151*
seine Seele Gott und legte geduldig sein Haupt auf den Block mit den
Worten: „O Mutter, welchen Schmerz bereite ich dir!" Dann empfing
er den Todesstreich. Friedrich schrie ans in namenlosem Schmerze, und
das Volk zerfloß in Thränen. Nur der herzlose Anjou, der am Fenster
einer nahen Burg stand, blieb ungerührt und sah mit teuflischer Be-
friedigung das Ende des letzten Staufers; dann fielen die Häupter
Friedrichs und der anderen Freunde Konradins.
4. Die gerechte Strafe des Mörders. Karls Reich hatte keinen
Bestand. Sein unbarmherziger Druck und die Willkür seiner französischen
Soldaten veranlaßten einen plötzlichen Aufstand, die Sicilianische
Vesper, welcher am Ostermontage zur Vesperzeit begann. Alle Fran-
zosen auf Sicilien wurden ermordet und die Bewohner von dem Joche
der Fremdlinge befreit. In seiner Wut soll Karl den goldenen Knopf
von seinem Stocke gebissen haben.
Fragen: Woran ging das Geschlecht der Staufer zu Grunde? — Wodurch
war das Interregnum eine schreckliche Zeit? — „Konradin" von Schwab.
49. Die Kultur des Mittelalters.
1. Das deutsche Königtum. Die Königswahl geschah durch
die weltlichen und geistlichen Reichsgroßen, und zwar in der Regel nur
durch die angesehensten, in Aachen, später in Frankfurt am Main.
In Aachen krönte und salbte der Erzbischof von Köln, in Frankfurt der
Erzbischof von Mainz. Seit 1356 (durch die goldene Bulle) lag das
Wahlrecht nur bei den sieben Kurfürsten.
Die Reichsgüter bestanden in großem Grundbesitz, Höfen, Dörfern,
Forsten. Die Krön rechte waren besonders das Jagd-, Münz- und
Zollrecht. Durch die allzu reichliche Vergabung wurde die Macht des
Königs außerordentlich geschwächt. Die Landesherren wurden immer
mächtiger und unabhängiger. Zuletzt war Deutschland nur ein lockerer
Bund kleiner und großer Staaten.
Der Reichstag wurde vom Könige berufen. Auf ihm er-
schienen die Reichsgroßen und berieten über wichtige gemeinsame An-
gelegenheiten, als: Krieg, Landfrieden, Streitsachen der Fürsten u. a.
Auch die Belehnung der Großen erfolgte hier in der Regel. Die Herzöge,
Markgrafen und Grafen bildeten die weltlichen, die Erzbischöfe, Bischöfe
und Äbte die geistlichen Reichsstände; später kamen noch die Reichs-
städte hinzu. In den Einzelstaaten bildeten Ritterschaft (der Adel),
Geistlichkeit und Städte die Landstände. Sie berieten hauptsächlich
über die Bewilligung der Landsteuern, die die Landesherren „erbeten"
hatten, und wirkten sich für die Gewährung mancherlei Rechte und Zu-
geständnisse aus.
2. Das Rittertum, a) Entstehung. Die Ritterschaft entstand
aus den Freigeborenen, welche den Kriegsdienst zu Roß leisteten. All-
mählich bildete sich das Rittertum als ein abgeschlossener
Stand heraus, und durch die Ritterwürde wurden Fürsten wie einfache
1282
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrichs Konradins Karls Karl Karl Schwab
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Konradins Karls Aachen Frankfurt_am_Main Aachen Frankfurt Mainz Deutschland
Mm
— 201 —
sind. Darum bitten wir Eure Liebden mit allem Fleiß, Euer gutes
Gerücht bei den Frauen nicht also zu verlieren, sondern Euer Gemüt
gegen die arme Witwe wieder zu wenden und sie wieder zu dem Ihrigen
kommen zu lassen — Nur um 2 Jahre überlebte die Kurfürstin ihren
Gemahl. In dieser Zeit verkehrte sie traulich mit ihren Kindern und
verwandte ihr reiches Witwengut zu deren Bestem. Ihren Hofhalt
vereinigte sie mit dem ihres Sohnes Albrecht, „damit sich derselbe besser
erholen könne." Im Kloster zu Heilbronn ward sie an der Seite ihres
Gatten bestattet.
65. Die nächsten Nachfolger des ersten Hohenzollern in der Mark.
1. Friedrich Ii., der Eiserne, brach die Macht der Städte. 1440
Er hatte eine tiefe Frömmigkeit des Herzens, aber auch eine unbeugsame
Festigkeit des Willens; daher sein Beiname „Eisenzahn". „Beten und
arbeiten!" hieß sein Wahlspruch.
Ihm machten die Städte, die sich in
den langen Wirren viele Freiheiten
erkämpft hatten und von der Landes-
hoheit des Fürsten nichts wissen wollten,
viel zu schaffen, besonders die Doppel-
stadt Berlin-Kölln an der Spree.
Sie verschloß ihm sogar die Thore.
Bei einem Aufruhr der Bürger gegen
den Rat drang Friedrich auf den
Hilferuf des letzteren in der Ver-
wirrung mit 6oo Reitern in die
Stadt und trieb die Empörer zu
Paaren. Er ließ sich die Schlüssel
der Thore ausliefern, stürzte den
Roland, das Sinnbild des Blutbannes
oder Rechtes über Leben und Tod, und erbaute nach einem zweiten Auf-
stande an der Spree zwischen den beiden Städten Berlin und Kölln
die Fürstenburg, auf deren Stelle sich heute das alte königliche Schloß
erhebt. „Sie sollte der Herrschaft und dem Lande zum Frommen und
zur Zierde gereichen." Er bezog sie 1451 und machte damit Berlin 1451
zur Residenz des Kurfürstentums.
2. Er hob die Sittlichkeit. Durch das Raub- und Fehdewesen
war der Adel der Mark in üblen Ruf gekommen. „Was man irgendwo
vermisse, das müsse man nur in der Mark Brandenburg suchen!" war
eine gemeine Rede in deutschen Landen. Um den Adel zu heben, gründete
Friedrich den Schwanenorden. Durch ihn sollte Frömmigkeit, Sitten-
reinheit und edles Familienleben gefördert werden. Als der Tod seinen
einzigen Sohn in blühender Jugend hinwegraffte, da übergab er die
Regierung seinem Bruder Albrecht, nahm mit Thränen Abschied
von den märkischen Ständen und starb schon im nächsten Jahre in
Franken.
Wo
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Roland Friedrich Friedrich Albrecht Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Heilbronn Berlin Fürstenburg Berlin Brandenburg
und arbeiten" war sein Wahlspruch. Ihm machten die Städte, die
sich in den langen Wirren viele Freiheiten erkmpft hatten und von der
Landeshoheit des Fürsten nichts wissen wollten, viel zu schaffen, beson-
ders die Doppelstadt Berlin-Klln an der Spree. Sie verschlo
ihm sogar die Thore. Bei einem Aufruhr der Brger gegen den Rat
drang Friedrich auf den Hilfernf
des letzteren in der Verwirrung mit
600 Reitern indie Stadt und trieb
die Emprer zu Paaren. Er lie
sich die Schlssel der Thore aus-
liefern, strzte den Roland, das Sinn- ty | -
bild des Blutbannes oder Rechtes
der Leben und Tod, und erbante
nach einem zweiten Aufstande an der
Spree zwischen den beiden Stdten
Berlin und Klln die Frstenburg,
auf deren Stelle sich heute das alte
knigliche Schlo erhebt. Dieselbe '
bezog er 1451 und machte damit uo Kiedrich Ii
Berlin zur Residenz des Kur- Nach Cernitws und Brkner.
frstentums.
2. Er hob die Sittlichkeit. Durch das Raub- und Fehdewesen war der Adel in der Mark in blen Ruf gekommen. Was man irgendwo vermisse, das msse man nur in der Mark Brandenburg suchen!" war eine gemeine Rede in deutschen Landen. Um den Adel zu heben, grndete Friedrich den Schwanenorden. Durch ihn sollte Frmmigkeit, Sittenreinheit und edles Familienleben gefrdert werden. Als der Tod seinen einzigen Sohn in blhender Jugend hinweggerafft hatte, bergab er die Regierung seinem Bruder Alb recht, nahm mit Thrnen Abschied von den mrkischen Stnden und starb schon im nchsten Jahre ans der Plassenburg in Franken.
3. Albrecht Achilles, der gln-zende Vertreter des Rittertums.
Er war einer der khnsten und Pracht-liebendsten Ritter seiner Zeit; daher
sein Beiname. Turniere, Fehden und 7
Prunkvolle Feste waren seine Lebens- i
lust. Die Mark lie er durch seinen Wjf
Sohn Johann, den spteren Kur-
srsten, verwalten, und wenn er einmal
dahin kam, war es meist, um Geld zu u ^
holen. Durch seinen Stolz verletzte er 7 \
den Adel und die Brger. Bei einem /x
Feste, das ihm die Stadt Berlin gab, " ^Www. v
liefe et beten Sberttetet unbeachtet Zwrecht Achills........
am Kamme stehen. Da die Matket . Sch-.nck und Mwnet.
Polack, Geschichtsleitfaden. 12. Aufl. 11
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Roland Friedrich Friedrich Albrecht_Achilles Albrecht Johann Johann
Extrahierte Ortsnamen: Doppelstadt_Berlin-Klln Berlin Frstenburg Berlin Cernitws Brandenburg Plassenburg Berlin
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Extrahierte Ortsnamen: Hohenschwangau Italien Rom Apulien Neapels
Jungfrau von Orleans.
251
Tod und kaufte sich vorläufig eine Grabstätte im Kloster der Karmeliter. Ihre Ahnung hatte sie nicht getauscht Albrecht mußte eine Reise machen. Kaum war er fort, so ließ Herzog Ernst die arme Agnes festnehmen und vor bestochene Ritter stellen, die da behaupteten, sie habe ihren Mann mit Liebestränken bezaubert und die Kinder seines Bruders vergiftet. Alle Versicherungen ihrer Unschuld waren vergebens. Sie wurde augenblicklich nach der Donau geschleppt, während der, welcher allein sie retten konnte, fern war. Man riß sie ans steile Ufer und stürzte sie von der Brücke in den Strom. Die Fluth trieb sie fort und warf sie, ehe sie ertrank, ans Ufer. „Rettung! Rettung!" rief sie laut, als ob es ihr Albrecht hören sollte; aber einer der Henker eilte herbei, wand eine lange Stange um ihr schönes goldenes Haar und drückte sie so lange unter das Wasser, bis sie ertrunken war! — Wer kann mit Worten ausdrücken, was Albrecht empfand, als er heimkehrte, seine Agnes nicht fand und die Greuelthat erfuhr! Anfangs war er wie wahnsinnig und wollte von keinem Troste wissen. Er drohte sich an dem unnatürlichen Vater, den er nicht mehr lieben könne, zu rächen. Im Frühjahr 1436 brach er mit Waffengewalt feindlich in das Land des Vaters ein. Doch das Baseler Concil vermittelte eine Aussöhnung zwischen Vater und Sohn, welcher sich, um dem Wunsche des Vaters zu genügen, bald darauf mit Anna von Braunschweig vermählte. Der Herzog erklärte, Agnes sei unschuldig hingerichtet worden und eine ehrbare Frau gewesen, und für die Ruhe ihrer Seele wurden Seelenmessen gestiftet. Albrecht ließ sie in die von ihr erwählte Grabstätte im Karmeliterkloster in Straubing legen, einen marmornen Denkstein daraus und hat die Heißgeliebte, deren ganzes. Verbrechen ihre Liebe zu ihm war, nie vergessen. Er liegt in derselben Kirche begraben.
Sigismund hat noch bis zum Jahre 1437 regiert. Mit ihm erlosch das Haus der Luxemburger; denn er hinterließ nur eine Tochter, die mit Albrecht von Oestreich vermählt war.
75. Die Jungfrau von Orleans, 1480.
So wie es unter zwei Hausnachbarn nicht selten Streitigkeiten giebt, so findet man- auch in der Geschichte, daß ein paar Nachbarreiche sich selten lange mit einander vertragen. Das ist besonders der Fall, wenn eins viel mächtiger ist als das andere, oder wenn
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Albrecht Ernst Agnes Albrecht Albrecht Albrecht Anna_von_Braunschweig Agnes Albrecht Sigismund Albrecht_von_Oestreich Albrecht
282 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
dem Markte vorgenommen wurden, gewöhnlich — war bereits geschlossen. Mosen und Schönfels wurden nur verwiesen, aber Hans Schwalbe mit glühenden Zangen gekniffen und geviertheilt. Der brave Schmidt war nun noch zu belohnen. Auf die Frage, was er wünsche, antwortete der bescheidene Mann, er wünsche nichts, als lebenslang frei Kohlen brennen zu dürfen. Das wurde ihm nicht nur gern gewährt, sondern der Kurfürst schenkte ihm auch ein Freigut und verordnete, er solle künftig Triller heißen, weil er den Kunz so derb getrillt (niedergeschlagen) habe, und der älteste seiner Familie bis auf ewige Zeiten jährlich vier Scheffel Korn von der Regierung erhalten. Und dies geschieht noch bis heute.
Diese beiden Prinzen find noch darum merkwürdig, weil von ihnen die beiden noch jetzt regierenden sächsischen Linien abstammen: das erixeftinifche und das albertinische Haus.
Friedrich Iii. hat bei allen solchen Vorgängen wenig mehr gethan als zugeschaut, und hat so den Namen des Kaisers 54 Jahre geführt, bis er 1493 starb. Wie sehr er neben seiner Trägheit zugleich voll Mißtrauen war, davon gab er einen Beweis in den Verhandlungen mit
Karl dem Kühnen, Herzog von Burgund (1467—77). Dieser Karl war der einzige Sohn und Erbe Philipps des Guten, der oben bei der Geschichte der Jungfrau von Orleans erwähnt wurde. Philipp hatte noch 37 Jahre nach der Verbrennung jenes Mädchens (bis 1467) gelebt und galt für den trefflichsten und galantesten Ritter seiner Zeit. Kein Fürst war so reich wie er. Ihm gehörte nicht nur fast das ganze jetzige Königreich der Niederlande, sondern auch Belgien, die Franche-Comte und Bourgogne in Frankreich. In seinen damals überreichen Ländern besaß er eine Menge prachtvoller Paläste, alle mit dem kostbarsten Hansgeräthe und den künstlichsten Tapeten versehen, mit denen man damals großen Luxus trieb. Täglich fand man bei ihm offene Tafel, und wenn er Turniere und Bankette gab, so aß man von goldenem Geschirre, und seine Trinktische strotzten von goldenen Bechern, mit edlen Weinen gefüllt. Alle feine Länder und Reichthümer hatte fein einziger Sohn, Karl der Kühne, geerbt, aber nicht feine Herzensgüte. Karl war ein stolzer, unruhiger, kriegerischer Fürst, der zwar nur 10 Jahre regiert hat, aber in dieser Zeit nie zur Ruhe gekommen ist, weil er, wie die Reichen so oft, statt das ihm verliehene Glück froh zu genießen, sich an feinen Schätzen nicht genügen ließ. So gelüstete es ihm, König von Burgund zu heißen. Dazu bedurfte
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Extrahierte Personennamen: Hans_Schwalbe Schmidt Friedrich_Iii Friedrich Karl Karl Karl Karl Philipps Philipp Karl_der_Kühne Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Burgund Niederlande Belgien Frankreich Burgund
Iß4 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland.
aufmerksamer Blick auf das bisher Erzählte wird die Hauptursachen leicht finden. Da war der Widerstand der Päpste, da waren die verderblichen Züge nach Italien (Römerzüge) und die das Reich zerstörenden Parteiungen. Die Fürsten, die kleinen wie die großen, welche doch eigentlich im Namen des Reichs ihre Gebiete verwalten und die Gebote des Kaisers ausführen sollten, strebten nach Begründung ihrer Familienmacht, nach einer wirklichen Hoheit in ihren Ländern und nach möglichster Unabhängigkeit von den Kaisern. Diese waren entweder zu schwach, um ihren Befehlen Nachdruck zu geben, oder sie mußten dem oder jenem Fürsten manches nachsehen und einräumen, um sich ihren Beistand gegen andere Fürsten zu sichern. So widerspenstig, wie sich die Fürsten gegen ihr Reichs-vberhaupt bezeigten, so ungehorsam waren auch die Edelleute gegen ihre Fürsten. Jeder glaubte ein Recht zu haben, zu rauben und sich mit Andern herumzuraufen, so viel wie er wollte, und so entstand denn eine allgemeine Unordnung. Mit seinen Unterthanen verfuhr jeder wie ihm beliebte, und untereinander wurde jede Streitigkeit gleich mit dem Schwerte abgemacht. Ein Pfalzgraf ließ einmal seiner jungen Frau, bloß weil er einen Verdacht auf sie geworfen hatte, von einem seiner Knechte den Kopf abschlagen, ohne daß Jemand nur daran dachte, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Was noch .das Uebel vermehrte, war, daß die Kaiser im 11. und 12. Jahrhundert mehr in Italien als in Deutschland zu thun hatten und daher nicht einmal viel Zeit behielten, die Ruhestörer in Deutschland zur Ordnung zu bringen. Es ist schon gesagt worden, daß man diese Unordnungen, wo jeder sich nach Maßgabe seiner Kräfte selbst Recht verschaffte, das Faustrecht nannte. Die wilden Raubritter lauerten besonders auf die Kaufmannswagen und Schiffe. Sahen sie von ihren Burgen herab in der Ferne einen Frachtwagen kommen, so saßen sie mit ihren Knechten zu Pferde, legten sich in einen Hinterhalt und brachen auf die sorglos einherziehenden Kaufleute los, die dann alle Habe verloren und noch froh sein mußten, wenn sie mit dem Leben und gesunden Gliedern davonkamen. Eben so ging es den Schiffen, die auf dem Rheine, der Elbe und andern deutschen Strömen die Waaren von Stadt zu Stadt führten. Da nun alle Klagen darüber bei dem Kaiser ohne Wirkung blieben, so dachten die Kaufleute selbst auf Abhülfe. Hamburg und Lübeck schlossen zuerst einen Vertrag, gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts, und bald trat auch Braunschweig dazu. Sie nannten das Bündniß Hansa. (Hansa hieß
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Italien Deutschland Deutschland Rheine Hamburg
I — 45 —
seine Helfer erwies sich'waldemar sehr dankbar, indem er ihnen Landstriche und Gerechtsamen abtrat. Kaiser Karl erkannte ihn zuerst an; da er sich aber später mit Ludwig aussöhnte, erklärte er ihn für einen Betrüger, und Ludwig eroberte die abgefallenen Städte bald zurück. Er hatte aber alle Freude an der Mark verloren, überließ sie seinen Brüdern Ludwig dem Römer und Otto dem Faulen und zog sich nach seinem schönen Tirol zurück. Der falsche Waldemar starb in Dessau und wurde fürstlich bestattet. Er soll ein Knappe Waldemars, der Müller Jakob Rehbock, gewesen und wegen seiner Ähnlichkeit mit Waldemar zu dem Betrüge benutzt worden sein.
Otto dem Faulen, dem kläglichsten Fürsten, der je ein Land regiert hat, wußte der schlaue Kaiser Karl Iv. die Mark durch allerlei List aus den Händen zu reißen, um seinen Sohn Wenzel damit zu belehnen (1373).
15* Die Mark unter den Luxemburgern (1373—1415).
1. Karl Iv. im deutschen Reiche. Er war auf allerlei krummen Wegen zum Throne gekommen und wußte überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Dem deutschen Reiche war er ein Stiefvater und vergab dessen Gerechtsamen, um seinen Säckel zu füllen. In Italien spielte er ohne Heer eine traurige Rolle und stahl sich am Tage seiner Krönung wie ein Dieb aus Rom. Der Dichter Petrarca rief ihm nach: „Wenn dir dein ritterlicher Großvater in den Alpen begegnete, mit welchem Namen würde er dich anreden?"
In dieser Zeit wurden die Gemüter durch große Schrecknisse, wie Hungersnot, Erdbeben, Heuschreckenschwärme und den „schwarzen Tod" erschüttert. Letzterer war eine Pest, die wie ein Würgengel Europa durchzog und ein Drittel aller Menschen wegraffte. Weil das entsetzte Volk meinte, die Juden hätten sie durch Vergiftung der Brunnen erzeugt, so wurden diese Unglücklichen grausam verfolgt. Andere sahen in ihr ein göttliches Strafgericht und wollten den Zorn Gottes durch schmerzliche Bußübungen versöhnen. Die Geißler zogen in Schwärmen
unter einer roten Fahne umher, sangen Büßlieder und
geißelten sich mit Stachelriemen blutig. Zuletzt sammelten sie auch Geld ein und verübten allerlei Gewaltthaten, so daß man die Thore vor ihnen schloß. — Karl Iv. _ -
setzte durch die goldene Bulle (von der goldenen 25. Karl iv. Siegelkapsel so genannt) 1356 fest, daß 7 Kur- oder Wahlfürsten den Kaiser wählen sollten, und zwar drei geistliche: die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und vier weltliche: der König von Böhmen, der Pfalzgraf am Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg.
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Für diese Länder war er ein wahrer Vater. In Böhmen brach er die Räubernester, sorgte für gerechtes Gericht, ließ Wege und Brücken bauen, Flüsse schiffbar machen, zog
deutsche Gelehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 die Universität Prag als eine Pflanzstätte der Bildung. Bisher war die Wissenschaft in den Klöstern gepflegt worden oder das Vorrecht der Geistlichen gewesen. Bis zu 20000 stieg die Zahl der Studenten. War Böhmen für den Kaiser das rechte, so war Brandenburg das linke Auge. Er weilte gern in Tangermünde an der Elbe und machte es zum Mittel-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig_dem_Römer Ludwig Otto Jakob_Rehbock Otto Karl_Iv Karl Karl_Iv Karl Petrarca Karl_Iv Karl Karl_iv Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Dessau Italien Rom Europa Mainz Rhein Sachsen Brandenburg Brandenburg Brandenburg
I
45
seine Helfer erwies sich Waldemar sehr dankbar, indem er ihnen Landstriche
und Gerechtsamen abtrat. Kaiser Karl erkannte ihn zuerst an; da er sich
aber später mit Ludwig aussöhnte, erklärte er ihn für einen Betrüger, und
Ludwig eroberte die abgefallenen Städte bald zurück. Er hatte aber alle
Freude an der Mark verloren, überließ sie seinen Brüdern Ludwig dem
Römer und Otto dem Faulen und zog sich nach seinem schönen Tirol
zurück. Der falsche Waldemar starb in Dessau und wurde fürstlich bestattet.
Er soll ein Knappe Waldemars, der Müller Jakob Rehbock, gewesen und
wegen seiner Ähnlichkeit mit Waldemar zu dem Betrüge benutzt worden sein.
Otto dem Faulen, dem kläglichsten Fürsten, der je ein Land regiert
hat, wußte der schlaue Kaiser Karl Iv. die Mark durch allerlei List aus
den Händen zu reißen, um seinen Sohn Wenzel damit zu belehnen (1373).
15. Die Mark unter den Luxemburgern <1373—1415).
1. Karl Iv im deutschen Reiche. Er war auf allerlei krummen Wegen
zum Throne gekommen und wußte überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Dem
deutschen Reiche war er ein Stiefvater und vergab dessen Gerechtsamen, um seinen
Säckel zu füllen. In Italien spielte er ohne Heer eine
traurige Rolle und stahl sich am Tage seiner Krönung
wie ein Dieb aus Rom. Der Dichter Petrarca rief ihm
nach: „Wenn dir dein ritterlicher Großvater in den Alpen
begegnete, mit welchem Namen würde er dich anreden?"
In dieser Zeit wurden die Gemüter durch große Schreck-
nisse, wie Hungersnot, Erdbeben, Heuschreckenschwärme
und den „schwarzen Tod" erschüttert. Letzterer war eine
Pest, die wie ein Würgengel Europa durchzog und ein
Drittel aller Menschen wegraffte. Weil das entsetzte
Volk meinte, die Juden hätten sie durch Vergiftung der
Brunnen erzeugt, so wurden diese Unglücklichen grausam
verfolgt. Andere sahen in ihr ein göttliches Strafgericht
und wollten den Zorn Gottes durch schmerzliche Buß-
übungen versöhnen. Die Geißler zogen in Schwärmen
unter einer roten Fahne umher, sangen Büßlieder und
geißelten sich mit Stachelriemen blutig. Zuletzt sammelten
sie auch Geld ein und verübten allerlei Gewaltthaten,
so daß man die Thore vor ihnen schloß. — Karl Iv.
setzte durch die goldene Bulle (von der goldenen
Siegelkapsel so genannt) 1356 fest, daß 7 Kur- oder
Wahlfürsten den Kaiser wählen sollten, und zwar drei geistliche: die
Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und vier weltliche: der König
von Böhmen, der Pfalzgras am Rhein, der Herzog von Sachsen und
der Markgraf von Brandenburg.
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Für diese Länder war er
ein wahrer Vater. In Böhmen brach er die Räubernester, sorgte für ge-
rechtes Gericht, ließ Wege und Brücken bauen, Flüsse schiffbar machen, zog
deutsche Gelehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 die
Universität Prag als eine Pflanzstätte der Bildung. Bisher war die
Wissenschaft in den Klöstern gepflegt worden oder das Vorrecht der Geist-
lichen gewesen. Bis zu 20000 stieg die Zahl der Studenten. War Böhmen
für den Kaiser das rechte, so war Brandenburg das linke Auge. Er
weilte gern in Tangermünde an der Elbe und machte es zum Mittel-
25. Karl iv.
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Extrahierte Ortsnamen: Dessau Italien Rom Europa Mainz Rhein Sachsen Brandenburg Brandenburg Brandenburg
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Er soll ein Knappe Waldemars, der Müller Jakob Rehbock, gewesen und
wegen seiner Ähnlichkeit mit Waldemar zu dem Betrüge benutzt worden sein.
Otto dem Faulen, dem kläglichsten Fürsten, der je ein Land regiert hat,
wußte der schlaue Kaiser Karl Iv. die Mark durch allerlei List aus den
Händen zu reißen, um seinen Sohn Wenzel damit zu belehnen (1373).
15. Die Mark unter den Luxemburgern (1373—1415).
1. Karl Iv. im deutschen Reiche. Er war auf
allerlei krummen Wegen zum Throne gekommen und
wußte überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Dem deut-
schen Reiche war er ein Stiefvater und vergab dessen
Gerechtsamen, um seinen Säckel zu füllen. In Italien
spielte er ohne Heer eine traurige Nolle und stahl sich
am Tage seiner Krönung wie ein Dieb aus Rom. Der
Dichter Petrarca rief ihm nach: „Wenn dir dein ritter-
licher Großvater in den Alpen begegnete, mit welchem
Namen würde er dich anreden?" In dieser Zeit wurden
die Gemüter durch große Schrecknisse, wie Hungersnot,
Erdbeben, Heuschreckenschwärine und den „schwarzen
Tod" erschüttert. Letzterer war eine Pest, die wie ein
Würgengel Europa durchzog und ein Drittel aller Men-
schen wegraffte. Weil das entsetzte Volk meinte, die
Juden hätten sie durch Vergiftung der Brunnen erzeugt,
so wurden diese Unglücklichen grausam verfolgt. Andere
sahen in ihr ein göttliches Strafgericht und wollten den
Zorn Gottes durch schmerzliche Bußübungen versöhnen.
Die Geißler zogen in Schwärmen unter einer roten
Fahne umher, sangen Büßlieder und geißelten sich mit Stachelricmcn blutig.
Zuletzt sammelten sie auch Geld ein und verübten allerlei Gewalttaten, so daß
man die Thore vor ihnen schloß. — Karl Iv. setzte durch die goloene Bulle
(1356) fest, daß 7 Kur- oder Wahl fürsten den Kaiser wählen sollten, und
zwar 3 geistliche: die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und 4 welt-
liche: der König von Böhmen, der Pf alz graf am Rhein, der Herzog
von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg. Von dem angehängten
goldenen Siegel (Bulle) erhielt dieses Reichsgrundgesetz den Namen goldene
Bulle.
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Für diese Länder war er ein
wahrer Vater. In Böhmen brach er die Räubernester, sorgte für gerechtes
Gericht, ließ Wege und Brücken bauen, Flüsse schiffbar machen, zog deutsche
Gelehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 die Univer-
sität Prag als eine Pflanzstätte der Bildung. Bisher war die Wissenschaft
in den Klöstern gepflegt worden oder war das Vorrecht der Geistlichen gewesen.
Bis zu 20000 stieg die Zahl der Studenten. War Böhmen für den Kaiser das
rechte, so war Brandenburg das linke Auge. Er weilte gerne in Tanger-
münde a n d e r E l b e und machte es zum Mittelpnnkt des Verkehrs. Der Land-
bau blühte auf, nützliche Thätigkeit regte und Wohlstand mehrte sich überall.
Karl ließ ein Verzeichnis aller Äcker anfertigen und verteilte die Abgaben in ge-
rechter Weise. Für Böhinen und Brandenburg starb er zu früh.
3. Seine Söhne Wenzel und Sigismund glichen ihm nicht in der Für-
sorge für ihre Erbländer. Wenzel war ein träger und grausamer Tyrann, der
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