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Regel war der Kirchhof mit besonderer, starker Mauer geschützt; er bildete
mehr als einmal die Citadelle und letzte Zuflucht der Bewohner. Dorf
und Flur wurden durch Nacht- und Tagwächter beschritten. Die Häuser
waren zwar nur von Holz und Lehm in ungefälliger Form, oft in engen
Dorfstraßen zusammengedrängt, aber sie waren nicht arm an Hausrath
und Behagen. Schon standen alte Obstbaumpflanzungen um die Dörfer,
und viele Quellen ergossen ihr klares Wasser in steinerne Tröge. Auf
den Düngerstätten der eingefriedigten Höfe tummelten sich große Schaaren
von kleinem Geflügel, auf den Stoppeläckern lagen mächtige Gänseheer-
den, und in den Ställen standen die Gespanne der Pferde weit zahlreicher
als jetzt, wahrscheinlich ein großer starkknochiger Schlag, verbauerte
Nachkommen der alten Ritterrosse, sie, die stolzeste Freude des Hof-
besitzers, daneben die „Klepper,", eine uralte kleinere Landrace. Große
Gemeindeheerden von Schafen und Rindern grasten auf den steinigen
Höhenzügen und in den fetten Riedgräsern. Die Wolle stand gut im
Preise, und an vielen Orten wurde auf feine Zucht gehalten; die deutschen
Tuche waren berühmt und Tuchwaaren der beste Ausfuhrartikel. Die
Dorfflur lag — wo nicht die altfränkische Flureintheilung in lange Bänder
sich erhalten hatte — in drei Felder vertheilt, deren Hufen viel gespalten
und Beet für Beet sorgfältig versteint waren. Der Acker war nicht ohne
höhere Cultur. Ein seinmehliger weißer Weizen wurde in das Winterfeld
gesäet. Waid wurde im Norden des Rennstiegs immer noch eifrig und
mit großem Vortheil gebaut. Obgleich schon vor dem Kriege der fremde
Indigo den einheiinischen Farbestoff zu verdrängen suchte, konnte der
jährliche Gewinn Thüringens durch den Waid doch noch auf drei Tonnen
Goldes angeschlagen werden; diese Summe kam zumeist nach Erfurt
und in das Herzogthum Gotha; außerdem brachte Anis und Saflor
gutes Geld; auch der Kardenbau war altheimisch, und von Oelsaaten
wurde Rübsen, wie am Rheine Raps, in die Brache gesäet. Der
Flachs ward sorgfältig durch die Wasserröste zubereitet, und die bunten
Blüthen des Mohnes und die schwankenden Rispen der Hirse erhoben sich
inmitten der Aehrenfelder. An den Abhängen von warmer Lage
aber waren in Thüringen und Franken damals überall Rebengärten, und
diese alte Cultur, welche jetzt in denselben Landschaften fast untergegan-
gen ist, muß in günstigen Jahren doch einen sehr trinkbaren Wein her-
vorgebracht haben, sogar noch auf den Vorbergen des Waldgebirges;
denn es werden in den Chroniken einzelne Weinjahre als vortrefflich
gerühmt. Auch Hopfen ward fleißig gebaut und zu gutem Bier benutzt.
Schon säte man von Futtergewächsen den Spörgel und die Pferdebohne.
Die Wiesen hochgeschätzt, häufig eingezäunt, wurden sorgfältiger behan-
delt als zweihundert Jahre später; die Maulwurfshaufen zerwerfen und
die Abzugsgräben, ja sogar Bewässerungsgräben ziehen und erhalten,
war gewöhnlich. Schon war Erfurt Mittelpunkt eines großen Samen-
handels und höherer Gartencultur, auch von Blumen und feinen Obst-
sorten. Im Ganzen war, wenn man verschiedenes Zeiten mit einander
vergleichen darf, die landwirthschaftliche Cultur um "1618 nicht geringer
als etwa um 1818.
Auch der Handelsverkehr war nicht gering. Durch Thüringen
führte fast parallel mit den Bergen eine große Handelsstraße von der
Elbe zum Rhein und Main und am Abfall des Gebirges gegen die
Werra lag der große Heerpfad, welcher den Norden Deutschlands mit
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Extrahierte Personennamen: Winterfeld
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Herzogthum_Gotha Rheine Thüringen Rhein Main Deutschlands
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Australien und Ozeanien.
Erden ist. Wurden doch 1898 1 700000 Pferde, 11 '/3 Mill.
Rinder und 84 Mill. Schafe gezählt. In der vorhergegangenen
Dürre waren aber etwa 3 Mill. Rinder und 371¡2 Mill. Schafe, von
letzteren allein 20 Mill, in Neusüdwales und 12 3/4 Mill, in Queens-
land eingegangen.
Das trockene Klima ließ naturgemäß die Schafzucht in den
Vordergrund treten Von Erzeugnissen der Viehzucht steht daher
Schafswolle an erster Stelle. Ferner findet eine bedeutende
Ausfuhr von Hamm elfi ei sch in gefrorenem Zustande nach
England statt. Am reichsten an Rindvieh sind Queensland, Neu-
südwales und Viktoria, welche Gebiete viel Butter ausführen.
Jährlich werden für etwa 400 Mill. M. Wolle, für 30 Mill. M.
Fleisch und für ungefähr die gleiche Summe Butter und Käse' aus-
geführt. Als schädigend für den Betrieb der Viehzucht hat sich
die ungeheure Vermehrung der von Europa eingeführten Kanin-
chen, die eine wahre Landplage geworden sind, erwiesen.
Australische Lebensbilder: Der Squatter und der Buschmann.
Der Name Squatter stammt aus Nordamerika, wo man mit ihm Farmer
bezeichnet, die herrenloses Gebiet in Besitz nahmen. Dies taten auch die
australischen Squatter, die von der Ostküste aas die Berge überstiegen und
jenseits derselben ihr Heim gründeten. Aber nicht Ackerbauer wurden letztere
wie die nordamerikanischen Squatter, sondern V i ehzüch t er. Wo sich Wasser
in genügender Menge vorfand, bezw. aufgestaut oder erbohrt werden konnte,
legten sie ihre Stationen an. Sie verfügen über große Ländereien, entweder als
Eigentümer oder meist als Pächter und sind in der Regel reiche Leute, die
Aristokraten Australiens. „Ein Squatter, der Schafbesitzer ist", so bemerkt
Lumholtz*), „hat nicht selten 200000 Schafe auf seiner Station, und die
Viehstationen zählen oft löooo Stück Riedvieh. Eine Station gleicht einem
kleinen Dorfe. Außer dem Hauptgebäude, das dem Squatter oder seinem Ver-
walter als Wohnung dient, sind dort mehrere Hütten für die Arbeiter, ein
Fleischerladen, ein Lager für Wolle und außerdem noch ein Laden, in dem die
notwendigsten Lebensbedürfnisse zu haben sind. Gewöhnlich befindet sich ein
Küchengarten unten am Wasser, denn ein kleiner Fluß oder irgend ein Gewässer
ist bei jeder Station. Dieser Garten wird meistens von betriebsamen Chinesen
verwaltet, die allerdings sehr verhaßt sind, aber gleichzeitig als die tüchtigsten
Gärtner anerkannt werden. Der Stock Yard ist eine Einfriedigung, die auf
einer jeden Station unentbehrlich ist, sowohl für das Vieh als auch für die
Pferde, welche morgens hineingejagt werden, damit sich ein jeder Arbeiter sein
Tier leicht herausholen kann; fast jede Arbeit in Australien wird nämlich zu
Pferde abgemacht, und Leute, die des Reitens unkundig sind, trifft man selten."
Zur Beaufsichtigung der Viehherden hat der Squatter nur eine geringe
Zahl von Leuten nötig. Nur in zwei Zeiten des Jahres bedarf er einer größern
Zahl von Arbeitskräften, nämlich im Frühjahr, wenn die Herden sich stark ver-
mehren, und im Herbst, wenn die Schafschur vorgenommen wird. Die auf der
Arbeitsuche im Buschlande umherstreifenden Leute werden Buschmänner
(Bushmen) genannt. Von dem wilden Leben dieser verwegenen Leute, das
zwischen schweren Strapazen und wüsten Vergnügungen wechselt, entwirft
Lumholtz folgende Schilderung: „Staunenswert ist es, wie die Buschmänner
bei ihrer Lebensweise so frisch und wohlauf sein können. Unter freiem Himmel
in Regenwetter schlafen, essen, wenn es ihnen gefällt (gesalzenes Fleisch mit
Damper, einer Art Brot aus Weizenmehl und Wasser, ist ihre tägliche Nah-
rung), unreines Wasser oder Alkohol als Getränk, dies ist die gewöhnliche
*) Mitgeteilt in Si e vers „Australien und Ozeanien".
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Extrahierte Personennamen: Buschmann
Extrahierte Ortsnamen: Ozeanien Neusüdwales Hamm England Queensland Viktoria Europa Nordamerika Australiens Buschlande