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1. Theil 3 - S. 202

1880 - Stuttgart : Heitz
202 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg. Mitleiden in seiner Seele aufzutauchen. Aber der Eindruck war nur gering; denn er schrieb an den Kaiser mit Wonnegefühl: „Seit dem Untergange von Troja und Jerusalem ist kein ähnlicher Sieg erfochten worden." — Auch pflegte er nachmals mit grausamem Spotte das Blutbad die Magdeburgische Hochzeit zu nennen.*) *) Wir haben noch einige Erzählungen von solchen Einwohnern übrig, die sich gerettet haben. Die kürzeste davon mag hier des Beispiels wegen stehen: „Ms unser Schullehrer am 20. Mai Morgens seinen Unterricht geendigt hatte und mit seinen Schülern, zu denen ich gehörte, betete, entstand ein Geschrei in der Straße: die Stadt sei erobert. Flintenschüsse bestätigten die Wahrheit dieser Aussage, noch mehr das Sturmgeläute. Sogleich lies uns der Lehrer auseinander gehen. Er empfahl uns dem Schutze Gottes und sagte, daß wir uns wahrscheinlich erst im Himmel wiedersehen würden: In einem Augenblicke machten wir uns alle davon, der eine hierhin, der andere dorthin. Ich erreichte den breiten Weg (die Hauptstraße, die durch die ganze Stadt führt) und sah der Stadtwage gegenüber, neben der Hauptwache, einen Haufen Soldaten, den Säbel in der Hand. Neben ihnen lagen viele andere Soldaten auf der Erde todt ausgestreckt. Dieser Anblick machte mich schaudern. Ich lief aus allen Kräften und schlug die Pelikanstraße ein, in der Hoffnung, das Haus meines Vaters erreichen'zu können. Aber kaum hatte ich in dieser Absicht einige Schritte gethan, als ich mich mitten unter einem andern Haufen Soldaten befand, die eben einen Menschen niederstießen, den ich sich in seinem Blute wälzen sah. Dieser Anblick erschütterte mich mit solcher Gewalt, daß ich nicht weiter laufen konnte. Ich flüchtete mich indessen in ein Haus, dem Wirthshause zum Pelikan gegenüber. Hier stieß ich auf einen alten Mann, der mir sagte: „Liebes Kind, was fuchst du hier? Rette dich lieber, ehe du den Soldaten in die Hände fällst." Ich wollte eben seinem Rathe folgen, aber dazu hatte ich keine Zeit mehr; denn ein Haufe Kroaten drang in das Haus ein, als ich es eben verlassen wollte. Sie schwangen den Säbel über den alten Mattn und forderten Alles, was er habe. Ungesäumt öffnete ihnen dieser einen Kasten vqll Gold, Silber und Kleinodien. Sie fielen darüber her, steckten ein, so fiel in ihre Taschen ging, das Uebrige thaten sie in einen Korb. Dann schossen sie den alten Mann nieder. Ich schlich mich geschwind fort und suchte mich hinter einige alte Kisten zu verstecken. Indem ich so überall herumkroch, erblickte ich eine sehr schöne junge Dame, die mich dringend bat, fortzugehen, um sie nicht zu verrathen. Ich gehorchte ihr; ehe ich aber noch wußte, wohin ich mich wenden sollte, hielten mich die Kroaten sest und einer von ihnen schrie: „Halt, du Hundejunge! da nimm den Korb und trag ihn vor mir her!" Ich griff, schnell zu und begleitete sie überall, wohin sie gingen. Sie stiegen in mehrere Keller und beraubten Männer und Frauen ohne Erbarmen. Als wir aus dem einen Keller wieder heraufstiegen, sahen wir mit Entsetzen, daß das Feuer schon das Haus ergriffen habe. Wir drangen mitten durch die Flammen und machten uns geschwind davon. Wahrscheinlich sind alle Die, welche noch im Hause waren, darin umgekommen. Seit dem Tage habe ich meinen Vater und meine Mutter nie wiedergesehen!" Wie viele Herzen mögen in jenen wenigen Stunden angstvoll geschlagen haben!

2. Theil 3 - S. 120

1880 - Stuttgart : Heitz
120 Neue Geschichte. 1. Periode. England. Freue dich vielmehr, daß nun Maria's Leiden sich enden. Sage meinen Unterthanen, daß ich, ohne in meiner Religion zu wanken, und unverändert in meiner Ergebenheit für Frankreich und Schottland sterbe. Der Himmel verzeihe denen, die meinen Tod verlangt, die nach meinem Blute gedürstet haben. Gott!" rief sie aus, „du weißt, wie sehr ich das gute Vernehmen zwischen Schottland und England gewünscht, wie sehr ich gewünscht habe, die Quellen so vieler Zwistigkeiten zu verstopfen. Melvil," fuhr sie ruhiger fort, „empfiehl mich meinem Sohne; sage ihm, daß ich, ungeachtet aller meiner Leiden, nichts gethan habe, was dem Staate und dem Königreiche Schottland Nachtheil bringen könnte." Bei diesen Worten rollten ihr Thränen aus den Augen; sie beugte sich über ihn und küßte ihn. „So lebe denn wohl, guter Melvil," setzte sie hinzu, „lebe wohl! Noch einmal, lebe wohl, guter Melvil! Bete für deine Königin!" Sie bat darauf die Grafen, welche die Aufsicht bei der Hinrichtung hatten, dem Melvil, ihrem Arzte, ihrem Wundarzte und ihrem Apotheker zu erlauben, bei ihrem Tode gegenwärtig zu sein, „damit ihre Augen sähen und ihre Herzen zeugten, wie geduldig ihre Königin ihre Hinrichtung leiden könnte und wie standhaft sie in ihrer Anhänglichkeit an ihren Glauben beharrte." Aber der Graf von Kent war hart genug, es ihr abzuschlagen, unter dem Vorwande, diese Leute möchten durch Weinen und Geschrei die nöthige Stille unterbrechen; auch besorgte er, sie möchten abergläubische Gebräuche ausüben, etwa ihre Taschentücher in Blut tauchen. „Mylord," sagte Maria mit sanftem Tone, „ich gebe Euch mein Wort, obschon es nur todt ist, daß sie keinen Vorwurf wegen einer der Handlungen verdienen sollen, die ihr genannt habt. Aber ach! die armen Seelen! Es würde ihnen ein großer Trost sein, ihrer Gebieterin Lebewohl zu sagen. Und ich hoffe," setzte sie hinzu, „Euere Gebieterin wird als eine jungfräuliche Königin in Betracht der weiblichen Sittsamkeit es gut heißen, daß ich bei meinem Tode einige meiner eigenen Leute um mich habe." Da aber dennoch Kent auf seiner Weigerung beharrte, erhob sich noch, einmal ihr königliches Selbstgefühl; sie warf einen gebietenden Blick «uf den Grafen und sprach mit erhobenem Tone: „Ich bin die Base Eurer Königin und aus dem königlichen Geblüte Heinrichs Viii. entsprossen, eine vermählte Königin von Frankreich und eine gesalbte Königin von Schottland." Weiter wagte Kent den Widerstand nicht zu treiben, und willigte endlich darein, daß sie einige ihrer Leute mit

3. Theil 4 - S. 80

1880 - Stuttgart : Heitz
80 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. Vicekönig Eugen gekämpft hatten. Dagegen hatte sich für das Haus Oestreich das treue Volk der Tiroler erhoben. An ihrer Spitze standen Andreas Hofer, ein Gastwirth, Speckbacher, der Kapuziner Haspinger und andere, und da die Tiroler gute Schützen sind unv alle Steige kannten, so waren sie den Baiern und Franzosen gefährliche Feinde. *) Aber ein Waffenstillstand'und - ' / *) Welch ein schöner Geist der Tapferkeit Jung und Alt damals in Tirol beseelte, für ihren Kaiser zu streiten, zeigt auch folgender Zug: Als Speckbacher einst zum Treffen ausgezogen war, fand sich tvährend des ersten Handgemenges Anderl, sein zehnjähriger Sohn, unbewaffnet bei ihm ein und ließ sich nicht abweisen, dem Gefechte beizuwohnen. Als ein Sturm auf eine Brücke gemacht werden sollte, wurde dem Vater für den Kleinen bange, und da die Ermahnungen, zurückzugehen, nichts halfen, so mußte er ihn schlagen. Ter Knabe ging aber nur so weit zurück, bis ihn der Vater nicht mehr sehen konnte, hielt sich hinter den Schützen am Waldrande und schnitt mit seinen: Messer die Kugeln aus, die in den Boden fuhren und die er am Aufwirbeln des Staubes erkannte. Am andern Morgen in größter Frühe kam er zum Vater mit seinem Schatze und übergab ihm sein Hütchen voll Kugeln, weil er gehört habe, die Tiroler litten Mangel daran. Mit vieler Mühe konnte man ihn durch das Vorgeben, daß Speckbacher bald nachfolgen würde, bewegen, nach Hause zu gehen. Man sorgte nun dafür, ihn auf eine entfernte Alp zu schicken, weil ihm nicht zu trauen war; aber auch dort entwischte er bald der Wachsamkeit seiner Hüter. Späterhin hörte einmal Speckbacher, als er in St. Johann sich mit Schreiben beschäftigte, Trommel- und Pfeifenschall. Er trat ans Fenster. Es waren tiroler Schützen. Gleich hinter der Musik sah er einen bewaffneten Knaben einherziehen, so daß er halb ärgerlich sagte: „Nun werden die Gerichte mir bald Kinder nachschicken!" Da kam der Knabe ehrerbietig auf ihn los und küßte ihm die Hand, und er erkannte seinen Sohn Anderl, der voit der Alp entlaufen war und sich schon seit einem Monate den Landesvertheidigern zugesellt hatte. Die Schützen hatten ihn, da er barfuß zu ihnen gekommen war, ganz wie ihres Gleichen ausstaffirt, ihm ein graues Mäntelchen und einen grünen Hut, auch einen leichten Stutzen (Büchse) gegeben. Er wollte dem Vater, bis er allein mit ihm war, nicht eingestehen, daß er hungrig sei, obwohl er in 24 Stunden nichts gegessen hatte. Von dieser Zeit an blieb der Kleine in der Nähe des Vaters. Mehrere Wochen darauf wurde Speckbacher von den Feinden von allen Zeiten angegriffen. Er und Anderl wurden gefangen; ihm gelang es endlich durch seine Riesenstärke, sich loszureißen und eine steile Felsenwand zu erklettern; aber der Junge wurde fortgeführt. Unterwegs sagten ihm die Baiern, sein Vater sei todt und zeigten ihm dessen Mantel, Hut und Säbel. Als er 'diese Stücke erkannte, weinte er bitterlich; sonst zeigte er immer festen Muth. Ter König von Baiern ließ ihn zu sich kommen und fragte ihn, was er glaubte, daß mit ihm geschehen würde? „Umbringen wird man mich wie meinen Vater!" antwortete er. Ter König beruhigte ihn und that ihn in eine Erziehungsanstalt. Der brave Speckbacher wurde späterhin v.om Kaiser Franz mit der großen goldenen Medaille geziert und starb 1820 in Hall in Tirol. Sein Anderl wurde ein brauchbarer Bergbeamter und starb 1834 auch in Hall als junger Mann.

4. Theil 4 - S. 89

1880 - Stuttgart : Heitz
Rückzug der Franzosen aus Rußland. 89 Napoleon erhielt die Nachricht von einer Verschwörung, welche in Paris ein General Mallet entworfen habe, zugleich aber auch, daß sie gescheitert sei. Dennoch hielt er für nöthig, nach Paris zurückzueilen. Auf einem einfachen Schlitten, in Pelze gehüllt, reiste er, nur in Begleitung des Generals Caulaiucourt den Trümmern seines Heeres schnell voraus. Gräßlich war indessen das Elend seiner unglücklichen Soldaten. Nie hatte ein Heer ein ähnliches Unglück betroffen. Bleich wie Schatten, zum Theil durch Hunger und Kälte ohne Besinnung und Sprache, wandelten sie daher. Nur wenn der Ruf: Kosack! erscholl, setzte sich die gespenstergleiche Schaar in Trab. Des Nachts war an Wachtfeuer nur selten zu denken. Daher drängten sie sich zu zehn bis zwanzig, wie Thiere dicht aufeinander, um sich vor Kälte zu schützen. Solche Haufen wurden häufig am Morgen von den Russen todt gefunden. Aehnliche schauerliche Todteuversammlungen traf man des Morgens um die erloschenen Wachtfeuer. Hatten einige Holz gefunden und Feuer angemacht, so hockte eine Menge dieser Gestalten umher; mächtigt und suchte ihre beiden Kinder über den Strom zu retten. Aber eine große Eisscholle stieß dagegen, der Kahn schlug um und Mutter und Kinder fielen ins Wasser. In dem Augenblicke warf sich ein junger Artillerist in den Fluß, erreichte schwimmend das eine Kind und brachte es glücklich ans Ufer, während die Mutter und das andere Kind ihren Tod unter den Eisschollen fanden. Der brave Jüngling behielt die kleine Waise bei sich; aber ob er den Kleinen und sich selbst bis Frankreich gerettet habe, ist nicht bekannt. Eine der gräßlichsten Scenen ist folgende, die ein Augenzeuge erzählt. „Die schöne 25jäh= rige Frau eines französischen Obersten, die ihren Mann wenige Tage früher, ehe wir die Beresina erreichten, in einem Gefechte verloren hatte, hielt unweit der Brücke, die zu unserm Uebergange bestimmt war, nahe bei mir. Gleichgültig gegen alles, was um sie her vorging, schien sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihre Tochter, ein sehr schönes Kind von vier Jahren, das sie vor sich auf dem Pferde hatte, zu richten. Vergebens suchte sie mehrere Male die Brücke zu erreichen, wurde aber immer wieder zurückgedrängt. Dumpfe Verzweiflung schien ihr ganzes Wesen zu erfüllen; sie weinte nicht; starr waren ihre Augen bald zum Himmel, bald auf ihre Tochter gerichtet, und einmal vernahm ich die Worte: „0 Gott, wie bin ich so grenzenlos elend, daß ich nicht einmal beten kann!" Gleich darauf fiel ihr Pferd, von einer Kugel getroffen, und ihr selbst wurde von einer Kugel der linke Schenkel über dem Knie zerschmettert. Mit der Ruhe stiller Verzweiflung nahm sie ihr weinendes Kind, küßte es öfters, löste ihr mit Blut getränktes Strumpfband von dem zerschmetterten Beine und erwürgte das Kind damit. Hierauf schloß sie die kleine Leiche in die Arme, drückte sie fest an sich, legte sich neben ihr gefallenes Pferd und erwartete so, ohne einen Laut von sich zu geben, ihr Ende. Bald darauf wurde sie von den Pferden derer, die sich gegen die Brücke drängten, zertreten."

5. Theil 2 - S. 137

1880 - Stuttgart : Heitz
Ludwig der Heilige. 137 Kinde geben kann, und bitte Gott, daß er dich vor allem Uebel, besonders vor Todsünden, behüte und bewahre, damit wir einmal nach diesem vergänglichen Leben vor Gott beisammen sein und ihm unaufhörlich in jenem Leben danken und ihn loben können. Amen!" Schon nach diesen Vorschriften muß man diesen wackern König achten und lieben. Noch mehr wird man es aber, wenn man in den zeitverwandten Geschichtsschreibern liest, wie gut, sanft, nachgiebig und fromm er in seinem ganzen Thun war. So ließ er alle Tage 120 Arme aus seiner Küche speisen; ja, er wartete ihnen manchmal selbst auf, um sich in der Demuth zu üben. Gegen seine Mutter, Bl anca von Castilien, eine alte herrschsüchtige Frau, betrug er sich immer ehrerbietig, wenn sie ihn auch noch so schwer kränkte. So sehr auch er und seine Frau Margaretha, sich liebten, so suchte die alte Mutter doch immer die beiden Eheleute entsernt von einander zu halten, weil sie besorgte, ihr Sohn möchte lieber den Rath sein Frau, als den ihrigen annehmen. Wie liebenswürdig erscheint dagegen der fromme, sanfte Sinn Jsabella's, der Schwester des frommen Ludwig! Oft vergoß sie aus frommer Rührung heiße Thränen, besonders wenn sie an Jesu Aufopferung für die Menschen und an die schönen Worte dachte: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig." Man sah sie oft des Morgens schon mit rothgeweinten Augen aufstehen, wenn sie ihr andächtiges Gebet verrichtet hatte, und dann ging sie gleich an ihr tägliches Geschäft, welches darin bestand, daß sie Arme speiste und kleidete und Kranke pflegte und tröstete. Ihr ganzes Einkommen verwandte sie aus diese edeln Zwecke, und doch glaubte sie immer noch nicht genug zu thun, und legte sich manchmal die härtesten Büßungen aus. So erfreulich auch die fromme Richtung Ludwigs, seiner Schwester und vieler anderer seiner Zeitgenossen ist, so sehr muß man doch eine religiöse Verwirrung beklagen, die sich um jene Zeit fast überall kund gab: die Verfolgung der sogenannten Hetzer. Wo etwas Gutes gesäet wird, fehlt es nie an bösen und aberwitzigen Menschen, die dazwischen auch den Samen des Bösen und der Thorheit ausstreuen. Schon nach dtzn ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung, nachdem Constantin der Große das Christen-

6. Theil 1 - S. 6

1880 - Stuttgart : Heitz
6 Alte Geschichte. 1. Periode. Die ersten Menschen. Eben so wenig vermag die Wissenschaft zu ergründen, ob wir Menschen von Einem oder von mehreren Menschenpaaren abstammen. Für das Erstere spricht die Nachricht, welche uns die Urkunde im ersten Buche des Moses giebt. Sie nennt das Paar Adam und Eva, d. i. Mann und Weib. Und allerdings ist es keineswegs, wie man behaupten wollte, unmöglich, daß alle Völker, so verschieden auch jetzt ihre Farbe, Gestalt, Gesichtszüge, Sprachen und Gewohnheiten sind, von Einem Paare abstammen sollten. In einer langen Reihe von Jahrhunderten mußte das Klima sehr verschiedenen Einfluß aus die Menschen üben, und wenn wir jetzt in verschiedene Gegenden, der Eine nach Sibirien, der Andere in die Wüsten Asrika's, ein Dritter in die Urwälder Amerika's zögen, — wie völlig anders würden nicht unsere Nachkommen schon in 500 Jahren aussehen? Wer würde dann glauben, daß sie Stammeltern von einerlei Iarbe, Gesichtsbildung u. s. w. gehabt hätten? — Fügt sich doch manchmal die Natur selbst in die Gewohnheiten der Völker. In China werden die Kinder schon mit sehr kleinen Füßen, und bei einigen Ureinwohnern von Nordamerika mit spitzigen Köpfen geboren, nachdem seit undenklicher Zeit dort den Kindern die Füße eingezwängt werden, hier aber der Kops der Neugeborenen zwischen zwei Brettern platt und spitzig gedrückt wird. — Indessen werden freilich noch manche Gründe sür die andere Ansicht angeführt, daß Gott bald anfänglich mehrere Menschenpaare erschaffen habe. Nur auf diese Art glaubt man es erklären zu können, daß man in allen Erdtheilen, auch in solchen, die von den anderen durch breite Meere getrennt sind, selbst in den von großen Ländern entferntesten Inseln, Menschen findet. Doch läßt sich dies wohl auch anders und in Uebereinstimmung mit der biblischen Ueberlieferung erklären. Wenn wir nun die Meinung annehmen, daß es anfänglich Ein Menschenpaar gab, und daß dieses in einer schönen Gegend, Eden oder Paradies, wohnte — wo war das Paradies? — In Asten gewiß; aber genauer läßt sich der Ort nicht bestimmen. Vielleicht in Hochasien, vielleicht in Oftpersien. Von da aus mögen die Menschen, so wie sie sich vermehrten, längs den Flüssen weiter gezogen sein, und jedes Volk ergriff die Lebensart, die sich nach dem gewählten Wohnsitze am besten für dasselbe schickte. Die am Meere und an den Flüssen wurden Fischer, die in den Wäldern Jäger, die in der fruchtbaren Ebene erst Viehzüchter (Nomaden), dann Ackerbauer. Ihre Wohnungen — Höhlen, Laubhütten, Zelte,

7. Theil 1 - S. 11

1880 - Stuttgart : Heitz
Inder. 11 große Herbergen enthalten. Alles Dies ist nur ein Theil jener großen Werke; denn viel scheint bereits durch ein heftiges Erdbeben in das Meer gestürzt und von diesem begraben worden zu sein; wenigstens liegen weit in das Meer hinein große Felsenblöcke, die einst zu jenen Werken gehörten, und sieben Pagoden liegen in der Entfernung einer Meile weithin in das Meer hinein. Während die beiden äußersten längst von den Wellen bedeckt sind und nur bei niedriger Ebbe unter dem Wasser wahrgenommen werden können, erheben sich die andern, je näher dem Strande, desto höher aus dem Wasser, und nur die letzte steht ganz auf dem Trockenen, doch so, daß ihr Fuß bei hoher Fluth bespült wird. — So lange die arischen Einwanderer die Gegenden am Indus bewohnten, waren ihre hauptsächlichsten Beschäftigungen Viehzucht und Ackerbau. Ihre Religion war ein einfacher Naturdienst; an kunstlosen Altären brachten sie den Göttern, deren vornehmster Indra war, ihre Opfer. Aus dieser Zeit stammen die vier ältesten Religionsbücher, Veda's genannt; sie enthalten Hymnen und religiöse Vorschriften. Mit der Besitznahme des Gangeslandes und den durch sie verursachten Kämpfen traten die Inder in ihr heroisches Zeitalter ein, nach welchem der herrschende Priesterstand, Brahmanen oder Braminen, das Leben des Volkes durch das Gesetzbuch Manu's umgestalteten. Ueber alle Dinge waltet ein unkörperliches Wesen, das Brahma, der weltschöpferische Geist. Aus ihm sind die vier Klassen oder Kasten der Menschen hervorgegangen: die Brahmanen aus seinem Munde, die Krieger oder Kschatriya's aus seinen Armen, die Handelsleute und Ackerbauer (Wa'ißya's) aus den Hüften, endlich die dienende Kaste (Ssudra's). Diese vierte Kaste bestand aus den Nachkommen der mit den Eroberern des Landes verschmolzenen Urbevölkerung. Der Theil derselben, welcher einer Verschmelzung widerstrebt hatte, war die Klasse der für verworfen gehaltenen Paria's. Das religiöse Leben bestand aus einer unaufhörlichen Reihe von Gebräuchen, Opfern, Waschungen, Fasten und Selbstpeinigungen. Nur wer- alle Vorschriften auf's strengste erfüllte, konnte hoffen, das Ziel alles Lebens, die Wiedervereinigung mit Brahma zu erreichen. Bei der Kaste der Brahmanen verstand sich dies von selbst. Den Uebertretern drohte nach dem Tode ein qualvoller Zustand und dann die Erneuerung des Daseins als Pflanze, oder Thier, oder als Mensch einer niederen Kaste. Diese Lehre von der Seelenwanderung, sowie

8. Theil 1 - S. 105

1880 - Stuttgart : Heitz
Cyrus. 105 setzte er hinzu, „damit mein Enkel einen Gespielen habe; du selbst komme heute Abend zum Gastmahle zu mir." Harpagos war voll Freuden, daß der König so gnädig war; er wars sich ihm zu Füßen und ging vergnügt nach Hanse. Am Abend fand er sich zu gehöriger Zeit ein und setzte sich fröhlich zur Tafel. Als der Braten herumgereicht wurde, fetzte man dem Harpagos einen andern vor als den übrigen Gästen. Er ließ es sich trefflich schmecken. Endlich fragte ihn Astyages: „Weißt du wohl, von was für Braten du gegessen hast?" — „Nein, wahrlich," antwortete er, „ich weiß es nicht!" — „Nun," sprach Astyages zu den Bedienten, „so bringt ihm einmal die verdeckte Schüssel da!" — Wie bebte der unglückliche Harpagos zusammen, als er den Deckel abhob und den Kopf und die Glieder feines Sohnes erblickte! „Merkst du nun," rief der unmenschliche Astyages über den Tisch, „was für Wildpret das war, welches dir so gut schmeckte? Siehst du, so bestrafe ich ungehorsame Diener!" — Harpagos hatte Fassung genug, nichts zu erwidern, als: „Alles, was du thust, ist vortrefflich!" Dann sammelte er die Ueberreste feines Kindes und trug sie nach Hause, um sie zu begraben. Astyages ries nun die Magier zu sich und berieth sich mit ihnen. Sie meinten, da der Knabe nun schon König gewesen sei, so sei das Orakel erfüllt, und Astyages brauche sich nicht mehr vor ihm zu fürchten. „So scheint es mir auch," sagte der König, und war nun guten Muthes. Den Cyrus aber — so wurde der Findling nun genannt — schickte er nach Persis zu seinem Vater und zu seiner Mutter Mandane, die voll Freude waren über den ihnen zum zweiten Male geschenkten Sohn. Cyrus wuchs heran und entfaltete feine herrlichen Talente schnell. Nun, glaubte Harpagos, sei der Zeitpunkt gekommen, sich am Könige zu rächen. Er brachte zuerst alle medische Große auf seine Seite, indem er ihnen die Tyrannei des Astyages mit lebhaften Farben schilderte; dann schrieb er an den jungen Cyrus, nähete den Brief in den Bauch eines getödteten Hafen ein und schickte diesen an Cyrus. Der Bote mußte ausdrücklich bestellen, daß kein Anderer als Cyrus selbst den Hasen auffchneiden möchte. Der Prinz that es und fand den Brief. Da er nun den Harpagos aufrichtig liebte, weil er ihm eigentlich fein Leben verdankte, so befolgte er die ihm brieflich gegebenen Vorschriften. Harpagos munterte ihn nämlich auf, sich gegen den grausamen Astyages, der ihm selbst das Leben habe rauben wollen, zu empören. Alles fei

9. Theil 1 - S. 32

1880 - Stuttgart : Heitz
32 Alte Geschichte. 1. Periode. China. Griechenland. halten ebenso Geschichte wie religiöse und bürgerliche Verordnungen. Ceremonial- und moralische Vorschriften stehen derartig in Verbindung, daß alle Beziehungen des Lebens durch sie geregelt werden und eine äußerliche Rechtfertigung als das höchste Strebeziel ausgestellt wird. — Der Kaiser galt oder gilt noch als der einzige Mittelpunkt des ganzen Reiches, welchem gegenüber alle Unterthanen unmündig und rechtlos sind; seine Gewalt wird durch keine mächtige Kasteneinrichtung eingeschränkt; er hat Beamte ohne Geburtsadel (Mandarinen), welche durch Prüfungen und Rangstufen hindurch gehen, und in deren Besitz alle Staatsweisheit sich befindet. Von Nordwesten her sollen die Stammväter der Chinesen in das Land eingewandert sein. Als ältester Kulturgründer wird Fohi genannt. Schi-hoang-ti, der mächtigste Kaiser aus der Dynastie Tsin, ließ die große Mauer gegen die Einfälle der nördlichen Nomadenvölker erbauen, etwa 240 v. Chr. Unter der Dynastie Han, 200 v. Chr. bis gegen 300 n. Chr., war die Blüthe des Reiches. 1279 n. Chr. wurde China von den Mongolen erobert und gehörte ihnen fast hundert Jahre. Seit ungefähr 200 Jahren bis jetzt steht das Reich unter der Herrschaft der den Chinesen verhaßten Mandschn. 8. Hellenen oder Griechen. Das Land, welches jetzt das Königreich Griechenland ausmacht und auf der Ostseite vom Archipel und auf der westlichen vom ionischen Meer umflossen wird, wurde im Alterthume von einem geistreichen, muntern, thätigen, tapfern, zu Veränderungen geneigten Volke bewohnt, welches sich selbst Hellenen nannte, von uns aber (mit dem bei den Römern üblichern Namen) Griechen genannt zu werden pflegt. Es besaß die herrlichsten Anlagen, die unter dem mildesten Klima und unter einer freien Verfassung sich eine Zeit lang auf's schönste entfalteten, so daß wir noch jetzt mit hoher Befriedigung die Heb ernste ihrer Literatur lesen, und mit Entzücken die aus jener Zeit erhaltenen Bildsäulen und Bauwerke betrachten. Früh schon wurden die Griechen in äußere und in innere Kriege verwickelt, die das Land zwar manchmal an den Rand des Unterganges brachten, aus denen es aber immer mit neuer Kraft wieder hervorging. Die erschöpfende Betrachtung dieser Kriege gehört nicht hierher. Aber einige Züge daraus müssen wir uns merken und besonders alles das aus der Geschichte der Griechen, was auf

10. Theil 1 - S. 103

1880 - Stuttgart : Heitz
Astyages. Cyrus' Geburt. Harpagos. 103 „Und was gedenkst du zu thun?" fragte diese. Er antwortete: „Ich werde dem Astyages nicht gehorchen, und wenn er noch zehnmal ärger wüthete; denn wenn er stirbt, würde mich da nicht Mandane zur Rechenschaft ziehen, daß ich ihr Kind getödtet hätte? Sterben soll es zwar, aber nicht durch mich." Er schickte zu einem der königlichen Rinderhirten und ließ ihn zu sich kommen. „Sieh, hier ist das Kind!" sprach Harpagos; „Astyages befiehlt dir, es im ödesten Gebirge auszusetzen, damit es sobald wie möglich sterbe. Zugleich läßt er dir sagen, daß du des schrecklichsten Todes sterben solltest, wenn du es auf irgend eine Weise am Leben erhieltest. Hörst du?" — Der Hirt verneigte sich, versprach Alles und ging mit dem Kinde weg. Als er nach Hause kam, hatte seine Frau indessen auch ein Kind bekommen, aber ein todtes. Sie fragte ihn gleich, was er in der Stadt gesollt habe. Da erzählte er ihr Alles und fügte hinzu, er habe aus dem Wege erfahren, daß das arme zum Tode bestimmte Kind ein Sohn der Mandane sei. Die Frau schlug in ihre Hände, und als sie erst das kleine Kind sah, wie es wohlgebildet und freundlich dalag, umfaßte sie die Kniee ihres Mannes und bat unter vielen Thränen, daß er es doch nicht aussetzen möchte. „Das muß ich durchaus," antwortete er; „wie würde es mir sonst ergehen! Mir ist der fürchterlichste'tod gedroht, wenn ich es nicht thäte, und Harpagos will selbst kommen und nachsehen." Da entdeckte ihm die Frau, daß sie indessen ein todtes Kind bekommen habe, und bat ihn inständigst, dieses statt des kleinen Prinzen auszusetzen; das könne nie entdeckt werden. Der Hirte besann sich, er willigte endlich ein. Dem kleinen Prinzen wurden die schlechten Kleider des Hirtenkindes angezogen, und dagegen das todte Kind in die goldenen Kleider des Prinzen gesteckt, dann hinausgetragen und hingelegt. Nach einigen-Tagen lief der Hirte in die Stadt zum Harpagos. „Das Kind ist todt," sprach er; „komm selbst und siehe!" — Harpagos war aber dazu zu bequem; er schickte einige treue Leute hin, welche die Nachricht bestätigten und das Kind begraben ließen. So wuchs das wunderbar erhaltene Kind auf, wurde groß und stark, schön und klug, und erreichte bereits das zwölfte Jahr, als — seine Herkunft dennoch entdeckt wurde. Er spielte nämlich eines Tages mit andern Kindern. Einer sollte König sein und die andern seine Minister, Soldaten u. s. w. vorstellen. Da nun der Hirtenknabe der Klügste unter ihnen war, so wurde er zum König
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