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1. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 2

1915 - Lahr : Geiger
— 2 — Vater. Ich habe mit ihm unter einem Dache gewohnt und mit meinen Augen gesehen, wie der gottlose Sohn den armen Vater kränkte, und in meinem Leben werde ich es nicht vergessen, wie der alte, arme Mann eine Stunde vor seinem Tode über ihn weinte. Kann ihn Gott leben lassen, den Bösewicht? dachte ich. Was geschah? Er nahm ein Weib, das viel Gut hatte, und er war jetzt im Dorfe einer der Reichsten und ging in seinem Stolze und in seiner Bosheit einher, als ob niemand im Himmel und niemand auf Erden über ihn: wäre. Ein Jahr ging vorüber, da sah ich den stolzen Uli bei dem Begräbnisse seiner Frau heulen und weinen. Ihr Gut mußte er ihren Verwandten bis auf den letzten Heller zurückgeben, und er war plötzlich wieder arm wie ein Bettler. In seiner Armut stahl er, und ihr wißt, welch ein Ende er genommen hat. Kinder, so sah ich immer, daß das Ende des Gottlosen Jammer und Schrecken ist. Ich sah aber auch den tausendfachen Segen und Frieden in den stillen Hütten der Frommen. Es ist ihnen wohl bei dem, so sie haben. Bei wenigem ist ihnen wohl, und bei vielem sind sie genügsam. Arbeit in ihren Händen und Ruhe in ihrem Herzen, das ist das Teil ihres Lebens. Sie genießen froh das Ihrige und begehren nicht, was ihrem Nächsten gehört. Der Hochmut plagt sie nicht, und der Neid verbittert ihnen ihr Leben nicht. Darum sind sie immer froher und zufriedener und mehren- teils auch gesünder als die Gottlosen. Sie besitzen auch des Lebens Notwendigkeiten sicherer und ruhiger; denn sie haben ihren Kopf und ihr Herz nicht bei Bosheiten, sondern bei ihrer Arbeit und bei den Geliebten ihrer stillen Hütten. So ist ihnen wohl im Leben. Gott im Himmel sieht herab auf ihre Sorge und auf ihren Kummer und hilft ihnen. Kinder meines Dorfes, o ihr Lieben! Ich sah viele fromme Arme auf ihrem Todbette, und ich habe nicht gefunden, daß einer, ein einziger von allen, in dieser Stunde sich über seine Armut und über die Not seines Lebens beklagte. Alle dankten Gott für die tausend Proben seiner Vatergüte, die sie in ihrem Leben genossen hatten. 3. Der Abend vor dem Festtage im Hause einer recht- schaffenen Mutter. Gertrud, die Frau des armen Lienhard, war noch allein bei ihren Kindern. Die Vorfälle der Woche und der kommende festliche Morgen erfüllten ihr Herz. In sich selbst geschlossen und still, bereitete sie das Abendessen, nahm ihrem Manne, den Kindern und sich selbst die Sonn- tagskleider aus dem Kasten und bereitete alles auf morgen, damit dann am heiligen Tage sie nichts mehr zerstreue; und da sie ihre Geschäfte

2. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 3

1915 - Lahr : Geiger
— 3 — vollendet hatte, setzte sie sich mit ihren Lieben an den Tisch, um mit ihnen zu beten. Es war alle Samstage ihre Gewohnheit, den Kindern in der Abendgebetstunde ihre Fehler und auch die Vorfälle der Woche, die ihnen wichtig und erbaulich sein konnten, ans Herz zu legen, und heute war sie besonders eingedenk der Güte Gottes gegen sie in dieser Woche und wollte diesen Vorfall, so gut ihr möglich war, den jungen Herzen tief einprägen, daß er ihnen unvergeßlich bleibe. Die Kinder saßen still um sie her, falteten ihre Hände zum Gebete, und die Mutter redete also mit ihnen: Ich habe euch etwas Gutes zu sagen, Kinder! Der Vater hat in dieser Woche eine gute Arbeit bekommen, an der sein Verdienst viel besser ist, als an dem, was er sonst tun mußte. Kinder, wir dürfen hoffen, daß wir in Zukunft das tägliche Brot mit weniger Sorgen und Kummer haben werden. Danket, Kinder, dem lieben Gott, daß er so gut gegen uns ist, und denket fleißig an die Zeit, wo ich euch jeden Mund voll Brot mit Sorgen und Angst abteilen mußte. Es tat mir da manchmal von Herzen weh, daß ich euch so oft nicht genug geben konnte; aber der liebe Gott im Himmel wußte schon, daß er helfen wollte, und daß es besser für euch sei, meine Lieben, daß ihr zur Armut, zur Geduld und zur Überwindung der Gelüste erzogen würdet, als daß ihr Überfluß hättet. Denn der Mensch, der alles hat, was er will, wird gar zu gern leichtsinnig, vergißt seines Gottes und tut nicht das, was ihm selbst das nützlichste und beste ist. Kinder, denket doch, so lange ihr leben werdet, an diese Armut und an alle Not und Sorgen, die wir hatten, und wenn es jetzt besser geht, Kinder, so denkt an die, so Mangel leiden, wie ihr Mangel leiden mußtet. Vergeht nie, wie Hunger und Mangel ein Elend sind, damit ihr mitleidig werdet gegen den Armen und, wenn ihr etwas besitzt, was ihr entbehren könnt, es ihm gern gebt. Nicht wahr, Kinder, ihr wollt es gern tun? „O ja, Mutter, gewiß gern!" sagten alle Kinder. 4. Das Wunderkästchen. Eine Frau hatte in ihrer Haushaltung allerlei Unglücksfälle, und ihr Vermögen nahm jährlich ab. Da ging sie in den Wald zu einem alten Einsiedler, erzählte ihm ihre betrübten Umstände und sagte: „Es geht in meinem Hause einmal nicht mit rechten Dingen zu. Wißt Ihr kein Mittel, dem Übel abzuhelfen?" Der Einsiedler, ein fröhlicher Greis, hieß sie ein wenig warten, brachte über ein Weilchen ein kleines, versiegeltes Kästchen und sprach: „Dieses Kästchen müßt Ihr ein Jahr lang dreimal des Tages und dreimal bei Nacht in Küche, Keller und Stallung und allen Winkeln

3. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 5

1915 - Lahr : Geiger
— 5 - die Geschirre blank sind. Sie versteht es, die Nahrungsmittel klug ein- zukaufen, die Speisen nach ihrem Nährwerte richtig zusammenzustellen, schmackhaft und ausreichend und doch zugleich wohlfeil zu kochen und das vom Mittagsmahle Übrigbleibende für den Abend zweckmäßig zu verwerten. Ihrem Manne ist sie eine liebevolle Gehilfin, die seinen Gedanken und Arbeiten, seinen Hoffnungen und Sorgen ein volles Verständnis entgegenbringt, die Leid und Freud mit ihm trägt, die ihn, wenn er am Abend müde von der Arbeit kommt, freundlich empfängt und die Empfindung in ihm befestigt, daß das schönste Glück dem Manne nicht etwa im Wirtshause, sondern am eigenen Herde, im eigenen trauten Heim bereitet ist. Den Kindern ist sie eine treubesorgte, liebende Mutter. Sie sorgt unablässig für das Wohlergehen derselben, behütet und bewahrt sie in ge- sunden und kranken Tagen und leitet sie zu all den Tugenden an, mit denen sie selber geschmückt ist, zur Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Ordnungs- liebe, Sanftmut, Sittsamkeit und Gottesfurcht. Möchte keiner deutschen Familie eine solche Hausfrau, eine solche Mutter fehlen! 6. Eine edle Tochter. In der Stadt Reims in Frankreich lebte ein Kaufmann, namens Mortier. Er war ein durchaus rechtschaffener Mann, der pünktlich bisher bezahlt hatte und deswegen das Vertrauen der Kaufmannschaft in hohem Grade besaß. Mehrere Bankerotte in Paris brachten ihm aber plötzlich so heftige Schläge bei, daß er die Waren, welche er hier- und dorther bezogen, nicht bezahlen konnte, wenigstens nicht zu der ihm gesetzten Frist. Der ehrliche Mann konnte sich sagen, daß er ohne seine Schuld in diese bedrängte Lage geraten war. Er entschloß sich daher, nach Paris zu reisen, die Geschäftsbücher seinen Gläubigern offen darzulegen und um Nachlaß oder längere Frist zur Zahlung zu bitten. Die rückhaltslose und ehrliche Weise, wie er das tat, konnte nur das Vertrauen in seine Denkungsart bestärken. Gerne bewilligten ihm daher seine Gläubiger diese Frist, auch wohl einen ansehnlichen Nachlaß, nur einer nicht und gerade der, welchem er am meisten schuldete. Dieser verlangte ohne Schonung Geld, und jeder Versuch war vergeblich, ihn auf mildere Gesinnung zu bringen. Der Grund der Härte lag aber nicht in einer Gefühllosigkeit dieses Mannes, sondern darin, daß erst kürzlich ein betrügerischer Bankerott ihn um bedeutende Summen gebracht hatte. Die Art, wie man ihn hinter das Licht geführt, war so nichts- würdig, daß er geschworen hatte, seine Ausstände aufs strengste einzu- treiben.

4. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 6

1915 - Lahr : Geiger
— 6 — Mit harten Worten verlangte er die Zahlung der Schuld und ließ Mortier, weil er seiner Verpflichtung nicht nachkommen konnte, ohne weiteres in das Schuldgefängnis werfen. Als diese Nachricht nach Reims kam, traf sie die schuldlos unglück- liche Familie Mortiers wie ein Blitzstrahl aus heiterm Himmel; trostlos weinten Mutter und Kinder. Adeline, Mortiers älteste Tochter, ein edles, frommes Mädchen, faßte nun den Entschluß, ihren Vater zu be- freien, und war bereit, selbst ihr Leben dafür hinzugeben. Was sie aber eigentlich tun wollte, sagte sie niemand, selbst der Mutter nicht. Unter dem Vorwände, dem Vater Wäsche und Kleidungsstücke ins Gefängnis zu bringen, erhielt Adeline von der Mutter die Erlaubnis, nach Paris zu reisen, wozu sich gerade "eine passende Gelegenheit ergab; denn ein treuer Freund der Familie reiste nach Paris, und unter seinem Schutze war sie sicher. Alles, was sie an erspartem Gelde und an Wertsachen besaß, nahm sie mit. Kaum war sie in Paris angekommen, so begab sie sich mit ihren Habseligkeiten zu dem Kaufmann, der ihren Vater hatte ins Gefängnis setzen lassen. Sie flehte ihn um Schonung ihres guten Vaters an und sagte ihm, daß er schuldlos sei und ihn nur der Fall anderer Häuser in die Verlegenheit gebracht habe, nicht augenblicklich bezahlen zu können. „Haben Sie Mitleid," sprach die gute Tochter, „haben Sie Mitleid mit meinem armen Vater, der den Ruf strenger Rechtlichkeit immer für sich hatte; haben Sie Mitleid mit uns, seinen unschuldigen Kindern! Uns rauben Sie den Ernährer, dem Geschäft den Vorsteher, ihm den guten Namen für immer! Ja, wenn Sie auf Ihrer Absicht beharren, so folgt sogar, daß Sie das Haus zum Erklären des Bankerottes nötigen, wodurch Sie alsdann nicht bloß uns, sondern auch sich selbst den größten Schaden zufügen. Befreien Sie ihn aber, so wird er seinen Fleiß verdoppeln und Sie redlich bezahlen." Heiße Tränen rannen über die Wangen des braven Mädchens. Sie nahm nun ihre Schmucksachen und ihr Sparbüchsengeld und legte es vor den Mann hin, der ihr schweigend zugehört hatte, und sagte: „Nehmen Sie dies als Abschlagszahlung! Es ist alles, was ich mir seit Jahren erspart habe. Ich habe einen Plan entworfen, den Sie billigen werden. Sie bedürfen gewiß in Ihrem Hauswesen eines Dienst- mädchens. Ich flehe Sie an, geben Sie mir diese Stelle. Den Lohn, welchen Sie einem solchen Mädchen geben, rechnen Sie jährlich von der Schuld meines Vaters ab. Ich will arbeiten Tag und Nacht, so- weit meine Kräfte reichen. Keine Arbeit soll mir zu schwer, keine zu

5. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 7

1915 - Lahr : Geiger
— 7 — - niedrig sein. Ich will sie tun ohne Widerrede, ohne Säumen. Ich will Ihr Bestes fördern, wo ich kann, — nur geben Sie meinen guten Vater frei, daß meine liebe Mutter und meine Geschwister nicht darben müssen, daß keine Schande unsern guten Ruf verderbe und meine kleinen Geschwister einen Erzieher haben. Ich will das Unterpfand sein!" Sie sprach diese Worte mit einem hinreißenden Gefühle. Der Kaufmann hatte mit Gewalt seine Tränen unterdrückt, jetzt aber brachen sie unaufhaltsam hervor. „Ihr Vater," sagte er, „ist ein von Gott reich gesegneter Mann, denn in Ihnen hat er einen reichen Schatz; aber ich erkenne es, er ist auch ein braver Mann, denn nur ein solcher kann solch ein Kind er- ziehen. Ich danke Gott," fuhr er fort, „daß er Sie zu mir geführt hat; denn Sie sind mir ein guter Engel geworden, der mein Herz von einer Härte heilt, die ihm ein nichtswürdiger Betrüger eingeflößt hat. Gehen Sie hin, Ihr Vater ist frei; aber kehren Sie bald wieder mit ihm zurück; ich muß mit ihm reden." Schnell schrieb er nun seinen Entschluß dem Gericht, sandte das Schreiben ab, und Mortier wurde aus seiner Haft entlassen. Unaussprechlich war Adelinens Glück, unaussprechlich ihre Freude, daß sie ihrem teuren Vater die Freiheit ankündigen durfte. Wie staunte der Vater! Wie innig dankten beide Gott! Wie innig segnete er sein vortreffliches Kind! Noch aber kannte er nicht alles, was sie getan. Erst als er mit Adeline zu dem Kaufmann kam und dieser mit der innigsten Bewunde- rung dem Vater sagte, was sie getan, schloß er sie unter Tränen an> sein glückliches Vaterherz. „Ehe wir weiter von dem reden, was sich auf unser Geschäft be- zieht," sagte der Kaufmann, „muß ich Sie, Herr Mortier, bitten, daß Sie mir gestatten, Ihre Tochter beim Worte zu nehmen. Sie hat sich mir als Unterpfand für Sie eingesetzt, und sie soll es mir bleiben, aber nicht als Dienstmädchen, sondern als liebes Kind soll sie bei uns leben, daß wir ihr schönes Herz noch genauer kennen lernen können." Der glückliche Vater gab es gerne zu und eilte nach Reims, um seine Gattin ihrem Leid zu entheben. 7. Vom Sparen. Von der Sparsamkeit eines Menschen hängt oft sein ganzes Lebens- glück ab; denn sie ist nicht nur der einzige Schutz vor Schulden, Rot und Elend, sondern auch der sichere Weg zum Wohlstand und einem sorgenfreien Alter. Aber die Sparsamkeit ist eine Kunst, die wie jede andere Kunst erst gelernt sein will. Schon in der Jugend ist ein guter Grund

6. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 9

1915 - Lahr : Geiger
— 9 — Mannes stets gleich beiseite, damit sie nicht für unnötige Dinge veraus- gabt werden. Ferner schreibt sie jeden Pfennig auf, wodurch sie ein- teilen und mit einem bestimmten Wochengelde auskommen lernt. Schulden beim Bäcker, Metzger u. s. w. meidet sie; denn wer sich in Schulden stürzt, kommt selten mehr aus denselben heraus. Ist der Verdienst auch noch so klein, Frau und Kinder Helsen mit, ihn durch Nebenverdienst zu vermehren, und immer weiß die für- sorgliche Mutter noch einen Sparpfennig für dir Tage der Krankheit oder Vcrdienstlosigkeit beiseite zu legen. Für die Kleidung wählt sie die stärksten Stoffe; denn dieselben halten dreimal so lange und man spart zweimal den Macherlohn. Sie versteht es, aus den abgängigen Anzügen des Vaters noch Bekleidungs- stücke für die Söhne herzustellen. An der Fe u e r u n g spart sie, indem sie Papierabfälle, halbverbrannte Kohlen u. s. w. dem Feuer übergibt und dasselbe, wenn die Speisen einmal kochen, so mäßigt, daß kein Brennmaterial nutzlos zum Kamin hinausfliegt. Auch mit den Nah- rungsmitteln geht sie haushälterisch um, so daß nichts ungenützt umkommt. Auf den Tisch bringt sie häufig Käse, Hülsenfrüchte, Stock- fisch u. f. w., die so nahrhaft sind wie Fleisch und zugleich wohlfeiler- Indem sie für Ordnung, Reinlichkeit und Behaglichkeit sorgt, bringt sie es dahin, daß Gatte und Kinder sich zu Hause am wohlsten fühlen und daß namentlich nicht der Mann dem so verderblichen Wirtshaussitzen verfällt. So spart die wackere Familie, ohne zu entbehren, und bleibt einfach, gesund und glücklich dabei. Die wohlerzogenen Kinder finden später- leicht ihr Fortkommen in der Welt. Vater und Mutter aber erfreuen sich eines sorgenfreien Alters. Sie denken noch in Silberhaarcn An ihres Glückes Grund — das Sparen. 8. Hauswirtschaftliche Buchführung. Wie jede Tätigkeit, die zum Ziele führen soll, planmäßig vor sich gehen muß, so muß auch der Führung der Hauswirtschaft ein Plan zu- grunde liegen, wenn das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Aus- gaben erhalten werden und Ordnung herrschen soll. Einen solchen Haus- haltungsplan nennt man Voranschlag. , r Die jährlichen Einnahmen einer Bauernfainilie lassen sich nicht gut zum voraus feststellen, weil der Ausfall der Ernten verschieden ist und die Bodenepzeugnisse vielfachen Preisschwankungen unterliegen. Leichter ist dies bei anderen Berufsarten. Familien mit einem festen Jahres- einkommen wie Beamte und Rentner richten sich einfach nach diesem Ein- kommen, Geschäststreibende nehmen den Durchschnitt des Geschäfts-

7. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 24

1915 - Lahr : Geiger
— 24 — Die wichtigsten dieser Nährstoffe sind: Eiweiß, Fett, Kohlehydrate, gewisse Salze und Wasser. Die Eiweiß- oder Proteinstoffe enthalten 15—17 % Stickstoff und werden deshalb gewöhnlich als stickstoffhaltige Nährstoffe bezeichnet. Sie können in festem und flüssigem Zustande vorkommen, sind durch- scheinend, geruch- und geschmacklos und zersetzen sich sehr leicht. Sie finden sich aber nicht etwa nur im Ei, sondern auch in anderen Nah- rungsmitteln, so namentlich im Fleische, im Käse, im Mehl und in den Hülsenfrüchten. Ohne diese Eiweißstosfe könnten sich die wesent- lichsten Bestandteile unseres Kör-pers gar nicht bilden. Folglich sind auch Eier, Fleisch, Mehl und Hülsenfrüchte unsere wichtigsten und wert- vollsten Nahrungsmittel. Das Fett enthält keinen Stickstoff. Seine Wirkung besteht haupt- sächlich darin, daß es sich mit dem eingeatmeten Sauerstoff der Luft in Verbindung setzt und dadurch Wärme erzeugt. Wir genießen es in Form von Butter und Öl; es kommt aber auch in vielen Nahrungs- mitteln wie im Ei und besonders in fettem Fleische vor. Je kälter die Gegend ist, die ein Mensch bewohnt, desto größer ist sein Wärmever- brauch, desto nötiger also auch die Aufnahme von Fett. Daß die Eskimo in Grönland viel Tran zu sich nehmen, ist sonach nicht etwa eine Geschmacksverirrung, sondern eine bittere Notwendigkeit. Die Kohlehydrate sind wie das Fett stickstofflos und tragen wie dieses zur Erhaltung der Körperwärme bei, wenn auch nicht in gleich hohem Maße. Zu ihnen gehören die verschiedenen Arten Zucker und vor allem das Stärkemehl, das sich in reicher Menge in den Hülsenfrüchten, im Mehl, Reis sowie in den Kartoffeln findet. Die Kohlehydrate befördern im Gegensatze zum Eiweiß den Fettansatz. Es müssen deshalb Leute, die mager werden sollen, den Genuß von Kar- toffeln und Mehlspeisen einschränken oder vorübergehend ganz aufgeben. Die Nährsalze sind zum Aufbau und zur Erhaltung unseres Körpers so nötig als die bisher genannten Nährstoffe. Sic finden sich auch wie diese schon in den Nahrungsmitteln. Während jedoch einzelne Volksstämme Nordasiens sich mit der im Fleisch u. s. w. vorhandenen Salzmenge begnügen, haben wir Kulturmenschen uns seit lange daran gewöhnt, den Speisen noch Kochsalz zuzusetzen. Nach genauen Berech- nungen geschieht dies in dem Umfange, daß auf den Kopf täglich 17 g kommen. Wenn also eine Hausfrau, die für 4 Personen zu kochen hat, in der Woche ein Pfund Salz verbraucht, so trifft sie das richtige Maß. Auch das Wasser findet sich schon in den Nahrungsmitteln, so besonders in der Milch, in den Gemüsen, Kartoffeln u. s. w. Wir nehmen es außerdem als Trinkwasser sowie in Form von Suppe,

8. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 27

1915 - Lahr : Geiger
— 27 — Das zu Eis verdichtete Wasser findet im Haushalte ebenfalls Verwendung. Es dient zum Kühlen und Frischerhalten mancher Nah- rungsmittel. 21. Das Salz. Man unterscheidet See-, Stein- und Quellsalz. Das Seesalz ist im Meere in unerschöpflichen Mengen enthalten und wird in der Weise gewonnen, daß man Meerwasser verdunsten läßt, bis das Salz übrig bleibt. Das Steinsalz findet sich in festem Zu- stande in der Erde und wird durch Bergleute zutage gefördert. Das Qnellsalz wird ans Salzwasser oder Sole dargestellt, indem man die Sole siedet; es geschieht dies in den sogenannten Salinen. Das Salz ist zunächst ein wertvolles Gewürz, weil es den Speisen, denen es beigegeben wird, Wohlgeschmack verleiht. Ohne Zusatz von Salz wären die meisten Nahrungsmittel fade und unschmackhaft, manche sogar geradezu ungenießbar. Es ist aber auch ein unentbehrliches Nahrungsmittel, ohne das unser Körper nicht bestehen könnte. Die Gelehrten haben gefunden, daß ein Mensch, der 75 kg- wiegt, jährlich ungefähr 7 kg, also inner- halb vier Wochen etwa ein Pfund Salz zu sich nehmen muß, um gesund zu bleiben. Es ist endlich ein vorzügliches Konservierungsmittel, denn es verhindert Fäulnis und eignet sich deshalb sehr gut zum Auf- bewahren und Frischerhalten vieler Nahrungsmittel, wie Fleisch, Butter, Gemüse u. s. w. Gutes Salz ist grobkörnig, trocken und glänzend weiß; es muß sich im Wasser vollständig lösen, darf keinen bitteren Geschmack und keinen unangenehmen Geruch haben. Man bewahre es an trockenen Orten, zugedeckt, in Steingut-, Holz- oder Porzellangefäßen auf, niemals dagegen in Metallgefäßen. 22. Das Fleisch. Wenn man im Haushalte von Fleisch spricht, so denkt man in der Regel nur an die hauptsächlich aus Muskelfasern bestehenden Teile der sogenannten Schlachttiere. Am häufigsten wird das Rindfleisch verwendet. Man unter- scheidet Ochsen- und Schmalfleisch. Ersteres ist das Fleisch des aus- gewachsenen und gemästeten männlichen Tieres, letzteres das von Jung- vieh, Kühen und Stieren. Gutes Rindfleisch hat eine frischrote Farbe, weißes Fett und zarte Fasern; alte Tiere haben dunkelrotes Fleisch, gelbliches Fett und starke Muskelfasern. Das Kalbfleisch ist seiner zarten Fasern wegen bald gar und £efe6 f- Fortbildungssch. 3

9. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 28

1915 - Lahr : Geiger
— 28 — so leichtverdaulich, daß cs auch von Kranken gut ertragen wird. Es darf aber weder zu jung noch zu alt sein. Kälber, die nur mit Milch ernährt und im Alter zwischen drei und sechs Wochen geschlachtet werden, liefern das beste Fleisch. Das Hammelfleisch kommt an Güte dem Rindfleisch am nächsten. Es hat feine, kurze Fasern, ein lockeres Gewebe und ist deshalb leicht- verdaulich. Um seinen eigentümlichen Geschmack zu mildern, gibt man ihm bei der Zubereitung etwas Knoblauch, Salbei oder Ingwer bei. Das Fleisch der jungen Lämmer ist in den Wintermonaten, das des Hammels im Herbste am schmackhaftesten. Das Schweinefleisch ist seines reichlicheren Fettgehaltes wegen etwas weniger leichtverdaulich; eine Ausnahme macht magerer Schinken, der selbst von Kranken gegessen werden darf. Gefährlich wird der Genuß des Schweinefleisches, wenn es Finnen oder Trichinen enthält; da dieselben durch die Siedehitze getötet werden, sollte man Schweine- fleisch nur gekocht genießen. Schinken und Rauchfleisch sollen außen braungelb und innen schön rot sein. Im allgemeinen ist das Fleisch der weiblichen Tiere, mit Aus- nahme des Schweines, zwar zarter, aber weniger schmackhaft als das der männlichen. Das Fleisch junger Tiere ist leichter verdaulich, das der älteren nahrhafter und kräftiger. Sehr alte, schlecht genährte Tiere liefern trockenes, zähes Fleisch. Am gleichen Tiere sind die Lenden- und Hinterstücke besser als die Vorderstücke. Der Nährwert des Fleisches ist sehr bedeutend. Der Gehaltan Eiweißstoffen bewegt sich zwischen 13 und 20°/o, der Gehalt an Fett bei mageren Tieren zwischen 1 und 4 °/o und bei gemästeten zwischen 10 und 43 o/o. Man genießt es deshalb in Verbindung mit Kartoffeln und Gemüsen, die fett- und eiweißarm sind. 23. Die Zubereitung des Fleisches. Das Fleisch der Schlachttiere soll, abgesehen von Wellfleijch, nicht sofort, sondern erst 24—36 Stunden nach dem Schlachten verwendet werden. Man bewahrt es während dieser Zeit in einem luftigen, trockenen Raume auf. Auf Holzbrettern darf man es nicht längere Zeit liegen lassen, weil ihm sonst der Saft entzogen wird. Vor der Ver- wendung wird es rasch gewaschen, mitunter nur abgeschabt oder abgerieben. Durch leichtes Klopfen werden die Fasern gelockert. Will man es mehrere Tage frisch erhalten, so legt man es in Essig, Sauer- oder Buttermilch, um den Luftzutritt zu verhindern. Für längere Zeit wird es durch Einsalzen und Räuchern haltbar gemacht. Die Z über ei tu ngs arten sind das Kochen, das Braten und das Dämpfen.

10. Lesebuch für Fortbildungsschulen - S. 29

1915 - Lahr : Geiger
— 29 — Beim Kochen handelt es sich darum, ob man eine kräftige Brühe oder ein saftiges Stück Fleisch erzielen will. Will man eine kräftige Brühe, so setzt man das Fleisch mit kaltem Wasser auf und bringt es langsam zum Kochen. Durch dieses längere Auskochen werden dem Fleische die meisten löslichen Stoffe entzogen, das Fleisch jedoch wird trocken und kraftlos. Die Fleischbrühe wirkt wie der Wein belebend und anregend auf die Nerven, und es glauben deshalb die Leute, sie sei besonders nahrhaft; tatsächlich hat sie aber nur einen sehr geringen Nährwert, und es empfiehlt sich deshalb im allgemeinen nicht, ihretwegen das Fleisch geringwertig zu machen. Richtiger ist es, das Hauptgewicht auf die Erzielung eines guten Stückes Fleisch zu legen. In diesem Falle setzt man nur die Knochen, womöglich zerkleinert, mit kaltem Wasser auf. Der abgeschäumten Knochen- brühe gibt man des Wohlgeschmackes wegen sogenanntes Suppengrün, wie Lauch, Sellerie, Gelbrübe, mitunter auch Dorfe und Blätter von Weißkraut, Blumenkohl u. s. w. und Salz zu. Das Fleisch wird dann in die kochende Brühe eingelegt, damit das Austreten des Fleischsaftes verhindert wird; dann wird es langsam im zugedeckten Topfe gekocht. Aus der Brühe stellt man Suppe her, der man durch Einlagen wie Reis, Gerste, Grieß u. s. w. einen gewissen Nährwert verleiht. Beim Braten kommt es vor allem darauf an, die Säfte so viel wie möglich im Fleische zurückzuhalten. Das Fleisch wird deshalb, nach- dem es mit Salz und Pfeffer eingerieben ist, in heißem Fett auf beiden Seiten rasch angebraten. Um den Wohlgeschmack des Beigusses zu erhöhen, bräunt man Zwiebel, Gelbrübe und Brot mit. Beim Um- wenden des Fleisches darf nicht mit der Gabel hinein gestochen werden, da sonst der Saft austritt; man benützt dazu ein Schäufelchen. Nach dem Anbraten gießt man etwas heißes Wasser zu, um das Anbrennen zu verhüten. Das Wasser darf aber nie auf das Fleisch gegossen werden, da sonst sein Wohlgeschmack und die Farbe seiner Kruste beeinträchtigt würde. Übergössen wird das Stück von Zeit zu Zeit mit dem Fett der Bratenbrühe, damit es saftig wird. Kleinere Fleischstücke wie Kalbsschnitzel, Leberschnitten, Fleischküchlein u. s. w. umhüllt man kurz vor dem Braten mit Mehl oder Weckmehl, um sie saftig zu erhalten. Das Dämpfen oder Schmoren ist gewissermaßen ein Mittel- ding zwischen Kochen und Braten. Das Fleisch wird in heißem Fett leicht angebraten und dann, nachdem etwas heißes Wasser oder Fleisch- brühe zugegossen wurde, im festgeschlossenen Topfe langsam erweicht. Der Dampf umzieht das Fleisch und macht es weich und saftig. 9*
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