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1. Kleine Lebensbilder aus dem Mittelalter - S. 57

1872 - Elberfeld : Bädeker
Am Mittwoch vor Martinstag, den 7. Nov. 1307, traten die drei Männer, Walther Fürst, Werner Stauffacher und Arnold Melchthal, jeder von zehn Männern begleitet, auf dem Rütli, einer einsamen Wiese am Ufer des Vierwaldstüdter See's, zusammen. Hier stifteten sie einen Bund und schwuren mit ausgestreckten Händen, daß sie alle nach einem gemeinsamen Plan handeln, keiner nach eigenem Gutdünken etwas unternehmen, keiner den andern verlassen wolle: Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, In keiner Noth uns trennen und Gefahr. Das Volk fing an, kecker sein Haupt zu erheben; das reizte Geßler's Uebermnth; um den Gehorsam des Volkes zu prüfen, ließ er auf dem Markte zu Altorf einen Herzogshut auf einer Stange aufstecken und verkündigen. Jeder, der vorbeigehe, sollte diesem Hute dieselbe Ehre erweisen, wie dem Herzoge selbst. Als nun Wilhelm Tell, Walther Fürst's Eidam, mit seinem Knaben vorüberging, ohne dem Hute seine Ehrfurcht zu erweisen, wurde er von den Wächtern ergriffen. Geßler, der zufällig herzukam, befahl dem Tell, der als guter Schütze bekannt war, seinem Sohn einen Apfel vom Haupte zu schießen; dann solle er ohne Strafe davonkommen, wenn er diesen Meisterschuß gethan habe. Tell bat um Gotteswillen, ihn nicht zu einer so unnatürlichen That zu zwingen; Geßler blieb unerbittlich; da schoß Tell und traf den Apfel, ohne den Knaben zu verletzen. Vorher hatte er aber noch einen Pfeil in fein Koller gesteckt, und als ihn Geßler nach der Ursache fragte, wollte er sich anfangs ausweichend entschuldigen; dann aber gedrängt gestand er ein, dieser Pfeil sei für den Landvogt bestimmt gewesen, falls er sein Kind getroffen habe. Da ließ ihn Geßler, der ihm das Leben versprochen hatte, binden, um ihn mit nach Küßnacht zu nehmen und ins Gefängniß zu setzen. Man mußte über den See fahren; auf einmal brach ein wüthenber Winb, der Föhn, los, der dem Schiffe den Untergang drohte. Nur Tell, hieß es, kann in dieser Noth retten; ba hieß Geßler ihn losbinben und ihm die Leitung des Schiffes Übergeben. Tell trieb nun das Schiff dem Ufer zu, und als sie nahe bei einer felsigen Uferstelle waren, der jetzigen Tellplatte, ergriff er Bogen und Pfeil, sprang ans dem Schiff, stieß dieses mit dem Fuß in den See zurück und rettete sich ans Land. Geßler

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 38

1906 - Langensalza : Gressler
38 immer ernsthaft und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart machten ließen und von Gatt Offenbarungen durch Träume erwarteten. Es lies ihm bald eine Menge van Menschen nach; alle hatten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen ans. Endlich wnrde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dnlden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Ta er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus) und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Reichen. Einzelne Horden zogen unter Pfeifer, einem weggelaufene» Mönche, der Münzer an Tollkühnheit noch überbot, in die Nachbarschaft aus, plünderten Häuser und Kirchen und kehrten mit Schätzen beladen wieder heim, und mm wollte Münzer das ganze Land aufwiegeln. Er schrieb an die Bergleute im Mansfeldfchen: „Nim ist es hohe Zeit; ganz Deutschland, Frankreich und Welfchland sind wach. Der Meister will ein Spiel mit uns machen, die Bösewichter müssen dran. Die Bauern sind auf, an 300 000 stark, und der Hause wird je länger je größer." So brach er auf und lagerte sich beim Städtchen F r a n k e n h a u s e n in Thüringen. Indessen zogen die benachbarten Fürsten Truppen zusammen, dem tollen Hansen die Köpfe zurecht zu setzen. Johann der Standhafte, Philipp von Hessen und andere führten ein Heer gegen die Aufrührer. Aus Mitleid mit dem verblendeten Volke schickten sie erst einen Edelknaben an sie ab und ließen ihnen Gnade anbieten, wenn sie gleich auseinandergingen und Münzer auslieferten. Dieser erschrak über die Gefahr, in der er schwebte, trat auf und hielt eine feurige Rede an die Bauern, die damit endigte, daß sie sich nur nicht vor den Kugeln der Feinde fürchten sollten, denn die würde er alle mit seinem Ärmel auffangen, und wer in der

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 33

1906 - Langensalza : Gressler
33 gutdenkende, aber unüberlegte Andreas Bo den st ein, genannt Karl stadt, Professor in Wittenberg. Das erfuhr Luther und wurde entsetzlich böse; denn er fürchtete mit Recht, daß nun alle Welt sagen würde: „Da sieht man, was die neue Lehre anrichtet!" Nun war kein Halten mehr. Ohne erst den Kurfürsten zu fragen, reiste er auf der Stelle nach Wittenberg und predigte acht Tage hintereinander gegen die Unruhen der Bilderstürmer mit solcher Kraft, daß alle zur Ordnung zurückkehrten. Luther blieb nun fortwährend in Wittenberg und wirkte rüstig für die Ausbreitung der Reformation. Wollte er sich von der Arbeit erholen, so drechselte er oder arbeitete in seinem Gärtchen. Im Jahre 1524 legte er das Mönchskleid ab und kleidete sich nun weltlich. Daß er einen schwarzen Anzug wählte und daß Schwarz die Farbe der evangelischen Geistlichkeit geworden ist, hing von einem Zufalle ab. Der Kurfürst nämlich pflegte Luther zu feiner Kleidung dann und wann ein Stück schwarzes Tuch zu schicken, weil dies damals die Hoftracht war, und weil Luther sich so trug, so glaubten auch seine Schüler, sich so tragen zu müssen. — Im Jahre 1525 sagte sich Luther von dem Mönchsstande ganz los und heiratete ein tugendhaftes Fräulein, Katharina von Bora, die früherhin Nonne gewesen war. Er lebte mit ihr überaus glücklich, besonders als er Vater mehrerer Kinder wurde, die er zärtlich liebte, wie einige Briefe an sie beweisen, die wir noch übrig haben*). Späterhin reisten er und Melanchthon in Sachsen umher, um zu untersuchen, *) Katharina war, 24 Jahre alt, 1523 aus Kloster Nimptschen bei Grimma mit acht andern Nonnen entflohen. Luther verschaffte ihnen in Wittenberg Unterkommen in anständigen Häusern. Vergebens warb ein Prediger um ihre Hand, obgleich Luther seine Werbung unterstützte. Glücklicher war Luther selbst. Er wurde mit ihr am 13. Juni 1525 getraut. Sic hatten sechs Kinder, von denen zwei früh starben. Nach Luthers Tode lebte sie noch ein Jahr in Wittenberg. Als die Kaiserlichen (1547) hierher kamen, wanderte sie mit ihren Kindern aus und erfuhr manchen Kummer. Sie kehrte zwar nach Wittenberg zurück, ging aber (1552), durch die Pest vertrieben, nach Torgau. Unterwegs wurden die Pferde scheu: sie sprang aus dem Wagen und beschädigte sich so, daß sie am 20. Dezember 1552 in Torgau starb. Hier liegt sie in der Pfarrkirche begraben. Meisterwerke. Bd. Ix. Nösselt, Weltgeschichte Iii. 3

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 45

1906 - Langensalza : Gressler
45 werden so Uten. Gegen diesen Beschluß legten jedoch fünf Fürsten und vierzehn Reichsstädte feierlichen Protest ein mit der Begründung, daß ein einmütig gefaßter Beschluß auch nur durch einen einmütigen Beschluß wieder aufgehoben werden und daß m Sachen der Religion die Mehrheit überhaupt keine allgemein gültigen Beschlüsse aufstellen könne. Der Name Protestanten, den ihnen die Katholiken darnach gaben, und die Protestationskirche in Speier erinnern noch heute an ihre kühne ^Lat. Da sowohl der Kaiser als auch sein Bruder Ferdinand von Österreich die Annahme des Protestes verweigerte, mußten die Protestanten befürchten, daß sie mit Gewalt die Beschlüsse des zweiten Reichstages zu Speier durchsetzen wollten. Sie schlossen deshalb einen Buud ] da sie ober allein gegen die katholischen yürjten zu schwach waren, forderten sie die Schweizer, die damals, veranlaßt durch den Prediger Huldreich Zwiugli, zum größten Teil eine Lehre angenommen hatten, die mit der Lehre Luthers in vielen Stücken übereinstimmte, zum Eintritt in den Buud aus. Huldreich Zwingli wurde im Jahre 1484 in dem Dorfe Wildhaus im Kanton St. Gallen geboren. Obgleich sein Vater, der Amtmann war, acht Söhne hatte, sorgte er doch, daß sie gut unterrichtet wurden, und schickte Huldreich nach Basel und später nach Bern ans die Schule. Nachdem er in Wien und in Basel studiert hatte, wurde er Pfarrer in Glarus. Hier fiel ihm zum erstenmale eine Bibel in die Hände. Sie wirkte ans ihn ebenso wie aus Luther. Alles zog ihn unwiderstehlich an, und er konnte nicht von ihr wegkommen. Je länger er sie studierte, desto klarer wurde es ihm, daß von vielem, was die katholische Kirche lehrte, kein Wort in der Lehre Jesu stände. Als er dann im Jahre 1516 Prediger in dem berühmten Kloster und Wallfahrtsorte Maria ©insiedeln geworden war, trat er mit Unerschrockenheit zur Verteidigung der Wahrheit aus. Er predigte dem zu Tausenden nach dem Gnadenorte strömenden Volke, daß die Wallfahrten und die anderen äußeren Leistungen keinen Wert hätten, wenn der innere Mensch sich nicht bessere. Wohl mochten die

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 48

1906 - Langensalza : Gressler
48 — „Und was bringst du zurück, wenn dn kommst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Tann küßte er die Kleinen, riß sich los und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit gepreßtem Atem nach, und als er um die Ecke der Straße bog und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte, da hatten sich beide hinieden das letzte Mal gesehen. Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen Kammer auf die Knie und betete zu dem, der im Gebete Kraft gibt: „Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekommen sei. Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappe l, zwischen Zürich und Zug, zur Schlacht gekommen. Tie Züricher wurden von der Übermacht der katholischen Kantone besiegt; mich Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wuuden bedeckt, fein Pferd getötet; zuletzt sank er selbst nieder. Eben erst hatte er einem Sterbenden trostreiche Worte zugerusen. Mehrere der Feinde umstanden den edlen Mann, der mit heiterem Gesicht, den Blick gen Himmel gerichtet, dalag, und fragten ihn, ob er einen Beichtiger verlange. Da er dies, fowie die Anrufung der Heiligen, die man ihm zumutete, ablehnte, rief ihm der Hauptmann Vockinger aus Uuterwalden zu: „So mußt du sterben, du hartnäckiger Ketzer!" und durchstach sein treues Herz. Erst nach der Tat erkannte man ihn, und nuu strömten ans die Nachricht, der Ketzer Zwingli liege draußen erschlagen, Unzählige herbei und starrten mit wahrer Schadenfreude die Leiche des braveu Mannes an. Nur ein einziger zeigte Gefühl; ihm traten die Tränen in die Augen, und gerührt sprach er: „Welches auch dein Glaube gewesen ist, ich weiß, daß du ein frommer Eidgenosse warst. Gott sei deiner Seele gnädig!" Ter Leichnam wurde noch an demselben Tage gevierteilt und verbrannt; aber sein Andenken und seine Lehre vermochten seine Feinde nicht zu tilgen*). Anna Reinhard, Zwinglis Witwe, war eine der wackersten Frauen ihrer Zeit. Sie verband mit seltener weiblicher *) An der Stelle, mo er gefallen ist, steht ein Denkstein, dicht an der Landstraße.

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 49

1906 - Langensalza : Gressler
49 Anmut ein edles, feinfühlendes Gemüt. Ihren ersten Mann verlor sie früh. Sie lebte als Witwe mit ihren Kindern sehr eingezogen in Zürich und war eine der ersten, die sich der durch Zwingli verkündigten evangelischen Lehre zuwandten. Ihre Frömmigkeit. Bescheidenheit und Muttertreue blieben ihm nicht unbekannt, und da ihr Sohn, ein höchst talentvoller Jüngling, Zwinglis liebster Schüler war und er ihn wie seinen Pslegesohn ansah, so wurden dadurch Anna und Zwingli einander näher gebracht. Ihre Vermählung war 1524, als Anna bereits 37 Jahre zählte. Hatte sie ichon vorher eingezogen gelebt, so entsagte sie nun allem kostbaren Schmucke, trug sich ganz einfach, half ihrem Gatten, so viel sie vermochte, in feinen Berufsarbeiten und erheiterte seinen Geist in trüben Stunden. Sie nahm ihm manchen lästigen Besuch ab, stand ihm mit ihren 9tote bei, besuchte die Aranken und war eine Zuflucht der Annen; kein Wunder, daß sie bei Hohen und Niederen in allgemeiner Achtung stand. Am Tage der Schlacht bei Cappel, zu welcher außer ihrem Gatten auch ihr geliebter ältester Sohn und mehrere andere Verwandte ausgezogen waren, fand sie beim Hall der fernen Schüsse im inbrünstigen Gebet allein Trost. Endlich kam die Trauerpost: Zwingli ist gefallen, mit ihm ihr ©ohn, ihr Bruder, ihr Schwiegersohn und ihr Schwager. Dennoch hielt ihr innige» Vertrauen aus Gott sie ausrecht, und gerade der Hinblick auf die verlassenen Kleinen gab ihr die Zuversicht. Golt werde sie nicht verlassen. Ans der Nähe und Ferne bezeigte man ihr die innigste Teilnahme; sie aber entsagte nun jedem Umgange mit der Welt und lebte einzig und allein ihren Kindern und den von ihrem Sohn hinterlassenen Waisen. Ter Nachfolger Zwinglis nahm sie und die Ihrigen in fein Haus auf, und als sie sieben Jahre nach ihrem Gatten starb, wurde der brave Mann (Bullinger war sein Name) der Pfleger und Versorger der verlassenen Kleinen. 6. Vom Reichstag $u Augsburg bis zum Tode Luthers. Auch in Deutschland waren setzt für die Anhänger der Reformation schwere Zeiten hereingebrochen. Ans dem Reichstag in Meisterwerke. Bd. Ix. Nösselt, Weltgeschichte Iii. 4

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 77

1906 - Langensalza : Gressler
77 Holzschnitte werden noch jetzt sehr geschätzt. Ta er in Basel schlecht bezahlt wurde und nicht genug zu tun hatte, machte er sich ans, um als wandernder Maler sich Geld zu verdienen. Er reiste in der Schweiz und in Schwaben umher und bemalte die Häuser reicher Leute vou innen und von außen. Eine wichtige Bekanntschaft machte Holbein nach seiner Zurück-kunst in Basel. Ter berühmte Erasmus, einer der witzigsten und gelehrtesten Köpfe jener Zeit, gewann den jungen Künstler lieb, obgleich eine innige Freundschaft schon wegen der Verschiedenheit des Alters nie zwischen ihnen bestand. Einmal siel dem Maler des Erasmus kleine Schrift: „Lob der Narrheit" in die Hände. Erfand das Buch sehr ergötzlich und versah es sogleich am Rande mit 83 schönen Federzeichnungen. Als man die Arbeit dem Erasmus brachte, freute sich dieser sehr darüber und bat den Maler, die Figuren in Holz zu schneiden, und nachmals wurde das Buch, so oft es wieder gedruckt wurde, immer mit deu'holzschnitten Holbeins versehen. So wie Cranach die Bilder Luthers und Melanchthons vervielfältigt hat, so hat Holbein den Erasmus unzählige Male gemalt. So beliebt auch Holbeiu nun schon durch seine Kunst in und um Basel geworden war, so gab es doch nur sehr geringen Verdienst, denn ein finsterer, bilderseindlicher Geist gewann mehr und mehr die Oberhand. Daher war ihm der Antrag eines englischen Großen, der durch Basel reiste und ihn einlud, in England sein Glück zu versuchen, ganz recht. Taß er Weib und Kinder daheimließ, machte ihm wenig Kummer, so wie ihm denn überhaupt der sanfte, liebenswürdige Charakter Dürers ganz fehlte. Er ließ ihnen seine vorrätigen Gemälde zurück, damit sie durch den Verkauf derselben leben könnten, versah sich mit Empfehlungsschreiben von Erasmus und reiste 1526, 28 Jahre alt, fröhlich vou Basel ab. Wovou unterwegs leben, war ihm nicht bange: sein Pinsel sollte ihn ernähren. Er reiste durch die Niederlande, kam glücklich nach London, ging sogleich zum berühmten Kanzler Thomas Morus, gab hier seinen Empfehlungsbrief von Erasmus ab und wurde sehr freundlich in des Kanzlers Haus aufgenommen. Hier übte er sich im Englischen, lernte die englischen Sitten, um sich öffentlich mit Anstand zeigen

8. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 204

1863 - Essen : Bädeker
204 Übles zuzufügen, aber auch den Vögten zu wehren, das Land zu ver- derben. Und die dreißig andern Schweizer streckten auch die Hände auf und thaten den Eid, wie jene, zu Gott, die Freiheit mannhaft zu be- haupten. Und sie wählten die Neujahrsnacht zum Werk. Dann gingen sie auseinander, jeder in sein Thal zu seiner Hütte und winterten das Vieh. Dem Vogt Hermann Geßler ward nicht wohl, denn er hatte ein böses Gewissen. Es dünkte ihn, als wenn das Volk muthiger einherginge und trotziger aussähe. Darum ließ er den herzoglichen Hut von Österreich erhöhen aus einer Stange in Uri, und befahl, wer vorübergehe, solle demselben Ehrerbietung erweisen. Daran wollte er erkennen, wer wider Österreich sei. Und Wilhelm Tell, der Schütz aus Bürgten, einer von den Männern auf dem Rütli, ging vorüber; aber er beugte sich nicht. Alsbald führten sie ihn gefangen zum Vogt, und dieser sprach ergrimmt: „Trotziger Schütze, so strafe dich deine eigene Kunst! Einen Apfel lege ich auf das Haupt deines Söhnleins Walther, den schieße herab und fehle nicht!" Und sie Landen das Kind und legten auf das Haupt desselben einen Apfel und führten den Schützen weit davon. Er zielte. Da schwirrte die Bogensehne; und der Pfeil durchbohrte den Apfel. Alles Volk jauchzte freudig. Geßler aber fragte den Schützen: „Wozu trägst du noch den andern Pfeil bei dir?" Es antwortete Teil: „Hätte der erste nicht den Apfel getroffen, dann gewiß der andere dein Herz!" Deß erschrak der Vogt und ließ den Schützen greifen und auf ein Schiff führen nach Küßnacht, wohin er selbst zu fahren gedachte. Denn den Tell im Lande Uri einzukerkern, schien wegen des Volkes nicht rathsam; ihn aber in ausländische Gefangenschaft zu schleppen, war wider des Landes Rechtsame. Darum fürchtete der Vogt Zusam- menlauf des Volkes und fuhr schleunig ab, wiewohl der warme Föhn- wind blies. Der See ging hohl und die Wellen schlugen schäumend über, daß Men bange ward, und die Schiffsleute verzagten. Je weiter im See, je größer in Todesnoth; denn da steigen Üferberge jäh aus dem Abgrund des Gewässers wie Mauern zum Himmel. In schwerer Angst ließ Geßler dem Tell die Fesseln abthun, damit derselbe, als guter Schiffer, das Fahrzeug lenke. Aber der Tell lenkte gegen die kahle Wand des Gebirges, wo eine nackte Felsplatte wenige Schritte weit in den See hervortritt. Schwung und Sprung; — der Tell hinaus auf die Platte, das Schiff hinaus auf den Vierwaldstädter-See. Nun kletterte der Erlöste den Berg hinauf und stoh durch das Land Schwyz. Und er dachte in seinem bekümmerten Herzen: „Wohin entstiehen dem Zorne des Gewaltherrn? Und entrinne ich seiner Bos- heit, so hat er in der Heimath mein Weib und Kind zum Pfand. Was wird nicht der Geßler gegen die Meinigen verhängen, wenn Landenberg schon, um zwei gebrochener Finger seines Knechtes willen, dem Alten von Melchthal beide Augen ausbohrte! Wo ist der Richter- stuhl, vor den ich Geßler lade, wenn der König selbst des ganzen

9. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 212

1853 - Essen : Bädeker
212 schm Reiche verbundenen Schweizer, veranlaßte diese zu einer Em- pörung, in welcher sie jene Unabhängigkeit von Deutschland erkämpften, welche bis heute noch besteht. In jener schlimmen Zeit traten zusammen die Kantone von Uri, Schwyz und Unterwalden und beschworen, „in Erwägung böser und gefährlicher Zeiten einen ewigen Bund, sich und die Ihrigen mit Hab und Gut gegen alle und jede, wer sie auch seien, zu vertheidigen und einander mit Rath und Hülfe Leizustehen." Davon wurden sie Eidgenossen genannt. Der Kaiser aber schickte ihnen zu Reichs- vögten harte und böse Leute aus seinem eigenen Lande, die sie drück- ten und quälten. Und er schickte den Hermann Geßler von Brun- negg und den Ritter Bering er von Landenberg. Die thaten, was nie zuvor die Reichsvögte, und wollten im Lande selbst wohnen. 'Lan- denberg zog auf das Schloß dea Königs, bei Sarnen in Oberwälden, und Geßler baute sich einen Zwinghof im Lande Uri. Nun wurden die Zölle erhöht, die kleinsten Vergehen mit Kerker und schweren Bußen bestraft und die Landleute mit Stolz und Verachtung mißhandelt. Als Geßler vor des Stauffachers neuem Hause im Dorfe Steinen vorbei- ritt, sprach er höhnisch: „Kann man's auch dulden, daß das Bauern- volk so schön baue?" Und als Arnold Anderhalden von Melchthal im Unterwaldner Lande, wegen eines geringen Fehlers, um ein Paar schöne Ochsen gestraft wurde, riß Laudenbergs Knecht die Ochsen vom Pfluge weg und sprach: „Bauern können ihren Pflug selbst ziehen." Aber der junge Arnold, ob der Rede ergrimmt, schlug den Knecht, daß er demselben zwei Finger zerbrach. Darum floh er in's Gebirge. Da ließ der Landenberg zur Strafe dem alten Vater des Arnold beide Augen ausstechen. Und die Vögte und ihre Gesellen verübten Gräuel über Gräuel und schalteten im Lande also, daß sie nicht nur des Vol- kes, von Kaiser und Königen verbriefte Rechte mit Füßen traten, son- dern selbst das ewige Recht verhöhnten, das Gott jeglichem Menschen, wie sein unveräußerliches Gut, gegeben hat. Als nun in den Thälern der Waldstädte Demuth weinte und Hoch- muth lachte, sprach im Dorfe Steinen des Werner Stauffacher Frau zu ihrem Manne: „Wie lange muß Hochmuth lachen und Demuth weinen? Sollen Fremdlinge Herren dieser Erde und Herren unsers Gutes sein? Wozu taugen die Männer des Gebirgs? Sollen wir Mütter an unsern Brüsten Bettler säugen und den Ausländern leib- eigene Mägde erziehen? Das sei ferne!" Daraus ging schweigend der Werner Stausfacher hinab zum Orte Brunnen am See und fuhr über das Wasser nach Uri zum Walter Fürst in Attinghausen. Bei demselben fand er verborgen den Heinrich von Melchthal, welcher vor dem Grimm des Lan- denberg über das Gebirg entwichen war. Und sie redeten von der Noth des Landes und dem Gräuel der ausländischen Vögte. Auch gedachten sie, wie sie gegen die Bosheit der

10. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 213

1853 - Essen : Bädeker
213 Vögte vergebens geklagt hätten vor dem Könige. Sie meinten, der Tod sei viel leichter, als so schmähliches Joch. Darum beschlossen sie, jeder solle in seinem Lande mit vertrauten, herzhaften Männern spre- chen und erforschen, weß Sinnes das Volk sei. Nach diesem kamen sie oft in verabredeten nächtlichen Stunden zu- sammen an einem heimlichen Orte am See. Der lag fast mitten inne zwischen Uri, Unterwalden und Schwyz, auf einer schmalen, um- büschten Wiese, am Fuße der Felsen des Seelisberges, gegenüber dem Dörflein Brunnen. Man heißt ihn vom ausgerotteten Gestrüpp das Rütli; da waren sie von Menschen und Wohnungen weit. Bald brachte jeglicher frohe Botschaft mit: allem Volke sei viel leichter der Tod, als das schmähliche Joch. Wie sie aber im Herbste des Jahres 1307 zusammenkamen, und jeder von den Dreien mit sich zur Matte auf Rütli zehn treue Ehren- männer geführt hatte, entschlossen, die alte Landesfreiheit über alles, das Leben für nichts zu achten, erhoben die frommen Drei ihre Hände zum gestirnten Himmel und schwuren zu Gott dem Herrn: in Treue für die Rechte des unschuldigen Volkes zu leben und zu sterben, alles gemeinschaftlich, nichts eigenmächtig zu wagen und zu tragen, kein Un- recht zu dulden, aber auch kein Unrecht zu thun, des Grafen von Habs- burg Recht und Eigenthum zu ehren und keinem der Königsvögte Übles zuzufügen, aber auch den Vögten zu wehren, das Land zu ver- derben. Und die dreißig andern streckten die Hände auf und thaten den Eid, wie jene, zu Gott, die Freiheit mannhaft zu behaupten. Und sie wählten die Neujahrsnacht zum Werk. Dann gingen sie aus ein- ander, jeder in sein Thal zu seiner Hütte und winterten das Vieh. Dem Vogt Hermann Geßler ward nicht wohl, denn er hatte ein böses Gewisses. Es dünkte ihn, als wenn das Volk muthiger ein- herginge und trotziger aussähe. Darum ließ er den herzoglichen Hut von Österreich erhöhen auf einer Stange in Uri, und befahl, wer vor- übergehe, solle demselben Ehrerbietung erweisen. Daran wollte er er- kennen, wer wider Österreich sei. Und Wilhelm Teil, der Schütz aus Bürglen, einer von den Män- nern auf dem Rütli, ging vorüber; aber er beugte sich nicht. Alsbald führten sie ihn gefangen zum Vogt, und dieser sprach ergrimmt: „Trotzi- ger Schütze, so strafe dich deine eigene Kunst. Einen Apfel lege ich auf das Haupt deines Söhnleins, den schieße herab und fehle nicht!" Und sie banden das Kind und legten auf das Haupt desselben einen Apfel und führten den Schützen weit davon. Er zielte. Da schwirrte die Bogensehne. Da brach der Pfeil den Apfel. Alles Volk jauchzte freudig. Geßler aber fragte den Schützen: „Wozu trägst du noch den andern Pfeil bei dir?" Es antwortete Tell: „Hätte der erste nicht den Apfel getroffen, dann gewiß der andere dein Herz!" Deß erschrak der Vogt und ließ den Schützen greifen und auf ein Schiff führen nach Küß nacht, wohin er selbst zu fahren gedachte.
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