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1. Ausgewählte Uebungsstücke aus deutschen Musterdichtern für die Declamationsübungen in höheren Bürgerschulen und in den unteren Klassen der Gymnasien - S. 63

1822 - Berlin : Reimer
Erzählungen. Der Meister aber schalt den Dreisten, Gab ihm zu knacken die harte Nuß, Zu verehren den König Hironymus, Und sagte: ,,Bleib bei deinem Leisten! Wer kaum den Pfriemen regieren kann, Was gehn den Säbel und Flinte an?" Da glühten dem Wilhelm beide Wangen, Und er sprach mit keck erhabenem Muth: ,.Mir fließt in den Adern Soldatenblut! Wie sollte mich nicht danach verlangen, Den gottlosen Feind zu schlagen aufs Haupt, Der unserm König sein Halle geraubt?" Und tapfere Preußen und Russen zogen, Von Kleist, dem Helden, geführt, in die Stadt Die langst solche Gaste gewünscht sich yat;- Allein, wie unglückschwangere Wogen, Zog auch. ein feindliches Heer heran, Weit stärker an Waffen, und Roß, und Mann! Damit der Feind herein nicht dringe, Wird draußen am Strome fleißig geschanzt Und manche Kanone ausgestanzt. Schon messen sich blutig Pik' und Klinge; Doch immer näher und näher erscheint Der übermächtig gerüstete Feind. Kanonendonner beginnt zu brüllen, Und Jägerbüchsen knallen darein. Der Frühlingssonne heller Schein Muß in Pulverdampf verhüllen; Und bang und bänger athmet die Stadt, Die eben so fröhlich gejauchzt noch hat. Dem Meister sinken Pfrietnen und Leder Aus seiner sonst so fleißigen Hand; Die gelehrteste Weisheit hält nicht Stand, Es zittert die geschickteste Feder; Und tief im Keller weint sich blind Manch Juden-und manch Christenkind.

2. Bd. 1 - S. 27

1912 - Leipzig : Dyk
— 27 — schwächer an Zahl, als die angreifenden Barbaren; daher litten sie viel, ohne es vergelten zu können. So schlugen sie denn dort, als sie — soweit es in einem dichtbewaldeten Gebirge überhaupt möglich war — einen passenden Platz gefunden hatten, ein Lager auf. Die Mehrzahl der Wagen und was ihnen sonst nicht durchaus notwendig war, verbrannten sie oder ließen es im Stich und zogen am andern Tage in besserer Ordnung weiter, bis sie wirklich an eine lichtere Stelle gelangten; doch kamen sie nicht los, ohne Blut zu lassen. Als sie aber, von dort aufgebrochen, wiederum in die Waldungen gerieten, wehrten sie sich zwar gegen die, welche auf sie eindrangen, gerieten aber gerade auch dadurch in nicht geringe Not. Denn indem sie sich auf einen engen Raum zusammendrängten damit das Fußvolk und die Reiterei zugleich mit voller Mach: sich auf den Feind stürzen könnten, hatten sie unter sich, einer von dem andern, und alle von den Bäumen viel zu leiden. Kaum hatten sie sich mit Anbruch des dritten Tages auf den Weg gemacht, als heftiger Regen und starker Wind hereinbrach, der ihnen weder vorzurücken, noch festen Fuß zu fassen verstattete, ja sogar den Gebrauch der Waffen benahm. Denn weder Bogen noch Pfeile, noch die Wurfspeere, noch die Schilde — die ja von Regen durchnäßt waren — konnten sie ordentlich gebrauchen. Die Feinde, die der Mehrzahl nach leicht bewaffnet waren und ohne Bedenken angreifen oder sich zurückziehen konnten, wie sie wollten, wurden von dergleichen Unfällen natürlich weniger betroffen. Überdies waren sie weit stärker an Zahl, da auch von denen, welche anfangs noch unschlüssig waren, viele schon um der Beute willen zu ihnen stießen; deshalb konnten sie jene, deren Zahl bereits verringert war — denn viele waren in dem bisherigen Kampfe umgekommen — um so leichter umzingeln und niederhauen. Darum vollbrachten Varns und die andern angesehensten Männer aus Furcht, entweder gefangen zu werden oder unter den Händen erbitterter Feinde zu sterben (verwundet waren sie schon) eine furchtbare, aber notwendige Tat: sie töteten sich selbst. Als dies bekannt ward, wehrte sich auch von den andern keiner mehr, wenn es ihm auch nicht an Kraft gefehlt hätte. Die einen folgten dem Beispiel ihres Anführers, die andern warfen die Waffen fort und ließen sich von dem ersten besten umbringen; fliehen konnte keiner, hätte er es auch noch so gern gewollt. So ward denn alles ohne Scheu niedergehauen, Männer und Rosse. Nichts Blutigeres gab es je, als das Schlachten dort in den

3. Bd. 1 - S. 7

1912 - Leipzig : Dyk
— 7 — Deshalb bereitete denn auch Marius dort eine Schlacht vor (102 v. Chr.) und nahm zum Lagerplatz einen Punkt, der wohl fest war, aber keinen Überfluß an Wasser hatte; in der Absicht, wie es heißt, auch dadurch die Soldaten anzufeuern. Wenigstens als viele murrten und äußerten, sie würden Durst leiden, wies er mit der Hand auf einen Fluß hin, der nah am Lager der Barbaren hinströmte, und sagte: dort würden sie sich für Blut einen Trunk kaufen können. „Weshalb also," hieß es, „führst du uns nicht sogleich darauf los, so lange uns noch das Blut in den Adern nicht vertrocknet ist?" Und jener antwortete mit ruhiger Stimme: „Erst müssen wir einmal unser Lager befestigen." Die Soldaten, obwohl unwillig, gehorchten; der Troß der Knechte aber, der weder für sich, noch für die Tiere zu trinken hatte, ging haufenweise an den Fluß; die einen nahmen Äxte, andere Hacken, einige aber auch Schwerter und Lanzen neben den Wasserkrügen mit, um selbst durch Kampf zu Wasser zu gelangen. Zuerst banden nur wenige von den Feinden mit ihnen an, denn die meisten waren beim Frühstück nach dem Bade, oder badeten noch. Dort nämlich sprudeln aus dem Boden warme Wasserquellen, und ein Teil der Barbaren ward von den Römern überrascht, als er es sich dabei wohl sein ließ und laut jubelte vor Freude und Verwunderung über den herrlichen Ort. Da aber auf das Geschrei eine immer größere Menge zusammenlief, ward es Marius schwer, die Soldaten, welche für ihre Knechte fürchteten, zurückzuhalten; zugleich erhob sich der streitbarste Teil der Feinde, von dem die Römer früher unter Manlius und Cäpio überwältigt waren — sie hießen Ambronen und waren für sich allein über 30000 Mann stark — und eilte zu den Waffen. Den Leib mit Speise überladen, dabei voll ausgelassenen Mutes und von starkem Weine begeistert, liefen sie dennoch nicht ordnungslos und toll umher, noch war es ein sinnloses Geschrei, das sie ausstießen; sondern indem sie die Waffen im Takt zusammenschlugen und alle zugleich in die Höhe sprangen, riefen sie oftmals ihren eigenen Namen: „Ambronen, Ambronen"; sei es, daß sie sich selbst zum Kampfe aufriefen, oder die Feinde im Voraus durch Kundgebung ihres Namens erschrecken wollten. Als aber die Ligyer, welche zuerst von den italischen Hilfsvölkern auf sie losgingen, ihr Geschrei hörten und verstanden, riefen sie dagegen an: das sei auch ihr heimischer Name; denn die Ligyer selbst nennen sich mit ihrem Stammnamen Ambronen. Ohne Unterlaß und wie ein Echo ertönte von beiden Seiten der Ruf, bevor sie handgemein wurden; Quellenlesebuch. Band 1. 2

4. Bd. 1 - S. 37

1912 - Leipzig : Dyk
— 37 — ihnen versagt hat, weiß ich nicht. Doch möchte ich nicht behaupten, daß keine Gebirgsader Germaniens Silber oder Gold hervorbrächte, denn wer hat danach gesucht? Besitz und Gebrauch wirkt auf sie nicht wie auf andere. Man kann bei ihnen silberne Gefäße, die ihre Gesandten und Fürsten als Geschenke erhielten, neben irdenem Geschirr zu gleich niedrigem Dienste bestimmt sehen, obwohl die Grenzstämme wegen des Handelsverkehrs Gold und Silber zu schätzen wissen und einige von unsern Geldstempeln anerkennen und wohl unterscheiden. Die Binnenvölker treiben nach einfacher, alter Art Tauschhandel. Das Geld gefällt ihnen, wenn es alt und lange bekannt ist: Denare mit zackigem Rande oder mit dem Bigastempel (Biga = Zweigespann). Auch gehen sie mehr auf Silber als auf Gold aus: keineswegs aus besonderer Vorliebe, sondern weil die größere Zahl der Silbermünzen ihnen zum Gebrauch bequemer ist, da sie nur gewöhnliche und billige Waren einhandeln. Selbst Eisen haben sie nicht im Überfluß, wie aus der Art ihrer Waffen zu schließen ist. Wenige brauchen Schwerter oder größere Lanzen; Speere oder, wie sie sie nennen, Frameen führen sie, mit einer schmalen und kurzen Eisenspitze, so scharf jedoch 'und zum Gebrauch so handlich, daß sie mit derselben Waffe, je nachdem es die Umstände erfordern, aus der Nähe sowohl wie aus der Ferne kämpfen. Der Reitersmann begnügt sich mit Schild und Framea; die Fußkämpfer entsenden auch Wurfgeschosse, jeder mehr als eines, und schleudern sie unglaublich weit, nackt oder in einem leichtert Mantel. Prahlerischen Schmuck kennen sie nicht; nur die Schilder bemalen sie mit den gewähltesten Farben. Wenige haben Panzer, kaum einer oder der andere eine Sturmhaube oder einen Helm. Die Pferde sind nicht durch Gestalt, nicht durch Schnelligkeit ausgezeichnet. Ja, nicht einmal zum Drehungenmachen, wie es bei uns Sitte ist, werden sie geschult; sie lassen sie geradeaus oder in ununterbrochener Schwenkung rechts herum gehen, in einem so fest geschlossenen Kreise, daß keiner der letzte ist. Im allgemeinen zu urteilen, wohnt mehr Kraft dem Fußvolke bei. Deshalb kämpfen sie untermischt; denn leicht fügen und schmiegen sich in den Reiterkampf die gewandten Fußkämpfer, die sie aus der gesamten jungen Mannschaft auswählen und vor der Schlachtreihe aufstellen. Fest bestimmt ist auch ihre Zahl; je hundert sind es aus jedem Gau, und eben diese Bezeichnung führen sie unter den ihrigen. Was zuerst Zahl war, ist nun schon Ehrentitel und Rang. Die Schlachtreihe wird in Keilen aufgestellt. Vom Platze zu weichen, wenn man nur wieder zum Angriff umkehrt, gilt mehr für

5. Bd. 1 - S. 47

1912 - Leipzig : Dyk
— 47 — war unersättlich; die Hand wollte nicht ermüden und gewährte keine Schonung. Die Schwerverwundeten flehten meist um den erlösenden Tod, andere wieder baten mit erlöschenden Augen um Gnade. Gut waren die daran, denen schwere Geschosse gleich das Haupt vom Rumpfe getrennt hatten. Einige Unglückliche stürzten auf dem blutbedeckten, schlüpfrigen Boden und erstickten unter dem Haufen der über sie Fallenden, ohne Wunden empfangen zu haben. Immer heftiger drängten die siegreichen Römer nach, deren Schwerter stumpf zu werden drohten, und traten die glänzenden Helme und Schilde der Besiegten in den Staub. Dagegen befanden sich diese in um so größerer Not, als die Haufen der Erschlagenen den Weg versperrten; sie eilten dem Flusse zu, dort ihr Heil zu suchen. Unermüdlich verfolgten die Römer im Lauf die fliehenden Feinde, von denen viele durch Schwimmen ihre Rettung zu finden glaubten, bis ans Ufer. Schnell übersah das der Cäsar und beeilte sich, mit den Tribunen und anderen Offizieren durch Kommandorufe zu verhindern, daß die Unfrigen in der Hitze der Verfolgung nachsprängen. Vielmehr befahl er, nun Geschosse auf die Feinde zu schleudern, damit selbst die tüchtigsten Schwimmer verwundet in die Tiefe gezogen würden. An die guten Schwimmer klammerten sich dieser Kunst Unkundige an; andere, deren sich die Behenden entledigt hatten, trieben dahin wie Klötze, andere wieder wurden von den reißenden Wirbeln auf den Grund gezogen; wenige endlich, die auf ihren Schilden den Strom in schräger Richtung zu durchschneiden vermochten, kamen unter vielen Fährlichkeiten am andern Ufer an. Mißmutig wälzte der Rhein auf seinen blutgefärbten Wogen die ungewohnte Last stromabwärts. Während dies vorging, hatte der König Chonodomar Gelegenheit gefunden, durch die Haufen der Erschlagenen mit wenigen Begleitern sich abseits zu wenden, und eilte so schnell wie möglich zu den Schiffen. Den Rhein mußte er überschreiten, wenn er in sein Reich zurückkehren wollte, und so ging er allmählich zurück, das Gesicht verhüllend, um nicht erkannt zu werden. Schon war er nahe an das Ufer gekommen, da trat sein Pferd beim Umgehen einer sumpfigen Stelle auf dem schlüpfrigen Grunde fehl und warf ihn ab, und nun konnte er sich bei seiner Körperfülle nur langsam auf den Gipfel eines nahen Hügels durcharbeiten. Eine Kohorte unter einem Tribunen war ihm in raschem Laufe gefolgt und erkannte ihn bald, da er leicht kenntlich durch die Zeichen seiner Würde war. Sofort wurde der buschige Hügel umzingelt, damit er nicht, durch das dichte

6. Bd. 1 - S. 49

1912 - Leipzig : Dyk
— 49 — durch Ziegenfelle, die Schuhe schneiden sie sich nicht nach dem Fuße zu und sind deshalb im freien Gehen gehindert. Aus diesem Grunde sind sie auch zum Fußkampf wenig geeignet, dagegen an ihren Pferden, die zwar dauerhaft, aber von häßlichem Aussehen sind, wie angeheftet, und sitzen zuweilen nach Frauenweise auf denselben. Tag und Nacht bringen sie auf ihnen zu, kaufen und verkaufen, essen und trinken reitend und überlassen sich, auf dem schmalen Nacken des Tieres niedergebeugt, einem Schlafe, der so fest ist, daß selbst die bunten Träume nicht fehlen. Auch wenn über wichtige Angelegenheiten zu beraten ist, werden die Verhandlungen zu Pferde geführt. Ohne durch königliche Gewalt beschränkt zu sein, begnügen sie sich, in stürmischer Weise einen ihrer Häuptlinge zum Führer zu wählen, und brechen sich dann durch alle Hindernisse Bahn. Durch einen Angriff bedroht oder gereizt, lassen sie sich zuweilen auch in einen förmlichen Kampf ein und stürzen sich in keilförmigen Massen unter fürchterlichem Kriegsgeschrei auf den Feind. Ungemein flüchtig und behend sprengen sie auf einmal absichtlich auseinander und fallen in unordentlichen Haufen bald da, bald dort wieder frisch ein, um ein mörderisches Blutbad anzurichten; wegen dieser außerordentlichen Eilfertigkeit sieht man auch niemals, daß sie die Erstürmung eines Walles oder eines feindlichen Lagers versuchen. Aus der Ferne schießen sie mit Pfeilen, die aus Knochen geformte, mit wunderbarer Kunst ineinandergefügte, aber abtrennbare Spitzen haben. In der Nähe kämpfen sie mit dem Schwert und suchen, vor einem Schwerthieb sich sorgfältig in acht nehmend, die Feinde mit zusammengedrehten Tuchfetzen so zu verstricken, daß den des Gebrauchs ihrer Glieder beraubten Gegnern jede Bewegung zu Pferd oder zu Fuß unmöglich wird. Niemand bei ihnen bebaut das Feld oder berührt je eine Pflugschar. Ohne feste Wohnsitze, ohne Heimwesen und Gesetz oder bestimmte Sitte und Satzung ziehen sie mit ihren Wagen, die ihnen zur Wohnung dienen, Flüchtigen gleich, von einem Ort zum andern; auf den Wagen weben die Weiber ihnen die garstigen Gewänder, pflegen des Umgangs mit ihren Männern, gebären ihre Kinder und behalten sie bei sich bis zu den Jahren beginnender Mannbarkeit. Keiner von ihnen kann auf Befragen den Ort seiner Heimat angeben, denn an dem einen ist er gezeugt, fern davon geboren, noch weiter weg erzogen worden. Bei einem Waffenstillstand zeigen sie sich treulos, unzuverlässig, bei jedem Windstoß, der neue Hoffnung zuführt, veränderlich und der blindesten Wut völlig untertan. Gleich un-

7. Bd. 1 - S. 98

1912 - Leipzig : Dyk
— 98 — Die Goten hatten ihre Pferde laufen lassen und standen alle zu Fuß, mit der Front gegen den Feind, in einer tiefen Phalanx. Als das die Römer sahen, stiegen sie ebenfalls ab und stellten sich ebenso auf. Jetzt komme ich an die Beschreibung einer höchst denkwürdigen Schlacht und des Heldenmuts eines Mannes, der in keiner Beziehung einem der sogenannten Heroen nachsteht. Und zwar will ich von Tejas reden. Die Goten stachelte ihre der-' zweifelte Lage zur Tapferkeit an, die Römer leisteten ihnen, obgleich sie ihre Verzweiflung bemerkten, mit allen Kräften Widerstand, da sie sich schämten, dem schwächeren Gegner zu weichen. Beide gingen mit Ungestüm auf die nächststehenden Feinde los, die einen, weil sie den Tod suchten, die andern, weil sie um die Palme des Sieges stritten. Früh am Morgen begann die Schlacht. Weithin kenntlich stand Tejas mit wenigen Begleitern vor der Phalanx, von seinem Schilde gedeckt und die Lanze schwingend. Wie die Römer ihn sahen, meinten sie, mit seinem Fall werde der Kampf sofort zu Ende fein, und deshalb gingen gerade die tapfersten, sehr viele an der Zahl, geschlossen gegen ihn vor, indem sie alle mit den Speeren nach ihm stießen oder warfen. Er aber fing alle Speere mit dem Schilde, der ihn deckte, auf und tötete viele in blitzschnellem Sprunge. Jedesmal, wenn sein Schild von aufgefangenen Speeren ganz voll war, reichte er ihn einem seiner Waffenträger und nahm einen andern. So hatte er ein Dritteil des Tages unablässig gefochten. Da ereignete es sich, daß in seinem Schilde zwölf Speere hafteten, so daß er ihn nicht mehr beliebig bewegen und die Angreifer nicht mehr damit zurückstoßen konnte. Laut rief er einen seiner Waffenträger herbei, ohne seine Stellung zu verlassen oder nur einen Finger breit zurückzuweichen. Keinen Augenblick ließ er die Feinde weiter vorrücken. Weder wandte er sich so, daß der Schild den Rücken deckte, noch bog er sich zur Seite, sondern wie mit dem Erdboden verwachsen stand er hinter dem Schilde da, mit der Rechten Tod und Verderben gebend, mit der Linken die Feinde zurückstoßend — so rief er laut den Namen des Waffenträgers. Dieser trat mit dem Schilde herzu, und er nahm ihn sofort statt des speerbeschwerten. Bei dieser Bewegung war nur einen kurzen Augenblick seine Brust entblößt: ein Speer traf ihn, und er sank sofort tot zu Boden. Einige Römer steckten seinen Kopf auf eine Stange und zeigten ihn beiden Heeren, den Römern, um sie noch mehr anzufeuern, den Goten, damit sie in Verzweiflung den Kampf aufgäben. Die Goten taten das aber keines-

8. Bd. 1 - S. 104

1912 - Leipzig : Dyk
— 101 — sie sich vor den Feinden und schützten als Vorwand für ihre Feigheit ihre Freundschaft für den Hingerichteten vor. Er konnte nicht länger ruhig zusehen und ließ Narses sagen, er möge verziehen bis er mit den Seinen herangekommen wäre. Dieser antwortete ihm, warten wolle er zwar nicht, aber er werde dafür Sorge tragen, daß sie ihren Platz in der Schlachtordnung erhielten, auch wenn sie ein wenig später kämen. Da setzten sich die Heruler wohlbewaffnet und in guter Ordnung in Bewegung. Als Narses an den Ort gekommen war, wo er zu schlagen gedachte, ordnete er sein Heer sofort in eine Phalanx. Auf beiden Flügeln hielt die Reiterei mit Wurfspieß und runden Schilden, Bogen und Schwert umgehängt, einige auch mit langen Lanzen. Der Feldherr selbst war am rechten Flügel, bei ihm sein Haushofmeister mit demjenigen Teil des Hofgesindes, der waffenfähig war. Auf den Flügeln standen Valerian und Arta-banes, die den Befehl hatten, sich am Rande des Walddickichts verborgen zu halten, um unerwartet auf die Feinde loszustürmen, wenn sie angriffen, und sie von zwei Seiten zu fassen. Den ganzen Raum in der Mitte nahm das Fußvolk ein. In der Front standen die Vorkämpfer, von Kopf bis zu Fuß in Eisen gehüllt, und bildeten den Schildwall, hinter ihnen die andern Reihen dicht aufgeschlossen; die Leichtbewaffneten und (Schleuderet schwärmten dahinter umher und warteten auf die Gelegenheit, von ihren ferntragenden Geschossen Gebrauch zu machen. Mitten in der Phalanx war ein Platz für die Heruler angesetzt und noch leer, denn sie waren noch nicht eingerückt. Zwei Heruler, die kurz vorher zu den Feinden übergelaufen waren, da sie von dem späteren Entschluß Sinduals nichts wußten, trieben die Barbaren an, schleunigst die Römer anzugreifen: „Denn Ihr werdet sie itt voller Unordnung und Verwirrung finden," sprachen sie, „weil der Herulerhaufe sich weigert, am Kampfe teilzunehmen, und die andern durch diesen Abfall ganz bestürzt sind." In dem Glauben, daß diese Aussage der Wahrheit entspreche, ließ sich Butilin leicht überreden und führte fein Heer vor. Alle gingen voll Kampfbegier gerade auf die Römer los, nicht ruhigen Schrittes und wohlgeordnet, sondern als ob sie gar nicht schnell genug vorwärts kommen könnten, eilfertig und stürmisch, wie wettn sie im ersten Anlauf das feindliche Heer über den Haufen werfen wollten. Ihre Schlachtordnung hatte die Form eines Keils, sah also wie ein griechisches Delta (J) aus: da, wo sie spitz zuging, waren die Schilde dachförmig eng ineinander geschoben, so daß es wie ein Eberkopf aussah. Die Schenkel des Keils waren staffel-

9. Bd. 1 - S. 106

1912 - Leipzig : Dyk
— 106 — eingerückt und traten denjenigen gegenüber, welche die Mitte durchbrochen hatten und dann weiter vorgedrungen waren. Sofort gingen sie zum Angriff über; jene waren aber nicht wenig bestürzt, glaubten, in einen Hinterhalt gefallen zu sein, und wandten sich zur Flucht, indem sie die beiden Überläufer des Verrats beschuldigten. Sindual und seine Leute ließen jedoch nicht nach, sondern drängten vor, bis jene teils niedergestreckt, teils in die Strudel des Flusses hinabgeworfen waren. Als so die Heruler ihren Platz eingenommen hatten, die Lücke ausgefüllt und die Phalanx geschlossen war, wurden die Franken, wie in ein Netz verstrickt, hingeschlachtet. Ihre Schlachtordnung war gänzlich zertrümmert, und sie ballten sich zu einzelnen Knäueln zusammen, die nicht mehr aus noch ein wußten. Jetzt griffen auch das schwere Fußvolk und die Leichtbewaffneten ein mit Spießen, Stangen und Schwertern. Die Reiter überflügelten sie vollends und schnitten jeden Ausweg ab. Was dem Schwerte entrann, sah sich genötigt, auf der Verfolgung in den Fluß zu springen und ertrank. Von allen Seiten ertönte des Wehgeheul der Barbaren, die aufs elendeste abgeschlachtet wurden. Der Anführer Butilin und sein ganzes Heer wurden vom Erdboden vertilgt, wobei auch die kaiserlichen Überläufer umkamen, und kein einziger von den Germanen sah den heimatlichen Herd wieder, mit Ausnahme von fünf Mann, die auf irgendeine Weise dem allgemeinen Verderben entronnen waren. Wie sollte man da nicht sagen, daß sie die Strafe erlitten für ihre Missetaten und eine höhere Gewalt über sie gekommen war? Jener ganze große Haufe von Franken und Alemannen und wer sonst noch mit ihnen in den Krieg gezogen war — alles war vernichtet, und von den Römern waren nur 80 Mann gefallen, die den ersten Stoß der Feinde hatten aushalten müssen. In dieser Schlacht kämpften mit Auszeichnung fast alle römischen Regimenter, von den verbündeten Barbaren taten sich am meisten hervor der Gote Aligern und der Heruler Sindual, der keinem etwas nachgab. Alle aber priesen und bewunderten den Narses, der durch seine Feldherrnkunst sich so hohen Ruhm erworben hatte. e) Die Pest in Ligurien. Im Jahre 565 brach besonders in der Provinz Lignria eine fürchterliche Pest aus. Denn plötzlich kamen an Häusern, Türen, Gefäßen, Kleidern eigentümliche Flecken zum Vorschein und wurden, wenn man sie abwaschen wollte, immer stärker. Nach Umlauf eines Jahres aber entstanden an den Leisten der Menschen und an andern empfindlichen Stellen Geschwülste wie Nüsse

10. Bd. 1 - S. 23

1912 - Leipzig : Dyk
— 23 — sie viel auf der Jagd. Dies nährt, durch die Art der Speise und die tägliche Übung und die Uugebundeuheit des Lebens — indem sie, von Kind auf an keine Pflicht und Zucht gewöhnt, durchaus gar nichts Wider ihren Willen tun — die Kräfte und macht sie zu Menschen von ungeheurer Körpergröße. Überdies haben sie sich der Gewohnheit ergeben, in dem kalten Lande gar keine Kleidung zu tragen, außer Fellen, deren Kleinheit einen großen Teil ihres Körpers bloß läßt, und sich in den Flüssen zu baden. Kaufleuten verstatten sie mehr deshalb den Zugang, um Gelegenheit zu haben, was sie im Kriege erbeuteten, zu verkaufen, als daß sie nach der Einfuhr von irgend etwas Verlangen trügen. Sogar von Zugvieh, das der Gallier größte Freude ausmacht und um beträchtlichen Preis von ihnen gekauft wird, brauchen die Germanen keine eingeführten Stücke; sondern, wie sie bei ihnen gezogen werden, schlecht gebaut und mißgestaltet, machen sie sie durch tägliche Übung der größten Anstrengungen fähig. In den Reitertreffen springen sie oft von den Pferden herunter und kämpfen zu Fuß; sie gewöhnen die Pferde, auf demselben Punkt stehen zu bleiben; zu ihnen ziehen sie sich, wenn es rötlich ist, eilends zurück. Nichts gilt nach ihren Sitten für schimpflicher und mattherziger, als Sättel zu gebrauchen. Daher wagen sie, wenn sie auch nur wenige sind, auf jedwede Anzahl Reiter, die in Sätteln sitzen, loszugehen. Wein lassen sie durchaus nicht zu sich einführen, weil sie meinen, daß dadurch die Leute zur Ertragung von Anstrengungen zu weichlich und weibisch gemacht werden. Auf der einen Seite von der Suevengrenze ab liegen ungefähr sechzigtausend Schritt Ackerland brach. Auf der andern Seite schließen sich die Ubier an, ehrst eine — nach germanischen Begriffen — umfangreiche und blühende Gemeinde und etwas menschlicher, als die übrigen desselben Völkerstammes, deshalb, weil sie an den Rhein stoßen und Kaufleute viel bei ihnen aus- und eingehen, und sie jtch auch selbst wegen der Nachbarschaft an die gallischen Sitten gewöhnt haben. Obwohl die Sueveu, die sich in vielen Kriegen mit ihnen maßen, sie wegen der Größe und Bedeutsamkeit der Gemeinde nicht aus ihrem Gebiet zu verdrängen vermochten, haben sie sie dennoch zinspflichtig gemacht und ihre Stellung und Macht sehr verringert. Quellenlesebuch. Band 1. 3
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