Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Das erste Geschichtsbuch - S. 82

1892 - Gera : Hofmann
— 82 — machten. An seine Thür schrieben sie: „Joachimcheu, hüte dich; sangen wir dich, so hangen wir dich!" Sie legten ihm einen Hinterhalt, er aber entging ihnen durch die Warnung eines treuen Bauern. In einem Jahre ließ er 70 dieser Räuber hinrichten. Ein Oheim warnte ihn, also gegen den Adel seines eigenen Landes zu wüten. Ihm antwortete er: „Nicht adeliges, sondern nur Schelmenblut habe ich vergossen. Wären diese redliche Edelleute gewesen, so hätten sie keine Verbrechen begangen!" In Berlin gründete er das Kammergericht, das in Streitsachen den letzten und höchsten Spruch fällte. Die Juden verfolgte er grausam und jagte sie aus dem Lande. Lnthern und seinem Werke war er feind. Trotzdem breitete sich die neue Lehre in seinem Lande aus, und sogar die Knrfüstin Elisabeth bekannte sich heimlich dazu. Sie mußte aber vor dem Zorn ihres Gatten bei Nacht und Nebel nach Sachsen fliehen. Hier lebte sie in fleißigem Verkehr mit Luther bis nach dem Tode ihres Mannes. Ihre Söhne holten sie dann zurück und traten beide zur evangelischen Kirche über, Kurfürst Joachim Ii. im Jahre 1539. Sein Wahlspruch war: „Allen wohlzuthun ist Fürstenart." Durch einen Erbvertrag mit den schlesischen Herzögen erwarb er das Recht auf Schlesien, das später Friedrich der Große zur Geltung brachte. Auch die Erwerbung Preußens bereitete er vor. 11. Wie Luther in seiner Familie lebte. Luther verheiratete sich 1525 mit Katharina von Bora und führte mit ihr ein glückliches Eheleben. Er rühmte selbst: „Mir ist's, gottlob, wohlgeraten, denn ich habe ein frommes und getreues Weib!" In seinem Testamente bezeugte er seiner Käthe, „daß sie ihn allezeit lieb und wert gehalten habe". Luther wohnte in dem Augustinerkloster, das ihm der Kurfürst schenkte, als es die Mönche verlassen hatten. Käthe war eine fleißige und sparsame Hausfrau. Sie baute den Garteu, mästete alljährlich ein Schwein, hielt Kostgänger und vermehrte die Einnahmen, wo es ging. Und das war nötig, denn Luther war sehr gastfrei und freigebig,' fein Einkommen aber gering, da er von seinen Büchern nie einen Gewinn nahm. Kein Armer ging nngespeist und nnbeschenkt aus seiner Thür. Weil er alles für andere that, fehlte es ihm oft selbst an dem Nötigsten. Durch Geschenke half ihm oft der Kurfürst aus dieser und jener Verlegenheit. Seine Kinder lieble Luther gar zärtlich, aber streng erzog er sie in der Zucht und Vermahnung zum Herrn. Sein liebes Söhnlein Hans, dem er den lieblichen Brief von dem schönen Garten schrieb, durfte einmal drei Tage nicht vor fein Angesicht kommen. „Ich will lieber einen toten als einen ungeratenen Sohn!" sagte er. Groß war sein Schmerz, als seine vierjährige Magdalene auf dem Sterbebette

2. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 149

1899 - Gera : Hofmann
149 5. Er kämpft tapfer, stirbt plötzlich und läßt Deutschland in der traurigsten Verwirrung zurück. In furchtbarer Weise tobte nun der Kampf der Welsen und Ghibellinen in Italien und Deutschland. Tief schmerzte den Kaiser das Unglück seines Lieblingssohnes Enzio, der geschlagen und zu Bologna in lebenslängliche Haft genommen wurde. Beinahe wäre er einmal in einem großen Weinfasse aus der Gefangen- schaft befreit worden, aber eine Locke seines schönen Haares hing aus dem Spundloche und verriet ihn. In Schlesien bei Liegnitz auf der Walstatt opferte sich Herzog Heinrich der Fromme mit seinem Heere 1241, um die wilden Mon- golenschwärme aufzuhalten. Ungebrochen trotzte Friedrich allen seinen Feinden, da raffte ihn 1250 der Tod an einer ruhrartigen Krankheit hinweg. Sein tapferer Sohn Konrad Iv. folgte ihm auf dem Throne, starb aber schon 1254. Sein Gegenkönig Wilhelm von Holland wurde nach zwei Jahren von den Friesen erschlagen. Hierauf begann das sogenannte Interregnum oder Zwischenreich. 6. Die heilige Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, lebte, liebte und litt in der Zeit Friedrichs Ii. Sie war die Tochter des Königs Andreas von Ungarn. Als vierjähriges Kind wurde sie an den Hof des kunst- und gesangliebenden Landgrafen Hermann von Thüringen nach Eisenach gebracht und mit dessen Sohne Ludwig, ihrem Ver- lobten, auf der Wartburg erzogen. Als Fürstin fand sie im Wohl- thun ihre Lust, in Gebeten und frommen Übungen ihre Herzensfreude. Sie spann und nähte für die Armen, besuchte und pflegte Kranke und speiste bei einer Hungersnot täglich 900 Arme. Sich selbst versagte sie oft das Nötigste. Zum Gebete ließ sie sich auch des Nachts wecken. Von ihrem strengen Beichtvater Konrad von Marburg, dem Ketzer- richter, ließ sie sich oft blutig geißeln. Ihr Gemahl starb auf einen: Kreuzzuge in Italien. Ihr Schwager Heinrich Raspe verstieß sie mit ihren Kindern von der Wartburg. Lange irrte sie im bittersten Elende umher. Endlich fand sie in Marburg eine stille Stätte für ihr gesegnetes Wirken. Sie starb im Alter von 24 Jahren (1231) und wurde vom Papste heilig gesprochen. Über ihrem Grabe entstand ein herrlicher Dom. Fragen: Vergleichung Friedrichs I. und Ii.! — Welche Umstände brachten unter Innocenz Iii. das Papsttum zur höchsten Machtentfaltung? — Was machte den Kampf der Welfen und Ghibellinen so heftig unter Friedrich Ii.? — Die Sage von Richard Löwenherz und dem Sänger Blondel! — „Blondels Lied" von Seidl. „Der Waise" von Waltber v. d. Vogelweide. „König Enzios Tod" von W. Zimmermann. „Nomadenzug" von Lingg. — Worin war die Kaiserin Irene (d. i. Friedensgöttin) ein Muster? — „Elisabeths Rosen" v. L. Bechstein. 48. Konradin, der letzte Staufer. 1. Die traurigen Zustände in Deutschland und Italien. Das Interregnum oder Zwischenreich ist die kaiserlose, die schreckliche Zeit, 1256 in der kein Richter in deutschen Landen war und Gewalt überall vor bis Recht ging. Einige Wahlfürsten hatten nach dem Tode Wilhelms

3. Deutsche Prosa - S. 63

1900 - Gera : Hofmann
Königin Luise. 63 beiden Großmächten des alten Reiches standen, und sah in Oesterreich schlechtweg den stammverwandten Genossen. Mit der Mahnung, unsere leidenden österreichischen Brüder dereinst zu rächen, hatte sie vor Jahren ihren ältesten Sohn begrüßt, da er zum ersten male den Offiziersrock trug. Vor wie nach dem Kriege bekannte sie: „meine Hoffnung ruht ans der Verbindung alles dessen was den deutschen Namen trügt" — während der König, die militärische Lage richtiger schätzend, nicht ohne Rußlands Beistand den neuen Kampf wagen wollte. Jetzt aber fochten die Russen auf Frankreichs Seite; die Absichten des Wiener Hofes, der die Schlacht von Jena mit kaum verhohlener Schadenfreude begrüßt hatte, blieben in verdächtigem Dunkel. Das unfähige Kabinett, das die Erbschaft Steins angetreten, fand in der schwierigen Lage keinen festen Entschluß; Oesterreich unterlag, und die kriegerische Begeisterung des deutschen Nordens verrauchte in einigen kecken Parteigängerzügen. Die Königin aber schrieb verzweifelnd: „Oesterreich singt sein Schwanen- lied, und dann ade, Germania!" Zwei Tage der Hoffnung waren ihr noch beschieden am Abend ihres kurzen Lebens. Sie kehrte zurück in ihr geliebtes Berlin, und als sie durch das Königsthor einzog in dem neuen Wagen, den ihr die verarmte Stadt verehrt, nahebei der König zu Roß und die beiden ältesten Söhne im Zuge ihres Regiments, da begrüßten die dichtge- drängten Massen den Hof wie die Truppen mit herzlichem Willkommrnf; Preußens Volk und Heer, die einander so bitter gescholten und an- geklagt, feierten ihre Versöhnung, um fortan einig zu bleiben für alle Zukunft. Bald nachher, wenige Tage bevor die Königin ihre letzte Reise antrat, entließ Friedrich Wilhelm das Ministerium Altenstein; er verwarf die Abtretung von Schlesien, die ihm seine kleinmütigen Räte zumuteten, und berief Hardenberg an die Spitze der Geschäfte. Mit dem neuen Staatskanzler kam frisches Leben in die Verwaltung; er führte das Werk der Reformen des Freiherrn vom Stein kühn und be- sonnen weiter und bereitete durch ein vielverkanntes kluges diplomatisches Spiel die große Erhebung vor, während Scharnhorst die Waffen schärfte für den Tag der Befreiung. Diesen Tag zu erleben hat Luise nie ge- hofft. Ihr zarter Körper erlag dem verzehrenden Kummer. In ihrer Heimat, in den Armen des Gatten ist sie den Tod der Christin ge- storben. Die letzten Zeilen ihrer Feder lauten: „ich bin heute so glück- lich, liebster Vater, als Ihre Tochter und als die Frau des besten der Männer." Das gesamte Volk trauerte mit dem Witwer; doch auf dem Leben des schwergeprüften Fürsten blieb ein dunkler Schatten; niemals, auch nicht in den Tagen der leuchtenden Siege, hat er das starke schwellende Gefühl des Glückes wieder gefunden. Ohne jede Ahnung des eigenen Wertes, wie sie immer war, hat

4. Geschichts-Leitfaden für Bürger- und Mittelschulen - S. 253

1892 - Gera : Hofmann
258 General York, Befehlshaber der preuischen Hilfstruppen, schlo mit Rußland die ber-einkuuft von Tauroggen, wonach er die Feindseligkeiten einstellte. Der König mute zwar diesen eigenmchtigen Schritt ffentlich mibilligen, da Berlin noch franzsische Besatzung hatte, aber von der Begeisterung des Volkes gedrngt und getragen, verlegte er seine Residenz nach Breslau, um frei handeln zu knnen. Friedrich Wilhelm und Alexander schlssen ein Bndnis und gelobten, nicht eher das Schwert aus der Hand zu legen, bis Deutschland befreit sei. Fr die Helden des Kampfes stiftete der König den Orden des eisernen Kreuzes" mit der Inschrift: Mit Gott fr König und Vaterland!" Hochherzig und opferfreudig erhob sich unter groartiger Begeisterung zuerst das fast ganz zertretene Ostpreuen. Nach dem Muster dieser Provinz entstand berall die Landwehr und der Landsturm, und Freiwillige eilten scharen-weise dem Könige zu. Vaterlndische Dichter wie E. M. Arndt, 1813 19?. General V}oxf. 198. Theodor Krner. 199. Lrnst Moritz Arndt. Th. Krner, M. v. Schenkendorf und Fr. Rckert schrten die Begeisterung. Am 17. Mrz erschien der zndende Aufruf: An mein 1813 Volk!" und verwandelte Preußen in eine groe Kriegswerksttte. Ein Gefhl glhte in allen Herzen, ein Gedanke regte alle Hnde: Das Vaterland retten oder mit Ehren untergehen!" Greise traten neben Jnglingen, hohe Beamte neben schlichten Bauern unter die Waffen. Mit stolzer Thrne hie die Mutter den Sohn, die Gattin den Gatten, die Braut den Brutigam in den heiligen Krieg ziehen. Volle Brsen und bescheidene Sparbchsen, kostbarer Schmuck wie schlichte Trauringe und schnes Lockenhaar wurden auf dem Altar des Vaterlandes geopfert.

5. Theil 3 - S. 289

1880 - Stuttgart : Heitz
Karl Xis. in der Türkei. 289 Sorge zu äußern pflegte, und selbst über seine Wunde und über das Unglück bei Pnltawa nicht die geringste Gemüthsverstimmung zeigte; aber dieser Verlust rührte sein Herz so sehr, daß Augen, Hände und Sprache die tiefste Traurigkeit verriethen und er lange in diesem Zustande blieb." An seine jüngere Schwester schrieb er bald daraus: „Meine einzige Hoffnung ist, daß meine Herzensschwester sich bei fester Gesundheit befinden möge. Unser Herr erhalte sie ferner und mache mich einst so glücklich, sie noch einmal zu sehen. Diese Hoffnung macht mir das Leben noch einigermaßen werth, seit ich die Betrübniß erduldet habe, die ich nicht zu überleben glaubte. Denn mit frohem Muthe würde ich alles ertragen haben, wenn ich nur so glücklich gewesen wäre, von uns drei Geschwistern der erste zu sein, der sein ihm abgestecktes Ziel erreicht hätte. Nun hoffe ich wenigstens nicht so unglücklich zu sein, der letzte von uns zu werden." Bis so weit war Karl gekommen; aber was sollte nun weiter geschehen? — Ohne Heer sich durch Polen oder Deutschland nach Schweden zurückzuschleichen, war für den stolzen Mann ein entsetzlicher Gedenke. „Wie?" dachte er, „wenn du den Sultan zu einem Kriege gegen Rußland bewegen könntest?" — Und nun bot er alles dazu auf. Anfangs hatte Achmet keine Ohren dafür; aber Karl brachte es dahin, daß zwei Veziere, die vom Kriege abriethen, abgesetzt wurden, und selbst die Mutter des Sultans wurde bestochen. „Wann willst du," fragte sie ihren Sohn, „endlich meinem Löwen beistehen, daß er den Czar verschlinge?" — Achmet ernannte einen neuen Großvezier, Baltadschi Mehernet, und befahl ihm: „Führe das Heer gegen die Russen!" — „Gut," sagte Mehernet, „mein Schwert in der einen und den König an der andern Hand, will ich ihn an der Spitze von 200,000'Mcrntt nach Moskau führen!" — Im Geiste sah sich Karl schon in Moskau, und beinahe wäre es auch so weit gekommen. Czar Peter hatte indessen in Moskau einen herrlichen Triumph gehalten. Durch sieben Triumphpforten zog er ein. Hinter ihm her wurden nicht nur die gemeinen schwedischen Gefangenen, sondern selbst die berühmten Generale Karls geführt; ein großer Verstoß gegen das Zartgefühl, mit dem man jeden Unglücklichen behandeln muß.*) Auch sah man unter der Beute den zerschossenen Trag- *) Ein Augenzeuge erzählt: Mm dritten Tage nach unserer Ankunft in Moskau war der Triumphzug mit allen schwedischen Gefangenen. Der Marsch Weltgeschichte für Töchter. Iii. 16. Aufl. 19

6. Theil 2 - S. 74

1880 - Stuttgart : Heitz
Imf mm 74 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. ängstlich nach seiner Mutter, und da alles Flehen, wieder zurückzufahren, nichts half, so sprang er in der Angst seines Herzens über Bord, um zurückzuschwimmen. Aber der Strudel riß ihn fort, und er wäre ertrunken, wäre ihm nicht schnell ein Ritter, Eckbert von Braunschweig, nachgesprungen, der ihn herauszog und wieder aufs Schiff brachte. Hier suchte ihn Hanno zu beruhigen und brachte ihn glücklich nach Cöln, so sehr auch die jammernde Mutter am Ufer die Hände rang. Seit der Zeit hatte sie keine glückliche Stunde mehr. Ueberall fehlte ihr ihr geliebter Heinrich, der ihr nicht einmal Nachricht von sich geben konnte — in so strengem Gewahrsam wurde der Knabe anfangs gehalten. Wir haben noch einige Briefe übrig, welche damals ein würdiger Geistlicher an die unglückliche Agnes schrieb, in denen er ihr mit biederer Herzlichkeit Trost zuspricht und sie bittet, ihr Gemüth auf das hinzulenken, was über alles Irdische leicht tröstet. Sie beschloß, auf die Freuden dieses Lebens nun ganz zu verzichten und ihr Leben nur Gott zu weihen. Dazu reifte sie auch nach Rom und hier sah man sie, vom Kummer tief gebeugt, oft vor den Stufen des Altars in andächtigem Gebete zubringen. Späterhin mußte sie noch Zeuge der großen Noth ihres Sohnes und seiner tiefen Demüthigung vor dem Papste sein. Sie starb erst 17 Jahre nach der Trennung von ihrem Sohne. Heinrich führte anfänglich in Cöln ein trauriges Leben; Niemand wurde vor ihn gelassen. Nach und nach bekam er mehr Freiheit; Hanno ließ ihn endlich alles machen, was er wollte, und statt ihn sorgfältig zu unterrichten und in Geschäften zu üben, erlaubte er ihm, den ganzen Tag umherzulaufen, auf die Jagd zu gehen und Possen zu treiben. Außer Hanno war noch ein anderer ehrgeiziger Bischof in Deutschland, Adalbert von Bremen. Als Hanno's bitterer Feind mißgönnte er ihm die Vormundschaft über den jungen Kaiser. Hanno hatte den Grundsatz ausgestellt, daß derjenige Bischof, in dessen Sprengel der junge König sich aufhalte, die Aufsicht über ihn führen sollte. Diese Aufsicht hatte er bisher geführt; aber sie wurde ihm je länger je lästiger und darum näherte er sich seinem bisherigen Feinde Adalbert, den er zugleich sich dadurch zu gewinnen hoffte, und trug ihm die Aufsicht über den königlichen Knaben an, wenn er ihm dagegen die fernere Verwaltung des Reichs überlassen wollte. Adalbert ging das gern ein, und so kam Heinrich an den Hof dieses ehrgeizigen Mannes.

7. Theil 2 - S. 186

1880 - Stuttgart : Heitz
186 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. sammen, und als einmal ein kranker, mit Ungeziefer behafteter Bettler zu ihr kam, legte sie seinen Kopf auf ihren Schooß, schor ihm die Haare ab und wusch ihn. Alle Jahre einmal ließ sie die sämmtlichen Aussätzigen und Krätzigen um sich versammeln, um ihre Hände und Füße zu waschen und sogar ihre Wunden zu küssen. Einmal war eine große Hungersnoth im Lande; da öffnete sie ihre Kornspeicher und theilte täglich unter 900 Arme Lebenomittel aus. Auch stiftete sie ein Hospital am Fuße der Wartburg, zu dem sie täglich hinabstieg, um die Armen und Kranken mit eigenen Händen zu pflegen. Bei diesen Werken der Wohlthätigkeit fühlte sie sich übrigens überaus glücklich; denn ihr Mann war mit ihr zufrieden und liebte sie über Alles. Aber endlich kamen die Tage des bittersten Jammers. Kaiser Friedrich Ii. unternahm einen Kreuzzug; viele Fürsten und Herren begleiteten ihn, und Konrad von Marburg setzte dem Landgrafen so lange zu, bis er versprach, mitzuziehen. Als er mit den Edeln und Rittern seines Landes auszog, begleitete ihn die gute Elisabeth mit gepreßtem Herzen zwei Tage lang. Endlich kam der Augenblick der Trennung, vielleicht für das ganze Leben. Ganz aufgelöst in Schmerz hing sie an ihm, bis man sie halb mit Gewalt von ihm trennte. In tiefer Schwermut!) schwankte das arme Weib in ihr ödes Schloß zurück. Landgraf Ludwig kam nur bis Otranto int Neapolitanischen. Hier befiel ihn ein Fieber und er starb. Als diese Nachricht nach der Wartburg kam, hob Elisabeth die gefalteten Hände zum Himmel und rief: „Nun ist die Erde, und Alles, was sie enthält, todt für mich!" Dann sprang sie auf, und von wildem Schmerze ergriffen, lief sie bewußtlos durch die langen Gemächer des Schlosses, bis eine Mauer sie aufhielt. Regungslos blieb sie stehen, bis man sie hinwegführte. Auf diesen harten Schlag folgten bald mehrere. Ihre Feinde, die nun Keinen mehr zu fürchten hatten, brachen gegen die schutzlose Frau los und brachten es dahin, daß der Bruder ihres verstorbenen Mannes, Heinrich Raspe, sie aus dem Schlosse vertrieb. Sie nahm in unendlichem Grame ihren vierjährigen Knaben und ihre dreijährige Tochter an die Hand, und das kleinste ihrer Kinder, ein Mädchen von zwei Jahren, ans den Arm, und so wanderte sie die Wartburg hinab.*) Wo sollte sie nun hin? Denn *) Im Dome von Breslau zeigt man ihren bei diesem herben Gange geführten Wanderstab, in dem man noch die Bisse der Hunde sicht, die sie beißen wollten

8. Theil 2 - S. 250

1880 - Stuttgart : Heitz
250 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. beweist; das Ende der unglücklichen Agnes'bernaner. Herzog Ernst von Baiern, der in München residirte, hatte einen Sohn Albrecht. Dieser wohnte in Straubing an der Donau und war damals etwa 30 Jahre alt. Oft ritt er hinüber nach Augsburg, einer damals sehr reichen freien Reichsstadt, deren Patricier häufig Bankete, Lanzenstechen, Tanzbelustigungen und andere Feste veranstalteten, an denen auch die Töchter der angesehenen Familien Antheil nahmen. Vor allen andern zog des Herzogs Blicke auf sich die schöne Agnes Bernaner, eines Bürgers Tochter, ein Mädchen von solcher Schönheit, daß sie allgemein der Engel genannt wurde. Und sie war nicht nur schön, sondern auch lieblich und sittsam; aus ihren blauen Augen, die von den schönsten blonden Locken umschattet wurden, strahlte ein so reines und so sanftes Gemüth, daß Albrecht sich unwillkürlich zu ihr hingezogen fühlte und nur in ihrem Besitze glücklich werden zu können glaubte. Da er nun wußte, daß sein stolzer Vater nie in eine solche Verbindung willigen würde, so ließ er sich heimlich mit ihr am Altare verbinden, führte sie in ein einsames Schloß und lebte hier sechs Jahre mit ihr sehr glücklich. Aber jetzt verlangte der Vater, der von seiner Verbindung nichts ahnte, er solle sich mit einer braunschweigischen Prinzessin vermählen. Nach langem Weigern sah sich Albrecht endlich genöthigt, einzugestehen, daß er bereits mit Agnes vermählt sei. Der Vater tobte und lärmte sehr; doch beruhigte er sich endlich in der Hoffnung, daß sein Sohn dahin zu bringen sein werde, die nicht ebenbürtige Gattin zu verstoßen. Als daher Albrecht bald darauf vor den Schranken eines Turniers erschien, das Herzog Ernst in Regensburg hielt, ließ dieser ihn zurückweisen, weil er sich durch seine unwürdige Heirath um die Ehre der Ritterschaft gebracht habe. Aber diese Beschimpfung bewirkte das Gegentheil davon, was sie bewirken sollte. Seine Agnes, die so unschuldig von seiner Familie verfolgt wurde, war ihm nun noch theurer, und er war fest entschlossen, sie und sein Glück den Vorurtheilen des stolzen Vaters nicht aufzuopfern. Er trat nun öffentlich mit ihr hervor und richtete ihr in Straubing einen Hofstaat ein. Aber all dieser Glanz entzückte nicht das Herz der bescheidenen Agnes. Mit der Stille des Aufenthaltes war auch ihr Glück dahin, und der Gedanke, an dem Zerwürfnisse des Vaters und des Sohnes schuld zu sein, lastete zentnerschwer auf ihrem Herzen; sie konnte die Angst nicht los werden, daß sie zuletzt noch das Opfer werden würde, dachte immer an ihren nahen

9. Die Ohnmacht des Reiches und der Aufstieg der Hohenzollern - S. 158

1916 - Berlin : Union Dt. Verl.-Ges.
— 158 — rechtmäßigen im weltlichen Stande lebenden Sohn und, wenn dieser bereits verstorben, auf ebendessen erstgeborenen, im Laienstande lebenden Sohn frei und ohne jemandes Widerspruch übergehe. Wenn aber der so beschaffene Erstgeborene, ohne gesetzliche weltliche Erben zu hinterlassen, gestorben ist, so soll kraft gegenwärtiger kaiserlichen Verordnung Recht, Stimme und Gewalt genannter Kur an den älteren Bruder weltlichen Standes, der von der echten väterlichen Linie abstammt, und ferner auf jenes Erstgeborenen weltlichen Standes übergehen. Und solche Erbfolge bei den Erstgeborenen und Erben selbiger Fürsten in Recht, Stimme und Gewalt, wie vorbezeichnet, soll für ewige Zeiten beachtet werden, jedoch unter der Bedingung und Maßnahme, daß, wenn ein Kurfürst oder sein Erstgeborener oder älterer Sohn weltlichen Standes sterben und rechtmäßige weltliche Erben in noch unmündigen Jahren hinterlassen sollte, dann der ältere Bruder dieses Erstgeborenen Vormund und Verweser derselben sein soll, bis der Aelteste von ihnen das gesetzmäßige Alter erreicht hat. Als solches soll nach unserer Willensmeinung und ewiger Verordnung bei einem Kurfürsten das vollendete achtzehnte Lebensjahr gehalten werden und gelten. Wenn er dieses vollendet hat, soll der Vormund gehalten sein, Recht, Stimme und Gewalt und alles zu diesem Gehörige ihm gänzlich mit dem Amte sofort zu überweisen. Aus Kapitel 25, § 2. Wir beschließen und setzen durch diese für immer gültige Verordnung fest, daß von nun an für alle Zukunft die ausgezeichneten und erlauchten Fürstentümer, nämlich das Königreich Böhmen, die Pfalzgrafschaft bei Rhein, das Herzogtum Sachsen und die Markgrafschaft Brandenburg, an ihren Gebieten, Bezirken, Lehenschaften und Vasallenschaften und allem, was auf irgendeine Weise dazu gehört, nicht zerspalten, geteilt oder auf irgendeine Weise zerrissen werden dürfen, sondern vielmehr in vollkommener Vollständigkeit beständig erhalten werden sollen." Aus diesen Bestimmungen der Goldenen Bulle heben wir folgende Begriffe heraus: 1. Die Unteilbarkeit des Kurgebietes. 2. Primogenitur, d. H. die Thronfolgeordnung nach dem Rechte der Erstgeburt. 3. Agnaten, d. H. die Verwandten, die von den männlichen Gliedern der Familie abstammen, die Schwertmagen der alten Zeit. Kognaten, d. H. die Verwandten, die von den weiblichen Gliedern der Familie abstammen, die Kunkel- oder Spindelmagen der alten Zeit. 4. Linea, d. H. die Reihe der Generationen, die von einem Vater abstammen. Linealfolge, d. H. die Thronfolgeordnung nach der Altersreihe innerhalb der Linie. 5. Regentschaft, d. H. die stellvertretende Regierung für einen regierungsunfähigen Herrscher. Ein Vergleich zwischen den Bestimmungen der Goldenen Bulle und den Artikeln 53—58 der preußischen Verfassung ergibt leicht, welche Stücke in den Artikeln auf die Goldene Bulle zurückzuführen sind. Das Hausgesetz des Kurfür st en Albrecht Achilles» Dispositio Achillea, 1473. Die weitere Entwicklung der brandenburgischen Thronfolgeordnung war von folgenden Tatsachen abhängig: 1. davon, daß das Geschlecht der

10. Übersichtliche Darstellung der deutschen Geschichte bis 1648 - S. 54

1908 - Habelschwerdt : Franke
54_____ Kreuzzuge in die Gefaugeuschast des Kaisers geraten war, mußte die deutsche Oberhoheit anerkennen. Heinrich Vi. wollte ein Weltreich gründen und die Königskrone in seinem Hanse erblich machen; er starb aber schon im Alter von 32 Jahren. Wie bei dem frühzeitigen Tode Heinrichs Iii. ging das Reich auch jetzt großen Gefahren entgegen. Philipp von Schwaben, 1198—1208, und Otto Iv., 1198—1215. Obgleich die deutschen Fürsteu schon bei Lebzeiten Heinrichs Vi. seinen zweijährigen Sohn Friedrich als Nachfolger anerkannt hatten, wählten sie jetzt Philipp, den jüngsten Sohn Friedrich Barbarossas, zum Könige. Die Gegner der Hohenstaufen erhoben aber Otto, einen Sohn Heinrichs des Löwen, anf den Thron. Deshalb kam es zu einem Bürgerkriege. Als bet: edle Philipp 1208 von Otto von Wittelsbach aus Rachsucht ermordet worben war, würde Otto Iv. allgemein anerkannt. Da dieser auf seinem Römerzuge den Kirchenstaat angriff, belegte ihn Papst Innozenz Iii. mit dem Banne. Deshalb wandten sich die deutschen Fürsten jetzt dem jungen Friedrich Ii., dem Sohne Kaiser Heinrichs Vi., zu. und Otto verlor seinen Anhang. - - --------- ggo 1215-1250 Friedrich Ii., 1215—1250. , e&w' ' r 1. Seine Erziehung und seine Persönlichkeit. Friedrich war nach dem Tode seines Vaters bei seiner Mutter Konstanze in Unteritalien geblieben. Als die Mutter nach einem Jahre starb, leitete sein Vormund, Papst Innozenz, die Erziehuug des reich begabten Knaben. Friedrich wnrde auch mit der Wissenschaft der Araber vertraut, vou denen damals viele in Sizilien lebten. Er zeigte körperlich und geistig viel Ähnlichkeit mit seinem Großvater Friedrich Barbarossa, war ihm aber an Kenntnissen und staats-männischem Scharfblick überlegen. Infolge seiner Erziehung war er inehr Italiener als Deutscher. Er liebte die Wissenschaften und Künste und umgab sich mit orientalischer Pracht. 2. Der fünfte Kreuzzug, 1228—1229. Friedrich Ii. hatte bei seiner Krönung zum deutschen Könige in Aachen, wie auch bei der Kaiserkrönung einen Kreuzzug gelobt. Wegen dringender Staatsgeschäfte schob er aber die Ausführung des Unternehmens so lange auf, bis ihm der Papst mit dem Banne brohte. Enblich sammelte Friedrich im Sommer 1227 in Unteritalien ein großes Kreuzheer, das jeboch durch das Fieber schwere Verluste erlitt. Friedrich ging zu Schiff, kehrte aber nach drei Tagen krank zurück. Der Papst hielt Friedrichs Krankheit für Verstellung und sprach
   bis 10 von 10
10 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 10 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 5
2 9
3 1
4 49
5 6
6 1
7 9
8 3
9 1
10 46
11 10
12 13
13 5
14 0
15 0
16 12
17 0
18 0
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 19
26 38
27 9
28 31
29 2
30 0
31 9
32 0
33 10
34 43
35 10
36 20
37 86
38 0
39 7
40 7
41 1
42 53
43 11
44 1
45 8
46 84
47 49
48 2
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 28
2 0
3 1
4 0
5 0
6 0
7 2
8 0
9 1
10 0
11 0
12 1
13 1
14 0
15 0
16 3
17 82
18 0
19 1
20 6
21 4
22 15
23 8
24 3
25 1
26 4
27 0
28 1
29 2
30 0
31 0
32 5
33 0
34 3
35 8
36 3
37 5
38 25
39 91
40 1
41 2
42 3
43 3
44 0
45 17
46 7
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 12
53 1
54 5
55 2
56 4
57 0
58 0
59 2
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 2
66 0
67 3
68 6
69 2
70 1
71 24
72 2
73 1
74 0
75 6
76 0
77 47
78 2
79 1
80 0
81 0
82 6
83 7
84 0
85 0
86 2
87 13
88 7
89 0
90 7
91 1
92 22
93 0
94 26
95 0
96 3
97 0
98 8
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 1
2 0
3 0
4 0
5 1
6 0
7 1
8 0
9 2
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 0
17 0
18 1
19 0
20 0
21 0
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 0
29 0
30 0
31 0
32 0
33 6
34 0
35 3
36 0
37 0
38 0
39 0
40 0
41 1
42 0
43 0
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 1
52 0
53 0
54 0
55 1
56 0
57 0
58 0
59 8
60 1
61 3
62 0
63 0
64 6
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 3
72 2
73 0
74 0
75 1
76 0
77 0
78 0
79 0
80 1
81 9
82 0
83 0
84 0
85 0
86 0
87 0
88 2
89 0
90 0
91 0
92 0
93 0
94 0
95 0
96 0
97 4
98 0
99 0
100 4
101 0
102 0
103 0
104 0
105 0
106 1
107 0
108 0
109 0
110 0
111 4
112 0
113 0
114 0
115 0
116 4
117 0
118 0
119 0
120 0
121 1
122 0
123 0
124 1
125 0
126 0
127 0
128 0
129 0
130 0
131 1
132 1
133 0
134 0
135 0
136 1
137 0
138 0
139 0
140 0
141 0
142 0
143 0
144 0
145 0
146 0
147 0
148 0
149 0
150 0
151 0
152 2
153 0
154 0
155 2
156 0
157 1
158 1
159 0
160 0
161 2
162 0
163 0
164 0
165 0
166 1
167 1
168 0
169 2
170 0
171 3
172 1
173 0
174 0
175 0
176 0
177 0
178 0
179 0
180 0
181 0
182 0
183 2
184 0
185 0
186 0
187 0
188 0
189 0
190 0
191 2
192 0
193 0
194 0
195 0
196 0
197 0
198 0
199 0