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1. Kleine Lebensbilder aus dem Alterthum - S. 57

1873 - Elberfeld : Bädeker
— 57 — bei Mahl und Pracht mit ihren Freundinnen; die Lncretia aber, als sie spät in der Nacht nach Collatia kamen, wo sie wohnte, saß im Kreise ihrer Mägde mit Weben beschäftigt. Ihr erkannte man den Preis zu. Die Schönheit und Aumuth der Lucrelia reizte aber die Begierde des Sextus; nach einigen Tagen kehrte er zurück und forderte Ungebührliches von ihr; als sie standhast widerstrebte, wandte er Gewalt an und mißhandelte sie. Als er fortgegangen war, schickte sie im gerechten Schmerz über die angethane Schmach Boten an ihren Vater und ihren Mann mit dem Aufträge, sie mochten sich sofort zu ihr begeben. Mit ihnen kam auch Lucius Juuius Brutus, ein Schwestersohn des Tarquinins, der durch verstellte Einfalt den Verfolgungen des argwöhnischen Königs bisher entgangen, während sein Bruder von demselben ans dem Wege geräumt war. Lucretia theilte ihnen mit, was Sextus verübt hatte, und durchbohrte sich daun selbst mit einem Dolche. Diesen zog Brutus aus der Wunde und schwur, den Frevel rächen zu wollen und den König sammt seinem ganzen Geschlechte aus Rom zu vertreiben. Dann eilte er nach Rom, versammelte hier das Volk und schilderte in einer kräftigen Rede die Tyrannei des Königs, den Uebermnth seiner Söhne und die schändliche That des Sextus. Das Volk, durch diese Rede aufgeregt, beschloß die Entsetzung des Königs und t)ie Verbannung seiner ganzen Familie. Hieraus begab Brutus sich ins Lager bei Ardea, und das Heer stimmte freudig den Beschlüssen des Volkes bei. Tarquinins Superbus war nach Rom geeilt; da er aber die Thore der Stadt verschlossen fand und ihm die Verbannung angekündigt wurde, ging er nach Etrurien, und ihm folgte seine Familie. In Rom wurde nach 244jähriger Dauer die Köuigsherrschaft abgeschafft, die republikanische Verfassung eingeführt und statt der Könige zwei verantwortliche Consuln jedesmal für ein Jahr als die Leiter des Staates eingesetzt. Die beiden ersten Consuln waren Lucius Juuius Brutus und Tarquiuius Collatiuus. § 5. ^orjennl. Der verbannte Tarquinins ließ kein Mittel unversucht, die Herrschaft wieder zu erlangen. Zuerst ließ er heimlich durch Abge- * sandte eine Verschwörung unter den jungen vornehmen Römern stiften, die seine Wiedereinsetzung zum Zwecke hatte. Dieselbe wurde

2. Kleine Lebensbilder aus dem Mittelalter - S. 48

1872 - Elberfeld : Bädeker
— 48 — Kaiser zu Füßen und ergaben sich auf Gnade und Ungnade. Dann brachten dreihundert Ritter die Schlüssel der Stadt und sechs und dreißig Fahnen. Einen Tag später erschien das ganze Volk, in hundert Scharen getheilt, barsnß mit Stricken um den Hals und Asche auf dem Kopfe; Friedrich ließ die Mailänder lange im Regen stehen, dann kam er heraus und nahm auf einem hohen Throne Platz. Darauf zog die Menge an ihm vorüber, und jeder Haufe legte seine Fahne vor dem Kaiser nieder. Nun kam das Caroccio, ein mächtiger Wagen, auf dem die Fahne der Stadt mit dem Standbild ihres Schutzpatrons Ambrosius befestigt war; diesen Wagen ließ Friedrich unter dem Wehgeschrei des Volkes zertrümmern. Auf dem Reichstage zu Pavia wurde über Mailands Schicksal entschieden; die Stadt sollte zerstört werden, die Einwohner dieselbe binnen acht Tagen verlassen und sich in vier Flecken, zwei Meilen von einander, anbauen. Bei der Zerstörung leisteten die Bewohner der benachbarten Städte, welche Mailand bitter haßten, hülfreiche Hand, man zog den Pflug über die Stelle und streute nach altem Gebrauch Salz in die Furchen als Zeichen, daß die Stadt ewig wüste bleiben solle. Nach dem Tode des Papstes Hadrian erfolgte eine zwiespältige Papstwahl; der eine der beiden Gegenpäpste, Alexander Iii., war ein heftiger Gegner Friedrich's und suchte auf alle mögliche Weise die italienischen Städte zu einem Bunde gegen ihn zu vereinigen. . Friedrich mußte abermals nach Italien ziehen; da aber seine Streitkräfte zu gering waren, außerdem auch Seuchen in seinem Heere ausbrachen, so kehrte er nach Deutschland zurück. Auf dem Wege dahin hatte er große Gefahren zu bestehen, da die Italiener alle Pässe über die Alpen besetzt hatten. In Susa kam er sogar in Lebensgefahr; die Einwohner wollten ihn nämlich im Bette ermorden, und nur durch die freiwillige Aufopferung des Ritters Hermann von Siebeneichen, der sich in des Kaisers Bett legte, während dieser selbst entkam, wurde er gerettet. Nach seinem Abzüge verjagten die Italiener alle kaiserlichen Beamten, schlossen ein Bündniß gegen ihn, stellten Mailand wieder her und erbauten ihm zum Trotz und dem Papste zu Ehren die Festung Alessandria. Der mächtigste deutsche Reichsfürst war damals Heinrich der Löwe, aus dem Hause der Welfen; zwischen Welfen und Hohenstaufen

3. Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen - S. 38

1877 - Essen : Bädeker
38 und Dust, baut einen Fußsteig neben dran, auf dem es Umweg sparen kann. O Thierchen, wie du mich entzückt! Du bist so klein und so geschickt! Wer hat dich solche Kunst gelehrt? Er ist es, der uns Alle nährt, mit milden Händen Allen giebt und Alles sättigt, alle liebt. Da kommt 'ne Fliege! Nein, wie dumm! Sie rennt fast das Gewebe um. Der hat sich selbst in Noth gebracht, der vorgethan und nachbedacht. Was dachtest du, da du's gethan? Was geh'« dich fremde Sachen an! Und seht, das Spinnlein merkt den Gast und springt und hat ihn gleich erfaßt und denkt: Viel Arbeit hatt' ich heut, jetzt hat mich auch ein Fang erfreut. Ich aber sag: „Der Alle nährt, wenn's Zeit ist, hat es ihm Lescheert." , 17. Lieder. Das treue Ross. 1. Ich habe mein Ross verloren, Mein apfelgraues Ross. Es war so treu im Leben, Kein treu’res wird es geben Im ganzen Zug und "'ross. 2. lind als es wollte sterben, Da blickt es mich noch an, Als spräch’s mit seinen Mienen: Kann dir nicht weiter dienen; Ade, mein Reitersmann 1 3. Und als es war gestorben, Da grub ich’s ehrlich ein; Wohl unter grünen Matten In eines Lindenbaums Schatten, Da soll sein Denkmal sein! Die Bienen. 1. Ein Liedlein will ich singen von Ilonigvögelein, Die hin und her sich schwingen durch bunte Blumenreih’n; Vom Volklein in dem Grünen, des Zeidlers Nutz und Freud’. Ich singe von den Bienen, dem Bild der Christenheit. 2. Der Winter hält gefangen die Jungfrau-Innung zart, Bis Frost und Schnee vergangen, bis Laub sich offenbart; Und wenn die Weste stimmen nach linder Frühlingsart, So machen sich die Immen auf ihre Blumenfahrt. 3. Statt Trommeln gilt ihr Summen; der Stachel ist ihr Schwert. Ihr Hammen und ihr Brummen hat Niemand noch gefährd'!. Sie nehmen sonder Morden der schönsten Blumen Raub, Und ihre Beut’ ist worden der Blum' und Blüthen Staub. 4. Man sieht sie friedlich leben ohn’ Eigennutz und Streit, In steter Mühe schweben zur Lenz- und Winterzeit. Sie pflegen einzutragen der Blumen Saft und Thau, Und treiben mit Behagen gesammt den Zuckerbau.

4. Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen - S. 69

1877 - Essen : Bädeker
69 3. Der Habenichts. Vor vielen hundert Jahren lebte der Ritter Walter von Habe- nichts. Von diesem stammt die große Familie der Habenichtse ab, Welche in der ganzen Welt zerstreut ist. Ganz nahe verwandt mit Dieser Familie sind die Taugenichtse; mancher junge Habenichts wird Ein alter Taugenichts, und mancher junge Taugenichts wird ein alter Habenichts. Hört nur einige Geschichten von den Habenichtsen. Ein junger Habenichts von sieben Jahren erhielt, wie seine übrigen Geschwister, eine Sparbüchse zum Geschenk. Dabei versprach ihnen ^er Vater, so oft ein Kind unbefohlen etwas Nützliches im Hause verrichte, ihm einen Kreuzer zu geben. Mit diesen Kreuzern sollten sie die Sparbüchse füllen, und wenn Jahrmarkt wäre, dürfte sich jedes nach seinem Belieben etwas kaufen. Da waren die Kinder voll Äeude und Eifer, jedes gab Acht, ob es nichts zu thun gebe, was Eltern nützen könne. Das eine fand hier und da altes Eisen, sammelte es und brachte es dem Vater; das andere schüttelte die Maikäfer von den Bäumen, und warf sie in einen Topf und übergab ihn dem Vater, damit sie getödtet wurden. Ein Mädchen strickte noch einmal so viel an seinem Strumpf, als ihm aufgegeben war, ein anderes füllte die Gießkanne und begoß die Pflanzen im Garten und die Leinwand auf der Bleiche. Alle verdienten sich manchen Kreuzer; nur kein Habenichts wollte nichts einfallen, was er Nützliches thun könnte. Denn er wirklich etwas anfing, so brachte er es nicht bis zu Ende. Endlich erbarmte sich doch einmal die Mutter über ihn, und schenkte ihm drei Kreuzer. Aber kaum hörte er diese in seiner Sparbüchse Kappern, so machte er auch schon tausend Anschläge, das Geld aus- zugeben. Ehe der Jahrmarkt kam, hatte er den einen Kreuzer ver- nascht, für den zweiten steinerne Spielkügelchen gekauft, und diese sogleich verspielt, den dritten hatte er gar aus seiner löchernen Tasche verloren. Als der Markttag kam, und die andern sich schöne Waaren kauften, hatte er allein nichts. Er war und blieb sein Leben lang ker Habenichts. Ein alter Habenichts mußte betteln gehen, obgleich er früher Haus und Hof und Feld und Vieh besesten hatte, so gut wie irgend einer. Auch war ihm sein Haus nicht abgebrannt, sein Feld nicht über- schwemmt worden, sein Vieh nicht an der Viehseuche gestorben; sondern der Herr Habenichts war auch ein Taugenichts. Er hatte nicht gearbeitet, sondern viel geschlafen, viel im Wirthshaus gesessen, viel gegeffen, viel getrunken, viel gespielt. So war es gekommen, daß ^ einen Acker nach dem andern, ein Stück Vieh nach dem andern verkaufen mußte, und daß zuletzt sein Haus von dem Gericht ver- steigert wurde. Als er gar nichts mehr hatte, da wurde er ein Bettler, und durchzieht nun mit dem Stock und dem Bettelsack das Land. Allein oft muß der Habenichts Hunger leiden, weil die Leute sagen: „Du bist ja noch gesund und stark. Warum arbeitest du nicht?" Aber das hilft nun nichts mehr; denn wer in seiner Jugend nicht

5. Lehr- und Lesebuch oder der sinnliche und sittliche Anschauungsunterricht für die Mittelklassen katholischer Volksschulen - S. 32

1877 - Essen : Bädeker
32 Gefährten sahen, murrten sie, und das Pferd nahm sich ein Herz zu fragen: Warum thust du also, Gebieter? Verdienen wir nicht mehr deine Liebe, als dieses unnütze Thier? — Aber der Herr streichelte seinen Hund noch zärtlicher und sprach: Nicht also: dieser hat mein einziges geliebtes Söhnchen kühn und treu aus den rauschen- den Wafserfluthen gerettet, wie sollte ich nun seiner vergessen können? —' 3 Das Schäfchen. Das Schäfchen auf der Weide hat Wolle, weich wie Seide, um den Hals ein rothes Band, frißt Bröckchen aus der Kinder Hand! lieb Schäfchen, lieb Schäfchen! Hopps kann das Schäfchen springen; am Hals die Glöckchen klingen; die Mutter hing mit eigner Hand die Glöckchen an das rothe Band. Lieb Schäfchen, lieb Schäfchen! Blä, blä! schreit es vor Freude, thut niemand was zu Leide; es ist so sanft, es ist so fromm, ach laß dich streicheln, Schäfchen, komm? Lieb Schäfchen, lieb Schäfchen! 4l Nachricht und Bitte. Lieber Karl! Mein Vater hat uns Kindern gestern ein sehr großes Vergnügen gemacht. Er kaufte uns nämlich zwei schöne Kaninchen. Mein Bruder und ich haben ihnen ein schönes Ställchen gebaut. Komme doch bald zu mir, damit ich Dir die lieben Thierchen zeigen kann. Mülheim, den 20. Juli 1856. Dein Freund Wilhelm Müller. 3. Von der Undankbarkeit. In einer Stadt, weit von hier, hatten die Leute eine kleine Kirche gebaut, ein Thürmchen darauf gesetzt und eine Glocke darein gehängt. Das Kirchlein stand immer offen, und jeder konnte zu jeder Zeit hin- eingehen. Und mitten in dieser Kirche hing oben von der Decke herab ein Seil, das war an der Glocke im Thurm befestigt; und wenn man an dem Seile zog, dann läutete die Glocke. Durfte dann aber jeder läuten, der nur wollte? — That das nicht bloß der Küster? — Nein, jeder durfte läuten, der einen andern wegen Undankbarkeit zu verklagen hatte. Und wenn er so das Glöcklein der Undankbarkeit läutete, daß es hell durch die kleine Stadt ertönte und alle Leute es hörten: dann kamen mehrere der Ältesten in die Kirche und fragten den Kläger: „Was willst du?" Und dann ließen sie auch den ver- klagten Undankbaren kommen und straften ihn nach ihrer Weis- heit mit Worten und Thaten, und nöthigten ihn mit Liebe, daß er sich bedankte, und wieder Gutes thäte dem, der ihm Gutes gethan hatte. Nun wohnte aber auch in derselben Stadt ein reicher Mann, der hielt sich ein Reitpferd, und wenn er verreiste, mußte ihn dasselbe immer tragen, den ganzen Tag lang und den folgenden auch wieder. Mit der Zeit wurde aber das treue Thier immer älter und immer

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 12

1906 - Langensalza : Gressler
12 sogar mit dem Bettelsacke auf dem Rücken in Erfurt umherlaufen, um Brot, Getreide, Eier, Fische, Fleisch und Geld zusammenzubetteln (denn der Orden der Augustiner ist ein Bettelorden), und dies war ihm um so empfindlicher, da ihn in Erfurt jedermann kannte und nicht selten die Leute mit Fingern auf ihn zeigten. Aber alles erträgt der fromme Mensch leicht, wenn er die feste Überzeugung hat, daß Gott es so haben will, und diese Gewißheit hatte Luther. Hatte er nur irgend Zeit, so saß er über der Bibel, um immer besser den Willen Gottes kennen zu lernen. Dabei mußte er oft höreu, wie die Mönche ihm vorwarfen, man müsse nicht mit Studieren, sondern mit Einsammeln von Eiern, Butter, Brot it. s. w. dem Kloster nützlich zu werden suchen. Sein Gemüt befand sich in einer gar unglücklichen Stimmung. Er machte sich wegen jedes weltlichen Gedankens die allerheftigsten Vorwürfe und glaubte immer, den Vorschriften Gottes kein Genüge zu leisten, so streng er auch die Klostergelübde beobachtete. Dabei kasteite er seinen Körper so ab, daß er nur ganz wenig aß und trank, ja manchen Tag nichts als ein wenig Brot zu sich nahm. Wie aber Gott denen, die ihn mit redlichem Herzen suchen, sich nicht im« bezeugt läßt, so ließ er ihn gutgesinnte Leute finden, die ihm Trost und Mut einsprachen, wenn er vor Angst vergehen wollte. So lebte in demselben Kloster ein alter, ehrwürdiger Bruder, dem er manchmal seine Gewissensangst beichtete. Dieser wies ihr vornehmlich aus das Hauptgrundstück des Glaubens hin, wo es heißt: „Ich glaube an die Vergebung der Sünden." Dieser Zuspruch machte einen tiefen, wundersamen Eindruck aus sein gequältes Gemüt. Ebenso sprach ihm der Vorgesetzte seines Ordens, der ehrwürdige Johannes von Staupitz, Trost ein. Dieser echt-christliche Mann, Professor an der Universität in Wittenberg, zeichnete den frommen Luther bald vor allen andern Mönchen aus und suchte ihn aufzurichten. „Du willst mit Gewalt ein Sünder fein." sagte er einst, „und hast doch feine rechte Sünde. Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Humpelwerk nitd Puppensünden umgehen und aus jedem Gedanken gleich eine Sünde machen." Dergleichen Zuspruch half wenigstens auf eine Zeit; dann

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 158

1906 - Langensalza : Gressler
158 Gustav einen treulosen, undankbaren Menschen; dieser entschuldigte sich, er habe fliehen müssen und würde ihm die verbürgte Summe wiedererstatten. Die Ratsherren entschieden endlich für Bauer, und dieser wollte schon mit Erichsou abziehen, als der Bürgermeister Broms vortrat und vorstellte, die Klugheit und Rechtlichkeit zugleich erforderten, daß sie sich Erichsons annähmen. Seine Stimme drang durch, und nach sieben langen Monaten erhielt Erichson endlich heimlich ein Schiff, welches ihn nach Schweden übersetzte. Wie sroh war er nun, als er den vaterländischen Boden wieder unter den Füßen hatte! Aber sein erstes Auftreten versprach [wenig Erfolg. In der Stadt Calmar fand er eine schlechte Aufnahme, und der schwedische Kommandant drohte ihm, er würde ihn an Christian ausliefern, wenn er nicht gleich wegginge. Geschwind zog Erichson seine Bauernkleider wieder an und wanderte weiter, immer von lauernden Feinden verfolgt. Sein Nachtlager mußte er bald im Walde, bald im Korne nehmen, und mehr als einmal war er in Gefahr, erkannt zu werden. Sonntags, wenn die Bauern müßig dastanden, gesellte er sich zu ihnen und ermunterte sie, doch die Waffen gegen die Danen zu ergreifen; aber keiner wollte ihn anhören. So kam er endlich zu seinem Schwager, dem Reichsrate B r a h e. Aber auch hier predigte er tauben Ohren. Brahe wollte eben nach Stockholm reisen, dem Könige zu huldigen, und er sowohl als seine Frau baten Erichson flehentlich, doch nicht sie und sich ins Unglück zu stürzen. Wie seufzte er über die feigen Seelen! Er reiste wieder ab und ging auf das Gut R ä f n ä s , das seinem Vater gehörte. Hier lebte er eine Zeitlang einsam und in tiefer Verborgenheit, Indessen bereitete Christian dem hohen schwedischen Adel ein schreckliches Schicksal. Er glaubte, daß er, so lange die schwedischen Edelleute lebten, nicht ruhig regieren könnte, und entschloß sich, sie umbringen zu lassen. Nur eins beunruhigte ihn dabei; er hatte ihnen versprochen, sich nicht wegen ihrer frühern Widersetzung an ihnen zu rächen. Da schlug sein Beichtvater S l a g h ö ck , der es von einem Barbiergesellen bis zum Erzbischof gebracht hatte, vor, er könne ihnen ja als König sein Wort halten, aber als Vollzieher des päpstlichen Bannes —• denn der Papst hatte die Schweden in

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 160

1906 - Langensalza : Gressler
160 sie, um sie recht zu martern, an den Haaren in die Höhe ziehen und so ihnen die Köpfe abschlagen Selbst der Scharfrichter wurde durch das Benehmen der Kinder so gerührt, daß er das Blntschwert wegwarf. Aber gleich fand sich ein anderer, der den Mord verrichtete und auch dem mitleidigen Scharfrichter den Kopf abhieb. Erichfon erhielt in Räfnäs die Nachricht von dem Blutbade. Er schauderte; aber er hatte keine Zeit, seiner Betrübnis nachzuhängen ; denn Christians Soldaten suchten ihn überall. Es war war sogar ein hoher Preis auf seinen Kopf gesetzt und dem der Tod gedroht, der ihn aufnehmen würde. Daher fand er überall die Türen verschlossen, und selbst ein Karthäuserkloster, welches seine Borfahren gestiftet hatten, weigerte sich, ihn aufzunehmen. Wohin sollte er nun? Da wandte er sich in das Gebirge von Dalekarlien, das von einem rauhen, aber tapferen, ehrlichen und aufrichtigen Menschenstamme bewohnt wurde. Dort konnte er sich am besten verbergen; auch hoffte er bei den ehrlichen Dalekarliern am ersten Hilfe zu erhalten. Aber ehe er noch das Gebirge erreichte, traf ihn ein neuer Unfall. Der einzige Bediente, den er mitgenommen hatte, ging ihm mit allen seinen Sachen durch, und nachdem ihm Erichson vergebens lange nachgesetzt war, mußte er zuletzt sein eigenes Pserd, weil es zu ermüdet war, mit dem letzten Gepäcke zurücklassen. Er hüllte sich in einen groben Bauernkittel, schnitt sich die Haare kurz ab, setzte sich einen runden Hut auf und wanderte weiter, die Axt auf der Schulter tragend. Eine Zeitlang arbeitete er in Falun in den Kupferbergwerken als Handlanger bei schmaler Kost; aber ungewohnt der schweren Arbeit in den feuchten Gruben, lief er Gefahr, feine Gesundheit zu verlieren, und suchte andere Dienste über der Erde. Er fand sie bei einem reichen Manne, namens Pehrson, der ihn als Drescher annahm. Die Mitknechte merkten aber bald an seinen Sitten, daß er noch nicht lange diese Arbeit verrichtete; auch entdeckte man, daß er ein feines Hemd trug. Pehrfon faßte ihn nun scharf ins Auge und erkannte endlich in ihm seinen ehemaligen Universitätsfreund. Erichson erzählte ihm von dem Stockholmer Blutbade und bat ihn mit Tränen, doch mit seinen Knechten die Waffen zu ergreifen. Aber Pehrfon

9. Geschichte der neueren Zeit - S. 175

1906 - Langensalza : Gressler
175 entschieden. Vier- bis fünftausend Böhmen lagen auf dem Schlachtfelde tot oder verwundet, etwa tausend waren im Flusse ertrunken, und die Geretteten stürzten in wilder Flucht auf die Tore von Prag zu (1620). Friedrich saß gerade bei der Tafel, als die Schlacht anfing. Da das Schießen immer heftiger wurde, zeigte er sich zu Pferde und ritt auf den Wall, von wo er aber schon mit Schrecken die verwirrte Flucht der ©einigen wahrnahm. Tie Prager baten ihn flehentlich, sie doch jetzt nickt 511 verlassen, sie hätten noch Lente genug, die Stadt zu verteidigen. Aber der schwache König hatte dafür feine Ohren. Wie betäubt setzte er sich am andern Morgen mit Frau und Kindern in einen Wagen, nahm den Grafen Thurn mit und fuhr nach Breslau. ..Ich weiß nun, wer ich bin", sagte er, als er in den Wagen steigen wollte. „Es gibt Tugenden, welche wir nur im Unglück lernen können, und nur in Widerwärtigkeiten erfahren wir Fürsten, wer wir find." Nach der Pfalz blieb Friedrich keine Zuflucht mehr übrig; denn die Spanier waren von den Niederlanden aus den Rhein hinaufgezogen und hatten ihm sein Land weggenommen, und so floh er denn von Breslau weiter über Berlin nach Holland. Nie hat der unglückliche Mann sein Land wieder erhalten. Ta er nur etwa ein Jahr lang König gewesen war. legte ihm das Volk den Spottnamen ..Winterkönig" bei. Wie ging es aber nun den Böhmen? — Am Tage nach der Schlacht öffnete Prag seine Tore, und die hier anwesenden Stände unterwarfen sich der Gnade des Kaisers. Voll Angst warteten sie auf die Entschließung desselben: aber drei Monate vergingen rnhig, und schon hofften sie, sie würden mit der bloßen Angst wegkommen, als plötzlich an einem Tag 48 der vornehmsten Teilnehmer festgenommen wurden. Auf dem Platze vor dem Rathause der Altstadt wurde ein Blutgerüst aufgefchagen. 27 der Verhafteten, aus den edelsten Familien und in hohen Würden, wurden zum Tode verurteilt. Einige wurden enthauptet, andere gevierteilt; dem Rektor der Universität, Jessenins, der die evangelische Lehre in ergreifender Rede verkündigt, wurde vorher die Zunge ausgeschnitten, einem andern die Hand abgehauen, ein dritter wurde, bevor man

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 232

1906 - Langensalza : Gressler
Wie ganz anders wurde das zur Zeit des dreißigjährigen Krieges! Wie manche Stadt sank in Trümmer, wieviele wurden durch deu Krieg entvölkert! lind was hatten die Übriggebliebenen zu leiden! Wohl konnten sich die Städte gegen einzelne herumziehende Banden schützen; aber desto mehr hatten sie durch Kontributionen zu leiden. Kam irgend ein Feldherr in die Nähe der Stadt, ob Freund ob Feind, das war in den letzten Jahren des Krieges ganz gleich, so forderte er eine Summe Geldes, die oft kaum zu erschwingen war. Wehe, wenn sie nicht in wenigen Stunden gezahlt war! Tann war die Stadt vielleicht schon am folgenden Tage ein Trümmerhaufen; Männer, Frauen und Kinder wurden grausam hingemordet. Dazu kam im Jahre 1635 noch eine furchtbare Seuche, die Beulenpest. In manchen Städten starben so viele Menschen, daß man die Toten nicht mehr begraben konnte, und die wenigen, die leben blieben, schlichen vor Hunger gleich Schatten umher oder versanken in dumpfe Schwermut. Von 18 Millionen Menschen, die man vor dem großen Kriege gezählt hatte, waren nach demselben nur noch etwa 8 Millionen am Leben, in manchen Städten waren Tausende von Wohnungen leer, und in den Straßen und auf den Marktplätzen wuchs hohes Gras. Von den vielen Berichten, die uns dieses Elend schildern, möge hier nur einer Platz finden. Er lautet: „Wie jämmerlich stehen nun die großen Städte! Da zuvor tausend Gassen gewesen sind, sind nun nicht mehr denn hundert. Wie elend stehen die kleinen Städte, die offenen Flecken! Da liegen sie verbrannt, zerfallen, zerstört, daß weder Dach, Gesparr, Türen oder Fenster zu sehen sind. Wie sind sie mit den Kirchen umgegangen? Sie haben sie verbrannt, zu Pferdeställen und Marketenderhäusern gemacht, die Altäre entweiht und die Glocken hinweggeführt. Ach Gott, wie jämmerlich steht es auf den Dörfern! Man wandert bei zehn Meilen und stehet nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, nicht einen Sperling, wo nicht an etlichen Orten ein alter Mann, ein paar alte Frauen zu finden. In allen Dörfern sind die Häuser voll Leichname und Äser gelegen, Mann, Weib, Kinder und Gesinde, Pferde, Schweine, Kühe und Ochsen neben
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