120 §. 121. Das russische u. mongol. Reich. §. 122. Das griech. Kaiserthum.
ein Wahlreich geworden und kam unter die Negierung von Fürsten aus
der französischen Dynastie Anjou, dann später durch Heirath an den
Kaiser Sigisnnind und durch dessen Schwiegersohn Albrecht Ii. an Oester-
reich, und darnach an den König Wladislav von Böhmen, der gegen
die Türken Lei Varna fiel (1444). Darauf stand es, da Ladislaus,
der unmündige Sohn Albrechts Ii., König wurde, unter der vormund-
schaftlichen Regierung des Fürsten von Siebenbürgen, Johunn Hun-
nycrdes, welcher durch seine Tapferkeit 1456 Ungarn gegen die Türken
rettete und so lang er lebte, ein Schild der Christenheit gegen sie war.
Nach seinem und des jungen Ladislaus Tode wählten die Ungarn den
Sohn Hunnyades, Matthias Corvinus (1457—1490) zu ihrem Kö-
nige , einen heldenmüthigen Feldherrn und weisen Staatsmann, der die
Moldau und Walachei, Mähren, Schlesien und die Lausitz für sich ge-
wann und den Kaiser Friedrich Iii. ans Wien vertrieb. Er stiftete die
Universität Ofen und beförderte Ackerbau und Gewerbe; aber nach
seinem Tode sank Ungarns Macht wieder und die Magnaten rissen alle
Gewalt an sich.
7. Das russische Reich und das Reich der Mongolen.
§. 121. Das russische Reich war im Jahr 862 durch drei Brüder
aus dem schwedischen Stamme Ruß. Der älteste derselben, Rurik,
pstanzte die Dynastie fort. Seines Sohnes Wittwe Olga trat 955 zum
Christenthum über und sein Urenkel Wladimir der Große nahm 988
die griechisch-katholische Religion an. Nach seinem Tode verlor das Reich
durch Erbtheilnngen seine Einheit und zerfiel in viele Fürstenthümer. Die
meisten derselben kamen zu Anfang des 13. Jahrhunderts in die Abhängig-
keit von den Mongolen. Erst der kraftvolle Iwan Iii. Wasiljewitsch
(1462—1505) machte Rußland von der Herrschaft der Mongolen frei. Sein
Enkel Iw an Vi. der Schreckliche nahm den Titel Cz a r an: er errichtete die
Strelitzen, vereinigte Kasan und Astrackan und nannte sich „Selbstherrscher
aller Reußen". Mit Feodor I. erlosch der Mannsstamm Ruriks 1598.
Die Mongolen, welche seit dem 13. Jahrhundert dem Osten
Europa's so gefährlich wurden, hatten durch ihren D sch in gisch an,
d. h. allgemeinen Chan, Temudschin 1206 ein mächtiges Reich ge-
gründet, das aber 1294 wieder zerfiel. Erst 1369 wurde das Mongo-
lenreich von dem grausamen Eroberer Timur oder Tamerlan wie-
der ausgerichtet, löste sich aber nach dessen Tode alsbald wieder ans.
8. Das griechische Kaiserthum und die Herrschaft der Osmancn.
§. 122. Das griechische Kaiserthum konnte sich von den schweren
Schlägen, welche es von den Muhammedanern und später von den
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_Ii Albrecht Ladislaus Albrechts Albrechts Johunn_Hun- Ladislaus Matthias_Corvinus Friedrich_Iii Friedrich Olga
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Wien Kasan Mannsstamm_Ruriks
§. 147. Der polnische Erbfolgekrieg. 163
Halle und Gründer des großen, in reichem Segen wirkenden Halle'schen Wai-
senhauses.
Nie. Ludwig Graf von Zinzendorr, geb. 1700, ist der Gründer
der aus den mährischen und böhmischen Brüdern hervorgegangenen und in
Herr »Hut 1722 errichteten „Erneuerten evangelischen Bruderunität." Von
den Auswüchsen, welche sich anfangs an dieser Gemeinde zeigten, wurde sie
schon durch ihren Bischof Spangcnberg gereinigt.
Das neue Leben aber, das durch diese Männer in die Kirche gekommen
war, zeigte sich besonders in der Entstehung der Vereine zur Verbrei-
tung des Evangeliums unter d en H e id e n ^namentlich der dä-
nisch-halle'schen Mission und der Mission der Brüdergemeinde.
In politischer Beziehung war das deutsche Reich ganz ohnmächtig,
da jedes Glied nur für sich selber sorgte, und bei eintretender Gefahr
mit der Hilfe so langsam und träge sich zeigte, daß gewöhnlich Verlust und
Schmach das Ende der Unternehmung war.
Dagegen mehrte sich in dieser Zeit die Macht des österreichischen Hau-
ses durch einen glücklichen Krieg mit der Pforte, der 1714 ausbrach
und in welchem dasselbe durch die Siege des Prinzen Eugen bei
Peterwardein und Belgrad im Frieden von Passarowi tz 1718
den temeswarer Banat, Serbien, einen Theil von Bosnien, Croatieu
und der Wallachei erhielt. Zu gleicher Zeit tauschte es für Sicilien
Sardinien ein, in Folge eines Streites mit Philipp V. von Spanien,
der die italienischen Besitzungen seiner Vorgänger wieder erobern wollte,
aber durch die Quadrupel-Allianz d. h. die Verbindung Englands,
Frankreichs, Hollands und des Kaisers daran gehindert wurde.
Nach 13jährigem Frieden brach nach dem Tode August's Ii. von Polen 1733
der polnische Erbfolgekrieg aus, indem ein Theil den Stanis-
laus Lescinsky, der andere August Iii., den Sohn August's Ii., wählte.
Für den Ersteren war sein Schwiegersohn Ludwig Xv. von Frankreich, für
den Letzteren der Kaiser und Rußland. Da Frankreich rasch Lothringen und
einen Theil Italiens besetzte, so sah sich der Kaiser wegen schlechter Verfas-
sung seines Heeres und der Finanzen genöthigt, den Frieden von Wien 1738
zu schließen, in welchem er Lothringen an Stanislaus Lescinsky und
nach dessen Tod an Frankreich, so wie Neapel und Sicilien an die
spanischen Bourbonen abtreten mußte, und dafür nichts erhielt als Parma
und Piacenza, so wie die Anerkennung der pragmatischen Sank-
tion, d. h. des Hausgesetzes, daß die österreichischen Länder in Er-
mangelung eines männlichen Erben ungetheilt auch auf die weibliche
Linie übergehen können.
Der Kaiser suchte sich nun durch Theilnahme an dein Krieg Ruß-
lands mit der Türkei zu entschädigen; aber auch das mißlanger
Dei'ior im Belgrader Frieden noch Serbien und Belgrad.
11*
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Graf Ludwig Spangcnberg Eugen Philipp_V._von_Spanien Philipp_V. August Ludwig_Xv._von_Frankreich Ludwig_Xv. Stanislaus_Lescinsky
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Serbien Bosnien Sicilien
Sardinien Englands Frankreichs Hollands Polen Frankreich Lothringen Italiens Wien Lothringen Frankreich Neapel Sicilien Piacenza Serbien Belgrad
172
Kap. 149. Der nordische Krieg. Tod Karl's Xii.
(5.) Jetzt erst kehrte sich Karl Xii. wieder gegen die Russen, deren Czar Peter unterde einen groen Theil der Ostseelnder erobert, Peters-brg (1703) und Kronstadt gegrndet und Litthauen besetzt hatte, schlug sie bei Holosczin und berschritt den Dnjepr.
Anstatt nun aber die Richtung gegen Moskau einzuschlagen, lie er sich wider den Rath der Seinen von dem Kosakenhettmann Mazeppa in die Ukraine ziehen, wo ihn dieser mit Mannschaft und Lebensmitteln zu unter-sttzen versprach. In den sumpfigen und den Gegenden dieses Landes wurde sein Heer durch Hunger und Krankheit, Winterklte und feindliche Angriffe so geschwcht, da er nicht nur Poltwa nicht einnehmen konnte, sondern von dem nachgerckten Czar und seinem berlegenen Heere in der Schlacht 1709 bei Poltwa so vllig geschlagen wurde, da er nur mit wenigen der den Bug in die Trkei entkam, wo er vom Pascha von Bender ausge-nommen wurde.
Von dort aus bewog er die Trken zu einem Krieg gegen Ru-land, in welchem Czar Peter am Pruth eingeschlossen wurde, so da er verloren gewesen wre, wenn ihn nicht seine entschlossene (zweite) Gemahlin Katharina durch Bestechung des trkischen Vezir's und durch die Zurckgabe Asow's befreit htte.
Vergebens suchte Karl die Trken zu einem nochmaligen Kriege gegen Rußland zu bewegen; endlich wurde er selbst den Trken lstig, deren Boden er in seinem Eigensinn nicht eher verlie, bis ihn die Drohung des schwedischen Reichsraths, einen Reichsvor-fleher zu whlen, endlich zur Heimkehr in sein Reich bewog (1714).
Schweden befand sich bei Karl's Rckkehr in der schwierigsten Lage. Denn unterde hatte Peter auch Esthland, Livlaud und einen Theil Finn-land's erobert, August Ii. den polnischen Thron wieder eingenommen und Dnemark Bremen und Verden an sich gerissen.
Muthig stellte sich Karl wieder allen seinen Feinden entgegen: er wute durch seinen Minister Grz Rußland zu Unterhandlungen zu bewegen und fiel in Norwegen ein, um es den Dnen zu entreien. Allein beim zweiten Zug dahin wurde er während der Belagerung von Friedrichshall 1718 erschossen. Hierauf berief der Reichsrath Karl's jngere Schwester Ulrike Eleonore (Gemahlin des Erbprinzen Friedrich von Hessen-Kassel) zur Thronfolge; doch mute sie dem Erbrecht und der Souverainett entsagen und dem Reichsrath und den Stnden die Mitregierung einrumen.
In den darauf folgenden Friedensschlssen niit den gegnerischen Mchten verlor Schweden alle seine deutschen Lnder (bis auf einen Theil von Pommern) und die genannten Ostseeprovinzen (mit einem Theile von Finnland), so da es von da an, zugleich durch innere Parteiungen gelhmt, seine ganze vorige Bedeutung verlor (f. Kap. 159, 2).
(6.) Dagegen wurde durch diesen Krieg Rußland die erste Macht im Norden. |)>ter der Groe nahm den Titel Kaiser aller Reuen an und machte sich durch Aufhebung des im 16. Jahrhundert in der rufst-schert Kirche entstandenen Patriarchats (1721) selbst zum Haupt der russisch-griechischen Kirche. Er eroberte auch noch einen Theil der kaukasischen Lnder, fuhr fort, die Cultur zu frdern und bahnte durch alles die seinen Nachfolgern den Weg zu kuftiger Gre.
Seine nchsten Nachfolger, die Kaiserin Katharina I. (17251727), Peter Ii. (17271730), die Kaiserin Anna (17301740) und die Regentin Anna (Mutter Jwan's Iii.) regierten durch Gnstlinge, welche (wie Menzikow, Dolgorucky,
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I
177
erdichtet und sprach sogleich den Bann der ihn ans. Der Kaiser aber, um zu zeigen, da er es mit dem versprochenen Kreuzzuge ernstlich meine, schiffte sich bald nach feiner Wiederherstellung nach Palstina ein. Jedoch vershnte er hierdurch nicht den Papst. Dieser erlie sogar an die Geistlichen und an die Ritterorden in Palstina die strengsten Befehle, den Kaiser nicht im Geringsten zu untersttzen, weil ein mit dem Fluche der Kirche Beladener des Kampfes fr die Sache Gottes un-wrdig sei. Allein Friedrich war in dem heiligen Lande glcklicher, als man htte erwarten sollen. Er schlo mit den Sa-racenen einen zehnjhrigen Waffenstillstand, in welchem ihm Jerusalem, Bethlehem und Nazareth ausgeliefert wurden, und fetzte uch in der Kirche des heiligen Grabes die Krone eines Kniges von Jerusalem aus.*) Schnell eilte er dann nach Italien zurck, vertrieb bort die Fewbe aus feinen Besitzungen und shnte sich auch mit dem Papste aus.
Bald hierauf brach in Deutfchlanb eine Emprung unter feinem eigenen Sohne Heinrich aus, der in des Vaters Abwesenheit Deutschland verwaltet hatte. Fr seine Untreue mute er nach Italien in einen Kerker wanbern, wo er sieben Jahre nachher starb. Aus bieses traurige Ereigni folgte balb ein frhliches. Friedrich war Wittwer und warb um die fchne Jfabella, Schwester des Kniges von England. Ohne Z-gern kam der Heirathsvertrag zu Stande. Der Kaiser lie durch den Erzbischof von Kln und Herzog von Brabant mit zahlreichem Gefolge feine Braut abholen. Ueberall wurde sie in Deutschland festlich empfangen, besonders aber in Kln-Zehntausend Brger, alle zu Pferde und festlich geschmckt, polten sie feierlich ein. Auch fuhren ihr Schiffe auf trockenem Lande entgegen. Es waren Wagen, wie Schiffe gebauet, mit Flaggen und Wimpeln, die Pferde waren in Purpurdecken verhllt. In den Schiffen saen Snger und lieen zu dem
) Dadurch wurde fortan der Titel König von Jerusalem" Erbtheil des deutschen Kaisers als solchen.
Weller' Wcltgesch. Il 25. Aufl. i o
I
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich_war_Wittwer Friedrich Weller
Extrahierte Ortsnamen: Palstina Palstina Gottes Jerusalem Bethlehem Nazareth Jerusalem Italien Deutfchlanb Deutschland Italien England Brabant Deutschland Jerusalem
85
Tirol und Vorderösterreich, und Karl, der jüngste, die soge-
nannten innerösterreichischen Lande, nämlich Steiermark, Kärn-
then, Krain, Görz, Istrien, Triest. Der Vertrag wegen dieser
Theilung wurde von den fürstlichen Brüdern zu Wien am
1. März 1565 unterzeichnet. Hierdurch zerfiel die deutsche
Linie des Hauses Habsburg in drei Zweige: den österreichischen
oder Marimilian'schen, den tirolischen oder Ferdinand'schen und
den steierischen oder Karl'schen. Es dauerte über hundert
Jahre, ehe das zerstückelte herrliche Ganze sich wieder unter
einem einzigen Oberhaupte zusammenfügte.
Maximilian Ii. (1564 — 1576). — Obgleich dieser mit
ganzer Seele dem katholischen Glauben ergeben war, so be-
obachtete er doch dieselbe Milde und dieselbe Duldsamkeit,
durch welche auch sein Vater den Frieden erhalten hatte; auch
war er weit entfernt, den immer wachsenden Zwiespalt der
Protestanten untereinander zu seinem Vortheile zu benutzen.
Er erklärte, es sei seine feste Ueberzeugung, daß Gott allein
die Herrschaft über die Gewissen zukomme. So nachsichtsvoll er
hinsichtlich der Religionsmeinungen sich bewies, so viel Strenge
zeigte er aber, als in diesen stürmisch bewegten Zeiten das
alte Faustrecht wieder erwachte. Er ließ die Anstifter der
Empörung martervoll hinrichten.
Tiirkenkriegj Arinyi's Heldentod (1566). — Der Tod Kai-
sers Ferdinand I. war die Losung zu einem neuen Kriege um
die Krone Ungarns für Zapolya's Sohn, den jungen Fürsten
von Siebenbürgen. Und bald war auch wieder mit großer
Heeresmacht da der bereits zum Greise gewordene Sultan
Solimán. Die Eroberung Wiens sollte den Abend seines Le-
bens krönen. Aber der Himmel hatte es anders bestimmt.
Zunächst zog er gegen die Festung Szigeth. Hier befehligte
der Graf Nicolaus Zrinyi, Ban von Kroatien und Slavo-
nien und leistete den heldenmüthigsten Widerstand. Sturm auf
Sturm wurde zurückgeschlagen. Keine Versprechungen, keine
Drohungen konnten seinen Muth, konnten seine Treue erschüt-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl März Maximilian_Ii Maximilian Ferdinand_I. Nicolaus_Zrinyi
Extrahierte Ortsnamen: Krain Istrien Triest Wien Ungarns Wiens Kroatien
86
lern. Mitten unter den Schrecknissen dieser Belagerung starb
der allgefürchtete Sultan. Innerer Gram hatte sein Lebensende
beschleunigt. Sein Tod wurde den Truppen lange verheim-
licht, um sie nicht zu entmuthigen, und die Stürme währten
fort. Als endlich der Großwesir unter den furchtbarsten An-
strengungen die ganze äußere Festung in Schutt gelegt hatte,
zog sich Zrinpi mit seiner noch übrig gebliebenen Heldenschar
in die innere Burg zurück zu neuen Kämpfen und Opfern.
Jetzt unternahmen die Türken einen allgemeinen Sturm. Schon
brannte die Burg; da versammelte Zrinpi seine Getreuen um
sich und sprach: „Gedenket eures Eides! Wir müssen hinaus!
Statt hier zu verbrennen oder zu verhungern, laßt uns sterben
als Männer! Ich gehe voran, folgt mir nach!" Und unbe-
panzert stürzt der Ungarn Leónidas mit seinen sechshundert
Kampfgenossen hin über die Schloßbrücke, hin in das Gewühl
der Feinde. Da trifft ein Schuß des Tapferen Brust; ver-
wundet sinkt er nieder, sterbend kämpft er noch mit der letzten
Lebenskraft. Um ihn herum sterben auch die Seinigen. Und
kaum sind sie gefallen, da fliegt, wie Zrinpi es angeordnet,
der Pulverthurm in die Luft und mit ihm dreitausend der ein-
gedrungenen Türken. Die großen Verluste, welche die Türken
hier erlitten, vor allem aber der Tod des Sultans selbst, er-
leichterten den Abschluß eines Friedens. .
Dieser Frieden aber wurde von den Türken schlecht ge-
halten. Fortwährend beunruhigten sie die Grenzen. Endlich
hielt der Kaiser, um sich des Beistandes des Reiches zu ver-
sichern, einen Reichstag zu Regenöburg. Es war der letzte für
den Kaiser. Er starb daselbst am 12. Oktober 1576. Rudolf,
sein ältester Sohn, war sein Nachfolger.
19. Deutschland unter Rudolf Ii. und Mathias.
Vu-otf Ii. (1576—1612). — Mit vielen wissenschaftli-
chen Kenntnissen ausgerüstet bestieg Rudolf, Marimilian's Ii.
ältester Sohn, den Kaiserthron; aber er täuschte die Hoffnun-
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Extrahierte Personennamen: Zrinpi Rudolf Rudolf Rudolf_Ii Rudolf Mathias Rudolf Rudolf
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn_Leónidas Deutschland
224
stets neue Verluste vereitelt. Schon zogen die Türken drohend
vor Belgrad; da schloß hier der österreichische Gesandte, Graf
Neipperg, einen für seinen Kaiser höchst ungünstigen Frieden
ab. Oesterreich verlor seinen Antheil von Serbien und der
Walachei sammt Belgrad; nur das Banat behielt es. Die
Donau und Sau waren demnach die Grenzen der österreichi-
schen Besitzungen im Osten.
Karl Vi. starb schon im nächsten Jahre (1740) nach
diesem traurigen Frieden. Mit ihm erlosch der habsburgische
Mannesstamm, welcher 458 Jahre hindurch in Oesterreich ge-
herrscht hatte. Er hinterließ zwei Töchter, Maria The-
resia, Gemahlin des Großherzoges Franz von Toscana aus
dem Hause Lothringen, und Stammmutter des jetzigen habs-
burgisch-lothringischen Hauses Oesterreich, und Maria Anna,
welche 1744 an den Bruder des Großherzoges, den Herzog
Karl von Lothringen, vermählt wurde und noch in demselben
Jahre starb. Der verhängnißvolle Tod jenes letzten Habs-
burgers, Karl Vi., führte nun den österreichischen Erb-
folgekrieg herbei, obschon der edle Kaiser sein ganzes Leben
daran gewendet hatte, den Ausbruch desselben zu verhindern.
Auf diesen Krieg werden wir in der Folge kommen. Zuvor
wollen wir uns zur Geschichte zweier nordischen Reiche, Ruß-
land und Preußen, wenden, welche um diese Zeit anfin-
gen, eine bedeutende Stelle unter den europäischen Staaten
einzunehmen.
47. Rußland unter Peter dem Großen (1689—1725).
In früherer Zeit, vor der Negierung dieses großen Kai-
sers, war Rußland noch wenig bekannt in Europa. Die Be-
wohner desselben galten im Ganzen mehr für Asiaten, und
wirklich schlossen sie sich diesen auch durch Kleidung, Sitten
und Gebräuche enger an. Die einzelnen Völker dieses großen
nordischen Reiches standen unter Fürsten, die man Czare nannte.
Nur selten traten diese durch Gesandtschaften mit den übrigen
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Extrahierte Personennamen: Graf
Neipperg Karl_Vi Karl Maria_The- Maria Franz_von_Toscana Franz Maria_Anna Maria Karl_von_Lothringen Karl Karl_Vi Karl Peter
Extrahierte Ortsnamen: Belgrad Oesterreich Serbien Belgrad Oesterreich Lothringen Oesterreich Europa
208
küßten. Die Heerführer faßten mich bei den Händen und Fü-
ßen, die übrigen Obristen mit ihren Regimentern riefen mir
zu: „Unser braver König!" Heute Morgen kam der Kurfürst
von Sachsen nebst dem Herzoge von Lothringen zu mir. End-
lich kam auch der wienerische Statthalter, Graf Starhemberg,
mit vielem Volke hohen und niedrigen Standes mir entgegen.
Jeder hat mich geherzt, geküßt und seinen Erlöser genannt.
Auf der Straße erhob sich ein Zubelgeschrei: „Es lebe der
König!" Als ich nach der Tafel wieder hinaus in's Lager
ritt, begleitete mich das Volk mit aufgehobenen Händen bis
zum Thore hinaus. Für den uns gesandten, so vortrefflichen
Sieg sei dem Höchsten Lob, Preis und Dank gesagt in Ewigkeit!"
Ganz Europa nahm warmen Antheil an der Rettung
Wiens; nur Ludwig Xiv. war sehr bestürzt, und keiner
seiner Minister hatte es wagen wollen, ihm die Nachricht zu
überbringen.
Der Türkenkrieg war indeß mit jener Niederlage nicht be-
endigt, sondern dauerte noch fünfzehn Jahre fort. Der Kaiser
blieb Sieger. Kara Mustapha wurde auf der Flucht bei Barkan
eingeholt und abermals geschlagen. Eine noch größere Nieder-
lage erlitt er bei Gran. Wegen dieser Niederlage wurde der
Großwesir auf Befehl des Sultans bei Belgrad erdrosselt. Im
Sommer des folgenden Jahres, 1684, entriß der Herzog von
Lothringen auch Wissegrad, Waizen und Pesth, und im August
1685 Neuhäusel den Türken. Noch glänzender war der Feld-
zug von 1686. Am 2. September wurde Ofen, nachdem es
145 Jahre unter der türkischen Herrschaft geschmachtet, erstürmt,
und Ungarn war wieder gewonnen. Die Siege der kaiserlichen
Waffen stellten hier allmälig auch die innere Ordnung her.
Der im Jahre 1687 zu Preßburg gehaltene Landtag bestätigte
in einem Neichsdekrete feierlich die Erbfolge des Hauses Oe-
sterreich in männlicher Linie auf den Thron Ungarns, und
Leopold's ältester Sohn, Erzherzog Joseph I., wurde sogleich als
erblicher Thronfolger von Ungarn gekrönt. Bald auch sagten
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Extrahierte Personennamen: Graf_Starhemberg Ludwig_Xiv Ludwig Mustapha Barkan August Joseph_I.
210
zende Sieg des Prinzen Ludwig von Baden bei Salankem en,
am Einflüsse der Theiß in die Donau, wo im Jahre 1691 der
neue Großweflr Kiuprili mit fünf und zwanzig tausend Türken
das Leben verlor, und der noch glänzendere Sieg des Prinzen
Eugen bei Zentha an der Theiß 1697, wo wieder ein Groß-
wesir, siebenzehn Paschas und fast das ganze türkische Heer
Ihren Tod fanden, führten endlich im Januar des Jahres 1699
den Frieden von Carlowitz in Slavonien herbei. Der Sul-
tan, Solimán 111., verzichtete auf Ungarn, Slavonien und
Croatien und behielt nur das Banat. Tököly, den der Sultan
zum Fürsten Siebenbürgens ernannt hatte, mußte weichen, und
Siebenbürgen ward bleibend Oesterreich einverleibt. Außerdem
trat er an Venedig, Oesterreichs Bundesgenosfln, die Halbinsel
Morea ab. So ruhmvoll ging Oesterreich aus einem Kampfe
hervor, der so gefahrdrohend begonnen hatte.
Von diesem Frieden an hörten die Türken auf, ein Schrecken
der Christenheit zu sein, indem die Schwäche ihres Reiches gar
zu sehr in die Augen gefallen war.
44. Der spanische Erbsolgckrieg (1700—1714).
Jetzt konnte der Kaiser seine Aufmerksamkeit auf den We-
sten Europas richten, um bei der nahen Erledigung des spa-
nischen Thrones seine Ansprüche gegen seine Mitbewerber gel-
tend zu machen; denn der kinderlose König von Spanien,
Karl Ii., Sohn Philippus Iv. und letzter männlicher Nach-
komme des spanisch-habsburgischen Hauses, lag bereits auf dem
Todesbette. Karl's älteste Schwester war mit dem Könige
von Frankreich vermählt, hatte aber bei ihrer Vermählung
feierlich auf den Thron von Spanien Verzicht leisten müssen.
Ludwig bestritt die Rechtmäßigkeit dieser Verzichtleiftung und
forderte den Thron, jedoch nicht für sich, sondern für seinen
zweiten Enkel, Philipp von Anjou, um so der Eifersucht
der übrigen Mächte auszuweichen. Der Kaiser Leopold hatte
Karl's jüngere Schwester zur Gemahlin, die auf den Thron
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_von_Baden Ludwig Eugen_bei_Zentha Eugen Carlowitz Oesterreichs_Bundesgenosfln Morea Karl_Ii Karl Philippus Ludwig Philipp_von_Anjou Philipp Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Donau Theiß Slavonien Ungarn Oesterreich Venedig Oesterreich Europas Spanien Frankreich Spanien
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beide Parteien zu milderen Gesinnungen gebracht. Im Jahre
1183 kam deshalb zu Kostnitz ein vollständiger Friede zu Stande.
Darauf zog der Kaiser zum letzten Male, aber friedlich nach
Italien und wurde von den Lombarden überall mit Jubel em-
pfangen. Auch mit dem Könige der Normannen in Unteritalien,
welcher die welfische Partei fortwährend unterstützt hatte, söhnte
er sich aus. Seinen Sohn und Nachfolger Heinrich vermählte
er sogar mit der normannischen Prinzessin Constantia, der
Erbin von Neapel und Sicilien. Erst diese Verbindung schien
ihm die Größe des hohenstaufifchcn Hauses fest zu begründen;
sie war aber, wie wir in der Folge sehen werden, die Ursache
des Unterganges desselben.
‘ 50. Friedrichs Kreuzzug und Tod.
Unter so vielen Stürmen, die Friedrich's Leben fortwäh-
rend bewegt hatten, war er bereits zum Greise geworden. Jetzt,
am Abende des Lebens, widmete er sein Schwert der Sache
Gottes. Saladin, der Sultan von Aegypten, ein junger kühner
Held, breitete damals feine Eroberungen unaufhaltsam nach
allen Seiten aus. Er eroberte Syrien, drang siegreich in Pa-
lästina ein, belagerte Jerusalem und eroberte es nach kurzem
Widerstände im Jahre 1187, nachdem es achtundachtzig Jahre
in den Händen der Christen gewesen war. Er ließ das goldene
Kreuz von der Kirche des heiligen Grabes hinabstürzen und
als Siegeszeichen an den Chalifen von Bagdad schicken. Uebri-
gcus aber bewies der Mohainmedaner Saladin bei dieser Ero-
berung weit mehr Menschlichkeit, als früher die Christen. Die
Nachricht dieses Verlustes erregte die größte Bestürzung, die
größte Trauer in der ganzen Christenheit. Der Papst starb
vor Betrübniß. Sein Nachfolger forderte alle christlichen Für-
sten und ihre Völker auf, die heilige Stadt zmn zweiten Male
den Händen der Ungläubigen zu entreißen. Es entstand wie-
der eine allgemeine Bewegung; überall wurde gerüstet, von der
Meerenge Messinas bis über die Belte.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Constantia Friedrichs Saladin Messinas