228
überhaupt alle Leute an der ganzen Küste non Schleswig und Holstein
bis nach Hamburg hin, an allen Ufern der unteren Elbe und Weser,
der Jahde, der Ems und in einem großen Teile der Niederlande. Wie
Burgen ragen die Hügelwohnungen aus dem Grasmeere hervor, und
man sieht bis weit an die Grenze des Horizontes noch viele solcher
Burgen auftauchen.
Auf diese Wurten wird auch alles mit hinaufgezogen, was die
Feuchtigkeit der Wiesengründe nicht verträgt, namentlich die wohlgepflegten
Gemüsegärten. Kohl und Rüben werden überall an den Abhängen
dieser Hügel gebaut. Im Somnier sind die Wurten alle von dem in
der Blüte stehenden Raps gelb gefärbt. Auch steht hier und da ein
Baum auf dem Gipfel des Berges neben dem Hause. Sonst ist in
der Marsch selbst nirgend ein Busch oder ein Baum zu erblicken. Die
Häuser sind hier gauz auders gebaut als auf der Geest; sie sind nur
einstöckig, laug, von Ziegeln, ohne vielen Holzaufwand, und über den
niedrigen Türen ist immer ein kleiner schmaler Bogen, der schneeweiß
angekalkt ist und sich als der einzige übertünchte Streifen am ganzen
Hause zeigt. Neben den Türen findet man immer zwei eiserne Ringe
eingeschlagen, um Reitpferde daran anzubinden; denn bei der argen
Weglosigkeit der Marsch im Herbst und Winter reiten die Bewohner
lieber zueinander, selbst die Weiber, die von ihren Männern hinten
auf das Kreuz des Pferdes genommen werden.
Einen eigentümlichen Zug bilden in der Landschaft die Deiche, die
sich in langen Linien durch die Wiesen strecken. Man unterscheidet sie
in Binnen- und Haff- oder Seedeiche. Mit dem letzteren Namen wird
der äußere Deich, der gegen die See schützt und unmittelbar an der
Küste hinläuft, bezeichnet. Wenn das Land nach dem Meere zu an-
wächst und dann durch seine Eindeichung ein neuer „Haffdeich" ent-
steht, so wird der alte dadurch ein Biunendeich; denn man läßt diese
bestehen, weil ihre Wegschaffung sehr kostspielig sein würde und weil
sie auch beim etwaigen Durchbruche des Haffdeiches doch noch schützen
können. Weil die Deiche meistens erhaben und daher trockener sind
als die tiefliegenden Marschen, so fährt man gern auf ihrem Rücken
hin, und es bilden sich daher namentlich aus den Binnendeichen Wege
aus. Auf den Haffdeichen zu fahren, erlaubt man aber nicht in allen
Marschländern, weil die Wagen dem Deiche schaden. Die auf den
hohen Deichen sich bewegenden Wagen, Fußgänger und Reiter gewähren
in der Ferne einen eigentümlichen Anblick. Sie sehen gespenstisch aus,
und man begreift, warum die Marschbewohner so oft Gespenster auf
den Deichen wandeln sehen.
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
243
elektrische Hochbahn getreten. Gewebe verschiedener Art, Eisen- und Stahl-
waren werden in großen Massen verfertigt; besonders berühmt sind auch die
Maschinen- und Wagenfabriken, wie die Fabriken zur Herstellung von Näh-
maschinen, Stahlfedern, Kurzwaren, Schmucksachen, Möbeln und
Pianofortes.
Als ein freundlicher Zug in dem Bilde der vielgeschäftigen Groß-
stadt tritt die Liebe zu der Natur hervor, der man in Berlin recht
oft begegnet. Jede Blume spricht schon davon, welche die Arbeiterin
fünf Treppen hoch vor ihrem Dachkämmerchen pflegt. Bemerkbar aber
macht sie sich allen in den prächtigen Bäumen, die man einzeln selbst
noch in belebten Straßen findet und sorgsam geschont hat, in dem
wundervollen Gartenschmuck der öffentlichen Plätze und den hübschen
Parks, die man in verschiedenen Gegenden der Stadt angelegt hat.
Der Stolz der Stadt aber ist der Tiergarten, der große Park vor dem
Brandenburger Tore. In ihn münden von verschiedenen Seiten neue
und prächtige Straßen. Hier wechseln schöne Alleen von alten Bäumen
mit anderen Baumpflanzungen, anmutige Promenaden mit Wasser-
partieen und Rosen- und Blumenstöcken ab. Durch den Tiergarten
geht es nach Charlottenburg. Hier erhebt sich im Schloßgarten am
Ende einer Allee von dunklen, hohen Tannen das Mausoleum, ein
Tempel mit der Grabstätte des edlen Königspaares, Friedrich Wil-
helms Iii. und seiner Gemahlin. Man sieht die beiden Gestalten, ans
weißem Marmor gebildet, in sprechender Ähnlichkeit ruhend auf dem
Deckel der Sarkophage. Hier ruht nun auch bei seinen Eltern seit
dem 16. März 1888 unser treuer, unvergeßlicher Kaiser Wilhelm I.,
der ruhmreiche Begründer deutscher Macht und Einheit, der großmütige,
leutselige und edle Fürst, mit seiner treuen Lebensgefährtin, der Kaiserin
Augusta. — Das ist für jedes deutsche Herz eine hochgeweihte Stätte und
für den Fremden die ergreifendste, schmerzliche und zugleich erhebende Er-
innerung, die er aus Berlin mit in die Heimat nimmt.
Teilweise nach Rodenberg.
167. Die Lüneburger Heide.
In manchen Gegenden des nordwestlichen Deutschland dehnen sich
weite, unabsehbare Flächen aus, die vorzugsweise mit dem braunen,
struppigen Heidekraute bedeckt sind. Die größte dieser Heiden liegt in-
mitten des hannoverschen Landes, zwischen der Elbe und Aller und
heißt nach der Stadt Lüneburg die Lüneburger Heide. Fast zwanzig
Stunden weit erstreckt sie sich zwischen Lüneburg und Celle von Norden
16*
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wil- Friedrich Wilhelm_I. Wilhelm_I. Augusta
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Charlottenburg Berlin Rodenberg Heide Deutschland Lüneburg Lüneburger_Heide Lüneburg
304
Im Spätherbste und Winter fällt das Wasier des Sees fast 10 Fuß
tief, und es gehört zum Meerartigen des Sees, daß er zwar keine täg-
liche, aber eine jährliche Ebbe und Fluth hat. Wenn nämlich die
Gletscher und Schneeselder aufhören, von der Sonne sich aufthauen
und öffnen zu lassen, so fällt der See. Die Zuflüsse sind dann nicht
mehr so stark, um das zu ersetzen, was durch die Verdunstung und die
Brücke bei Konstanz täglich abgeht. Übrigens dehnt und breitet sich
der Rhein recht behaglich in dem weiten Seebette aus, um seinen
Schlamm abzulegen und als schöner Jüngling über Schaffhausen in's
liebe Deutschland zu Hüpfen.
Der Seeboden ist auf deutscher Seite fast überall steinig; am
Strande wälzt die ab- und zugehende Welle unablässig eine Menge
Gerölle hin und her. Die gerundeten Steinchen in ihren tausenderlei
Farben und mit ihren Glimmern und Blenden vertreten ganz lieblich
die Muscheln am Meeresufer. Alles Land bis nach Ulm zur Donau
hinauf besteht aus nichts, als solchem angeschwemmten Gerölle. Was
muß das für eine Frachtfuhre gewesen sein, gegen die alle Güterzüge
und Extrazüge der Eisenbahnen nur Kinderspiel sind, als die Alpen
ihre Hörner durch die Sündfluth reckten, dieser Seeboden in seine jetzige
Tiefe hinabsank und ganze Bergmassen im wirbelnden Strome der ab-
ziehenden Gewässer, einander zertrümmernd, zersplitternd, zermalmend,
über dieses Oberschwaben dahin rollten!
291. Die Lüneburger Haide.
Südlich von den Marschländern treten im nordwestlichen Theile
Deutschlands hier und da größere oder kleinere Strecken meist sandigen,
bisweilen auch moorigen Bodens aus. Der' größte und einförmigste
von allen diesen Landstrichen ist die Lüneburger Haide, eine weite
Ebene, welche sich ohne Anhöhen und Thäler, ohne Seen oder auch
nur bedeutende Bäche in einer Länge von 10 Meilen durch das han-
növersche Land von Lüneburg bis Celle erstreckt. Zwei Drittel alles
Bodens ist hier mit Haidekraut bewachsen, oder bilden Moor- oder
Bruchland. Von der Elbe aus führt durch die Haide eine Straße
nach Hannover, und wenn diese schon einsam und öde ist, so sind es
die Nebenwege noch mehr. Nur von Zeit zu Zeit nach vielstündiger
Wanderung gelangt man zu einem kleinen, weitläufig gebauten Dorfe.
Hat man sich daher in der oft mannshohen Haide, welche dann und
wann nur mit kümmerlichem Nadelholzgebüsche oder dünnen Fichten-
und Kiefernwaldungen abwechselt, verirrt, so kann man tagelang darin
umherstreifen, ohne eine bewohnte oder auch nur bebaute Stätte anzu-
treffen. Nur von Bienen, deren es hier in so großer Menge gibt,
daß man von ihnen jährlich für 200,000 Thaler Wachs und Honig
gewinnt, wird man fast fortwährend umschwärmt, und man muß sich
wohl hüten sie zu reizen, denn der Fälle sind nicht wenige, daß sie in
dichten Schwärmen über ihre Beleidiger herfallen; ihren grimmigen
Angriffen müssen bisweilen die stärksten und muthigsten Pferde erliegen.
Auch von kleinen, unansehnlichen schwarzen Schafen, Haidschnucken
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]
Extrahierte Ortsnamen: Konstanz Rhein Schaffhausen Deutschland Seeboden Ulm Donau Deutschlands Lüneburg Celle Hannover
Sieben vereinigte Provinzen.
159
Die vielen ausgewanderten Niederländer blieben indessen nicht unthätig. Die unternehmendsten, welche nach England gegangen waren, verschafften sich eine Anzahl Schiffe, mit denen sie nicht nur die spanischen auf der See wegkaperten, sondern auch selbst den Hafen Briel an der Mündung der Maas wegnahmen. Man nannte sie Meergeusen. Sogleich machte sich Wilhelm von Oranien aus, warb Truppen und fiel in die Niederlande ein. Daraus entstand ein langwieriger Krieg, dessen Begebenheiten und Wechsel wir hier nicht verfolgen wollen. Nach sechs Jahren verließ Alba, mit dem Fluche der unglücklichen Niederländer beladen, Brüssel und kehrte nach Spanien zurück. Man rechnet, daß in dieser Zeit wenigstens 18,000 Niederländer auf dem Blutgerüst gestorben sind! Welche Last mußte auf seinem Gewissen liegen! — Unter mehreren ihm folgenden Statthaltern (Don Zuniga y Re-quesens 1573—76, Don Juan d'austria 1576 — 78, Alexander von Parma, der Margaretha Sohn, 1578—92) währte der Krieg fort. Die freiheitliebenden Einwohner führten ihn mit einer ungeheuern Anstrengung. Jedermann hatte geglaubt, sie müßten den sieggewohnten spanischen Legionen unterliegen; aber auch hier sah man wieder, welche Kraft ein Volk hat, welches für seine Freiheit streitet, während die Spanier sich nur auf Befehl ihres Königs herumschlugen. Die nördlichen Provinzen schlossen 1579 die Ut-rechter Union und verbanden sich dadurch, einander mit Leib, Gut und Blut gegen alle Gewalt beizustehen. Bald traten andere hinzu, bis die sieben vereinigten Staaten beisammen waren, die sich nun vom König von Spanien lossagten. Wilhelm von Oranien wurde von mehreren der nördlichen Provinzen, die sich die Spanier zuerst vom Halse schafften, zum Statthalter gewählt, und gewiß wäre es dem thätigen Manne zu gönnen gewesen, die gänzliche Befreiung vom spanischen Joche zu erleben. Aber er erlebte sie nicht. Ein verruchter Mensch, Balthasar Gerard, aus der Franche-Comts gebürtig, brachte ihn, von den Jesuiten auf Befehl Philipps dazu angestiftet, 1584 in Delft ums Leben; denn Philipp hatte einen Preis von 25,000 Thaler auf Oraniens Kopf gesetzt. Aber er hinterließ einen Sohn, Moritz von Oranien, der ein noch größerer Kopf als sein Vater war. Zwar war er erst 17 Jahre alt, da sein Vater starb; aber er gehörte zu den Menschen, die sich gleich in die ihnen angewiesene Lage zu finden wissen, als wenn sie schon eine lange Erfahrung darin hätten. Der Krieg dauerte noch lange fort, selbst noch nach Philipps Ii. Tode,
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_von_Oranien Wilhelm Alexander_von_Parma Alexander Margaretha_Sohn Wilhelm Balthasar_Gerard Philipps Philipps Philipp Philipp Moritz_von_Oranien Philipps Philipps
Extrahierte Ortsnamen: England Maas Niederlande Spanien Spanien Franche-Comts Delft
Karl der Große.
27
jede eine unabhängige Volksgemeinschaft, und für Angriff und Vertheidigung nach Außen mit den andern verbündet war. Hier hatten sich die ursprünglichen Zustände des deutschen Volkes fast unverändert erhalten. Eine volksthümliche Verfassung mit Wahlfürften, ein uralter Adel, das nationale Heiligthum mit seiner Sage und Poesie bestand noch in voller Blüthe, als der fränkische König das Volk im Frühling 772 von Süden her angriff. Mit einem gewaltigen, wohlgerüsteten und krieggeübten Heere war es ihm leicht, einen großen Theil des Berglandes an der Weser zu erobern, darauf auch die Eresburg, einen heiligen und mit Mauern und Wällen befriedeten Göttersitz. (Der Kriegsgott, der bei den deutschen Stämmen Zio, aber auch Ir oder Er hieß, wurde hier verehrt.) — Nicht weit davon lag gleichfalls an umfriedetem, befestigtem Orte ein anderes Nationalheiligthum, die Irmins ul (die große Säule), die mit der größten Ehrfurcht und heiliger Scheu von dem Volke angesehen ward; wahrscheinlich ein gewaltiger im Freien ausgerichteter Baumstamm, dabei auch wohl ein Hain, dem Jrmin, welcher dem Kriegsgotte gleichbedeutend war, geheiligt. In Eresburg wurde an der Stelle des heidnischen Heiligthums eine christliche Kirche dem Apostel Petrus, dem Lieblingsheiligen der Zeit, gewidmet, hier und an anderen Orten Priester zurückgelassen, welche als Missionäre wirken sollten.
Aber es fehlte viel, daß ein einziger Feldzug Hingereicht hätte, um den Freiheilssinn der Sachsen zu brechen. Sobald Karl den Rücken wendete, brachen sie den ihnen aufgezwungenen Frieden, namentlich von Widukind, dem Feldherrn der Westfalen, aufgereizt, bis endlich die großen von den Franken im Jahre 783 bei Detmold und an der Hase erfochtenen Siege, so wie die unaufhörlichen Verwüstungen des Landes, welche durch ständige fränkische Besatzungen möglich geworden waren, viele der Edelsten, darunter auch Widukind bestimmten, sich zu unterwerfen und taufen zu lassen.
An Widukind ward die Taufe t85 zu Attiguy vollzogen. *) Jetzt wurden unter Zustimmung sächsischer Abgeordneten die Zustände des Landes geordnet; nämlich Grasen für bestimmte Landes-abtheilungen ernannt, welche im Namen des Königs zu Gericht saßen; eine Anzahl Bisthümer errichtet: Osnabrück, Münster,
*) Seine Gebeine werden in einem Kasten in der Kirche von Enger, Regierungsbezirk Minden, aufbewahrt.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen]]
Extrahierte Personennamen: Karl Apostel Petrus Karl Karl
26
Mittlere Geschichte. * 1. Periode. Franken.
und dem Morgenlande sah Karl zuweilen am Hofe seines Vaters und lernte von ihnen fremde Länder kennen. Ein solcher Gesandte brachte aus Griechenland eine Orgel mit, die erste, die man im Abendlande sah.
Jene Reise des Papstes nach Frankreich war sehr erfolgreich; Pipin nämlich zog zweimal über die Alpen, zwang die Langobarden, den Papst in Ruhe zu lassen, und nahm ihnen zugleich das, was sie erobert hatten, Ravenna und die Umgegend, wieder ab. Dieser Distrikt hatte bisher dem griechischen Kaiser gehört. Pipin, der nicht gesonnen war, das Land dem bisherigen Besitzer wiederzugeben, es aber auch wegen der Entfernung des Reichs nicht selbst behalten mochte, schenkte es, wie schon erwähnt, dem heiligen Petrus, also der Kirche, und setzte den Papst zum Verwalter desselben ein. Späterhin haben die Päpste behauptet, daß sie Herren dieses Landes wären, und so ist nach und nach der spätere Kirchenstaat daraus erwachsen.
Als Karls Vater, Pipin, 768 starb, war er erst 26 Jahre alt; aber er griff die Geschäfte gleich mit solcher Geschicklichkeit an, als wenn er im Regieren schon grau geworden wäre. Das ist öfters den großen Männern eigen, die zu hohen Dingen bestimmt sind, daß sie sich ohne vorhergegangene Uebung gleich in ihre Lage zu finden wissen. Nur die drei ersten Jahre regierte er mit seinem Bruder Karlmann; dann starb dieser, und überließ dadurch Karln das ganze große Reich, welches damals fast ganz Frankreich und den ganzen westlichen Theil von Deutschland umfaßte.
Es ist zu bedauern, daß Karl, dessen Gemüth keineswegs zum Kriegfiihren geneigt war, doch fast sein ganzes Leben hindurch Krieg führen mußte. Am meisten machten ihm die Sachsen zu schaffen. Zweiunddreißig Jahre dauerte der Krieg mit diesem damals noch heidnischen und wilden Volke, dessen Bund alle Landschaften vom Niederrhein bis zur Elbe, vom Harze und der Weser, der Werra und Fulda und dem Westerwalde bis zur Nordsee und Eider umfaßte. Drei oder vier große Abtheilungen dieses sächsischen Bundes hatten sich nach *md nach in ihm herausgebildet, *) deren
*) Die Westfalen an der Sieg, Ruhr und Lippe und auf beiden Seiten der Ems; feie Engern an beiden Ufern der Weser bis zur Leine hin; die Ostfalen bis zur Elbe. Nördlich von der unteren Elbe bis zur Eider hin gehörten auch noch die Nordalbinger dazu.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Petrus Karls Karls Karlmann Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Frankreich Ravenna Frankreich Deutschland Sachsen Fulda Westerwalde Nordsee Westfalen