Deuischland im dreizehnten Jahrhundert.
67
Handwerker waren freie Leute, nicht wie die Bauern Hörige; war die Stadt in Gefahr, so wurden sie auch zur Verteidigung aufgeboten und wußten die Waffen zu führen. Sie schlossen sich zu Genossenschaften zusammen, die man Zünfte oder Innungen nannte; die Zünfte hatten ihre besonderen Bräuche und banden ihre Mitglieder an bestimmte Ordnungen. Keiner durfte Waren herstellen und verkaufen, der nicht zu einer Zunft gehörte. Keiner konnte Meister werden, wenn ihn nicht die Zunft dazu machte; dazu war erforderlich, daß er als Geselle gearbeitet hatte und gewandert war, und daß er ein Meisterstück angefertigt hatte. Von der Zunft oder vom Rate der Stadt wurden auch die Preise der Waren festgestellt; und bestimmte Meister hatten den Auftrag, in den Werkstätten nachzusehen, ob überall die Ordnungen beobachtet und gute Ware hergestellt würde. In dieser Art erblühte damals das deutsche Handwerk; und vieles von dem, was in deutschen Städten gearbeitet war, wurde von den Kaufleuten ins Ausland, besonders nach Nordeuropa, ausgeführt und dort verkauft.
Denn jetzt war auch der deutsche Handel emporgeblüht. Die Handel. Straßen, für deren Ausbau freilich meist wenig Sorge getragen wurde, und die noch dazu oft Wegelagerer unsicher machten, wurden belebt durch die Wagen der Kaufleute. Der Rhein, die Donau, die Elbe und die anderen großen Ströme wurden von Schiffen befahren, und der Hafen mancher Stadt war gefüllt mit bewimpelten Fahrzeugen. Aber die deutschen Schiffer hatten sich auch längst auf die hohe See hinausgewagt; Nord- und Ostsee waren damals deutsche Meere, wo man kaum andere als deutsche Flaggen sah.
Der Handel war anderer Art als heute; wer Kauffahrtei trieb, der mußte selbst hinaus in die Fremde, mußte die Waffen führen können, mußte mancher Gefahr gewärtig sein, die ihm Sturm und Schiffbruch, Überfall von Seeräubern, rechtlose Behandlung durch fremde Fürsten und Volksstämme bringen konnten; dafür harrte seiner auch oft, wenn ihm alles gut gelang, ein außerordentlich hoher Gewinn. An den Küsten Skandinaviens und des heutigen Rußlands landeten die deutschen Kaufleute und gründeten dort Handelsniederlassungen; da verkauften sie deutsche Waren, Tuch und Leinwand, Metallgeräte, Lederwaren, Spezereien, Bier und Wein, während sie Landeserzeugnisse, Getreide, Holz, Häute, Pelze, Honig und Wachs, einkauften. Ein besonders wichtiger Handelsgegenstand war der Hering, dessen Fang in jener Zeit allein von deutschen Kaufleuten betrieben wurde, und derjals Fastenspeise sehr beliebt war und weithin versandt wurde.
Aber auch nach Süden ging der deutsche Handel. Durch die Kreuzzüge war ein lebhafter Verkehr mit dem Morgenland, der Levante, entstanden, der fast allein in der Hand italienischer Städte, vor allem Venedigs und
5*
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Herrscher aus verschiedenen Häusern.
97
1204
1198—1208
11198 — 1215 1208 1215 — 1250 1228-1229
1241
1250 — 1254
1268
125&—1273
1273—1519 1273 — 1347 1273 — 1291
1292 — 1298
Papst Innocenz Iii. Höhepunkt der päpstlichen Macht.
-Sxox-tnerte Kreuzzug. Eroberung von Konstantinopel; das lateinische Kaisertum.
Philipp von Schwaben, Friedrich Barbarossas Sohn.
Otto Iv., Heinrichs des Löwen Sohn.
Ermordung Philipps zu Bamberg.
Friedrich Ii.
Der fünfte Kreuzzug. Bannfluch des Papstes Gregor Ix.
Empörung der lombardischen Städte; erneuter Bann-flnch Gregors Ix. Der dritte Kampf zwischen Kaiser und Papst.
Einfall der Mongolen in Deutschland; Schlacht auf der Walstatt.
Wiederholung des Bannfluchs über den Kaiser durch Innocenz Iv.
Gegenkönige: Heinrich Raspe von Thüringen und Wilhelm von Holland.
Konrad Iv.
Manfred. Er füllt im Kampfe gegen Karl von Anjou.
Zug Konradins nach Italien, Niederlage bei Tagliacozzo und Hinrichtung zu Neapel.
Das Interregnum.
Richard von Cornwallis und Alfons von Kastilien.
Der sechste und siebente Kreuzzug. Ludwig Ix. der Heilige von Frankreich. Räumung von Akkon.
Iii. Die Zeit der zunehmenden Auflösung des Reichs.
1. Herrscher ans verschiedenen Häusern.
Rudolf von Habsburg.
Besiegung und Tod Ottokars von Böhmen in der Schlacht (Tfif dem Marchfelde. Belehnung der Söhne Rudolfs mit Österreich, Steiermark und Kretin.
Rudolfs Tätigkeit für den Landfrieden.
Adolf von Nassau. Hausmachtpolitik.
Neubauer, Geschtchtl. Lehrbuch. B. Iii. 6. Aufl.
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Extrahierte Ortsnamen: Konstantinopel Bamberg Gregors Deutschland Holland Italien Neapel Frankreich Akkon Ottokars Rudolfs Rudolfs
Tie Fortschritte der Reformation.
105
Die Fortschritte der Reformation.
§ 110. Kaiser Karl V. führte, während Deutschland diese schwere Revolution durchmachte, im Interesse seines Hauses in Italien Krieg. Für die Reformation war seine Abwesenheit von Nutzen; an die Durchführung des Wormser Ediktes war nicht zu denken. Nicht wenige Reichsstände fielen von der alten Kirche ab; unter ihnen waren der Kurfürst von Sachsen, Friedrich der Weise, dem nach seinem Tode sein Bruder Johann ,mnbe' der Beständige folgte, und Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen die mächtigsten. Auch eine Reihe von Städten führten die Reformation durch. Von besonderer Bedeutung war es, daß der Hochmeister des deutschen Ordens, der Hohenzoller Albrecht von Brandenburg, übertrat, sein Land säkularisierte, d. H. in ein weltliches Fürstentum umwandelte und sich von nun an Herzog von Preußen nannte. Schon ergriff die Reformation auch die nordischen Lande. Der Schwedenkönig Gustav Wasa, der Schweden van der dänischen Herrschaft befreite, reformierte sein Land und ebenso der König von Dänemark das seinige.
Im Jahre 1526 beschloß derreichstagvonspeier, in religiösen Angelegenheiten solle es jeder Reichsstand halten, wie er es „gegen Gott 1526. und Kaiserliche Majestät hoffe und vertraue zu verantworten". Nunmehr gingen Kurfürst Johann, Landgraf Philipp und andere Reichsstände daran, den kirchlichen Verhältnissen in ihren Landen eine gesetzliche Ordnung zu geben. Bisher hatte die katholische, d. h. allgemeine Kirche alle abendländischen Staaten gleichmäßig umfaßt; jetzt entstanden in den einzelnen evangelischen Landen besondere Landeskirchen. Sie konnten nur vonjjjjjjf' der bürgerlichen Obrigkeit begründet und eingerichtet werden; so kam es, daß dem Landesherrn, obwohl er ein Laie war-, meistens eine Art bischöflicher Machtbefugnis zugesprochen wurde. Ihm und seinen kirchlichen Räten lag zunächst die Ernennung von Pfarrern ob, sodann die Einziehung des Kirchenguts, das für Staatsgut erklärt und zum größeren Teil für Kirchen- und Schulzwecke verwandt wurde, ferner die Neuordnung des Gottesdienstes, in welchem nun Predigt und Gemeindegesang in den Vordergrund traten, endlich auch die Sorge für die Schulen, für die bisher meist die Kirche gesorgt hatte, und die nun der Staat in seine Obhut nahm. Das Vorbild für andere deutsche Lande wurde Kursachsen. Während Luther für den Religionsunterricht den großen und den kleinen Katechismus verfaßte, machte sich M e l a n ch t h 0 n um die Kirchenordnung und die Einrichtung von Schulen hochverdient.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Sachsen Hessen Schweden
Die Entwickelung de; Prolestantirmus.
109
um die Hofdame Anna Boleyn zu heiraten. Als diesem Wunsche der Papst seine Genehmigung versagte, verbot Heinrich der englischen Geistlichkeit, ferner mit ihm in Verkehr zu treten und ihm Gehorsam zu leisten, und machte sich selbst zum Oberhaupte der englischen Kirche, ohne indessen in Lehre und Kirchenverfassung weitere Änderungen zu treffen. Erst unter seinen Nachfolgern wurde auch in England die Reformation durchgeführt; die Königin Elisabeth, die Tochter Heinrichs Viii. und der Anna Boleyn, wurde ein Hort des Protestantismus.
Von großer Bedeutung wurde es ferner, daß in der Schweiz eine®Cn“te neuer Mittelpunkt der Reformation entstand. Johann Calvin, der aus dem nördlichen Frankreich stammte, setzte das Werk Zwinglis fort.
In Genf gelangte er seit 1541 zu maßgebendem Einfluß, ordnete die kirchlichen Verhältnisse und führte in dieser wohlhabenden und genußsüchtigen Stadt eine äußerst strenge Kirchenzucht ein. Er war ein Mann von großer Schroffheit, ja Härte, rücksichtslos gegen anders Denkende; aber in seiner Schule erwuchsen glaubensstarke Männer, denen ihre religiöse Überzeugung das Höchste war, die, streng gegen sich wie gegen andere, ihr ganzes Leben nach den Vorschriften ihres Glaubens zu formen suchten, Männer, die kampfesfteudig und zuversichtlich auch in den Tod gingen. In Deutschland wurde die K u r p f a l z das wichtigste Land, das sich zum Calvinismus be- Ausbreitung kannte, und der Heidelberger Katechismus die Bekenntnisschrift der deutschen Calvinismus Calvinisten oder, wie sie sich auch nannten, „Reformierten". Aber auch
nach Frankreich, nach den Niederlanden, nach Schottland und
England wurde die reformierte Lehre getragen.
§ 116. Die Wiedertäufer in Münster. Während das Luthertum in Nord- und Süddeutschland Fortschritte machte, gewannen an einer Stelle auch die Schwarmgeister und Wiedertäufer eine verhängnisvolle Gewalt. Die Stadt Münster in Westfalen hatte den evangelischen Glauben angenommen ; dann waren aber aus den benachbarten Niederlanden schwärmerische Anhänger jener Sekte eingewandert, hatten die Mehrheit im Rat gewonnen und ihre Macht dazu benutzt, um alle, die sich nicht zum zweiten Male taufen laffen wollten, aus den Toren zu treiben. An ihrer Spitze standen Jan Matthys, ein Bäcker aus Haarlem, und Jan Bockelson, ein früherer ver M-de» Schneider aus Leyden. Als der erstere im Kampfe gegen die Truppen des tiiuferftoat‘ Bischofs von Münster, der, von anderen Fürsten unterstützt, die Stadt belagerte, gefallen war, machte sich Jan Bockelson zum König des „neuen Jerusalem". Der Gewaltherrscher führte ein grausames Regiment und lebte in Pracht und Verschwendung., während die Lebensrnittel'in der Stadt
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Extrahierte Ortsnamen: England Schweiz Frankreich Genf Deutschland Frankreich Schottland England Westfalen Haarlem
110
Dar Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519—1648.
immer knapper wurden und unter den Belagerten Hungersnot ausbrach. Endlich gelang es im Jahre 1535 den Bischöflichen unter Beihilfe von Verrätern, in die Stadt einzudringen und sie nach hartem Kampfe einzunehmen. Bockelson und seine Genossen wurden unter großen Martern hingerichtet, und noch heute sieht man an einem der Kirchtürme Münsters die eisernen Käfige, in denen man ihre Leichen aufgehängt hatte. Die Bevölkerung aber wurde wieder zum alten Glauben zurückgeführt.
Karls V. Kriege.
»egen Tunis § 117. Indessen hatte Karl v. eine Reihe äußerer Kriege zu führen,
und aiigicr- ^ldzüge unternahm er gegen die türkischen Seeräuber, welche von den
sogenannten Barbareskenstaaten Tunis und Algier aus das westliche Mittelmeer beherrschten, die Küsten unsicher machten und den Handel lahmlegten. Auf dem ersten Feldzug wurde Tuuis unter Beihilfe der sich empörenden Christensklaven genommen und große Beute gemacht. Dagegen mißglückte ein Zug gegen Algier völlig; Stürme vernichteten einen Teil der Flotte, und nur mit Mühe konnte der Kaiser die Reste des Heeres nach Spanien zurückführen.
Krieg gegen Karl hatte ferner einen dritten und vierten Krieg gegen
8roni1' Franz I. zu führen; erst11544 wurde ein Friede geschlossen, in dem Franz endgültig auf Italien verzichtete.
Im nächsten Jahre kam auch ein W a s s e n st i l l st a n d mit S u l e i -man zustande, dem freilich ein großer Teil Ungarns mitsamt der Hauptstadt Ofen überlassen werden mußte. Karl V. konnte endlich daran denken, den lange geplanten Glaubenskrieg gegen die deutschen Protestanten zu söhnn.
C. vom schmallraldischen Kriege bis zum Augsburger Religionsfrieden. 1546—1555.
Der schmalkaldische Krieg. 1546—1547.
Gründe und § 118. Vorgeschichte des Krieges. Luthers Tod. Mit tiefstem Wider-Ä* willen hatte Karl das Anwachsen des Protestantismus gesehen, nicht als katholischer Christ allein, sondern auch als Kaiser; denn in jeder Kräftigung des Protestantismus muhte er eine Verstärkung des Widerstandes gegen seine kaiserliche Gewalt sehen. Er hoffte jetzt, durch einen glücklichen Krieg in Deutschland die Glaubenseinheit und zugleich das Ansehen des Kaisertums wiederherzustellen. Einen Anlaß zum Kriege bot ihm die Weigerung der evangelischen Fürsten das Konzil zu besuchen, das eben jetzt im Jahre
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Extrahierte Personennamen: Bockelson Karls_V. Karls_V. Karl_v Karl Karl Karl Franz_I. Franz Franz Karl_V. Karl_V. Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Tunis Tunis Algier Algier Spanien Italien Luthers Deutschland
114
Die Zeit der religiösen Kämpfe 1519 —1648.
gischen Herzogtümern gehören. Kurfür st Moritz fand schon vorher seinen Tod. Sein früherer Bundesgenosse, der wilde Markgraf Albrechtalci-b i a d e s von Brandenburg-Kulmbach, hatte den Passauer Frieden nicht anerkennen wollen, sondern auch fernerhin die Bistümer geplündert und gebrand-schatzt. Da trat ihm Moritz selbst entgegen; bei S i e v e r s h a u s e n unweit Braunschweig kam es im Jahre 1553 zur Schlacht, in der Moritz zwar siegte,
Moritzens aber tödlich verwundet wurde. Er zählte bei seinem Tode erst 32 Jahre.
Tod. '
Der Augs. § 122. Der Augsburger Religionsfriede und der Ausgang Karls V.
M-Ws-Jm Jahre 1555 führten die Verhandlungen, die zwischen König Ferdinand 1555. und den protestantischen Fürsten stattfanden, zum Abschluß des Augs-burgerreligionsfriedens. Den lutherischen Fürsten, den „Augsburger Konfessionsverwandten", wurde freie Religionsübung und jedem weltlichen Reichsfürsten das Recht zugesprochen, sich zwischen dem katholischen und dem lutherischen Glauben zu entscheiden. Damit erhielten freilich nur die Fürsten, nicht ihre Untertanen das Recht der Gewissens-fteiheit. Es galt der Satz: „wessen das Land, dessen der Glaube"; andersgläubigen Untertanen ward nur das Recht der Auswanderung zuerkannt. Ferner wurde das reformierte Bekenntnis auch jetzt noch nicht reichsgesetzlich anerkannt. Über die Frage, ob auch ein geistlicher Fürst in seinem Lande die Reformation durchführen dürfe, einigte man sich nicht. Die Katholiken setzten es durch, daß der „geistliche Vorbehalt", trotzdem ihn die Protestanten nicht anerkannten, in den Frieden aufgenommen wurde; danach sollte ein Bischof oder Abt, der zur Reformation übertreten wollte, verpflichtet sein sein Amt niederzulegen. Immerhin war ein vorläufiger Friede zwischen den Religionsparteien zustande gekommen.
Abdankung Indessen hatte Karl v., ein vor der Zeit gealterter, müder Mann,
Karls bereits seine italienischen Lande, dabei auch Mailand, das bisher deutsches Reichslehen gewesen war, seinem Sohne Philipp überlassen; ihm übertrug er in feierlicher Versammlung auch die Niederlande, die auf diese 1556. Weise ebenfalls vom deutschen Reiche losgelöst wurden, und im Jahre 1556 auch Spanien. Er selbst begab sich in das Kloster San Yuste in der spanischen Provinz Estremadura. Dort verbrachte er die letzten Jahre feines 1558. Lebens und starb im Jahre 1558.
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Extrahierte Personennamen: Moritz Moritz Moritz Karls_V. Ferdinand Karl_v. Karl_v. Karls Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg-Kulmbach Karls Karls Mailand Niederlande Spanien
Deutichland im Zeitalter der Gegenreformation.
119
licher Stifter waren, dem geistlichen Vorbehalt zum Trotz, säkularisiert worden und wurden nicht mehr von Bischösen, sondern von weltlichen Administratoren, meist Prinzen benachbarter Fürstenhäuser, verwaltet. Die meisten Reichsstädte ferner bekannten sich zum neuen Glauben. Ja, selbst in den Ländern katholischer Fürsten, in den Habsburgischen Erblanden und vielen geistlichen Gebieten griff der Protestantismus um sich; in Böhmen und Österreich waren der größte Teil des Adels und viele Städte ihm zugetan. Verhängnisvoll aber war es, daß die beiden protestantischen Richtungen sich auf das stärkste befehdeten; dem Lutheraner galt oft der Calvinist für einen schlimmeren Feind als der Katholik. So war denn unter den evangelischen Fürsten keine Einigkeit zu erreichen; der lutherische Kurfürst von Sachsen hielt gern gute Freundschaft mit dem Kaiser, der Pfälzer Kurfürst galt als das Haupt der dem Kaiser feindseligen Partei.
Unter diesen Umständen begann der Jesuitenorden seine stille, aber unermüdliche Tätigkeit. Unter seinem Einfluß wuchsen insbesondere zwei Fürstensöhne heran, die berufen waren, in den religiösen Kämpfen der nächsten Zeit eine hervorragende Rolle zu spielen, Erzherzog Ferdinand ^Iar-von Steiermark und Maximilian I. von Bayern. Der letzterem^a“^b war der bedeutendere und kraftvollere, ganz erfüllt von dem Gedanken, den Ea» i. Protestantismus zurückzudrängen und zugleich Bayern groß zu machen; er Sal)cnl war der erste deutsche Fürst, der ein stehendes Heer schuf. Wahrend sich in Bayern nur wenige Protestanten fanden, war Steiermark zum größten Teil evangelisch. Hier aber führte Ferdinand, sobald er den Thron bestiegen hatte, mit Gewalt die Gegenreformation durch; die protestantischen Prediger wurden vertrieben, die Kirchen geschlossen, die Bibeln öffentlich verbrannt, die Untertanen gezwungen, sich zu bekehren oder auszuwandern.
Lieber, sagte Ferdinand, wollte er über eine Wüste als über ein Land voller Ketzer herrschen.
§ 128. Union und Liga. Der clevische Erbfolgestreit. Die Spannung die zwischen den religiösen Parteien bestand, führte zur Entstehung von Bündnissen. Zuerst schlossen sich eine Reihe evangelischer, vorwiegend süddeutscher Reichsstände, zum Schutze ihres Glaubens und ihrer Selbständigkeit zu der Union zusammen, an deren Spitze Kurfürst Friedrich Iv. von der ltm§“aunb Pfalz stand. Diesem evangelischen Bunde trat die katholische Liga gegenüber, deren Führer Maximilian von Bayern war.
Und bald schien es, als stehe der Ausbruch eines großen Krieges un- ^Der mittelbar bevor. Um das Erbe des 1609 ausgestorbenen Geschlechts der foigestrett. Herzöge von Jülich, Cleve und Berg, die auch Grafen von Mark
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_^Iar-von Ferdinand Maximilian_I._von_Bayern Maximilian_I. Ferdinand Ferdinand Ferdinand Friedrich_Iv Friedrich Maximilian_von_Bayern Maximilian Cleve
284
Geschichtliche Tabellen.
1204 rll98—1208
11198—1215 1208 1215 — 1250 1228 — 1229
1241
1250 — 1254 1268 1250—1273
1273-1519
1273-1347
1273 — 1291
1291 — 1298
Snnocenj Iii. Höhepunkt der päpstlichen Macht.
Derviertekreuzzug. Eroberung von Konstantinopel; das lateinische Kaisertum.
Philipp von Schwaben, Friedrich Barbarossas Sohn.
Otto Iv., Heinrichs des Löwen Sohn.
Ermordung Philipps zu Bamberg.
Friedrich Ii.
Der fünfte Kreuzzug. Bannfluch des Papstes Gregor Ix.
Empörung der lombardischen Städte; erneuter Bannfluch Gregors Ix. Der dritte Kampf zwischen Kaiser und Pap st.
Einfall der Mongolen in Deutschland; Schlacht auf der W a l st a t t.
Wiederholung des Bannfluchs über den Kaiser durch Innocenz Iv.
Gegenkönige.- Heinrich Raspe von Thüringen und Wilhelm von Holland.
Konrad Iv.
Manfred. Er fällt im Kampfe gegen Karl von Anjou.
Zug Konradins nach Italien, Niederlage bei Tagliacozzo und Hinrichtung zu Neapel.
Das Interregnum.
Richard von Cornwallis und Alfons von Kastilien.
Der sechste und siebente Kreuzzug. Ludwig Ix. der Heilige von Frankreich. Räumung von Akkon.
Hi. Die Zeit der zunehmenden Auflösung des Reichs.
1. Herrscher aus verschiedenen Häusern.
Rudolf von Habsburg.
Besiegung und Tod Ottokars von Böhmen in der Schlacht auf dem Marchfelde. Belehnung der Söhne Rudolfs mit Österreich, Steiermark und Krain.
Rudolfs Tätigkeit für den Landfrieden.
Adolf von Nassau. Hausmachtpolitik.
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Karl V. und die deutsche Reformation.
287
1519
1520 1520 10. Dez.
1519 — 1556 1519 — 1532
1521 18. April
1524—1525
1525
1526
1526
1529
1530
1532
1532—1545
Disputation mit Eck zu Leipzig.
Die drei großen reformatorischen Schriften.
Verbrennung der Bannbulle.
1. Karl V. und die Reformation.
A. von Karls V. Thronbesteigung bis zum Nürnberger Religionsfrieden.
Luther vor dem Reichstag zu Worms.
Das Wormser Edikt. Luther auf der Wartburg. Die Schwarmgeister in Wittenberg.
Ulrich Zwingli und die Reformation in Zürich.
Erhebung und Tod Sickingens.
Der große Bauernkrieg.
Siege des Truchseß von Waldburg über die süddeutschen Bauern; Niederlage Thomas Münzers bei Frankenhausen.
Erster Krieg mit Franz I. von Frankreich.
Schlacht bei Pavia. Franz gefangen.
Erster Reichstag von Speie r. Gründung evangelischer Landeskirchen.
Die Reformation in Preußen (Albrecht von Brandenburg), Schweden (Gustav Wasa) und Dänemark.
Ferdinand, Karls V. Bruder, erbt Ungarn und Böhmen. Türkenkriege (Suleiman).
Zweiter Krieg mit Franz I.
Plünderung Roms durch die deutschen Landsknechte.
Der zweite Reichstag von Speier; die Protestation.
Reichstag von Augsburg; die augsburgische Konfession.
Der schmalkaldische Bund.
Tod Zwinglis bei Kappel.
Der Nürnberger Religionsfriede.
ß. vom Nürnberger Religionsfrieden bis zum Schmalkaldischen Kriege.
Die Wiedertäufer (Jan Matthys und Jan Bockelson) in Münster.
Reformation in Württemberg (Ulrich), Brandenburg ,(Joachim) und Sachsen-Meißen (Moritz).
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Der erste Kreuzzug 1096 — 1099.
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Auch das geistige Leben regte sich stärker. Neben den lateinischen ®itiun8-Prosawerken entstanden bereits deutsche Heldenlieder. Die wundervollsten Denkmäler jener Zeit aber sind die herrlichen Kirchen, die am Rheine und anderswo im romanischen Stil oder Rundbogenstil ausgerichtet wurden, vor allen anderen die Dome zu Mainz, Speier und Worms (s. § 71).
Der erste Kreuzzug. 1096 — 1099.
§ 52. Der erste Kreuzzug. In der Zeit, als der erste der großen Kämpfe zwischen Kaisertum und Papsttum ausgesochten wurde, entstand die tiefe religiöse Erregung der christlichen Völker des Abendlandes, welche zum ersten Kreuzzug führte. Von jeher waren Wallfahrten nach dem Vorgerichte heiligen Lande, um an Christi Grabe zu beten und seine Sünden zu büßen, Kreuzzüge. in der Christenheit Brauch gewesen; sie hatten auch unter der Herrschaft der Araber, die seit dem siebenten Jahrhundert im Besitze Palästinas waren, fortgedauert, ohne daß die Pilger wesentlich belästigt worden wären. Aber seit die seldschuckischen Türken Palästina erobert hatten, wurde es anders, und die Christen hatten Mißhandlungen und Grausamkeiten zu erdulden. Unter diesen Umständen regte sich der Gedanke, durch eine gemeinsame kriegerische Unternehmung die heiligen Stätten zu befreien. Der ritterliche, kampflustige Adel, der das Abendland erfüllte, von der religiösschwärmerischen Stimmung der Zeit ergriffen, zugleich nach abenteuerlichen, beutereichen Fahrten in weite Ferne verlangend, nahm die Anregung mit Begeisterung auf. Die Päpste aber förderten den Plan, weil er eine ungeheure Erhöhung der kirchlichen Macht versprach. 1095 berief Urban Ii. ein Konzil nach der Stadt Clermont im mittleren Frank-reich. Dort versetzte sein Wort die Menge in solche Erregung, daß sich Tausende mit dem Ausruf „Gott will es" das Kreuz aufhefteten und sich dadurch zur Teilnahme an dem Zuge verpflichteten. Feurige Prediger trugen die Begeisterung weiter, unter ihnen der Einsiedler Peter von Amiens, von dem die Sage erzählte, ihm sei im heiligen Lande Christus erschienen und habe ihm den Auftrag gegeben, den Besehl zur Befreiung des heiligen Landes dem Papste zu überbringen.
Die ersten ungeordneten Scharen freilich, die unter Peter von Amiens und dem Ritter Walter von Habenichts nach Osten zogen und zum großen Teil aus Gesindel jeder Art bestanden, erreichten nicht einmal das Ziel ihrer Fahrt; wer nicht auf dem Marsche das Leben einbüßte, verlor es unter den Schwertern der Türken in Kleinasien. Dann ®er «st« aber zogen im Frühjahr 1096 auf verschiedenen Wegen wohlgerüstete Ritter-Heere dem zum Versammlungsort bestimmten Konstantinopel zu; kein König
Neubauer. Geschichll. Lehrbuch für Miidchensch. Ii. 5. Aufl. 4
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