116
Zweites Buch.
Trümmern der morsch gewordenen und umgestürzten Riesen-
stämme erheben sich in üppigem Wüchse neue Pflanzenge-
schlechter. Feuchte Wärme begünstigt schwelgerische Vegeta-
tion. Das Schmarotzergeschlecht der verschiedenen Schling-
pflanzen, Lianen, umschlingt die Stämme, ersteigt die höch-
sten Gipfel, verbindet als schwebende Guirlande entfernte Aeste.
Alles glüht und schimmert von großen, prächtig gefärbten
Blumen. Unter das Alles mischt sich eine nicht minder bun-
te, schillernde und geschwätzige Thierwelt. In den Zweigen
schreien die bunten Papageien, zahlreiche Affengeschlechter
schwingen sich von Ast zu Ast, während das Faulthier um den
Stamm geklammert hängt — um die Blumen gaukeln um
die Wette Schmetterlinge (bis zur Handbreite groß und die
unsrigen an Farbe weit überstrahlend) und Kolibri's, die ihren
fadenförmigen Schnabel in die Blüthenkelche tauchen — durch
das Gras schleichen gleißend-schöne Reptilien, schwirren Kä-
fer, die wie Edelsteine glänzen — nach Sonnenuntergang wird
es still, und die reißenden Katzen beginnen ihren mörderischen
Gang. Solche Urwälder giebt es besonders an den Abhän-
gen der Gebirge und am mittleren Marannon. In diesen
Gegenden schätzt Humboldt den zusammenhängenden Urwald
6 mal größer als Frankreich. In ungeheurer Ausdehnung
tritt ferner in Süd-A. die Form der Steppe auf. So deh-
nen sich am linken Ufer des Orinoco die Llanos, d. i.
weite bäum - und hügellose Gras-Ebenen, 14,000 mm. groß.
Sie bieten im Jahre ein dreifaches Bild: zuerst sind sie eine
von der Sonne verbrannte und verkohlte Fläche, der Boden
klafft in Spalten, und Staubwolken steigen in die brennende
Luft. Nur wenige Lachen verdampfen nicht völlig; hier lauern
die Zitteraale, Fische mit electrischer Kraft. Fällt die Regen-
zeit ein, so entsteht plötzlich die üppigste Grasfläche — treten
die großen Ströme über ihre Ufer, so verwandelt sich die
Steppe in einen Wasserspiegel. Nur die höheren Stellen
ragen hervor, als Zuflucht der Pferde, Maulthiere und Rin-
der, die von den kühnen Llanero's (d. i. Hirten) bewacht,
frei umherstreifen. Eben so ungeheuer gedehnte Ebenen sind
die Pampas, südlich von La Plata, von wilden Rindern
durchstreift und von unstäten Menschen (Guaucho's), die
sich mit dem Fange derselben abgeben. — Stelle Verglei-
chungen mit andern Erdtheilen an (Kobi, Karroo).
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Island.
427
8000 E. bewohnt. Sie haben steile Ufer und Berge von
mehr als 3000' Höhe. Der Erwerb der Einwohner besteht
in Fischerei und Vogelfang (Eidervögel, S. 280.).
6. Island, 1400 □ M. groß, nur 27 M. von
Grönland (S. 111.), vielleicht die ultima Ibule der Alten,
wurde (wie die Färöer) von Norwegen bevölkert und im loten
Jhdt. für das Christenthum gewonnen. Das Klima ist da-
mals milder gewesen; Korn kam gut fort, auch Bäume.
Bis Ende des 13ten Jhdt. war I. unabhängig, und das war
seine Blüthezeit. Große Handelsreisen wurden unternommen,
sowohl in das Mittelmeer als an die americanische Küste (S.
111.). Dabei fehlte es nicht an Bildung und Wissenschaft.
Seit dem I3ten Jhdt. gehörte I. zu Norwegen, seit dem 14ten
zu Dänemark, im löten kam die Reformation hierher: aber
das Klima verschlimmerte sich, Seuchen verminderten die Zahl
der Einwohner, Seeräubereien vernichteten den Wohlstand.
(Sogar Algierische Raubschiffe sind bis hierher gekommen). So
verschwand Islands frühere Herrlichkeit, und erst in neuester
Zeit beginnt es sich wieder zu heben. Bei alle dem wohnen
nur etwa 60,000 M. darauf, und in der That erlaubt die
Natur des Landes wohl kaum eine größere Anzahl. I. ist fast
nur Gebirgsland: mitten durch zieht von Sw. nach No. eine
Gebirgskette, die nach allen Seiten hin Zweige aussendet.
Einige Spitzen erheben sich über 6000', über 3000' viele.
Dazu ist die Insel durch und durch vulkanisch: sieben Feuer-
speier sind noch thätig, darunter der Hekla, der Krabla,
der Skaptar Jökul, der 1773 eine schreckliche Eruption
hatte. Ein dicker Schwefeldampf verhüllte den Seefahrern
das Land, „in diesem Jahre fürchtete man, die Insel werde
in Stücke zerfallen, so furchtbar und wiederholt waren die
Erschütterungen." Noch länger und fürchterlicher wüthete
der Hekla 1845 und 1846. Und doch fühlt sich der
Isländer glücklich und sagt getrost: „Island ist das glück-
lichste Land, das die Sonne bescheint." Wenigstens gehört
das Volk zu den sittenreinsten und am besten unterrichteten.
Die Wohnungen liegen meist zerstreut. Der Hauptort Rei-
kiawik, Sitz des Stiftsamtmannes und des Bischofs, im
Sw., hat mit einer Ausnahme lauter Holzhäuser und etwa
700 E., aber doch eine Bibliothek von 3000 Bänden, die
nördlichste auf der Erde. In Skalholt, östlich davon im
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T95: [Gestein Schicht Wasser Boden Erde Granit Gebirge Masse Sand Teil], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Personennamen: Skaptar_Jökul
Extrahierte Ortsnamen: Island Island Norwegen Norwegen
324
Das Russische und Rumänische Tiefland.
die Seite des Bergufers. Die Landschaft ist höher gelegen als das Strom-
bett des Flusses, und die ihm zugehenden Wasserrinnen haben in die Bo'den-
form Abwechslung gebracht. Zuerst fuhren wir an einem Höhenzuge ent-
lang, aus dem die w e i s s e n Kr e i d e f e 1 s en herausblickten, und auch als diese
sich verflachten, blieb eine W e 11 e n f o r m der Landschaft noch auf einerlangen
Strecke bestehen. Nicht die Landschaftsform macht die Steppe so eintönig,
sondern die Kul turar mut und die geringe Besiedelung derselben, so-
wie die völlige Versengung des Pflanzenkleides im Spätsommer. Wie
. verbrannt liegt sie* in der Sonnenglut vor uns, alles Leben scheint erstorben.
Der Luftzug findet keinen Baum und Strauch, in deren Zweigen er lispeln und
säuseln kann, und nicht rauscht und murmelt ein Bach, ein Quell. Und doch
sehen wir überall die Anzeichen, dass das Bild der Steppe zu andern Zeiten
des Jahres ein anderes ist. Ausgetrocknete grössere und kleinere Rinn-
sale, letztere in den Lössboden senkrecht eingeschnitten, erscheinen
und verraten, dass hier Wasserfluten ihren Weg nahmen, und die zahlreichen
Frucht- und Heuschob er, welche die nur selten erscheinenden Ortschaften
umstellen, sagen uns, dass die Steppe auch den Anblick wogender Getreidefelder
und Grasfluren kennt. So wird unser Geist zurückgelenkt in den Frühling,
in die Zeit, wo sich das Pflanzenleben neu entfaltet, wo Gräser und Kräuter,
wo die in den Erdenschos gelegte Saat ein üppiges und schnelles Wachstum
beginnen.
Bescheiden haben sich in die Wellenlinien der Steppe die Wohnhütten
der Kosaken eingegliedert. Alle zeigen ein gleichförmiges Aussehen. Grosse
Sorgfalt verrät, im Gegensatz zu den elenden Häusern in andern Teilen Russ-
lands, das glatt gelegte und scharf abgeschnittene Strohdach. Unter ihm
leuchten weissgetünchte Wände hervor, in denen sich nur wenige und
kleine Fensteröffnungen befinden. Dicht drängen sich die Kosakenwohnungen
in den Dörfern zusammen. Diese lassen selten Strassenzüge erkennen. Ein
malerisches Gepräge erhalten sie durch die zahlreichen vier- und siebenflügeligen
Windmühlen. Häufig liegen diese, wenn nicht kleine Hügel ihnen den Platz
anweisen, in langer Reihe nebeneinander. Oft ist ihre Zahl so gross, dass sie das
ganze Landschaftsbild beherrschen. So ist ein Dorf in der Nähe der Station
Micbailowka von 26 Windmühlen umgeben. Wenn sie alle unter dem Hauche
des Windes ihre langen Flügelarme in Bewegung setzen, so meint man fast,
die ganze Steppe wolle zum Fluge sich erheben.
So fehlt es der Südrussischen Steppe, trotz ihrer sonstigen Einförmigkeit
und trotz ihres dürftigen Pfianzenkleides auch nicht an jener Abwechslung, die
man an allem, was eigen geartet ist, zu finden glaubt. Und wenn wir das
Kosakenvolk betrachten, das sich an den Stationen jedesmal beim Halten
eines Eisenbahnzuges zusammenfindet, die langbärtigen, ungemein kriegerisch
aussehenden Männer, die trotz der Gluthitze ihren Körper in lange Röcke ge-
steckt haben, und in deren Gurt die nie fehlende Dolchklinge steckt, die
Frauen, die schreiend bunte Kleider tragen, den Kosakenoffizier, der keck die
Passagiere mustert, und wenn wir ferner die Leute in ihren Lebensgewohn-
heiten beobachten, wie sie den Sonnenblumensamen mit den Zähnen ge-
schickt entschalen, um den Kern zu naschen, wie andere an grossen Scheiben
Melonen den Durst zu löschen suchen, wie halbwüchsige Burschen auch den
Reisenden solche Erfrischung und allerlei Obst zum Kauf anbieten, so begreiit
man die Spannung, in der uns auch eine fast zweitägige Fahrt durch die Steppe
bis zum Ende hin zu erhalten vermochte. Inzwischen senkt sich die Sonne, die
während des Tages ihre sengenden Strahlen aussandte und die Steppenluft zum
Zittern brachte, immer tiefer am Horizont. Mit einem herrlichen Abend-
rot, welches sowohl den dunklen Steppenboden färbt, als auch das lichte
Gewölk am Himmel feurig aufflammen lässt, als wenn ein riesiger Feuerbrand
die ganze Steppenlandschaft verzehrte, geht sie unter, und die Schatten der
Nacht senken sich hernieder. Weithin ist in der Steppe, die sich jetzt fast
tischeben, unbegrenzt wie das weite Meer, vor uns ausbreitet, jedes Liebt sicht-
bar. Ein heller Lichtkranz ¿eigt sich am fernen Horizont, in unbegreiflicher
Klarheit erscheint jeder Lichtstern. Wir nähern uns dem Lichte, und doch bleibt
es immer gleich fern. Wir schauen es fast eine Stunde lang, also auf einer
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
360
Die Balkanhalbinsel.
liegt also der Fall vor, dass der Balkan an einer Stelle, da wo
West- und Mittelbalkan sich scheiden, nie h tdie Wasser scheide
bildet. Nach S rinnen die Gewässer zur Maritza, die ebenfalls
auf dem Rilo Dagli entspringt. Sie nimmt ihren Lauf parallel
zum Balkanzuge, wie die Donau. Weiter nach 0 schneidet
ihr aber ein in gleicher Richtung fliessender Nebenfluss, die Tund-
scha, den Wasserzufluss ab, der ihr durch diese allerdings auf
einmal zugeht. Die Tundscha folgt der Bruchspalte, in der der
Mittelbalkan im S bei seiner Auffaltung abgebrochen ist, dem ein-
zigen grössern Längsthaie des Gebirgszuges.
Südwestlich von dem Durchbruchsthal, das sich der Isker
zwischen dem West- und dem Mittelbalkan geschaffen hat, erhebt
sich eine vereinzelte, mächtige Gebirgsmasse, der aus Syenit be-
stehende Witosch. Über die Hochfläche von Sofia schaut sein
abgeplatteter Gipfel, der eine Höhe von 2290 m erreicht,
beherrschend hinweg. Nach N und No erblickt man von ihm die
gewellten Linien des Balkanzuges, im S aber türmt sich zu noch
bedeutenderer Höhe der Felskoloss des Rilo Dagh (Dagli,
türkisch = Gebirge, 2730 m) auf.
Der Rilo Dag h ist ein wichtiger Gebirgsknoten.
Nach So strahlt von ihm das Rhodope - Gebirge, nach S der
Perini Dagli aus. Fast bis zum Ägäischen Meere hin strahlen
diese beiden Gebirge aus, die sich vom Balkan hauptsächlich da-
durch unterscheiden, dass sie keine Faltengebirge, sonder Massen-
gebirge darstellen.
Das Landschaftsgepräge (les Rilo Dagh und des Rhodope-Gebirges.
Als dunkle Waldgebirge kann man diese Gebirge bezeichnen. Be-
sonders in ihrem nördlichen Teile prangen sie in herrlichem Waldschmucke.
Ihre südlichen Ausläufer haben dagegen infolge des geringen Wasser-
reichtums ein dürftigeres Wal dkl ei d. Die Berggipfel haben mehr
gewölbte als schroff emporsteigende Formen. Eine Ausnahme macht aber
der Bilo Dagh selbst. Die Formenpracht seiner steilen Pyramiden,
seiner scharfen Zinken und F e 1 s s p i 1z e n tritt um so wirksamer hervor,
als der Berg die Baumgrenze überragt und die scharfen Linien des Gesteins
nicht durch das Waldkleid gemildert werden. Bei der Fahrt von Sofia nach
Philippopel, die uns den Witosch in seiner mächtigen Gestalt zeigt, kommt auch
der Bilo Dagh in seiner vollen Schönheit zur Geltung. Wegen seiner vielen
Klöster wird das Bhodope - Gebirge auch das Geistlichen-Gebirge ge-
nannt. In einer herrlichen Waldschlucht des Bilo Dagh liegt das grossartige
und berühmte Ri lo-Monas tir.
Die Entwässerung der zuletzt genannten Gebirge geschieht
durch die beiden Flüsse Mesta und Struma. Beide haben einen
südsüdöstlichen Lauf. Die Struma ist der bedeutendere Fluss. Sie
entspringt am Witosch.
Die Ausläufer des Rhodope-Gebirges vereinigen sich ostwärts
mit denen eines andern Gebirges, das sich längst der Küste des
Schwarzen Meeres nach So zieht. Beide Gebirge umschliessen zu-
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser]]
Die Westkarpaten und die Oberungarische Tiefebene.
61
machen ihren Irrläufen ein Ende und geben ihr für eine kurze
Strecke wieder ähnliche Uferbilder, wie oberhalb Wiens. Die Aus-
läuter der Westkarpaten zwingen den Strom, die bisherige
Ostrichtung aufzugeben und bei Wait zen in scharfem Knie
nach S umzubiegen.
Die Eisenbahnfahrt von Wien nach Budapest.
Von dem landschaftlichen Gepräge der Oberungarischen Tiefebene
erhalten wir ein anschauliches Bild auf der Eisenbahnfahrt von Wien nach
Budapest. Sobald der Zug bei Pressburg an den südlichen Ausläufern der
Kleinen Karpaten vorüber geeilt ist, öffnet sich uns der Blick über dies
weite, völlig ebene Niederungsland. Sein Boden hat eine schwarze
Färbung. In riesengrosse Felderabschnitte ist es gegliedert. Reihen von Aka-
zienbäumen und -sträuchern machen dem Auge die Grenzscheiden deutlich. Die
Kirchtürme von Dörfern zeigen sich selten; denn diese liegen in weiten Ab-
ständen. Häufiger zeigt sich der hohe Hebearm eines Schöpfbrunnens. Endlich
zeigen sich am östlichen Horizonte wieder die Linien eines Gebirges; wir durch-
fahren den Ostsaum der Ebene. Der Zug nähert sich der Donau. Wiesen
nehmen uns auf, die bald den Weinbergen Platz machen. Wo das Flüsschen
Gran einmündet, erreichen wir den Strom, an dessen Ufer wir nun dahinfahren.
Die hochragende, mit mächtigem Kuppelbau geschmückte Kathedrale von Gran
leitet die Schönheiten der nun beginnenden Stromstrecke ein. Waldbedeckte
oder rebenbekränzte Uferberge schaffen schöne Strombilder. Auf hohem steilen
Berge zeigt sich die Ruine der einstigen Königsburg Yisegräd (slav. = hohe
Veste). Von Waitzen an geht die Fahrt südwärts an dem Strome entlang.
Nur auf der rechten, uns gegenüberliegenden Seite wird die Donau jetzt noch
von Bergen begleitet. Das linke Ufer ist flach, und frei schweift der Blick
wieder über die weite Ebene, in der bald, überragt von der Ofener Königs-
burg, das Häusermeer der ungarischen Hauptstadt Budapest vor uns auftaucht.
1). Das Kulturbild.
Die Betrachtung des Kulturbildes offenbart uns wieder
den grossen Gegensatz zwischen dem gebirgigen Gebiete der West-
karpaten und dem Flachlande der Oberungarischen Tief-
ebene. Die in diese auslaufenden und allmählich sich verbreiten-
den Flussthäler lassen die beiden Kulturgegensätze aber in
einander verschmelzen, wenn sie auch gleichzeitig selbst ihre Eigen-
tümlichkeiten ausgebildet haben.
Das Gebirgsland hat ein rauhes Klima. Dem Einflüsse
des Meeres mehr entrückt als die Alpen, ist es in gleicher Höhen-
lage kälter. Die Wärme nimmt mit je 100 m Höhe etwas mehr
als '/2° C. ab. Infolgedessen wird die mittlere Jahrestemperatur
von 0° C. nicht bei 2000 m Höhe, wie in den Alpen, sondern
schon bei 1700 m erreicht. Jedoch steigen nur die beiden Tatra
so hoch empor. Auch sind infolge der entfernteren Meereslage
die Gegensätze zwischen Kälte und Wärme schroffer und von
schädlicherer Wirkung.
Während im Jahre 1863 auf der westlichen Hohen Tatra im August
eine Hitze von 34,2 0 C. beobachtet wurde, erfroren 1867 in demselben Monate
auf den Bergweiden Schafe und das junge Vieh.
H fcs..,
Lehrerfo rib ¡i dungs wefu
Außenstelle Kcisà®!
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht]]
TM Hauptwörter (200): [T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T83: [Klima Winter Sommer Land Meer Wind Regen Niederschlag Zone Gebirge], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: 0°_C. August C.
Extrahierte Ortsnamen: Wiens Wien Budapest Wien Budapest Pressburg Donau Donau Budapest
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
92
152. Drei Rätsel.
4. Da wacht die Erde grünend auf,
weiß nicht, wie ihr geschehen,
und lacht in den sonnigen Himmel hinauf
und möchte vor Lust vergehen.
5. Sie flicht sich blühende Kränze ins. Haar
und schmückt sich mit Rosen und Ähren,
und läßt die Brünnlein rieseln klar,
als wären es Feudenzähren.
152.
1. Don Perlen baut sich eine Brücke
hoch über einen grauen See;
sie baut sich auf im Augenblicke,
und schwindelnd steigt sie in die Höh'.
6. Drum still! und wie es frieren mag,
o Herz, gieb dich zufrieden;
es ist ein großer Maientag
der ganzen Welt beschieden.
7. Und wenn dir oft auch graut und bang:,
als sei die Höll' auf Erden,
nur unverzagt auf Gott vertraut!
es muß doch Frühling werden.
Geibel.
2. Der höchsten Schiffe höchste Masten
ziehn unter ihrem Bogen hin,
sie selber trug noch keine Lasten
und scheint, wie du ihr nahst, zu fliehn.
Drei Rätsel.
i.
Sie wird erst mit dem Strom und schwindet,
sowie des Wassers Flut versiegt.
So sprich, wo sich die Brücke findet,
und wer sie künstlich hat gefügt?
1. llnter allen Schlangen ist eine,
aus Erden nicht gezeugt,
mit der an Schnelle keine,
an Wut sich keine vergleicht.
2. Sie stürzt mit furchtbarer Stimme
auf ihren Raub sich los,
vertilgt in einem Grimme
den Reiter und sein Roß.
Ii.
3. Sie liebt die höchsten Spitzen;
nicht Schloß, nicht Riegel kann
vor ihrem Anfall schützen;
der Harnisch — lockt sie an.
4. Sie bricht, wie dünne Halmen,
den stärksten Baum entzwei;
sie kann das Erz zermalmen,
wie dicht und fest es sei.
5. Und dieses Ungeheuer
hat zweimal nie gedroht —
es stirbt im eignen Feuer;
wie's tötet, ist es tot!
Iii.
^ch wohn' in einem steinernen Haus,
da lieg' ich verborgen und schlafe;
doch ich trete hervor, ich eile heraus,
gefordert nnt eiserner Waffe.
Erst bin ich unscheinbar und schwach und klein,
mich kann dein Atem bezwingen,
ein Regentropfen schon saugt mich ein;
doch mir wachsen im Siege die Schwingen;
wenn die mächtige Schwester sich zu mir gesellt,
erwachs' ich zum furchtbar'n Gebieter der Welt
Schiller.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
380
82. Beschreibung eines Gewitters in Brasilien.
Noch auf meiner letzten Reise von Villa Rica nach Rio de Janeiro
bestanden wir eine ebenso unangenehme Nacht. In einem tiefen, an und für
sich schon Grausen erregenden Thale zwischen hohen, felsigen Bergen eingeschlos-
sen, fließt der Rio das Petras sehr unbedeutend, aber bald mächtig werdend
durch starke Regengüsse. Eine kleine Brücke führt, nicht fern von der Mündung
eines andern kleinen Waldbaches, über denselben. Der Tag war so heiß
gewesen, die Tiere waren so ermüdet, die reinen nut Gras bewachsenen Ufer
und der grüne Abhang des untern Teils des Berges, beschattet von majestäti-
schen, hohen, dichtbelaubten wilden Feigenbäumen, so einladend, daß wir uns
entschlossen, auf diesem Platze unser Nachtlager aufzuschlagen. Hoch oben am
Berge war die Wohnung eines Pflanzers. Es war noch früh am Tage, und
wir hatten Zeit, unsere häuslichen Einrichtungen zu treffen. Der Boden war
allenthalben rein, das Gras kurz, so daß von Schlangen nichts zu befürchten
war. Vertrauend ans den schönen Abend, der uns eine herrliche Nacht ver-
kündete, gaben wir uns keine Mühe, uns gegen Regen zu sichern. Einige lager-
ten hier, die andern dort. Ich wählte meinen Platz unter einem großen, etwas
erhaben stehenden Feigenbaum, breitete eine Ochsenhaut ans die Erde und ließ
mein Bett daraus legen. Hochflammende Feuer verbreiteten einen wunderlichen
Schein über die schlafenden Gruppen, das aufgetürmte Gepäck und das an den
Bäumen herumhängende Sattelzeug. Mein kleiner Pflegesohn war mein Schlaf-
kamerad. Lange dauerte es, ehe ich einschlafen konnte. Kein Lüftchen rührte
sich, und nur das Rauschen des in der Ferne sich durch Felsen zwängenden
Flusses unterbrach die Stille der Nacht. Die ganze Natur schien zu schlafen,
und die Feuer verglimmten in sich, als ferner Donner und helle Blitze uns
weckten. Schnell rückte das Gewitter näher heran, und die schleunigsten Maß-
regeln mußten getroffen werden, uns gegen den Regen zu schützen. Die Feuer
wurden vergrößert, das Gepäck und unser Lager mit Ochsenhänten zugedeckt.
Bald wüteten Sturm, Regen, Blitz und Donner; jeder kroch unter seine
Ochsenhülle und zog sich zusammen, da wo die Hülle nicht zureichte. Die
dickbelaubten Bäume schützten anfänglich; später aber entledigten sie sich des
Wassers in verdoppelten Güssen. Die Feuer erloschen vom unaufhörlichen
Regen; die nahen Waldströme ertönten mit brüllendem Geräusche. Raben-
schwarze Nacht umgab uns. Mein kleiner Schlafkamerad drückte sich fest an
mich; alle, die einen in Betrachtung dieser unangenehmen Lage verloren, die
andern, besonders die Neger, -sich vor Gottes Zorn fürchtend, verhielten sich
ganz ruhig, keiner sprach ein Wort, bis endlich ein erlösendes, krachendes
Geräusch uns mit einem Schrei des Entsetzens aufriß. Tausend Vermutungen,
Angst, Zweifel, Furcht und Erwartung wechselten mit einem Male ab.
Waren wir hier sicher oder der Gefahr ausgesetzt? war der Tod uns.nahe, oder
welch furchtbares Naturereignis hatte sich zugetragen? Dies alles verbarg uns
die dunkle Nacht, und wir ergaben uns mit klopfendem Herzen der Vorsehung.
In diesem qualvollen Zustande der Angst, der Furcht und des Schreckens, die
Neger immer „Barmherzigkeit, o Gott" ächzend, verblieben wir bis zum An-
bruch des Tages; da erleuchtete die Sonne die Ursache jener Getöse—es war
ein während des Gewitters unfern von uns herabgegangener Bergsturz.
Esch Wege.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
458
Izo. Wer streut den 5amen?
sind uns unentbehrlich und wir wissen's wohl; manche schaffen uns großen
Nutzen, und wir wissen's nicht, und es muß doch wahr bleiben, woran wir
uns selber oft erinnern, daß sich eine milde Hand aufthut und sättiget alles,
was da lebet, mit Wohlgefallen. Zum andern, so hat doch der Mensch auch
schon von manchem Kräutlein Nutzen gezogen, das er nicht selber gesäet und
gepflanzt, nicht im Frühlingsfroste gedeckt und in der Sommerhitze begossen
hat; und eine unscheinbare und verachtete Pflanze, deren Kraft dir oder deinen
Kindern oder auch nur deinem Vieh eine Wunde heilt, einen Schmerz vertreibt,
oder gar das Leben rettet, bezahlt die Mühe und den Schaden reichlich, den
tausend andere verursachen. Aber wer stellt den Menschen zufrieden? Wenn
die Natur nicht so wäre, wie sie ist, wenn wir Baldrian und Wohlgemut, Ehren-
preis und Augentrost und alle Pflanzen im Feld und Walde, die uns in
gesunden und kranken Tagen zu mancherlei Zwecken nützlich und nötig sind,
selber aussäen, warten und pflegen müßten, wie würden wir alsdann erst klagen
über des vielbedürftigen Lebens Mühen und Sorgen! Hebel.
130. Wer streut den Samen?
■yvseim jeder reife Kern, der sich von seiner Mutterpflanze ablöset, unter ihr
zur Erde siele und liegen bliebe, so lägen alle aufeinander, keiner könnte
gedeihen, und wo vorher keine Pflanze war, käme doch keine hin. Das hat die
Natur voraus bedacht und nicht aus unsern guten Rat gewartet. Denn einige
Kerne, wenn sie reis sind, fliegen selbst durch eine verborgene Kraft weit aus-
einander; die meisten sind klein und leicht und werden durch jede Bewegung
der Luft davongetragen; manche sind noch mit kleinen Federlem besetzt, wie der
Löwenzahn (die Butterblume, Kettenblume). Kinder blasen sie zum Vergnügen
auseinander und thun damit der Natur auch einen kleinen Dienst, ohne es zu
wissen. Andere gehen in zarte, breite Flügel aus, wie die Samenkerne von
Nadelholzbäumen. Wenn die Sturmwinde wehen, wenn die Wirbelwinde, die
im Sommer vor den Gewittern hergehen, alles von der Erde aufwühlen und in
die Höhe führen, dann säet die Natur aus und ist mit einer Wohlthat beschäf-
tigt, während wir uns fürchten oder über sie klagen und zürnen; dann fliegen
und schtvimmen und wogen eine Menge von unsichtbaren Keimen in der beweg-
ten Luft umher und fallen nieder weit und breit, und der nachfolgende Staub
bedeckt sie. Bald kommt der Regen und befeuchtet den Staub und so wird's auf
Flur und Feld, in Berg und Thal, auf First und Halden auch wahr, daß
etliches auf dem Wege von den Vögeln des Himmels gefressen wird, etliches
unter den Dornen zu Grunde geht, etliches auf trocknem Felsengrunde in der Son-
nenhitze erstirbt, etliches aber gut Land findet und hundertfältige Frucht bringt.
Weiter sind manche Kerne für den Wind zu groß und zu schwer; aber
sie sind rund und glatt, rollen auf der Erde weiter und werden durch jeden
leichten Stoß von Menschen und Tieren fortgeschoben. Andere sind mit um-
gebogenen Spitzen oder Häklein versehen, sie hängen sich an das Fell der Tiere
oder an die Kleider des Menschen an, werden fortgetragen und an einem andern
Orte wieder weggestreift, oder abgelesen und ausgesäet, und der es thut, weiß
es nicht und denkt nicht daran. Viele Kerne gehen unverdaut und unzerstört
durch den Magen und die Gedärme der Tiere, denen sie zur Nahrung dienen
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
154. Die Eiche,
93
153 Aus Schillers Glocke.
Wohlthätig ist des Feuers Macht,
wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht,
und was er bildet, was er schafft,
das dankt er dieser Himmelskraft;
doch furchtbar wird die Himmelskraft,
wenn sie der Fessel sich entrafft,
einhertritt auf der eignen Spur,
die freie Tochter der Natur.
Wehe, wenn sie losgelassen,
wachsend ohne Widerstand,
durch die yolkhelehten Gassen
wälzt den ungeheuren Brand!
Denn die Elemente hassen
das Gebild’ der Menschenhand.
Aus der Wolke
quillt der Segen,
strömt der Regen;
aus der Wolke, ohne Wahl,
zuckt der Strahl.
Hört ihr’s wimmern hoch vom Turm?
Das ist Sturm!
Rot, wie Blut,
ist der Himmel,
das ist nicht des Tages Glut!
Welch Getümmel
Strassen auf;
Dampf wallt auf!
Flackernd steigt die Feuersäule,
durch der Strasse lange Zeile
wächst es fort mit Windeseile.
Kochend wie aus Ofens Rachen,
glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Tiere wimmern
unter Trümmern.
Alles rennet, rettet, flüchtet,
taghell ist die Nacht gelichtet.
Durch der Hände lange Kette
um die Wette
fliegt der Eimer, hoch im Bogen
spritzen Quellen Wasserwegen.
Heulend kommt der Sturm geflogen,
der die Flamme brausend sucht.
Prasselnd in die dürre Frucht
fällt sie, in des Speichers Räume,
in der Sparren dürre Bäume,
und als wollte sie im Wehen
mit sich fort der Erde Wucht
reifsen in gewalt’ger Flucht,
wächst sie in des Himmels Höhen
riesengross;
hoffnungslos
weicht der Mensch der Götterstärke,
rnüfsig sieht er seine Werke
und bewundernd untergehn.
Leergebrannt
ist die Stätte,
wilder Stürme rauhes Bette.
In den öden Fensterhöhlen
wohnt das Grauen,
und des Himmels Wolken schauen
hoch hinein.
Einen Blick
nach dem Grabe
seiner Habe
sendet noch der Mensch zurück —
greift fröhlich dann zum Wanderstabe.
Was Feuers Wut ihm auch gerauht,
ein süsser Trost ist ihm geblieben:
er zählt die Häupter seiner Lieben,
und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt.
Die Eiche.
154.
'Yvvc man den Löwen wegen seiner stolzen Kraft mit Recht den König der
Tiere genannt Hat, so ist die Eiche die Königin unter den deutschen Wald-
bäumen. In ihr vereinigt sich Schönheit mit Starke und Dauerhaftigkeit; die
in ihr lebende Kraft entwickelt sich zwar langsam, aber eine um so stolzere
Erscheinung ist der ausgewachsene Baum. Man findet Eichen von 13 in im
Umfange und 3 < m Höhe. Einen Eichstamm von 10 Jahren kann noch ein
Knabe mit seiner Hand umspannen; erst nach 200 Jahren ist der mächtige
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung]]
Hrsg.: Keck, Heinrich, Sach, August, Johansen, Christian, Meyn, Ludwig
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
40
92. Der Winter.
dieses Notzeichen auf das Dach ihres Schneehausleins oben auf. Nun kommt
die Nacht, und das Schneegestöber wird immer ärger. Der Eingang zur Hohle,
in welcher die Kinder sind, ist zugeschneit, und sie hören durch den Schnee
hindurch den Uhu schreien und den Sturm heulen. O, wie ist den armen
Kindern da angst und bange! Aber der liebe Gott wacht ja über ihnen, und
sie schlafen endlich betend ein. — Aber als am andern Morgen die Kinder
nicht heimkommen, da wird den Eltern angst. Sie schicken einen Boten zur
Pate, und wie dieser wiederkommt, geht alles, was lausen kann, mit Schau-
feln in den Wald, um die Kinder zu suchen. Da sieht man denn das rote
Fähnlein noch ein wenig aus dem Schnee hervorschauen, und die Leute kennen
das Tüchlein und denken gleich: da müssen auch die Mädchen sein. In der
dunkeln Schneekammer drinnen hören die Kinder das Rufen und antworten
daraus; aber heraus können sie nicht. Die Männer schaufeln jetzt den Schnee
iveg; denn es ist alles zugeweht und zugeschneit, und gut war's nur, daß die
Tannenbäumchen das schwere Dach von Schnee tragen mochten; die Kinder
wären sonst erstickt. O wie freute sich alles, da die Kinder gerettet waren,
und wie dankte jeder dem lieben Gott, der so väterlich die Kinder beschützte!
Staub.
92. I)ei- Winter
1. Der "Winter ist ein rechter Mann,
kernfest und ans die Dauer;
sein Fleisch, fühlt sich wie Eisen an;
er scheut nicht süss noch sauer.
5. Doch wenn die Füchse hellen sehr,
wenn’s Holz im Ofen knittert
und um den Ofen Knecht und Herr
die Hände reibt und zittert;
2. War je ein Mann gesund wie er?
er krankt und kränkelt nimmer;
er trotzt der Kälte gleich dem Bär
und schläft im kalten Zimmer.
6. wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
und Teich’ und Seeen krachen:
das klingt ihm gut, das hasst er nicht,
dann will er tot sich lachen.
3. Er zieht sein Hemd im Freien an
und lässt’s vorher nicht wärmen;
er spottet über Fluss im Zahn
und Grimmen in Gedärmen.
7. Sein Schloss von Eis liegt ganz hinaus
beim Nordpol an dem Strande;
doch hat er auch ein Sommerhaus
im lieben Schweizerlande.
4. Aus Blumen und aus Yogelsang
weiss er sich nichts zu machen,
hasst warmen Trank und Liederklang
und alle warmen Sachen.
8. Da ist er denn bald dort, bald hier,
gut Eegiment zu führen;
und wenn er durchzieht, stehen wir
und sehn ihn an und frieren.
Claudius.
93. Das Büblein
auf dem Eise.
1. (Befroren hat es heuer
noch gar kein festes Eis.
Das Büblein steht am Weiher
und spricht zu sich ganz leis’:
„Ich will es einmal wagen;
das Eis muß doch nun tragen!"
Wer weiß?
2. Das Büblein stampft und hacket
mit seinen Stiefelein.
Das Eis auf einmal knacket,
und krach! schon bricht’s hinein.
Das Büblein platscht und krabbelt
als wie ein Krebs und zappelt
mit Arm und Bein.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]