110 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
Ungern, ein zwar nun schon christliches, aber doch noch sehr rohes
Volk, ließen den Walther mit seiner Horde zwar ein, und ihr
König K.olomann versprach auch, die nöthigen Lebensmittel ge-
gen Bezahlung zu liefern. Aber um Ordnung zu halten, war
das Gesindel nicht ausgezogen. Sie zerstreuten sich im Lande,
plünderten — und wurden zum Theil todtgeschlagen. Noch
schlimmer ging es ihnen im Lande der Bulgaren, so daß nur ein
kleines Hänschen bei Constantinopel ankam, welches froh war, daß
der griechische Kaiser Alexius Comnenus ihm die Erlaubniß gab,
bis zur Ankunst Peters ein Lager vor den Thoren aufschlagen
zu können.
Nun kam Peter mit 40,000 nach, die nicht viel besser als
des Walthers Leute waren. Doch ging anfangs Alles gut. Die
Ungern hielten Friede, weil Peter Ordnung hielt. Schon war
dieser fast an die letzte Grenze gekommen, da hörte er, daß in
einer vor ihm liegenden Stadt (Semlin) 16 Kreuzfahrer von
Walthers Haufen, weil sie geplündert hatten, von den entrüste-
ten Einwohnern erschlagen worden wären. Dies hören und die
Stadt stürmen lassen, war Eins. Die armen Einwohner, die
meist an jener That ganz unschuldig waren, wurden säst alle er-
mordet, die Stadt fünf Tage lang geplündert und ein entsetz-
liches Blutbad angerichtet. Das that der heilige Peter. Frei-
lich mußte er nun eilen, daß er über die ungarische Grenze kam;
denn schon war der König im Anzuge, die Greuelthat zu rächen.
Auch in Bulgarien benahm sich Peter so unklug, daß er sich mit
den Einwohnern ganz überwarf. Er erlitt eine ungeheuere
Niederlage; der vierte Theil seiner Leute lag blutend aus dem
Wahlplatze, und sein ganzes Gepäck und eine Menge mitgezogener
Weiber, Kinder, selbst Nonnen, fielen in die Hände der wilden
Bulgaren. Gedemüthigt kam er mit dem Ueberreste bei Con-
stantinopel an, und er und Walther klagten sich nun gegenseitig
das erlittene Unglück, an dem sie doch beide allein schuld waren.
Auch Petern erlaubte der Kaiser, das Heer Gottfrieds zu erwarten.
Aber diese beiden Haufen waren nicht die einzigen. Auch
in Deutschland erhob sich die Begeisterung und wurde von
schwärmerischen Geistlichen zur lichten Flamme angeblasen. Der
Eine hatte um die Zeit der Versammlung in Clermont Sterne
vom Himmel regnen gesehen; ein Anderer zwei Männer zu Pferde,
die am hellen Tage am Himmel miteinander kämpften und von
denen der eine den andern mit einem großen Kreuze niederschlug;
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Extrahierte Personennamen: Alexius_Comnenus Peters Peter Peter Walthers Peter Peter
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Bulgarien Heer_Gottfrieds Deutschland Clermont
Alfred von England.
95
Endlich bereinigte ein König von Wessex (in Süd-England),
Egbert, alle sieben Reiche (827) und machte also der Heptar-
chie ein Ende. Er war als Prinz, um sich vor den Verfolgun-
gen seiner eigenen Verwandten zu retten, nach Frankreich geflo-
hen und hatte am Hose Karls des Großen seine Ausbildung
erhalten. Mit Kenntnissen und Erfahrungen bereichert, kam er
zurück, und mit ihm begann für England eine ruhigere Zeit.
Doch wurde die Ruhe manchmal durch die Landung der Dälien
oder Rormänner, kühner Seeräuber, die von Dänemark und Nor-
wegen aus das Meer durchschifften, gestört. Sie raubten Men-
schen und Güter, und schifften dann reichbeladen nach Hause.
Noch größern Ruhm als Egbert erlangte sein Enkel, Alfred,
den man auch wohl den Großen genannt, und der voil 871 bis
901 über England regierte. Als Knabe hatte er nichts gelernt,
weil ihn sein schwacher Vater (Ethelwolf) verzärtelte; aber seine
Mutter Judith, eine Tochter Karls des Kahlen, lehrte ihm die
altsächsischen Lieder. Diese machten auf sein Gemüth einen wun-
derbaren Eindruck und entwickelten in ihm die Begeisterung für
alles Edle und Große, die er hernach als König überall zeigte.
Kaum hatte er den Thron bestiegen, so landeten neue Haufen
von Dänen, die damals die Küsten nicht nur Englands, sondern
auch Frankreicks und Deutschlands zu verwüsten pflegten. Nach
mehrern vergeblichen Kämpfen verloren die Angelsachsen den Muth,
ferner zu kämpfen, da immer neue Schaaren wie aus dem Meere
aufstiegen. Vergebens rief Alfred seine Unterthanen zu einem
neuen Kampfe auf. Manche flohen in die Berge, Andere über
die See, und die Uebrigen unterwarfen sich den Siegern. Alfred,
von Allen verlassen, von den Dänen ausgesucht, entließ seine
Hoflente und flüchtete sich in Bauernkleidern. Er trat als Knecht
in die Dienste eines seiner Rinderhirten, eines treuen Men-
schen, der nicht einmal seiner Frau den hohen Stand seines Ga-
stes verrieth.
Als er nun hier bemerkte, daß die Dänen nicht mehr so eif-
rig ihn aufsuchten, begab er sich nach einem Versteck in Somer-
setshire (im südlichen England am Kanal von Bristol). Hier war
eine von kleinen Flüssen, Morästen und Buschwerk umgebene
Gegend, die Insel Athelney. Diese befestigte er; und dazu
war hier-Alles so unwegsam, daß Niemand ahnte, daß sich hier
Menschen aufhielten. Von hier aus griff er mit einem gesam-
melten Haufen Sachsen öfters die Dänen an, die daraus wohl
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Extrahierte Personennamen: Alfred_von_England Egbert Karls Dänemark Egbert Alfred Judith Karls Alfred Alfred
Extrahierte Ortsnamen: Süd-England Frankreich Karls England England Englands Deutschlands England Bristol Sachsen
Wilhelm der Eroberer.
99
Harold eilte herbei. Es kam zu einer blutigen Schlacht bei
Hastings (Hehstings) an der Südküste (1066). Die Rormän-
ner gewannen einen großen Sieg; Harold fiel mit zweien seiner
Brüder und einem großen Theil der sächsischell Ritterschaft. Wil-
helm der Eroberer — so wurde er nun genannt — wurde
nun ohne Widerspruch König von England; ein kräftiger Mann
mit einer starken Seele, aber rauh, stolz und hart. Anfangs re-
gierte er strenggerecht; er duldete keine Unordnung, suchte Nor-
männer und Engländer durch Heirathen einander näher zu brin-
gen und hörte jeden Unterthan an. Aber das änderte sich bald,
als er nach der Normandie zurückreiste. Die nach England über-
gesiedelten Normänner ließen die unterworfenen Engländer ihren
Uebermuth fühlen; der Haß gegen die Fremden wuchs, und schon
war der Tag bestimmt, an welchem man die Fremden, wie einst
die Dänen, niedermachen wollte. Da kehrte Wilhelm schleunig
nach England zurück und hielt nun strenges Gericht über die
Uebelthäter. Jeder neue Aufstand führte neue Härten herbei.
Er nahm den Engländern ihre Güter, machte diese zu Kronbe-
sitzungen und übertrug sie seinem normännischen Adel. Mit
eiserner Hand drückte er die Engländer in Sklaverei nieder und
wandte Ehre, Reichthümer und Vertrauen nur den Normännern
Zu. Rur die Furcht hielt die unglücklichen Engländer von neuen
Empörungen zurück. Als er nach 21jähriger Regierung starb
(1087), war die Freude der Engländer groß, und die bittere Reue,
die er im Sterben über seine Härte empfand, konnte die Gemü-
ther nicht mit seinem Andenken versöhnen.
seitdem die heilige Helena, Constantin des Großen Mutter,
die herrliche Kirche über dem heiligen Grabe erbaut und sie und
ihr mächtiger Sohn bei der prachtvollen Einweihung derselben,
auf den Knieen demüthig im Staube liegend, dort ihr andächti-
Hom Anfange der Kreuzige bis zur Reformation^
1096 — 1517.
63. Der erste Kreuzzug, 1096.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Helena Constantin
112
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
ließ. Hier traf sie die Strafe für ihre Greuelthaten. Sie wagten
sich zu weit vor in die Bergschluchten, an denen Klein-Asien so
reich ist, fielen hier den lauernden Seldschucken in die Hände
und wurden bis auf 3000 niedergemetzelt. Walther Habenichts
war unter den Todten; er war, tapfer fechtend, gefallen. Peter
entrann mit dem kläglichen Ueberreste zurück nach Constantinopel.
Dagegen benähn: sich das Hauptheer, das aus dem Kerne
der französischen Ritterschaft bestand, ganz anders. Am 15. Au-
gust (1096) war es, hauptsächlich unter Gottfrieds von
Bouillon Leitung, ausgebrochen. Dieser Gottfried war ein
Mann, der unter seinen Zeitgenossen auf eine recht ausgezeich-
nete Weise sich hervorthat. Damals war er erst 35 Jahre alt,
galt aber für den tapfersten Ritter seiner Zeit, war dabei ge-
lassen und bescheiden und von einer ungeheuchelten Frömmigkeit.
Von seiner Stärke und Tapferkeit wußte man sich viel Geschichten
zu erzählen. Hier nur eine davon: Als er 15 Jahre alt war,
wollte ihm ein Verwandter seine Güter streitig machen. Es kam
zur Klage und die Richter verlangten, daß das Gottesurtheil
entscheiden sollte. Beide sollten miteinander kämpfen, und er-
schienen auch ganz bepanzert, jeder mit Schild und Schwert be-
waffnet. Der Kaiser Heinrich Iv. war selbst zugegen. Da
führte Gottfried einen so kräftigen Hieb auf seinen Feind, daß
er ihn gespalten, wenn dieser nicht geschwind den Schild vor-
gehalten hätte. An diesem zersprang sein Schwert bis nahe am
Hefte, und schon gaben Alle die Sache Gottfrieds verloren; nur
er nicht. Rasch fiel er seinen Gegner mit dem Stummel von
Schwert an und versetzte ihm damit einen solchen Hieb an die
Schläfe, daß er taumelnd und sinnlos zu Boden stürzte. Aber
sogleich war auch Gottfrieds Feindschaft verschwunden; er sprang
schnell zu, leistete dem Ueberwundenen die nöthige Hülse und
ruhte nicht eher, bis er ihn unter guter Pflege sah.
Unter diesem herrlichen Manne, der allein ein ganzes Heer
Werth war, brach nun das Krenzheer auf. Das war ein anderer
Hause als die frühern! An schlechten Leuten fehlte es zwar
auch nicht; wo wären -auch diese nicht zu finden? Aber man
sah hier die Blüthe des französischen und deutschen Adels, eine
Menge der tapfersten Ritter, die vor Begierde brannten, große
Thaten zu verrichten, und allein an 10,000 berittene Knechte
(Reisige). Daß dies ganz andere Leute waren als die vorher
geschilderten, sah man schon auf ihrem Marsche. Ueberall hielten
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Extrahierte Personennamen: Gottfried Heinrich_Iv Heinrich Gottfried Gottfrieds
260
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Frankreich.
und welche Erscheinungen das Mädchen vorgebe. In unsern auf-
geklärten Zeiten, wo nur übelunterrichtete Menschell noch am
Aberglauben hängen, würde man über' das Vorgeben der Jung-
frau gelacht oder sie als eine Selbstbetrogene gutmüthig bedauert
haben. Nicht so damals. Himmlische Eingebungen hielt man
für gar nicht unwahrscheinlich. Doch wollte Karl sie erst auf die
Probe stellen. Er ließ sie zu sich führen, nachdem er alle könig-
liche Abzeichen abgelegt und sich unter seine Hofleute verborgen
hatte. Aber sogleich fand sie ihn unter Allen heraus, ob sie ihn
gleich, wie sie behauptete, noch nie gesehen hatte. Dann vertraute
sie ihm, um ihre göttliche Sendung zu beweisen, den Traum, den
er in der letzten Nacht gehabt hatte, versprach ihm, ihn zur Krö-
nung nach Rheims (der alten Krönungsstadt der französischen
Könige) zu führen und verlangte, man sollte ihr ein von ihr be-
zeichnetes Schwert aus einer benachbarten Wallfahrtskapelle ho-
len. Daß sie den König habe belügen wollen, läßt sich wohl
nicht denken; sondern wahrscheinlicher ist, daß sie sich selbst für
eine vom Himmel Auserkorene hielt und daß jene angeblichen
Wunder nachher erdichtet wurden, um ihr das Vertrauen des
Volkes und der Soldaten zu verschaffen. Der König war oder
stellte sich ganz überzeugt von ihrer himmlischen Sendung. Er
behielt sie bei sich, er bewies ihr ungemeine Ehre, ließ ihr gleich
eine Rüstung machen und gab ihr ein Pferd und eine weiße
Fahne, aus welche Jesus Christus selbst mit einer Weltkugel ge-
malt war. So zeigte er sie dem Heere, welches ihr laut ent-
gegenjauchzte und nun unbesiegbar zu sein glaubte. Wie sehr der
feste Glaube an himmlischen Beistand aus ein Heer wirken kann,
ist schon von der Eroberung von Jerusalem her bekannt und zeigte
sich auch hier wieder. Es war urplötzlich ein ganz neuer Geist,
in die Soldaten gefahren und ungeduldig warteten sie auf das
Zeichen der Schlacht. Die erste Gelegenheit, wo das Mädchen
benutzt werden sollte, war ein Versuch, den Graf Dunois machte,
die halb verhungerten Einwohner von Orleans mit Lebensmit-
teln zu versehen. Ein Hause Soldaten war versammelt, den Zug
nach Orleans zu beschützen. Vorher befahl die Jungfrau, daß
alle Soldaten beichten mußten; dann trieb sie alles schlechte
Weibsgesindel aus dem Lager und führte Zucht und Ordnung
wieder ein. Jetzt schrieb sie an die Anführer der Engländer, die
vor Orleans standen, und befahl ihnen, sogleich die Belagerung
aufzuheben und Frankreich zu verlassen. „ Gebt heraus", ließ sie
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Jesus_Christus Dunois
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Rheims Jerusalem Frankreich
94
Neueste Geschichte. 2. Periode. Freiheitskampf.
Ihrigen, mittellose Männer überließen Weib und Kind dem
Schutz des Höchsten, um nicht zurückzubleiben bei dem allgemeinen
begeisterten Beginnen. Wer aber am Kampfe selbst nicht Theil
nehmen konnte, die Greise, die Kinder und besonders die Frauen,
sie wetteiferten dennoch in Thaten freudiger Hingebung für das
gemeinsame Werk: willig opferten sie ihr Hab und Gut, oder
halfen mit ihrer Hände Arbeit die zahlreichen Kriegsbedürfnisse
für die so schnell gerüstete Armee beschaffen. Die Frauen legten
ihr silbernes Geräthe und ihren Schmuck auf dem Altar des
Vaterlandes nieder, die Kinder gaben freudig ihre kleinen Er-
sparnisse hin, selbst die Jungfrauen, bis zur Dienstmagd herab,
opferten, was sie irgend darzubringen vermochten, und diejenigen,
welche gar nichts Anderes hatten, schnitten ihr Haar ab, um den
Preis des daraus gefertigten künstlichen Geflechts für das Vater-
land hinzugeben. Ueberall aber halfen die Frauen den Muth
und die Begeisterung der in beit Kampf ziehenden Männer an-
feuern, und die Herzen, welche sonst bei solchem Abschied schmerz-
lich beklommen sind, schlugen höher und freudiger in dem Be-
wußtsein der großen That der Befreiung, an welcher ihre Theu-
ersten Theil haben sollten. Das Andenken an die treffliche, zu
früh verstorbene Königin Luise und an die tiefen Kränkungen,
welche der fremde Gewalthaber ihr zugefügt hatte, trug nicht
wenig dazu bei, solchen patriotischen Eifer zu beleben. An ihrem
Geburtstage (10. März) stiftete der König den Orden des ei-
sernen Kreuzes, des ehrwürdigen Denkzeichens für kriegerische
Auszeichnung in jenein Befreiungskämpfe.
Was diese allgemeine Erhebung besonders auszeichnete und
was dieselbe für Jahrzehende hinaus, bis in unsere Tage segens-
reich gemacht hat, das ist der sittliche Ernst jener Begeisterung,
welcher ein ganzes Volk damals über alles Unedle oder Gemeine
erhob, und den Geringsten, wie den Höchsten für die edelsten,
besten Regungen und Ideen allein empfänglich machte. Alle
schlechten Leidenschaften traten zurück vor dem überwältigenden
Zug großartigen Strebens, Glaubens und Höffens, und dem ge-
sammten Volke wurde eine Weihe von oben zu Theil, wie selten
in der Geschichte der Völker.
Wie in Preußen, so regte es sich bald auch in andern Theilen
Deutschlands; nicht überall konnten die deutschen Stämme sich,
wie die Preußen, auf eines geliebten Fürsten Ruf erheben, aber
vom ersten Augenblick an eilten Männer und Jünglinge aus
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für Staatsbürger erklärt, und diesen ganz gleich gestellt. —
Auch Beförderung der Wissenschaften wurde nicht vergessen.
Zu Berlin ward 1810 im Herbst eine Universität eröffnet,
und die Universität zu Frankfurt nach Breslau verlegt, mit
der katholisch - theologischen Hierselbst vereiniget und am
19. Oktober 1811 eröffnet.
§ 109. 1810, 19. Juli, wurde das ganze Land
durch den Tod der Königin Louise in tiefe Trauer ver-
setzt. 1812 sah Niederschlesien französische Heere durch-
ziehen gegen Rußland, aber im nächsten Winter auch schon
im erbärmlichsten Zustande zurückkommen. Selbst Napo-
leon kam am 12. Dezember durch Glogau. Im Januar
1813 kam der König nach Breslau, forderte zu freiwilligem
Kriegsdienste auf, verstärkte das Heer, hob alle Ausnahmen
vom Kriegsdienste auf, ordnete am 17 März die Landwehr
an, am 1z. März schon war Alexander, Kaiser von Ruß-
land, nach Breslau gekommen (mit ihm hatte sich der König
schon am 27. Februar verbunden), und endlich erschien auch
ein Aufruf des Königs unterm 17. Marz an sein Volk und
an sein Heer zum Kampf gegen Frankreich. Allgemein ward
jetzt die Begeisterung für König und Vaterland, und Alles
eilte zu thätiger Mitwirkung zu dem heiligen Zwecke, zur
Befreiung von dem schmachvollen Joche französischer Herr-
schaft.
§ 110. Schon im März 1813 rückten muthige Schaa-
ren aus Breslau aus nach Sachsen, aber so tapfer sie kämpften
am 2. Mai bei Groß - Görschen, am 20. und 21. Mai
bei Bautzen, so waren sie doch dem mächtig anrückenden
Napoleon nicht gewachsen und zogen sich daher, die Hülfe
der Russen erwartend, ins schlesische Gebirge zurück und
verschanzten sich bei Pülzen ohnweit Schweidnitz, nachdem
sie noch am 26. Mai den Feinden bei Hainau einen bedeu-
tenden Verlust zugefügt hatten. Unterdeß war Glogau durch
den General Schüler von Senden belagert worden; jetzt
aber mußte derselbe die Belagerung aufgeben und sich eiligst
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Frankfurt Breslau Niederschlesien Glogau Breslau Breslau Frankreich Breslau Sachsen Bautzen Schweidnitz
142
nonenschuß sein Leben, worauf die Schweden Christian als ihren
König annahmen, Viele freilich nur mit bitterm Unwillen. Das
geschah 1520, in demselben Jahre, wo Gustav Wasa in der Ge-
schichte auftritt.
Eigentlich hieß er Gustav Erichson, und stammte von
den alten Königen von Schweden ab. Sein Vater war- ein
schwedischer Senator, und gab seinem Sohne eine recht gute
Erziehung, die das beste Crbtheil ist, welches Eltern ihren Kindern
hinterlassen können. Als er erwachsen war, zeichnete er sich im
Kriege gegen die verhaßten Danen aus, bis Christian ihn nebst
fünf Reichsrathen heimtückischerweise gefangen nahm, und nach
Dänemark entführte. Anfangs wurde er in ein enges Gefang-
niß in Koppenhagen gesperrt; nachmals aber nahm ihn ein Ver-
wandter, Namens Banner, zu sich, und verbürgte sich mit
einer Summe von 6000 Thlr. für ihn. Indessen ging der Krieg
zwischen Christian und den Schweden fort; Sten Sture
wurde, wie schon erzählt, erschossen, und das Land unterwarf
sich. Nur Stockholm nicht. Hier stellte sich eine unternehmende
Frau, Sten Sture's Wittwe, Christina, an die Spitze, und
vertheidigte sieben Monate lang die Stadt gegen alle Angriffe
der Schweden, bis sie zuletzt, von Allen verlassen, sich unter-
werfen mußte. Erichson erfuhr dies Alles in seinem Verban-
nungsorte. „Wie!" dachte er, „eine Frau kämpft so heldenmü-
thig für dein Vaterland, und du mußt hier unthätig die Hände
in den Schooß legen!" Er beschloß zu fliehen, verschaffte sich
Bauernkleidcr, und schloß sich an einige deutsche Viehhändler an,
die Ochsen aus Jütland geholt hatten, und ihn als Ochsentrei-
der annahmen. So kam er nach Lübeck. Hier war sein Er-
stes, daß er sich aufs Rathhaus begab, seinen Namen nannte,
und um Schutz bat. Lübeck war damals eine sehr reiche, mäch-
tige Stadt, das Haupt der Hanse, und heimlich eine Feindin
des Königs von Dänemark. Während die Nathsherren noch
überlegten, was zu thun ser/, kam Banner an, um den Flücht-
ling zurückzuholen, und verlangte seine Auslieferung. Er schalt
den Gustav einen treulosen, undankbaren Menschen; dieser ent-
schuldigte sich: er habe fliehen müssen, und würde ihm die ver-
bürgte Summe wicdererstatten. Die Nathsherren entschieden
endlich für — Banner, und dieser wollte schon mit Erichson
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Extrahierte Personennamen: Christian Gustav_Wasa Gustav Gustav_Erichson Gustav Christian Christian Christina Erichson Gustav Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Schweden Dänemark Schweden Stockholm Schweden
254
Keiner hatte sich mehr über Karls Niederlage bei Poltawa
gefreut als — August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte
er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwun-
gen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem
Czaren, und jagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinski
vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark
erklärte den Schweden wieder den Krieg. Alle drei sielen nun
über die schwedischen Provinzen her, und wären nicht die bra-
ven Schweden so tapfer gewesen, so hätte Karl jetzt sein ganzes
Land verloren. Karl sasi indessen ruhig in seinem Lager bei
Bender, und entwarf Riesenpläne, von denen kein einziger aus-
geführt wurde. Seine Lage wurde von Tage zu Tage schwie-
riger. Zu seinen drei Feinden gesellten sich späterhin noch drei:
Preußen, England und Holland. Alle seine Mühe, den Sultan
zu einem neuen Kriege gegen Rußland zu bewegen, war ver-
geblich. Dagegen widerstand Achmet allen Aufforderungen des
Czars, ihn auszuliefern. Endlich bot Peter fünf Millionen für
den König. Aber Achmet antwortete: Peter scy durch nichts in
der Welt im Stande, ihn zu einem so großen Verbrechen gegen
die Gastfreundschaft zu bewegen; ein türkischer Kaiser habe eine
noblere Seele. Zuletzt ließ ihm Achmet geradezu merken, sein
langer Aufenthalt scy ihm lästig; er möchte doch endlich an die
Abreise denken. Aber Karl nvar so erbittert auf rhn, daß er
alle ihm erwiesene Gastfreundschaft vergaß, und gerade ihm zum
Aerger bleiben wollte. Endlich drohte man mit Gewalt, und
da Karl immer hartnäckiger wurde, und sich mit seiner Handvoll
Schweden — es waren jetzt 196 Mann — in Vertheidigungs-
stand setzte, so befahl der Sultan dem ehrlichen Jussuf Pascha,
sich Karls todt oder lebendig zu bemächtigen. Mit Thränen in
den Augen zog der Pascha die Janitscharen zusammen. Die
Kanonen donnerten; seine Verschanzungen wurden erstiegen. Da
beschloß Karl, sich in seinem hölzernen Hause bis aufs Aeußerste
zu vertheidigen. Er hieb sich durch 40 Janitscharen, die ihn
umringten, biis zu der Hausthüre durch. Hier raffte er einige
Soldaten, Ofsiciere und Knechte, 50 an der Zahl, zusammen,
trieb die Janitscharen, die sein Haus schon plünderten,, heraus,
und verrammelte sich. Er wehrte sich sieben Stunden lang.
Eine Menge todter und verwundeter Türken lag schon umher.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T150: [Maria König Theresia Kaiser Franz Karl Friedrich Joseph Frankreich Sohn], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte]]
Extrahierte Personennamen: Karls August Karl Karl Stanislaus_Lesczinski Friedrich_Iv Friedrich Karl Karl Karl_sasi Karl Bender Peter_fünf Peter_scy Karl Karl Karl Karl Jussuf_Pascha Karls Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Poltawa Polen Schweden Schweden England Holland Schweden Karls
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Meereswellen übergeben. Aber das Fahrzeug wurde glücklich
an eine Insel des Archipels getrieben. Perseus verrichtete, nach-
dem er kräftig herangewachsen war, große Heldenthaten. Die
berühmtesten darunter sind die Ermordung der Gorgone Me-
dusa und die Befreiung der Andromeda. Nachdem er zu
dem nun versöhnten Großvater zurückgekehrt war, wurde die
Weissagung wider Erwarten erfüllt. Die Jünglinge übten sich
einst vor dem Könige im Diskuswerfen *), Perseus unter ihnen.
Aber unglücklicherweise traf er mit der schweren Scheibe die
Stirn des theuern Großvaters, der alsbald leblos zu Boden
fiel. Mißmüthig verließ Perseus Argos, und baute sich die
Stadt Mycena.
Noch größere Thaten verrichtete Herkules, der Sohn der
Alkmene, des Königs Amphitryo von Theben Frau. Wegen
seiner ungewöhnlichen Starke hielt man den Zeus für seinen
Vater. Von seinen großen Heldenthaten mußte er üach dem
Willen des Orakels 12 auf Befehl des Eurystheus verrich-
ten. Dieser war sein Vetter und König des benachbarten My-
cena. Die Aufzahlung derselben gehört in die Mythologie. Von
ihm haben auch die Säulen des Herkules den Namen,
die Berge Abyle und Kalpe, zwischen denen die Meerenge von
Gibraltar strömt. Denn, sagten die Alten, sonst hing hier
Europa mit Afrika zusammen; Herkules erst riß die beiden Erd-
theile aus einander. Zuletzt wurde er von seiner eigenen Frau,
ohne daß sie es wollte, vergiftet, und von ungeheuerm Schmer-
ze gequält, ließ er auf dem Berge Oeta Einen Scheiterhaufen
errichten, und stürzte sich hinein.
10. L h e s e u ö **).
In Athen lebte ungefähr zu Herkules Zeit ein König, Na-
mens Ae g eus, Er besuchte einst einen König im Peloponnes,
*) Der Diskus war eine runde Scheibe von Metall oder Stein, in der
Mitte mit einem Loch, durch welches ein Riemen gezogen wurde. Mit
diesem schleuderte man die Scheibe, die, nachdem sie auf die Erde gefal-
len war, noch weit fortrollte. Wer am weitesten traf, war Sieger.
**) Die Geschichte des Lheseus enthält zwar auch noch sehr viel Mythi-
sches; allein sie gehört schon mehr der eigentlichen Geschichte an, und
mußte darum hier umständlicher erzählt werden.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin]]
TM Hauptwörter (200): [T190: [Odysseus König Held Sohn Troja Vater Schiff Agamemnon Insel Theseus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T186: [Stadt Insel Hauptstadt Tunis Handel Afrika Land Hafen Küste Algier]]