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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 38

1906 - Langensalza : Gressler
38 immer ernsthaft und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart machten ließen und von Gatt Offenbarungen durch Träume erwarteten. Es lies ihm bald eine Menge van Menschen nach; alle hatten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen ans. Endlich wnrde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dnlden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Ta er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus) und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Reichen. Einzelne Horden zogen unter Pfeifer, einem weggelaufene» Mönche, der Münzer an Tollkühnheit noch überbot, in die Nachbarschaft aus, plünderten Häuser und Kirchen und kehrten mit Schätzen beladen wieder heim, und mm wollte Münzer das ganze Land aufwiegeln. Er schrieb an die Bergleute im Mansfeldfchen: „Nim ist es hohe Zeit; ganz Deutschland, Frankreich und Welfchland sind wach. Der Meister will ein Spiel mit uns machen, die Bösewichter müssen dran. Die Bauern sind auf, an 300 000 stark, und der Hause wird je länger je größer." So brach er auf und lagerte sich beim Städtchen F r a n k e n h a u s e n in Thüringen. Indessen zogen die benachbarten Fürsten Truppen zusammen, dem tollen Hansen die Köpfe zurecht zu setzen. Johann der Standhafte, Philipp von Hessen und andere führten ein Heer gegen die Aufrührer. Aus Mitleid mit dem verblendeten Volke schickten sie erst einen Edelknaben an sie ab und ließen ihnen Gnade anbieten, wenn sie gleich auseinandergingen und Münzer auslieferten. Dieser erschrak über die Gefahr, in der er schwebte, trat auf und hielt eine feurige Rede an die Bauern, die damit endigte, daß sie sich nur nicht vor den Kugeln der Feinde fürchten sollten, denn die würde er alle mit seinem Ärmel auffangen, und wer in der

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 105

1906 - Langensalza : Gressler
105 bittere Wehmut, wenn sie die in Frankreich so froh verlebten Tage mit ihrem jetzigen Leben verglich. Jede Freude ward ihr hier verbittert; ihre Munterkeit wurde für Leichtsinn, ihr ungezwungenes Wesen für Eitelkeit gescholten, und in dieser Strenge, mit der man sie beurteilte, mag wohl zum Teil der Grund ihrer nachmaligen Vergehungen liegen. In ihier hilflosen Lage mußte bei ihr der Wunsch rege werden, sich mit Elisabeth auszusöhnen, damit sie inx schlimmsten Falle an ihr einen Rückhalt gegen ihre Feinde hätte. Sie ließ daher Elisabeth begrüßen und sie bitten, sie doch als nächste Verwandte zur Nachfolgerin zu ernennen, gern wollte sie dagegen allen gegenwärtigen Ansprüchen entsagen. Aber Elisabeth traute der Aufrichtigkeit Marias richt und gab ihr eine abweisende Antwort. Doch versöhnten sie sich znm Scheine und wechselten seit dieser Zeit Briefe, so daß ks schien, als wären sie Freundinnen geworden. Aber immer blieb Elisabeth in einer ängstlichen Spannung; denn der Gedanke au die Möglichkeit, daß Maria sich mit einem auswärtigen Fürsten vermählen könnte, ließ ihr keine Ruhe. Endlich rückte sie mit dem Vorschlage heraus, wenn Maria sich entschließen könnte, Robert Dudley, den Grafen von Lei ce st er (sprich Lester), einen Bruder des unglücklichen Guilford, zu heiraten, so sei sie bereit, sie als Thronerbin anzuerkennen. Dieser Seicefter war damals Elisabeths Günstling, und Elisabeth mochte teils durch diesen Vorschlag ihrem Liebling ein Glück bereiten, teils hoffen, aus diese Weise sich vor Marias Ränken sicher zu stellen. Indessen wurde sie bald andern Sinnes, und als Maria sich zu der Verbindung bereit erklärte, machte Elisabeth Ausflüchte, und Maria war über dies doppelzüngige Benehmen nicht wenig erzürnt. Fast wäre es schon damals zu einem Bruche zwischen beiden Königinnen gekommen. Dieser Bruch trat bald darauf ein, als sich Maria mit dem englischen Grasen Heinrich Darnley (sprich Dauili) vermählte. Er war ein Nachkomme einer Schwester Heinrichs Viii., also mit beiden Königshäusern nahe verwandt. Aber gerade dadurch mochte diese Verbindung Elisabeth mißfallen; sie befürchtete, daß Maria dadurch einen Grund mehr geltend machen werde, um ihr Recht aus die englische Krone zu beweisen.

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 109

1906 - Langensalza : Gressler
109 welche Bothwell und Maria die Mörder des Königs nannten, und häufig fand man an den Straßenecken Zettel angeklebt, die ungefähr dasselbe behaupteten. Ob Maria an der Ermordung Tarnleys unschuldig mar. ist zwar nicht ei wiesen, aber unwahrscheinlich. Sie zeigte zwar eine tiefe Betrübnis und setzte eine große Belohnung auf die Entdeckung des Mörders; aber es ist nicht zu glauben, das; Bothwell ohne ihre Zustimmung die Schandtat gewagt haben würde Höchst unbesonnen war, daß sie nicht einmal den Schein vermied. Zwar wurde ein Gericht niedergesetzt; da es aber an bestimmten Beweisen fehlte und ein Freund Bothwells Vorsitzer des Gerichtes war, so wurde er für unschuldig erklärt. Darauf beging sie in ihrer Verblendung die Unbesonnenheit, seinen Bitten um Vermählung nachzugeben. In dieser Absicht verabredete sie mit ihm eine Ent-führnng. Bei einem Spazierritt, den sie in weniger Begleitung unternahm, begegnete er ihr mit einigem Gefolge wie zufällig und führte sie nach feinem Schlosse. Hier vermählte sie sich, als wenn sie e« halb gezwungen täte, drei Monate nach Tarnleys Ermordung mit ihm (1567). Dieser Leichtsinn war um so sträflicher, da Bothwell sich, um sie heiraten zu können, von feiner Frau, mit der er erst ein halbes Jahr vorher vermählt worden war, mußte scheiden lassen. Ter ganze schottische Adel war über die Vermählung Marias mit Bothwell dermaßen empört, daß er sich gegen die Königin verband und ins Feld zog. Schon eingeschlossen, entwischten Maria und Bothwell, konnten sich aber in offenem Felde nicht halten Maria ergab sich daher den Verbündeten, und Bothwell entfloh nach den Orkney-Inseln. Hier trieb er eine Zeitlang Seeränbereien und flüchtete dann nach Dänemark, wo er im Gefängnis wahnsinnig wurde und nach etwa 10 Jahren starb. Fast noch härter büßte Maria ihren Leichtsinn. Sie wurde vou den Rebellen im Triumphe nach Ediuburg geführt, wo der Pöbel sie verhöhnte und ihr eine Fahne vortrug, auf welcher die Ermordung Tarnleys zu sehen war. Man denke sich, wie Maria bei diesem Anblick litt! Von hier führte man sie in ein festes Schloß (Lochleven), behandelte sie mit der größten Strenge und Verachtung und zwang sie endlich, eine

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 124

1906 - Langensalza : Gressler
r 124 wieder dienen zu dürfen. Manchmal brach bei diesen Gesinnungen der Königin das Herz; aber teils hielten immer neue Nachrichten von seiner schlechten Verwaltung in Irland, teils das Vorgeben seiner Feinde, daß er noch lange nicht genug gedemiitigt sei, den Ausbruch der königlichen Gnade noch immer zurück. Essex hatte bisher den sehr einträglichen Alleinhandel mit süßen Weinen gehabt. Jetzt war die Zeit um, und Essex bat Elisabeth, ihm diese Vergünstigung zu verlängern. Er hatte bei sich beschlossen, die Entscheidung der Königin solle über seine Hoffnungen entscheiden, ob er je wieder zu Gnade angenommen oder für immer verworfen werden würde. Hätte er gewußt, daß dies die letzte Prüfung sein ollte, die ihm Elisabeth auflegte, gewiß würde er sich von seiner Hoffnungslosigkeit nicht zum Majestätsverbrechen haben hinreißen lassen. Kurz, Elisabeth schlug ihm seine Bitte ab. Das hatte Essex nicht erwartet. Lange genug, meinte er, habe er seinen Stolz unlerdrückt, jede Demütigung willig ertragen. Er warf jeden Schein der Mäßigung und Ehrerbietung ab und ließ seiner natürlichen Heftigkeit ganz den Zügel schießen. Durch Gastfreiheit und Freundlichkeit suchte er die Zahl seiner Freunde unter dem Volke zu vermehren. Über Elisabeth stieß er die beleidigendsten Reden aus. Er nannte sie ein altes Weib, das so krumm an der Seele wie am Körper sei. Das wurde der Königin getreulich hinterbracht und diese kannte sich kaum vor Wut: denn nichts konnte sie mehr ausbringen als Beleidigungen ihrer Eitelkeit. Effex ging noch weiter. Er ließ sich in eine Verbindung mit Jakob Vi. von Schottland ein und entwarf mit einem Haufen anderer unruhiger Köpfe eine Verschwörung gegen Elisabeth. Er zog mit ihnen nach London und rief das Volk in den Straßen zur Beihilfe auf. Alle gafften ihn voll Neugier an, aber nur wenige wollten für ihn zu den Waffen greifen. Er hatte gehofft, das ganze Volk würde für ihn sich gegen Elisabeth erheben; da er nun das Gegenteil sah, sank ihm und seinen Begleitern der Mut. Nachdem einer nach dem andern sich fortgemacht, sah er auch keine andere Rettung als in der Flncht. Er warf sich in sein Haus, wo er, von allen verlassen, sich auf Gnade und Ungnade

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 125

1906 - Langensalza : Gressler
125 der Wache, die Elisabeth gegen ihn ausgeschickt hatte, ergeben mußte. Sein Verbrechen lag zu sehr am Tage, als daß er diesmal der Verurteilung entgehen konnte; alle Richter sprachen das Todesurteil über ihn aus. Und Elisabeth? — Ihr Zustand war diesmal wirklich bemitleidenswert. In ihrer Seele kämpften unaufhörlich Haß und Liebe, gekränkter Stolz und Mitleid, die Pflicht, ein solches Verbrechen streng zu ahnden, und der Wunsch, ihren Liebling nicht ganz sinken zu lassen. Bald unterzeichnete sie den Befehl znr Hinrichtung, bald widerrief sie ihn. Weitn er sie nur wenigstens um Gnade bäte, meinte sie, so würde sie ihm wohl vergeben. Immer noch hoffte sie darauf; aber da keine demütige Unterwerfung erfolgte, willigte sie endlich in einem Anfalle von Erbitterung in die Hinrichtung. Sie ging 1601 im Tower vor sich. Essex, erst 34 Jahre alt, starb mit tiefer Reue und dem Bekenntnis, feine Strafe verdient zu haben. Zwei Jahre darauf verfiel die Königin in eine tiefe Schwermut. Als Ursache gibt man eine traurige Entdeckung an, die von ihr in betreff des unglücklichen Essex gemacht worden war. In den Zeiten der höchsten Gunst hatte Essex der Königin einst sein Bedauern geäußert, daß die Gunst der Großen so unbeständig sei. Gerührt schenkte sie ihm damals einen Ring mit dem Beifügen, er möchte auch noch so sehr in Ungnade fallen, so würde sie doch, sobald er ihr diesen Ring sende, allen Gtoll fahren lassen. Sorgfältig hatte Essex dieses wichtige Kleinod verwahrt und sich feiner in den mannigfachen Verlegenheiten feines Hoflebens nicht bedient, ihn immer für die äußerste Not aussparend. Als er aber zum Tode verurteilt war und auch die letzte Hoffnung sank, nahm er zu ihm seine Zuflucht. Er überreichte ihn der Gräfin Nottingham (sprich Nottingham» und bat sie, ihn der Königin einzuhändigen. Unglücklicherweise war der Gemahl der Gräfin ein Todfeind des Essex; er beredete sie daher, den Ring nicht abzugeben, und so erhielt Elisabeth keine Nachricht davon, wie sehnlich Essex auf das Wort der Gnade harrte. Erst als drei Jahre darauf die Gräfin auf dem Sterbebette lag und von ihrem Gewissen beunruhigt wurde, ließ sie die Königin um einen Besuch bitten, eröffnete ihr das Ge-

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 208

1906 - Langensalza : Gressler
208 Die Schreckenspost durcheilt schnell das ganze schwedische Heer. Aber anstatt den Mut der tapferen Scharen zu ertöten, entzündet sie ihn vielmehr zu einem neuen, wilden, verzehrenden Feuer. Herzog Bernhard beschließt die Erneuerung der Schlacht*). Mit Löwengrimm werfen sich die schwedischen Regimenter zum zweitenmal auf den Feind: die Gräben werden wieder übersprungen, die feindlichen Kanonen genommen, ein Pulverwagen im Rücken der Kaiserlichen fliegt in die Luft, der Feind wird in Verwirrung gebracht; und das Schicksal des Tages hängt nur noch an einem einzigen Augenblick — da erscheint Pappenheim auf dem Schlachtfelde mit einer Schar; alle erhaltenen Vorteile sind verloren, eine neue Schlacht fängt an. Ter Befehl, welcher ihn nach Lützen zurückrief, hatte ihn in Halle erreicht. Ohne sein zerstreutes Fußvolk zu erwarten, ließ er acht Regimenter Reiterei aufsitzen und eilte an der Spitze derselben spornstreichs auf Lützen zu. Er kam noch eben recht, um die Flucht des kaiserlichen linken Flügels, den Gustav Horn aus dem Felde schlug, anzusehen. Aber mit schneller Gegenwart des Geistes sammelte er die flüchtigen Völker wieder und führte sie aufs neue gegen den Feind. Fortgerissen von seinem wilden Mute bricht er fürchterlich in die schwedischen Scharen des rechten Flügels, die, ermattet vom Siege, dieser Flut von Feinden endlich unterliegen, und schnell benutzt Wollenstem den günstigen Augenblick, das Treffen zu erneuern. Die dichtgeschlossenen schwedischen Bataillone werden unter einem mörderischen Gefecht durch Generalleutnant Piccolomini und Graf Terczka über die Gräben zurückgetrieben. Wallknstein selbst sah man mitten unter dem feindlichen Kugelregen mit kühner Seele feine Truppen durchreiten, dem Notleidenden nahe mit Hilfe, dem Tapferen mit Beifall, dem Verzagten mit seinem strafenden Blicke. Um und neben ihm stürzten seine Völker entseelt dahin, und sein Mantel wurde von vielen Kugeln *) Bernhard durchritt die schwedischen Reihen: „Ihr Schweden, ihr ginnen und ihr Deutschen, euer und unser Verfechter der Freiheit ist tot. Für euch ist das Leben fein Leben mehr, wenn ich seinen Tod nicht rächen soll. Wohlan denn! Greift unverzagt den Feind an. und wer beweisen will, daß er den König lieb gehabt, der tue es jetzt!"

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 233

1906 - Langensalza : Gressler
233 und untereinander, von Hunger und von der Pest erwürget und voll Würmer, und sind von Wölfen. Hunden, Krähen und Raben gefressen worden, weil niemand gewesen, der sie begraben, beklagt und beweint hat. Deutschland liegt in Schmach, Jammer, Armut und Herzeleid: die viel tausend mal tausend armen jungen Seelen, so unschuldig in diesem Kriege sind hingeschlachtet worden, schreien Tag und Nacht unaufhörlich zu Gott um Rache, und die Schuldigen, die es verursacht, sitzen in stolzer Ruhe. Freiheit, Frieden und Sicherheit und halten Gastereien und Wohlleben." Richter, Quellenbuch. Doch genug von den Greueln der Verwüstung! Tas Herz blutet einem noch heute, wenn man der vielen, vielen Lpfer des Krieges gedenkt. Daß Deutschland überhaupt sich noch einmal von den Schrecken des Krieges erholte, ist ein Zeichen seiner inneren Kraft und Gesundung: aber langer, langer Zeit bedurfte es, bis die durch den Krieg verursachten Schäden wieder geheilt waren. 28. Karl I. von England und Oliver Crornwell. Nach dem Tode der Königin (Elisabeth von England wurde Jakob Vi. vou Schottland, der Sohn Maria Stuarts, König der beiden Reiche. Er nannte sich als König von England Jakob I. 2ein steifes Äußere, seine pedantische Gelehrsamkeit und seine Umständlichkeit in allen Dingen waren nicht dazu angetan, ihm die Liebe des Volkes zu erwerben. Wie wenig entschlossen er war. haben wir schon im dreißigjährigen Kriege gesehen, in dem er seinen Schwiegersohn, den Kurfürsten Friedrich V. von der Psalz, völlig im Stiche ließ. Nach seinem Tode im Jahre 1625 bestieg sein Sohn Karl I. den Thron der vereinigten Königreiche. Er war ein Mann von gutem Willen, aber es fehlte ihm die Kraft, ein unruhiges Volk zu regieren: daher verließ er sich gänzlich ans seine Minister, den Herzog von B u ck i n g h a m*) und den Grafen von *) Buckingham, von niedrigem Alande, nur durch seine Schönheit und Gewandtheit so hoch gestiegen, wurde 1628 in Ponsmouth, als er eben das Kommando der Flotte, die die von Richelieu belagerte Stadt 1 a Ro chelle

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 282

1906 - Langensalza : Gressler
282 und den andern Fürsten seinen Einzug in Wien. Das Volk jubelte, aber es sah nur aus den tapferen König, nicht auf den schwachen Kaiser, der in der Stunde der Not sein Volk im Stiche gelassen hatte. Mit Inbrunst stimmte Sobieski in der Augustinerkirche »Herr Gott dich loben wir" an, und dankbar sang ihm das gerührte Volk nach, während alle Glocken jubelnd darein tönten. Kara Mustapha wurde auf des Sultans Besehl enthauptet: aber leider hatten die Türken 6000 Männer, 11000 Frauen, 14 000 Mädchen und 50 000 Knaben aus Österreich in die Sklaverei geschleppt, von denen nur 600 aus dem Schlachtfelde gerettet wurden. — Seitdem sind die Türken nicht wieder nach Deutschland gekommen. Überhaupt hörten sie auf, für Europa ein Gegenstand des Schreckens zu sein, seitdem Prinz Eugen ihnen einige ungeheure Niederlagen in Ungarn beigebracht hatte. Der tapfere Sobieski starb 1696, und sogleich begann unter den nie einigen Polen das Rünkespiel über die Königswahl. Zwei Bewerber, ein französischer Prinz (von Conti) und Kursürst August von Sachsen, boten den Polen Geld über Geld; endlich siegte August der Starke. Er hat von 1697 —1733 regiert. Um König von Polen zu werden, nutzte er sich zur römischen Kirche bekennen. Das tat er auch ohne viel Bedenken. Zur Beruhigung seiner Sachsen erklärte er, daß er nie katholische Minister annehmen wolle. Beide Länder hat er aufs gewissenloseste regiert; unbekümmert um das Wohl seiner Untertanen, dachte er nur an sein Vergnügen und verpraßte das ihnen abgepreßte Geld durch Jagden, Schwelgereien und andere Ergötzlichkeiten. Während des spanischen Erbsolgekrieges starb der unfähige Kaiser 1705 und machte seinem Sohne Joseph I. Platz. Dieser war einsichtsvoll und wohldenkend und hätte gewiß für Deutschland mehr getan, hätte ihn nicht der spanische Erbfolgekrieg so sehr beschäftigt. Er hat dessen Ende nicht erlebt; denn er starb schon 1711, erst 33 Jahre alt. Da er keine Söhne hatte, so folgte ihm sein Bruder Karl Vi., der jenem Kriege im Frieden von Rastatt 1714 ein Ende machte. Den Geist Josephs I. besaß er zwar nicht, aber er hat für seine Erbländer recht treu gesorgt und den durch die vielen

9. Geschichte der neueren Zeit - S. 302

1906 - Langensalza : Gressler
302 das Leben noch einigermaßen wert, seit ich die Betrübnis erduldet habe, die ich nicht zu überleben glaubte. Denn mit frohem Mute würde ich alles ertragen haben, wenn ich nur so glücklich gewesen wäre, von uns drei Geschwistern der erste zu sein, der sein ihm abgestecktes Ziel erreicht hätte. Nun hoffe ich wenigstens nicht so unglücklich zu sein, der letzte von uus zu werden." Bis so weit war nuu Karl gekommen; aber was sollte nun weiter geschehen? Ohne Heer sich durch Polen oder Deutschland nach Schweden zurückzuschleichen, war für den stolzen Mann ein entsetzlicher Gedanke. ,,23ie," dachte er, , wenn du den Sultan zu einem Kriege gegen Rußland bewegen könntest?" — Und nun bot er alles dazu aus. Anfangs hatte Achmet keine Ohren dafür; aber Karl brachte es dahin, daß zwei Veziere, die vom Kriege abrieten, abgesetzt Wurden, und selbst die Mutter des Sultans wurde bestochen. „Wann willst du," fragte sie ihren Sohn, „endlich meinem Löwen beistehen, daß er den Zaren verschlinge?" — Achmet ernannte einen neuen Großvezier, Baltadschi Mehemet, und befahl ihm: .Führe das Heer gegen die Russen!" „Gut," sagte Mehemet. „mein Schwert in der einen und den König an der andern Hand will ich ihn an der Spitze von 200000 Mann nach Moskau führen!" - Im Geiste sah sich Karl schon in Moskau, und beinahe wäre es auch so weit gekommen. Peter hatte indessen in Moskau einen herrlichen Triumph gehalten. Durch sieben Triumphpforten zog er ein. Hinter ihm her wurden nicht nur die gemeinen schwedischen Gefangenen, sondern selbst die berühmten Generale Karls geführt; ein großer Verstoß gegen das Zartgefühl, mit dem man jeden Unglücklichen behandeln muß.*) Auch sah mau unter der Beute den zerschossenen Trag- *) Ein Augenzeuge erzählt: „Am dritten Tage nach unserer Ankunft in Moskau war der Triumphzug mit allen schwedischen Gefangenen. Der Marsch ging durch einige Triumphbogen, welche verziert waren mit anspielenden Bildern und Devisen zur Ehre der Sieger und zur Verhöhnung der Besiegten. Unter anberm sah man einen Löwen, der, gefesselt an feinen vier Füßen mit eisernen Ketten, von einem Russen geführt würde. Diese Zeichnung fanb den vorzüglichsten Beifall bei bcn Russen und auch bei einem

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 304

1906 - Langensalza : Gressler
304 Die Russen fielen nun unter Scheremetew in die Moldau ein lind zogen längs dem Prnth hinab. Plötzlich sahen sie sich beim Torfe Falczin von allen Seiten von ungeheuren Schwärmen von Türken und Tataren eingeschlossen. Sie konnten weder vor-noch rückwärts, und alle Lebensmittel waren ausgegangen. Ter Großvezier vernichtete in einer dreitägigen Schlacht 40000 Russen. Peter sah den Augenblick sich nähern, wo er mit allen den Seinigen verhungern oder sich den Feinden ergeben müßte. Er schrieb an den russischen Senat einen Brief, in welchem er seine Lage schilderte und gestand, daß er ohne besondere göttliche Hilse nichts erwarten könne als den Tod oder Gefangenschaft. Aber Katharina half ihm. Sie wußte, wie leicht die türkischen Großen sich bestechen lassen, und schickte einen Friedensboten an den Großvezier mit ihrem Juwelenkästchen und einer großen Summe Geldes ab. Das wirkte. Die Augen Mehemets wurden von den glänzenden Steinen so geblendet, daß er die hoffnungslose Lage der Russen nicht mehr sah und mit Peter schnell Frieden schloß. Auf die erste Nachricht davon warf sich Karl aus sein Pferd, jagte 15 Meilen weit in einem Ritt bis ins türkische Lager und bot Himmel und und Hölle auf, den Vezier zu bewegen, daß er den Frieden breche. „Vertraue mir," sprach er, „20000 deiner Janitscharen und ich liefere dir noch den Zar in deine Hände." — Aber Mehmet blieb dabei: „Der Friede ist geschlossen, und er muß bestehen." Wütend vor Zorn verließ Karl ohne Abschied das Feld des Veziers und verklagte ihm beim Sultan. Dieser setzte ihn ab und verwies ihn: aber der Friede mit Rußland wurde nicht umgestoßen. Keiner heitle sich mehr als Karls Niederlage bei Pnltawa ge-srent als August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwungen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem Zaren und verjagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinsky vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark erklärte den Schweden Jahre nach ihrer Trennung int Kriege erschossen. Peter hatte seine erste Frau schon neun Jahre vorher verstoßen und ins Kloster geschickt.
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