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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 97

1906 - Langensalza : Gressler
duldsamen Vorsätze hindern: die Wahl eines Mannes. Sie erklärte sich für Philipp Ii., Karls V. einzigen Sohn. Die Verwandtschaft mit ihm, die Gleichheit des Glaubens, seine vornehme Geburt und seine Jugend (er war erst 26 Jahre, sie schon 38 alt) empfahlen ihn vorzüglich. Ganz England war über diese Heirat ausgebracht; man fürchtete den Stolz und die Grausamkeit des heimtückischen Philipp. Diese Stimmung benutzten Sussolk und noch andere ehrgeizige Männer, einen Ausruhr zu erregen, aber nur zu ihrem und der armen Johanna Unglück. Maria unterdrückte die Unruhen schnell, Sussolk und die anderen wurden hingerichtet und nun auch der Johanna und ihres Mannes Tod beschlossen, so unschuldig beide auch an der Unternehmung ihres Vaters waren. Johanna empfing die Nachricht von ihrer Verurteilung mit großer Ruhe und beklagte mehr als sich ihren jungen Gatten und besonders ihren Vater, den der Vorwurf peinigen mußte, seine Tochter aufgeopfert zu haben. Maria honte, sie wenigstens im Angesichte des Todes zu der römischen Kirche herüberzuziehen, und schickte einen gelehrten und seingebildeten Geistlichen zu ihr. Sie empfing ihn mit einer Milde und Zartheit, die ihn selbst tief bewegte. Mit ihm über Religion Zu streiten, vermied sie. Sie habe, sagte sie, die wenigen übrigen Stunden nötig, sich zu sammeln und auf den wichtigen Schritt vorzubereiten. Er glaubte in diesen Worten ihren Wunsch zu erkennen, daß die Hinrichtung aufgeschoben würde, und bewirkte ihr eine Frist von drei Tagen. Sie war ihr willkommen. Bei den wiederholten Besuchen verteidigte sie gegen den Geistlichen ihren Glauben mit Gewandtheit und Beredsamkeit, und schrieb an ihren ehemaligen Lehrer, der aus Furcht seinen Glauben gegen die katholische Lehre ausgegeben hatte, einen bitteren Brief, der mit den innigsten Bitten, zur Wahrheit zurückzukehren, endigte. Auch an ihre Schwester schrieb sie einen rührenden Abschiedsbrief und beschwor sie, dem evangelischen Glauben treu zu bleiben. So kam der Tag des Todes heran. Guilsord Dudlet) sollte Zuerst sterben. Er wünschte Johanna noch einmal zu sehen. Sie fürchtete aber das Ergreifende der Abschiedsszene und ließ ihn bitten, Meisterwerke. Bd. Ix. Nösselt, Weltgeschichte 111. 7

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 94

1906 - Langensalza : Gressler
94 ftanb, aus der Tasche fallen. Einer der Anhänger der Königin fand ev und brachte es ihr, und nun sah sie, in welcher großen Gefahr sie schwebte. Aber als eine kluge Frau faßte sie sich bald. Sie ging zum Könige, setzte sich ruhig zu ihm, und als er wieder auf seine theologischen L-ätze das Gespräch brachte und sie um ihre Meinung fragte, antwortete sie, solche tiefe Untersuchungen paßten sich nicht für Weiber, dem Manne käme es allein zu, die Grundsätze für die Frau zu wählen, und diese müßte in allen Dingen die Denkart ihres Mannes annehmen, sie müsse das um so mehr, da sie so glücklich wäre, einen Mann zu besitzen, der imstande wäre, Neligionsvorfchriften für ganze Nationen zu entwerfen. Je länger sie sprach, desto mehr klärte sich das Gesicht des Königs auf, und endlich rief er, indem er sie umarmte: „Nein, bei der heiligen Maria, du bist ein Doktor geworden, Käthchen, und bist geschickter, mich zu unterrichten, als ich dich!" Sie antwortete bescheiden, dies Lob käme ihr gar nicht zu, sie habe wohl zuweilen gewagt, eine andere Meinung auszustellen, das habe sie aber nur getan, um mehr Leben in die Unterhaltung zu bringen und ihm Gelegenheit zu geben, sie zu belehren. „Ist das wirklich wahr, meine Liebe?" rief Heinrich, „nun dann sind wir ja wieder vollkommen gute freunde." Als nun beide in freundlichem Gespräche umhergingen, kam der Kanzler, rief den König beiseite und brachte ihm die Nachricht, daß der Prozeß eingeleitet sei. Aber er kam schlimm an. Der König nannte ihn einen Narren über den andern, so daß der Mann ganz verwirrt davonschlich. — Heinrich starb im Jahre 1547. 14. Johanna Gray. — Maria brnt England. Heinrichs Viii. Sohn, Eduard Vi. (1547 — 53), wurde nun König, ein erst zehnjähriger, gutgearteter Knabe. Obgleich er noch so jung war, wollte man ihn schon verheiraten und zwar an die junge Königin von Schottland, Marin Stuart, damit beide Königreiche vereinigt würden. Aber die Schotten konnten die Engländer nicht leiden und schickten die junge Maria lieber nach Frank-

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 101

1906 - Langensalza : Gressler
101 machte ihr Herz unempfänglich für die Gefühle der Rachsucht. Sie schien alles Gedächtnis für früher ihr zugefügte Kränkungen verloren zu haben und empfing selbst die, welche ihr früher alles Herzeleid angetan hatten, mit Freundschaft. Das gewann ihr natürlich aller Herzen. So oft sie sich öffentlich sehen ließ, strömte das Volk herbei, und die Gesprächigkeit und Herablassung, die sie bei solchen Gelegenheiten zeigte, machten sie zum -Abgott des Volkes. Elisabeth war damals 25 Jahre alt. Ohne eigentlich schön zu sein, besaß sie außerordentlich viel Liebenswürdigkeit, die nie mehr bezaubert, als wenn sie durch hohe Geburt und Bescheidenheit noch mehr gehoben wird. Dazu hatte sie ausgezeichnete Kenntnisse, ohne andern damit lästig zu werdeu, und einen sehr gebildeten Verstand. Während ihrer ländlichen Einsamkeit hatte sie den Wissenschaften mit großem Eifer obgelegen. — Ihre erste Handlung nach ihrer Thronbesteigung war. daß sie die evangelische Lehre einführte; nur behielt sie mehr Zeremonien und die bischöfliche Verfassung bei. Sie verlangte die Annahme von 39 Artikeln, die in einzelnen Stücken von der lutherischen und reformierten Lehre abwichen. Aber auch hier verfuhr sie als kluge Frau. Nur langsam und nach und nach wurden die unter Maria wieder eingeführten katholischen Gebräuche abgeschafft. Keine solchen Grenelszenen, wie unter Heinrich Viii. und Maria kamen dabei vor; doch ließ sie diejenigen, welche ihre Befehle nicht befolgen und die von ihr eingeführte bischöfliche Kirche stürzen wollten, streng bestrafen. Besonders betraf' dies die Puritaner (auch Presbyterianer genannt), welche nicht nur alle Zeremonien, Bilder Kreuze, Altäre Orgeln u. s. w verwarfen, sondern auch die Oberaufsicht der Regierung über die Kirche (Suprematie) nicht anerkennen wollten. Elisabeth hat sich nie vermählt. Ob sie gleich gern sich mit Männern unterhielt, schien sie einen Widerwillen gegen jede Art von Gebundenheit zu haben, vielleicht eine Folge der Unterdrückung, in welcher sie früherhiu gelebt hatte. Jederzeit hatte sie einen ober mehrere Günstlinge; aber zu einer bleibenden Neigung konnte sie sich nie entschließen, so viele einheimische Große und fremde Könige

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 252

1906 - Langensalza : Gressler
252 reich zurückgekehrt war, wurde sie von einer wohlhabenden Fran unterstützt, die ihr die Grundsätze der reformierten Kirche beibrachte.. Daher weigerte sie sich einst, ihre Mutter in die Messe zu begleiten,, und als diese darauf bestand, kehrte sie dem Altare den Rücken zu. Dafür erhielt sie eine Ohrfeige. Sie aber hielt auch die andere Backe hin und rief: „Schlagen Sie zu, liebe Mutter; es ist schön, der Religion wegen zu leiben." Da sie blutarm war, so mußte sie froh sein, daß sich eine reiche und stolze Dame ihrer annahm. Bei ihr mußte sie das Hühnervieh warten. Sie pflegte barüber in späteren Jahren zu scherzen, inbem sie sagte: „Ich fing früh an, Aufseherin zu werben; in meiner Jugend war ich es über Truthühner, und nun im Alter bin ich es über Prinzen geworden." Bei ihr hatte sie es aber so schlecht, daß sie das Mitleid des in der Nähe wohnenden Dichters Scarron erregte. Er fragte sie einst, ob sie in ein Kloster wolle, dann sei er bereit, das dazu nötige Geld ihr zu geben; oder ob sie Lust habe, ihn zu heiraten. Er war aber klein, häßlich und verwachsen. Dennoch nahm sie seine Hand an, um nur aus dem verhaßten Hause zu kommen. Es war ein sehr unähnliches Paar. So häßlich er war, so hübsch war sie, dazu war sie erst 16 Jahre alt. Aber sie lebte recht glücklich mit ihm und betrachtete ihn als ihren besten Freund, dem sie Dankbarkeit schuldig sei. Sein Haus war der Sammelplatz fast aller schönen Geister der Hauptstadt, und wenn diese seinen geistreichen Gesprächen zuhörten, so bewunberten sie auch die Be-fcheibenheit und die Liebeuswürbigkeit seiner jungen Frau, welche sich so leicht in ihre Sage fanb und sich so allgemein in Achtung zu setzen wußte, daß ein Höfling einst von ihr sagte, er würde es eher wagen, der Königin eine Unanstänbigfeit zu sagen als ihr. Ihr Geist bilbete sich inbeffen schnell aus, teils durch seine Gespräche, teils durch das Lesen geistreicher Bücher, ©üblich starb Scarron nach einer neunjährigen Ehe. Ein Marquis bot ihr feine Hand an; aber sie kannte ihn als einen albernen Gecken und schlug ihn aus. Jetzt ging es ihr eine Zeitlang gar nicht gut. Sie bat um eine Pension; aber es gelang ihr nicht, sie zu erhalten, und schern wollte sie als Erzieherin nach Portugal gehen,

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 276

1906 - Langensalza : Gressler
276 meisten zeichneten sich beim Sturm auf die französischen Schanzen die Preußen unter dem Fürsten von Dessau und die Gothaer aus. Eine unermeßliche Menge von Kriegsvorräten und Kanonen fiel den Siegern in die Hände, und der König von Frankreich mußte versprechen, während des ganzen Krieges kein Heer mehr nach Italien zu schicken. Man hat oft behauptet, daß Mädchenfreundschaft sehr veränderlich sei; die Königin Anna — denn seit 1702 war sie an Wilhelms Stelle Königin geworden — und die Herzogin von Marlborough haben ein Beispiel davon gegeben. Die letztere hatte sich seit einiger Zeit in die Regierungsangelegenheiten gemischt und mit der Königin oft in einem Tone gesprochen, der sehr vermessen war, dennoch aber von der Königin mit großer Demut und Freundlichkeit aufgenommen wurde. Oft hatte die Herzogin die Empfindliche gespielt, sich bei Hofe selten sehen lassen und statt ihrer ein armes, ihr verwandtes Fräulein, Abigail (Äbbigehl) Hill, eingeführt, um die Königin zu unterhalten, indem sie glaubte, jene würde nie vergessen, daß sie ihr allein diese Versorgung verdanke. Allein die Hill, die bald darauf einen Herrn Masham (sprich Meschäm) heiratete, war undankbar genug, die Herzogin aus der Gunst der Königin zu verdrängen. Eine heftige Szene, in welcher die Herzogin ihr in Gegenwart der Königin ihre Undankbarkeit vorwarf, trug nicht dazu bei, Anna mit ihr auszusöhnen. Kaum wurde bei Hofe diese Verstimmung bemerkt, als alle, die bisher das Haus Marlborough wegen seines großen Einflusses beneidet hatten, sich vereinigten. die Königin noch mehr gegen die Herzogin einzunehmen. Jedes ihrer Worte wurde Übel gedeutet, und wenn sie mit Anna zusammenkam, war die Unterhaltung geschraubt, und beide waren froh, wenn sie beendigt war. Die Herzogin kam nur noch selten nach Hofe; ihr Briefwechsel dauerte zwar fort, aber in einem beißenden, spöttischen Tone. Die Empfindlichkeit der Königin wurde von der schlauen Masham zu wütendem Hasse angeblasen. Vergebens suchte sich die Herzogin mit der Königin zu verständigen; der Versuch fiel so Übel aus, daß es zum völligen Bruche kam. Nach einem sehr heftigen Wortwechsel kamen sie persönlich nicht

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 283

1906 - Langensalza : Gressler
283 Kriege zerrütteten Wohlstand wieder zu heben gesucht. Nur für Deutschland hat er so gut wie nichts getan. Er hat bis 1740 regiert. Von seiner Tochter und Nachfolgerin Maria Theresia wird unten mehr die Rede sein. 34, Jugend und erste Regierungszeit Peters des Großen. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts rechnete man die wilden Moskowiter zu den asiatischen Völkern. Kaum wußte man in Europa von ihnen, und es war eine große Seltenheit, wenn einmal ein europäischer Fürst eine Gesandtschaft nach Moskau sandte. Sitten, Kleider, Bildung und Sprache unterschieden sie gänzlich von den gebildeten Völkern, die daher nichts nach ihnen fragten. Da trat Peter der Große auf; anfangs selbst ohne Bildung, strebte er nach solcher mit nie gestillter Wißbegier und tat dann so viel für die Bilbung seines Volkes durch Aufnahme und Nachtübung europäischer Kultur, daß es währenb seiner Regierung Fortschritte machte, zu denen sonst Jahrhunderte nötig sinb. Wenn auch diese Bilbung in vielen Stücken nur scheinbar und äußerer Anstrich der Roheit war, so hat boch Peter es erreicht, daß seit ihm die Russen unter die europäischen Völker eingetreten sind. Er erscheint als einer der großen Männer, deren sich die Vorsehung bedient hat, aus das Glück ganzer Völker einzuwirken. Seine Wißbegierde mag denen zur Beschämung dienen, die so viele Aufmunterung haben, ihren Geist zu bilben, und es nur mit Wiberwillen tun. Währenb der ersten 30 Regierungsjahre Lubwigs Xiv. regierte in Rußlanb der Zar Alexei aus dem Hause Romanow. Als er 1676 starb, hinterließ er mehrere Kinder, von benen der älteste Sohn gebor ihm folgte. Aber er starb schon nach sechs Jahren. Sein Tod ließ Unruhen fürchten; benn er ließ eine ehrsüchtige Schwester, Sophia, einen schwachsinnigen ©ruber, Iwan, und einen zehnjährigen Stiefbrnber, Peter, zurück. Sie blieben auch nicht aus. Zwar riefen die russischen Großen den jungen Peter zum Zaren aus; aber Sophia, die ihn und seine Mutter Natalia bis auf den Tod haßte, wiegelte die S tr elitzen — so nannte

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 99

1906 - Langensalza : Gressler
99 die Augen, tappte nach bent Blocke, und legte ihr Haupt willig hin. Unter dem andächtigen Gebete: „Hers, in deine Hände befehle ich meinen Geist!" wurde es vom Körper getrennt. In der Kapelle des Towers wurde sie neben ihrem Gatten beigesetzt. Kein Auge, selbst derer, die an Maria hingen, blieb dabei trocken. „In alle Länder ist der Rns ihres seltenen Verstandes und ihrer schönen Seele gedrungen; überall, auch spät uoch, sind nah und sern ihrem Schicksale Tränen gestosten. Künstler und Dichter haben gewetteifert, sie in ihren Werken zu verherrlichen." Je lieblicher die holde Weiblichkeit der unglücklichen Johanna erscheint, desto widerlicher ist uns der Charakter Marias. Sie empfand bei der Nachricht von Johannas edlem Benehmen in ihrer Todesstunde nicht die geringste Teilnahme, sondern iah nur mit größter Ungeduld der Ankunft Philipps entgegen. Bitter beklagte sie sich, daß er so lange zögere und ihr noch nicht einmal geschrieben habe. Seitdem sie bemerkte, daß die Engländer mit Unmut der Verbindung entgegensahen, haßte sie ihre eigene Nation und nahm sich vor, sich blutig an ihr zu rächen. Während der Überfahrt Philipps quälte sie sich mit tausend ängstlichen Gedanken. Bald fürchtete sie, die Franzosen möchten ihn auffangen, balb, ihre alternde Figur möchte dem weit jüngeren Philipp wenig gefallen. Endlich landete der Heißersehnte, und die Vermählung wurde schnell vollzogen. Philipp hielt einen stattlichen Einzug in London: aber alle feine zur Schau getragenen Kostbarkeiten vermochten nicht, ihm die Achtung und Liebe der Engländer zu verschaffen. Er war so kalt, zurückhaltend und vornehm gegen die englischen Großen, daß sie sich unwillig von ihm abwandten. Desto entzückter war Maria. Sie tat alles, was er wünschte, und da sie merkte, daß ihm besonders die Verfolgung der Andersgläubigen viele Freude machte, ging sie gleich wieder an ihr Resormationswerk und verfolgte die Protestanten mit unnatürlicher Grausamkeit. Selbst der Erzbischof Cranmer mußte das Blutgerüst besteigen. Überall in England sah man wieder die Scheiterhaufen rauchen. Wir haben schon mehr, als wir wünschen, von Ruchlosigkeiten erzählen müssen; also wollen wir schweigen von der Harte, mit welcher Maria und die katholische Geistlichkeit die 7*

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 155

1906 - Langensalza : Gressler
155 keine Rücksicht auf den Rcing des Prinzen", sagte er zu den Inquisitoren, „tut eure Schuldigkeit; denn wisset, daß der Eifer für die Religion längst alle väterliche Liebe in meiner Seele erstickt hat." Tas verwirrte nun dem armen Menschen vollends den Kopf. Bald verfiel er in Raserei, bald lag er völlig teilnahmslos da; zuweileu aß er tagelang gar nichts, und dann verzehrte er ungeheure Mengen von Speisen und Getränken. Seine Umgebung sah es vielleicht nicht ungern, daß er so seinen Körper anfrieb: Philipp sah ihn nur noch einmal kurz vor seinem Ende. Wirkliches Mitleid mit ihm empsand vielleicht nur die Königin Jsabella, die ihm auch bald im Tode folgte. Bekanntlich hat unser großer Dichter Schiller diesen Ton Carlos in einem Drama verherrlicht; der wirkliche Don Carlos hat leider gar nichts von einem Helden an sich, sondern war ein armer, beklagenswerter Mensch. Die einzige Unternehmung, welche dem finstern Philipp glückte, war die Eroberung von Portugal. Hier war die gerade Linie des Königshauses ausgestorbeu. König Sebastian, ein von Jesuiten erzogener Jüngling, sing ohne Not, nur aus Religions- liaß, einen Krieg mit dem Kaiser von Marokko an und wurde 1578 bei Alcassar in Asrika von den Mauren geschlagen. Gr selbst verschwand von diesem Tage an, ohne daß jemand von seinem Schicksal Auskunst geben konnte. Wahrscheinlich war er im Kampfe gefallen. Zwar war noch ein alter Großoheim da, Kardinal Heinrich, der den Thron bestieg; da aber dieser schon 1580 starb, so verdrängte Philipp Ii. die übrigen Verwandten und er-klärte, daß er als Sohn einer portugiesischen Prinzessin das nächste Recht zur Herrschaft habe. Nun wollten ihn zwar die Portugiesen nicht haben, und wer hätte den Tyrannen auch wohl haben wollen? Aber danach fragte er nichts. Er schrieb an sie: „Die Macht der Könige kommt von Gott; ihre Würde verstattet nicht, sich der Be- urteilung der Untertanen zu unterwerfen. Die Rechtmäßigfeit der Fürsten hängt nicht von der Meinung des Volkes ab. Meine Ansprüche auf den portugiesischen Thron habt ihr nicht erst zu unter-suchen. Als Rebellen werde ich diejenigen behandeln, die sich meiner Macht widersetzen werden." Er schickte seinen Alba

9. Geschichte der neueren Zeit - S. 140

1906 - Langensalza : Gressler
140 Sprache kam, erklärten die evangelischen Stände einmütig, sie könnten sich die Veränderung des Kalenders durchaus nicht gefallen lassen; denn sie glaubten, es liege eine Hinterlist zugrunde. So behielten sie denn ihren fehlerhaften Kalender noch länger als 100 Jahre. Jetzt ist der alte nur noch in Rußland gebräuchlich: die Abweichung beträgt aber jetzt 13 Tage, so daß die Russen an unserm Neujahrstage erst deu 19. Dezember schreiben. 19. Philipp 11. von Spanien und die Niederländer. Als Kaiser Karl V. seinem Sohne Philipp in Brüssel die Re gierung abtrat (1556), war dieser 29 Jahre alt; aber kein Zug seines Gesichts, keine leichte Bewegung seines Körpers kündigte den Frohsinn an, der sonst dem Manne in diesem Alter noch eigen ist. In allen menschlichen Gefühlen war dieser kalte, stolze, finstere Philipp das Gegenteil seines Vaters. Viel mochte daran die Erziehung schuld sein; denn er war unter Mönchen ausgewachsen und von ihnen mit eiserner Strenge behandelt worden. So war denn nie Fröhlichkeit in sein Gemüt gekommen; er wußte nicht, was Mitleid, Wohlwollen und Freundschaft fei, und glaubte, daß seine Untertanen nur da wären, sich als Werkzeuge zu seinen Absichten gebrauche« zu lassen. Besonderes Gefallen fand er an einem Autodafe, d. i. einer Verbrennung vieler solcher Leute, die man Ketzer nannte, auf einem Scheiterhaufen; denn er haßte alle bitter, welche von den Lehren der römischen Kirche nur im geringsten abwichen. Taher flössen durch ihn Ströme von Blut; überall ließ er Scheiterhaufen errichten. In diesem Eifer für den römischen Glauben gingen alle seine Gefühle unter. Als einst ein Unglücklicher auf dem Scheiterhaufen sich rechtfertigen wollte, rief ihm der König zu: „Fort mit dir! Wäre mein eigener Sohn so strafbar wie du, so würde ich auch ihn aus den Scheiterhaufen schicken." Als er nach seines Vaters Abgang durch die Niederlande reiste, wetteiferten die gutmütigen Niederländer, ihn durch Feste zu vergnügen. Jede Stadt empfing ihn anders. Er aber ärgerte sich über die Fröhlichkeit, sprach mit keinem von ihnen — denn er verstand nur die

10. Die alte Geschichte - S. 136

1899 - Langensalza : Gressler
136 etwas wissen und wissen auch nichts." — Ein ganz vorzügliches Talent besaß er darin, durch einzelne Fragen andere selbst auf das zu leiten, was er lehren wollte, und dann die Fehler derselben aus eine seine Weise hervorzuheben. Daß er sich dadurch auch manche Feinde machte, läßt sich leicht denken; aber ihre Verfolgungen machten auf den weisen Mann keinen Eindruck. Er war viel zu vernünftig, als daß er sich ereifert hätte, und in der That ist seine Seelenruhe bei allen Unannehmlichkeiten bewunderungswürdig. — So ging er einmal mit seinen Schülern über die Straße, und es begegnete ihm ein Mensch, den er kannte und deshalb grüßte. Der Mensch mochte aber den Sokrates nicht leiden können; kurz, er dankte ihm nicht. „Aber, lieber Sokrates," sagten die Schüler, „warum grüßest du auch einen solch unhöflichen Menschen?" „Nun," war die Antwort, „wollt ihr denn, daß ich ebenso grob fein soll?" — Ein andermal kam ihm ein anderer ungeschliffener Mensch entgegen und rannte im Vorbeigehen absichtlich an Sokrates an. Schon wollten seine Schüler dem groben Menschen nacheilen und ihn bestrafen ; Sokrates aber hielt sie zurück. „Nicht doch," sagte er; „wenn euch ein Esel mit dem Mehlsacke begegnet und an euch anrennt, nicht wahr, ihr werdet ihn nicht prügeln? Ich hätte ihm mehr ans dem Wege gehen sollen." — Er hatte eine Frau mit Namen Xantippe, die es herzlich gut meinte, aber sehr launisch und zänkisch war. Indessen, er wußte sich barein zu finden; er ließ sie sprechen, schwieg geduldig dazu, und wenn sie es gar zu arg machte, so ging er weg. Das geschah auch einmal, als sie gerade ganz entsetzlich schalt. Er ging gelassen mit seinen Schülern die Treppe hinunter und aus dem Hause hinaus. Als er aber eben die Hausthür hinter sich zumachte, goß ihm die wütende Frau von oben ans dem Fenster das Waschbecken auf den Kopf. „Dachte ich's doch," sagte er mit der größten Gelassenheit, „auf ein Donnerwetter pflegt es ja immer zu regnen." Vor diesem Sokrates fürchtete sich Alcibiades allein, und ein einziger Blick des weifen Mannes konnte ihn schamrot machen. Dabei war eine recht zärtliche Freundschaft zwischen den beiden so ganz verschiedenen Menschen, dem ältlichen, ernsthaften Sokrates
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