116
Zweites Buch.
Trümmern der morsch gewordenen und umgestürzten Riesen-
stämme erheben sich in üppigem Wüchse neue Pflanzenge-
schlechter. Feuchte Wärme begünstigt schwelgerische Vegeta-
tion. Das Schmarotzergeschlecht der verschiedenen Schling-
pflanzen, Lianen, umschlingt die Stämme, ersteigt die höch-
sten Gipfel, verbindet als schwebende Guirlande entfernte Aeste.
Alles glüht und schimmert von großen, prächtig gefärbten
Blumen. Unter das Alles mischt sich eine nicht minder bun-
te, schillernde und geschwätzige Thierwelt. In den Zweigen
schreien die bunten Papageien, zahlreiche Affengeschlechter
schwingen sich von Ast zu Ast, während das Faulthier um den
Stamm geklammert hängt — um die Blumen gaukeln um
die Wette Schmetterlinge (bis zur Handbreite groß und die
unsrigen an Farbe weit überstrahlend) und Kolibri's, die ihren
fadenförmigen Schnabel in die Blüthenkelche tauchen — durch
das Gras schleichen gleißend-schöne Reptilien, schwirren Kä-
fer, die wie Edelsteine glänzen — nach Sonnenuntergang wird
es still, und die reißenden Katzen beginnen ihren mörderischen
Gang. Solche Urwälder giebt es besonders an den Abhän-
gen der Gebirge und am mittleren Marannon. In diesen
Gegenden schätzt Humboldt den zusammenhängenden Urwald
6 mal größer als Frankreich. In ungeheurer Ausdehnung
tritt ferner in Süd-A. die Form der Steppe auf. So deh-
nen sich am linken Ufer des Orinoco die Llanos, d. i.
weite bäum - und hügellose Gras-Ebenen, 14,000 mm. groß.
Sie bieten im Jahre ein dreifaches Bild: zuerst sind sie eine
von der Sonne verbrannte und verkohlte Fläche, der Boden
klafft in Spalten, und Staubwolken steigen in die brennende
Luft. Nur wenige Lachen verdampfen nicht völlig; hier lauern
die Zitteraale, Fische mit electrischer Kraft. Fällt die Regen-
zeit ein, so entsteht plötzlich die üppigste Grasfläche — treten
die großen Ströme über ihre Ufer, so verwandelt sich die
Steppe in einen Wasserspiegel. Nur die höheren Stellen
ragen hervor, als Zuflucht der Pferde, Maulthiere und Rin-
der, die von den kühnen Llanero's (d. i. Hirten) bewacht,
frei umherstreifen. Eben so ungeheuer gedehnte Ebenen sind
die Pampas, südlich von La Plata, von wilden Rindern
durchstreift und von unstäten Menschen (Guaucho's), die
sich mit dem Fange derselben abgeben. — Stelle Verglei-
chungen mit andern Erdtheilen an (Kobi, Karroo).
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
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324
Das Russische und Rumänische Tiefland.
die Seite des Bergufers. Die Landschaft ist höher gelegen als das Strom-
bett des Flusses, und die ihm zugehenden Wasserrinnen haben in die Bo'den-
form Abwechslung gebracht. Zuerst fuhren wir an einem Höhenzuge ent-
lang, aus dem die w e i s s e n Kr e i d e f e 1 s en herausblickten, und auch als diese
sich verflachten, blieb eine W e 11 e n f o r m der Landschaft noch auf einerlangen
Strecke bestehen. Nicht die Landschaftsform macht die Steppe so eintönig,
sondern die Kul turar mut und die geringe Besiedelung derselben, so-
wie die völlige Versengung des Pflanzenkleides im Spätsommer. Wie
. verbrannt liegt sie* in der Sonnenglut vor uns, alles Leben scheint erstorben.
Der Luftzug findet keinen Baum und Strauch, in deren Zweigen er lispeln und
säuseln kann, und nicht rauscht und murmelt ein Bach, ein Quell. Und doch
sehen wir überall die Anzeichen, dass das Bild der Steppe zu andern Zeiten
des Jahres ein anderes ist. Ausgetrocknete grössere und kleinere Rinn-
sale, letztere in den Lössboden senkrecht eingeschnitten, erscheinen
und verraten, dass hier Wasserfluten ihren Weg nahmen, und die zahlreichen
Frucht- und Heuschob er, welche die nur selten erscheinenden Ortschaften
umstellen, sagen uns, dass die Steppe auch den Anblick wogender Getreidefelder
und Grasfluren kennt. So wird unser Geist zurückgelenkt in den Frühling,
in die Zeit, wo sich das Pflanzenleben neu entfaltet, wo Gräser und Kräuter,
wo die in den Erdenschos gelegte Saat ein üppiges und schnelles Wachstum
beginnen.
Bescheiden haben sich in die Wellenlinien der Steppe die Wohnhütten
der Kosaken eingegliedert. Alle zeigen ein gleichförmiges Aussehen. Grosse
Sorgfalt verrät, im Gegensatz zu den elenden Häusern in andern Teilen Russ-
lands, das glatt gelegte und scharf abgeschnittene Strohdach. Unter ihm
leuchten weissgetünchte Wände hervor, in denen sich nur wenige und
kleine Fensteröffnungen befinden. Dicht drängen sich die Kosakenwohnungen
in den Dörfern zusammen. Diese lassen selten Strassenzüge erkennen. Ein
malerisches Gepräge erhalten sie durch die zahlreichen vier- und siebenflügeligen
Windmühlen. Häufig liegen diese, wenn nicht kleine Hügel ihnen den Platz
anweisen, in langer Reihe nebeneinander. Oft ist ihre Zahl so gross, dass sie das
ganze Landschaftsbild beherrschen. So ist ein Dorf in der Nähe der Station
Micbailowka von 26 Windmühlen umgeben. Wenn sie alle unter dem Hauche
des Windes ihre langen Flügelarme in Bewegung setzen, so meint man fast,
die ganze Steppe wolle zum Fluge sich erheben.
So fehlt es der Südrussischen Steppe, trotz ihrer sonstigen Einförmigkeit
und trotz ihres dürftigen Pfianzenkleides auch nicht an jener Abwechslung, die
man an allem, was eigen geartet ist, zu finden glaubt. Und wenn wir das
Kosakenvolk betrachten, das sich an den Stationen jedesmal beim Halten
eines Eisenbahnzuges zusammenfindet, die langbärtigen, ungemein kriegerisch
aussehenden Männer, die trotz der Gluthitze ihren Körper in lange Röcke ge-
steckt haben, und in deren Gurt die nie fehlende Dolchklinge steckt, die
Frauen, die schreiend bunte Kleider tragen, den Kosakenoffizier, der keck die
Passagiere mustert, und wenn wir ferner die Leute in ihren Lebensgewohn-
heiten beobachten, wie sie den Sonnenblumensamen mit den Zähnen ge-
schickt entschalen, um den Kern zu naschen, wie andere an grossen Scheiben
Melonen den Durst zu löschen suchen, wie halbwüchsige Burschen auch den
Reisenden solche Erfrischung und allerlei Obst zum Kauf anbieten, so begreiit
man die Spannung, in der uns auch eine fast zweitägige Fahrt durch die Steppe
bis zum Ende hin zu erhalten vermochte. Inzwischen senkt sich die Sonne, die
während des Tages ihre sengenden Strahlen aussandte und die Steppenluft zum
Zittern brachte, immer tiefer am Horizont. Mit einem herrlichen Abend-
rot, welches sowohl den dunklen Steppenboden färbt, als auch das lichte
Gewölk am Himmel feurig aufflammen lässt, als wenn ein riesiger Feuerbrand
die ganze Steppenlandschaft verzehrte, geht sie unter, und die Schatten der
Nacht senken sich hernieder. Weithin ist in der Steppe, die sich jetzt fast
tischeben, unbegrenzt wie das weite Meer, vor uns ausbreitet, jedes Liebt sicht-
bar. Ein heller Lichtkranz ¿eigt sich am fernen Horizont, in unbegreiflicher
Klarheit erscheint jeder Lichtstern. Wir nähern uns dem Lichte, und doch bleibt
es immer gleich fern. Wir schauen es fast eine Stunde lang, also auf einer
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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360
Die Balkanhalbinsel.
liegt also der Fall vor, dass der Balkan an einer Stelle, da wo
West- und Mittelbalkan sich scheiden, nie h tdie Wasser scheide
bildet. Nach S rinnen die Gewässer zur Maritza, die ebenfalls
auf dem Rilo Dagli entspringt. Sie nimmt ihren Lauf parallel
zum Balkanzuge, wie die Donau. Weiter nach 0 schneidet
ihr aber ein in gleicher Richtung fliessender Nebenfluss, die Tund-
scha, den Wasserzufluss ab, der ihr durch diese allerdings auf
einmal zugeht. Die Tundscha folgt der Bruchspalte, in der der
Mittelbalkan im S bei seiner Auffaltung abgebrochen ist, dem ein-
zigen grössern Längsthaie des Gebirgszuges.
Südwestlich von dem Durchbruchsthal, das sich der Isker
zwischen dem West- und dem Mittelbalkan geschaffen hat, erhebt
sich eine vereinzelte, mächtige Gebirgsmasse, der aus Syenit be-
stehende Witosch. Über die Hochfläche von Sofia schaut sein
abgeplatteter Gipfel, der eine Höhe von 2290 m erreicht,
beherrschend hinweg. Nach N und No erblickt man von ihm die
gewellten Linien des Balkanzuges, im S aber türmt sich zu noch
bedeutenderer Höhe der Felskoloss des Rilo Dagh (Dagli,
türkisch = Gebirge, 2730 m) auf.
Der Rilo Dag h ist ein wichtiger Gebirgsknoten.
Nach So strahlt von ihm das Rhodope - Gebirge, nach S der
Perini Dagli aus. Fast bis zum Ägäischen Meere hin strahlen
diese beiden Gebirge aus, die sich vom Balkan hauptsächlich da-
durch unterscheiden, dass sie keine Faltengebirge, sonder Massen-
gebirge darstellen.
Das Landschaftsgepräge (les Rilo Dagh und des Rhodope-Gebirges.
Als dunkle Waldgebirge kann man diese Gebirge bezeichnen. Be-
sonders in ihrem nördlichen Teile prangen sie in herrlichem Waldschmucke.
Ihre südlichen Ausläufer haben dagegen infolge des geringen Wasser-
reichtums ein dürftigeres Wal dkl ei d. Die Berggipfel haben mehr
gewölbte als schroff emporsteigende Formen. Eine Ausnahme macht aber
der Bilo Dagh selbst. Die Formenpracht seiner steilen Pyramiden,
seiner scharfen Zinken und F e 1 s s p i 1z e n tritt um so wirksamer hervor,
als der Berg die Baumgrenze überragt und die scharfen Linien des Gesteins
nicht durch das Waldkleid gemildert werden. Bei der Fahrt von Sofia nach
Philippopel, die uns den Witosch in seiner mächtigen Gestalt zeigt, kommt auch
der Bilo Dagh in seiner vollen Schönheit zur Geltung. Wegen seiner vielen
Klöster wird das Bhodope - Gebirge auch das Geistlichen-Gebirge ge-
nannt. In einer herrlichen Waldschlucht des Bilo Dagh liegt das grossartige
und berühmte Ri lo-Monas tir.
Die Entwässerung der zuletzt genannten Gebirge geschieht
durch die beiden Flüsse Mesta und Struma. Beide haben einen
südsüdöstlichen Lauf. Die Struma ist der bedeutendere Fluss. Sie
entspringt am Witosch.
Die Ausläufer des Rhodope-Gebirges vereinigen sich ostwärts
mit denen eines andern Gebirges, das sich längst der Küste des
Schwarzen Meeres nach So zieht. Beide Gebirge umschliessen zu-
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
Die Westkarpaten und die Oberungarische Tiefebene.
61
machen ihren Irrläufen ein Ende und geben ihr für eine kurze
Strecke wieder ähnliche Uferbilder, wie oberhalb Wiens. Die Aus-
läuter der Westkarpaten zwingen den Strom, die bisherige
Ostrichtung aufzugeben und bei Wait zen in scharfem Knie
nach S umzubiegen.
Die Eisenbahnfahrt von Wien nach Budapest.
Von dem landschaftlichen Gepräge der Oberungarischen Tiefebene
erhalten wir ein anschauliches Bild auf der Eisenbahnfahrt von Wien nach
Budapest. Sobald der Zug bei Pressburg an den südlichen Ausläufern der
Kleinen Karpaten vorüber geeilt ist, öffnet sich uns der Blick über dies
weite, völlig ebene Niederungsland. Sein Boden hat eine schwarze
Färbung. In riesengrosse Felderabschnitte ist es gegliedert. Reihen von Aka-
zienbäumen und -sträuchern machen dem Auge die Grenzscheiden deutlich. Die
Kirchtürme von Dörfern zeigen sich selten; denn diese liegen in weiten Ab-
ständen. Häufiger zeigt sich der hohe Hebearm eines Schöpfbrunnens. Endlich
zeigen sich am östlichen Horizonte wieder die Linien eines Gebirges; wir durch-
fahren den Ostsaum der Ebene. Der Zug nähert sich der Donau. Wiesen
nehmen uns auf, die bald den Weinbergen Platz machen. Wo das Flüsschen
Gran einmündet, erreichen wir den Strom, an dessen Ufer wir nun dahinfahren.
Die hochragende, mit mächtigem Kuppelbau geschmückte Kathedrale von Gran
leitet die Schönheiten der nun beginnenden Stromstrecke ein. Waldbedeckte
oder rebenbekränzte Uferberge schaffen schöne Strombilder. Auf hohem steilen
Berge zeigt sich die Ruine der einstigen Königsburg Yisegräd (slav. = hohe
Veste). Von Waitzen an geht die Fahrt südwärts an dem Strome entlang.
Nur auf der rechten, uns gegenüberliegenden Seite wird die Donau jetzt noch
von Bergen begleitet. Das linke Ufer ist flach, und frei schweift der Blick
wieder über die weite Ebene, in der bald, überragt von der Ofener Königs-
burg, das Häusermeer der ungarischen Hauptstadt Budapest vor uns auftaucht.
1). Das Kulturbild.
Die Betrachtung des Kulturbildes offenbart uns wieder
den grossen Gegensatz zwischen dem gebirgigen Gebiete der West-
karpaten und dem Flachlande der Oberungarischen Tief-
ebene. Die in diese auslaufenden und allmählich sich verbreiten-
den Flussthäler lassen die beiden Kulturgegensätze aber in
einander verschmelzen, wenn sie auch gleichzeitig selbst ihre Eigen-
tümlichkeiten ausgebildet haben.
Das Gebirgsland hat ein rauhes Klima. Dem Einflüsse
des Meeres mehr entrückt als die Alpen, ist es in gleicher Höhen-
lage kälter. Die Wärme nimmt mit je 100 m Höhe etwas mehr
als '/2° C. ab. Infolgedessen wird die mittlere Jahrestemperatur
von 0° C. nicht bei 2000 m Höhe, wie in den Alpen, sondern
schon bei 1700 m erreicht. Jedoch steigen nur die beiden Tatra
so hoch empor. Auch sind infolge der entfernteren Meereslage
die Gegensätze zwischen Kälte und Wärme schroffer und von
schädlicherer Wirkung.
Während im Jahre 1863 auf der westlichen Hohen Tatra im August
eine Hitze von 34,2 0 C. beobachtet wurde, erfroren 1867 in demselben Monate
auf den Bergweiden Schafe und das junge Vieh.
H fcs..,
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Außenstelle Kcisà®!
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: 0°_C. August C.
Extrahierte Ortsnamen: Wiens Wien Budapest Wien Budapest Pressburg Donau Donau Budapest
Veranschaulichungsmittel im weitem Sinne.
155
such mit gemeinsamen Ferienwanderungen gemacht
werde*).
Beispiel einer Landschaftsschilderung:
Der Sognefjord.
Nach dem Besuche von Bergen ist der grosse, 180 km lange Sognefjord
unser Reiseziel. Aus einem breiten Hauptarme und aus rechtwinklig sich ab-
zweigenden kurzen und schmalen Nebenarmen bestehend, gibt er wohl noch
besser als der Hardangerfjord eine Vorstellung von der Fjordbildung. Wir
denken uns an eine seiner östlichsten Verzweieungen, nach Lärdalsören versetzt,,
von wo wir die Fahrt durch die ganze Länge des Fjordes zurück bis nach Bergen
machen wollen
Es ist 1lib Uhr morgens. Unser Gut (spr. gött = Kutscher), der uns am
vorigen Tage durch das Lardai, dessen Verlängerung der Sognefjord ist, ge-
fahren hat. bringt uns in eiligem Trabe zum Dampfschiffe. Der heulende Ton
der Schiffspfeife meldet schon die baldige Abfahrt an. Wir nehmen auf dem
Verdeck Platz. Bald ist das Schiff in voller Fahrt. Morgendämmerung liegt auf
dem Wasser des Fjordes, und Morgenstille herrscht ringsum. Himmelhoch und
steil ragen die Fjordwände empor Sie sind so nahe zusammengerückt, dass
wir uns in einer engen Gebirgsspalte zu befinden glauben. Wir betrachten die
einander gegenüberliegenden Wände Ihre Ähnlichkeit in Höhe und Gestalt
fällt uns auf; scheint es nicht, als ob sie früher in Zusammenhang gestanden
hätten? Meist sind die Abhänge kahl und zeigenden nackten Fels. Nur einige
tiefer gelegene und nicht zu steile Abhänge haben etwas Birkenwuchs, zwischen
dem sich hier und da auch eine Kiefer, aber keine Tanne zeigt. Oft nehmen
die Bergwände schöne Formen an. Malerisch ist stets der Fernblick in die
Tiefe des Fjordarmes, den wir eben durchfahren. Vorspringende Bergwände
scheinen ihn von Zeit zu Zeit zu schliessen. Aber andere Felsvorsprünge, deren
dunkle Umrisse dahinter auftauchen, lassen seine Fortsetzung erraten. So oft
ein Vorsprung umfahren ist, tut sich ein neues Fjordbild auf. Tiefernst schauen
die Bergwände uns entgegen, von den tiefblauen Fluten noch düsterer gefärbt.
Wie ernste Stirnfalten sehen die Furchen aus, die sie von oben bis unten durch-
ziehen. Die bei der Schneeschmelze in grosser Zahl herabrinnenden Wasser-
adern haben diese gegraben. Auch jetzt im Spätsommer rieseln noch viele
weisse Schaumbäche herunter ; wie lange Schleier wallen sie herab und beleben
das düstere Bild.
Der Wasserspiegel liegt in völliger Ruhe da. Fast geräuschlos teilt das
Schiff die stillen Wellen. Wir sind aus dem Auerlandsfjord in den noch viel
engeren Arm von Gudvangen gesteuert. Der heulende Ton des Dampfschiffes,
das Signal für diese Station, unterbricht plötzlich die Morgenstille. Wie von
einer Riesenorgel hallt es wieder, zunächst von den vorderen Bergwänden ; die
hinteren nehmen den Ton auf und tragen ihn fort. Weit in der Ferne hallt es
noch wieder, und das lauschende Ohr weiss nicht das völlige Verhallen festzu-
stellen; denn noch immer geht ein stilles Sausen durch den Fjord.
Von der Station Gudvangen geht die Fahrt zurück in den Hauptarm des
Fjordes und dann durch diesen westwärts. Die Wasserstrasse ist jetzt breit.
Die Sonne umspielt auch .den Fuss der Bergwände und malt die Welle des
Wassers. Nicht mehr so gewaltig ragen die Bergwände empor. Aber auf eine
andere Schönheit des Fjordes wird jetzt das Auge aufmerksam. Es schaut die
Schneefelder, die überall in der Ferne von den Bergen herniederblicken. Mehr-
mals zeigen sich auch grössere Gletscher, die sich durch die Talfurchen he-ab-
senken. Von den entferntesten Bergen blickt der Schnee wie hinter einem
blauen .Schleier hervor. Mehr und mehr nimmt zugleich der Laubschmuck der
*) Eine ausführliche Bearbeitung des Themas enthält meine Schrift :
„Die erdkundlichen Raumvorstellungen" in dem Abschnitte „Die An-
regung, Unterstützung und Leitung der erdkundlichen Vorstellungstätigkeit durch
den mündlichen Unterricht bezw. Vortrag des Lehrers".
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer]]
Züge aus dem Naturbilde der Erde.
49
Wasser schnell versinken lässt; der untere Teil des Berges, wo
das vom Gestein fortgeführte Wasser hervorbricht, ist umso reicher
bewässert.
Die Gestaltung der Erdoberfläche bedingt ferner die
einzelnen Laufkrümmungen (1er Gewässer. Jede Erhebung des
Bodens, die dem Flusse in den Weg tritt, zwingt ihn, seine Rich-
tung zu ändern. Daher haben alle Flüsse in den Gebirgs-
gegenden, wo sich Hindernisse für ihren Lauf am meisten ein-
stellen, sehr viele Krümmungen auszuführen, z. B. die Mosel
von Trier bis Coblenz, während ihnen die flache Ebene einen
geraderen Lauf gestattet. Das Auftreten von Laufhindernissen
bedeutet einen steten Kampf zwischen Wasser und Land.
Auf die Dauer siegt das Wasser, so gehorsam es auch die ihm
vorgeschriebenen Biegungen auszuführen scheint. Es nagt beständig
an dem Ufer, wohin seine Hauptmasse, der Stromstrich, gerichtet
ist. Am andern, dem toten Ufer, setzt der Fluss Schwemmland
an. Allmälich verschiebt sich sein Bett und die Biegungen greifen
immer weiter aus. Drängt die Wassermasse eines Flusses ständig
nach dem einen Ufer hin, so entsteht ein Berg- und ein Flach-
ufer, wie wir solche an den südrussischen Strömen, besonders an
der Wolga, beobachten können. Eine fortwährende Verschiebung
des Bettes nach dem Bergufer hin findet statt, und allmälich nimmt
der Fluss, seitwärts wandernd, dem Lande die obere Gesteinsdecke
fort. Findet ein fliessendes Gewässer seine Laufrichtung völlig
gesperrt, so staut es sich hoch zu einem See auf, bis endlich in
der Höhe eine Abflussstelle erreicht wird. Die Aare im Ober-
haslital in der Schweiz, der Rhein in der Oberrheinischen Ebene
bildeten einst solche Seebecken, die sich später entleerten. Von
der Gestaltung der Erdoberfläche hängt ferner die Gefäll-
kraft der Gewässer ab; an zweiter Stelle nimmt diese mit der
Grösse der fortbewegten Wassermasse zu. Auf dem Ober-
laufe sind zwar die Flüsse meistens noch wasserarm, ihr Ge-
fälle ist aber in der Regel gross. Die Wildbäche des Gebirges
vermögen grosse Felsblöcke fortzubewegen. Bei einer Geschwin-
digkeit von 90 cm in der Sekunde vermag das Wasser eigrosse
Steine, von 60 cm Gerölle bis l1/2 cm Durchmesser, von 30 cm
feinen Kies, von 20 cm groben, von 15 cm feinen Sand, von 71¡2 cm
eben noch feinen Schlamm mit sich zu fuhren. Durch die Fort-
führung des lockern Felsschutts und die dadurch be-
wirkte Vertiefung des Flussbetts werden die Höhen-
unterschiede des Flusslaufes immer mehr ausgeglichen.
Je grösser die Höhenunterschiede und je unregelmässiger sie auf-
treten, desto unfertiger ist ein Flusstal. Bei der Überwindung
des oft sehr grossen Widerstandes, den der Untergrund des Fluss-
bettes der Ausgleichung der Höhenunterschiede entgegensetzt, spielt
der mitgeführte Felsschutt eine grosse Rolle. Er wirkt nach
unten wie eine Säge. Nur so erklärt sich die Riesenarbeit,
die viele Flüsse geleistet haben, indem sie ihr Bett hunderte Meter
Kerp, Methodik, 2. Aufl. a
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle]]
Züge aus dem Naturbilde der Erde.
69
grosse anwachsen. Das Gletschereis ist von bläulichen und
weissen Bändern durchzogen. Erstere Farbe rührt von Luft-
blasen her. Die bläulichen Bänder scheinen immer senkrecht auf
der Richtung des stärksten Drucks zu stehen. Auch eine hori-
zontale Schichtung des Eises ist mehr oder weniger deutlich
zu erkennen. Sie entspricht den Jahresschichten des Schnees in
der Firnmulde. Eine Schneeflocke gebraucht etwa "200—400 Jahre,
bis sie am Gletscherrande als Gletscherkorn abschmilzt.
Da die Bahn des Gletschers nicht gleichmässig geneigt und
gleichmässig breit ist, gehen während der Talwanderung auch in
der Lagerung grosse Veränderungen des Eises vor sich. Bald
drängt sich dieses mehr zusammen, bald klafft es in Schollen aus-
einander. Es können sich drei Arten von Spalten bilden,
Querspalten, die dort entstehen, wo der Gletscher über eine
Felskante auf eine steilere Bahn gelangt, Längsspalten, wo er
sich mehr in die Breite ausdehnen kann, und Randspalten, wo.
ein Felsvorsprung den Eisstrom staut.
Die Schnelligkeit, mit der das Gletschereis talwärts wan-
dert, ist eine verschiedene, sowohl bei den einzelnen Gletschern
als auch bei demselben Gletscher. Je nach der Schnelligkeit schiebt
sich die Gletscherzunge entweder vor oder sie geht zurück. Seit-
dem dies im Jahre 1827 zuerst vom Aaregletscher genau bekannt
geworden war, haben fortwährend Beobachtungen stattgefunden,
am Rhônegletscher seit 1874. Man legte Steinreihen quer über
diesen Gletscher. Die Fortbewegung betrug in 6 Jahren am Rande
55, in der Mitte aber 623 m. Das Eis des grossen Himalaj^a-
gletschers bewegt sich täglich 2—3 m fort. Noch viel grösser
ist die Schnelligkeit der grönländischen Gletscher, nach
Nansen bis zu 32 m täglich, d. i. schneller, als sich die Schnecke
bewegt. Grosse Schwankungen in der Schnelligkeit wurden an
dem Vernagtgletscher in Tirol beobachtet. Am 1. Juni 1845
wurden sogar 1,9 m in der Stunde festgestellt. Dieser Gletscher
überschwemmt periodisch das ganze Ötztal, indem sich ein See auf-
staut, der schliesslich den Schnee- und Eiswall durchbricht. Auf
eine ähnliche Ursache ist die Katastrophe zurückzuführen, die 1832
das Te rektal im Kaukasus heimsuchte und vom Devdorok-
gletscher am Kasbek ausging. Von solchen Ereignissen ab-
gesehen, sind die Gründe für die verschiedene Schnelligkeit der
Gletscher immer in klimatischen Verhältnissen zu finden.
Die stärkere Wärmewirkung am Tage un d in der wärm eren
Jahreszeit bedingt sie schon. Stärker wirkt aber eine Zunahme
der Niederschläge. Perioden grösserer Feuchtigkeit haben
stets in der ganzen Gegend ein stärkeres Yorwärtschreiten der
Gletscherzungen zur Folge; doch tritt diese Erscheinung erst
einige Jahre später ein. In den Alpen waren 1814, 1836 und
1875 die Anfangsjahre eines bedeutenden Vorstosses der Gletscher.
Die umgekehrte Erscheinung rufen andauernde Trockenzeiten
hervor.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß]]
TM Hauptwörter (200): [T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
103. Das Kamel,
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Schnur geht, die fest an den Schlitten befestigt wird. Der Leitstrang ist an die
Wurzel des Geweihs geknüpft und wird bald nach der einen, bald nach der
anderen Seite geworfen, wenn man links oder rechts lenken will. Es übertrifft,
wenn nicht an Schnelligkeit, so doch an Ausdauer das Pferd und läuft bestän-
dig im Trabe. Doch soll, was auch leicht einzusehen ist, eine solche Schlitten-
fahrt nicht die angenehmste sein, indem man beständig arbeiten muß, um den
leichten Schlitten im Gleichgewicht zu erhalten. Auch soll das Tier öfters hals-
starrig werden, sich umdrehen und mit den kräftigen, gefährlichen Füßen nach
dem Reisenden schlagen, dem dann nichts weiter übrig bleibt, als den Schlitten
umzuwerfen und in Geduld abzuwarten, bis es wieder besänftigt ist. Es greift
beim Laufen weit aus und spreizt die Hufe auseinander, um leicht, ohne ein-
zusinken, über den Schnee wegkommen zu können. Beim Laufen hört man
weithin ein starkes Knacken, wie bei dem Elen. Dieses Geräusch entsteht zum
Teil vom Anschlagen der Afterklauen und der wahren Hufe gegeneinander.
Die Milch, die ein- oder zweimal des Tages in kleinen Portionen gemolken
wird, ist äußerst nährend. Durch bloßes Schütteln wird sie zu schneeweißer Butter,
die jedoch nur im Sommer bei gutem Futter schmackhaft, allein im Winter talgig
fein soll. Außer dieser wird vom Renntier fast alles benutzt, und das Fleisch
von jungen und besonders von wilden Tieren ist sehr saftig und schmackhaft.
Feinde haben sie an den Bären, Wölfen und Vielfraßen; die ersteren
jagen sie gesellschaftlich und verfolgen sie m Gebirgen so lange, bis eins oder
das andere in einen Abgrund stürzt oder ermattet gepackt wird.
Sind Renntiere in großen Herden beisammen, so wehren sie sich mit
ihrem kräftigen Vorderfuße gegen den Angriff der Wölfe, die sie öfters nicht
allein zurückschlagen, sondern auch manchmal töten. Der Vielfraß jedoch soll
ihnen bei weitem der gefährlichste sein; denn er lauert heimtückisch auf den
Ästen eines Baumes und stürzt dem arglos dahin gehenden Tiere ins Genick,
wo er sich festbeißt und so lange würgt, bis das Tier ermattet zusammenstürzt.
Ihr lästigster Feind oder vielmehr ihre größte Plage sind zwei Arten
Bremsen. Die Renntierbremse verfolgt sie den ganzen Tag, bis sie einen gün-
stigen Augenblick erhascht, um ihr klebriges, weißes Ei auf ihren Rücken nieder-
fallen zu lassen. Die aus dem Ei bald ausgeschlüpfte Made bohrt sich in die
Haut ein und erregt ein Geschwür. Viele solcher Madengeschwüre können ein
Tier zu Grunde richten. Die Nasenbremsen legen dem Tiere die Eier in die
Nase, wo die Maden ihm viele Beschwerden verursachen. Es schnaubt dann
beständig und schlägt mit dem Kopf um sich, um diese bösen Gäste zu entfernen.
Wenn der Schnee friert oder es entsteht dickes Glatteis, so verhungern viele,
weil sie nicht mit ihren Füßen den Schnee von ihrem Futter wegscharren können.
Alle Versuche, dieses höchst nützliche Tier in die Hochgebirge der südlichen
Regionen Europas einzuführen, sind gescheitert. Die Tiere starben in wenig
Jahren und pflanzten sich nicht fort. Kaup.
D
103. Das Kamel.
ie eigentlichen Kamele, welche in der alten Welt leben und mit den Lamas
der neuen Welt eine zusammengehörige Familie ausmachen, sind große^
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
82. Beschreibung eines Gewitters in Brasilien. 379
und sich darauf freuend. Man beschlug in der Eile noch, wo es fehlte, und
heilte die durch den Druck der Sättel entstandenen Wunden. In dieser regsamen
Thätigkeit verblieb die Gesellschaft, bis endlich die Tiere auf die Weide getrieben
und die Abendmahlzeit genossen war. Eine Wachskerze leuchtete uns noch zu
irgend einer den Schlaf herbeiführenden Lektüre, der dann auch, nach einer
ruhelos hingebrachten Nacht, sich wie ein lieber Gast nicht lange bitten ließ.
Zwar leuchteten Blitze schon lange aus der Ferne durch das Dunkel der Bäume,
und das ferne Rollen des Donners verkündete die Ankunft eines Gewitters; aber
der Schlaf war mächtiger, als alle Drohungen des Himmels. Wir genossen
wohl eine Stunde lang der Ruhe, als das Unwetter mit aller Macht einbrach
und uns erweckte. Ein Orkan, der mit furchtbarer Gewalt die Urbüume schüt-
telte und bis zu den Wurzeln bewegte, raste voran und riß in wirbelnden
Bewegungen meine Bettdecke fort, indes er zugleich die Ziegel des Daches neben
unserm Lager niederwarf. Zusammengekauert unter Ochsenhäuten saßen die Neger
am erlöschenden Feuer und kreuzten sich bei jedem Blitze. Auch wir rückten der
stehenden Wand näher, Schutz gegen die herabfallenden Ziegel und den nun in
Strömen niederstürzenden, vom Winde auf uns getriebenen Regen zu suchen.
Selbst unsere Maultiere und Pferde, geschreckt vom wilden Getöse und dem
Niederstürzen der Bäume, flohen aus dem Walde unter unser unsicheres Dach.
Es ist schwer, sich eine deutliche Idee von dem schauerlich Großen eines nächt-
lichen, mit Sturm begleiteten Gewitters in einem Urwalde Brasiliens zu machen,
und Schauer erregend, ihm ohne Obdach ausgesetzt zu sein. Noch schwerer bleibt
die Beschreibung eines solchen Gegenstandes, der alles in seiner Furchtbarkeit über-
bietet. Ein Sturm zur See, wenn Segel reißen und Masten brechen, ist wohl
wegen des schwankenden Elements gefahrvoller, doch grausender dieses. Bei jenem
sind die Momente die schrecklichsten, wo der Schiffer die dem Sturm sich entgegeu-
stemmenden Gegenstände, Masten und Segel, noch nicht eingezogen und verkleinert
und der einwirkenden Gewalt angepaßt hat. Ist dieses Geschäft aber vorüber
und glücklich überstanden, so kann man sich auf offener See und in wasserdich-
tem Fahrzeuge sorglos schaukeln lassen; das Heulen des Windes in den Tauen,
das Rasseln und Knarren der Masten und Segelstangen, das Dehnen, Renken,
Winden und Knistern des Schiffsbauchs, die an- und überschlagenden Wellen hört
man nach einigen Stunden ohne Angst; der Eindruck wird schwächer und schwächer,
und selbst der Donner verliert von seiner Furchtbarkeit; er eilt schnell vorüber
und man liegt ruhig in der Kajüte. Nicht so Stürme und Gewitter, wie ich sie
in den brasilianischen Wäldern oft erlebte. Immer waren sie mir furchtbar, und
selbst den Tieren schien es unheimlich zu Mute zu sein, denn auch die kleinsten
wurden unruhig, besonders die Frösche. Das Toben des Windes in den Riesen-
bäumen Brasiliens, das Gekrache der umstürzenden, nahe und fern das Abfallen
dürrer Äste, der Strom sich ergießenden Regens, das Geheul wilder Tiere, beson-
ders der Affen, die vielleicht durch einen niederstürzenden Baum aus ihrer Schlaf-
stätte geschleudert, vielleicht auch beschädigt wurden, das unaufhörliche Krachen
und Rollen des Donners mit fernen unendlichen Echos, das wunderliche Licht,
welches die hellen Blitze unter dem Dunkel des schwarzen Waldes verbreiteten,
dabei die beständige Gefahr, von dürren Ästen oder niederstürzenden Bäumen erschla-
gen zu werden, alles dieses versetzte mich immer in den unbehaglichsten Zustand.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Autor: Sach, August, Keck, Heinrich, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 9
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Zz. Der braune Bär.
ter als andere Tiere imstande, auf den Hinterbeinen allein zu gehen oder sich
aufzurichten. Der bekannteste von allen ist der braune Bär. Er kann eine
Länge von zwei Meter und ein Gewicht von 400 Pfund erhalten.
Dieses größte Raubtier Europas findet sich jetzt noch, aber selten, im
Bayerschen und Österreichischen und noch ziemlich häufig in Ungarn, Polen und
Rußland; auch in einem großen Teile von Asien. In Thüringen wurde der
letzte 1686 geschossen. In früheren Zeiten fand man ihn in Deutschland, und
in der Schweiz war er viel häufiger als jetzt.
Sein Aufenthalt sind dichte Wälder, die er nur nachts verläßt, um seine
Wanderungen nach Raub anzustellen. Obgleich sein ganzes Wesen plump und
unbeholfen ist, so durchläuft er doch, besonders wenn er sich gefährdet sieht,
weite Strecken und ist unermüdlich, wenn er Tiere verfolgt.
Die Nahrung des jungen Bären besteht mehr aus Pflanzen als aus Tie-
ren; im Frühjahr frißt er aufkeimendes Korn oder Gras und im Sommer
und Herbst Erdbeeren, Trauben und Kastanien. Man hat Beispiele, daß er
Kindern die Körbe mit Erdbeeren ausgeleert, ohne ihnen Schaden zuzufügen.
Honig ist ihm der größte Leckerbissen, und ans diese kleine Liebhaberei gestützt,
hat man mehrere sehr sinnreiche Fangarten erdacht. Man macht nämlich in
Rußland eine Honigspnr bis zu dem Baume, der einen Bienenstock enthält, und
befestigt an ein Seil einen tüchtigen Klotz, welcher dann vor dem Eingang wie
ein Pendel hängt. Der Bär, sehr vergnügt, den Baum mit seinen Leckerbissen
gefunden zu haben, besteigt solchen, findet aber jene zu seinem Leidwesen ver-
sperrt. Da er nun bemerkt, daß der Klotz beweglich ist, giebt er demselben
einen tüchtigen Stoß, daß er davon fliegt. Der aber kommt wieder und ver-
setzt ihm einen derben Schlag ans das Gesicht; darüber brummig, schleudert er
ihn noch weiter; allein die Schläge werden immer heftiger, bis sie ihn besin-
nungslos in die unter dem Baum eingebohrten spitzigen Pfähle stürzen.