Aclteste Verfassung Deutschlands. 6
kennen wir nicht mehr. Die Opfer bestanden theils in Menschen-
opfern (gefangene Feinde, gekaufte Sclaven oder schwere Verbrecher),
theils in Thieropfern (besonders Pferde), verbunden mit Mahlzeiten,
auch wohl in Darbringung von Früchten und Blumenkränzen. —
Die Priester waren zugleich beim Volksgerichte thätig, und bei
Heerzügen gebührte ihnen die Handhabung der Zucht.
B. Die älteste Verfassung Deutschlands beruhte auf der
Herrschaft der Volks gemeinde. Sowohl die Versammlung
der freien Grundbesitzer einer jeden Gemeinde, als die größere
Versammlung der Grundbesitzer eines aus mehreren Gemeinden be-
stehenden Gaues hatte die Gesetzgebung, die Wahl der obrigkeitlichen
Personen (Fürsten und Herzoge), die richterliche Gewalt und die
Entscheidung über Krieg und Frieden.
Die Volksversammlungen waren theils regelmäßige, namentlich zur
Zeit des Neu- und Vollmonds, theils außerordentliche. Man versammelte sich
bewaffnet, am liebsten auf Bergen oder in einem heil. Haine, der König oder
ein Priester leitete die Verhandlungen, denen wahrscheinlich ein Opfer voranging
und folgte, und mit denen auch Trinkgelage verbunden waren. Die Zustimmung
zu dem Vorgeschlagenen gab man durch Zusammenschlagen der Waffen, Miß-
billigung durch Murren zu erkennen. Alle Rechtshäudel wurden mündlich und
öffentlich verhandelt und durch Geschworene entschieden nach gesetzlichen, Bestim-
niuugen, die lange Zeit blos durch Tradition sortgepstanzt und erst seit dem 5.
Zahrh. ausgezeichnet wurden. Oie Strafen bestanden in Schadenersatz und an-
dern Bußen an Geld, Vieh u. s. w., selbst für Todtschlag; die Todesstrafe
(Aufhängen) traf Vaterlandsverräther und Feiglinge. Während der Zeit, wo
die Gemeinde nickt versammelt war, übte ein Graf mit Zuziehung eines Aus-
schusses von C100) Freien (Schöffen) das Richteramt, und wahrscheinlich über-
haupt die vollziehende Gewalt aus.
Das Königthum bestand Anfangs (zur Zeit des Tacitus)
nur bei den germanischen Stämmen im Osten (Markomannen, Qua-
den, Gothen); bei einigen läßt sich der Ursprung desselben noch Nach-
weisen (wie bei Marbod's Herrschaft), bei andern nicht. Später
haben die meisten Völkerschaften (mit Ausnahme der Sachsen), wenn
sie sich zu einer größer» Herrschaft vereinigten oder tiene Wohnsitze
aufsuchten, sich einen König gewählt, in dessen Familie dann auch
diese Würde in der Regel blieb, ohne daß das Recht zu wählen
aufgehoben war.
Der neue König wurde auf einen Schild gehoben und in der Volksver-
sammlung unter dem Beifall des Volks dreimal herumgetragen, damit ihn Jeder
sehen könnte. Die ältesten Könige zeichneten sich in Tracht und Kleidung wenig
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Theilung deö fränkischeil Reiches.
21
Der jüngste von Chlodwig's 4 Söhnen, Clotar I., überlebte
seine Brüder und deren Nachkommen, daher vereinigte er wie-
der die ganze fränkische Monarchie, aber nur auf 3 Jahre
(558—561); denn da er auch 4 Söhne hinterließ, so zerfiel die
Monarchie nach seinem Tode wieder in vier Reiche und nach Cha-
ribert's, Königs von Paris, Tode (569?) in drei Reiche.
Seit dieser Zeit hören die auswärtigen Eroberungen der Fran-
ken auf, es folgen Bürgerkriege unter den Enkeln Chlodwig's,
in denen die Trennung des fränkischen Reiches in seine beiden
Hauptmassen:
a) Das westfränkische Reich oder Neustrien mit roma-
nischem Charakter,
d) Das ostfränkische Reich oder Austrasien mit echt
deutschen: Charakter,
bestimmter hervortritt, neben welchen Burgund als Mittelreich
sich nur eine Zeit lang behauptete und bald den: einen, bald dem
andern Reiche zufiel. Beständige innere Zerrüttungen und eine Reihe
von Freveln und Verbrechen, vorzüglich erzeugt durch den Haß der
beiden Königinnen Brunehilde in Austrasien und Fredegunde in Sois-
sons, füllen die Geschichte der Nachfolger Clotar's I. aus bis zur
zweite:: Vereinigung des Reiches durch Clotar Ii. von
Soissons, einen Urenkel Chlodwig's, 613.
In dieser Zeit der Zerrüttung brachten die Naioros domus,
welche ursprünglich nur Aufseher des königlichen Haus- und Hof-
wesens, später Anführer der Lehnsleute (der Leudes) wäre::, all-
mälig die ganze Civil- und Militärverwaltung der (nach Dagobert's I.
Tode wieder getheilten) fränkischen Reiche in ihre Hände und regier-
ten in: Namen der meistens unmündigen und schwachen Könige. Da-
her entstand um den Besitz dieser Würde eine Reihe von Kämpfen
unter den fränkischen Großen, bis der Austrasier Pipin von Heri-
stal (bei Lüttich) durch einen Sieg über den neustrischen König und
Ugior domus (bei Testri an der Somme, in der Nähe von St.
Quentin, 687) alleiniger Maior domus im gesummten fränkischen
Reiche wurde.
Die von Pipin begründete, fast unabhängige Herrschaft befestigte
sein Sohn Karl Martell (717 — 741) durch eine lange Reihe
meist glücklicher Kriege gegen die deutschen Völker von der Nordsee
bis zu den Alpen, welche sich theils von der fränkischen Herrschaft
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Extrahierte Personennamen: Clotar_I. Quentin Karl_Martell Karl
Extrahierte Ortsnamen: Cha- Paris Fran- Burgund Sois- Nordsee
74 Sigmund römischer Kaiser. Albrecht 1!. Friedrich Iii.
böhmischen Reiches durch innere Zwistigkeiten verschwunden war,
machte man den Böhmen Zugeständnisse und ließ von dem Verlan-
gen unbedingter Unterwerfung ab. Das Baseler Concilium brachte
wenigstens mit der gemäßigten Partei oder den Calixtinern (auch
Utraquisten) einen Vergleich zu Stande, indem es den Gebrauch
des Kelches unter der Bedingung gestattete, daß die Priester lehren
sollten, der Empfang des Abendmahls unter einer Gestalt sei eben
so vollständig. Als die Taboriten und Waisen sich weigerten, diesem
Vergleich beizutreten, wurden sie von den Calixtinern, in Vereini-
gung mit den Katholiken, durch zwei Niederlagen genöthigt, ihre
festen Plätze zu übergeben und Ruhe zu halten. Darauf folgte die
Anerkennung Sigmund's als König von Böhmen.
Erst während des Conciliums zu Basel, im 24. Jahre seiner
Regierung (1433), empfing Sigmund die Kaiserkrone, und auch er
sah, wie sein Vater und Bruder, mehr auf das Wohl der eigenen
Länder, als auf das des Reiches. Die Sorge für sein Königreich
Ungarn, dessen innere Verwaltung, Beruhigung und Sicherstellung
gegen äußere Feinde veranlaßte seine fast beständige Abwesenheit aus
den deutschen Landen.
e. Könige aus dem Hause Oesterreich seit 1438.
1. Albrecht Ii. von Oesterreich 1438 — 1439.
Sigmund's Schwiegersohn, Herzog Albrecht V. von Oesterreich,
ward ohne sein Zuthun von den Kurfürsten, die das Bedürfniß
eines mächtigen Kaisers fühlten, einstimmig gewählt, und die Kai-
serwürde blieb nun bis zu ihrem Erlöschen beim Hause
Oesterreich. Er folgte zugleich in Böhmen und Ungarn als
König, kehrte aber schon im nächsten Jahre krank von einem unglück-
lichen Feldzuge gegen die Türken, welche in Siebenbürgen eingefallen
waren, zurück und starb. Auf diese kürzeste aller Kaiserregierungen
folgte die längste, indem Albrecht's Vetter,
2. Friedrich Ih. 1440 — 1493,
der letzte in Rom gekrönte Kaiser, 53 Jahre, aber meistens unglück-
lich regierte. Ein nachgeborner Sohn Albrecht's Ii., Ladislav Post-
humus, erhielt die Krone von Böhmen und Ungarn, nach dessen
Tode (1457) trennten sich aber beide Länder von dem Hause Habs-
burg: die Böhmen wählten ihren bisherigen Statthalter Georg Po-
diebrad zum Könige, die Ungarn den Matthias Corvinus, den Sohn
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Albrecht_Ii Albrecht Albrecht_V._von_Oesterreich Albrecht_V. Friedrich_Ih Friedrich Ladislav_Post- Georg_Po- Matthias_Corvinus
Iso Die heilige Allianz. Der zweite Pariser Friede.
im gefährlichsten Augenblicke Blücher auf dem Schlachtfelde eintraf
und ein vereinter Angriff beider Heere den Sieg entschied. Unauf-
haltsam verfolgten die Preußen das in gänzlicher Auflösung fliehende
französische Heer unter beständigen siegreichen Gefechten bis nach Pa-
ris, wo Napoleon schon (am 22. Juni) zum zweiten Male zu Gun-
sten seines Sohnes der Krone entsagt hatte. Mit dem Plane sich
nach Amerika einzufchiffen, ging er, als die Preußen ihn (in Mal-
maison) gefangen nehmen wollten, nach Rochefort, konnte jedoch nicht
auslaufen, ohne englischen Schiffen zu begegnen und vertraute sich
der Großmuth der englischen Regierung an, die ihn zufolge einer
Bestimmung der Verbündeten als Kriegsgefangenen nach St. Helena
abführen ließ, wo er nach beinahe 6jährigen Leiden am 5. Mai
1821 starb.
Die Verbündeten rückten mit Ludwig Xviii. in Paris ein, wo
die beiden Kaiser und der König von Preußen durch den heiligen
Bund (26. September), dem später fast alle europäischen Mächte bei-
traten, sich verpflichteten einander bei jeder Gelegenheit Hülfe und
Beistand zu leisten und nach dem Geiste der christlichen Religion ihre
Völker zu regieren. Der zweite Pariser Friede (20. November)
bestätigte die Beschlüsse des Wiener Kongresses und beschränkte Frank-
reich auf die Grenzen von 1790, es mußte zwei Grenzfestungen im
N. (Philippeville und Marienburg) an die Niederlande, Saarlouis
an Preußen, Landau, welches dritte Bundesfestnng ward, an Baiern,
den westlichen Theil Savoyens an Sardinien abtreten, 700 Millio-
nen Francs Kriegskosten zahlen, die geraubten Kunstwerke und lite-
rarischen Schätze zurückgeben und ein Heer der Verbündeten von
150,000 M. in den Grenzprovinzen unterhalten, deren Zurückziehung
jedoch schon 1818 ans dem Monarchen-Congresse zu Aachen be-
schlossen ward.
§. 35.
Deutschland ein Staatenbund.
Der europäische Fürstencongreß schuf durch die Bundesacte vom
8. Juni 1815 „zur Bewahrung der Unabhängigkeit und Unverletz-
lichkeit der einzelnen Bundesstaaten und zur Erhaltung der äußern
und innern Sicherheit Deutschlands" den unauflöslichen deutschen
Bund, bestehend ans folgenden 34 unabhängigen Staaten und 4
freien Städten:
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Helena Ludwig_Xviii Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Amerika Paris Frank- Marienburg Niederlande Landau Baiern Savoyens Sardinien Aachen Deutschland
Ständische Verfassungen in Deutschland. 135
Die Angelegenheiten des Bundes werden durch eine Bundes-
versammlung zu Frankfurt am Main besorgt, in welcher alle Glieder
des Bundes durch ihre Bevollmächtigten theils einzelne, theils Ge-
sammtstimmen führen (im Plenum 70, in dem engern Rathe 17).
Alle Mitglieder des Bundes haben gleiche Rechte. Sie sind ver-
pflichtet, sowohl ganz Deutschland, als jeden einzelnen Bundesstaat
gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegen-
seitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen; sie
dürfen einander unter keinerlei Vorwand bekriegen, noch ihre Strei-
tigkeiten mit Gewalt verfolgen, sondern müssen deren Entscheidung
durch die Bundesversammlung vermitteln lassen. Das Bundescon-
tingent wurde auf 300,000 Mann verschiedener Waffengattungen
festgesetzt und in 10 Armeecorps nebst einer Reserve-Division getheilt,
wovon Oesterreich und Preußen je 3, Baiern 1 zu stellen haben, zu
Bundesfestungeu wurden Luxemburg, Mainz und Landau bestimmt,
zu denen später Germersheim, Rastatt und Ulm hinzukamen.
In dem 13. Artikel der deutschen Bundesacte war auch die
Einführung landständischer Verfassungen in aller: Staaten Deutsch-
lands verheißen, aber da über das Prinzip dieser Verfassungen rrichts
Näheres festgesetzt war, so war die Ausführurrg dieses Artikels der
Bundesacte sehr verschiedenartig: in Oesterreich blieberr die alten
Postulaten - Landtage der einzelnen Provinzen mit dem Rechte der
Steuer ver the i lung und Berathung über Provinzial - Angelegenhei-
ten, Preußen erhielt zunäckst ebenfalls Provinziallandtage mit begut-
achtendem Einfluß ans die Gesetzgebung, eben so Holstein, die mei-
sten übrigen erhielten allmälig besondere Versassungsgesetze. In
vier deutschen Staaten: Braunschweig, Sachsen, Hessen-Cassel
und Hannover, war die Einführung constitutioneller Verfassun-
gen nach dem Beispiele der Pariser Julirevolution (1830) durch
innere Unruhen herbeigeführt worden. Hannover verlor jedoch,
als es 1837 von Großbritannien getrennt wurde und König Ernst
August (ff 1851) zur Regierung gelangte, die kaum in's Leben getre-
tene Verfassung wieder, welche nach langem Streite mit den Stän-
den durch eine andere ersetzt wurde. In Preußen bildete König Frie-
drich Wilhelm Iv., der seinem Vater 1840 in der Regierung folgte,
aus den sämmtlichen Mitgliedern der 8 Provinziallandtage einen
„vereinigten Landtag", dem er das Recht der Bewilligung neuer
Steuern und Anleihen verlieh (1847).
Ein wichtiger Schritt für die Herstellung einer größeren Ein-
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Extrahierte Personennamen: Ernst August Wilhelm_Iv. Wilhelm_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankfurt_am_Main Deutschland Oesterreich Baiern Luxemburg Mainz Landau Germersheim Rastatt Oesterreich Holstein Sachsen Hessen-Cassel Hannover Pariser_Julirevolution
1810 Napoleon, von Josephine geschieden, heirathet Maria Louise,
Erzherzogin von Oesterreich.
1810—22 Hardenberg, Staatskanzler in Preußen, bewirkt eine Um-
gestaltung der Verwaltung.
1810 — 13 Größte Ausdehnung des französischen Kaiserreichs.
1812 Napoleon's Feldzug gegen Rußland.
1813 Der große Freiheitskampf der Verbündeten gegen
Napoleon.
1813 Aufruf Friedrich Wilhelm's Ilk. an sein Volk und Heer.
Landwehr und Landsturm in Preußen. Napoleon besiegt
die Preußen und Russen bei Großgörfchen oder Lützen,
dann bei Bauzeit und Wurschen. Waffenstillstand. Oe-
sterreichs Theilnahme. Napoleon siegt noch bei Dresden,
dagegen seine Feldherren geschlagen: Oudinot bei Großbee-
ren von Büloiv, Macdonald bei Wahlstatt von Blücher,
Vandamme bei Culm, Ney bei Dennewitz. Entschei-
dung in der großen Völkerschlacht bei Leip-
zig. Kampf bei Hanau.
1814 Einfall der Verbündeten in Frankreich. Blücher siegt bei
la Rochiere und bei Laon. Einnahme von Paris. Na-
poleon's Absetzung und Abreise nach Elba.
1815 Napoleon's Rückkehr und Herrschaft während der 100
Tage.
— Der letzte Kampf der Verbündeten gegen Napo-
leon. Blücher bei Ligny geschlagen, Ney kämpft ohne
Erfolg bei Quatrebras. Wellington und Blücher ent-
scheiden den Krieg bei Waterloo. Zweite Abdankung
Napoleon's.
— Der heilige Bund zwischen Rußland, Oesterreich und
Preußen.
— Der zweite Pariser Friede.
(1817) Vereinigung der lutherischen und reformirten Kirche zu
einer evangelischen.
1818 Der Monarchencongreß zu Aachen beschließt die Räu-
mung Frankreichs.
1820 Schlußacte des deutschen Bundes.
1823 Provinziallandtage in Preußen eingeführt.
1830—31 Unruhen in Braunschweig, Sachsen, Hessen-Kassel, Han-
nover.
1834 Der deutsche Zollverein.
1835-48 Ferdinand I., Kaiser von Oesterreich.
1837 Trennung Hannovers von England.
1840 Friedrich Wilhelm Iv., König von Preußen.
1847 Vereinigter Landtag in Preußen.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Josephine Maria_Louise Maria Hardenberg Napoleon Friedrich_Wilhelm's_Ilk Friedrich Napoleon Napoleon Macdonald Ferdinand_I. Ferdinand_I. Friedrich_Wilhelm_Iv. Friedrich Wilhelm_Iv.
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Dresden Leip- Hanau Frankreich Laon Paris Elba Wellington Oesterreich Aachen Frankreichs Braunschweig Sachsen Hessen-Kassel Oesterreich England
Vorwort.
Dieser besondere Abdruck der deutschen Geschichte
aus meinem Grundrisse der Geographie und Geschichte für
mittlere Klassen (2. Abtheilung 6. Ausl, und 3. Abtheilung
5. Ausl.) ist für diejenigen Lehranstalten bestimmt, wo die
mittlere Bildungsstufe einen zweijährigen Cursus umfaßt und
wo der geschichtliche Unterricht in der Weise vertheilt ist, daß
die alte Geschichte in die erste Hälfte jenes Cursus (also auf
die Quarta) fällt und die zweite Hälfte (in Tertia), nament-
lich bei drei oder gar nur zwei wöchentlichen Lehrstunden,
nicht ausreicht, um das ganze Gebiet der Mittlern und neu-
ren Geschichte aufzunehmen. Bei dieser Organisation wird
es zweckmäßiger sein, dem Zöglinge ein vollständig abgeschlos-
senes und bis zu einem mäßigen Detail ausgesührtes Bild
der Geschichte eines Volkes, und zwar vor Allem des Vol-
kes, welchem er selbst angehört, zu geben, als ihn mit einem
Haufen von abgerissenen Bruchstücken aus der Geschichte der
verschiedenen Völker, die zum Theil auf dem Schauplatze der
Weltbegebenheiten nur verhältnißmäßig kurze Zeit eine be-
deutende Rolle gespielt haben, zu überladen. Daher erscheint
hier die deutsche Geschichte als alleinige Aufgabe für die be-
zeichnete Bildungsstufe (Tertia), und von der Geschichte der
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46
Der erste Kreuzzug.
neuen Könige (1081 — 1088) gewählt, der aber kein Ansehen gewin-
nen konnte und daher abdankte.
ä) Empörung der Söhne Heinrich's Iv. gegen ih-
re n V a t e r.
Heinrich's ältester Sohn Konrad, der schon zum Nachfolger
in Deutschland gekrönt und von seinem Vater als dessen Stellver-
treter in Italien zurückgelassen worden war, ließ sich von den Geg-
nern Clemens Iii. zur Empörung gegen seinen Vater aufreizen und
zum Könige von Italien krönen, wurde aber durch ein Fürstengericht
(zu Köln) der Nachfolge verlustig erklärt und diese seinem jüngeren
Bruder Heinrich zugesichert, der bei seiner Krönung versprechen
mußte, bei Lebzeiten des Vaters sich die Regierung nicht anzumaßen.
Doch ließ sich auch dieser zur Empörung gegen den Vater verleiten,
nahm ihn gefangen und zwang ihn (auf einer Versammlung zu In-
gelheim) unter Androhung des Todes zur Abtretung der Regierung.
Der Kaiser entfloh nach Lüttich, wo er starb; seine Leiche wurde aus-
gegraben, nach Speier gebracht und erst (1111), als er vom Banne
freigesprochen war, bestattet.
e) Der erste Kreuzzug 1096 —1100.
Sobald das Christenthum sich über die Grenzen Palästinas
hinaus verbreitet hatte, wallfahrteten die Christen aus andern Pro-
vinzen des römischen Reiches nach Jerusalem zum heiligen Grcke,
neben welchem Constantin der Große eine prachtvolle Kirche erbaut
hatte. Diese Wallfahrten, begünstigt durch die gastfreie Aufnahme
der Pilger und den Handel nach dem Orient, wurden immer häu-
figer und dauerten auch nach der Eroberung Jerusalems durch die
Araber (636) ungehindert fort. Seitdem aber Palästina unter die
Herrschaft der Fatimiden, und noch mehr, als es unter die der Seld-
schuken gekommen war, begannen die Mißhandlungen der Christen im
Morgenlande, und die Türken erhoben von den Pilgern eine Abgabe
für den Besuch Jerusalems. Dennoch ließen die Wallfahrten nicht
nach, und der Gedanke, Palästina wieder zu einem christ-
lichen Reiche zu machen, ward überall rege.
Als die bittersten Klagen der morgenländischen Christen nach
Europa kamen, und sowohl der Einsiedler Peter von Amiens,
nach seiner Rückkehr aus Jerusalem, Italien, Frankreich und Deutsch-
land durchziehend, durch die Schilderung jener Leiden, als auch der
Papst Urban Ii. auf der Kirchenversammlung zu Clermont durch
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Extrahierte Personennamen: Konrad Konrad Clemens_Iii Heinrich Heinrich Constantin Peter_von_Amiens Urban
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Italien Jerusalem Jerusalems Palästina Europa Jerusalem Italien Frankreich
Türkenkrieg.
91
der damaligen Welt, wobei die Spanier sich durch Habsucht, wie
durch Grausamkeit und Frevel jeder Art hervorthaten. Der Papst
wurde in der Engelsburg belagert, bis er sich zur Annahme eines
Vertrages entschloß, der ihm schwere Zahlungen und die Berufung
eines Concils zur Herstellung der Einheit in der Kirche auferlegte.
König Franz I., der im folgenden Jahre das Königreich Neapel
schnell erobert, aber auch, bald wieder verloren hatte, erhielt in dem
(durch Karl's Tante, Margaretha von Oesterreich, und Franzens Mut-
ter, Louise von Savoyen, vermittelten) sog. Damenfrieden zu
Cambrai (1529) Burgund zurück, entsagte aber allen Ansprüchen
auf Italien. Daraus kam Karl selbst nach Italien und empfing zu
Bologna aus den Händen des Papstes die lombardische und die Kai-
serkrone. Seitdem hat Italien keine Kaiserkrönung mehr gesehen.
Wie der Kaiser durch seine lange (8jährige) Entfernung von
Deutschland und die Kriege mit Franz I. und dem Papste, eben
so wurde sein Brnder verhindert der Reformation entgegenzutreten
durch den
Krieg mit den Türken 1529—32.
Nachdem der König Ludwig Ii. von Ungarn und Böhmen in
der Schlacht bei Mohacz (1526) von den Türken geschlagen und
auf der Flucht in einem Moraste unter seinem auf ihu gestürzten
Rosse erstickt war, folgte ihm sein Schwager, Erzherzog Ferdinand,
Karl's V. Bruder, in den beiden Reichen, die auch schon einmal
unter Kaiser Albrecht's Ii. Herrschaft vereinigt gewesen waren. In
Böhmen und den dazu gehörigen Nebeuländern: Schlesien, Mähren
und der Lausitz ward Ferdinand auch durch eine Wahl der Stände
anerkannt, in Ungarn dagegen war ihm Johann von Zapolya,
Woiwode von Siebenbürgen, in der Erwerbung der Krone zuvor-
gekommen. Zwar vertrieb Ferdinand seinen Nebenbuhler (durch eine
Niederlage bei Tokay), aber dieser fand Schutz an Sultan Solyman
Ii., welcher 1529 vor dem Abschlüsse des Friedens zu Cambrai den
Krieg erneuerte, in der Hoffnung, die Gegner Karl's V. noch in
voller Thätigkeit zu finden. Er durchzog (mit 250,000 M.) unter
schrecklichen Verheerungen und fast ohne Widerstand Ungarn und be-
lagerte Wien. Allein die fruchtlosen Anstrengungen bei wiederholten
Stürmen, die Kunde von dem Herannahen eines Entsatzheeres und
die vorgerückte Jahreszeit bewogen ihn nach 3 Wochen die Belage-
rung aufzuheben. Bei seinem Rückzuge nach Ofen übergab er seinem
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Extrahierte Ortsnamen: Engelsburg Neapel Oesterreich Cambrai Burgund Italien Italien Bologna Italien Deutschland Ungarn Ungarn Cambrai Ungarn Wien
144
Der Freiheitskampf der Verbündeten»
8- 33.
Der große Freiheitskampf der Verbündeten gegen Napoleon
1813 u. 1814.
Da die Bedrückungen unerträglich geworden und bei der Fort-
dauer des Verhältnisses zu Napoleon keine Aussicht auf eine bessere
Zukunft vorhanden war, so erließ Friedrich Wilhelm Hi. von Bres-
lau ans einen Aufruf zur allgemeinen Bewaffnung an sein für die Wie-
dergewinnung der Unabhängigkeit begeistertes Volk und Heer und
gab so den Anlaß zur Herstellung der Selbstständigkeit Deutschlands.
Er schloß ein Bündniß mit Rußland zur Wiederherstellung der preu-
ßischen Monarchie, dem auch Schweden und England beitraten, er-
klärte den Krieg gegen Frankreich (16. März) und verordnete die
Bildung einer Landwehr und eines Landsturms.
Mit einem neu geschaffenen, aber aus meist jungen und unge-
übten Truppen bestehenden Heere erschien Napoleon im Frühjahre
1813 schon wieder in Sachsen, besiegte mit seiner Uebermacht die
Preußen und Russen unter Wittgenstein bei Lützen oder Groß-
görschen (2. Mai), nöthigte den König von Sachsen zum Bünd-
nisse, griff die bis zur Spree zurückgedrängten Verbündeten bei Bau-
tzen (20. Mai) an und vollendete nach dem Uebergange über die
Spree den Sieg bei Wurschen (21. Mai). Da jedoch der Rück-
zug der Verbündeten seine Richtung nicht nach Berlin, sondern nach
Schlesien nahm, um die Verbindung mit Oesterreich zu erhalten, so
ging der Sieger einen Waffenstillstand ein.
Kurz vorher war Hamburg, welches Die französischen Behörden bei der
Annäherung der Russen (unter Tettenborn) verlassen hatten, von den Fran-
zosen (unter Davoust) wieder eingenommen und, da eine auscrlegte Contri-
bution von 48 Millionen Francs nicht gezahlt werden konnte, schonungslos ge-
plündert worden.
Nach einem (durch die hohen Forderungen Oesterreichs) erfolg-
losen Friedenscongresse zu Prag erklärte auch Oesterreich den Krieg
an Frankreich und nahm selbst das spätere Anerbieten Napoleons,
alle Forderungen zuzugestehen, nicht an. Die Verbündeten hatten den
Waffenstillstaitd trefflich benutzt und jetzt die Uebermacht; sie stellten,
durch englische Hülfsgelder unterstützt, wenigstens 600,000 M. in
3 Hauptarmeen von Teplitz bis Hamburg auf: 1) die große böhmi-
sche unter Schwarzenberg (in dessen Feldlager sich die 3 verbünde-
ten Monarchen befanden, so wie Moreau), 2) die schlesische unter
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