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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 160

1906 - Langensalza : Gressler
160 sie, um sie recht zu martern, an den Haaren in die Höhe ziehen und so ihnen die Köpfe abschlagen Selbst der Scharfrichter wurde durch das Benehmen der Kinder so gerührt, daß er das Blntschwert wegwarf. Aber gleich fand sich ein anderer, der den Mord verrichtete und auch dem mitleidigen Scharfrichter den Kopf abhieb. Erichfon erhielt in Räfnäs die Nachricht von dem Blutbade. Er schauderte; aber er hatte keine Zeit, seiner Betrübnis nachzuhängen ; denn Christians Soldaten suchten ihn überall. Es war war sogar ein hoher Preis auf seinen Kopf gesetzt und dem der Tod gedroht, der ihn aufnehmen würde. Daher fand er überall die Türen verschlossen, und selbst ein Karthäuserkloster, welches seine Borfahren gestiftet hatten, weigerte sich, ihn aufzunehmen. Wohin sollte er nun? Da wandte er sich in das Gebirge von Dalekarlien, das von einem rauhen, aber tapferen, ehrlichen und aufrichtigen Menschenstamme bewohnt wurde. Dort konnte er sich am besten verbergen; auch hoffte er bei den ehrlichen Dalekarliern am ersten Hilfe zu erhalten. Aber ehe er noch das Gebirge erreichte, traf ihn ein neuer Unfall. Der einzige Bediente, den er mitgenommen hatte, ging ihm mit allen seinen Sachen durch, und nachdem ihm Erichson vergebens lange nachgesetzt war, mußte er zuletzt sein eigenes Pserd, weil es zu ermüdet war, mit dem letzten Gepäcke zurücklassen. Er hüllte sich in einen groben Bauernkittel, schnitt sich die Haare kurz ab, setzte sich einen runden Hut auf und wanderte weiter, die Axt auf der Schulter tragend. Eine Zeitlang arbeitete er in Falun in den Kupferbergwerken als Handlanger bei schmaler Kost; aber ungewohnt der schweren Arbeit in den feuchten Gruben, lief er Gefahr, feine Gesundheit zu verlieren, und suchte andere Dienste über der Erde. Er fand sie bei einem reichen Manne, namens Pehrson, der ihn als Drescher annahm. Die Mitknechte merkten aber bald an seinen Sitten, daß er noch nicht lange diese Arbeit verrichtete; auch entdeckte man, daß er ein feines Hemd trug. Pehrfon faßte ihn nun scharf ins Auge und erkannte endlich in ihm seinen ehemaligen Universitätsfreund. Erichson erzählte ihm von dem Stockholmer Blutbade und bat ihn mit Tränen, doch mit seinen Knechten die Waffen zu ergreifen. Aber Pehrfon

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 284

1906 - Langensalza : Gressler
284 man die regelmäßigen toolbaten — auf, und biefe erregten einen furchtbaren Aufruhr, weil Sophia ausgesprengt hatte, daß Iwan durch die Familie der Natalia ermorbet fei. Mit toütenben Blicken wälzte sich die Schar nach dem Kreml, um Iwans vermeintlichen Tod zu rächen, und selbst als biefer sich zeigte, hörte der Tumult nicht auf. Die meisten Verwanbten und Räte Nataliens würden grausam ermorbet. Dann riefen sie Iwan zum Baren aus. Er erschien und stammelte: „Ich will euer Zar fein; aber laßt boch meinen lieben Bruder Peter mit mir regieren!" Das ließen sie sich gefallen. Nach zwei Jahren brach unter den Strelitzen ein neuer Tumult aus. Natalia und Peter flohen aus Moskau nach einem festen Kloster. Ihnen folgten die Mürber. Lange suchten sie vergebens; enblich kamen sie in die Kirche. Hier kniete Peter am Altare; feine Mutter staub vor ihm und beckte ihn mit ihren Armen. Aber ein wilber Strelitz rannte auf ihn los und wollte ihm eben das Messer in das Herz stoßen, als ein anberer mit gräßlicher Stimme rief: „Halt, Bruder. nicht hier am Altare! Er wirb uns nicht entgehen.'' In dem Augenblicke erschien die zarifche Reiterei und trieb die Strelitzen auseinanber. Peter war gerettet. Je mehr Übermut, befto mehr Sklavensinn! Tie eben noch so übermütigen Stre- litzen nahten sich balb barauf, 3700 an der Zahl. Je zwei und zwei trugen einen Block und der britte ein Beil. Viele hatten Stricke um den Hals. Sie hatten nämlich, um den Zorn des Zaren zu büßen, den zehnten Mann ausgehoben. Diese nahten sich jetzt. Sie hatten das Abenbmahl empfangen, von ihren Weibern und Kinbern, die dem Zuge weinenb folgten, Abfchieb genommen, stellten sich vor dem Palaste auf und riefen: „Wir finb fchulbig! Der Zar richte nach Gefallen über uns!" Drei Stunben lang überlegte der Hof; enblich würden 30 der Schulbigsten hingerichtet, die übrigen entlassen. Des nun 15 jährigen Peters Liebling war ein Kaufmannssohn aus Genf, Lefort. Nachbcm er feinen Eltern bavongelaufen war und sich in mehreren ßänbern umhergetrieben hatte, war er nach Moskau gekommen und mit dem jungen Zaren bekannt geworben.

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 142

1906 - Langensalza : Gressler
142 er nicht eingeftnnb, nuf die Folter gebracht. Nie erfuhr er, wer fein Ankläger war. So war also niemanb sicher; des Morgens wußte feiner, ob er noch am Abenb unter den ©einigen fein würde. Sobald sich ein schlechter Mensch fanb, der sich an ihm rächen ober ihn um sein Vermögen bringen wollte, so gab er ihn an, bies ober jenes gegen die römische Lehre gesagt, ober ein evangelisches Lieb gesungen, ober eine Versammlung der Evangelischen besucht zu haben, und sogleich war es um seine Freiheit geschehen. Wer einmal in den Schlunb der Inquisition fiel, kam nicht wieber heraus. Entweber mußte er im Gefängnisse als ein lebenbig Begrabener seine noch übrigen Lebensjahre vertrauern, ober er würde nn den Tagen der großen Verbrennung mit den übrigen Schlachtopseru zum Scheiterhaufen geführt. Mit feierlichem Pompe zog der traurige 3u9 durch die Gassen nach dem Richtplatze. Eine rote Blutfnhne wehte voran, alle Glocken würden geläutet. Voran zogen die Priester im Meßgewanbe und sangen ein heiliges Lieb. Ihnen folgte der verurteilte Sünber, in ein gelbes Gewanb gefleibet, auf welches schwarze Teufelsgestalten gemalt waren. Aus dem Kopse trug er eine Mütze von Papier, die in eine Menschenfigur enbigte, um welche Fenerflatnmen schlugen und scheußliche Dämonen flogen. Weggekehrt von dem ewig Verbammten würde das Bilb des Gekreuzigten getragen; benn für ihn galt die Erlösung nicht mehr. So wie sein sterblicher Leib den irbifchen Flammen, so gehörte seine unsterbliche Seele den Flammen der Hölle. Im Munbe trug er einen Knebel, bamit er Weber seinen Schmerz durch Klagen linbern und das Mitleib der Umstehenben durch Erzählung seines Unglücks wecken, noch die Geheimnisse seines Prozesses ausschwatzen konnte. Hinter ihm brein gingen die Geistlichen im festlichen Ornate, die Obrigkeit und der Abel. Die Väter, die ihn gerichtet hatten, beschlossen den traurigen Zug. Man glaubte eine Leiche zu sehen, die zu Grabe geleitet würde; aber es war ein lebenbiger Mensch, an besten langsamen Dualen das Volk sich ergötzen sollte. Solche Hinrichtungen würden gewöhnlich bis zu hohen Feiertagen aufgespart und dann viele zugleich vollstreckt. - - Diese Inquisition, wie sie schon in Spanten und Portugnl im besten Gange war,

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 239

1906 - Langensalza : Gressler
239 eine Tochter und ein Sohn, waren noch in England; sie erhielten die Erlaubnis, ihn zu besuchen; seine Frau und die andern Kinder waren schon nach Frankreich geflüchtet. Karl unterhielt sich mit ihnen wehmütig, trug der Prinzessin seine letzten Grüße an seine Frau auf und entließ sie mit herzlichen Ermahnungen. In den zw ei folgenden Nächten schlief er so ruhig wie immer, obgleich die Zimmerleute unter seinen Fenstern das Blutgerüst aufschlugen. Am Morgen seines letzten Tages — es war der 30. Januar 1649 — stand er früh auf, ließ sich sorgfältig ankleiden und hielt mit feinem Freunde, dem Bischöfe Juxon, feine Andacht. Die Hinrichtung wurde auf dem Platze vor feinem Schlöffe Whitehall (sprich Hweit-hahl) vollzogen, um desto stärker zu bezeichnen, daß es der König sei, den das Volk richte. Ter ganze Platz war dicht mit Menschen besetzt, die ihre tiefe Betrübnis nicht verbargen. Karl hatte durch sein sanftes Betragen während feiner Gefangenschaft die Herzen aller, die ihm nahe kamen, für sich eingenommen. Jetzt trat er aus einem Fenster seines Palastes, von wo man eine Brücke bis zum Blutgerüste angebracht hatte. Er sprach nur mit den Umstehenden einige Worte. Er sterbe unschuldig an seinem Volle, sagte er, erkenne aber die Gerechtigkeit der göttlichen Vorsehung, denn er habe den Tod darum verdient, weil er in die Hinrichtung seines unschuldigen Ministers gewilligt habe. Als er nun den Kopf auf den Block legen wollte, sprach der Bischof Juxon: „Sire, Ihr habt nur noch einen Schritt zu tun, der zwar schmerzlich und schwer, aber doch nur sehr kurz i)t. Er versetzt Euch schnell von der Erde in den Himmel, und dort werdet Ihr zu Eurer großen Freude die Krone der Herrlichkeit finden." — „Ja," antwortete Karl gefaßt, „ich gehe von einer vergänglichen Krone zu einer unvergänglichen über, dahin, wo fein Kummer wohnt!" Mit diesen Worten legte [er sein Haupt nieder, und mit einem Hieb wurde es vom Körper getrennt. Der Scharfrichter war — so ist es in England gewöhnlich — verlarvt; ein anderer, auch mit einer Larve, hob das blutströmende Haupt bei den Haaren auf. zeigte es dem Volke und rief laut: „Dies ist der Kopf eines Verräters! Eromwell wohnte in einem Fenster, dem Blutgerüste gegenüber,

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 66

1906 - Langensalza : Gressler
66 sondern ihnen für den Fall, daß sie eine andere Konfession bekannten, die er nicht dnlden wollte, das Auswandern erlauben. Die bis znm Passauer Vertrag eingezogenen Kirchengüter sollten den Protestanten verbleiben; dagegen sollten neue Kirchengüter nicht mehr eingezogen werden. Diese letztere Bestimmung, der sogenannte „geistliche Vorbehalt", sollte wieder eine Quelle neuer Streitigkeiten werden; schon damals protestierten die evangelischen Mitglieder des Reichstages gegen dieselbe. Der tapfere Moritz erlebte diesen Religionssrieden nicht mehr. Ein wilder Mensch, der Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, hatte schon lange in Deutschland vielen Unfug getrieben, war bald diesem, bald jenem Fürsten ins Land gefallen und hatte auf eigene Hand Krieg geführt. Dem Unwesen mußte endlich gesteuert werden. Moritz ging mit dem alten Herzoge Heinrich von Braunschweig aus ihn los und traf ihn in der Lüneburger Heide bei dem Dorfe Sievershaufen (1553). Schnell griff er ihn an und warf ihn nach einem hartnäckigen Kampfe in die Flucht. Aber der Sieg war teuer erkauft worden. Bald nach dem Anfange der Schlacht wurde dem Herzog Heinrich gemeldet, daß sein trefflicher Sohn, ein kräftiger Mann von 31 Jahren, schwer verwundet fei. Der alte Mann bezwang feinen Schmerz. Aber bald kam ein zweiter Bote mit der Nachricht, auch sein ältester Sohn sei entseelt. „Das ist zu viel!" rief er aus, und die Tränen stürzten ihm ans den Augen. Mit der Wut der Verzweiflung stürzte er sich in den Feind, den Tod suchend, aber nicht findend. Da traf ihn der dritte Schlag, auch Kurfürst Moritz fei verwundet. Eben war der Sieg entschieden worden; da wurde Moritz von hinten von einer Kugel erreicht, die ihm in die Eingeweide fuhr. Man hob ihn vom Pferde und lehnte ihn an eine Weide, von wo er noch den nahestehenden Soldaten zurief, die Feinde nachdrücklich zu verfolgen. Jetzt kam der alte, funnnerbelcistete Heinrich. Beim Anblicke des verwundeten Freundes vergaß er des eigenen Verlustes und sorgte, daß der Kranke ins Lager getragen würde. Dieser glaubte, ungeachtet großer Schmerzen, die Wunde sei nicht gefährlich, und freute sich über die uni ihn heruingesteöten erbeuteten

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 251

1906 - Langensalza : Gressler
Wenn die armen Leute beteuerten, sie wären bereit, für den König Gut und Blut zu lassen, aber ihr Gewissen gehöre Gott allein an, dann rückten Dragoner ein, die von Mönchen geführt wurden. Sie besetzten die Ausgänge des Ortes, drangen mit dem Säbel in der Faust ein und riefen: „Sterbt oder werdet katholisch!" Dann quartierten sie sich bei den Reformierten ein, ließen keinen von ihnen aus dem Hause, zehrten alle Lebensmittel auf und betrachteten alles, was sie im Hause fanden, als ihr Eigentum. Zuletzt mißhandelten sie die Einwohner aufs empörendste. Die Kinder wurden den Müttern entrissen, die geistlichen Bücher durch den Henker verbrannt, den Weibern, die reformierte Lieder sangen, die Haare abgeschnitten, die Geistlichen, die ihre Gemeinde nicht verlassen wollten, gerädert, Greise an den Altar geschleppt und gezwungen, das Abendmahl auf katholische Weise zu nehmen, die Leichen der Gestorbenen wieder ausgegraben, mit Fußen getreten und auf den Anger geworfen. Die Schandtaten wurden nicht nur an Bürgern und Bauern verübt, sondern der Religionshaß wütete vorzüglich auch gegen die Edelleute. Gern wären nun die Unglücklichen ausgewandert; aber die Grenzen wurden besetzt, und niemand sollte hinausgelassen werden. Dennoch entkamen binnen drei Jahren an 50 000 der fleißigsten und geschicktesten Familien. Dadurch litt Frankreich einen unersetzlichen Schaden. Alle benachbarten evangelischen Länder nahmen die Vertriebenen mit Freuden aus; in England, in den Niederlanden und besonders auch im Brandenburgischen ließ sich eine Menge von ihnen nieder und nun brauchte man nicht erst aus Frankreich die französischen Waren zu holen, Hüte, Strümpfe. Tressen und seiöene Stosse wurden nun im eigenen Lande von den fleißigen Kolonisten hergestellt. Vielen Einfluß auf des Königs Entschluß, das Edikt von Nantes aufzuheben, hatte eine Frau, die durch ihre sonderbaren Schicksale sowohl als durch ihren großen Verstand sehr berühmt geworden ist. Es war die Frau van Ma inte non. Sie wurde in einem Gefängnisse geboren, in welchem ihre Eltern wegen Schulden saßen. Ihr Vater war ein Herr von A u b i g n e. Als ein dreijähriges Mädchen kam sie nach Amerika. Als sie im 12. Jahre nach Frank-

7. Die alte Geschichte - S. 264

1899 - Langensalza : Gressler
264 tn bte Hand, cils er eben über den Markt ging, indem er ihm in bn§ 0()r flüsterte: „Lies es gleich: es ftnb wichtige Dinge barm, bte btch betreffen." Aber Cäsar mürbe so von allen Seiten balb von diesem, balb von jenem in Anspruch genommen, daß er, beit Zettel in der Hand. in die Versammlung trat, ohne ihn gelesen zu haben. Hier warteten die Verschworenen schon ans ihn. Aber wie erschraken sie. als ein Mann. der, wie sie glaubten, auch um die Verschwörung wußte, sich Cäsar, der eben die Treppe hinaufsteigen wollte, nahte und lange und angelegentlich mit ihm sprach! Sie inhett, wie aufmerksam Cäsar ihm znhörte und hielten schon alles für Verraten. Wie leicht würde ihnen, als sie merkten, daß jener nur ein Anliegen hatte, und dieser in die Versammlung eintrat' Alle Senatoren stauben auf. und die Verschworenen begleiteten ihn nach seinem erhabenen Sitze, während zwei von ihnen Antonius an der Saalthür durch Gespräche aushielten. Zuerst trat einer der Verschworenen. Tullius Cimber, vor und bat Cäsar zum Scheine um die Zurückberufung seines Brubers aus der Verbannung. Die übrigen bröngten sich unter dem Vorwanbe heran, die Bitte zu unterstützen, viele griffen nach Cäsars Händen, als wenn sie recht bringenb bitten wollten. Aber Cäsar schlug es ab und wollte aufstehen. In dem Augenblicke faßte Cimber seinen Rock und suchte biefen ihm non der Schulter zu ziehen. Auf bies verabredete Zeichen brüngten alle sich um ihn; Cäsar aber schrie: „Das sinb nicht Bitten, das ist Gewalt!" Bei biefen Worten erhielt er von Casca. der hinter feinem Stuhle stanb, einen Stich in die Schulter. „Elenber Casca!" ries Cäsar, brehte sich um und griff nach ihm, „was machst btt?" Casca aber ries seinem Bruder zu: „Komm mir zu Hilfe!" Noch einmal versuchte Cäsar aufzustehen ttnb sich durchzudrängen: aber die Dolche aller Verschworenen blitzten ihm entgegen. Mit blinder 2but stießen sie auf den Wehrlosen, der eine Zeitlang mit vor- gehaltenem Arme die Stöße auffing. Endlich sah er auch Brutus unter den Mördern. Bei diesem Anblicke brach er mit Wehmut in die Worte ans: „Auch du, mein Sohn Brutus?" Dann hüllte er sein Gesicht in feinen Mantel und sank endlich, mit drei-

8. Die alte Geschichte - S. 160

1899 - Langensalza : Gressler
160 und durch vernünftige Vorstellungen das Volk zur Rückkehr zu bewegen. Er hieß M e n e n i u s A g r i p p a. Sobald die Plebejer ihn von fern erkannten, kamen sie ihm freundlich entgegen, drängten sich um thu und hörten ruhig seine Rede an. Nachdem er ihnen die traurigen Folgen der Spaltungen auseinandergesetzt hatte, erzählte er ihnen folgende Fabel, eine der ältesten, die wir haben: „Einmal entstand eine Uneinigkeit zwischen den Gliedern des menschlichen Körpers und dem Magen. Jene klagten, daß sie nur arbeiten müßten, wahrend der Magen nichts thue als essen; sie müßten sich abmühen, und er schiene nur da zu fein, um zu genießen. Will er nichts thun, so sprachen sie, so darbe er auch. Demnach regte sich kein Fuß mehr, um Speise zu holen, die Hände steckten keine Speise mehr in den Mund, und dieser und die Zähne öffneten sich nicht mehr, sie zu kauen. Aber da der Magen nichts erhielt, konnte er auch keine stärkenden Säfte mehr den Gliedern zuführen. Die Arme hingen schlaff am Leibe herunter, die Beine magerten ab, der Mund lechzte, und der ganze Körper siel in eine große Schwäche. Da erkannten die Glieder, daß der Magen doch nicht ganz müßig sei und daß, wenn sie auch für ihn arbeiteten, er dafür sie wieder nähre und stärke. Seht, fuhr Menenius fort, so ist es auch mit uns und euch. Keiner kann wohl ohne den andern bestehen; einzeln verzehren wir uns selbst; miteinander verbunden werden wir beide stark." — Was vielleicht seine bloße Rede nicht bewirkt hätte, bewirkte seine Fabel. Die Plebejer gaben jedem seiner Worte Beifall, und das Ende der Unterredung war, daß sie zurückzukommen versprachen, wenn man ihnen die Schulden, die sie nicht bezahlen könnten, erließe und ihnen erlaubte, alle Jahre aus sich zwei Volkstribunen zu wählen, die darüber wachen sollten, daß der Senat nichts Nachteiliges für das Volk beschließe. Die Tribunen durften zwar nicht in die Senatsversammlung kommen, aber an der Thür durften sie sitzen und auf alles horchen, was darin gesprochen wurde, und gefiel ihnen ein Staatsbeschluß nicht, so riefen sie ihr Veto, d. i. „wir wollen nicht!" hinein, und gleich war der Beschluß ungültig. So war also der Friede für einige Zeit wieder hergestellt.

9. Die alte Geschichte - S. 167

1899 - Langensalza : Gressler
167 wärts schritt, ohne zu wissen, was mit ihr geschah. Neben ihr ging der trostlose Vater; er weinte noch mehr als sein Kind, streckte die Hände nach dem zahlreich versammelten Volke ans und flehte um Hilfe und Beistand. Auch Jcilius erschien und bat mit verzweifelnder Gebärde das Volk, jetzt, nur jetzt nicht sie zu verlassen. Appius ließ nicht lange auf sich warten. Außer den zahlreichen Gerichtsdienern war der ganze Platz mit starker Wache besetzt, und trotzend daraus bestieg er den Richterstuhl. Alles drängte ihm nach; jeder war aufs äußerste gespannt. Claudius mochte noch einmal sein vermeintliches Recht auf das Mädchen geltend; Virginius aber bewies mit unwiderleglichen Gründen, daß sein Kind nicht untergeschoben sei, und alle Verwandte und viele aus dem Volke bezeugten die Wahrheit seiner Aussage. Da erhob sich Appius vou seinem Stuhle und ries mit fester Stimme: „Virginia — das ist mein Spruch — gehört dem Claudius zu! Wohl weiß ich, daß viele Rebellen hier stehen, die nichts als Aufruhr und Meuterei anzurichten juchen; aber hütet euch und haltet euch ruhig, wenn euch euer Leben lieb ist. Und nun vor, ihr Gerichtsbiener! Treibt das Volk aus-einander und verschafft dem Claudius Platz, seine Sklavin nach Hause zu führen." — Bestürzt wich das Volk zurück; der Schrecken hatte aller Hände und Zungen gelähmt. Jede Hoffnung, jein Kind zu retten, verjchwand dem verzweifelten Vater. Nach kurzem Besinnen bat er Appius um die einzige Gnade, noch einmal mit beni Mädchen einige Worte insgeheim sprechen zu dürfen. Es konnte ihm nicht wohl verweigert werden; er führte sie etwas abseits, da- hin. wo die Fleischbänke standen. Plötzlich sah man ihn ein Fleischermesser ergreifen und es mit den Worten: „Sieh, mein liebes Kind, dies ist das einzige Mittel, deine Ehre und deine Freiheit zu retten!" — in ihre Brust stoßen. Ein Schrei des Entsetzens folgte der blutigen That. Der Vater aber zog das blutige Messer ans der Brust der hingesunkenen Tochter, hob es hoch in die Höhe und rief mit funkelnben Augen: „Durch bies jchulbloje Blut weihe ich bein Leben, Appius, beit höllischen Mächten!" — Länger hielt sich das Volk nicht; es scharte sich um den trostlosen Jeilius und um die Leiche seiner Braut herum. Als Appius die Bewegung jah, jnnbte er

10. Die alte Geschichte - S. 180

1899 - Langensalza : Gressler
180 und so flehentlich, daß endlich der Vater es mit Besorgnis zugab. Alexander führte es zuvörderst so, daß es mit dem Gesicht gegen die Sonne stand; denn er hatte bemerkt, daß es sich vor seinem eigenen Schatten fürchtete; dann stellte er sich ruhig daneben, streichelte es, ließ dann plötzlich seinen Mantel fallen und schwang sich hinauf. Wie ein Sturmwind flog es davon, und alle sahen ängstlich dem kühnen Jünglinge nach. Der aber kehrte bald wieder um, lenkte es hierhin und dorthin lind tummelte es zu aller Erstaunen umher. Als er endlich herabsprang, schloß ihn Philipp mit Freudenthränen in seine Arme und rief: „O mein Sohn, suche dir ein anderes Reich; Macedonien ist für dich zu klein!" Das Pferd wurde nun für den Jüngling gekauft und blieb sein Leibpferd auf allen seinen Zügen. Als sein Vater starb, war Alexander erst einundzwanzig Jahre alt; aber er fühlte die Kraft eines erfahrenen Mannes in sich. Zuerst ließ er sich von den Griechen als Oberfeldherr im Kriege gegen die Perser bestätigen; sie thaten es, aber mit Haß im Herzen. Dann zog er gegen seine nördlichen und westlichen Nachbarn zu Felde und besiegte sie durch seine vorzügliche Schlachtordnung. Er stellte nämlich 8000 Mann in sechzehn lange Reihen, so daß in jeder Linie 500 Mann standen, alle ganz dicht aneinander. Jeder Soldat hatte eine lange Lanze, die er vorstreckte, wodurch das Ganze eine unbiegsame Festigkeit bekam; denn keiner konnte nun einzeln heraustreten, sondern mußte der Richtung des ganzen Haufens folgen. Bewegte sich nun dieser vorwärts, so warf er mit dem Walde von Lanzen, der aus den Gliedern hervorragte, alles danieder. Diese Stellung nannte man Phalanx. Ihr verdankte Alexander die meisten seiner Siege. Während er nun sich noch mit den wilden Nachbarn herumschlug, verbreitete sich in den griechischen Städten das Gerücht, Alexander sei tot. Die Griechen konnten ihre Freude darüber nicht bändigen. Sie sangen und sprangen wie unsinnig, und die Thebaner schlugen die macedonische Besatzung teils tot, teils jagten sie dieselbe fort. Aber als sie noch in ihrer besten Freude waren, erschien Alexander. Er ging rasch auf Theben los, und alle Griechen erstarrten vor Schrecken. Die Thebaner allein
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