Ständische Verfassungen in Deutschland. 135
Die Angelegenheiten des Bundes werden durch eine Bundes-
versammlung zu Frankfurt am Main besorgt, in welcher alle Glieder
des Bundes durch ihre Bevollmächtigten theils einzelne, theils Ge-
sammtstimmen führen (im Plenum 70, in dem engern Rathe 17).
Alle Mitglieder des Bundes haben gleiche Rechte. Sie sind ver-
pflichtet, sowohl ganz Deutschland, als jeden einzelnen Bundesstaat
gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegen-
seitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen; sie
dürfen einander unter keinerlei Vorwand bekriegen, noch ihre Strei-
tigkeiten mit Gewalt verfolgen, sondern müssen deren Entscheidung
durch die Bundesversammlung vermitteln lassen. Das Bundescon-
tingent wurde auf 300,000 Mann verschiedener Waffengattungen
festgesetzt und in 10 Armeecorps nebst einer Reserve-Division getheilt,
wovon Oesterreich und Preußen je 3, Baiern 1 zu stellen haben, zu
Bundesfestungeu wurden Luxemburg, Mainz und Landau bestimmt,
zu denen später Germersheim, Rastatt und Ulm hinzukamen.
In dem 13. Artikel der deutschen Bundesacte war auch die
Einführung landständischer Verfassungen in aller: Staaten Deutsch-
lands verheißen, aber da über das Prinzip dieser Verfassungen rrichts
Näheres festgesetzt war, so war die Ausführurrg dieses Artikels der
Bundesacte sehr verschiedenartig: in Oesterreich blieberr die alten
Postulaten - Landtage der einzelnen Provinzen mit dem Rechte der
Steuer ver the i lung und Berathung über Provinzial - Angelegenhei-
ten, Preußen erhielt zunäckst ebenfalls Provinziallandtage mit begut-
achtendem Einfluß ans die Gesetzgebung, eben so Holstein, die mei-
sten übrigen erhielten allmälig besondere Versassungsgesetze. In
vier deutschen Staaten: Braunschweig, Sachsen, Hessen-Cassel
und Hannover, war die Einführung constitutioneller Verfassun-
gen nach dem Beispiele der Pariser Julirevolution (1830) durch
innere Unruhen herbeigeführt worden. Hannover verlor jedoch,
als es 1837 von Großbritannien getrennt wurde und König Ernst
August (ff 1851) zur Regierung gelangte, die kaum in's Leben getre-
tene Verfassung wieder, welche nach langem Streite mit den Stän-
den durch eine andere ersetzt wurde. In Preußen bildete König Frie-
drich Wilhelm Iv., der seinem Vater 1840 in der Regierung folgte,
aus den sämmtlichen Mitgliedern der 8 Provinziallandtage einen
„vereinigten Landtag", dem er das Recht der Bewilligung neuer
Steuern und Anleihen verlieh (1847).
Ein wichtiger Schritt für die Herstellung einer größeren Ein-
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Extrahierte Personennamen: Ernst August Wilhelm_Iv. Wilhelm_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankfurt_am_Main Deutschland Oesterreich Baiern Luxemburg Mainz Landau Germersheim Rastatt Oesterreich Holstein Sachsen Hessen-Cassel Hannover Pariser_Julirevolution
62
Friedrich Wilhelm Iv. Die Verfassung. §. 15.
Entwicklung durch Vereinigung der acht Provinziallandtage zu einem „vereinigten Landtage" (bestehend aus: a) der Herren-Curie, b) der Curie der drei Stände: Ritterschaft, Städte und Landgemeinden) mit dem Rechte der Bewilligung neuer Staats-Anleihen in Friedenszeiten, so wie der Zustimmung zur Einführung neuer oder der Erhöhung bestehender Steuern. Erst die Rückwirkung der Februar-Revolution in Paris (1848) führte die Berufung einer Nationalversammlung zur Vereinbarung der Verfassung des preußischen Staates herbei. Diese Versammlung ward jedoch in Folge wiederholter Tumulte in der Hauptstadt erst aus dieser (nach Brandenburg) verlegt, dann aufgelöst und vom Könige selbst eine neue Verfassung gegeben und (nach ihrer Revision 1850) beschworen.
Zufolge der revidirten Verfassung übt der König die gesetzgebende Gewalt gemeinschaftlich mit dem allgemeinen Landtage, welcher in das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten zerfällt. Das Herrenhaus besteht lseit seiner Umgestaltung 1852) außer den großjährigen königlichen Prinzen theils aus erblichen, theils aus vom Könige auf Lebenszeit ernannten, theils aus gewählten Mitgliedern. Das Haus der Abgeordneten besteht aus indirekt gewählten Mitgliedern, indem die (wenigstens 24 Jahre alten) Urwähler „Wahlmänner" ernennen, und diese die Abgeordneten wählen. Die Urwähler werden nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden Staatssteuern in 3 Abtheilungen getheilt.
Eine gleichzeitig in Frankfurt zusammengetretene „verfassunggebende Versammlung" von Abgeordneten aus ganz Deutschland beschäftigte sich unter heftigen Parteikämpfen mit der Berathung der deutschen Reichsverfassung; die auf Grund derselben dem Könige Friedrich Wilhelm Iv. angebotene erbliche Kaiserwürde in Deutschland wurde von diesem abgelehnt und die Versammlung durch Abberufung der Abgeordneten Seitens der Regierungen aufgelöst. Ein angeblich zum Zwecke der Durchführung der beschlossenen Reichsverfassung in Sachsen, in der Pfalz und Baden ausgebrochener Aufstand, zum Theil republikanischen Charakters, ward von preußischen Truppen fettn Rhein unter Anführung des Prinzen Wilhelm von Preußen) unterdrückt.
Eine fernere Erweiterung des Staatsgebietes erfolgte durch die Vereinigung der beidenfürftenthümerhohenzollern-Hechingen und -Sigmaringen mit Prenßen (1849) und durch die Erwerbung eines kleinen Gebietes am Jahdebufen zur Anlage eines Kriegshafens (1853). Dagegen wurde das Souveraiuetätsrecht über (das 1848 abgefallene) Neuenburg und Valeudis aufgegeben (1857).
Die Ruhe nach Außen hin wurde nur durch einen kurzen, in seinem Endresultate erfolglosen Krieg gegen Dänemark (1848
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Friedenszeiten Paris Brandenburg Frankfurt Deutschland Deutschland Sachsen Baden Rhein Neuenburg
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
382
welchem England so viele Ziege erfocht und Eroberungen machte, daß es seit der Zeit übermächtiger zur See wurde als je vorher. An den Erfolgen dieses Krieges hatte einer der berühmtesten englischen Minister, der ältere Pitt, später zum Lord Ehatam ernannt, durch kräftige und weise Leitung einen bedeutenden Anteil. In dem zu Paris geschlossenen Frieden mußte Frankreich an England Kanada und Neufundland abtreten und allen Ansprüchen auf deu Ohio entsagen.
So oorteilhaft auch dieser Krieg für England ausgefallen war, so hatte er doch diesem Lande große Summen gekostet, und die hohe Lchuldenmasse war dadurch vermehrt worden. Dies nahm es zum Vorwande, zu verlangen, daß seine Kolonien in Amerika, um derentwillen doch eigentlich der Krieg geführt war, die Kosten ihrer Verteidigung und Verwaltung selbst aufbrächten. Dabei vergaßen die Engländer (Lord Granville), welch großen Gewinn sie aus der Handlung mit ihren amerikanischen Kolonien zogen. Diese würden auch der Forderung sich wohl unterworfen haben, hätte nicht England die unweifeften Maßregeln dazu ergriffen und ihnen willkürliche Abgaben aufgelegt. Die ersten Abgaben, die England den Amerikanern 1764 auffegte, wurden, obgleich mit Murren, ertragen; als aber 1765 eine Verordnung erschien, daß alle kaufmännischen und gerichtlichen Verhandlungen in Amerika auf Stempel-pavier geschrieben werden müßten (d i e S te m p e l a kt e,) entstand eine allgemeine Unzufriedenheit; denn täglich kamen bei diesen Handel-Treibenden Leuten dergleichen Verschreibungen vor. Man druckte diese Verordnung auf Papier mit schwarzem Rande, darüber einen Totenkops, und mit der Inschrift: „Torheit Englands und Untergang Amerikas!" wurde sie in den Straßen von New-Aork ausgerufen. Aber dabei blieb es nicht. Der Widerstand gegen diese verhaßte Maßregel zeigte sich in allen Ständen. An dem Tage, wo die Akte eingeführt werden sollte, wurde in mehreren Städten, wie zu einem Leichenbegängnisse, mit den Glocken geläutet und in einer Stadt wurde gar ein förmlicher Leichenzug gehalten. Voran schritten zwei Männer mit gedämpften Trommeln; dann kam ein Sarg, auf welchem mit großen Buchstaben das Wort Freiheit
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Extrahierte Personennamen: Granville
Extrahierte Ortsnamen: England Lord_Ehatam Paris Frankreich England_Kanada Neufundland Ohio England Amerika England England Amerika Englands Amerikas New-Aork
Das Lehenswesen. 6. 2t
schaften zur Aufgabe der Mnche machte. Seme fr das von ihm gestiftete Kloster Monte-Easino bei Neapel entworfene Regula" ging allmhlich in alle abendlndischen Klster der. Sie ver-pflichtete die Eintretenden zu dem Versprechen, lebenslnglich im Kloster zu bleiben und zum dreifachen Gelbde der persnlichen Armuth, der Keuschheit und des unbedingten Gehorsams gegen die Oberen.
Ii. Verfassung.
a) Das Lehenswesen. Der König theilte das bei der Er-oberung in Besitz genommene Land mit seinem Gefolge, jeder erhielt ein Loos, Allodium, als erbliches Grundeigenthum zur beliebigen weitern Vertheilung. Die Könige, welche bei dieser Vertheilung ein greres Grundeigenthum erhielten, als die Glieder ihres Gefolges, konnten die Kronlndereien wegen ihrer groen Ausdehnung und weit zerstreuten oder entfernten Lage nicht selbst bewirtschaften und gaben daher den grten Theil derselben Einzelnen ihrer Getreuen", Bassen oder Vasallen genannt, als Lehen (feudum oder beneficium) zur lebenslnglichen Nutznieung gegen das Versprechen der Treue und des Kriegsdienstes. Die Lehen waren anfangs nicht erblich, doch wurde die Erblichkeit derselben allmhlich theils von den Knigen zugegeben, theils von den Vasallen usurpirt. Dieses Lehenswesen hat sich in allen germanischen Reichen von lngerer Dauer, vorzg-lich bei den Franken, Angelsad)sen und Longobarden, ausgebildet.
b) Die Rechtsversassung. Bis um die Mitte des 5. Jahr-Hunderts blieb das Recht der germanischen Stmme ein ungeschrie-benes, welches auf dem Herkommen beruhte und sich durch Tradition fortpflanzte. Bei dem Zusammenleben mit Vlkern anderer Abstam-mung und bei dem stetigen Zunehmen der kniglichen Gewalt, die nicht mehr ans der Wahl des Volkes, sondern auf dem (bereits unbe-strittenen) Erbrechte beruhte, entstand das Bedrfni, wenigstens die privatrechtlichen Befugnisse der freien Männer durch Aufzeichnung vor der zunehmenden Willkhr der Könige zu sichern. So entstanden seit dem Ende des 5. Jahrhunderts bei den verschiedenen im frnkischen Reiche vereinigten Vlkern (den Saliern, Ripuariern, Burgundern, Alemannen, Baiern), so wie bei den Longobarden und Westgothen, in lateinischer Sprache aufgezeichnete Volksrechte (leges).
Diese Gesetze enthalten fast nur Strafbestimmungen. Als Beweise galten bei Civilsachen Zeugen und Urkunden, welche meist der Klger beibringen mute, bei
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
Geschlecht (WdK): Mädchen
r
Ho Die neueste Zeit.
vor: Statthaltern regiert wurden. Als nun das englische Parlament diesen Kolonieen willkürlich Steuern und Zölle auflegte betrachteten dies die Amerikaner als einen Eingriff in ihre Reckte^ und namentlich verhaßt war ihnen der eingeführte Theezoll.^ Als ihre Beschwerden keine Berüch'ichtigung fanden, erklärte ein Kongreß zu Philadelphia (1776) die 13 vereinigten Pro-vinzen Amerikas für unabhängig von England. In dem nun ausbrechenden Kriege zeichnete sich besonders der amerikanische Anführer Georg Washington aus/wahrend Benjamin Franklin, der Erfinder des Blitzableiters, Frankreich und Spanien zum Beistände bewog. Das bei aller Begeisterung für ihre Freiheit doch ruhige und besonnene Auftreten der Amerikaner fand in ganz Europa, sogar auch teilweis in England (Pitt), Be-1783. Minderung. Endlich erkannte England im Frieden zu Versailles die Unabhängigkeit der nordamerikanischen Freistaaten an.
Der nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg war das erste Ringen der jungen Freiheit gegen die alten Rechte und Einrichtungen, deshalb hat er für Europa so große Bedeutung.
Iv. Abschnitt.
P i c neueste e i t.
Bis 1871.
A. Die französische Revolution.
§• 93. Die Anfänge der Revolution öis zur Atuchl Ludwigs Xyi.
Durch Ludwig Xv. war das Königtum allgemeiner Verachtung preisgegeben worden; dazu kam noch, daß geistreiche Schriftsteller wie Voltaire, Montesquieu und Roufseau in ihren Schriften, welche gierig gelesen wurden, das Königtum überhaupt als eine unnatürliche Einrichtung angriffen und ebenso die Religion und die bestehenden bürgerlichen Einrichtungen anfeindeten. Dadurch untergruben sie Sitte und Ordnung und verwirrten Glauben und Gewissen. Diese sogenannte „Aufklärung" verbreitete sich von Paris aus nicht nur über Frankreich, sondern über ganz Europa; ihre Wurzel aber hatte keine sittliche Kraft, sondern ihr Streben ging nur auf Zerstörung alles Bestehenden, und darum hat nur weniges von den Einrichtungen jener Zeit steh erhalten können. Die sittliche Kraft und Vaterlandsliebe der Fürsten und Völker trat der französischen Revolution entgegen und vernietete ihren Einfluß.
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424
•mit heiligen Bildern zu schmücken, aber nur g Malte waren gestattet.
Später kamen auch geschnitzte und gehauene Bilder hinein, wie man
sie in den heidnischen Tempeln gehabt hatte, und wie es zur Heiden-
zeit gewesen; man schrieb allmählichdiesen Biloern Wunderkräfte zu,
als ob sie heilen, helfen könnten, als ob das vor ihnen ausgesprochene
Gebet kräftiger und besonders verdienstlich sei. Auch die Reliquien
(Überbleibsel heiliger Personen) wurden Gegenstände unchristlicher Ver-
ehrung. Schon Muhamed konnte die Christen, und nicht mit Unrecht,
der Götzendienerei zeihen. Die Geistlichkeit ließ es geschehen; denn
schon hatte das Salz angefangen, dumm zu werden. Verständige
Priester wollten dem abergläubischen Unfug steuern; da brachen furcht-
bare Empörungen aus; man schrie, als sei das Christenthum in Ge-
fahr, die Christen wütheten gegen einander, wie es kaum je die Heiden
gegen sie gethan, bis endlich der Bilderdienst den Sieg davon trug,
und zu Ehren dieses Sieges ein Fest der „Rcchtgläubigkeit" eingesetzt
wurde (842). Das kam daher, weil weder das Volk, noch auch die
Geistlichkeit im Allgemeinen ihre Nahrung aus der heiligen Schrift
schöpften, und das Volk sich ganz der Leitung der Geistlichkeit überließ,
diese aber nur darauf bedacht war, die unwissende Menge durch einen
prunkvollen Gottesdienst an sich zu fesseln, und aus ihrem Aberglauben
den möglichsten Vortheil zu ziehen. Für die Geistesbildung des Volkes
geschah fast gar nichts mehr; wenn es nur treulich die heiligen Cere-
monien mitmachte und vor Priestern und Mönchen sich verneigte, so
war's genug. Der edle Kaiser Karl der Große wollte es gern anders
haben; aber was er für den Volksunterricht that, verschwand wieder
nach seinem Tode. Denn nun wurde der Gottesdienst im ganzen
Abendlande in lateinischer Sprache gehalten, die selbst manche Geist-
liche nicht verstanden, und die Predigt fiel allmählich ganz aus, da man
an deren Stelle das sogenannte Meßopfer setzte.
Unter den Geistlichen im Abendlande erfreute sich der Bischof
von Rom eines vorzüglichen Ansehens. Denn derselbe behauptete,
er sei der Nachfolger des Apostels Petrus, und den h. Petrus habe
der Herr zum Fürsten der Apostel eingesetzt, und darum sei er der
vornehmste unter allen Bischöfen; er nannte sich deshalb Papa
(Papst), d. h. Vater (der Christenheit). Das glaubte man leicht, weil
man die h. Schrift nicht kannte, die ja solchen Behauptungen geradezu
widerspricht (Luc. 9, 46—48). Zudem war der Bischof von Nom
von den christlichen Kaisern immer sehr begünstigt worden, weil sein
Ansehen ihrer Herrschaft sehr förderlich sein konnte. Als nun Pipin
auf des Papstes Rath seinen König des Thrones beraubt und sich
zum Könige der Franken gemacht hatte, da ehrten ihn die fränkischen
Könige auf alle Weise und schenkten ihm den ganzen Kirchenstaat.
Endlich erkannten England, Deutschland und die skandinavischen Reiche
ihn als ihren geistlichen Oberherrn an, da sie in seinem Namen be-
kehrt worden waren. Anfangs war in jener rohen Zeit dies hohe
Ansehen des Papstes der Kirche ein mächtiger Schutz; aber es machte
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Große Karl Apostels Petrus Apostel
424
Dichte Urwälder, in denen wilde Indianer ihr Wesen trieben, und
unermeßliche Sümpfe schrecken die ersten Europäer von diesen unwirth-
lichen Gegenden ab, in welchen sie nicht, wie an den schönen Küsten
Mexiko's und Peru's, Gold und Silber zusammenraffen konnten.
Erst 1584 wurde von England aus die erste Colonie gegründet
und zu Ehren der Jungfrau-Königin Elisabeth Virginien genannt.
Dies erste Beispiel fand bald Nachahmung. Zwar hatten die ersten
Colonisten viel von den Angriffen der Wilden zu leiden, allmählig
aber trat ein erträglicher Verkehr, besonders durch den Handel, zwischen
den Ureinwohnern und den Ansiedlern aus Europa ein. Mit jedem
Jahre kamen nun Einwanderer auch von anderen europäischen Nationen
herüber, größtentheils unternehmende, freiheitsliebende Männer, die,
um den kirchlichen oder bürgerlichen Bedrückungen im Mutterlande zu
entgehen, in dem neuen Erdtheile einen Zufluchtsort suchten und fanden.
So entstand eine lange Reihe von Niederlassungen und von An-
siedler-Gebieten oder Provinzen, unter denen Penstlvanien mit der
Haupfftadt Philadelphia sich besonders hervorthat.
Alle Colonisten, aus welchem Lande sie immer waren, erkannten
die Oberhoheit Englands an und trieben fast ausschließlich Han-
del mit diesem Reiche; England seinerseits pflegte auch die nordame-
rikanischen Colonien und schützte sie gegen alle auswärtigen Angriffe.
Es brachte sie durch großen Aufwand zu einer solchen Blüthe, daß die
Zahl der Bürger binnen 150 Jahren zu drei Millionen anwuchs.
Deshalb verlangte aber England auch Abgaben, welche die Ameri-
kaner jedoch nur unter der Bedingung entrichten wollten, daß sie die-
selben durch ihre Abgeordneten, welche man in das englische Parla-
ment aufnehmen sollte, erst bewilligten. England bedachte nicht, daß
den Staatsbürgern, welche gleiche Pflichten haben, auch gleiche Rechte
gebührten, und daß man die Mündiggewordenen auch als solche be-
handeln und ihnen Theilnahme an der Gesetzgebung und Steuerumle-
gung zugestehen müsse; es wies die Forderungen der Amerikaner zu-
rück, legte ihnen die Stempelakte, nach der sie zu allen kauf-
männischen und gerichtlichen Verhandlungen Stempelpapier gebrauchen
sollten, und dann die Zollakte auf, die für die Einfuhr von Thee,
Glas, Papier und Bleiweiß eine mäßige Abgabe verlangte. Der Aus-
führung beider Verordnungen, als ohne ihre Zustimmung gegeben, wi-
dersetzten sich die Colonisten thätlich und wurden in der Überzeugung
von der Rechtmäßigkeit ihrer Forderungen dadurch bestärkt, daß die
Engländer beide Gesetze wieder zurücknahmen, nur daß vom Thee ein
Einfuhrzoll noch entrichtet werden sollte. Als nun 1773 im Hafen
von Boston drei mit Thee beladene englische Schiffe einliefen, wider-
setzten sich die Einwohner der Ausladung, und als diese von dem eng-
lischen Statthalter erzwungen werden wollte, überfiel ein Haufe Ver-
mummter die Schiffe und warf 342 Kisten Thee ins Meer.
Dieser Gewaltstreich war die Losung zu einem Krieges der erst
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Elisabeth
Extrahierte Ortsnamen: England Europa Philadelphia Englands England England England Boston
399
aber auch Gebräuche, Sitten und Lebensart mit sich bringen; denn nach
ihrer Lebensart sind die Bewohner der Erde gar sehr von einander ver-
schieden, und man theilt die ganze Menschheit hiernach in drei Haupt-
klassen: in wilde Völker, Hirtenvölker und gesittete Völker.
Wilde Völker giebt es vorzüglich noch in Australien, in Asien
und Afrika. Sie säen und pflanzen nicht, sie sorgen überhaupt nicht
für die Zukunft, sondern gehen nur dann auf Nahrung aus, wenn der
Hunger sie dazu treibt. Ihre Hauptbeschäftigung ist daher Jagd oder
Fischerei. Sie haben keine Gesetze und keine Obrigkeit; der Stärkste
oder der Geschickteste ist gewöhnlich ihr Anführer, wenn sie auf die
Jagd gehen oder in den Krieg ziehen. — Die Hirtenvölker leben
bloß von der Pflege des Viehes. Sie haben ein Eigenthum, nämlich
ihre He erden, und ziehen mit diesen aus einer Gegend in die andere,
um Weideplätze aufzusuchen, und darum wohnen sie nicht, wie wir, in
festen Häusern, sondern in beweglichen Hütten oder Zelten. — Nur
gesittete Völker bebauen das Feld und treiben allerlei Handwerke
und Künste, sind durch Wissenschaften gebildet, und besitzen also
mehr Verstand und mehr Kenntnisse als die wilden und Hirten-
völker. Sie wohnen in festen Häusern, mehrere Familien bauen sich
nahe bei einander an, und bilden so Dörfer und Städte oder
Gemeinden. Gesittete (civilisirte — cultivirte) Völker haben Obrig-
keiten (Kaiser, Könige, Herzoge, Präsidenten u. s. w.) und leben nach
bestimmten Gesetzen; sie bilden Staaten: Monarchien (absolute
oder konstitutionelle), oder Republiken. —
Die Menschen unterscheiden sich aber auch nach ihrer Körper-
beschaffenheit: nach Gestalt, Hautfarbe, Gesichtszügen, Bildung des
Schädels und der Haare. Diese Unterscheidung nennt man Racen-
Unterschiede, und hiernach theilt man die Menschheit ein in: 1. die
kaukasische Race, mit weißer Hautfarbe, — der schönste und bildungs-
fähigste Stamm (Europa, Westasien, Nordafrika); 2. die Mongolische
Race, mit gelber Hautfarbe, schiefliegenden Augen, hervorstehenden
Backenknochen, flachem Schädel und schwarzem Haar (Süd- und Ost-
asien, Nordeuropa und die nördlichsten Amerikaner); 3. die äthiopische
oder Neger-Race, mit schlvarzer Hautfarbe, aufgeworfenen Lippen und
krausem, wolligem Haar (West- und Südafrika); 4. der amerikani-
sche Menschensiamm, mit rothbrauner Hautfarbe, kleinen, tieflie-
genden Augen, gebogener Nase und schlicht herabhängendem Haar (in
Amerika allein); 5. die malaische Race ist den Negern sehr ähnlich,
nur daß ihr die rothen Lippen und das wollige Haar fehlen, auch ist
ihre Hautfarbe braun (Australien und Südostasien).
Ferner unterscheiden sich die Menschen nach den Sprachen, die
sie reden, und eben nach seiner Sprache kann man den Bildungszustand
eines Volkes am besten beurtheilen; denn die Sprache ist ein Spiegel
des innern, geistigen Lebens des Menschen. Man rechnet auf
der ganzen Erde etwa 3000 verschiedene Sprachen. Viele von diesen
Sprachen, wie die lateinische, sind ausgestorben, d. h. kein lebendes
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Ortsnamen: Australien Asien Afrika Europa Westasien Nordafrika Nordeuropa Amerika
39
Angelegenheiten — der Minister der auswärtigen Angele-
genheiten — der Finanzminister — der Kriegsminister —
der Minister für Handel, Gewerbe, Ackerbau und öffentliche
Arbeiten — und der Justiz min ist er. Unter den Ministern stehen
für die Provinzen die Oberpräsidenten — unter diesen für die Re-
gierungsbezirke die Regierungen — und unter den Regierungen für
die Kreise die Landräthe. Es giebt im Staate 7 Minister, 8 Oberprä-
sidenten, 26 Regierungen und für die 327 Kreise des Staates eben so viele
Landräthe. Leicht ist nun einzusehen, daß die Verwaltung des Staates sehr
viel Geld kostet. Zur Bestreitung dieser Kosten und somit zur Erhaltung
der Ordnung, des Rechtes, des Gesetzes, kurz zur Beförderung
der allgemeinen Wohlfahrt ist jeder Staatsbürger verpflichtet,
nach seinem Vermögen Abgaben oder Steuern an den Staat zu
entrichten. Diese Steuern heißen Staats steuern und sind entweder
1. Grundsteuern, die vom Grund und Boden, oder 2. Klassen-
und Einkommensteuern, welche vom Vermögen oder Einkommen,
oder 3. Gewerbesteuern, die von den einzelnen Gewerben erhoben
werden. Jeder brave Staatsbürger zahlt gerne die ihn treffenden Steuern
und ist auch sonst überall bereit, für die Wohlfahrt des ganzen Staates ,
nach Kräften mitzuwirken. Denn der Staat ist nächst der Familie
und Gemeinde die große Gesellschaft, in welcher Gott unsern Vätern
ihren Wirkungskreis angewiesen hat, in welcher sie mit ihren Fa-
milien Schutz stnden für ihr Leben, ihre Ehre und ihre Habe —
er ist das Land, in welchem wir geboren sind, unsere Kindheit
verleben und für unsern dereinstigen Lebensberuf in so vielen nützlichen
Dingen unterrichtet werden: er ist unser Vaterland. Wie sollten
wir unser Vaterland nicht durch die That lieben? — Jeder aber, der
sein Vaterland und seinen Fürsten liebt, besitzt Vaterlandsliebe
oder mit einem fremden Worte Patriotismus — ist ein Patriot.
Der preußische Staat ist ein Theil von Deutschland, und fast
sämmtliche Bewohner reden die deutsche Sprache. Darum ist
Preußen ein deutscher Staat, und seine Bewohner sind Deutsche.
Aus wie viel Provinzen besteht der preussische Staat? — Wie heissen sie?
— In welcher Provinz wohnen wir? — In welchem Regierungsbezirk?
— In welchem Kreise? — In welcher Gemeinde? — Wie liegen die übrigen
Provinzen von unserer heimathlichen Provinz? — Welche grenzen an unsere
Provinz und welche nicht? — Gieb die Provinzendes östlichen — dann des
westlichen Theiles an! — Gieb die Grösse und Einwohnerzahl des Staates
an! — Wie heissen die bedeutendsten Gebirge des Staates? — Wo? — Wie
heisst das höchste Gebirge? — Gebet jetzt an, was ihr vom Thier-, Pflanzen-
und Mineralreich im Staate wisst! — An welche See grenzt der Staat? —
Wo? — Welche Provinzen haben viele Laridseen? — Wie heissen die Haupt-
flüsse des Staates? — In welcher Richtung und durch welche Provinzen
Liessen sie? — Nennt die Eisenbahnen in Preussen und gebt an, welche
Provinzen sie mit einander verbinden und welche Hauptstädte sie berühren!
— Wie heissen die Hauptstände der Bewohner des Staates? — Wofür sorgt
der Nährstand? — der Lehrstand? — der Wehrstand? — Jeder soll
jetzt angeben, zu welchem Stande sein Yater gehört! — Wie heisst unser
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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and Saar in Westphalen und in der Rheinprovinz. An Salz,
woran besonders die Provinzen Sachsen und Westphalen reich sind,
ist ein unerschöpflicher Ueberfluß vorhanden.
4. Einen großen Reichthum besitzt ferner der Staat an Gewäs-
sern; denn außer der Ostsee und den unzähligen Landseen bewäs-
sern und befruchten das Land: der Rhein, die Weser, die Elbe, die
Oder, die Weichsel und die Memel. Sie nehmen auf ihrem Laufe
sehr viele Bäche und Nebenflüsse auf, und so ergießen sich von den
Gebirgen aus nach dem Meere hin gleichsam Adergeflechte von
Gewässern, die das Land befruchten, der Schifffahrt, dem Han-
del und dem Gewerbe dienen. Gering ist gegen diesen großen Nutzen
der Schaden anzuschlagen, den sie, besonders die großem Flüsse, am
meisten zur Zeit des Eisganges oft an Gärten, Äckern und Wohnungen
anrichten, wenn sie aus ihren Ufern treten und dann die Uferbewohner
fremch nicht selten in große Noth bringen. Aber es wird immer mehr
dafür gesorgt, durch Anlegung von Dämmen und Wehren solchen
Ueberschwemmungen vorzubeugen.
5. Die Bewohner des Staates sind fleißige Menschen; denn
außer dem Ackerbau und der Viehzucht ist die Betriebsamkeit
(Industrie) derselben sehr bedeutend. In den größeren Städten des
Staates ist man fort und fort beschäftigt, aus den Rohstoffen der
Natur Waaren der verschiedensten Art zu verfertigen. Nach der
großen Verschiedenheit in der Beschäftigung kann man die Bewohner
des Staates in verschiedene Berufsarten oder Stände eintheilen.
Da giebt es Bauern und Bürger, Handwerker und Kaufleute, Beamte,
Küi»stler u. s. w. Einfacher aber ist die Eintheilung aller Bewohner
m drei Hauptstände: den Nähr-, Lehr- und Wehrstand.
Der Nährstand ist der zahlreichste, denn zu ihm gehören alle
diejenigen Bewohner des Staates, welche sich entweder mit der Ge-
winnung oder mit der Verarbeitung der Naturprodukte oder
mit dem Verkaufe der Natur- oder Kunstprodukte beschäftigen.
Die Gewinnung der Naturprodukte besorgen: die Bauern und
Viehzüchter, die Obst-, Wein- und Blumengärtner, — die
Jäger, Fischer und Vogelfänger, — die Berg- und Hütten-
leute, die Steinbrecher, die Braunkohlen-, Torf- und Lehm-
gräber. — Mit der Verarbeitung derselben beschäftigen sich die ver-
schiedenen Handwerker, als: Zimmerleute, Schreiner, Schmiede,
Schlosser, Schuster, Schneider u. s. w.; femer die Fabrikanten
und die Fabrik- und Manufakturarbeiter, wie: Branntwein-
brenner, Bierbrauer, Zuckersieder, Eisengießer, Glasblaser,
Papiermacher und Gerber — die Weber und anderen Arbeiter
in Leinen-, Tuch-, Seiden- und^ Baumwollenzeug- oder in
Kattunfabriken; endlich die Künstler, nämlich: Gold- und Sil-
berarbeiter, Metallgießer, Maler, Zeichner, Kupferstecher,
Lithographen, Bildhauer, Baumeister, Maschinenbauer,
u. s. w. Sie alle heißen Gewerbtreibende, und diejenigen Produkte,
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
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