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1. Grundriß der deutschen Geschichte mit geographischen Uebersichten für die mittleren Klassen der Gymnasien und höhern Bürgerschulen - S. 153

1852 - Koblenz : Bädeker
Ständische Verfassungen in Deutschland. 135 Die Angelegenheiten des Bundes werden durch eine Bundes- versammlung zu Frankfurt am Main besorgt, in welcher alle Glieder des Bundes durch ihre Bevollmächtigten theils einzelne, theils Ge- sammtstimmen führen (im Plenum 70, in dem engern Rathe 17). Alle Mitglieder des Bundes haben gleiche Rechte. Sie sind ver- pflichtet, sowohl ganz Deutschland, als jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegen- seitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen; sie dürfen einander unter keinerlei Vorwand bekriegen, noch ihre Strei- tigkeiten mit Gewalt verfolgen, sondern müssen deren Entscheidung durch die Bundesversammlung vermitteln lassen. Das Bundescon- tingent wurde auf 300,000 Mann verschiedener Waffengattungen festgesetzt und in 10 Armeecorps nebst einer Reserve-Division getheilt, wovon Oesterreich und Preußen je 3, Baiern 1 zu stellen haben, zu Bundesfestungeu wurden Luxemburg, Mainz und Landau bestimmt, zu denen später Germersheim, Rastatt und Ulm hinzukamen. In dem 13. Artikel der deutschen Bundesacte war auch die Einführung landständischer Verfassungen in aller: Staaten Deutsch- lands verheißen, aber da über das Prinzip dieser Verfassungen rrichts Näheres festgesetzt war, so war die Ausführurrg dieses Artikels der Bundesacte sehr verschiedenartig: in Oesterreich blieberr die alten Postulaten - Landtage der einzelnen Provinzen mit dem Rechte der Steuer ver the i lung und Berathung über Provinzial - Angelegenhei- ten, Preußen erhielt zunäckst ebenfalls Provinziallandtage mit begut- achtendem Einfluß ans die Gesetzgebung, eben so Holstein, die mei- sten übrigen erhielten allmälig besondere Versassungsgesetze. In vier deutschen Staaten: Braunschweig, Sachsen, Hessen-Cassel und Hannover, war die Einführung constitutioneller Verfassun- gen nach dem Beispiele der Pariser Julirevolution (1830) durch innere Unruhen herbeigeführt worden. Hannover verlor jedoch, als es 1837 von Großbritannien getrennt wurde und König Ernst August (ff 1851) zur Regierung gelangte, die kaum in's Leben getre- tene Verfassung wieder, welche nach langem Streite mit den Stän- den durch eine andere ersetzt wurde. In Preußen bildete König Frie- drich Wilhelm Iv., der seinem Vater 1840 in der Regierung folgte, aus den sämmtlichen Mitgliedern der 8 Provinziallandtage einen „vereinigten Landtag", dem er das Recht der Bewilligung neuer Steuern und Anleihen verlieh (1847). Ein wichtiger Schritt für die Herstellung einer größeren Ein-

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 436

1859 - Lübeck : Rohden
43g Xxii. §. 3. Deutschlands Wiedererhebung aus tiefster Verwirrung. mächtigen Herrn und wirklichen Obern mehr über sich leiden woll- ten, zwei Fremdlinge zu gleicher Zeit zu deutschen Königen erhoben wurden, der gelehrte Alfons von Cast i lien und der reiche Ri- chard von Cornwallis — da ging auch die letzte Spur einer wirklichen Königsgrwalt in Deutschland verloren. Freilich regiert haben diese fremden Fürsten, von denen der eine niemals, der andere nur auf kurze Zeit den deutschen Boden betrat, genug und übergenug in Deutschland. Besonders Richard bat genug Befehle erlassen, Urkunden ausgestellt, Schenkungen gemacht, Rechte verliehen, aber Alles auf Kosten des Reichs und zur Verminderung der könig- lichen Macht- Alle königlichen Vorrechte kamen nach und nach in die Hände untergeordneter Gewalten; die vornehmeren Fürsten wur- den so gut wie selbständig, und die geringeren wollten nicht Zurück- bleiben. Wie die Herzöge, Markgrafen, Landgrafen u. s. tt)., so wur- den auch die Bischöfe und Aebte reichsunmittelbar, d. h. sie galten selber als Herzöge und hatten die Grafenrechte in ihrem Gebiete, ohne daß irgend ein Höherer über ihnen gestanden hätte, außer dem König. Ja auch einzelne Genossenschaften, Vogteien und Städte er- langten dieselben Rechte. Alle organische Gliederung des Lehenreiches hörte auf, es blieb nur eine große Menge gleichberechtigter Fürsten und Stände neben einander. Aber in dem Uebermaß des Nebels lag auch die Noihwendigkeit und das Mittel der Heilung. So konnte es, das fühlte Jeder, nicht länger fortgehen, die „kaiserlose schreckliche Zeit" mußte ein Ende nehmen. Und wunderbar lenkte der Herr die Herzen der Wähler, als sie 1273 in Frankfurt zusammentraten, um den deutschen Landen ein neues Oberhaupt zu geben. Sie wollten einen ja nicht allzu mächtigen Mann, der ihnen mit dem vollen Nachdruck königlicher Machtfülle hätte entgegentreten können, und erwählten — Rudolf von Habsburg. Gerade dieser Mann aber war es, der nach Gottes wunderbarem Rathschluß nicht bloß dazu bestimmt war, eine neue, bessere Zeit über Deutschland herbei- zuführen, sondern auch jenes große und ruhmvolle Reich zu gründen, welches deutsche Sitte und Bildung bis tief in den fernen Osten verbreiten und Jahrhunderte hindurch die festeste Stütze unseres Va- terlandes sein sollte. An der biedern und frommen Heldengestalt Rud olf's von Habs- burg erwärmt sich wieder unser deutsches Herz. Das war ein Fürst von altem Schrot und Korn, ein Muster deutscher Redlichkeit und Treue, nüchtern, ernst, besonnen, strenggerecht und doch so mild, freund- lich und herablassend. Sein Andenken ist in unzähligen Liedern und

3. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 640

1859 - Lübeck : Rohden
640 Xxv. §. 11. Entwicklung neuer Gegensätze. tägiger Barricadenkampf in Paris endigte mit der Versagung der kö- niglichen Familie aus Frankreich und mit der Erhebung des „Bür- gerkönigs" Louis Philipp aus der Seitenlinie der Orleans auf den neubefleckten und geschwächten Thron. Wie ein zündender Funke fiel diese französische Julirevolution in den überall aufgehäuften Zun- der der „liberalen" Mißstimmung. Belgien riß sich von Holland los und wurde unter Zustimmung der Großmächte zu einem besondern Königreich mit französischer Verfassung erhoben. Polen versuchte seine verlorene Unabhängigkeit wieder zu gewinnen, wurde aber nach zweijährigem harten Kampf durch die russischen Heere überwältigt. In Spanien und Portugal brachen neue verheerende Bürgerkriege aus. In Italien konnte der Geist der Empörung nur durch den Einmarsch östreichischer Truppen gedämpft werden. Die Schweiz war von Hader und Spaltungen erfüllt, und ward durch Aufnahme einer Masse politischer Flüchtlinge, besonders Polen, der Mutterschooß fortwährender Unruhen und Revolutionsversuche in sämmtlichen Nach- barstaaten. Selbst in England regten sich aufständische Versuche und eine Reform des Parlaments nach französischen Principien ward durch- gcsetzt. Wie hätten die deutschen Länder davon unberührt bleiben sollen? Unmittelbar nach der französischen Julirevolution brach in Braun schweig ein Aufruhr aus, der Fürst des Landes ward ver- jagt, sein Bruder mußte eine liberale Verfassung bewilligen. Die Fürsten von Hessen-Cassel und Sachsen wurden gezwungen, ihre Herrscherrechte mit Mitregenten zu theilen und gleichfalls liberale Ver- fassungen anzunehmen. Aehnlich ging es mit Hannover, welches damals noch mit England verbunden war (1837 nach dem Tode Wil- helm's Iv. von England bekam Hannover wieder seinen eignen König, Ernst August, und die liberale Verfassung ward etwas ein- geschränkt). Die Partei der Liberalsten aber im südlichen Deutsch- land, die linke Seite in den Kammern, und Alles, was von unruhigen Geistern und politisch überspannten oder sittlich verkommenen Menschen sich zu ihnen hielt, suchten die revolutionären Bewegungen noch ganz anders in ihrem Sinne auszubeuten. Sie wollten ganz Deutschland zu einer großen „untheilbaren Republik" machen, und alle Nachbar- staaten desgleichen. Auf dem sogenannten Hambach er fest (1832), wo 30,000 solcher verwirrter und thörichter Köpfe beisammen waren, ward dieser Plan öffentlich verkündigt, und zu Frankfurt sollte durch Zersprengung der Bundesversammlung mit der Ausführung begonnen werden. Aber das ganze Unternehmen scheiterte in kläglicher Weise und strenge Verordnungen und Maßregeln der Regierungen gegen die

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 659

1859 - Lübeck : Rohden
Xxv. §. 13. Nordamerikanische Zustände. 659 Wo der König zwar auf dem Throne sitzen, aber nicht selbst regieren darf wie in England, da kann sich keine Liebe der Unterthanen zu ihrem Königshause erzeugen, welche auch über's Meer hin ein unzerreißbares Band bliebe; am wenigsten wenn dieerinncrung an die Verfolgungen dazu kommt, durch welche die Vater einstmals aus England vertrieben wurden. Den wechselnden englischen Ministern gegenüber und der Majorität des Parlaments fühlten die Nordamerikaner keinerlei Verpflichtung. Sie meinten genug tüchtige und wohlbefähigte Männer in ihren eig- nen Reihen zu haben, welche ihre Angelegenheiten in nächster Nähe besser zu leiten im Stande wären, als von jenseit des Meeres her. Es mochte den wenigsten Ansiedlern zum Bewußtsein kommen, daß sie Hochverrath und Treubruch übten, da sie 1773 gegen die englischen Auflagen und Zollmaßregeln sich empörten und mit den Waffen in der Hand ihre Unabhängigkeit und Lostrennung von England durch- setzten. Der sogenannte nordamerikanische Freiheitökampf (1775 bis 1783) ist freilich durch keinerlei Großthaten oder Patriotismus, we- der von der einen noch von der andern Seite ausgezeichnet, und der Ruhm Washington's gründet sich fürwahr nicht auf glänzende Siege und wunderbare Erfolge, sondern höchstens auf sein geduldiges und zähes Ausharren zwischen der Verkehrtheit und Widerwilligfeit seiner Landsleute und der ungeschickten Kriegführung der Engländer. Aber dadurch ist die Losreißung der Amerikaner wichtig für Europa ge- worden, daß die nunmehr zur Selbständigkeit gelangten Ansiedler ihre neuen republikanischen Einrichtungen als die Summe aller politischen Weisheit ausschrieen und den leichtgläubigen veränderungssüchtigen Europäern, die ihnen in ihrem Freiheitskamps zu Hülfe kamen, beson- ders den Franzosen das Märchen von den allgemeinen Menschenrechten, von der Freiheit und Gleichheit aufhefteten, welches sich in den unge- messenen Räumen Amerika's, wo Jeder dem Andern aus dem Wege gehen konnte, wohl hier und da einigermaßen verwirklichen ließ, in den dichtbevölkerten monarchischen Ländern Europa's aber nur als ein thörichtes Hirngespinnst erscheint. So begannen denn nun seit 1776, dem Jahr ihrer Unabhängig- keitserklärung, die dreizehn vereinigten Staaten von Nordamerika mit ihrem Congreß und ihrem alle vier Jahre wechselnden Präsidenten an der Spitze ihren neuen vielbewunderten Entwickelungögang, und haben sich in den noch nicht hundert Jahren ihres Bestehens in einer so überraschenden Weise ausgedehnt, daß sie sich selbst gern einem Riesensohn vergleichen, dessen Kräfte von Jahr zu Jahr und bis in's Ungeheure wachsen. Von den atlantischen Küsten aus, wo sie zuerst 42*

5. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 168

1859 - Lübeck : Rohden
168 Hü- 8- 1. Nothwendigkeit noch einer neuen Form des Weltreichs. Völkerlebens zuzuwenden, und unwiderstehlich vordringend erst Grie- chenland, dann Asien mit seinen eisernen Klammern zu umgürten und in die strengen politischen Formen zu pressen, welche diese Weltmacht vor allen bisherigen auszeichnet. Denn nicht die despotische Herrschaft eines vergötterten Fürstengeschlechts über die rohen Massen, wie im Orient, nicht der Geist und die Kraft eines einzelnen hoch über seine Zeitgenossen hervorragenden Mannes, wie Alerander, nicht die höhere Bildung und geistreiche Staatsverwaltung der eingedrungenen Herr- scher wie in den hellenistischen Staaten, nicht dies oder etwas Aehn- liches war es, was dem spätem römischen Reich die Weltherrschaft in die Hand gab und sicherte. Sondern es war die strenge, starre rücksichtslose Konsequenz, die eiserne Beharrlichkeit in der Verfolgung der politischen Pläne, die feste, unabänderliche Norm und Regel, nach welcher es sich selber seine eigenthümliche politische Gestalt und bür- gerliche Einrichtung gegeben hatte, und welche es nun mit.scho- nungsloser Gewalt allen unterworfenen Städten und Ländern in gleicher Weise aufprägte. Daher vergleicht schon die Weissagung in dem Traumbild des Nebucadnezar das Römerreich mit Eisenfüßen, welche Alles zertraten und zermalmen, was ihm widerstehen möchte, und jegliche noch bildsame Masse eines fremden Völkergeschlechts in die unabänderliche Form der römischen Gesetze und des römischen Staatslebens einstampfen sollten (Dan. 2, 40). War das Leben und Streben der orientalischen Völker ein mehr fleischliches, der sinnlichen Seite zugeneigt, und der Griechen- völker ein mehr geistiges (spirituelles), auf dem künstlerischen und wissen- schaftlichen Gebiete schaffend und gestaltend, so beruht das römische Wesen vorwiegend auf der Thätigkeit des praktischen Verstandes, auf der scharfen Unterscheidung und raschen Aussonderung des Zweckmä- ßigen und Erreichbaren für die äußere Eristenz und das bürgerliche Leben. Herrschte im Orient das Gefühlsvermögen vor, welches bald aufflammend zu wunderbar großartigen Kundgebungen in kolossalen Hervorbringungen fortriß, bald in dumpfer Trägheit hinbrütend Alles über sich ergehen ließ, und nur im augenblicklichen genießlichen Wohl- sein eine Entschädigung suchte, war dagegen unter den Griechen das Denkvermögen ganz absonderlich ausgebildet, also daß nichts Großes oder Kleines ihren Forschungen entging und kein Gebiet menschlichen Wissens von ihnen unbearbeitet blieb, so trat bei dem Römer vielmehr das Willensvermögen ganz entschieden in den Vordergrund, und was sich mit Selbstbeherrschung, Charakterfestigkeit, Ausdauer erreichen läßt, das hat er in glänzendster Weise erreicht und Niemand hat es ihm darin zuvorgethan. Wenn im Orient der despotische Wille eines Ein- zelnen gewaltige Volksmassen beherrschte und nach seinen Launen lenkte im Griechenreich dagegen die freieste Entfaltung der einzelnen Per-,

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 267

1859 - Lübeck : Rohden
Xvii. tz. 2. Herrlicher Beruf und Natur des Germanenvolks. 267 langwierigem Kampf, von Armin besiegt, zu den Römern nach Italien flüchten, und Armin selber erlitt durch seine eignen Stammgenossen einen gewaltsamen Tod. 8. 2. Herrlicher Beruf und Natur des Germanenvolks. So hatte sich nun die zweite große Macht auf dem europäischen Festlande der Römermacht gegenüber gelagert. Auf allen Punkten längs der weitausgeftreckten Grenzlinie, von der Mündung des Rbeins bis zur Mündung der Donau, standen sie sich drohend einander ge- genüber. Aber welch ein anderes Volk die Germanen als das Rö- mervolk. Dieses im Besitz der bis zum Aeußersten getriebenen altheid- nischen Bildung, Cultur, Reichthümer, Lurus, Staatsklugheit, Wissen- schaft, Kunst und festgeschlossener militärischer Kraftentwicklung, von der eisernen Gewalt durchgreifender Gesetze und wohlberechneter Staatseinrichtungen zusammengehalten. Die Germanen dagegen, rohe Krieger, umherschweifende Hirten, nur erst Anfänger im Ackerbau, ohne Sinn für die Eitelkeiten und Genüsse der verwöhnten Cultur, ungewohnt des Städtelebens und der straffen gesetzlichen Einheit, in eine Masse einzelner Völkerschaften und Stämme zerklüftet, an immer weiter greifenden Theilungen und Vereinzelungen sich erfreuend, unter einander in unablässiger Fehde, nirgend darauf bedacht, mit berechne- ter vorschauender Politik die Feinde im Voraus zu schwächen und schon vor dem Angriff sich den Sieg und den Besitz des zu erobern- den Landes zu sichern, oder das gewonnene durch staatskluge Ein- richtungen zu befestigen. Da hätte man nach oberflächlicher Beur- theilung den Römern ohne Zweifel den Sieg zusprechen müssen. Allein nicht Macht, Gewalt, Klugheit und Bildung entscheidet auf die Dauer die Ueberlegenheit des einen Volks über das andere, sondern der sittliche Werth. Treten wir aber mit unserer Be- trachtung auf diese Seite, so fällt es gleich in die Augen, wie hoch die Germanen über der Gesammtheit der damaligen Römerwelt stehen. Denn während uns das ganze römische Weltreich nicht an- ders als ein Pfuhl heidnischer Lasterhaftigkeit und ein weites Meer himmelschreienden Sündendienstes und menschlicher, ja teuflischer Gott- losigkeit erscheint, begegnet uns das Germanenvolk bei aller seiner Rohheit dennoch als ein sittlich ehrenwerthes, keusches, treues, helden- kühnes Volk, welches, ehe es den Kampf mit anderen beginnt, schon den Kampf gegen die eigne Furcht unv Lust durchgemacht hat, und diesen Kampf mit bewundernswerther Kraft und Festigkeit unablässig erneuert und durchführt. Was ihm einmal als Sünde, als verwerf- lich erscheint, das wird mit unerschütterlicher Festigkeit zurückgewiesen

7. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 295

1859 - Lübeck : Rohden
Xviii. §.2. Ansprüche, Aussichten n. Aufgaben der byzantinischen Kaiser. 295 Gottes, auch das Haupt, das europäische Griechenland, auch die stolze Kaiserstadt Constantinopel schon jetzt gleichfalls zertreten und zum Hochsitz der dämonischen Macht werden zu lassen, die es jetzt inne hat. Vielmehr wollte Er hier einen letzten Ueberrest griechischer Bildung, Weisheit, Kunst und Wissenschaft für spätere Jahrhunderte aufbewahren, und die höchste Blüthe der Cultur der alten Welt, die Summe alles Schönsten und Besten, was das Alterthum in seiner höchsten Begabung errungen hatte, hier wie in einem wohlverschlosse- nen Gefäße aufsparen, bis die roh und wild aufstrebenden Völker des Westens so weit durch das Christenthum gebändigt, so sehr von dem heiligen Sauerteig durchsäuert wären, daß ihnen die geistigen Schätze der alten Culturstaaten als ein heilsames und förderliches Geschenk könnten überantwortet werden. Diese Zeit war erst kurz vor der Reformation gekommen. Bis dahin wurde Constantinopel noch geschont, wiewohl es schon vorher oft genug am Rande des Un- tergangs zu stehen schien und die Wucht des göttlichen Zorns in furchtbaren Schlägen von außen und innen zu fühlen bekam. Das byzantinische Reich hatte sich unter Theodosius' Nachfol- gern gar schnell zu einem völlig despotischen Staat ausgebildet. Meist schwache, elende Kaiser auf dem Thron, die im Innern ihres Palastes den Lüsten fröhnten, um sie her eine Schaar von Hämmlingen, Wei- bern und Offizieren, die im Namen des unselbständigen Fürsten nach Laune und Willkür die Regierung führten; unaufhörliche Ränke, Ge- meinheiten, Verbrechen im Innern der Hofburg, Emporkommen und Niedersinken der sich bekämpfenden Hofparteien, feile Beamte, ein skla- vischer Senat, ein käufliches Söldnerheer, Verfall und Verarmung der Provinzen bei immer steigender Genußsucht und Verschwendung des Hofes und des Adels, Schutzlosigkeit der Unterdrückten und trotzige Hoffart der Unterdrücker — das sind etliche Züge aus dem widerwär- tigen Bilde des byzantinischen Kaiserthums. Nehmen wir hinzu die feinsten abgeschliffensten Manieren bei grundgemeiner Gesinnung, die höflichsten Formen des geselligen Verkehrs mit einein ganzen Köcher voll Giftpfeile im Herzen, beständig sprudelnder Witz und unerschöpf- liche Laune beim Mangel aller geistigen Tiefe und sittlichen Kraft, — so sehen wir bald, daß wir uns hier auf einem unterhöhlten Boden be- wegen, der zusammenbrechen muß in dem Augenblick, wo die Langmuth Gottes ihre tragende und schirmende Hand endlich zurückzieht, und daß wir hier keinerlei Neuschöpsiingen aufstrebender Geister, sondern nur ein eitles Stolziren in ererbten Prachtgewändern zu erwarten haben. §. 2. Ansprüche, Aussichten und Aufgaben der byzan- tinischen Kaiser. Wie schon unter den letzten Stürmen und Thronveränderungen im weströmischen Reiche deutlich zu Tage getreten war, betrachteten

8. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 309

1859 - Lübeck : Rohden
Xviii. §. 8. Umsturz der Kirche in Syrien und Palästina und des Perserreichs. 309 Einer Person, und alle seine Nachfolger, die Khalifen, waren es eben so wie er. So waren auch die mohamedanischen Geistlichen (Mufti, Imam, Ulema) zu gleicher Zeit Gesetzesausleger und Religionslehrer und Opferpriester; und jede politische Verpflichtung war für den Gläubigen (Moslem) zugleich religiöse Pflicht. Man denke also, welch eine ungeheure Gewalt auf diese Weise in die Hände des einzel- nen Mannes gelegt war, der nicht bloß als Inhaber der Staatsgewalt, sondern zugleich als Herr über die Seelen, über Himmel und Hölle sich ansah und unmittelbare Offenbarungen von Gott zu empfangen vorgab. Wie nackt und bloß wurde auch in diesem Stück als in einem Zerrbild das damalige Wesen der orientalischen Kirche dargestellt. Auch dort maßte der Kaiser sich an, zugleich der Oberherr aller Bischöfe und der ganzen Kirche zu sein; von seinem Willen hingen die Lehrbestimmungen ab, und die theologischen Entscheidungen galten zu- gleich als Reichsgesetze, der Gehorsam gegen die kaiserlichen Lehrfor- meln als nothwendige Bedingung zur Seligkeit. Und wie im Chri- stenreich die Mönche als fanatische Vertheidiger des rechtgläubigen Bekenntnisses auftraten, so unter Mohamed's Anhängern die Der- wische. Wallfahrten, Gelübde, Rosenkranzbeten, Waschungen, Zehn- ten und sonstige Aeußerlichkeiten hatte auch der Islam. Wie hätte er mit seiner fleischlichen Bestimmung und fanatischem Eifer nicht den Sieg gewinnen sollen über eine Kirche, die von Christo und seinem Worte und seinem Geiste verlassen war. Für die Araber selbst aber war diese neu- erfundene Fleischesreligion durch das wenige äußerliche Werk, was sie aus der geoffenbarten Religion herübergenommen hatte, eine heilsame äußer- liche Zucht, hob sie aus ihrem Götzendienst heraus, und nöthigte sie zu einer gewissen äußerlichen Ehrbarkeit und Gottesdienstlichkeit, ohne doch ihrer patriarchalischen Einfachheit den geringsten Abbruch zu thun. §. 8. Umsturz der Kirche in Syrien und Palästina und des Perserreichs. Das von Mohamed gegründete Despotenreich schien wieder aus- einanderfallen zu sollen, als er es bei seinem Tode verwaist zurück- ließ. Eine Anzahl arabischer Stämme, denen die Zucht schon leid war, fiel ab und wandte sich wieder zum ungebundenen Heidenthum. Die treuen Anhänger stritten dagegen schon auf Tod und Leben über den Nachfolger des Mohamed, der als Khalif die geistliche und po- litische Gewalt zugleich in seine Hände bekäme. Endlich ward Abu Bekr erhoben, ein einfacher und nüchterner, aber erfahrener und schlauer Hirtensürst, der allen Reichthum und allen Lurus verachtete und auch als Khalif noch seine Hirtengeschäfte betrieb. Eben so ein- fach und armselig in seiner äußern Erscheinung war Omar, der dem Abu Bekr schon nach 2 Jahren folgte (634). Aber er war zugleich ein gewaltiger Kriegsmann und leidenschaftlicher Anhänger der neuen Lehre, und wußte seine Begeisterung, vielmehr seinen Fanatis-

9. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 363

1859 - Lübeck : Rohden
Xx. §. 2. Die karolingischen Kaiser. 363 unverkennbare Einheit und Verwandtschaft aller Christenvölker auch durch ein gemeinsames politisches Oberhaupt sichtbar und faßbar dargestellt zu sehen. Wie das alte Römerreich so kunstvoll und wohlgegliedert angelegt war, daß es ohne die höchste Spitze, ohne die Person des Kaisers gar nicht eristiren konnte, so konnte auch die Wiederholung und Erneuerung der altrömischen Staatsforinen und Gesetze unter den ger- manischen und romanischen Völkern nicht wohl geschehen, ohne daß man alsbald gewahr wurde, es fehle noch die nothwendige Spitze, das Allen gemeinsame Oberhaupt. Nicht als ob dies nun der alleinige Re- gent sein sollte, der alle Könige und Fürsten überflüssig machte. Das war er in der letzten Zeit des röinischen Kaiserreichs schon lange nicht mehr gewesen. Sondern er war das geweihete Oberhaupt sämmtli- cher Könige und Regenten gewesen, derjenige, von welchem alle Herr- scher ihre Herrschergewalt empfingen, der ihre Streitigkeiten schlichtete und sie zu einem großen Bunde, zu einem Ganzen vereinigte. So hatte schon Theodor ich, der Ostgothenkönig, als kein römischer Kai- ser mehr da war, sich wieder an die Spitze aller germanischen Könige im zertrümmerten Römerreich zu stellen versucht. Aber sein arianisches Reich und Volk war bald zerfallen und weggewischt. Etwas Aehnliches hatte Chlodwig, der Franke, angestrebt. Aber sein unwürdiges Geschlecht war im vernichtenden Bruderkrieg durch Mord und Lüge zu Grunde gegangen. Erst das neue kräftig emporstrebende karolin- gische Königshaus gelangte an das lang erstrebte Ziel. Karl der Große war der Schutzherr der Kirche, war das Oberhaupt aller Kö- nige der Christenheit, war römischer Kaiser geworden. §. 2. Die karolingischen Kaiser. Aber das Scepter, welches der große Karl mit klarem Blick und fester Hand erfaßt hatte, vermochten die schwachen Hände seiner Nachfolger nicht zu halten. Was der Vater errungen und mit ma- jestätischer Kraft und Sicherheit behauptet, ließ der Sohn in Staub und Unehre verkommen. Statt als mächtiger Schutzherr der Kirche ihre äußeren Geschicke sammt denen des Staats nach seinem Willen zu regeln, wie es Karl gethan, zeigte sich Ludwig der Fromme als willenloser Diener der Geistlichkeit, luchte den Schutz und die Hülfe der Kirche in den Bedrängnissen, die er selbst sich bereitet (S. 348 f.). Noch mehr: anstatt die Einheit seines Reiches zu wahren, welches fast die ganze damalige Christenheit umfaßte, gab er selbst den Anstoß zur schnellen Zersplitterung durch voreilige und ungerechte Theilung der Länder unter seine Söhne. Daher denn die unseligen langwierigen Kriege der Söhne gegen den Vater, daher nach seinem Tode der Krieg der Söhne unter einander, daher die Schwächung ihrer Macht, die Auf- lösung des Reichs, die gänzliche Verdunkelung der kaiserlichen Würde. Lothar, der älteste Sohn Ludwig 's d es Frommen, hatte die Kai-

10. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 368

1859 - Lübeck : Rohden
368 Xx. §. 4. Uebergang der deutschen Krone auf das sächsische Haus. und Besitzungen bestätigen, aber er suchte sich gewisse oberherrliche Rechte über sie und ihre Landschaften zu sichern. Darin handelte er also ganz als Kaiser. Die großen Herren, die sich nicht mehr beseitigen ließen, mußten doch erst von ihm ihre Rechtstitel in Empfang nehmen. Da es aber meist von dem guten Willen der Könige und Herzoge ab- hing, ob sie dem Kaiser huldigen und sich von ihm bestätigen lassen wollten oder nicht, so kann man denken, daß je mächtiger sie wurden, Vesto weniger sie noch nach dem Kaiser fragten. Odo von Paris ward bald so mächtig, daß er den Ramnulf von Aquitanien und alle anderen Gewalthaber in Frankreich zur Unterthänigkeit zwang und den karolingischen Königsstamm ganz bei Seite schob. Von ihm oder doch von seinem Bruder Robert, der sein Nachfolger ward, stammte das spätere französische Königsgeschlecht der Capetinger, welches noch vor Kurzem wenigstens in seinen Seitenzweigen den französischen Thron besessen hat. §. 4. Uebergang der deutschen Krone auf das sächsische Haus. In Deutschland war unter den absterbenden Karolingern die Lage der Dinge nicht viel anders als in Frankreich und Italien. Deutsche Grafen, Herzoge und sonstige Beamte des Kaisers erhüben sich zu gleicher Selbständigkeit wie die aufstrebenden Fürsten in den übrigen Landen des alten karolingischen Kaiserreichs. Hatte man hier doch am wenigsten die Zeit vergessen, wo jeder deutsche Hauptftamm unter seinem eignen angestammten Herzog stand. Aber in Deutschland trat noch ein ganz besonderes Element hinzu. Wir können keinen Augen- blick vergessen, daß der Bau des deutschen Reiches in seinen wesent- lichen Grundlagen ein kirchlicher Bau war. Bei jedem Wendepunkt der deutschen Geschichte sehen wir die hohe Geistlichkeit als die ent- scheidende Macht hervortreten. Das ist in Frankreich und Italien niemals der Fall gewesen. Auch jetzt, da die Herrlichkeit des karo- lingischen Geschlechts zu Ende ging und Deutschland wieder in ein- zelne kleine Stücke auseinanderzufallen drohte, war es die Geistlich- keit, war es insonderheit der Primas von Deutschland: Hatto von Reichenau, Erzbischof von Mainz, der nicht bloß das Ganze zu- sammenzuhalten, sondern es einer neuen kräftigen Entwicklung ent- gegenzuführen verstand. Er sah ein, daß die mächtigen Herzoge von Sachsen und Thüringen, Franken, Lothringen, Alemannien und Bayern nicht mehr zu beseitigen oder zu umgehen wären. Die Stärke des Reichs, die Vertheidigungsfähigkeit gegen die auswärtigen Feinde beruhte darauf, daß in allen Theilen des Landes tüchtige, schlagfer- tige, möglichst selbständige Fürsten zu finden waren, deren eignes
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TM Hauptwörter (200)200

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