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1. Die Landschaften Europas - S. 392

1900 - Trier : Lintz
392 Die Balkanhalbinsel. Thäler wie aus einem Versteck auf. Häufiger ist ihr Anblick in Bulgarien. Die Türken haben die Klöster auf ihren Kriegszügen meistens in heiliger Scheu verschont, und nur in seltenen Fällen wurden die Klosterfelder von ihren Rossen zerstampft. So können die Klosterräume noch von frühern Jahrhunderten erzählen, und das Volk schätzt sie als die Hüter des Glaubens und der Erinne- rungen der'väter. Das bulgarische Volksleben hat zu den Klöstern noch heute innige Beziehungen, und kommt der Namenstag des Schutzheiligen, so strömt die Menge von weit und breit zusammen, und alle bringen Gaben. Eine Art Jahrmarktsleben entwickelt sich um die stillen Räume des Klosters. Die Burschen und Mädchen tanzen den H o r o, den volkstümlichen Reigentanz, und Zigeuner spielen dabei mit dem Dudelsack oder der Geige auf. Auch sonst können sich die Mönche über die Bauern nicht beklagen. Meistens helfen diese gern bei der Bestellung der Felder. Dafür ist das Kloster auch eine gastliche Stätte. Ein einfaches Nachtlager wird jedem gewährt, der an der Klosterthür anklopft. Als Speise wird ihm ein Huhn, mit Paprika und Zwiebeln gekocht, und ein Stück Schwarzbrot vorgesetzt, und ein Gläschen Traubenbranntwein würzt das Mahl. Zuweilen wird sogar ein Lämmchen zu Ehren des Gastes ge- schlachtet. In der Fastenzeit jedoch muss man sich mit Oliven und in Wasser gekochten Bohnen zufrieden stellen. Als Zahlung wird eine kleine Opfergabe angenommen. Die Klostergebäude sind meistens aus Holz gezimmert. In dem fest gemauerten Kirchlein hängt meistens keine Glocke. Die Türken erlaubten deren Gebrauch nicht. Ihre Stelle vertritt ein langes Eichenbrett, das neben dem Kirchlein an einem Baume hängt, oder auch eine Eisenstange. Mit einem oder zwei Schlägeln wird ein weithin schallender Lärm gemacht, der die Gläu- bigen zum Gottesdienste ruft. Von Bulgarien schweifen wir hinüber nach Konstantinopel, wo in den blauen Fluten des Goldenen Horn sich die schlanken Minarets der türkischen Moscheen spiegeln. Vom Islam und seinen Gebräuchen, wie sie die Satzungen des Koran vorschreiben, wollen wir etwas sehen und erfahren. Die m olía- me danisch en Frauen dürfen sich nur verschleiert auf der Strasse zeigen. Bei den Mahlzeiten ist strenge Scheidung der Geschlechter vorgeschrieben. Diese Vorschrift schneidet tief in das Familien- und gesellige Leben ein. Selbst bei Festen darf keine Ausnahme gemacht werden, nicht einmal während des Fasten- monats Ramasan, wo jeder vornehme Moslem am Abend offenes Haus hält und seine Freunde einladet. Iftar, der Bruch des Fastens, heisst die grosse Mahlzeit, die abends gereicht wird, sobald mit dem Sonnenuntergang der neue Tag begonnen hat. Am Tage aber muss gefastet werden. Die Vorschrift des Propheten lautet: „Den Monat Ramasan, in dem der Koran offenbart wurde, als Leitung für den Menschen und deutliche Lehre des Guten, sollt ihr fasten . . . Begehrt, was Gott euch erlaubt, esset und trinket, bis man beim Morgenstrahl einen weissen Faden von einem schwarzen unterscheiden kann. Dann aber haltet Fasten bis zur Nacht, ziehet euch ins Bethaus zurück." Die sechste Nachmittagsstunde ist bald zu Ende, und die Sonne neigt sich zur Erde. Immer schärfer treten die Umrisse der Paläste, Moscheen und Minarets auf dem Hügelabhang, auf dem Stambul liegt, hervor und geben der Stadt ihr eigenartiges Gepräge. Sehnsüchtig blicken die Gläubigen zum Himmel; denn bald schlägt die Erlösungsstunde vom Fasten. Plötzlich ertönt dumpfer Kanonendonner: der neue Tag ist angebrochen! Mit lauter Stimme rufen die Muezins von den zierlichen Galerien der wie Nadeln

2. Die Landschaften Europas - S. 449

1900 - Trier : Lintz
Kultureigenthümlichkeiten und Volksleben. 449 Karl V., der zugleich deutscher Kaiser war, und der von seinem Reiche sagen konnte, dass in ihm die Sonne nicht unterging, gehörten zu Spanien : Sardinien, das Königreich beider Sizilien, Mailand, die Franche-Comté, die Niederlande und die ausgedehnten Kolonieen in Süd- und Mittelamerika, während Portugal seinen Hauptkolonialbesitz in Ostindien hatte. Aber im Mutterlande hatte man mit den Ungeheuern Reichtümern nur Klöster, Kirchen und Paläste gebaut. Als die Vorherrschaft zur See an England, das im J. 1588 die spanische Armada zerstörte, und an Holland ver- loren ging und nach und nach fast alle fremden Besitzungen aufgegeben werden mussten, da war es auch mit der Gross- machtstellung Spaniens vorbei. Nur durch eine vollkommenere Kulturarbeit im eignen, von Natur so reichen Lande kann diese wieder erreicht werden. Aber hierbei stehen die Anschauungen, die eine mehr glückliche als verdienstvolle Geschichte dem spanischen Volke eingeprägt hat, als hindernde Schranken im Wege. 13. Kultureigentümlichkeiten und Volksleben. Ein jedes Volk, das auf eine grosse Geschichte zurück- blicken kann, besitzt auch eine scharf ausgeprägte Eigen- art, und es ist ein Zeichen des lang andauernden Zerfalls, dass in Spanien die nationalen Sitten mehr und mehr schwinden. Aus der hohen Blüte der spanischen Poesie und Kunst und aus der kräftigen Entfaltung des Volks- lebens ging diese Eigenart hervor. In der spanischen Litte- ratur herrscht jedoch seit langem der französische Einfluss, und wollen wir Tambour in und Cas tagne tt en , sowie das von den Mauren hinterlassene spanische Volkslied erklingen hören, so müssen wir die schmutzigen Ventorrillos der Vorstädte Madrids oder die dunkeln Kneipen Sevillas aufsuchen. Ein echtes Volks- leben entfaltet sich aber noch bei den Romerías oder Verbe- nas. den Festen, die zur Verherrlichung der verschiedenen Heiligen von Städten und Dörfern, oft grossartig und glänzend, gefeiert werden. Wenn das kirchliche Fest vorüber ist, so giebt sich das Volk den weltlichen Vergnügungen hin. In den Volkscafés und den kleinen rauchigen Kneipen werden dann noch die alten spanischen Tänze aufgeführt. Eine echt spanische Volkssitte sind die Stierkämpfe, die namentlich in Sevilla und Madrid mit grossem Gepränge und rie- siger und leidenschaftlicher Beteiligung der Bevölkerung abgehalten werden. Vielleicht hat ein Kenner des spanischen Volkes Recht, wenn er sagt, dass man diesem seine Nationalität nehmen würde, wenn man ihm die Stierkämpfe verbieten würde. Jedenfalls thut ein solcher Ausspruch kund, wie tief diese nationale Sitte, die von den Mauren stammt, im Volke wurzelt. Und insofern hat er Recht, als bei den Festen der Stierkämpfe der Nationalcharakter des Spaniers, seine ganze Aufgeregtheit und Leidenschaftlichkeit, un- verhüllt zum Vorschein kommt, die er sonst hinter einer gemessenen Kerp, begründ.-vergleieh. Erdkunde, H. Bd. 29

3. Die Landschaften Europas - S. 249

1900 - Trier : Lintz
Kiiltureigentümlichkeiten und Volksleben. 249 bildet es einen grossen Gegensatz zu den Häusern der Städte, die wie eine endlose Reihe kleiner Kästen erscheinen. Unter den englischen Familienfesten ist das Weihnachts- fest das schönste des ganzen Jahres. Jeder Engländer sehnt sich dann zurück in das Vaterhaus, und selbst weite Reisen werden nicht gescheut, um die schönen Tage im Kreise der lieben Ver- wandten verleben zu können. Wer aber dies nicht kann, dem öffnen sich die gastlichen Pforten eines Freundeshauses, und Ausländer staunen über die Herzlichkeit, mit der sie um diese Zeit in eng- lischen Familien gastlich willkommen geheissen werden. Die Sitte des Beschenkens am Weihnachtsfeste ist auch in England all- gemein verbreitet. Die liebliche Bescherungsgestalt des Christ- kindleins kennt man aber fast gar nicht. Seine Stelle vertritt der Father Christmas (spr. fathör krissmäss), ein Weihnachtsmann mit weissem Barte. Die innern Räume des Hauses sind mit immer- grünen Pflanzen, besonders mit Zweigen der Mistel und der Stechpalme geschmückt. Letztere vertritt meistens auch den Weihnachtsbaum. In manchen Familien erfreut sich das junge Volk am Weihnachtsfeste noch an den althergebrachten Gesell- schaftsspielen. Das öffentliche Leben wird in England durch nichts so sehr beherrscht als durch den vielerlei Sport. Die schönsten Veran- staltungen, zugleich die, mit welchen das Lebensinteresse des englischen Volkes am innigsten verknüpft ist, sind die Segel- regatten, die im grossartigsten Massstabe alljährlich besonders auf der untern Themse und bei Co we s (spr. kaus') an der Insel Wight stattfinden. Doch auch an vielen andern Stellen der aus- gedehnten Küste werden kleinere Segelregatten veranstaltet, und diese nehmen gewöhnlich am meisten das Gepräge von wahren Volksfesten an. Das Meeresufer hat ein Festgewand angelegt, und auch die in der Nähe liegenden Schiffe sind mit Flaggen geschmückt. Die Stelle des Strandes, von wo aus die Regatta am besten verfolgt werden kann, bietet den Anblick eines Jahrmarktes dar. Gegen Mittag werden in der Stadt die Läden geschlossen, und nun macht sich alles auf die Beine. Alles strömt zum Strande, Kirchenglocken und Musikbanden aber erhöhen die Festesstimmung. Das Wettsegeln beginnt. Ein jeder verfolgt es so gespannt, als wenn sein eignes Segelboot den Kampf mitmache. Jeder Vorteil des einen, jeder Nachteil des andern Bootes wird gleich erkannt, und die Aussichten des Sieges werden hin und her besprochen. Der Sieger erntet reichen Jubel. Am Schlüsse der Wettfahrten finden gewöhn- lich noch allerlei V olksbelustigungen statt, wie Wettschwimmen, eine Kübelfahrt, eine Wild-Enten- und Gänsejagd, und in allgemeiner Heiterkeit endet der Festtag.

4. Die Landschaften Europas - S. 356

1900 - Trier : Lintz
356 Das Russische und Rumänische Tiefland. Betten in unserm Sinne kennt man in dem russischen Bauernhause fast gar nicht. Als Schlafstelle dient die Palata (= Zelt), ein Bretterboden, der von der obera Kante des Ofens bis zur gegen- überliegenden Wand reicht. Als Bettzeug werden Schafsfelle, Filz- decken, kleine Kissen und alte Kleider benutzt. Ausser einigen Holzbänken und schweren Tischen aus Tannenholz besteht die Möbelausstattung der Isbà noch aus einer grossen Kiste, die die wertvollsten Habseligkeiten der Familie birgt. Reinlichkeit ist nicht die starke Seite der russischen Bauern- familie. Tägliches Waschen ist nicht Sitte, obschon es bei dem engen Zusammenwohnen und Zusammenschlafen notwendig wäre. Trotzdem sieht es mit der Sorge für die Reinlichkeit nicht so schlimm aus, als wir hiernach annehmen möchten. Nach der Woche Müh und Arbeit kommt der Samstag. An diesem Tage nimmt jeder russische Bauer ein heisses Dampfbad. Es hat diese Sitte zugleich eine religiöse Bedeutung. Kein rechtgläubiger Russe würde ohne jene gründliche Reinigung am Körper es wagen, Sonntags das Gotteshaus zu betreten. Das Dampfbad wird entweder in einer Gemeindebade- stube oder in einer kleinen Badestube, die im eigenen Hause eingerichtet ist, genommen. Durch Aufgiessen von Wasser auf glühend gemachte Steine wird ein heisser Dampf erzeugt, in dem man so lange aushält, bis der Körper ganz in Schweiss gebadet ist. Die Schwitzenden schlagen sich mit Birkenruten, und zum Schlüsse begiessen sie sich mit kaltem Wasser oder wälzen sich draussen im Schnee. Nachher fühlt sich der Körper sehr erfrischt. Sehr einfach ist die Ernährungsweise des russischen Landvolkes. Brot, gesalzene Fische, Kohl, entweder frischer oder gesäuerter, Milch, Eier, Hülsenfrüchte, sowie Zwiebeln, Gurken und Pilze sind die Hauptnahrungsgegenstände. Fleisch ist eine Fest- tagsspeise und wird nur der Kohlsuppe, die fast alltäglich wie- derkehrt, zugefügt. Der Schnaps g en us s ist ziemlich verbreitet. Bier jedoch verschmäht der russische Bauer, weil es ilm nicht schnell genug berauscht. Berauschtwerden ist aber seine einzige Absicht beim Branntweintrinken. Doch bürgern sich immer mehr zwei Yolksgetränke ein, denen auch in andern Ländern eine grosse Verbreitung zu wünschen wäre, nämlich Kwass und Tliee. Der Kwass ist ein kühlendes, durststillendes und wohlschmeckendes Halb- bier, das verschieden, z. B. aus Roggenmehl und Malz, aus Schwarzbrot und Äpfeln u. s. w. zubereitet wird, indem man eine Gärung im Wasser eintreten lässt. Es besitzt keinen Alkoholgehalt. Der Thee wird in der vortrefflichen russischen Theemaschine, dem blank geputzten Ssamovär, der ein Zierstück fast eines jeden Hauses ist, zubereitet. Das russische Volk liebt sehr den Gesang. Das tiefe Em- pfinden des russischen Gemütes kommt bei diesem zum Ausdruck. Bei der Arbeit, bei der Ruhe und besonders bei festlichen Gelegen- heiten ertönen die sanften Melodieen, die durch ihren gedehnten Vortrag an die endlosen Ebenen des Landes erinnern. Doch auch plötzliche Übergänge zu einem wilden Rythmus kommen in ihnen vor und erzählen uns von noch ungezügelten Naturkräften des Volkes. In langgezogenen hohen Tönen klingt häufig das Lied aus, welches meist mit einem einfachen Instrumente, einer Art Harfe oder Zither, begleitet wird.

5. Die Landschaften Europas - S. 424

1900 - Trier : Lintz
424 Die Apenninen-Halbinsel. wirtschaftlichen Verfalls. Auch in heutiger Zeit leben weite Schichten des italienischen Volkes in bitterer Armut. Für die Zukunft öffnen sich aber zwei günstige Aussichten: infolge der Eröffnung des Suezkanals schlägt der Handel wieder mehr seine alten Wege ein, und die politische Einigung lässt auf eine ruhige Weiterentwicklung hoffen. Nicht wenig erleichtert wird die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse, wie schon so oft in der Vergangenheit, durch die grosse Genügsamkeit des italienischen Volkes. 13. Kultureigentümlichkeiten und Volksleben. Die scharf ausgeprägte Eigenart der Landesnatur Italiens hat auch in dem italienischen Volke viele Kultur- eigentümlichkeiten ausgebildet. Nur einzelne Züge des italie- nischen Volkslebens können wir hier betrachten. Zunächst ein Verkehrsbild mitten aus dem Leben. Wir befinden uns, im Geiste einer Schilderung Siebourgs folgend, vor dem Thor von Bologna auf der V i a A e m i 1 i a und betrachten das bewegte Treiben auf dieser verkehrsreichen Strasse. „Wagen mit Weinfässern werden gemächlich von kräftigen Ochsen zur Stadt gezogen, dort trabt eine kleine Rinderherde unter lautem Zuruf des Hirten zum Thor. Zahlreiche zweisitzige Wägelchen, mit Maultieren oder Pferden bespannt, jagen in unglaublich schnellem Tempo dahin; selbst die feineren Leute behalten dies landesübliche Gefährt bei, das keineswegs sehr bequem ist. Es wandert nur, wer unbedingt muss. Am Weg steht hier und da eine einfache Osteria; schmutzig ist sie schon, aber meist schenkt sie guten Wein." Als zweites Bild wähle ich die Beschreibung einer italie- nischen Weinschenke, einer Osteria1). Der Wirtschaftsbetrieb einer Osteria ist gewöhnlich auch auf die anliegende Strasse ausgedehnt. Die innern Wirtschaftsräume sind meist sehr unvollkommen. Das Malerische und die eigentümlichen Lichtwirkungen entschädigen den ein- tretenden Fremden aber reichlich. Die Sonnenglut der Strasse hat unser Auge so geblendet, dass wir uns in dem dunklen, fensterlosen Raum, dessen Öffnung durch einen Vorhang verschlossen ist, zunächst nichts zu sehen vermögen. Doch bald hat sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt. Im Hintergrunde des Raumes erblicken wir einen Menschen in Hemdsärmeln, der an uns die Frage richtet: Vuol' mangiare? (Wünschen Sie zu essen?) und Pastoso o asciutto? (Süssen oder herben Wein?) Wir bejahen die erste Frage und bestellen herben Wein. An einem rohen Holztische haben wir uns auf wackelnden Bänken niedergelassen. Über den Tisch wird ein Tischtuch gebreitet, das gleich den hingelegten Servietten zahlreiche rote Flecken, die Erinnerungen an Rotwein und rötliche Saucen zeigt. Wir beginnen die Gabeln, Messer und die Gläser zu reinigen und lassen gleichzeitig unsere Blicke durch den Raum schweifen. Die Wände sind getüncht und mit einigen Bildern aus illustrierten Zeitungen geschmückt. Doch auch die Bilder des italienischen Königs- und des deutschen Herrscherpaares, sowie das von Garibaldi entdecken wir. Im Hintergrunde steht der Herd und daneben der Schenktisch. Inzwischen hat der Wirt den Wein aus dem Keller geholt. Ausser uns sind noch mehrere Gruppen von Gästen in der Osteria. Arbeiter und Landleute sitzen an Nebentischen. Einige spielen Karten, andere verzehren zu einem Schluck Wein die Speisen, die sie selbst J) Frei bearbeitet nach einem in der Kölnischen Zeitung vom 26. Juli 1896 ersch. Aufsatze.

6. Die Landschaften Europas - S. 103

1900 - Trier : Lintz
Kultureigentümlichkeiten und Volksleben. 103 die Schwingen eines Tanzes. Von den dumpfen Tönen des_ Basses lieben sie sich schmeichelnd ab. Nun löst sich einer der Musikanten von der Gruppe. Mit dem Hute in der Hand empfängt er vor jedem Wagenfenster des Zuges das Trinkgeld der Reisenden, die sich alle über den musikalischen Empfang gefreut haben. Wir sind in Budapest, der glanzvollen Hauptstadt des Un- garlandes, angelangt. Nach des Tages Hitze suchen wir Kühlung auf der breiten Promenade der Andrassy-Strasse. Wieder klingen die wilden Klänge der Zigeunermusik zu uns herüber. Es ist die Konzertmusik eines grossen Caféhauses. Wir stehen lauschend still, es zieht uns näher, und bald sitzen wir im Vorraum des Café- hauses, um auf die Klänge, die bald das wilde Jagen des Rosses, bald rauschende Tanzbewegungen, bald ein wehmütiges Klagen auf weltentlegener Heide nachahmen, zu hören. Unser Geist weilt auf der Pussta sonnenglühender Steppen- heide. Es dunkelt schon der Abend, da erreichen wir die einsame Heideschenke, die C s arda. Eine Pferdeherde schnauft in tosen- dem Jagen an uns vorüber. Sie kommt von der Tränke. Wie die Csikos auf feurigem Ross dahinstürmen, die Herde umkreisend! Bald ist von der Herde nur noch eine Staubwolke zu sehen. In der Csarda öffnet sich uns eine qualmerfüllte Stube, und wieder klingen Geigentöne an unser Ohr, und tanzende Paare wirbeln durcheinander. Erst allmählich vermögen wir in dem trüben Licht die einzelnen Gestalten zu unterscheiden. Echte Heide mense h en! Braune, von der Sonne verbrannte Männer von kleinem bis mittel- grossem Wüchse und dunkeläugige Landmädchen! Die ersteren tragen w eissleinen e Hosen, die an den Hüften durch eine Schnur zusammengezogen sind. Ein meistens leinenes Hemd, mit Stickereien geschmückt, flattert in weiten Falten um die kräf- tige Brust. Wild rollt das Blut in diesen Männern. Durch die kühnen Reiterkünste ward es so wild, schon in den Ahnen, die in Reiterhorden aus Asiens Steppen dahinstürmten, und in den sonnenglühenden Pussten der neuen Heimat hat es keine Zeit, ruhiger zu werden. Die Mädchen tragen kurze, in der Regel rotfarbige Kattunröcke, ein schwarzes Mieder und an den Füssen kleine Schühchen. Die Haare hängen in einem dunkeln Zopf nach hinten herab. Sonntags aber legt das braune Heidevolk schönere Kleider an. Dann tritt bei den Männern an die Stelle der weissleinenen eine enge blaue Hose, und zu dieser gehört eine enge blaue Jacke, die gleich der Hose reich mit Schnü- ren verziert ist. Vor Winterkälte schützt ein Schafpelz, den jeder mit sich trägt. Die Landmädchen ziehen ein schwarzes Sammetmieder an und putzen sich auch sonst, so gut sie können. Ein von flinken Rossen gezogener Erntewagen bringt uns schnell von der Heideschenke in das benachbarte, riesengrosse Dorf, wo wir im Kaiserlichen Wirtshaus Unterkunft finden. Am andern Tage sind wir schon am frühen Morgen auf den Beinen, um uns das Dorf und das Dorfleben anzusehen. In schnellstem

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 29

1906 - Langensalza : Gressler
29 lägen, als die seinigen erkenne und ob er widerrufen wolle. Tie erste Frage bejahte er; aber wegen der zweiten bat er sich Bedenkzeit aus, die ihm der Kaiser auch gewährte. Erst als er den Saal hinter sich hatte, atmete er wieder frei. Tas sah er nun doch ein, daß es keine Kleinigkeit sei, so vor Kaiser und Reich zu stehen und seine Meinung zu verfechten: so schlimm batte er es sich nicht gedacht. Aber schnell gab ihm der Gedanke an den Beistand Gottes, für dessen Wort er hier zu reden habe, neue Kraft, und er freute sich, als er schon am folgenden Nachmittag um 4 Uhr tuieber zur Versammlung abgerufen würde. Nach-bem er zwei ganze Stnnben braußen hatte warten müssen, nm-brängt von unzähligen Neugierigen, öffneten sich für ihn die Türen, und er trat ein. Schon brannten im Saale alle Kerzen und Fackeln. „Allergnädigster Kaiser, gnädigste Kurfürsten, Fürsten und Herren!" hob er au, „ich erscheine gehorsam auf dem Termine, so mir gestern abenb angesetzt ist, und bitte durch Gottes Barmherzigkeit. Ew. Maj. und ©naben wollten biefe gerechte und wahrhaftige Sache, wie ich hoffe, gncibigst hören; und so ich ans Unverstanb vielleicht einem jeglichen seinen gebührlichen Titel nicht geben ober mich sonst nicht nach Hofgebrauch in Gebärden erzeigen sollte, mir es gnäbigst zugute halten, als der ich nicht zu Hofe gewest, sonbern immer im Kloster gesteckt bin und von mir anders nicht zeugen kann, benn daß ich dem, was von mir bishero mit einfältigem (aufrichtigem) Herzen gelehrt ober geschrieben worben, allein Gottes Ehre und der Christgläubigen Nutz und Seligkeit angesehen und gesucht habe." Dann rebete er von seinen Büchern und von den barin enthaltenen Lehrsätzen, alles in beutscher Sprache. Ta erinnerte man ihn, der Kaiser verstehe bavon nicht viel, er solle boch das mit lateinischen Worten wteberholen. Tas tat er auch, ob ihm gleich wegen des Getümmels sehr heiß war. Nachbem er lange überaus bescheiben gesprochen hatte, siel ihm der Vikar in die Rebe und verlangte eine runbe, richtige Antwort, ob er wiberrufen wolle ober nicht. „D eil benn", antwortete Luther, „kaiserliche Majestät, Kur- und Fürstliche Gnaden eine schlichte, einfältige, richtige Antwort begehren, so will ich eine geben, die Weber Hörner noch Zahne haben soll, nämlich

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 104

1906 - Langensalza : Gressler
104 Katharina von Medici konnte sie nicht leiden. Sie entschloß sich also, tn ihr Vaterland zurückzukehren, so sehr auch ein dunkles Vorgefühl dagegen sprach, und hielt bei Elisabeth um die Erlaubnis an, ihren Weg durch England nehmen zu dürfen. Tie Antwort 'var. sie solle die freundlichste Aufnahme finden, wenn sie den Titel und das ^-apven einer Königin von England ablege. Mit dieser Antwort war Maria sehr unzufrieden, und sie konnte ihre Empfindlichkeit gegen den englischen Gesandten nicht verbergen. „Nichts beunruhigt mich so sehr-, sprach sie, ..als daß ich so angelegentlich um eine Gefälligkeit gebeten habe, an deren Erlangen mir tm Grunde wenig gelegen ist. Ich kann mit Gottes Gnade in mein Land zurückkehren ohne ihre Erlaubuis." Solche Reden wurde» Elisabeth getreulich hinterbracht, und ihr Haß wurde immer heftiges. Sie rüstete eilig eine Flotte aus, um Maria abzufangen, wert» diese von Frankreich nach Schottland führe. Ohne diese Gefahr zu ahnen, schiffte sich Maria in Calais ein und nahm gerade den Weg, wo die englische Flotte lauerte. Glücklicherweise verbarg sie ein starker Nebel, und so entkam sie. Marias erste Aufnahme in Schottland war besser, als sie selbst erwartet hatte. Von allen weiten strömten ihre Untertanen herbei, sie zu sehen. Kaum 19 Jahre alt, stand sie jetzt in der Blüte ihrer Schönheit und Jugend, ttnd ihr freundliches, anmutiges Wesen nahm aller Herzen für sie ein. Aber dieser Trost blieb ihr nur kurze Zeit. „Soll man leiden", schrien die Prediger von den Kanzeln, „daß dieser Götze (die katholische Letzte) wieder in dem Reiche ausgerichtet werde?" Nichts half, daß sie jedem seinen Glaubett ließ und nur für sich um die Erlaubnis bat, Meffe in ihrer eigenen Kapelle halten zu dürfen. „Die Messe ist schreck-licher , ries Ktto^ vou der Kanzel, als 10 000 fremde Soldaten, die in dem Königreiche landeten", und ein Kirchendiener, den das Volk Lichter in ihre Kapelle tragen sah, wurde vor dem Schlosse Marias mißhandelt und entging mit Mühe der Ermordung. Maria, durch ihre Jugend und Erziehung an muntere und gesellige Freude gewöhnt, verwünschte wohl tausendmal ihren Entschluß, nach Schottland gekommen zu sein, und versank in eine

9. Geschichte der neueren Zeit - S. 83

1906 - Langensalza : Gressler
83 Plötzlich aber starb Johanna von Navarra, und die Hugenotten munkelten, daß sie vergiftet worden sei. Ihr Mißtranen stieg aufs höchste; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken. Coligny wurde währenddessen vom Könige Karl mit der ausgesuchtesten Höflichkeit und Ehrerbietung behandelt. Er nannte ihn seinen Vater, setzte seine bisherigen Ratgeber beiseite und saß oft bis in die tiefe Nacht mit ihm zusammen. Da Coligny wußte, daß der erst 22jährige König von Herzen gut, aber ein gefügiges Werk-I zeug in der Hand seiner ränkevollen Mutter war, redete er ihm herzlich zu. sich dem Einflüsse seiner Mutter zu entziehen und mit i Gerechtigkeit zu regieren. Karl hörte ihm mit der größten Ausmerk-samkeit zu und dankte ihm herzlich für seine guten Ratschläge; ja er versprach ihm sogar, mit seiner bisherigen Politik ganz zu brechen und sich mit den Niederländern, die damals für ihre Freiheit kämpften, gegen den König Philipp Ii. von Spanien zu verbinden. Das war freilich nicht im Sinne seiner Mutter, die durch L>päher alles erfuhr. In ihrer Seele keimte jetzt der häßliche Gedanke, Coligny zu ermorden. Als der Admiral eines Tages aus dem Palaste des Königs nach seiner Wohnnng ging, fiel ans einem Hause plötzlich ein Schuß, der ihm den linken Arm durchbohrte und den Zeigefinger der rechten Hand zerschmetterte. Er hatte noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Haustür ein; aber der Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König von dem Mord» anschlage erfuhr, spielte er gerade Federball. Wütend warf er das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Dem jungen Eonde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmorb zu beschweren, beteuerte er, niemanb könne barüber ausgebrachter sein als er, und er werbe den Täter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Abmiral und schwur bei Gott, er werbe eine schreckliche Rache ausüben. Katharina bebte vor Wut. Sie hielt sofort mit ihren ver- 6*

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 117

1906 - Langensalza : Gressler
117 und an den Herzog von Guise mit. Nnn legte sie sich znr Rnhs nnb schlief vier Stunden lang recht sanft. Tann stand sie ans und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bebienen zu lassen, ein Kleib von Sammet nnb Leibe, wie zu einem Festtage an. Die übrigen Kleiber hatte sie abenbs vorher mit verteilt, „©ein", sprach sie, „hätte ich euch auch bies Kleib, das reichste von allen, gelassen: aber Maria Stuart muß auf ihrem letzten Gange anständig erscheinen." Darauf bebecktc sie sich mit einem weißen Schleier, bet bis auf die Füße herabwallte. Um 8 morgens trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer nnb zeigte ihr an, daß die Stunbe da sei. „Ich bin beieit“, antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl nnb ging, gestützt anf zwei Bebienten ihres Hauses, mit bescheibenem, aber majestätischem Anstaube bnrch die an ihr Zimmer stoßenbe Halle. Hier fanb sie die beiben Grafen, ihren Hüter uttb anbete Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister M e l v i l stand hier. Er wars sich ihr zu Füßen, rang die Haube nnb rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Überbringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterlanb zurückkehren nnb erzählen werbe, daß ich meine gnäbige Königin und Gebieterin in Englaub enthaupten sah?" Tie Tränen erstickten seine fernere Rebe. „Höre aus, getreuer Diener", antwortete Maria lief gerührt, „höre anf zu weinen. Freue bich vielmehr, daß nun Marias Leiben sich enben. Sage meinen Untertanen, daß ich, ohne in meiner Religion zu wanken, und unuernnbert in meiner Ergebenheit Tür Frankreich und Schottland sterbe. Ter Himmel verzeihe benen, die meinen Tod verlangt, die nach meinem Blnte gebürstet haben. Gott", ries sie ans, „du weißt, wie sehr ich das gute Vernehmen zwischen Schottland und England gewünscht, wie sehr ich gewünscht habe, die Qnellen so vieler Zwistigkeiten zu verstopfen! Melüil", fuhr sie ruhiger fort, „empfiehl mich meinem Sohne: sage ihm, daß ich, ungeachtet aller meiner Leiben, nichts getan habe, was dem Staate und dem Königreiche Schottland
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