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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 8

1906 - Langensalza : Gressler
8 3. Der Humanismus in Deutschland. Luthers Jugend. Während der Humanismus in Italien vielfach zu einer behaglichen. heiteren Lebensauffassung führte, die oft mit den Gesetzen der Moral und der Religion in Widerspruch stand, regte er in Deutschland die Geister zu ernstem Forschen an. Die deutschen Humanisten, deren bedeutendste Vertreter Johann Geiler von K a is e r s b er g, E r n 3m u § von Rotterdam, und Ulrich non Hutten sind, wandten sich neben dem Studium der klassischen Literatur vor allem auch dem Studium der kirchlichen Be-kenntnisschristeu zu. Sv studierte und übersetzte Erasmus das Neue Testament, während Johann Renchlin als der beste Kenner des Alten Testamentes galt. Durch ihr 'Studium gerieten sie nun oft in Zwiespalt mit den Anschauungen der Kirche, in der damals besonders die Dominikaner, die als Ketzerrichter mit finsterer Strenge ihres Amtes walteten, den neuen, freien Geist zu unterdrücken suchten. Es fehlte daher in jenen Tagen nicht ein Schriften, die bald mit Ernst, bald mit Satire diese oder jene Einrichtung der Kirche befehdeten, und Tausende, die unter dem Drucke der Inquisition oder unter dem Aberglauben ihrer Tage vergeblich nach einem Retter ausschauten, lasen sie mit Vergnügen. Doch so sehr auch diese Bücher die gebildeten Kreise bewegten, ins Volk drangen sie wenig oder nicht. Das Verdienst, den neuen, freien Geist — der frei ist von knechtischer Furcht, aber gebunden durch die Moral und die ewige Grundlage aller Religion: den Glauben an einen lebendigen Gott, den wir unsern Vater nennen — in weite Kreise getragen zu haben, gebührt vor allem einem Manne, der, nachdem er sich selbst in hartem Kampfe zur Klarheit durchgerungen hatte, nicht müde wurde, durch Wort und Schrift feine Lehre zu verkünden. Dr. Martin Luther war der Mann, der von der Vorsehung bestimmt war, die heilige Flamme des Lichts und der Wahrheit, die in Wielifs Hand als Funke steh entzündet hatte und in Hus eine hell aufglühende, strahlende Fackel geworden war. triumphierend durch die Welt zu tragen.

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 38

1906 - Langensalza : Gressler
38 immer ernsthaft und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart machten ließen und von Gatt Offenbarungen durch Träume erwarteten. Es lies ihm bald eine Menge van Menschen nach; alle hatten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen ans. Endlich wnrde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dnlden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Ta er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus) und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Reichen. Einzelne Horden zogen unter Pfeifer, einem weggelaufene» Mönche, der Münzer an Tollkühnheit noch überbot, in die Nachbarschaft aus, plünderten Häuser und Kirchen und kehrten mit Schätzen beladen wieder heim, und mm wollte Münzer das ganze Land aufwiegeln. Er schrieb an die Bergleute im Mansfeldfchen: „Nim ist es hohe Zeit; ganz Deutschland, Frankreich und Welfchland sind wach. Der Meister will ein Spiel mit uns machen, die Bösewichter müssen dran. Die Bauern sind auf, an 300 000 stark, und der Hause wird je länger je größer." So brach er auf und lagerte sich beim Städtchen F r a n k e n h a u s e n in Thüringen. Indessen zogen die benachbarten Fürsten Truppen zusammen, dem tollen Hansen die Köpfe zurecht zu setzen. Johann der Standhafte, Philipp von Hessen und andere führten ein Heer gegen die Aufrührer. Aus Mitleid mit dem verblendeten Volke schickten sie erst einen Edelknaben an sie ab und ließen ihnen Gnade anbieten, wenn sie gleich auseinandergingen und Münzer auslieferten. Dieser erschrak über die Gefahr, in der er schwebte, trat auf und hielt eine feurige Rede an die Bauern, die damit endigte, daß sie sich nur nicht vor den Kugeln der Feinde fürchten sollten, denn die würde er alle mit seinem Ärmel auffangen, und wer in der

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 12

1906 - Langensalza : Gressler
12 sogar mit dem Bettelsacke auf dem Rücken in Erfurt umherlaufen, um Brot, Getreide, Eier, Fische, Fleisch und Geld zusammenzubetteln (denn der Orden der Augustiner ist ein Bettelorden), und dies war ihm um so empfindlicher, da ihn in Erfurt jedermann kannte und nicht selten die Leute mit Fingern auf ihn zeigten. Aber alles erträgt der fromme Mensch leicht, wenn er die feste Überzeugung hat, daß Gott es so haben will, und diese Gewißheit hatte Luther. Hatte er nur irgend Zeit, so saß er über der Bibel, um immer besser den Willen Gottes kennen zu lernen. Dabei mußte er oft höreu, wie die Mönche ihm vorwarfen, man müsse nicht mit Studieren, sondern mit Einsammeln von Eiern, Butter, Brot it. s. w. dem Kloster nützlich zu werden suchen. Sein Gemüt befand sich in einer gar unglücklichen Stimmung. Er machte sich wegen jedes weltlichen Gedankens die allerheftigsten Vorwürfe und glaubte immer, den Vorschriften Gottes kein Genüge zu leisten, so streng er auch die Klostergelübde beobachtete. Dabei kasteite er seinen Körper so ab, daß er nur ganz wenig aß und trank, ja manchen Tag nichts als ein wenig Brot zu sich nahm. Wie aber Gott denen, die ihn mit redlichem Herzen suchen, sich nicht im« bezeugt läßt, so ließ er ihn gutgesinnte Leute finden, die ihm Trost und Mut einsprachen, wenn er vor Angst vergehen wollte. So lebte in demselben Kloster ein alter, ehrwürdiger Bruder, dem er manchmal seine Gewissensangst beichtete. Dieser wies ihr vornehmlich aus das Hauptgrundstück des Glaubens hin, wo es heißt: „Ich glaube an die Vergebung der Sünden." Dieser Zuspruch machte einen tiefen, wundersamen Eindruck aus sein gequältes Gemüt. Ebenso sprach ihm der Vorgesetzte seines Ordens, der ehrwürdige Johannes von Staupitz, Trost ein. Dieser echt-christliche Mann, Professor an der Universität in Wittenberg, zeichnete den frommen Luther bald vor allen andern Mönchen aus und suchte ihn aufzurichten. „Du willst mit Gewalt ein Sünder fein." sagte er einst, „und hast doch feine rechte Sünde. Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Humpelwerk nitd Puppensünden umgehen und aus jedem Gedanken gleich eine Sünde machen." Dergleichen Zuspruch half wenigstens auf eine Zeit; dann

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 44

1906 - Langensalza : Gressler
44 Tür; Suleimcm, des weiten Rückwegs gedenkend, brach auf und zog nach Ungarn zurück. Tie ungarische Krone gab er dem Za-polya als türkischem Vasallen. Dieser behauptete sich als König bis zu seinem Tode (1540); dann erst ging die Krone an Ferdinand über. Sie ist seitdem beim Hause Österreich gebieben. Während so der Kampf uni die Krone Ungarns im Osten tobte, kämpften die Heere Karls in Italien gegen Franz I. von Frankreich und den Papst Clemens, der den französischen König sofort nach seiner Freilassung von seinem Eide losgesprochen hatte. Karl, der ein treuer Sohn der Kirche war. kämpfte nur höchst ungern gegen das Oberhaupt derselben. Aber was hals es? Während er in Deutschland gar zu geiit die Reformation unterdrückt hätte, mußte er es zulasseu daß seine Truppen, denen er gewöhnlich keinen Sold bezahlen konnte, gegen Rom marschierten, die Stadt einnahmen und plünderten und den Papst gefangen nahmen. Er wurde erst wieder freigelassen, als er ein hohes Lösegeld bezahlt hatte. $)ät wechselndem Glücke kämpften dann in Norditalien die deutschen Landsknechte gegen die französischen, bis die Kräfte beider Gegner erschöpft waren. Im Jahre 1529 schlossen sie zum zweitenmal Frieden. Franz gab seine Ansprüche auf Italien auf, behielt aber Burgund, für das er au Karl zwei Millionen Kronen zu zahlen versprach. In demselben Jahre fand in Speier ein für die Reformation sehr wichtiger Reichstag statt. Ter Kaiser, der jetzt dem Papste gern gefällig sein wollte, forderte durch seine Beauftragte, daß die Be-schlüffe des erste» Reichtages zu Speier, die den Fürsten und Reichs-ständen in Sachen der Religion vollefreiheit ließen, aufgehoben würden, und die katholische Reichstagsmehrheit setzte einen Beschluß durch, daß die, welche beim Wormser Edikt bisher geblieben, auch fernerhin mit ihren Untertanen dabei beharren sollten, daß die anderen Stände wenigstens jeder weiteren Neuerung sich enthalten, die M e £ g o 11 e s t> i e n st e nicht mehr abgetan, noch jemand irgendwo n in Hören der M esse verhindert, auch Untertanen eines Standes nirgends von einem anderen Stand gegen jenen in Schutz genommen

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 22

1906 - Langensalza : Gressler
22 uoch nicht aufgebrochen sei. Tas betrübte den guten Luther tief; fast wäre fein Gemüt verzagt. Aber seine Frömmigkeit ließ ihn nicht sinken. „Vater itnb Mutter verlassen mich," rief er aus, beit heiteren Blick gen Himmel gerichtet, „aber der Herr nimmt mich auf!" Und noch über Tische Mürbe ihm von demselben Manne ein zweiter Brief gebracht, er solle doch bleiben, wenn er nocb da wäre, der Kurfürst wolle ihn schützen. Um die Zeit lernte Luther einen Mann kennen, der zur Reformation recht viel mitgewirkt hat, Philipp Melanchthon. Dieser liebe, freundliche Mann war 1497 in Breiten, einem 3tädt= chen im jetzigen Großherzogtum Baden, geboren worben, also 14 Jahre jünger als Luther. Eigentlich hieß er Schwarzerb; aber nach der damaligen Gewohnheit der Gelehrten verwandelte er feinen deutschen Namen in den gleichbedeutenden griechischen. Sein Vater war ein ehrlicher, fleißiger Stückgießer und Waffenschmied und ba= bei ein echtfrommer Mann, der nebst der Mutter den kleinen Philipp schon früh zum Gebete angehalten hatte. Taburch hatte das von Natur sauste und weiche Gemüt des Knaben eine so schöne Richtung für Religiosität erhalten, daß nichts imstatibe war, ihn auf Abwege zu führen. Schon im 11. Jahre hotte er feinen braven Vater verloren: ba gab ihm der Großvater einen treuen und geschickten Mann zum Erzieher, bis er auf eine Gelehrtenschule kam. Hier machte er durch eisernen Fleiß so schöne Fortschritte, daß er schon im 14. Jahre auf die Universität nach Heibelberg gehen konnte. Aber was babei am meisten zu bewunbern ist: er blieb der stille bescheidene Jüngling, der er gewesen war, bildete sich nichts auf fein Wissen ein und gewann dadurch aller Herzen. Jeht wurde er, weil feine ungemeine Kenntnis der griechischen Sprache ihm schon großen Ruf erworben hatte, von Friedrich dem Weisen an die Universität nach Wittenberg berufen. Er war noch nicht 22 Jahre alt. Zufällig war Luther feine erste Bekanntschaft. Bald wurden beide Männer die unzertrennlichsten Freunde. Nur der Tod hat dieses Band für die Erde ausgelöst. Dabei waren sie von ganz verschiedenem Temperamente. War Luther überaus feurig, höchst kräftig, mutig vorwärts strebend, so war bagegen

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 29

1906 - Langensalza : Gressler
29 lägen, als die seinigen erkenne und ob er widerrufen wolle. Tie erste Frage bejahte er; aber wegen der zweiten bat er sich Bedenkzeit aus, die ihm der Kaiser auch gewährte. Erst als er den Saal hinter sich hatte, atmete er wieder frei. Tas sah er nun doch ein, daß es keine Kleinigkeit sei, so vor Kaiser und Reich zu stehen und seine Meinung zu verfechten: so schlimm batte er es sich nicht gedacht. Aber schnell gab ihm der Gedanke an den Beistand Gottes, für dessen Wort er hier zu reden habe, neue Kraft, und er freute sich, als er schon am folgenden Nachmittag um 4 Uhr tuieber zur Versammlung abgerufen würde. Nach-bem er zwei ganze Stnnben braußen hatte warten müssen, nm-brängt von unzähligen Neugierigen, öffneten sich für ihn die Türen, und er trat ein. Schon brannten im Saale alle Kerzen und Fackeln. „Allergnädigster Kaiser, gnädigste Kurfürsten, Fürsten und Herren!" hob er au, „ich erscheine gehorsam auf dem Termine, so mir gestern abenb angesetzt ist, und bitte durch Gottes Barmherzigkeit. Ew. Maj. und ©naben wollten biefe gerechte und wahrhaftige Sache, wie ich hoffe, gncibigst hören; und so ich ans Unverstanb vielleicht einem jeglichen seinen gebührlichen Titel nicht geben ober mich sonst nicht nach Hofgebrauch in Gebärden erzeigen sollte, mir es gnäbigst zugute halten, als der ich nicht zu Hofe gewest, sonbern immer im Kloster gesteckt bin und von mir anders nicht zeugen kann, benn daß ich dem, was von mir bishero mit einfältigem (aufrichtigem) Herzen gelehrt ober geschrieben worben, allein Gottes Ehre und der Christgläubigen Nutz und Seligkeit angesehen und gesucht habe." Dann rebete er von seinen Büchern und von den barin enthaltenen Lehrsätzen, alles in beutscher Sprache. Ta erinnerte man ihn, der Kaiser verstehe bavon nicht viel, er solle boch das mit lateinischen Worten wteberholen. Tas tat er auch, ob ihm gleich wegen des Getümmels sehr heiß war. Nachbem er lange überaus bescheiben gesprochen hatte, siel ihm der Vikar in die Rebe und verlangte eine runbe, richtige Antwort, ob er wiberrufen wolle ober nicht. „D eil benn", antwortete Luther, „kaiserliche Majestät, Kur- und Fürstliche Gnaden eine schlichte, einfältige, richtige Antwort begehren, so will ich eine geben, die Weber Hörner noch Zahne haben soll, nämlich

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 89

1906 - Langensalza : Gressler
89 des Glaubens" gab. Aber die Freundschaft dauerte nicht lange. Heinrich hatte auf Befehl seines Paters schon im 18. Jahre die 24jährige Prinzessin Katharina von A r a g o n i e n heiraten müssen, die ihm bald zuwider geworden war. Indessen hatte er sie aus Gefühl der Pflicht geduldet; sie hatte ihm auch nie Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben, und er hatte eine Tochter von ihr, welche M a r i a hieß. Plötzlich aber, nachdem er schon 18 Jahre lang mit ihr verheiratet gewesen war, behauptete er, die Ehe mit ihr sei unrechtmäßig, weil sie srüherhiu seines verstorbenen Bruders Frau gewesen sei. Ter eigentliche Grund war wohl, daß eine Hofdame seiner Frau, A u n a Boleyn (sprich Bullen), ihn durch ihre Schönheit und Liebenswürdigkeit so bezaubert hatte, daß er seine Frau los sein wollte, um jene zu heiraten. Aber um sich scheiden zu lassen und eine andere zu nehmen, war die Erlaubnis des Papstes nötig. Dieser hätte es wohl auch bewilligt; aber Katharina war Kaiser Karls V. Tante, und der nahm sich ihrer daher an und drohte dem Papste, wenn er die (Scheidung ans-rechen würde. Geradezu wagte indessen der Papst nicht, dem Könige von England sein Gesuch abzuschlagen: er stellte sich daher, als wollte er die Sache erst untersuchen und hielt ihn damit gegen vier Jahre hin. Endlich riß dem leidenschaftlichen Heinrich die Gednld. Er brach die Unterhandlungen mit dem Papste ganz ab, und da ein kluger Geistlicher, Crannter (der Erzbischof von Eanterbury) auf den Einfall kam, der König könne ja bei den Universitäten sich Rats erholen, ob es unrecht sei, sich von Katharina zu scheiden und Anna Boleyn zu heiraten, so ergriff er diefen Rat geschwind. Zu seiner großen Freude sprachen auch die Universitäten ganz so, wie er gewünscht hatte. Sie erklärten die Ehe mit Katharina für-unrechtmäßig und die mit jeder andern für erlaubt. Katharina weinte bittere Tränen und beschwor ihren Gemahl, sie doch nicht zu verstoßen. Aber Heinrich war unerbittlich, und so erhielt sie die Weisung, sich nach einem der königlichen Lustschlösser zu begeben, wo sie vier Jahre später gestorben ist. Heinrich heiratete gleich nach Katharinas Verstoßung Anna Boleyn und fühlte sich überaus glücklich. Aber aus den Papst war

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 93

1906 - Langensalza : Gressler
93 Ehe mit Anna von Cleve wurde sofort wieder durch einen Parlamentsbeschluß geschieden. Heinrich tröstete sich bald über den Mißgriff und heiratete als fünfte Frau eine vornehme Engländerin, K a 1 h a r i n a Howard (sprich hauherd) mit welcher er anfangs überaus glücklich lebte. Noch war aber kein Jahr vergangen, da entdeckte er, daß sie eine lasterhafte Person war. die ihre Neigung andern Männern geschenkt hatte. Da er sie aufrichtig geliebt hatte, so stand er wie vernichtet da; lange konnte er kein Wort hervorbringen, und endlich brach er in Tränen aus. Aber die Verbrechen der Königin waren so offenbar und der Stolz und die Ehre des Königs so stark beleidigt, daß er dem Gerichte freien Lauf lassen mußte, welches sie zum Tode verurteilte. Man hätte glauben sollen, nun wäre das Heiraten dem Könige verleidet gewesen. Aber wenige Jahre darauf vermählte er sich mit der Witwe eines Lords. Katharina P a r r (sprich pürr), und wirklich hat er mit keiner seiner vorigen Frauen so glücklich gelebt wie mit dieser. Sie war aber auch eine Frau von hoher Geistesbildung und vielem Verstände und wußte ihn zu behandeln und sich in seine Launen zu schicken. Dennoch wäre sie einmal beinahe schlecht angekommen. Heinrich wurde im Alter so verdrießlich und grausam, daß alle vor ihm zitterten. Nur seine treue Frau hielt bei ihm aus, pflegte ihn mit Sorgfalt, unterhielt ihn und war die Sanftmut und Folgsamkeit selbst. Am liebsten sprach Heinrich über theologische Gegenstände, über die er seine eigenen, sonderbaren Begriffe hatte, die er aber für uuwidersprechlich richtig hielt und worin ihm niemand widersprechen durste. Bei einer solchen Unterredung legte ihm Katharina auch ihre Meinung einmal vor, ohne sich dabei etwas Arges zu denken. Aber seine Augen wurden immer stierer, und als sie fort war, teilte er seine Entdeckung seinem Beichtvater mit, der ihn noch mehr ausbrachte und ihn bat, der Königin als Ketzerin den Prozeß machen zu lassen, denn je höher sie stände, desto größeren Eindruck würde ihre Bestrafung machen. So wurde also der Prozeß eingeleitet, ohne daß tue- Königin etwas ahnte. Zufälligerweise ließ der Kanzler das Papier, auf dem die Anklage

9. Geschichte der neueren Zeit - S. 97

1906 - Langensalza : Gressler
duldsamen Vorsätze hindern: die Wahl eines Mannes. Sie erklärte sich für Philipp Ii., Karls V. einzigen Sohn. Die Verwandtschaft mit ihm, die Gleichheit des Glaubens, seine vornehme Geburt und seine Jugend (er war erst 26 Jahre, sie schon 38 alt) empfahlen ihn vorzüglich. Ganz England war über diese Heirat ausgebracht; man fürchtete den Stolz und die Grausamkeit des heimtückischen Philipp. Diese Stimmung benutzten Sussolk und noch andere ehrgeizige Männer, einen Ausruhr zu erregen, aber nur zu ihrem und der armen Johanna Unglück. Maria unterdrückte die Unruhen schnell, Sussolk und die anderen wurden hingerichtet und nun auch der Johanna und ihres Mannes Tod beschlossen, so unschuldig beide auch an der Unternehmung ihres Vaters waren. Johanna empfing die Nachricht von ihrer Verurteilung mit großer Ruhe und beklagte mehr als sich ihren jungen Gatten und besonders ihren Vater, den der Vorwurf peinigen mußte, seine Tochter aufgeopfert zu haben. Maria honte, sie wenigstens im Angesichte des Todes zu der römischen Kirche herüberzuziehen, und schickte einen gelehrten und seingebildeten Geistlichen zu ihr. Sie empfing ihn mit einer Milde und Zartheit, die ihn selbst tief bewegte. Mit ihm über Religion Zu streiten, vermied sie. Sie habe, sagte sie, die wenigen übrigen Stunden nötig, sich zu sammeln und auf den wichtigen Schritt vorzubereiten. Er glaubte in diesen Worten ihren Wunsch zu erkennen, daß die Hinrichtung aufgeschoben würde, und bewirkte ihr eine Frist von drei Tagen. Sie war ihr willkommen. Bei den wiederholten Besuchen verteidigte sie gegen den Geistlichen ihren Glauben mit Gewandtheit und Beredsamkeit, und schrieb an ihren ehemaligen Lehrer, der aus Furcht seinen Glauben gegen die katholische Lehre ausgegeben hatte, einen bitteren Brief, der mit den innigsten Bitten, zur Wahrheit zurückzukehren, endigte. Auch an ihre Schwester schrieb sie einen rührenden Abschiedsbrief und beschwor sie, dem evangelischen Glauben treu zu bleiben. So kam der Tag des Todes heran. Guilsord Dudlet) sollte Zuerst sterben. Er wünschte Johanna noch einmal zu sehen. Sie fürchtete aber das Ergreifende der Abschiedsszene und ließ ihn bitten, Meisterwerke. Bd. Ix. Nösselt, Weltgeschichte 111. 7

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 68

1906 - Langensalza : Gressler
68 Rede. Er erzählte, wie er seit seinem 16. Jahre unablässig mit der Regierung seiner weitläufigen Staaten beschäftigt gewesen sei und für sich fast gar keine Zeit übrig behalten habe. Überall habe er gesucht, mit eigenen Augen zu sehen, und sein Leben sei daher eine stete Pilgerfahrt gewesen. Jetzt erinnere ihn seine Hinfälligkeit, jüngeren Schultern die Last zu übergeben. Habe er während feiner vielen Regieruugsgeschäste etwas Wichtiges versäumt oder etwas nicht recht gemacht, so bitte er alle, die dadurch gekränkt worden, recht herzlich um Verzeihung. Er werde seiner treuen Niederländer bis an sein Ende stets in Liebe gedenken und für sie beten. Nun wendete er sich an seinen Sohn, der sich aus ein Knie vor ihm niederließ und seine Hand küßte. „Sieh, mein Sohn," sprach er, „du wärest mir schon Tank schuldig, wenn ich dir nach meinem Tode so blühende Länder hinterließe; aber ich übergebe sie dir noch bei meinem Leben. Regiere deine Untertanen mit Gerechtigkeit und Güte, wie ein Vater feine Kinder." Wenige Monate später übergab ihm Karl auch die Regierung von Spanien und eilte nun nach seinem Zufluchtsorte, den er sich in der wildesten Gegend Spaniens, bei dem Kloster San Inste in Estremadura, nahe an der portugiesischen Grenze, erwählt hotte. A der der undankbare Philipp kümmerte sich wenig um seinen Vater, sobald er erst die Regierung erlangt hatte; selbst den ans-bedungenen Jahrgehalt zahlte er ihm höchst unordentlich aus. Ju S. Juste lebte er in dem kleinen Häuschen, welches er sich neben dem Kloster hatte bauen lassen, ganz einsam und brachte den Tag abwechselnd mit Beten, Drechseln, Uhrmachen und Gartenarbeit zu. Endlich kam er auf die sonderbare Idee, noch bei seinem Leben ein feierliches Totenamt halten zu lassen, als wenn er gestorben wäre. Er legte sich in einen offenen Sarg und ließ diesen von den Mönchen in die schwarz aufgeschlagene Kirche tragen, Tranerlieder fingen und Seelenmessen lesen. Rings umher brannten Wachskerzen, und eine Trauermufik hallte schwermütig durch das hohe Kirchengewölbe. Das alles machte einen tiefen Eindruck auf fein Gemüt, daß er wenige Tage darauf wirklich starb (1558).
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