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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 284

1906 - Langensalza : Gressler
284 man die regelmäßigen toolbaten — auf, und biefe erregten einen furchtbaren Aufruhr, weil Sophia ausgesprengt hatte, daß Iwan durch die Familie der Natalia ermorbet fei. Mit toütenben Blicken wälzte sich die Schar nach dem Kreml, um Iwans vermeintlichen Tod zu rächen, und selbst als biefer sich zeigte, hörte der Tumult nicht auf. Die meisten Verwanbten und Räte Nataliens würden grausam ermorbet. Dann riefen sie Iwan zum Baren aus. Er erschien und stammelte: „Ich will euer Zar fein; aber laßt boch meinen lieben Bruder Peter mit mir regieren!" Das ließen sie sich gefallen. Nach zwei Jahren brach unter den Strelitzen ein neuer Tumult aus. Natalia und Peter flohen aus Moskau nach einem festen Kloster. Ihnen folgten die Mürber. Lange suchten sie vergebens; enblich kamen sie in die Kirche. Hier kniete Peter am Altare; feine Mutter staub vor ihm und beckte ihn mit ihren Armen. Aber ein wilber Strelitz rannte auf ihn los und wollte ihm eben das Messer in das Herz stoßen, als ein anberer mit gräßlicher Stimme rief: „Halt, Bruder. nicht hier am Altare! Er wirb uns nicht entgehen.'' In dem Augenblicke erschien die zarifche Reiterei und trieb die Strelitzen auseinanber. Peter war gerettet. Je mehr Übermut, befto mehr Sklavensinn! Tie eben noch so übermütigen Stre- litzen nahten sich balb barauf, 3700 an der Zahl. Je zwei und zwei trugen einen Block und der britte ein Beil. Viele hatten Stricke um den Hals. Sie hatten nämlich, um den Zorn des Zaren zu büßen, den zehnten Mann ausgehoben. Diese nahten sich jetzt. Sie hatten das Abenbmahl empfangen, von ihren Weibern und Kinbern, die dem Zuge weinenb folgten, Abfchieb genommen, stellten sich vor dem Palaste auf und riefen: „Wir finb fchulbig! Der Zar richte nach Gefallen über uns!" Drei Stunben lang überlegte der Hof; enblich würden 30 der Schulbigsten hingerichtet, die übrigen entlassen. Des nun 15 jährigen Peters Liebling war ein Kaufmannssohn aus Genf, Lefort. Nachbcm er feinen Eltern bavongelaufen war und sich in mehreren ßänbern umhergetrieben hatte, war er nach Moskau gekommen und mit dem jungen Zaren bekannt geworben.

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 297

1906 - Langensalza : Gressler
297 sterben sollte. Das Urteil wurde auf der Stelle vollzogen. — Einige Tage darauf hatte ein Dragoner wider Willen seines Wirtes ein Huhn geschlachtet. Auf die Klage des Bauern wurde der Schuldige augenblicklich gehängt. - Solche strenge Gerechtigkeit hielt die Soldaten in Ordnung, und die Sachsen, denen die Großeltern die entsetzlichen Greueltaten der Wallensteiner erzählt und die jetzt ähnliches gefürchtet hatten, konnten sich gar nicht darein finden, den Feind im Lande zu haben und doch ruhiger als im Frieden zu leben. — August verlor nun ganz den Mut und eilte, mit Karl Frieden (Friede von Altranstädt 1706) abzuschließen, und da dieser darauf bestand, daß August der polnischen Krone entsagen müßte, so tat er es mit schwerem Herzen. Dann stattete August dem Könige von Schweden einen Besuch ab > und beide sprachen miteinander als die besten Freunde. Auch erhielt Karl hier einen Besuch vom Herzoge von Marlborougl). Wie mochten beide sich freuen, einander kennen zu lernen! Bon beider Ruhm war Europa voll. Hier sahen sie sich zum ersten- und zum letztenmale. Erst nach einem Jahre ging Karl aus Sachsen zurück. Als er wieder durch Schlesien kam, drängten sich die evangelischen Schlesier von allen Seiten herzu, ihn zu sehen. Das Landvolk fiel. auf die Knie nieder und dankte ihm mit Tränen für die Religionsfreiheit, die er ihnen verschafft hatte, und die Betstunden, die er täglich zwei- bis dreimal halten ließ, wirkten oft auf die Gemüter selbst der Kinder, so daß man noch geraume Zeit nachher bis nach Oberschlesien hinein Kinder von 5—14 Jahren morgens und abends sich auf dem Felde versammeln sah, um gemeinsam Lieder anzu-stimmen. Einen Feind hatte nun Karl noch, den Zaren Peter. Gegeiu ihn machte er sich auf und beschloß, ihm in Moskau einen Besuch zu machen. Peter hatte indessen, während Karl in Polen und' Sachsen umhergezogen war, von den Ländern am Finnischen Meer--bnsen Besitz genommen. Es war längst sein sehnlicher Wunsch gewesen. einen Punkt an diesem Meere zu haben, um aus der Ostsee seine Flotten schwimmen zu sehen. Kaum war daher die schwedische Armee bei ihm vorbeigeslutet, so machte er sich gleich darüber her,.

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 299

1906 - Langensalza : Gressler
299 verbrannten und das ganze Land vollends zur Wüste machten. Dennoch ging Karl immer vorwärts, und jedermann glaubte, er wollte nach Moskau vordringen. Plötzlich aber wandte er sich südlich in die weiten Steppen der Ukraine. Hiermit ging Karls Un-glücksstern auf. Die Ursache dieses Entschlusses war, daß der alte 70 jährige Kosakeuhetmann Mazeppa ihm vorspiegelte, in der Ukraine, wo damals die Kosaken wohnten, wären Lebensrnittel, an denen es jetzt den Schweden so sehr fehlte, in Überfluß und seine Kosaken seien bereit, mit den Schweden gemeinschaftliche Sache zu machen. Das war aber nicht wahr. Mazeppa war ein ehrgeiziger Mann und hoffte sich durch Hilfe der Schweden zum unabhängigen Herrn zu machen. Karl, den alles Ungewöhnliche schnell einnahm, folgte seinem Rate und führte dadurch namenloses Elend für sich und sein Heer herbei. An der Ukraine fand Karl alles anders, als er es sich gcbadit hatte. Überall war drückender Mangel an Lebensmitteln. Die Kosaken weigerten steh, zu den Schweden überzugehen, und blieben den Russen treu; nur wenige folgten Mazeppa. Kart hatte dem General Löwe nh a np t befohlen, ihm einen großen Vorrat von Lebensrnitteln und Pulver aus Kurland zuzuführen; endlich kam er auch bei ihm an; aber die Vorräte hatten ihm der Zar und Menschikow unterwegs am Dniepr abgenommen und ihm in einer Mutigen Schlacht Tausende von Soldaten verwundet und getötet, und die paar Tausend, die er mitbrachte, vermehrten nur die Zahl der Hungernden. Nun kam noch gar der Winter, und zwar mit solcher Strenge, wie man einen erlebt zu haben std) nicht erinnerte. Tausende erkrankten und starben. Was sollten die armen Schweden, entblößt von aller Bequemlichkeit, nun anfangen? Die Generale rieten, schnell umzukehren und sich durchzuschlagen. Aber dazu war der eigensinnige Karl nicht zu bewegen; das sähe ja einer Flucht ähnlich, meinte er, er könne nur vorwärts gehen. So kam man jur Stadt Pultatva und belagerte sie. Schon war die russische Besatzung bis aufs äußerste gebracht, ba rückte Peter schnell heran, um durch eine Schlacht die Entscheibung herbeizuführen. Alles deutete barauf hin, daß die Schweden verlieren würden. Die

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 304

1906 - Langensalza : Gressler
304 Die Russen fielen nun unter Scheremetew in die Moldau ein lind zogen längs dem Prnth hinab. Plötzlich sahen sie sich beim Torfe Falczin von allen Seiten von ungeheuren Schwärmen von Türken und Tataren eingeschlossen. Sie konnten weder vor-noch rückwärts, und alle Lebensmittel waren ausgegangen. Ter Großvezier vernichtete in einer dreitägigen Schlacht 40000 Russen. Peter sah den Augenblick sich nähern, wo er mit allen den Seinigen verhungern oder sich den Feinden ergeben müßte. Er schrieb an den russischen Senat einen Brief, in welchem er seine Lage schilderte und gestand, daß er ohne besondere göttliche Hilse nichts erwarten könne als den Tod oder Gefangenschaft. Aber Katharina half ihm. Sie wußte, wie leicht die türkischen Großen sich bestechen lassen, und schickte einen Friedensboten an den Großvezier mit ihrem Juwelenkästchen und einer großen Summe Geldes ab. Das wirkte. Die Augen Mehemets wurden von den glänzenden Steinen so geblendet, daß er die hoffnungslose Lage der Russen nicht mehr sah und mit Peter schnell Frieden schloß. Auf die erste Nachricht davon warf sich Karl aus sein Pferd, jagte 15 Meilen weit in einem Ritt bis ins türkische Lager und bot Himmel und und Hölle auf, den Vezier zu bewegen, daß er den Frieden breche. „Vertraue mir," sprach er, „20000 deiner Janitscharen und ich liefere dir noch den Zar in deine Hände." — Aber Mehmet blieb dabei: „Der Friede ist geschlossen, und er muß bestehen." Wütend vor Zorn verließ Karl ohne Abschied das Feld des Veziers und verklagte ihm beim Sultan. Dieser setzte ihn ab und verwies ihn: aber der Friede mit Rußland wurde nicht umgestoßen. Keiner heitle sich mehr als Karls Niederlage bei Pnltawa ge-srent als August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwungen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem Zaren und verjagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinsky vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark erklärte den Schweden Jahre nach ihrer Trennung int Kriege erschossen. Peter hatte seine erste Frau schon neun Jahre vorher verstoßen und ins Kloster geschickt.

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 283

1906 - Langensalza : Gressler
283 Kriege zerrütteten Wohlstand wieder zu heben gesucht. Nur für Deutschland hat er so gut wie nichts getan. Er hat bis 1740 regiert. Von seiner Tochter und Nachfolgerin Maria Theresia wird unten mehr die Rede sein. 34, Jugend und erste Regierungszeit Peters des Großen. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts rechnete man die wilden Moskowiter zu den asiatischen Völkern. Kaum wußte man in Europa von ihnen, und es war eine große Seltenheit, wenn einmal ein europäischer Fürst eine Gesandtschaft nach Moskau sandte. Sitten, Kleider, Bildung und Sprache unterschieden sie gänzlich von den gebildeten Völkern, die daher nichts nach ihnen fragten. Da trat Peter der Große auf; anfangs selbst ohne Bildung, strebte er nach solcher mit nie gestillter Wißbegier und tat dann so viel für die Bilbung seines Volkes durch Aufnahme und Nachtübung europäischer Kultur, daß es währenb seiner Regierung Fortschritte machte, zu denen sonst Jahrhunderte nötig sinb. Wenn auch diese Bilbung in vielen Stücken nur scheinbar und äußerer Anstrich der Roheit war, so hat boch Peter es erreicht, daß seit ihm die Russen unter die europäischen Völker eingetreten sind. Er erscheint als einer der großen Männer, deren sich die Vorsehung bedient hat, aus das Glück ganzer Völker einzuwirken. Seine Wißbegierde mag denen zur Beschämung dienen, die so viele Aufmunterung haben, ihren Geist zu bilben, und es nur mit Wiberwillen tun. Währenb der ersten 30 Regierungsjahre Lubwigs Xiv. regierte in Rußlanb der Zar Alexei aus dem Hause Romanow. Als er 1676 starb, hinterließ er mehrere Kinder, von benen der älteste Sohn gebor ihm folgte. Aber er starb schon nach sechs Jahren. Sein Tod ließ Unruhen fürchten; benn er ließ eine ehrsüchtige Schwester, Sophia, einen schwachsinnigen ©ruber, Iwan, und einen zehnjährigen Stiefbrnber, Peter, zurück. Sie blieben auch nicht aus. Zwar riefen die russischen Großen den jungen Peter zum Zaren aus; aber Sophia, die ihn und seine Mutter Natalia bis auf den Tod haßte, wiegelte die S tr elitzen — so nannte

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 391

1906 - Langensalza : Gressler
391 Als beide vor ihm zum erstenmale erschienen, befahl er, drei Gläser Wein zu bringen, reichte jedem eins, nahm selbst das dritte und trank es ihnen zu. In diesem Augenblick wurde er abgerufen. Beide Feinde standen eine Zeitlang mit den Gläsern in der Hand starr und sprachlos einander gegenüber; endlich setzte jeder seiu Glas hin und kehrte dem andern den liefen zu. Peter verstand nicht, sich die Liebe seiner Untertanen zu erwerben. Schon seine deutsche Abkunft, noch mehr der Vorzug, den er seiner holsteinischen Garde vor der russischen gab, seine geringe Achtung vor der Geistlichkeit und den Zeremonien der griechischen Kirche und seine Vorliebe für den damals in Nußland nicht beliebten König von Preußen machten ihn verhaßt. Er liebte Friedrich den Großen so, daß er nicht nur, wie schon gesagt, sogleich Frieden und Bündnis mit ihm schloß, sondern auch dem russischen Militär einen preußischen Zuschnitt geben wollte. Er sprang einmal von der Tafel auf, warf sich, mit dem Weinglase in der Hand, vor dem Bildnisse des Königs nieder und rief: „Mein Bruder, wir werden miteinander die Welt erobern!" und da er außerdem rücksichtslos die russischen Gewohnheiten hintenansetzte und lächerlich machte und eine Menge anderer Torheiten beging, so wandten sich die Russen immer mehr von ihm ab und seiner Gemahlin zu. Katharina bildete sich nun eine Partei, die täglich an Zahl und Gewicht zunahm, und da das Gerücht ging, daß der Kaiser sie in ein Kloster , sperren wollte, glaubte sie, ihm zuvorkommen zu müssen. Durch ihre Freundin, die Fürstin Daschkow, brachte sie mehrere russische Große, die beiden £ rlotr, Offiziere in der Garde, den Grafen Pantn, die vornehmsten Geistlichen und viele andere auf ihre Seite, und alle versprachen ihr Beistand. Um auf das Volk zu wirken, zeigte sie sich oft mit trauriger Miene und Tränen in den Augen. Endlich war alles verabredet unter ihren Vertrauten; man wartete nur auf die Abreise des Kaisers, der gegen Dänemark zu Felde ziehen wollte, als die unbesonnene Schwatzhaftigkeit eines der Mit» wissenden alle in Gefahr brachte. Nur das schleunigste Handeln konnte die Kaiserin und die Verschworenen retten. Die letzteren holten am 9. Juli 1.62 schnell die Kaiserin aus Peterhof, wo sie

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 393

1906 - Langensalza : Gressler
393 sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Beenge. Peter finft in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Ver-schwörnng ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht aus der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz ratlos; noch einmal verlangte er Münnichs Rat. Dieser meinte, noch sei nichts verloren, er solle nach Prenßen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückzukehren; aber Peter konnte sich nicht dazu entschließen und befahl, ihn bei Oranienbaum ans Land zu setzen; denn er wollte mit Katharina unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlassen. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsakte, die er zu unterzeichnen habe Er unterschrieb und wurde zu Wagen nach Peterhof geführt. Hier empfing ihn das unaufhörliche Geschrei der Soldaten: „Es lebe die Kaiserin!" Als er ganz verwirrt ausstieg, schrien sie ihm zu: „Entkleide dich!" Er selbst riß sich das Ordensband, den Degen und den Rock ab und sprach: „Nun bin ich in euren Händen." So ließ man ihn einige Zeit im bloßen Hemde und barfuß stehen, bis er ins Schloß in sichere Verwahrung gebracht wurde. Man führte den Unglücklichen daraus nach einem Landhause, das in der Nähe lag. Da sich gleich in den ersten Tagen unter den Soldaten, die über die rasche Tat Überlegungen anzustellen au-fingen, Bewegungen zeigten, hielten die Verschworenen es für nötig, den Kaiser aus der Welt zu schaffen. Alexei Dr low, ein Bruder de» Günstlings der Kaiserin, begab sich mit einem gewissen Teplow nach dem Kerker Peters und kündigte ihm an, daß sie mit ihm speisen würden. Nach der Gewohnheit der Russen wurden vor Tische Gläser mit Branntwein gebracht. Nachdem Peter das feinige, welches Gift enthielt, getrunken hatte, verlangten sie, daß er ein zweites trinken sollte. Da er dies aber verweigerte, weil er das Gift schon verspürte, wars ihn Orlow, ein riesenstarker Mensch, zu Boden und erdrosselte ihn mit Hilfe -leplow» und zweier Offiziere.

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 395

1906 - Langensalza : Gressler
395 Den zweiten Aufstand erregte 1773 ein gemeiner Kosak Jemeljan Pugatschew. Es war als Landstreicher und Tagelöhner nach Uralsk zu den Kosaken gekommen, die erst kurz vorher wegen eines Aufruhrs streng bestraft worden und daher noch sehr unzufrieden waren. Wegen frecher, aufrührerischer Reden wurde er von Bessergesinnten festgenommen und nach Kasan geführt. Hier sollte er eben bestrast werden, als es ihm gelang, zu entkommen. Er kam zu den übelgesinnten Kosaken zurück und entwarf den Plan zu einem neuen Aufstande. Er gab sich nun für Kaiser Peter Iii. aus. Die Nachricht von seinem Tode sei falsch, sagte er, er sei gerettet worden und werde nun an der Spitze der Kosaken in Rußland vordringen, alles niederwerfen, überall neue Beamte einsetzen und die Krone seinem Sohne Paul übertragen. Die Kosaken glaubten ihm, und sein Anhang mehrte sich von Tag zu Tage. Er bemächtigte sich mehrerer kleinen Festungen, schlug die gegen ihn gesandten Herrhaufen und wurde wirklich von den unwissenden Umwohnern des Flusses Ural für den Kaiser gehalten. Überall, wohin die wilden Aufrührer kamen, wurde fürchterlich gehaust. Kasan wurde erstürmt und verbrannt und eine Menge Menschen niedergehauen oder hingerichtet. Ter Aufruhr verbreitete sich immer weiter; 20 000 Mann gehorchten bereits Pugatschews Befehlen. Endlich, nachdem die Empörung langer als ein Jahr gewährt hatte, gelang es dem Obersten Michelsohn, die Rebellen entscheidend zu schlagen. Mit nur 30 Kosaken sloh Pugatschew über die Wolga, irrte in der Steppe umher und wurde von allen Seiten umstellt, -eine Begleiter, die seine Sache verloren sahen, beschlossen, durch seine Auslieferung sich die Verzeihung der Kaiserin zu erwerben. Als er eines ^.ages, in Nachdenken vertieft, in seinem Zelte saß, drangen sie ein und umringten ihn. „Wir sind dir lange genug gefolgt", sprach einer, „jetzt ist die Reihe an dir, uns zu folgen“. Sie banden ihn und führten ihn nach Uralsk. Von hier ließ ihn Suwarow, der herbeigeeilt war, nach Moskau abführen, wo er anderthalb Jahre nach dem Beginn des Aufruhrs mit mehreren feiner Genossen hingerichtet wurde. Seitdem regierte Katharina zwar ungestört, aber nie ohne die Besorgnis, es möchte ihr die an

9. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 437

1863 - Essen : Bädeker
437 Sophia, einer ehrsüchtigen, aber der niederträchtigsten Handlungen fähigen Person. Sie wandte sich an die Strolitzen, die regelmässigen Truppen der Hauptstadt. Eine Verschwörung entstand. Natalia und Peter flohen nach einem festen Kloster, 6 Meilen von Moskau. Auch dahin folgten ihnen die Mörder. Nach langem Suchen fanden sie Peter in der Kirche, am Altare knieendt vor ihm die Mutter, die schützenden Arme ausbreitend. Eben wollte ein wüthender Strelitz ihm das Messer in die Brust stossen, als ein anderer ihm zuschrie: „Halt, Bruder! nicht hier am Altar! Er kann uns ja doch Dicht entgehen!" — Das rettete den Zaren; denn eben war die Reiterei er- schienen und jagte die Meuterer auseinander. Peter versprach Verzeihung, wenn die Anführer ausgeliefert würden. Dreissig wurden hingerichtet; die Ruhe ward wieder hergestellt. Peter wuchs kräftig heran. Sein Lieblingslehrer und Freund wurde Le- sart, ein Kaufmannssohn aus Genf, der nach mancherlei Schicksalen und Reisen endlich nach Moskau gekommen war, und nun dem wissbegierigen Peter von fremden Ländern und Gebräuchen stets erzählen musste. Als er ihm einst die Einrichtung des europäischen Militärs lebhaft beschrieben hatte, sprang Peter begeistert auf und rief: „Das will ich auch versuchen!“ In einem Dorfe bei Moskau errichtete er eine Compagnie von 50 Jünglingen seines Alters: Lefort ward ihr Hauptmann und Peter diente selbst als Ge- meiner; denn nur Verdienst, nicht aber Zufall der Geburt sollte zur Auszeich- nung führen. Dies Alles betrachtete Sophia im Anfang nur als ein Kinder- spiel, bis in ihr der Verdacht aufstieg, es könne doch eine ernstere Bedeu- tung haben. Abermals entwarf sie mit ihren Vertrauten den Plan, Peter mit der Mutter zu ermorden. Peter, zeitig gewarnt, floh wieder nach jenem Klo- ster und rief seine 50 Freunde herzu. Diese mit vielen anderen kamen. Die Verschworenen wagen keinen Angriff. Peter aber lässt die treulose Schwester ergreifen und unter strengem Gewahrsam in ein Kloster bringen. Russland war damals noch nicht das grossmächtige Land, das es jetzt ist. Es hatte weder am schwarzen Meere, wo die Türken, noch an der Ostsee, wo die Schweden herrschten, Häfen. Asow, die bedeutende Hafenstadt, hatten früher die Russen besessen; Peter musste es aber erst den Türken wieder entreissen. Um Seeleute zu gewinnen, sandte er ganze Schaaren jun- ger Leute nach Venedig und Livorno, wo sie den Seedienst erlernen mussten. Doch dies Alles befriedigte seinen Geist noch nicht. Er fühlte, er müsste selbst mit dem Beispiele vorangehen, wenn seine am alten Herkommen kle- benden Russen aus ihrem Schlaf sollten aufgerüttelt werden. Zugleich trieb ihn sein wissbegieriger Geist, fremde Länder zu sehen, fremde Sitten und Einrichtungen kennen zu lernen. Er beschloss daher, eine Gesandtschaft durch einen Theil Europa’s reisen zu lassen und sich unter sie zu mischen, um den Ehrenbezeugungen und Festlichkeiten zu entgehen, die er sonst aus- zustehen gehabt haben würde. Lefort führte die Gesandtschaft. Holland, als der erste Handelsstaat damaliger Zeit, zog ihn vor allen an. In Saar dam, einem grossen Dorfe, Amsterdam gegenüber^ wohnte er 7 Wochen lang in einer armseligen Schifferhütte. Jeden Morgen ging er mit dem Beile in der Hand nach den Schiffswerften, arbeitete wie der gemeinste Zimmermann und liess sich Peter Michaeloff nennen. Auch in der Schmiede arbeitete er mit, und erlernte auch die Chirurgie. Von Holland ging er nach England, um das englische Seewesen kennen zu lernen, und äusserte bei dieser Gelegen- heit, er wolle eben so gern ein englischer Admiral, als russischer Kaiser sein. Eben war er im Begriff, das Wunderland Italien zu besuchen, als ihn die böse Nachricht traf, dass sich die Strelitzen abermals empört hätten. Er eilte zurück. Als er in Moskau ankam, war durch einen tapfern Genera! der Aufruhr gedämpft. Nun hatte er nichts eifriger zu thun, als seine Pläne zur Bildung seines Volks in Ausführung zu bringen. Er liess nicht nur Bücher aus fremden Sprachen ins Russische übersetzen und Schulen anlegen, son- dern erklärte auch diejenigen, welche nicht lesen und schreiben könnten, des

10. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 29

1863 - Essen : Bädeker
29 welche die beiden Haffe vom Meere getrennt sind, bildet eine Land- zunge und heißt Nehrung; der Ort aber, wo ein Haff mit der See in Verbindung steht, heißt das Tief oder Gat. In diesen Gewässern an der Küste wird ein bedeutender Fischfang getrieben. — Zu den besondern Produkten der Provinz Preußen gehört der durch seine schöne gelbe Farbe so beliebte Bernstein, welcher sowohl in dem trockenen Boden an der Küste, als auch in der Ostsee gefunden wird. Aus dem Bernstein werden vielerlei Kunst- und Schmucksachen angefertigt. — In den Wäldern Preußens kommen noch häufig Wölfe vor. Dagegen ist das Elen, zu dem Hirschgeschlecht gehörig, eben so merkwürdig als selten; dieses stattliche Thier hat die Größe und Stärke eines Rindes und breitschauflige Geweihe. Die Hauptstadt der Provinz — der Sitz des Oberprä- sidenten und des evangelischen General-Superintendenten — ist Königsberg am Pregel, mit mehr als 80,000 Einwohnern und einer Universität. Königsberg ist eine bedeutende Handelsstadt, da hier jährlich viele hundert Schiffe aus- und einlaufen. In der Schloßkirche zu Königsberg setzte Friedrich Iii., Kurfürst von Bran- denburg, am 18. Januar 1701 sich selbst die Königskrone auf und nannte sich fortan Friedrich I., König von Preußen. In der Nähe dieser Kirche ist im Jahre 1851 dem Könige Friedrich Wilhelm Ui., der in den Jahren 1807—1809 seinen Aufenthalt in Königsberg hatte, ein Reiterstandbild aufgerichtet. Die bedeutendste Handelsstadt der Provinz aber, und zugleich eine starke Festung, ist Danzig mit über 67,000 Einwohnern. Die Lage dieser Stadt an der Mün- dung der Weichsel macht sie zu einem bedeutenden See Handelsplätze, die Stadt besitzt 116 Segel- und 3 Dampfschiffe, auch hat die preuß. Kr i e g s - marine hier ihren Hauptsitz. — Elbing mit einem Hafen — und Memel an der Einfahrt aus der Ostsee ins kurische Haff, treiben ebenfalls starken Handel. Letztere ist die nördlichste Stadt der Provinz. Von den übrigen Städten sind die bedeutendsten: Tilsit (Friede 1807) — Gumbinnen — Marienwerder — Graudenz, eine Festung am rechten Weichselufer — auch Thorn, Festung, Geburtsort des Kopernikus, von welchem im Iii. Abschnitte dieses Buches weiter die Rede ist. — Frauenburg, am frischen Haff, ist der Sitz des katholischen Fürst-Bischofs von Er- meland — Pelplin mit großartigen, ehemaligen Klostergebäuden, ist der Sitz des kath. Bischofs von Culm — und Marien- burg, an der Nogat, war einst der Sitz des Hochmeisters der deutschen Ordensritter, welche 53 Jahre lang (von 1230—1283) gegen die damals noch heidnischen Bewohner Preußens schwere Kriege führten und sie endlich zum Christenthum bekehrten. Das noch vorhandene schöne Schloß der Ordensritter ist in neuerer Zeit trefflich wieder hergestellt worden. Der hohe Saal in demselben, der große Remter genannt, in welchem die Ordensritter ihre Ver- sammlungen hielten, wird durch einen einzigen Granitpfeiler gestützt.
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