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1. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 63

1822 - Berlin : Reimer
Erzählungen. Der Meister aber schalt den Dreisten, Gab ihm zu knacken die harte Nuß, Zu verehren den König Hironymus, Und sagte: ,,Bleib bei deinem Leisten! Wer kaum den Pfriemen regieren kann, Was gehn den Säbel und Flinte an?" Da glühten dem Wilhelm beide Wangen, Und er sprach mit keck erhabenem Muth: ,.Mir fließt in den Adern Soldatenblut! Wie sollte mich nicht danach verlangen, Den gottlosen Feind zu schlagen aufs Haupt, Der unserm König sein Halle geraubt?" Und tapfere Preußen und Russen zogen, Von Kleist, dem Helden, geführt, in die Stadt Die langst solche Gaste gewünscht sich yat;- Allein, wie unglückschwangere Wogen, Zog auch. ein feindliches Heer heran, Weit stärker an Waffen, und Roß, und Mann! Damit der Feind herein nicht dringe, Wird draußen am Strome fleißig geschanzt Und manche Kanone ausgestanzt. Schon messen sich blutig Pik' und Klinge; Doch immer näher und näher erscheint Der übermächtig gerüstete Feind. Kanonendonner beginnt zu brüllen, Und Jägerbüchsen knallen darein. Der Frühlingssonne heller Schein Muß in Pulverdampf verhüllen; Und bang und bänger athmet die Stadt, Die eben so fröhlich gejauchzt noch hat. Dem Meister sinken Pfrietnen und Leder Aus seiner sonst so fleißigen Hand; Die gelehrteste Weisheit hält nicht Stand, Es zittert die geschickteste Feder; Und tief im Keller weint sich blind Manch Juden-und manch Christenkind.

2. Die Geschichte des Alterthums - S. 367

1873 - Köln : DuMont-Schauberg
98. Alexander's Rückkehr und Tod. 367 Alexander von der Rednerbühne herab unter die tobende Menge, seine Feldherren und Leibwächter hinter ihm drein. Dreizehn der Rädelsführer wurden schnell ergriffen und abgeführt. „Zum Tode!" rief ihnen der König nach, und bald wurden sie von den Wellen des Tigris verschlungen. Jetzt trat die tiefste Stille ein; Alexander bestieg abermals die Bühne und richtete eine vernichtende Strasrede an die Soldaten. „Nicht um euren Abzug zu hindern", so begann er, „rede ich noch einmal zu euch; meinetwegen könnt ihr gehen, wohin ihr wollt, sondern nur um euch zu zeigen, was ihr wäret, und was ihr durch mich geworden seid!" Nun führte er zuerst an, was sein Vater Philipp für sie gethan; „ein armes, in Thierfelle gekleidetes Hirtenvolk, das sich nur mit Mühe gegen die Ueberfälle der Illyrier und Thracier zu schützen vermocht, seien sie von ihm zu Herren und Gebietern über Hellas und über alles Land bis zum Hellespont erhoben worden"; dann erinnerte er sie an seine eigenen Kriegsthaten und welche Reichthümer, Güter, Ehrenstellen ihnen dieselben gebracht, an die Gefahren und Mühen, die er mit den Geringsten getheilt, an die Wunden, deren Spuren alle Theile seines Körpers an sich trügen, an die Nächte, die er um ihretwillen durchwacht, damit sie ruhig schlafen könnten, an die Geschenke und Ehrenzeichen, womit er die Tapferkeit der Lebenden belohnt, und an die Standbilder, Ruhmesmale und Grabstätten, womit er das Gedächtniß der Gefallenen geehrt. „So ziehet denn hin , schloß er, „und meldet, wenn ihr heim kommt, daß ihr euren König Alexanber, den Bezwinger der Perser und Inder, der mit euch die Kämpfe am Hydaspes bestanden und die Leiden des Wüstenzuges getragen, am Tigris verlassen und dem Schutze der besiegten Asiaten übergeben habt. Solche Botschaft, denk' ich, wird euch bei Göttern und Menschen berühmt und angenehm machen, Geht!" Nach diesen Motten stieg er raschen Schrittes von der Bühne und eilte in die Stadt: nur seine Leibwächter und Getreuen folgten ihm. Hier verbrachte er zwei Tage in völliger Abgeschlossenheit, während das Heer ohne Führer, ohne Kraft und Fähigkeit zu handeln, in dumpfer Betäubung und Unschlüssigkeit im Lager verharrte. Erst als demselben gemeldet wurde, daß der König sich ganz den asiatischen Soldaten anvertrauen wolle, daß er denselben bereits den Dienst um seine Person übertragen, eine Anzahl vornehmer Perser für seine Verwandten erklärt und ihnen freien Zutritt gestattet, da wurde ihr Trotz gebrochen. Sie zogen in Hausen vor des Königs Schloß, warfen ihre Waffen nieder zum Zeichen der Demüthigung und flehten laut um Gnade und Zutritt; sie wollten sich jeder Strafe unterwerfen und die Urheber des Aufruhrs ausliefern. Und wirklich blieben sie zwei Tage und zwei Nächte vor dem Schlöffe gelagert und hörten nicht auf, zu bitten und zu rufen. Da trat Alexander endlich heraus, und als er feine Veteranen in flehender Stellung auf der Erde liege" sah, gingen ihm die Augen über, und er versöhnte sich wieder mit ihnen. Ein großartiges Versöhnungsmahl, wobei Alexander inmitten von 9000

3. Die Geschichte des Alterthums - S. 356

1861 - Köln : DuMont-Schauberg
Ix. Die Griechen. m eingeladcn hatte. Während nun die Einen, nur mit Dolchen bewaffnet, nach dein Hause des Leontiadas anfbrachen, zogen die Anderen zum Phyllidas; sie hatten Frauenkleider über ihre Panzer gezogen und hiel- ten sich dicke Tannen- und Fichtenkränze vor, mit welchen sie ihr Gesicht beschatteten. Als sie sich nun an die Thüre des Eßzimmers hinstellten, erhob sich ein freudiges Geräusch und Beifallklatschen unter den Gästen, welche meinten, daß die Frauen gekommen seien. Als die Verschwore- nen aber im Kreise umhergeschaut und jeder seinen Gegner erspäht hatte, da zogen sie die Dolche und stürzten zwischen den Tischen hin ans den Archias und Philippus zu. Einige von den Dienern versuchten, Wider- stand zu leisten, wurden aber niedergemacht, die übrigen eingesperrt, damit das Geschehene nicht zu früh durch sie rnchtbar werde. Denn noch wußte man nicht, ob dem Pelopidas und seinen Genossen ihr Werk gelungen sei. Schwieriger mußte die Ueberwältigung des Lcon- tiadas werden, da dieser ein an Körper wie an Geist kräftiger Mann war und sich nicht in einem Znstand, wie Archias und Philippus, be- fand. Nachdem die Verschworenen lange an die Thüre geklopft hatten, wurde ihnen endlich aufgemacht, da sie Vorgaben, einen Brief von dem Kallistratus aus Athen abgeben zu wollen. So wie die Thüre nur halb geöffnet war, drangen sie hinein, warfen den Diener nieder und eilten auf das Schlafgemach des Leontiadas zu. Leontiadas, durch das Ge- töse schon wach geworden, war eiligst aufgesprungen, hatte den Dolch gezogen und sich auf die Schwelle der Thüre hingestellt. Hier empfing er den zuerst eindringenden Kephisodorus und stieß ihn nieder; dann wurde er mit dem Pelopidas handgemein und ein heftiger Kampf ent- spann sich, der noch durch die Enge der Thüre und den Körper des Gefallenen, der dazwischen lag, erschwert wurde. Pelopidas erhielt eine Wunde am Kopfe, überwältigte aber endlich den Leontiadas, warf ihn nieder und tödtete ihn über dem halbentseelten Körper des Kephi- sodorus, der seinen Gegner noch sterben sah, dem Pelopidas die Rechte reichte und dann heiter verschied. Mit dem anbrechenden Morgen erschienen die thebanischcn Hopliten und Reiter; von der Grenze her trafen die Flüchtlinge ein, und eine Volksversammlung wurde gehalten. Zu dieser führten Epaminondas und Gorgidas die Tyrannenmörder, welche, wie Schutzflehende, Kränze vorhielten und die Bürger zum Kampfe für das Vaterland und für die Götter aufriefcn. Bei diesem Anblick erhob sich die ganze Volks- versammlung mit freudigem Zuruf und Beifallklatschen und empfing die Männer als Wohlthäter und Retter. In dieser ersten Volksversammlung wurden nun Pelopidas, Mellon und Charon, die Männer, welche sich um die Befreiung die augenschein- lichsten Verdienste erworben hatten, zu Böotarchen gewählt. Fürs Erste kam es den Thebanern darauf an, daß die spartanische Besatzung aus der Kadmea vertrieben wurde, ehe die Spartaner sie entsetzten oder Verstärkung schicken konnten. Bald traf ein 5000 Mann starkes athenisches Heer ein und außerdem eilten noch viele Freiwillige

4. Theil 2 - S. 210

1880 - Stuttgart : Heitz
210 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. Daß die Schweizer bei den Herzögen von Oestreich verhaßt waren, ist nicht zu verwundern. War doch Albrecht in der Schweiz ermordet worden und die Waldstätte standen auf der Seite Ludwig des Baieru. Das konnte ihnen Leopold der Glorwürdige, ein jüngerer Sohn Albrechts, nimmermehr vergeben. Er rief feine Vasallen zusammen, um — so sagte er — „diese Bauern mit seinem Fuße zu zertreten". Auch nahm er viele Stricke mit, die Anführer aufzuknüpfen. Die Schweizer dagegen fürchteten sich nicht, weil sie eine gerechte Sache hatten, und sprachen: „Wir könnten uns wohl über den Herzog beklagen, aber wir wollen ihn, wenn er uns überziehen will, mit Gott erwarten und gegen seine Macht uns wehren." — Mit, großer Macht zog Leopold heran. Er hatte den Kern des östreichischen Adels bei sich; auch Landenberg fehlte nicht. In langem Zuge zogen die herrlichen Ritter, alle von Kopf bis zu den Füßen gepanzert, mit wallenden Helmbüfchen, in die Hohlwege der Alpen ein, auf Schwyz los. Es schien ein Wald von Lanzen sich zu nähern. Aber die Schwyzer waren wohlgemuth; ihnen kamen in der Stunde der Gefahr einige Hundert aus Uri und Unterwalden zu Hülfe, so daß es 1300 waren. Wie wenige gegen so viele! Aber sie stritten sür ihr Vaterland, ihre Weiber, und Kinder, hatten eine gerechte Sache, trauten auf Gott und waren aller Wege und Engpässe wohl kundig. Sie stellten sich auf einen Berg, an dessen Fuß ein kleiner See, der Aegerisee liegt. Zwischen ihm und dem Berge ging der Weg, den die trefflichen Ritter von Oestreich zogen; die Gegend ward nachher der Morgarten genannt. Sobald die ganze schwere Reiterei in dem engen Wege war, erhoben sich die 1300, rollten große Steinblöcke, die sie oben zusammengebracht hatten, hinab und schleuderten mit großer Kraft Steine unter den dichtgedrängten Haufen. Jeder Stein traf. Die Füße der Pferde wurden zerschmettert; die Thiere wurden scheu, und drängten zurück in großer Angst. Aber hinten stand das Fußvolk und drängte vor, so daß die Reiter zu ihrem Schrecken sahen, daß hier nicht zu entfliehen und daß alle Waffen unnütz seien. Jetzt, wo die Verwirrung allgemein einriß, rannten die Schweizer mit lautem Geschrei hinab, stießen und schlugen mit Hellebarden, Morgensternen, Schwertern und Keulen aus die Ritter, die in dem dichten Gewühle die Arme zu rühren und die Lanzen einzulegen nicht vermochten. Viele setzten mit ihren Pferden in den See hinein, vonl Wasser mehr Erbarmen erwartend als von den grimmigen

5. Theil 1 - S. 149

1880 - Stuttgart : Heitz
Theben. Epaminondas und Pelopidas. 149 kommen. Als sich nämlich Archias und Phyllidas kaum wieder zu Tische gesetzt haben, kommt eilenden Laufes keuchend ein Bote aus Athen, mit einem Briefe an Archias von einem athenischen Freunde, der ihm darin die ganze Verschwörung entdeckt. Der Bote verlangt den Archias selbst zu sprechen, wird an die Tafel geführt und giebt den Brief selbst ab. „Du sollst ihn augenblicklich lesen," flüsterte er ihm zu; „denn die wichtigsten Dinge stehen darin!" — Archias, schon ganz trunken, lächelt und nickt mit dem Kopfe. „Wichtige Dinge?" lallt er; „o die müssen mir bis morgen bleiben!" — „Du hast Recht!" ruft der schlaue Phyllidas und schenkt ihm wieder ein, „heute müssen wir fröhlich sein!" Indessen traten die Verschworenen aus Charons Hause, und während Pelopidas mit einigen herzhaften Gefährten es auf sich nahm, den Leontiades und Hypates zu ermorden, gingen die Andern in des Phyllidas Haus. Hier wurden sie eingelassen. Sie hatten sich über die Panzer Weiberkleider gezogen, das Gesicht geschminkt und die Stirn, um recht unkenntlich zu sein, mit Tannenzweigen bekränzt. „Ich habe auch Tänzerinnen bestellt," sagte Phyllidas zu seinen Gästen; „sie warten draußen; darf ich sie hereinführen?" — „Immer zu!" schrieen die Trunkenen. Die verkappten Verschworenenen traten ein, sahen sich um und wählten mit den Augen ihre Opfer. Plötzlich stürzten sie dann mit dem verborgen gehaltenen Dolche auf die Verhaßten los und stachen sie, ohne großen Widerstand zu finden, nieder. — Schwerer wurde es dem Pelopidas gemacht, der den Leontiades schon schlafend fand. Schnell sprang dieser bei dem Lärmen auf, und erst nach einem langen Kampfe gelang es dem Pelopidas, den starken Mann niederzustoßen. Hypates war zwar bei dem ersten Tumulte entflohen, wurde aber entdeckt und auch getödtet. Während der Nacht verbreitete sich das Gerücht, daß die Tyrannen gestürzt werden sollten, zwar schnell von Haus zu Haus; aber wie die Unternehmung abgelaufen sei, konnten die Bürger nicht erfahren. Keiner getraute sich heraus, und in ängstlicher Erwartung brach der Morgen an. Da berief Pelopidas das Volk, und an der Hand seines Freundes Epaminondas kündigte er den freudetrunkenen Bürgern das Geschehene an. Alle jauchzten den beherzten Bürgern zu, und ohne große Schwierigkeit wurde nun auch die spartanische Besatzung aus der Burg vertrieben. Was Pelopidas durch die Ermordung der Tyrannen muthig begonnen hatte, führte der treffliche Epaminondas mit Besonnenheit

6. Theil 1 - S. 154

1880 - Stuttgart : Heitz
154 Alte Geschichte. 2. Periode. Griechen. mir aus Sophokles ober Euripibes irgenb eine Stelle herzubeclamiren." Demosthenes that es und glaubte seine Sache recht schön gemacht zu haben. Aber wie erstaunte er, als nun jener dieselbe Stelle auch hersagte, aber mit einem Ausbrucke der Stimme und mit einer so lebhaften und tresfenben Gesticulation, daß Demosthenes eine ganz cmbere Stelle zu hören glaubte. Nun merkte er erst, woran es ihm fehle. Er hatte eine schwache Stimme, einen kurzen Athem, konnte das R nicht aussprechen und hatte enblich zum Ueberfluß noch die Gewohnheit, fast bei jebem Komma mit der einen Schulter zu zucken; kein Wunber also, daß er Lachen erregte. Nun fing er gefchwinb neue-Uebungen an. Bald ging er an den Meeresstrand und suchte hier die tobenbe Branbung zu überschreien; Mb legte er sich kleine Steine auf die Zunge und bemühte sich, trotz dieses Hindernisses, deutlich zu sprechen; bald sagte er, einen steilen Berg hinaufsteigend, lange Reden laut her. Nachdem er so eine stärkere Stimme, längern Athem und deutlichere Aussprache bekommen hatte, miethete er eine Wohnung unter der Erde, schloß sich ein, und, damit er ja nicht Lust bekommen sollte, fürs erste auszugehen, schnitt er sich auf der einen Seite des Kopfes die Haare kurz ab. Nun stellte er sich vor den Spiegel,*) sagte lange Reden her und übte sich in Bewegung der Arme, und wenn er mübe war, setzte er neue Reben auf. Um sich das Zucken abzugewöhnen, hing er ein bloßes Schwert an der Decke aus und stellte sich barunter, so daß die Spitze feine Schulter berührte und ihn empfindlich verletzte, wenn er sich einmal vergaß und die Schulter bewegte. Als nun drei Monate verflossen waren, ging er als ein vollenbeter Rebner aus dem Keller hervor uttb betrat die Rebner- bühne mit neuem Muthe. Das Volk freute sich, bet es ihn sah; es beichte tvieber etwas zu lachen zu bekommen. Aber wie staunte es, als er den Munb öffnete und mit hinreißender Beredsamkeit sprach. Es glaubte eilten ganz andern Demosthenes zu Horen. Seit dieser Zeit hatte er den größten Einfluß, und noch jetzt werden seine Reden als Muster der Beredsamkeit betrachtet. Als Philipp, König von Makedonien, sich gegen ©riechettlattb rüstete und die Athener durch verstellte Freundlichkeit einzuschläfern suchte, war es Demosthenes allein, der sie durch seine kräftigen Reden aus *) Spiegel von Glas kannte man damals noch nicht, wohl aber von hell-polirtem Metalle.

7. Bd. 2 - S. 266

1860 - Köln : DuMont-Schauberg
2gíí Ui Länder- und Ssoíleríunbe. A. Europa. von Sämischleder, mit einem Saum von rothem Tuch. Die Nähte sind gleichfalls mit rothem Tuche übernaht und Epauletten von dem- selben schimmernden Zeuge schmücken die Schultern. Ueber die Augen und das ganze Gesicht hängt ein Tuchlappen herab, denn nicht mit dem Auge, sondern mit seinem inneren Blick dringt der Tadibe in die Geisterwelt. Sein Kopf ist unbedeckt, nur ein schmaler rother Tuch- streifen um den Nacken und ein anderer über den Scheitel dienen zur Befestigung des erwähnten Lappens. An der Brust prangt eine polirte Eifenplatte. Solchergestalt ausgeschmückt ergreift nun der Schamane die furchtbare Zaubertrommel, deren mächtige Töne die Geister ans ihrem müßigen Schlafe erwecken. Ihre Form ist rund, ihre Größe ist verschieden bei den verschiedenen Tadiben. Die Trommel hat nur einen Boden von durchsichtigem Rennthierfell, und ist je nach den Dermögensumständen des Tadiben mehr oder weniger mit Messingrin- gen, mit Zinn und anderin Schmuck verziert. Bei der Ceremonie des Beschwörens wird gewöhnlich der Zauberer von einem in der magischen Kunst weniger eingeweihten Jünger unter- stützt. Sie lassen sich entweder nieder oder gehen im Kreise nmher. Der vornehmste rührt die Trommel, Anfangs leise, dann heftiger und schneller, und singt dazu einige Worte in einer mystischen, schrecklichen Melodie. Der Jünger stimmt sogleich mit ein und beide wiederholen singend und jede Silbe unendlich ausdehnend, dieselben Worte. Nun fliegen schon die Geister herbei und die Unterredung beginnt; der bessere Tadibe verstummt von Zeit zu Zeit, wahrscheinlich den Antworten der Unsichtbaren lauschend, und rührt nur noch schwach die Trommel. Un- terdcß fährt jedoch der Gehülfe fort wiederholt zu fingen, was der Meister zuletzt gesagt hat. Endlich geht das stumme Gespräch zu Ende und der Gesang verwandelt sich nun in ein wildes, thierisches Geheul; die Trommel droht unter den furchtbaren Schlägen zu platzen; wahn- sinnig flammt das Auge des Schamanen, Schaum tritt ihm vor den Mund — der entsetzliche Lärm bricht plötzlich ab — und der Orakel- spruch ertönt. Glicht nur mit ein verlorenes Rennthier wieder zu finden, um eine Seuche von der Heerde abzuwehren, oder um sich einen glücklichen Fang von den Geistern zu erbitten, wird der Zauberer befragt, auch in der Krankheit kennt der nordische Heide keine andere Hülfe, als die seines Schamanen. Es handelt sich nur darum, zu erforschen, ob die Krankheit vom höchsten Gotte oder von bösen Menschen komme, und nur in letzterem Fall werden die Geister gerufen; denn wer vermöchte etwas gegen den Willen des mächtigen Iilibeambaertje? Die Hülfe der Tadebtsios besteht aber darin, daß derjenige, der die Krankheit „ange- than" hat, nun selbst gar jämmerlich erkrankt. Man sieht, daß der.tadibe eben keines großen Aufwands ärztlicher Kenntnisse bedarf, du die dienstbaren Geister die Sorge für den Kran- ken übernehmen. Er trommelt sie herbei und das ist Alles. Das einzige Heilmittel, welches er außerdem noch anwendet, besteht allenfalls

8. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 116

1877 - Stuttgart : Heitz
116 Hier ward Halt gemacht; der Feldherr selber Stieg hinauf mit raschem Ungestüm, Und die andern alle, wie die Kälber, Die den Huschbock drängen, folgten ihm. Buhzel selbst, als man an Ort und Stelle Angelangt, stand in den Vorderreihn; Auch die Trommel trug der Altgeselle Unverdroßnen Muthes hinterdrein. Und wie alles nun hinüberspähet, Sieh, da springen aus dem Fliederstrauch, Welcher innen an der Planke stehet. Die Gespenster ganz nach altem Brauch, Tummeln erst, den Lauschenden zum Schrecken, Seltsam aus den Gräbern sich herum. Klettern emsig auf und ab, und strecken Endlich in das Gras sich, still und stumm. Todtenstille herrscht' im Heldenkreise, Die Gesichter wurden blaß und roth; Bis der Gastwirth Raps, nach seiner Weise, Der Versammlung eine Prise bot. „Riecht ihr's auch?" begann mit hohlem Flüstern Hänsel Pfiff, der Held mit Zang' und Pfahl; „Man erlebt solch' Funkeln und solch' Knistern „Wohl sein Tage nicht zum zweiten Mal!" „Kinder, laßt den Kopf uns nicht verlieren!" Fiel der Feldherr jetzt mit Unmuth ein; „Mußt' ich muthvoll euch zum Kampfe führen, „Um ein Zeuge eurer Angst zu sein? „Herzhaft müssen wir das Tressen wagen! „Kehren wir zurück in träger Ruh', „Bürger Tiefenbach's! die Weiber schlagen „Uns die Thüren vor der Rase zu!" „Zieht denn hin, euch Lorbeer'n zu erstreiten, „Während ich mit Einsicht und Verstand „Von dem Hügel aus die Schlacht zu leiten, „Hier verharre, Flint' und Spieß zur Hand. „Nicht dem Feldherrn ziemt's, mit blindem Wagen „Seine unersetzliche Person „In die Hrtze des Gefechts zu tragen; „Darum bleib' ich, wie gesagt, davon." —

9. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 128

1877 - Stuttgart : Heitz
128 Das ist des wilden Heeres Jagd, Die bis zum jüngsten Tage währt, Und oft den Wüstling noch bei Nacht Zu Schreck und Graus vorüberfährt. Das könnte, müßt' er sonst nicht schweigen, Wohl manches Jägers Mund bezeugen. Die nächtliche Heerschau (von I. Christ. Freiherrn von Zedlitz). Nachts um die zwölfte Stunde Verläßt der Tambour sein Grab, Macht mit der Trommel die Runde, Geht wirbelnd auf und ab. Mit seinen entfleischten Armen Rührt er die Schlägel zugleich, Schlägt manchen guten Wirbel, Reveill' und Zapfenstreich. Die Trommel klinget seltsam, Hat gar einen starken Ton; Die alten todten Soldaten Erwachen im Grabe davon. Und die im tiefen Norden Erstarrt in Schnee und Eis, Und die in Welschland liegen, Wo ihnen die Erde zu heiß; Und die der Nilschlamm decket Und der arabische Sand, Sie steigen aus ihren Gräbern, Sie nehmen's Gewehr zur Hand. Und um die zwölfte Stunde Verläßt der Trompeter sein Grab, Und schmettert in die Trompete, Und reitet auf und ab. Da kommen auf luftigen Pferden Die todten Reiter herbei, Die blutigen alten Schwadronen In Waffen mancherlei. Es grinsen die weißen Schädel Wohl unter dem Helm hervor. Es halten die Knochenhände Die langen Schwerter empor. Und um die zwölfte Stunde Verläßt der Feldherr sein Grab, Kommt langsam hergeritten, Umgeben von seinem Stab. Er trägt ein kleines Hütchen, Er trägt ein einfach Kleid, Und einen kleinen Degen Trägt er an seiner Seit'. Der Mond mit gelbem Lichte Erhellt den weiten Plan; Der Mann im kleinen Hütchen Sieht sich die Truppen an. Die Reihen Präsentiren Und schultern das Gewehr, Dann zieht mit klingendem Spiele Vorüber das ganze Heer. Die Marschäll' und Generale Schließen um ihn einen Kreis; Der Feldherr sagt dem Nächsten Jn's Ohr ein Wörtlein leis'. Das Wort geht in die Runde, Klingt wieder fern und nah: „Frankreich" ist die Parole, Die Losung: „Sankt Helena!" Dies ist die große Parade Im elhsäischen Feld, Die um die zwölfte Stunde Der todte Cäsar hält.

10. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 112

1877 - Stuttgart : Heitz
112 „All umsonst! ihr hattet keine Ohren, „Fieberangst durchlief euch Mark und Bein!" „Schon seit Jahren, wenn die zwölfte Stunde „Um die Zeit des Mai's vom Thurme schallt, „Zeigen auf des Kirchhofs stillem Grunde „Sich zween Geister, furchtbar von Gestalt! „Schwarz und zottig find sie anzuschauen, „Ihre Augen find ein Funkenmeer; „Hörner tragen sie und Drachenklauen, „Und nach Schwefel stinkt es weit umher!" „Kiebitz, den einst an des Kirchhofs Planken „Ein Berufsweg spät vorbeigeführt, „Hat's den flinken Schenkeln nur zu danken, „Tast vor Angst ihn nicht der Schlag gerührt! „Küfter's Elsbeth ward dem Schreck zum Raube; „halb gelähmt, mit Müh' und Noth entkroch „Sie dem Platz, und unter ihrer Haube „Rappelt es bis diese Stunde noch!" „Diesem Unheil muß gesteuert werden! „Herzhaft müssen wir dem Schreckbild nahn; „Oder als das feigste Volk auf Erden „Schildert uns des Auslands Lästerzahn. „Will der Urian uns Schlingen legen, „Treff' er uns gestählt mit Muth und Kraft; „Auch wir sind, des trägen Zauderns wegen, t „Längst das Spottgedicht der Nachbarschaft." „Bürger Tiefenbach's! o wenn ihr wüßtet, „Wie fo tief mich euer Anblick rührt! „Mit Geschoß und Speer steht ihr gerüstet, „Und das Werk seh' ich schon halb vollführt. „Droht' uns auch das ganze Heer der Geister; „Ich, der Schützengilde Flügelmann, „Erbgeseßner Zunft- und Schneidermeister, „Scheue nichts und zieh' euch kühn voran!" — Sprach's und reckte fürchterlich die Glieder, Stieg dann schwitzend von der Bank herab, Schnallte hastvoll sich die Schuhe wieder Und ergriff den knot'gen Feldherrnstab. Alle drängten sich um ihren Führer Wie die Bienen um den Weisel her, Und es trank der große Herzenrührer Manches Glas zu neuer Stärkung leer.
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