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1. Grundriß der deutschen Geschichte mit geographischen Uebersichten für die mittleren Klassen der Gymnasien und höhern Bürgerschulen - S. 153

1852 - Koblenz : Bädeker
Ständische Verfassungen in Deutschland. 135 Die Angelegenheiten des Bundes werden durch eine Bundes- versammlung zu Frankfurt am Main besorgt, in welcher alle Glieder des Bundes durch ihre Bevollmächtigten theils einzelne, theils Ge- sammtstimmen führen (im Plenum 70, in dem engern Rathe 17). Alle Mitglieder des Bundes haben gleiche Rechte. Sie sind ver- pflichtet, sowohl ganz Deutschland, als jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegen- seitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen; sie dürfen einander unter keinerlei Vorwand bekriegen, noch ihre Strei- tigkeiten mit Gewalt verfolgen, sondern müssen deren Entscheidung durch die Bundesversammlung vermitteln lassen. Das Bundescon- tingent wurde auf 300,000 Mann verschiedener Waffengattungen festgesetzt und in 10 Armeecorps nebst einer Reserve-Division getheilt, wovon Oesterreich und Preußen je 3, Baiern 1 zu stellen haben, zu Bundesfestungeu wurden Luxemburg, Mainz und Landau bestimmt, zu denen später Germersheim, Rastatt und Ulm hinzukamen. In dem 13. Artikel der deutschen Bundesacte war auch die Einführung landständischer Verfassungen in aller: Staaten Deutsch- lands verheißen, aber da über das Prinzip dieser Verfassungen rrichts Näheres festgesetzt war, so war die Ausführurrg dieses Artikels der Bundesacte sehr verschiedenartig: in Oesterreich blieberr die alten Postulaten - Landtage der einzelnen Provinzen mit dem Rechte der Steuer ver the i lung und Berathung über Provinzial - Angelegenhei- ten, Preußen erhielt zunäckst ebenfalls Provinziallandtage mit begut- achtendem Einfluß ans die Gesetzgebung, eben so Holstein, die mei- sten übrigen erhielten allmälig besondere Versassungsgesetze. In vier deutschen Staaten: Braunschweig, Sachsen, Hessen-Cassel und Hannover, war die Einführung constitutioneller Verfassun- gen nach dem Beispiele der Pariser Julirevolution (1830) durch innere Unruhen herbeigeführt worden. Hannover verlor jedoch, als es 1837 von Großbritannien getrennt wurde und König Ernst August (ff 1851) zur Regierung gelangte, die kaum in's Leben getre- tene Verfassung wieder, welche nach langem Streite mit den Stän- den durch eine andere ersetzt wurde. In Preußen bildete König Frie- drich Wilhelm Iv., der seinem Vater 1840 in der Regierung folgte, aus den sämmtlichen Mitgliedern der 8 Provinziallandtage einen „vereinigten Landtag", dem er das Recht der Bewilligung neuer Steuern und Anleihen verlieh (1847). Ein wichtiger Schritt für die Herstellung einer größeren Ein-

2. Leitfaden bei dem Unterrichte in der Geschichte des Preußischen Staates - S. 62

1876 - Leipzig : Bädeker
62 Friedrich Wilhelm Iv. Die Verfassung. §. 15. Entwicklung durch Vereinigung der acht Provinziallandtage zu einem „vereinigten Landtage" (bestehend aus: a) der Herren-Curie, b) der Curie der drei Stände: Ritterschaft, Städte und Landgemeinden) mit dem Rechte der Bewilligung neuer Staats-Anleihen in Friedenszeiten, so wie der Zustimmung zur Einführung neuer oder der Erhöhung bestehender Steuern. Erst die Rückwirkung der Februar-Revolution in Paris (1848) führte die Berufung einer Nationalversammlung zur Vereinbarung der Verfassung des preußischen Staates herbei. Diese Versammlung ward jedoch in Folge wiederholter Tumulte in der Hauptstadt erst aus dieser (nach Brandenburg) verlegt, dann aufgelöst und vom Könige selbst eine neue Verfassung gegeben und (nach ihrer Revision 1850) beschworen. Zufolge der revidirten Verfassung übt der König die gesetzgebende Gewalt gemeinschaftlich mit dem allgemeinen Landtage, welcher in das Herrenhaus und das Haus der Abgeordneten zerfällt. Das Herrenhaus besteht lseit seiner Umgestaltung 1852) außer den großjährigen königlichen Prinzen theils aus erblichen, theils aus vom Könige auf Lebenszeit ernannten, theils aus gewählten Mitgliedern. Das Haus der Abgeordneten besteht aus indirekt gewählten Mitgliedern, indem die (wenigstens 24 Jahre alten) Urwähler „Wahlmänner" ernennen, und diese die Abgeordneten wählen. Die Urwähler werden nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden Staatssteuern in 3 Abtheilungen getheilt. Eine gleichzeitig in Frankfurt zusammengetretene „verfassunggebende Versammlung" von Abgeordneten aus ganz Deutschland beschäftigte sich unter heftigen Parteikämpfen mit der Berathung der deutschen Reichsverfassung; die auf Grund derselben dem Könige Friedrich Wilhelm Iv. angebotene erbliche Kaiserwürde in Deutschland wurde von diesem abgelehnt und die Versammlung durch Abberufung der Abgeordneten Seitens der Regierungen aufgelöst. Ein angeblich zum Zwecke der Durchführung der beschlossenen Reichsverfassung in Sachsen, in der Pfalz und Baden ausgebrochener Aufstand, zum Theil republikanischen Charakters, ward von preußischen Truppen fettn Rhein unter Anführung des Prinzen Wilhelm von Preußen) unterdrückt. Eine fernere Erweiterung des Staatsgebietes erfolgte durch die Vereinigung der beidenfürftenthümerhohenzollern-Hechingen und -Sigmaringen mit Prenßen (1849) und durch die Erwerbung eines kleinen Gebietes am Jahdebufen zur Anlage eines Kriegshafens (1853). Dagegen wurde das Souveraiuetätsrecht über (das 1848 abgefallene) Neuenburg und Valeudis aufgegeben (1857). Die Ruhe nach Außen hin wurde nur durch einen kurzen, in seinem Endresultate erfolglosen Krieg gegen Dänemark (1848

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 382

1906 - Langensalza : Gressler
382 welchem England so viele Ziege erfocht und Eroberungen machte, daß es seit der Zeit übermächtiger zur See wurde als je vorher. An den Erfolgen dieses Krieges hatte einer der berühmtesten englischen Minister, der ältere Pitt, später zum Lord Ehatam ernannt, durch kräftige und weise Leitung einen bedeutenden Anteil. In dem zu Paris geschlossenen Frieden mußte Frankreich an England Kanada und Neufundland abtreten und allen Ansprüchen auf deu Ohio entsagen. So oorteilhaft auch dieser Krieg für England ausgefallen war, so hatte er doch diesem Lande große Summen gekostet, und die hohe Lchuldenmasse war dadurch vermehrt worden. Dies nahm es zum Vorwande, zu verlangen, daß seine Kolonien in Amerika, um derentwillen doch eigentlich der Krieg geführt war, die Kosten ihrer Verteidigung und Verwaltung selbst aufbrächten. Dabei vergaßen die Engländer (Lord Granville), welch großen Gewinn sie aus der Handlung mit ihren amerikanischen Kolonien zogen. Diese würden auch der Forderung sich wohl unterworfen haben, hätte nicht England die unweifeften Maßregeln dazu ergriffen und ihnen willkürliche Abgaben aufgelegt. Die ersten Abgaben, die England den Amerikanern 1764 auffegte, wurden, obgleich mit Murren, ertragen; als aber 1765 eine Verordnung erschien, daß alle kaufmännischen und gerichtlichen Verhandlungen in Amerika auf Stempel-pavier geschrieben werden müßten (d i e S te m p e l a kt e,) entstand eine allgemeine Unzufriedenheit; denn täglich kamen bei diesen Handel-Treibenden Leuten dergleichen Verschreibungen vor. Man druckte diese Verordnung auf Papier mit schwarzem Rande, darüber einen Totenkops, und mit der Inschrift: „Torheit Englands und Untergang Amerikas!" wurde sie in den Straßen von New-Aork ausgerufen. Aber dabei blieb es nicht. Der Widerstand gegen diese verhaßte Maßregel zeigte sich in allen Ständen. An dem Tage, wo die Akte eingeführt werden sollte, wurde in mehreren Städten, wie zu einem Leichenbegängnisse, mit den Glocken geläutet und in einer Stadt wurde gar ein förmlicher Leichenzug gehalten. Voran schritten zwei Männer mit gedämpften Trommeln; dann kam ein Sarg, auf welchem mit großen Buchstaben das Wort Freiheit

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 55

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iv. v. Syöel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. 55 furter Pöbels; Zuzüge polnischer Flüchtlinge aus Frankreich und unruhiger Handwerker aus der Schweiz standen in Aussicht. Am 3. April 1833 entlud sich dieses Ungewitter in der Bundesstadt. Das Revolutiousheer, 51 Mann stark, erstürmte die Hauptwache; ehe die Empörer aber die Bundesversammlung verhaften konnten, wurden sie von dem Frankfurter Bataillon auseinander getrieben. Die Bevölkerung Frankfurts sah bedächtig und verwundert zu. Achtzig heranrückende Bauern wurden nicht in die Stadt gelassen. Die Polen kamen überhaupt nicht zum Vorschein. Hier also war in der That eine Verschwörung zu Tage gekommen, und obwohl außer den 130 Frevlern das ganze deutsche Volk in tiefer Ruhe lebte, schien doch den leitenden Höfen die Notwendigkeit offenbar, nicht bloß die Verschwörer einzusperren, sondern Europa zu retten. Die Minister Rußlands, Österreichs und Preußens traten in Teplitz, bald nachher die beiden Kaiser und der preußische Kronprinz in Münchengrütz zusammen und versprachen sich wechselseitigen Beistand gegen jede Empörung, insbesondere gegen jeden polnischen Aufstand. Im folgenden Jahre versammelte darauf Metternich die Minister aller deutschen Staaten in Wien, um die Bundesbeschlüsse von 1819 und 1832 im einzelnen auszuarbeiten und zu vervollständigen. Die Ergebnisse dieser Beratung wurden in ein geheimes Protokoll zusammengefaßt, und sämtliche Regierungen verpflichteten sich zu genauer Befolgung der hier niedergelegten Vorschriften, auch wenn dieselben mit der bestehenden Landesverfassung oder Gesetzgebung in Widerspruch ständen. Seitdem ließ auf Metternichs Standpunkt die deutsche Einheit und Reichsregierung, soweit sie vom Bundestag geübt und vertreten wurde, nichts mehr zu wünschen übrig. Daß hier ein gewagtes Spiel getrieben wurde, sagten sich im Herzen die meisten deutschen Regierungen. Auch war die große Mehrzahl eifrig bestrebt, durch die Pflege der materiellen Interessen die Schmälerung der politischen Rechte den Unterthanen weniger empfindlich zu machen. Nichts begünstigte sie dabei mehr als die jetzt zu voller Fruchtbarkeit gediehene Entfaltung des Zollvereins, welcher zugleich die Bevölkerung des außerösterreichischen Deutschland in ökonomischer Beziehung immer fester an einander schloß. So erfreuten sich mit wenigen Ausnahmen die deutschen Lande einer umsichtigen und erfolgreichen Verwaltung, wie kaum in irgend einer frühern Periode. Von Preußen und Württemberg ist dies schon erwähnt worden. In Hannover vollzog sich unter Dahlmanns Schöpfung, der

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 62

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
62 V. Pfizer, Kosmopolitismus und Nationalität. V. Lin Prophet des neuen deutschen Reiches. (Pfizer, Briefwechsel zweier Deutschen. Stuttgart, 1831. 15. und 17. Brief.) 15. Brief. Kosmopolitismus und Nationalität. Drei Heroen unserer Litteratur, Herder, Goethe und Schiller haben uns das Evangelium der Humanität gepredigt und, indem sie selbst einer allgemein menschlichen Bildung, die in dem Gleichgewicht harmonischer Entfaltung aller Geiftesrichtuugen bestehen soll, ihre besten Lebenskräfte opferten, durch Lehre und Beispiel die Deutschen zu Kosmopoliten geweiht. Allein entweder haben diese großen Geister selbst den unrechten Weg gewiesen, oder sie sind von ihren Jüngern mißverstanden worden. Denn anstatt von den als Musterbilder ans-gestellteu Griechen zu lernen, daß echte Humanität einer Nation nurans der Grundlage der Nationalität, wie echte Bildung des Individuums nur auf der Grundlage der Individualität ruhen kann, haben die Deutschen die Humanität im Gegensatze der Nationalität als ein Surrogat, nicht als ein wohlthätiges Korrektiv derselben aufgefaßt, und durch den politischen Zustand Deutschlands begünstigt, hat die Irrlehre des Kosmopolitismus so feste Wurzel geschlagen, daß die Deutschen jeden Gedanken an Deutschheit als eine Verunreinigung ihres weltbürgerlichen Charakters verschmähen, die Forderungen der Nationalität, Nationalrechte und Nationalehre aber nur noch im Ausland und bei fremden Völkern gelten lassen. Billiger Weise wird daher der einzige deutsche Volksstamm, der sich selbst fühlt und auf seine Volksehre etwas zu halten wagt, der preußische, von dem übrigen Deutschland mit Bitterkeit getadelt und angefeindet. Dagegen kann der Rechtssinn deutscher Publizisten kaum Worte finden, um seinen Unwillen über die Teilung und Vernichtung der polnischen Nation mit hinreichender Energie auszudrücken. Man hält es für unverantwortlich, wenn die Grenzen des neuen Griechenlandes so eng gezogen werden sollen, daß die griechische Nation einen Teil des vorzugsweise klassischen Bodens verliert. Man erklärt die

7. Geschichtliches Lesebuch - S. 107

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 107 imstande, wenig Worte zu Ihnen zu reden. — Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, solange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt; ich gelobe hier feierlich, als das von Ihnen gewählte Organ Ihrer Versammlung, die höchste Unparteilichkeit. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen. Wir sollen schassen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation. (Stürmisches-Bravo.) Den Berus und die Vollmacht, dieses Versassuugs-werk zu schassen, hat die Schwierigkeit in unsere Hände gelegt, um nicht zu sagen die Unmöglichkeit, daß ey auf anderem Wege zustande kommen könnte. Die Schwierigkeit, eine Verständigung unter den Regierungen zustande zu bringen, hat das Vorparlament richtig vorgefühlt und uns den Charakter einer konstituierenden Versammlung vindiciert. Deutschland will Eins sein, ein Reich, regiert vom Willen des Volkes, unter der Mitwirkung aller seiner Gliederungen; diese Mitwirkung auch der Staaten-Regierungen zu erwirken, liegt mit im Berufe dieser Versammlung. Wenn über manches Zweifel besteht und Ansichten auseinandergehen, über die Forderung der Einheit ist kein Zweifel, es ist die Forderung der ganzen Nation. Die Einheit will sie, die Einheit wird sie haben, sie befestigen, sie allein wird schützen vor allen Schwierigkeiten, die von außen kommen mögen, die im Innern drohen." Die Versammlung, der diese Worte galten, ging an ihr Werk, fest überzeugt von ihrem Recht und ihrer Macht: in dem uner-schüttlichen Glauben, daß sie dürfe und daß sie könne, was sie sich vorgesetzt, daß ihre Vollmacht unbestreitbar und unanfechtbar sei wie das Licht der Sonne und daß dem nationalen Willen, dem sie Körper und Gestalt zu verleihen habe, nichts unerreichbar sei, daß ihm nichts, schlechterdings gar nichts widerstehen werde. Von diesem Glauben war Heinrich von Gagern erfüllt mit Leib und Seele; ihn bekannte er in dieser seiner ersten Rede mit dem Brustton tiefster Durchdrungenheit und in Worten, die zündend einschlugen, weil sie ganz kunstlos und unmittelbar das trafen, worüber alle einig waren oder einig zu sein glaubten, und nichts von dem berührten, was die Geister trennte. Und in der Seelenkraft, mit der er hier zum erstenmal gewirkt, lag nun das, was ihm an der Spitze dieses Parlaments eine ganz eigenartige Stellung gab. Obgleich weder ein geistreicher Kops, noch ein

8. Geschichtliches Lesebuch - S. 113

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 113 der Allgewalt" nicht nur gestattet, sondern auch durch die Not geboten sei, als Ga gern, der den Vorsitz abgegeben hatte, als Abgeordneter das Wort ergriff: „Ich thue einen kühnen Griff und sage Ihnen, wir müssen die provisorische Centralgewalt selbst schaffen. (Lang anhaltender stürmischer Jubelruf.) Darum müssen wir sie selbst schaffen: sie muß stark sein, sie muß Vertrauen einflößen. Wir müssen sie aber besonders darum selbst schaffen, weil wir ihrer schnell bedürfen und weil wir nicht gewiß sind, daß sie dann schnell geschaffen werden wird, wenn wir eine Mitwirkung der Regierungen in Anspruch nehmen wollen. — Wollen wir, wie jetzt unzweifelhaft, der Mehrheit nach Einen, so ist ein Mann hochstehend gefunden, der der Unterstützung der Nation für die höchste Stelle sich wert gezeigt hat und ferner wert zeigen wird. Aus der höchsten Sphäre müssen wir den Reichsverweser nehmen, denn es giebt keinen Privatmann, der unter solchen Umstünden das Amt übernehmen könnte, wie vielleicht einzelne oder auch Parteien gedacht haben. (Vielstimmiges Bravo auf der Rechten.) Ich gehe nicht ein auf die Frage unserer künftigen Verfassung; ich halte mich lediglich an den gegenwärtigen Zustand und unsere jetzigen Bedürfnisse. Ich spreche Ihnen nicht von Monarchie und Republik, ich sage Ihnen aber: jetzt bedürfen wir eines Mannes, der hoch steht und sich der Unterstützung aller Staaten ohne Widerspruch muß versichert halten können, wenn er das Amt antreten soll, welches Sie ihm zudenken." (Vielstimmiges, wiederholtes Bravo.) Darauf wies er der Linken nach, wie das Prinzip der Volkssouveränität dadurch gewahrt sei, daß er ja die Nation selber in ihren Vertretern die Wahl vollziehen lasse aus Gründen des Rechts, der Nationalsicherheit, der Nationalwohlfahrt. „Und auch darin wird keine Abdankung dieses Prinzips gefunden werden können, wenn meine Meinung, wie sie es wirklich ist, etwa die sein sollte, daß die hochstehende Person ein Fürst sein müsse, was auch Sie einräumen können, nicht weil es, sondern obgleich es ein Fürst ist. (Allgemeines wiederholtes Bravorufen in der Versammlung und auf den Galerien.) Wenn wir thun, was die Wohlfahrt des Vaterlandes fordert, ohne Rücksicht auf Sophismen, die einzelnen als Prinzipien gelten, wenn wir in der Überzeugung handeln, daß das Priuzip, welches durch uns zum Gesetz wird, Gehorsam verlangt, dann werden wir thun, was unsere Schuldigkeit, und die Nation wird uns Beifall zurufen. Wir stellen nicht die Freiheit bloß, und wir schaffen die Einheit unseres Volkes und Vaterlandes, nach der wir schon so lange uns sehnten." (Stürmischer, lang an- Müller, Geschichtliches Le'ebuch. g

9. Geschichtliches Lesebuch - S. 124

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
124 Ix. Oncken, Die Trennung von Österreich und der preußische Erbkaiser. wüchsige Germania aus der Grube steige." (Anhaltendes Bravo auf der Linken und im Centrum.) Die Annahme der §§ 2 und 3 des Reichsverfassnngsentwnrfs bedeutete das Auswerfen einer Frage, auf welche die Antwort nur von Österreich selbst gegeben werden konnte. In den letzten Tagen des November erfolgte sie; am 27. durch den neuen Ministerpräsidenten Österreichs, Fürsten Felix Schwarzenberg in Kremsier und am 30. November durch den Abgeordneten Grafen Deym in der Pauls-kirche selbst: und wenn diese Kundgebungen noch nicht ausreichten, um in Frankfurt vollständige Klarheit zu verbreiten und jeder Selbsttäuschung über das Verhältnis zu Österreich ein Ende zu machen, so lag die Schuld jedenfalls an Österreich nicht, denn dessen Offenherzigkeit war hier wie dort eine unbedingte gewesen. In der Rede, mit welcher Fürst Schwarzenberg den von Wien nach Kremsier verlegten Reichstag eröffnet hatte, befand sich über das Verhältnis Österreichs zu Deutschland folgende Stelle: „Das große Werk, welches uns im Einverständnisse mit den Völkern obliegt, ist die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper vereinigen soll. — Dieserstand-pnnkt zeigt zugleich den Weg, den das Ministerium in der deutschen Frage verfolgen wird. Nicht in dem Zerreißen der Monarchie liegt die Größe, nicht in ihrer Schwächung die Kräftigung Deutschlands. Österreichs Fortbestand in staatlicher Einheit ist ein deutsches, rote europäisches Bedürfnis. Von dieser Überzeugung durchdrungen, sehen wir der natürlichen Entwickelung des noch nicht vollendeten Umgestaltungsprozesses entgegen. Erst wenn das verjüngte Österreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen. Bis dahin wird Österreich fortfahren, feine Bundespflichten treulich zu erfüllen." Diese Rede war vollständig klar über die Frage, auf die hier alles ankam: Österreich lehnte für seine eigne Neugestaltung jede Rücksicht auf die Beschlüsse der Nationalversammlung ab und wies die Zumutung eines Verzichtes auf die eigne Staatseinheit, roie sie der § 3 aus-sprach, mit der unumwundensten Entschiedenheit zurück. Dagegen, deutete der Hinweis auf die fortdauernde Erfüllung seiner Bundespflichten an, daß es auf seine früheren Rechte im deutschen Bunde keineswegs verzichte. Die zweite Kundgebung erfolgte am 30. November in der Pauls-

10. Geschichtliches Lesebuch - S. 149

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. 149 die Erblichkeit, schaffen Sie keinen herrschenden Einzelstaat, stoßen Sie Österreich nicht ab, retten Sie das Wahlrecht, dieses kostbare Volksrecht, dieses letzte fortwirkende Wahrzeichen des volksmäßigen Ursprungs der neuen Gewalt. Glauben Sie, meine Herren, es wird kein Haupt über Deutschland leuchten, das nicht mit einem vollen Tropfen demokratischen Öles gesalbt ist! (Lebhaftes Bravo und Beifallklatschen auf der Linken und dem linken Centrum.) 2. Rede Dahlmanns vom 22. Januar 1849 l). (Stenograph. Berichte, herausg. von Wizard. Seite 4819.) Meine Herren, Ich werde danach trachten, mich der ernsten und würdigen Haltung meiner beiden letzten Vorredner anzuschließen, keineswegs aber dem wieder lebendig gewordenen Pater Abraham a ^anta Clara nacheifern, welcher von dieser Tribüne einen tiefernsten Gegenstand mit mannigfaltigen Späßen überschüttet hat. Meine Herren! Sie haben in Ihrer letzten Abstimmung die Würde des Reichsoberhauptes einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen und eben damit die Grenze bezeichnet, in welcher sich die heutige Diskussion zu halten hätte, wiewohl zu meinen Bedauern und nicht allein zu meinem Bedauern sich mehrere der Herren Vorredner keineswegs innerhalb dieser Grenzen gehalten haben. Ich habe mit neun Gesinnungsgenossen im Versassungsausschuß ein Minoritätsgutachten aufgestellt, welches also lautet: „Diese Würde ist erblich in dem Hause des Fürsten, dem sie übertragen worden; sie vererbt im Mannesstamme nach dem Rechte der Erstgeburt." Dies Minoritätserachten zu verteidigen, zu rechtfertigen bin ich hierher getreten, wiewohl ich Ihnen gestehe, daß das Geschäft, welches ich übernommen habe, mir nicht unähnlich dem Geschäfte zu sein scheint, alv hätte ich es übernommen, eine Lobrede auf das Einmaleins zu halten. Denn gerade wie es mit dem Einmaleins bewandt ist, daß sich diesem gar nichts besonders Scharfsinniges oder gar Liebenswürdiges nachsagen ließe, sondern immer nur einfach so viel, es sei 1) Zum Teil Erwiderung auf die vorige Rede. Vgl. Seite 136.
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