Andreas_Doria Karl_V. Karl_V. Franzi Kambray_Kambrai Sforza Alexander_von_Medici Alexander Klemens_Vii Karl_V. Karl_V. Karl Otto Heinrich Heinrich Konrad Konrad Friedrich Friedrich Friedrich
von Friedrich Johann_Friedrich Johann Friedrich Philipp_von_Hessen Philipp Albrecht_von_Brandenburg Albrecht